S 38 AS 182/12

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
38
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 38 AS 182/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid der Beklagten vom 20.09.2011 des Widerspruchsbescheides vom 05.01.2012 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, über den Anspruch der Klägerin auf Umzugskosten und Mietkaution unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Die Beklagte hat der Klägerin 4/5 der außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Umzugskosten und die Übernahme der Mietkaution für die neue Wohnung.

Die Klägerin ist seit längerem im Leistungsbezug. Zuletzt wurden ihr mit Bescheid vom 12.04.2011 Leistungen unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft in Höhe von 454,50 EUR bewilligt, davon betrug die Grundmiete 340 EUR. Bei einer persönlichen Vorsprache bei der Beklagten am 20.09.2011 bat die Klägerin um Zustimmung zum Umzug und legte ein Mietangebot zum 01.12.2011 mit einer Grundmiete von 239,33 EUR vor. Der Umzugsgrund wurde von der Beklagten zwar anerkannt, da die bisherige Miete nicht angemessen sei, aber die neue Wohnung erfülle die Angemessenheitskriterien nicht. Nach dem bei der Vorsprache gefertigten Vermerk hatte die Klägerin erklärt, sie wolle trotzdem umziehen, daraufhin sei ihr erklärt worden, dass sie keine Umzugskosten erstattet bekomme. Die Klägerin legte daraufhin eine Stellungnahme der Diplom-Psychologin U. H. vor, wonach sie an einer schweren Depression auf dem Hintergrund einer traumatisch erlebten Kindheit erkrankt sei. Trotz motivierter Bearbeitung sei sie weiter depressiv und leide unter massiven Ängsten. Im Verlauf der Therapie sei klar geworden, dass sie nicht mehr alleine in ihrer jetzigen Wohnung bleiben könne. Für ein Altersheim sei sie zu jung, daher wolle sie in den Beginenhof ziehen, ein Zusammenschluss von Frauen, die Wohnräume für betreutes Wohnen an Frauen vermieteten. Sie, die Psychologin, gehe davon aus, dass sich der Zustand der Klägerin in diesem Umfeld verbessern und stabilisieren werde. Diese habe schon seit längerem Kontakt dorthin. Sie halte es aufgrund der Erkrankung der Klägerin für medizinisch notwendig, dass diese in eine betreute Wohnform ziehe, die in dem Wohnprojekt des Beginenhofes gegeben sei. Mit Bescheid vom 20.09.2011 lehnte die Beklagte die Erteilung der Zustimmung sowie die Gewährung von Umzugskosten mit der Begründung ab, die für den Essener Bereich geltende Obergrenze der angemessenen Grundmiete von 217,50 EUR werde mit der neuen Wohnung um 21,83 EUR überschritten. Mit ihrem Widerspruch wies die Klägerin darauf hin, dass seit dem 01.01.2010 höhere Wohnflächenobergrenzen gälten, und wies auf ein Urteil des Landessozialgerichts Essen vom 16.05.2011 dazu hin. Diese Rechtsfrage sei nun beim BSG zur Entscheidung anhängig (B 4 AS 109/11 R). Sie rege an, über den Leistungsanspruch der Klägerin erneut zu entscheiden und bis zur Veröffentlichung der BSG-Entscheidung Wohnungsbeschaffungskosten darlehensweise und tilgungsfrei als Vorschuss zu bewilligen. Sie habe den Mietvertrag bereits unterschrieben.

Mit Bescheid vom 06.10.2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26.11.2011 bewilligte die Beklagte für den neuen Bewilligungsabschnitt vom 01.11.2011 Leistungen und reduzierte ab 01.12.2011 die Kosten der Unterkunft wie angekündigt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 05.01.2012 wies sie den Widerspruch gegen den Bescheid vom 20.09.2011 mit der Begründung zurück, es müsse sowohl der Auszug aus der alten Wohnung erforderlich sein als auch die Aufwendungen für die neue Wohnung angemessen. Das sei nicht der Fall. Die Grundmiete übersteige den als angemessen erachteten Maximalbetrag auch um mehr als 10 %, so dass eine Zusicherung zur Anmietung nicht erteilt werden könne. Hiergegen richtet sich die am 12.01.2012 erhobene Klage.

