L 7 AS 12/13 B ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 32 AS 3039/12 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 12/13 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Elterngeld ist beim SGB II als Einkommen anzusehen.
2. Griechische Staatsangehörige erhalten Leistungen nach dem SGB II regelmäßig ab Beginn des Aufenthalts in Deutschland.
3. Leistungen nach dem SGB II sind im Eilverfahren regelmäßig auf sechs Monate ab dem Monat der Atnragstellung beim erstinstanzlichen Gericht zu beschränken. Eine zusätzliche Beschränkung längstens "bis zur Bestandskraft in der Hauptsache" erübrigt sich im Eilverfahren.
I. Auf die Beschwerde des Antraggegners und Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts München dahingehend abgeändert, dass der Antragstellerin und Beschwerdegegnerin zu 1) für die Zeit ab 01.01.2013 vorläufig monatlich 217,39 Euro, dem Antragsteller und Beschwerdegegner zu 2) für die Zeit ab 01.01.2013 monatlich vorläufig 217,40 Euro sowie der Antragstellerin und Beschwerdegegnerin zu 3) für die Zeit ab 01.01.2013 monatlich vorläufig 25,21 Euro bis einschließlich 31.05.2013 gezahlt werden.

II. Außergerichtliche Kosten für das Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten.



Gründe:


I.
Mit Schreiben vom 03.12.2012 an das Sozialgericht München begehrten die Antragsteller und Beschwerdegegner (Bg) im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes Regelbedarf nach dem SGB II vom Antragsgegner und Beschwerdeführer (Bf).
Die Bg zu 1), eine griechische Staatsangehörige, der Bg zu 2) als deren Lebensgefährte, ebenfalls griechischer Staatsangehöriger, und das gemeinsame Kind, die Bg zu 3), stellten am 16.08.2012 Weiterbewilligungsantrag bzgl Regelbedarf nach dem SGB II für den Zeitraum September 2012 bis einschließlich Februar 2013. Mit Bescheid vom 23.08.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.011.2012, gegen die Klage beim Sozialgericht München anhängig ist, lehnte der Bf Leistungen nach dem SGB II für die Bg ab. Der Leistungsanspruch sei nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ausgeschlossen, da sich das Aufenthaltsrecht der Bg zu 1) allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergebe. Ein anderes Aufenthaltsrecht sei nicht ersichtlich.
Am 03.12.2012 stellten die Bg Antrag beim Sozialgericht München auf einstweiligen Rechtsschutz. Der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 SGB II greife nicht.
Mit Beschluss vom 27.12.2012 verpflichtete das Sozialgericht München den Bf, den Bg "vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 05.12.2012 bis 31.05.2012, längstens bis zur bestandskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zu zahlen, und zwar für den Zeitraum vom 05.12.2012 bis 31.12.2012 einmalig 638,01 Euro und vom 01.01.2013 bis 31.05.2013 monatlich 730,- Euro". Nach Auffassung des Sozialgerichts sei es möglich, dass den Bg ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II zustehe. Zwar könne nicht abschließend entschieden werden, ob für die Bg der Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II gelte. Da das vorliegende Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes seiner Natur nach jedoch dazu diene, etwaige Härten für die Zeit bis zur Entscheidung des Hauptsacheverfahrens zu vermeiden und dazu diese grundsätzliche Rechtsfrage vorab zu beantworten sei, habe das Sozialgericht unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze eine Folgenabwägung vorgenommen, die im Ergebnis zu Gunsten der Bg ausgehe, so dass den Bg vorläufig Leistungen zu gewähren seien. Nachdem die Bg unbestrittenerweise bei der Mutter der Bg zu 1) mietfrei wohnten, bestünde Anspruch auf monatlichen Regelbedarf. Dieser betrage im Dezember 2012 für die Bg zu 1) und zu 2) je 337,- Euro und für die Bg zu 3) 219,- Euro. Ab dem 01.01.2013 seien den Bg zu 1) und zu 2) monatlich je 345,- Euro und der Bg zu 3) 224,- Euro an Regelbedarf zu gewähren, wobei das Kindergeld bei der Bg zu 3) in Höhe von 184,- Euro anzurechnen sei. Im Monat Dezember sei der Anspruch anteilig um die fünf Tage bis zur Antragstellung am 05.12012 kürzen.
Hiergegen hat der Bf Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Die Tenorierung des Sozialgerichts sei hier nicht nachvollziehbar, insbesondere was die Gesamthöhe anbetreffe, nachdem sich aus den Gründen ergebe, dass bei der Bg zu 3) Kindergeld zu berücksichtigen sei. Zudem hätte die Bg zu 1) am 28-12.2012 eine Nachzahlung von Elterngeld in Höhe von 1.230,- Euro erhalten, die im Monat Dezember 2012 den Bedarf der Bedarfsgemeinschaft vollständig abgedeckt habe. Seit 01.01.2013 erhalte die Bg zu 1) für die Bg zu 3) monatlich Elterngeld in Höhe von 300,- Euro, das nach Abzug einer Pauschale von 30,- Euro in Höhe von 270,- Euro anzurechnen sei. Bei entsprechender Einkommensanrechung und Einkommensverteilung innerhalb der Bedarfsgemeinschaft ergebe sich ein monatlicher Betrag von 217,39 Euro für die Bg zu 1), von 217,40 Euro für den Bg zu 2) sowie von 25,21 Euro für die Bg zu 3).
Die Bg haben mit Schreiben vom 25.01.2013 mitgeteilt, dass sie vom Bf noch keine Leistungen aufgrund des Beschlusses des Sozialgerichts vom 27.12.2012 erhalten haben. Aktuell stünde ihnen nur das Kindergeld und die Elterngeldnachzahlung zur Verfügung.

