L 5 KR 5032/12 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 19 KR 6847/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 5032/12 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 31.10.2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Der Antragsteller begehrt im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes die Feststellung seiner Familienversicherung ab dem 13.11.2006, die Meldung der Versicherungspflicht an die Hochschule, sowie die Erstellung einer Meldung der Versicherungspflicht nach der Meldeverordnung und die Übernahme der Kosten für eine Zahnbehandlung.

Die Mutter des Antragstellers ist Mitglied der Antragsgegnerin, sein Vater ist selbständig tätig und nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert. Der Antragsteller, der an der Hochschule i. H. studiert, war ab dem 01.03.2002 im Rahmen der Familienversicherung bei der Antragsgegnerin versichert.

Nach dem Einkommensteuerbescheid für 2002 vom 19.07.2005 erzielte der Vater des Antragstellers Einkünfte aus selbständiger Arbeit i.H.v. 29.118,- EUR und die Mutter aus nichtselbständiger Arbeit i.H.v. 1.536,- EUR brutto.

Auf Anfrage der Antragsgegnerin teilte die Mutter des Antragstellers unter dem 11.12.2006 mit, die regelmäßigen Bruttoeinkünfte ihres Ehegatten lägen nicht über 3.937,50 EUR monatlich. Nach dem später vorgelegten Einkommensteuerbescheid 2003 vom 09.11.2006 erzielte dieser Einkünfte aus selbständiger Arbeit i.H.v. 60.000,- EUR; aus Vermietung und Verpachtung erzielten beide Ehegatten zu gleichen Teilen Gesamteinkünfte i.H.v. 7.175,- EUR. Unter dem 08.02.2007 gab die Mutter des Antragstellers an, das regelmäßige Gesamteinkommen ihres Ehemannes in den Jahren 2003 bis 2006 übersteige das ihre, liege aber nicht über der jeweils gültigen Jahresarbeitsverdienstgrenze.

Mit Bescheiden vom 26.02.2007 beendete die Antragsgegnerin die Familienversicherung des Antragstellers sowie seiner Geschwister mit Wirkung zum 12.11.2006 wegen des Überschreitens der Jahresarbeitsverdienstgrenze.

Am 15.03.2007 hat die Mutter des Antragstellers hiergegen Widerspruch eingelegt. Zu dessen Begründung hat sie ausgeführt, ausweislich des Einkommensteuerbescheides für 2003 habe das zu versteuernde Einkommen nur 42.615,- EUR betragen, das Jahreseinkommen habe 52.825,- EUR betragen, wovon 10.138,- EUR auf sie selbst und damit nur 42.615 EUR auf ihren Ehemann entfallen seien. Auch in den folgenden Jahren 2004 bis 2006 habe sich das Gesamteinkommen ihres Mannes immer nur auf 40.000,- EUR bis 45.000,- EUR belaufen.

Mit Hinweisschreiben der Antragsgegnerin vom 28.03.2007 teilte diese mit, maßgeblich seien die Einnahmen abzüglich der Werbungskosten. Für 2003 sei daher von 52.825,- EUR auszugehen. Nach einer Auskunft des Steuerberaters vom 17.01.2008 sei aufgrund der betriebswirtschaftlichen Auswertung zum 30.11.2007 auf Grundlage der Finanzbuchführung für die Zeit vom 01.01. bis 30.11.2007 mit einem Gewinn in Höhe von 43.930,- EUR aus selbständiger Tätigkeit des Ehemannes für 2007 zu rechnen.

Der Antragsteller sowie seine Geschwister seien nicht zur freiwilligen Versicherung der Antragsgegnerin beigetreten. Mit Bescheiden vom 30.09.2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 27.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.05.2010 stellte die Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller und seinen Geschwistern ab dem 01.04.2007 Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V fest und erhob dementsprechend Beiträge. Die hiergegen zum Sozialgericht Stuttgart erhobenen Klagen (S 19 KR 3861/10, S 19 KR 3862/10 und S 19 KR 3863/10 sowie S 16 KR 3860/10) des Antragstellers und seiner Geschwister ruhen.