Den Widerspruch gegen den Bescheid vom 06.10.2011 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 26.11.2011 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02.02.2012 zurück. Die hiergegen erhobene Klage unter dem Az.: S 46 AS 531/12 wurde mit einem Unter-werfungsvergleich im Hinblick auf das hier zu entscheidende Verfahren abgeschlossen.

Die Klägerin trägt vor, der Umzug sei mit sechs Umzugshelfern vom Tauschring durchgeführt worden. Das habe etwa fünf Stunden gedauert. Diesen habe sie jeweils 5 EUR pro Stunde gegeben. Quittungen habe sie aber nicht mehr, insoweit sei sie auch mit der Pauschale einverstanden. Die Mietkaution sei in Höhe von 487 EUR angefallen und werde als tilgungsfreies Darlehen begehrt. Sie überreichte dazu ein Schreiben einer Frau D. B. vom 20.04.2012, die darin bestätigt, ihr ein Darlehen in Höhe von 478 EUR zur Begleichung der Kaution für die Wohnung gegeben zu haben, das die Klägerin ab dem 01.06.2012 in monatlichen Raten von 30 EUR zurückzahle. Für den Mietwagen habe sie 56 EUR aufgewendet. Es gehe ihr gesundheitlich immer noch sehr schlecht. Die Klägerin sah sich nicht in der Lage, zum Termin zu erscheinen und reichte ein ärztliches Attest der Praktischen Ärztin von Lingen ein, wonach sie aus gesundheitlichen Gründen den Gerichtstermin am 21.01.2013 nicht persönlich wahrnehmen könne. Dazu erklärte die Bevollmächtigte der Klägerin, dass es auch mit dem Besprechungstermin im Büro sehr schwierig gewesen sei. Die Klägerin habe starke Medikamente nehmen müssen, um den Termin überhaupt wahrnehmen zu können.

Mit Bescheid vom 20.08.2012 hat die Beklagte für den Bewilligungsabschnitt vom 01.05.2012 bis zum 31.10.2012 die vollen Kosten der Unterkunft gezahlt.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 20.09.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.01.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Umzugskosten in Höhe der Pauschale von 120 EUR für sechs Helfer sowie die Mietkaution in Höhe von 478 EUR durch Bescheid zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bleibt bei ihrer Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Sie sei zwar nunmehr bereit, nach der Entscheidung des BSG zur Erhöhung der angemessenen Wohnfläche ab 01.01.2010 (Urteil vom 16.05.2012 – B 4 AS 109/11 R) als angemessene Kosten einen Betrag in Höhe von 230,50 EUR anzunehmen. Der angemessene Quadratmeterpreis werde allerdings nach Erarbeitung neuer Angemessenheitsgrenzen anhand des aktuellen Mietspiegels bei 4,61 EUR gesehen. Multipliziert mit der angemessenen Wohnfläche von 50 m² ergebe dies den nunmehr als angemessen erachteten Betrag. Damit liege die neue Grundmiete der Klägerin aber immer noch über der Angemessenheitsgrenze, so dass es bei der Entscheidung bleiben müsse. Sie legt ihre Dienstanweisungen vor und erklärt, die Sonderregelungen unter 5.11, die eine Übernahme von sonstigen Kosten oder aber eine Erhöhung der angemessenen Grundmiete erlauben würden, seien nicht erfüllt. Die Ausnahmeregelung unter Punkt 6.1, die im Einzelfall eine Überschreitung bis zu 10 % möglich mache, sei ausdrücklich nur bei Aufforderung zur Senkung der Unterkunftskosten zu beachten. D. h., das gelte nicht, wenn jemand in eine geringfügig zu teure Wohnung einziehe. So liege es aber hier. Für die mit Bescheid vom 20.08.2012 für den Bewilligungsabschnitt vom 01.05.2012 bis zum 31.10.2012 bewilligte Übernahme der vollen Kosten der Unterkunft habe sie keine Erklärung; eine Änderung für die Bewertung der hier zu entscheidenden Frage ergebe sich daraus nicht.