II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Da der Bf sich bei seiner Beschwerde darauf beschränkt hat, die unklare Tenorierung des Sozialgerichts anzugreifen und lediglich die Anrechnung des an die Bg zu 1) ausbezahlten Elterngeldes in Höhe von 300,- Euro begehrt, ist die Beschwerde auch in vollem Umfang begründet.
Ob Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch gegeben sind, ist angesichts dieser - statthaften - Beschränkung der Beschwerde nicht weiter zu prüfen, jedoch angesichts der aktuellen Rechtsprechung des BSG auch nicht zu bezweifeln, vgl BSG Urteile vom 30.01.2013 Az B4 AS 54/12 R und B 4 AS 37/12 R.
Die mit der Beschwerde verfolgte Anrechnung von Elterngeld und Kindergeld ist wie vom Bg vorgetragen vorzunehmen und entsprechend zu tenorieren.
Im Dezember stehen den Bg angesichts der Nachzahlung von Elterngeld in Höhe von 1230.- Euro keine Leistungen nach dem SGB II zu. Denn im Dezember 2012 deckte diese Nachzahlung an die Bg zu 1) den vollständigen Bedarf der Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II, der nur aus den Regelbedarfen besteht, ab. Demgemäß war der Beschluss des Sozialgerichts bzgl Dezember 2012 dahingehend abzuändern, dass den Bg für Dezember 2012 keine Leistungen vorläufig gewährt werden.
Ab 01.01.2013 ist bei der Bg zu 1) Elterngeld in Höhe von 270,- Euro (300,- Euro abzüglich 30,- Euro Pauschale) anzurechnen (gemäß § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II, vgl. Beschluss des LSG BB vom 22.10.2012 Az L 14 AS 1607/12 NZB) mit der Folge, dass die Bg zu 1) monatlich nach entsprechender Einkommensverteilung innerhalb der Bedarfsgemeinschaft nur einen Anspruch auf 217,39 Euro hat, der Bg zu 2) monatlich einen Anspruch auf 217,40 Euro und die Bg zu 3) monatlich auf 25,21 Euro unter Einbezug des ihr zustehenden Kindergeldes in Höhe von 184.- Euro monatlich bei der Einkommensverteilung. Diese individuellen Ansprüche sind auch im Hinblick auf eine mögliche Rückforderung nach Abschluss des Verfahrens individuell zu tenorieren, was das Sozialgericht unterlassen hat.
Es erscheint sachgerecht, die vorläufige Gewährung von Leistungen im Rahmen des Eilverfahrens auf die gesetzlich vorgesehene Länge von sechs Monaten im Bewilligungszeitraum zu begrenzen, also ab Antragstellung beim Sozialgericht im Dezember 2012 dann bis Ende Mai 2013, wie es das Sozialgericht auch getan hat. Einer zusätzliche Begrenzung der Anspruchsdauer im Hinblick auf eine frühere Bestandskraft in der Hauptsache bedarf es nicht, vgl. Beschluss des Senates vom 11.01.2013, Az L 7 AS 3/13 B ER.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und der Erwägung, dass der Bf mit seiner Beschwerde in vollem Umfang erfolg hatte.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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