Mit Schreiben vom 16.05.2008 wies die Antragsgegnerin die Mutter des Antragstellers auf die Rechtsgrundlagen für die rückwirkende Beendigung der Familienversicherung hin. Bestätigungen über die Durchführung der Familienversicherung seien Verwaltungsakte, die nach § 48 SGB X bei wesentlicher Änderung aufgehoben werden könnten. Eine Rückwirkung käme in Betracht, wenn gegen die Mitteilungspflicht verstoßen worden sei. Sie sei verpflichtet gewesen, den Einkommensteuerbescheid vom 09.11.2006 spätestens am 12.11.2006 vorzulegen. Die Antragsgegnerin sei daher verpflichtet gewesen, die Familienversicherung rückwirkend zum 12.11.2006 zu beenden.

Mit an die Mutter des Antragstellers adressiertem Widerspruchsbescheid vom 02.07.2008 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch gegen die Bescheide vom 26.02.2007 als unbegründet zurück. Bestätigungen über die Durchführung der Familienversicherung seien Verwaltungsakte, die nach § 48 SGB X bei wesentlicher Änderung aufgehoben werden könnten. Eine Rückwirkung käme in Betracht, wenn gegen die Mitteilungspflicht verstoßen worden sei. Sowohl im Antrag als auch in der Bestätigung der Durchführung der Familienversicherung sei darauf hingewiesen worden, dass alle Änderungen, die Auswirkungen auf die Familienversicherung haben könnten (insbesondere die Einkommensverhältnisse) mitzuteilen seien. Die Mutter des Antragstellers sei verpflichtet gewesen, den Einkommensteuerbescheid vom 09.11.2006 spätestens am 12.11.2006 vorzulegen. Die Antragsgegnerin sei daher verpflichtet gewesen, die Familienversicherung rückwirkend zum 12.11.2006 zu beenden. Maßgebend für die Beurteilung der Voraussetzungen für die Familienversicherung sei nicht das zu versteuernde Einkommen, sondern das Gesamteinkommen. Dieses habe jeweils über der Jahresarbeitsentgeltgrenze gelegen. Der Widerspruchsbescheid wurde "nachrichtlich" auch an den Antragsteller und seine Geschwister gesandt.

Der Antragsteller und seine Brüder haben am 04.08.2008 Klagen beim Sozialgericht Stuttgart erhoben (Az. S 19 KR 5336/08), mit der sie die Aufhebung der angefochtenen Bescheide begehren sowie die Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrten, sie durchgehend im Rahmen der Familienversicherung zu versichern. Zu deren Begründung haben sie vorgetragen, der Einkommensteuerbescheid für 2005 weise zu hohe Einkünfte ihres Vaters aus selbständiger Tätigkeit aus. Das Finanzamt habe bei einer Betriebsprüfung nach Ausscheiden des Sozius des Vaters aus der im Rahmen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführten Anwaltskanzlei von diesem generierte und vereinnahmte Einkünfte der Gesellschaft ihm zugeschrieben. Gegen den entsprechenden Einkommensteuerbescheid vom 05.05.2008 sei mittlerweile ein Verfahren vor dem Finanzgericht S. anhängig. Darüber hinaus sei die rückwirkende Beendigung fehlerhaft, da die Familienversicherung immer nur ex nunc enden könne, wenn die gesetzlich normierten Voraussetzungen nicht mehr erfüllt seien. Schließlich müssten von den Gesamteinkünften des Vaters Beiträge zur Renten- und Krankenversicherung abgezogen werden, um eine Ungleichheit mit abhängig Beschäftigten zu vermeiden. Am 12.10.2012 legte der Antragstellervertreter die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2004 bis 2010, sowie die Niederschrift über die nichtöffentliche Sitzung des Finanzgerichts B.-W. vom 02.02.2010 vor. Der Antragstellervertreter trägt weiter vor, die Einkommensteuerbescheide seit 2004 seien noch nicht bestandskräftig; es seien Verfahren vor dem Finanzgericht B.-W. anhängig; entsprechende Aktenzeichen werden mitgeteilt. Die Klagen wurden mit Urteil vom 15.10.2012 abgewiesen.