Die Beteiligten haben angeregt, die Berufung zuzulassen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung von Informationen über den Beginenhof aus dem Internet (Internetportal www.beginenhof-essen.de). Sodann wurden Befundberichte von der Allgemeinmedizinerin von Lingen, ein Entlassungsbericht über eine stationäre Behandlung in der Gastroenterologischen Abteilung der Kliniken Essen-Mitte vom 10.12.2012 bis zum 21.12.2012 sowie ein Befundbericht der Diplom-Psychologin H. eingeholt. Auf den Inhalt der Befundberichte vom 08.01.2013 und 13.01.2013 sowie des Entlassungsberichtes vom 02.01.2013 wird Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist zum Teil begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 20.09.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.01.2012 ist rechtswidrig und beschwert die Klägerin im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz, soweit ein Anspruch der Klägerin auf Umzugskosten und Mietkaution dem Grunde nach versagt wird. Da der Klägerin jedoch nur ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung der Beklagten hinsichtlich der Leistungshöhe zusteht, war die Klage im Übrigen zurückzuweisen.

Gemäß § 22 Abs. 6 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) können Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten bei vorheriger Zusicherung als Bedarf anerkannt werden; eine Mietkaution kann bei vorheriger Zusicherung als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Eine Mietkaution soll als Darlehen erbracht werden.

Gegenstand des Klageverfahrens ist, wie die Klägerin zu Recht erkannt hat, nicht mehr die Erteilung einer Zusicherung. Für eine solche besteht kein Rechtsschutzinteresse mehr, da der Umzug bereits erfolgt ist. Das Gericht hat daher zu prüfen, ob die Beklagte eine Zusicherung hätte erteilen müssen, weil der Fall des eingeschränkten Ermessens nach Satz 2 der Vorschrift vorliegt, der Umzug also durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und keine besonderen Umstände vorliegen, die gegen die Erteilung einer Zusicherung sprechen, hilfsweise - wenn die besonderen Voraussetzungen eines notwendigen Umzuges nicht vorliegen, weil dann die Entscheidung der Beklagten im Ermessen steht - ob die Beklagte die Zusicherung hätte erteilen können. Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen für eine gebundene Entscheidung nach Satz 2 für die Erteilung einer Zusicherung gegeben. Der Umzug war zwar durch den kommunalen Träger nicht veranlasst, wäre aber in Kürze veranlasst worden, weil die Kosten der Unterkunft weitaus zu hoch waren. Dies ist auch zwischen den Beteiligten nicht streitig. Allerdings ist, wie von der Beklagten geschehen, inzident im Rahmen dieser Vorschrift als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal auch zu prüfen, ob die Kosten der neuen Wohnung angemessen sind. Denn es ist nicht gerechtfertigt, Leistungen der Allgemeinheit für einen Umzug in eine Wohnung zu verwenden, wenn innerhalb kürzester Zeit dort erneut zum Umzug aufzufordern wäre mit der Folge evtl. zu tragender weiterer Umzugskosten. Insoweit unterscheidet sich Abs. 6 von der Regelung in Abs. 4, bei der es um die Frage der Zusicherung vor Abschluss des Vertrages über die neue Unterkunft geht; Umzugskosten sind grundsätzlich im Rahmen des Ermessens auch erstattbar, wenn der Umzug nicht erforderlich war, solange die Kosten der neuen Wohnung angemessen sind. Denn in diesem Fall ist nach dem Umzug nicht zu befürchten, dass in Kürze erneut eine Umzugsnotwendigkeit wegen Senkung der Kosten nach § 22 Abs. 1 SGB II bevorsteht. Im Falle der Klägerin sind die Kosten der neuen Wohnung jedoch angemessen. Abstrakt angemessen sind im Falle der Klägerin, so wie die Beklagte es inzwischen auch anerkannt hat, Kosten der Unterkunft in Höhe einer Grundmiete von 230,50 EUR.