Dem Antragsteller wurde mit Schreiben vom 08.11.2010 mitgeteilt, dass die Krankenversicherung bei der Techniker Krankenkasse zum 31.08.2010 ende. Vom 01.09.2009 bis 31.08.2010 befand sich der Antragsteller mit der Organisation Aktion Sühnezeichen in den USA und war nach Angaben der Antragsteller in diesem Zeitraum bei der DAK gesetzlich krankenversichert. Mit Schreiben vom 28.03.2012 hat der Antragsteller der Beendigung der Mitgliedschaft widersprochen.

Am 07.12.2011 begehrten der Antragsteller, seine Mutter und seine Brüder beim Sozialgericht Stuttgart einstweiligen Rechtsschutz. Vorgelegt wurden eine Studienbescheinigung der Hochschule H., in der mitgeteilt wird, dass der Antragsteller ab dem 01.09.2009 laut Mitteilung der Antragsgegnerin nicht mehr krankenversichert sei. Ferner wurde eine eidesstattliche Versicherung vorgelegt, wonach die Behandlung bei der Zahnärztin Dr. S. im Dezember 2011 dringend notwendig war.

Mit Beschluss vom 28.09.2012 hat das SG die Anträge abgelehnt und im Wesentlichen ausgeführt, nachdem für die Mutter und die Brüder des Antragstellers bereits kein Antrag gestellt worden sei, sei nicht ersichtlich, welches Begehren insoweit verfolgt werde. Deren Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz sei daher bereits unzulässig. Die Anträge des Antragstellers seien zulässig, aber nicht begründet. Der Antragsteller habe keinen Anspruch darauf, dass im Rahmen des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes festgestellt werde, dass er über den 12.11.2006 hinaus im Rahmen der Familienversicherung gemäß § 10 SGB V krankenversichert sei. Unabhängig davon, ob aufgrund der Auffangversicherung nach § 5 Ziff. 13 SGB V eine besondere Eilbedürftigkeit und damit ein Anordnungsgrund gegeben sei, fehle es jedenfalls an einem Anordnungsanspruch. Der Antragsteller sei in der Zeit seit dem 12.11.2006 nicht mehr familienversichert gewesen. Wegen der Gründe im Einzelnen werde auf die Entscheidungsgründe des Urteils vom 15.10.2012 Bezug genommen. Es bestünden auch erhebliche Zweifel daran, ob der Antragsteller im hier streitigen Zeitraum (ab Dezember 2011) bei der Antragsgegnerin krankenversichert sei. Eine freiwillige Versicherung bestehe nicht. Der Antragsteller habe zu keinem Zeitpunkt einen Beitritt i.S.d. § 9 Abs. 2 SGB V angezeigt oder eine entsprechende Erklärung abgegeben. Aus den vorgelegten Unterlagen einschließlich der Verwaltungsakten sei eine solche nicht zu entnehmen. Der Antragsteller habe sie verneint, die Antragsgegnerin weder im Widerspruchsbescheid noch in der Antragserwiderung ein konkretes Datum hierfür genannt. Bestehe keine Familienversicherung, sei der Antragsteller nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V versicherungspflichtig. Danach seien versicherungspflichtig Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hätten und zuletzt gesetzlich krankenversichert gewesen seien (Buchstabe a). Dass diese Voraussetzungen beim Antragsteller vorlägen, habe die Antragsgegnerin selbst im Bescheid vom 30.09.2008 angenommen und auch die Beiträge nach der für diese Versicherungspflicht geltenden Regelung festgesetzt. Der Antragsteller sei jedenfalls bis 12.11.2006 unstreitig bei der Antragsgegnerin familienversichert gewesen. Danach und insbesondere ab 01.04.2007 habe er, den Wegfall der Familienversicherung unterstellt, keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall gehabt. Ob diese Versicherungspflicht für die Dauer des angegebenen Auslandsaufenthaltes wegen eines solchen anderweitigen Anspruches auf Absicherung unterbrochen gewesen sei, könne offenbleiben, da für diesen Zeitraum hier keine Ansprüche geltend gemacht würden. Jedenfalls ab seiner Rückkehr habe ein solcher Absicherungsanspruch nicht mehr bestanden. Der bloß vorübergehende Auslandsaufenthalt führe grundsätzlich auch nicht zum Wegfall der Versicherungspflicht, sondern nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB V zunächst nur zum Ruhen des Leistungsanspruches. Dass während des Auslandsaufenthaltes ein Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall bestanden habe, der die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V auch nach der Rückkehr ausschließe, sei nicht ersichtlich und werde von der Antragsgegnerin nicht vorgetragen. Allerdings habe die Kammer erhebliche Zweifel daran, dass der Antragsteller, der während seines Auslandsaufenthaltes bei der DAK gesetzlich krankenversichert gewesen sei, nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 bei der Antragsgegnerin versichert sei. Es spreche vielmehr alles dafür, dass eine Versicherung über § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB bei der Krankenkasse begründet werde, bei der sie auch zuletzt gesetzlich krankenversichert gewesen seien. Ein Anspruch gegenüber der Antragsgegnerin sei damit nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden. Es fehle hinsichtlich der Anträge Ziff. 2- 4 aber jedenfalls an dem erforderlichen Anordnungsgrund i.S. einer besonderen Eilbedürftigkeit. Dem Antragsteller sei ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache zumutbar. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile sei nicht erforderlich. Hinsichtlich der Anträge Ziffer 2 und 3 sei eine solche besondere Eilbedürftigkeit nicht glaubhaft gemacht worden; dass eine Exmatrikulation des Antragstellers drohen würde, sei auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 15.10.2011 nicht mehr vorgetragen worden. Auch hinsichtlich des Antrags Ziffer 4 sei eine besondere Eilbedürftigkeit nicht glaubhaft gemacht worden; die einmalige Akutbehandlung sei durchgeführt worden. Dass die hierfür entstandenen Kosten eine besondere Härte bedeutet hätten, sei nicht vorgetragen. Eine besondere Eilbedürftigkeit bestehe daher nicht.