Die Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten im Sinne des § 22 Abs. 1 SGB II ist nach der Rechtsprechung des BSG in mehreren Schritten wie folgt zu prüfen: Es ist die Größe der Wohnung des oder der Hilfebedürftigen festzustellen und zu überprüfen, ob diese angemessen ist. In einem zweiten Schritt ist zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten sodann der angemessene Quadratmeterpreis zu ermitteln. Nach der Rechtsprechung des BSG genügt es insoweit nämlich, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (BSG, Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS 10/06 R), also die zu übernehmende Miete in dem räumlichen Bezirk, der den Vergleichsmaßstab bildet, die angemessene Mietobergrenze nicht überschreitet. Zur Festlegung der angemessenen Wohnfläche ist auf die Wohnraumgrößen für Wohn-berechtigte im sozialen Mietwohnungsbau abzustellen. Die Angemessenheit der Wohnungsgröße richtet sich damit grundsätzlich nach den Werten, die die Länder aufgrund von § 10 Wohnraumförderungsgesetz vom 13.09.2001 festgelegt hatten. Zum 01.01.2010 im Zuge der Föderalismusreform mit dem Gesetz zur Förderung und Nutzung von Wohnraum für das Land Nordrhein-Westfalen das Wohnraumförderungsgesetz in Nordrhein-Westfalen abgelöst worden. Gleichzeitig sind mit dem Runderlass des Ministeriums für Bauen und Verkehr vom 12.12.2009 hierzu Wohnraumnutzungsbestimmungen erlassen worden und in Kraft getreten. Diese ersetzen die bisherigen Vorschriften des Wohnungsbindungsgesetzes (hierzu ausführlich: BSG, Urteil vom 16.05.2012 – B 4 AS 109/11 R; abrufbar unter www.sozialgerichtsbarkeit.de, wie auch sämtliche im Folgenden zitierten Urteile, soweit nicht anders vermerkt). Danach sind für einen 1-Personenhaushalt nunmehr 50 statt wie bisher 45 m² maximal als angemessene Wohnfläche anzunehmen. Der diese Änderung berücksichtigende aktualisierte Wert zur Angemessenheit der tatsächlichen Aufwendung für eine Wohnung ist nicht einfach auf der Basis der bisher angenommenen Werte umzurechnen, denn die Beklagte hat keinen angemessenen Quadratmeterpreis, sondern nur eine als angemessen erachtete Summe der Grundmiete mitgeteilt. Aus der auch die Auffassung dieser Kammer bestätigenden Entscheidung des Bundessozialgerichtes vom 16.05.2012 zur Anwendbarkeit der neuen Wohnungsbauförderungsrichtlinien mit der Erhöhung der zugrunde zu legenden Wohnflächenobergrenze ist für den hier vorliegenden Fall eines Einpersonenhaushaltes lediglich die Erhöhung der Höchstgrenze des Berechnungsparameters der angemessenen Wohnfläche auf 45 statt bisher 50 m² zu folgern, jedoch keine rein schematische Anhebung um den fünffachen Betrag des bis dahin der Berechnung als angemessen zugrunde gelegten Quadratmeterpreises. Eine höhere Angemessenheitsobergrenze als von der Beklagten zuletzt angenommen ist auch unter Berücksichtigung der dargestellten Rechtsprechung zu Wohnfläche im Ergebnis nicht zu ermitteln. Der von der Beklagten ermittelte Quadatmeterpreis von 4,61 EUR stellt den der Berechnung zugrunde zu legenden angemessenen Quadratmeterpreis dar. Angemessen ist eine Wohnung nur, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist. Hierauf