Gegen diesen ihm 05.11.2012 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 05.12.2012 Beschwerde beim Landessozialgericht eingelegt und im Wesentlichen geltend gemacht, unabhängig von der Frage, ob er im Rahmen der Familienversicherung gem. § 10 SGB V krankenversichert sei, sei aufgrund der rechtlichen Gegebenheiten auf jeden Fall davon auszugehen, dass ihm entsprechender Krankenversicherungsschutz zukomme. Zum einen sei die Annahme des erstinstanzlichen Gerichts, die Familienversicherung habe rückwirkend zum 12.11.2006 geendet, fehlerhaft. Zum anderen könne die Familienversicherung gem. § 10 SGB V grundsätzlich immer nur ex nunc enden und auch nur dann, wenn die gesetzlich normierten Voraussetzungen nicht mehr erfüllt seien. Selbst wenn im fraglichen Zeitraum keine Familienversicherung bestanden hätte, sei er nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V versicherungspflichtiges Mitglied bei der Antragsgegnerin gewesen. Versicherungspflichtige Personen seien danach Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfalle hätten und zuletzt krankenversichert gewesen seien. Diese Voraussetzungen seien bei ihm in der Zeit vor und nach Ableistung des Zivildienstes gegeben gewesen. Die Antragsgegnerin habe selbst immer die Beiträge nach der für diese Versicherungspflicht geltenden Regelung festgesetzt. So sei er auf jeden Fall bis zum 12. November 2006 unstreitig bei der Antragsgegnerin familienversichert gewesen. Danach und insbesondere ab dem 01.04.2007 habe er, selbst wenn man den Wegfall der Familienversicherung unterstelle, keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall mit Ausnahme in der Zeit vom 01.09.2009 bis 31.08.2010 gehabt; in dieser Zeit sei der Anspruch für die Dauer des angegebenen Auslandsaufenthalts wegen eines anderweitigen Anspruchs auf Absicherung unterbrochen gewesen. Gleichzeitig folge daraus, dass ab der Rückkehr nach Deutschland Ende August 2010 auf jeden Fall ein Absicherungsanspruch nicht mehr bestanden hätte, wenn man davon ausgehen würde, dass er nicht mehr familienversichert wäre. Der bloß vorübergehende Auslandsaufenthalt führe nämlich grundsätzlich nicht zum Wegfall der Versicherungspflicht, sondern nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB V zunächst nur zum Ruhen des Leistungsanspruches. Die Voraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V werde auf jeden Fall nicht ausgeschlossen. Das Merkmal "zuletzt gesetzlich krankenversichert" diene dazu, Personen, die bislang keinen Bezug zur gesetzlichen Krankenversicherung aufwiesen, von deren Versicherungsschutz auszunehmen. Dies sei vorliegend nicht gegeben. Deshalb sei es unschädlich, wenn nach dem Ende einer Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung zeitweise ein Zustand bestanden habe, in dem die Person nicht privat krankenversichert gewesen sei, aber einen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall gehabt hätte (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.02.2009 - L 11 KR 497/09 ER-B). Deshalb sei eine Absicherung gegen Krankheit durch die bei der Antragsgegnerin bestehende Krankenversicherung ab dem 01.09.2010 gegeben und von einer Versicherungspflicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V jedenfalls ab September 2010 auszugehen. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin ruhe der aus diesem Versicherungsverhältnis resultierende Leistungsanspruch auch nicht gemäß § 16 Abs. 3a Satz 2 i.V.m. Satz 1 SGB V. Der Anspruch auf Leistung ruhe danach für Versicherte, die mit einem Betrag in Höhe von Beitragsanteilen für 2 Monate in Rückstand sind und die trotz Mahnung nicht bezahlt würden. Das Ruhen des Leistungsanspruchs setze jedoch nicht bereits dann ein, wenn diese Voraussetzungen erfüllt seien. § 16 Abs. 3 a Satz 2 SGB V verweise insoweit auf Satz 1, wonach der Leistungsanspruch nach näheren Bestimmungen des § 16 Abs. 2 KSVG ruhe. Die Regelung des § 16 Abs. 3a SGB V inkorporiere somit das gesamte in § 16 Abs. 2 KSVG vorgesehene Verfahren. Die dort normierten Voraussetzungen seien vorliegend jedoch nicht gegeben. Aufgrund dessen sei er, selbst wenn keine Familienversicherung bestehen würde, nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V versicherungspflichtiges Mitglied der Antragsgegnerin. Deshalb sei die Antragsgegnerin verpflichtet, die entsprechenden Erklärungen sowohl gegenüber der Hochschule H. als auch gegenüber der Zahnärztin abzugeben.

Der Antragsteller beantragt, "1. Die Antragsgegnerin wird unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Stuttgart vom 31.10.2012 verpflichtet, zu erklären, dass der Antragsteller Ziffer 2 über den 12.11.2006 hinaus bei der Antragsgegnerin krankenversichert ist; 2. Die Antragsgegnerin wird unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Stuttgart vom 3110.2012 verurteilt, der Hochschule H., A.-G.-P ... in ... H. Mitteilung zu machen, dass der Antragsteller Ziffer 2 bei der Antragsgegnerin krankenversichert ist und zu erklären, dass dem Antragsteller Ziffer 2 entsprechender Krankenversicherungsschutz zukommt; 3. Die Antragsgegnerin wird unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Stuttgart vom 31.10.2012 verurteilt, dem Antragsteller Ziffer 2 eine entsprechende Versicherungsbescheinigung nach der Meldeverordnung auszustellen. 4. Die Antragsgegnerin wird unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Stuttgart vom 31.10.2012 verurteilt, der Zahnärztin Dr. K. S., E.-W.-S ... in ... H. gegenüber zu erklären, dass die Antragsgegnerin im Rahmen der gesetzlichen Voraussetzungen für die Zahnbehandlung des Antragstellers Ziffer 2 aufkommen wird."

Die Antragsgegnerin hat mitgeteilt, dass für den Antragsteller seit dem 28.07.2012 die Familienversicherung durchgeführt werde.

Im Übrigen beantragt sie,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die angefochtene Entscheidung enthält nach Auffassung der Antragsgegnerin eine zutreffende rechtliche Würdigung des Sachverhaltes.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Antragsgegnerin, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

II. Die Beschwerde des Antragstellers ist gem. §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und zulässig jedoch nicht begründet.

Vorläufiger Rechtsschutz ist vorliegend gem. § 86b Abs. 2 SGG statthaft. Danach kann das Gericht der Hauptsache, soweit ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG (Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch oder Anfechtungsklage) nicht vorliegt, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Satz 1, Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2, Regelungsanordnung). Mit der Sicherungsanordnung soll die Rechtsstellung des Antragstellers (vorläufig) gesichert, mit der Regelungsanordnung soll sie (vorläufig) erweitert werden. Voraussetzung ist jeweils die Glaubhaftmachung (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO) eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrunds. Unter dem Anordnungsanspruch ist der materielle Anspruch zu verstehen, den der Antragsteller als Kläger im Hauptsacheverfahren geltend macht. Der Anordnungsgrund besteht in der Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung muss gerechtfertigt sein. Daher müssen Gründe vorliegen, aus denen sich ihre besondere Dringlichkeit ergibt.

Bei Auslegung und Anwendung des § 86b Abs. 2 SGG sind das Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) und die Pflicht zum Schutz betroffener Grundrechte zu beachten, namentlich dann, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine Versagung vorläufigen Rechtsschutzes Grundrechte des Antragstellers erheblich, über den Randbereich hinaus und womöglich in nicht wieder gut zu machender Weise verletzen könnte. Ferner darf oder muss das Gericht ggf. auch im Sinne einer Folgenbetrachtung bedenken, zu welchen Konsequenzen für die Beteiligten die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bei späterem Misserfolg des Antragstellers im Hauptsacheverfahren einerseits gegenüber der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes bei nachfolgendem Obsiegen in der Hauptsache andererseits führen würde. Schließlich kann im Wege einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich nur eine vorläufige Regelung getroffen und dem Antragsteller daher nicht schon in vollem Umfang, und sei es nur für eine vorübergehende Zeit, gewährt werden, was er nur im Hauptsacheverfahren erreichen könnte. Auch in solchen Fällen ist der Erlass einer einstweiliger Anordnung freilich möglich, wenn dies zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) geboten ist (zu alledem etwa Puttler, in NK-VwGO § 123 Rdnr. 94 ff.; Kopp/Schenke, VwGO § 123 Rdnr.12 ff. m.N. zur Rechtsprechung).