basierend ist der hierfür aufzuwendende Quadratmeterpreis zu ermitteln. Dieser beträgt im vorliegenden Fall nicht mehr als 4,61 EUR. Dabei stützt sich die Kammer zur Verifizierung dieses angemessenen Quadratmeterpreises auf den Mietspiegel 2009 der Stadt Essen in der Fassung vom 01.12.2009, der mit Mietspiegel vom 21.11.2011 unverändert fortgeschrieben wurde (abrufbar unter http://www.gutachterausschuss.essen.de/pdf/mietspiegel 2009.pdf und http://www.gutachterausschuss.essen.de/pdf/mietspiegel 2011.pdf;) Für das Stadtgebiet Essen hat das BSG bereits die Entscheidung des Sozialgerichtes Duisburg (Urteil vom 23.04.2008 - S 27 AS 154/07) bestätigt, dass sich dieser Vergleichsraum auf das gesamte Stadtgebiet bezieht (BSG, Urteil vom 17.12.2009 – B 4 AS 27/09 R). Für die Feststellung, wie hoch die angemessene Miete für Wohnungen einfachen Standards – die Referenzmiete – im Vergleichsraum der Stadt Essen ist, hat das BSG in dieser Entscheidung die bis Ende 2009 vorgenommene Festlegung der Referenzmiete durch den Vorgänger der Beklagten bestätigt und ausgeführt, die festgestellte angemessene Referenzmiete oder Mietobergrenze müsse so gewählt werden, dass es dem Hilfebedürftigen möglich sein, im konkreten Vergleichsraum eine "angemessene" Wohnung anzumieten. Die Mietobergrenze sei nach der Rechtsprechung des BSG auf Grundlage eines dieses beachtenden schlüssigen Konzeptes zu ermitteln. Es bestünden zwar Zweifel daran, dass die Bemühungen des Beklagten, eine Referenzmiete durch Beobachtung des unteren Segments des örtlichen Wohnungsmarktes sowie bei der Geschäftsstelle Wohnungsnotfälle gemeldeten tatsächlichen verfügbaren Wohnungen festzustellen, ausreichend sei, gleichwohl bedürfe es keiner weiteren Ermittlungen zur genauen Datengrundlage und ihre Auswertung durch die Beklagte, denn zur Verifizierung des Ergebnisses der Beklagten könnte der Essener Mietspiegel (dort aus dem Jahre 2005) herangezogen werden. Dieser biete eine hinreichende Datengrundlage für den dort streitigen Zeitraum zur Erstellung eines schlüssigen Konzeptes. Die Datenerhebung sei in der Zeit von April bis September 2005 über den gesamten Vergleichsraum des Stadtgebiets Essen erfolgt. Gegenstand der Beobachtung seien Mietwohnungen von 35 bis 150 m² gewesen. Dabei seien ausschließlich die Nettokaltmiete erhoben worden. Von der Repräsentativität und Validität der Datenerhebung sei bei dem vorliegenden Mietspiegel auszugehen. Sie würden zudem dadurch gewährleistet, dass die unterschiedlichsten Interessengruppen des Wohnungsmarktes der Stadt Essen an der Erstellung des Mietspiegels beteiligt gewesen seien. Die Auswertung des Datenmaterials sei nach Ziffer 1 des Mietspiegels aufgrund objektiver statistischer Kriterien von der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses vorgenommen worden. Die ermittelten Mietrichtwerte seien Durchschnittswerte und bezögen sich auf Wohnungen mittlerer Ausstattung und mittlerer Wohnlage (Ziffer 2 des Mietspiegels vom 28.02.2006). Soweit der Mietrichtwert für sämtliche in die Erhebung einbezogenen Wohnungen Gültigkeit haben solle, stehe dieses den Anforderungen des erkennenden Senates an ein schlüssiges Konzept nicht entgegen. Diese Unschärfe werde durch Vergabe von Plus- und Minuspunkten gestaffelt nach der Wohnungsgröße ausgeglichen. So werde nach dem zugrunde liegenden Mietspiegel angenommen, dass bei einer Wohnungsgröße von 50 bis 119 m² zur Ermittlung der Vergleichsmiete auf die tatsächliche Wohnungsgröße abgestellt werden könne, ohne dass Zu- bzw. Abschläge wegen Vergünstigung oder Verteuerung des Wohnraums aufgrund der Wohnungsgröße vorzunehmen seien. Der Teuerungsfaktor für kleinere Wohnungen werde dadurch berücksichtigt, dass bei Wohnungen in der Größe von 35 bis 44 m² ein Punktzuschlag von 9 bis 4 Punkten bei der Errechnung der Vergleichsmiete vorzunehmen sei. Der Annahme, dass größere Wohnungen einen geringeren Quadratmeterpreis aufwiesen, werde dadurch Rechnung getragen, dass der Mietrichtwert mit einer negativen Punktzahl bis zu - 4 Punkten zu multiplizieren sei. Auch der Wohnungsstandard fließe bei dem vorliegenden Mietspiegel in die Errechnung der Vergleichsmiete ein. Die Berechnung des Sozialgerichts zur Ermittlung des angemessenen Quadratmeterpreises (dort in Höhe von 4,45 EUR im Verhältnis zum vom Beklagten angesetzten Wert von 4,71 EUR für einen Zweipersonenhaushalt angenommen) auf Grundlage der Datenlage des Mietspiegels, auf die das LSG Bezug genommen habe, sei nicht zu beanstanden, soweit es feststelle, dass die Referenzmiete nach dem Mietspiegel unter dem von der Beklagten angesetzten Vergleichswert liege. Zutreffend sei das SG (seinerzeit) von einem aus dem Durchschnittswert für Wohnungen, die 20 Jahre und älter seien, errechneten Mietrichtwert von 5,64 EUR / m² ausgegangen. Inwieweit dieser wegen der Ausstattungsfaktoren mit 0,83 zu multiplizieren sei, also dem Wert, der auf einer überwiegend einfachen Ausstattung beruhe, könne dahinstehen. Es ergäbe sich selbst dann ein Wert, der dem von der Beklagten angenommenen entspreche, wenn hinsichtlich einiger Ausstattungsmerkmale der überwiegend mittlere Standard zugrunde gelegt würde. Dies betreffe insbesondere solche Merkmale, die als ökologische Faktoren möglicherweise bei den Kosten für Heizung zu einer Senkung der Aufwendungen führe. Tatsächlich hatte das Sozialgericht bei Addition der Mietrichtwerte der bis 1984 fertiggestellten Gebäude einen durchschnittlichen Wert von 5,64 EUR ermittelt, hinsichtlich der Wohnlage unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG den oberen Wert für einfache Wohnlagen (94) für ausreichend erachtet, und in Bezug auf die Ausstattungsmerkmale letztlich einen Punktwert von 0,84 ermittelt. Daraus folge ein Quadratmeterpreis in Höhe von 4,45 EUR (5,64 x 0,94 x 0,84) der den untersten Wert bilde, der unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG noch als angemessen angesehen werden könne. Die Beklagte habe seinerzeit mit ihrer Angemessenheitsgrenze von 4,71 EUR über diesem Wert gelegen. Diese Rechtsprechung ist unverändert anzuwenden. Daran ändert auch sie seither ergangene Rechtsprechung des BSG zum "schlüssigen Konzept", bezogen auf verschiedene regionale Träger im Bundesgebiet nichts, denn jede Entscheidung des BSG bezieht sich auf eine konkrete, für jeden Träger individuell zu