Hinsichtlich des Umfangs der Ermittlungen sind - unbeschadet der Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 103 SGG) auch im vorläufigen Rechtsschutzverfahren - der Eilcharakter des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens und das Risiko einer etwaigen Abweichung von der künftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen. Das gilt auch für die Prüfungsdichte des Gerichts. Regelmäßig genügt danach eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage auf der Grundlage unstreitiger oder glaubhaft gemachter Tatsachen bzw. auf der Grundlage der von den Beteiligten vorgelegten oder in angemessener Zeit erreichbaren Beweismittel. Drohen besonders schwerwiegende Eingriffe in grundrechtlich geschützte Güter, die nur schwer oder gar nicht mehr rückgängig gemacht werden können, ist eine besonders eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage, wenn möglich eine Vollprüfung, geboten. Geht es um existentiell bedeutsame Leistungen der Krankenversicherung ist eine lediglich summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage ausgeschlossen und eine abschließende Prüfung notwendig. Kommt das in solchen Fällen aus Zeitgründen im Hinblick auf den Eilcharakter des Verfahrens nicht in Betracht, ist eine Folgenbetrachtung unter umfassender Berücksichtigung der grundrechtlich geschützten Güter des Antragstellers und der diesen drohenden Beeinträchtigungen ausschlaggebend. Das Gericht muss sich dabei schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 06.02.2007, - 1 BvR 3101/06 -; auch Senatsbeschluss vom 09.08.2011, - L 5 KR 2470/11 –; vom 11.09.2012, - L 5 KR 2797/12 ER-B – und vom 18.02.2013 - L 5 KR 4568/12 ER-B -).

Davon ausgehend hat das Sozialgericht den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt. Es fehlt schon an einem Anordnungsgrund. Hinsichtlich des Antrags zu 1 ergibt sich dies bereits daraus, dass die Antragsgegnerin von der - allerdings beitragspflichtigen - Mitgliedschaft des Antragstellers nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V bis zum 31.08.2009 ausgegangen ist. Soweit der Antragsteller sich auch hiergegen gewandt hat und die beitragsfreie Familienversicherung begehrt, ist nicht ersichtlich, dass es ihm unzumutbar sein könnte, bis zur Klärung in der Hauptsache die laufenden - und rückständigen - Beiträge zu zahlen. Hierfür gibt es in Anbetracht der Einnahmen seiner ihm Unterhalt gewährenden Eltern keine Anhaltspunkte. Für die Zeit ab dem 01.09.2009 stellt sich die Frage, ob die Mitgliedschaft insbesondere durch das Schreiben 08.11.2010 rückwirkend beendet worden ist. Soweit dieser Bescheid bindend geworden sein sollte, ist vorläufiger Rechtsschutz im Wege der einstweiligen Anordnung nur im Rahmen eines Verfahrens nach § 44 SGB X denkbar. Nachdem inzwischen allerdings ein Widerspruch eingelegt worden ist, dürfte zunächst die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 28.03.2012 in Betracht kommen. Dass insoweit Streit zwischen den Beteiligten besteht, ist nicht ersichtlich. Die Feststellung der aufschiebenden Wirkung wäre zudem in einem Aussetzungsverfahren zu klären. Ein entsprechender Antrag lag der angegriffenen Entscheidung jedoch nicht zugrunde. Hinzukommt, dass der Antragsteller seit Juli 2012 wieder familienversichert ist. Für den Senat sind keine Gründe ersichtlich, aus denen es dem Antragsteller nicht zumutbar sein sollte, die im Hauptsacheverfahren zu treffende Entscheidung abzuwarten; nicht wieder gut zu machende Schäden an grundrechtlich geschützten Gütern drohen ihm schon deswegen nicht, weil sich die Fragen seines Krankenversicherungsschutzes nur noch für die Vergangenheit stellen. Das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist nicht der Ort, rechtliche Fragen abschließend zu klären und insoweit die Entscheidung im Hauptsacheverfahren vorwegzunehmen.

Hinsichtlich der Anträge zu 2 bis 4 nimmt der Senat gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG auf die Gründe der angegriffenen Entscheidung Bezug. Dem Antragsteller drohen damit derzeit hinreichend gewichtige Rechtsbeeinträchtigungen, die den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung rechtfertigen würden, nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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