überprüfende Berechnungsweise, die jeweils vom vom jeweiligen Träger zugrunde gelegten Konzept auszugehen hat und daher nicht ohne weiteres auf andere übertragbar ist. So hat das BSG in seiner Entscheidung vom 20.12.2011 (B 4 AS 19/11 R – Duisburg) zwar die Befürchtung geäußert, dass bei einem Herausgreifen nur bestimmter Mietspiegelwerte die Leistungsberechtigten unter Umständen auf bestimmte Bezirke oder Ortsteile mit besonders verdichteter Bebauung beschränkt werden. Dieses Risiko der Ghettoisierung wird jedoch im hier zu entscheidenden Vergleichsraum nicht gesehen, weil qualitativ unterschiedliche Wohnlagen in allen Stadteilen der Stadt Essen vorhanden sind (vgl. hierzu SG Duisburg, Urteile vom 04.10.2012 - S 55 AS 1801/10 u.a., nicht veröffentlich; dazu bereits Urteil vom 23.04.2008 - S 27 AS 154/07, betätigt durch LSG NRW, L 19 AS 62/08). Gegen die Nichtberücksichtigung von nach 1984 erbauten Wohnungen bestehen hier auch deshalb keine Bedenken, weil im Stadtgebiet Essen weniger als 12 % des Wohnungsbestandes auf nach 1981 erbaute Wohnungen entfallen (Quelle: Statistik zum Gebäude- und Wohnungsbestand, Amt für Statistik, Stadtforschung und Wahlen, Stand: 30.06.2011, abrufbar unter http://media.essen.de/media/wwwessende/aemter/12/Wohnen in Essen - Gebaeude- und Wohnungsbestand.pdf (vgl. SG Duisburg, Urteil vom 23.11.2012 – S 35 AS 2446/10, nicht veröffentlicht). Die Beklagte hat hier kein neues Konzept erstellt - das allerdings keine Rückwirkung entfalten würde (BSG, Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 2/10 R, RdNr 21), sondern mit den neuen Richtlinien nunmehr die bisherige Obergrenze für eine Person unter Berücksichtigung einer Wohnfläche von 50 m² von 217,50 EUR auf 230,50 EUR Grundmiete erhöht und dabei, wie nach der Entscheidung des BSG praktiziert, den Mietspiegel in aktueller Fassung, dessen Werte allerdings unverändert sind, nunmehr selber zur Berechnung der vorgenommenen Erhöhung der Angemessenheitsgrenze zugrunde gelegt. Der nunmehr zugrunde gelegte Mietspiegel unterscheidet sich in der Art des Zustandekommens nicht von dem Mietspiegel, den das Bundessozialgericht als ausreichende Überprüfung der Validität des Berechnungsergebnisses angesehen hat (vgl. dazu ausführlich SG Duisburg, Urteile vom 04.10.2012 - S 55 AS 1801/10, S 55 AS 2486/10 und S 55 AS 2106/10). Die Kammer hat daher auch keinen Zweifel, dass der zugrunde gelegte Mietspiegel weiterhin eine solche ausreichende Datengrundlage bildet. Der Mietrichtwert entspricht dem im angeführten BSG-Urteil zugrunde gelegten, da sich die einzelnen Werte hinsichtlich des Quadratmeterpreises nicht verändert haben. Es handelt sich also weiterhin um einen Mietrichtwert in Höhe von 5,64 EUR. Zweifel, dass zu dem als angemessen erachteten Mietpreis generell ausreichend Wohnraum tatsächlich zur Verfügung stand, hat die Kammer nicht. Der Kammer ist aus Recherchen in zahlreichen anderen Verfahren auch anderer Kammern des Gerichtes bekannt, dass zu dem von der Beklagten anerkannten Preis unter diversen Internet-Wohnungsbörsen regelmäßig Angebote in zwei- bzw. dreistelliger Anzahl vorliegen. Als Faktor für die Wohnlage wird weiterhin nach der Tabelle 2 zum Mietspiegel Essen 2011 der obere Wert von 94 für einfache Wohnlagen angenommen. Selbst bei Annahme des mittleren Wertes für einfache bis mittlere Wohnlagen von 95 änderte sich aber am Gesamtergebnis nichts. Eine höhere Wohnlage hält das Gericht unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes zur Zugrundelegung von Wohnungen im unteren, aber nicht untersten Bereich nicht für erforderlich. In Bezug auf die Ausstattungsmerkmale teilt die Kammer die Auffassung des Sozialgerichts Duisburg vom 23.04.2008 (aaO), die vom BSG bestätigt wurde, dass sich die Ausstattung nicht zwingend nur im untersten, sondern im unteren Bereich zu bewegen hat, so dass grundsätzlich die Möglichkeit eröffnet wird, z. B. auch Wohnungen mit Zentralheizung und Isolierverglasung anzumieten. Auch sind, wie vom BSG angedeutet, ökologische Gesichtspunkte durchaus zu berücksichtigen. Bei der Annahme einer überwiegend mittleren Ausstattung im Bereich von Heizung (25), Fenster (12), Elektroanschlüsse (5) und Warmwasserversorgung (7) und Zugrundelegung von einfachen Ausstattungsmerkmalen bei Fassade (10; hier gibt es keinen mittleren Wert), Treppenhaus (9), Sanitäreinrichtungen (14), Wandfliesen (8) und Fußbodenbelägen (10) ergibt sich ein vorläufiger Punktwert von 91 Punkten nach der Tabelle 3 zur Ausstattung, der jedoch um sonstige Einflüsse nach der Tabelle 4 des Mietspiegels zu reduzieren ist. Bei den sonstigen Einflüssen spielt die Wohnungsgröße eine Rolle, die allerdings, da sich diese nunmehr auch bei Alleinstehenden auf 50 erhöht hat, nicht mehr verteuert, sondern im Bereich von 50 bis 119 m² 0 beträgt, was zur Folge hat, dass nunmehr einen einheitlichen Quadratmeterpreis als Berechnungsparameter bestimmt werden konnte, dieser sich aber insbesondere für Alleinstehende ohne Aufschlag wegen der Wohnungsgröße gegenüber dem bis 2009 zugrunde zu legenden Wert verringert. In Bezug auf die Geschosslage sind zwar auch Wohnungen im Erdgeschoss oder im vierten Obergeschoss und höher weiterhin zumutbar, so dass sich wie vom Sozialgericht seinerzeit angenommen ein Punktwert von - 1 ergeben könnte, allerdings sollte unter Einbeziehung der Tatsache, dass eine nicht unbeachtliche Anzahl von Leistungsempfängern (mit gesundheitlichen Einschränkungen oder kleinen Kindern) ein Verweis auf bestimmte Geschosslagen verbietet, dieses Kriterium möglicherweise ohne weitere Einflüsse (z.B. Vorhandensein eines Aufzuges) keinen beachtlichen Einfluss haben. Zur Generalisierung des ermittelten Wertes kann daher, ohne dass dies abschliessend entschieden werden müsste, wie von der Beklagten wohl auch vorgenommen, hier ein Punktwert von 0 zugrunde gelegt werden. Zwar sind auch Wohnungen mit mehr als zwölf Wohneinheiten (bis - 2) zumutbar, im Hinblick auf die Gefahren einer Ghettobildung erscheint es jedoch fraglich, ob dieser Wert abzuziehen ist und damit nur noch Wohnungen in solch grossen Wohneinheiten finanzierbar werden. Wie von der Beklagten wohl vorgenommen dürfte hier ein Abzug von nur von - 1 ohne Ausschöpfung des Höchstabzuges angemessen sein. Wohnungen ohne Balkon bleiben uneingeschränkt zumutbar, so dass es hier beim Abzug von - 4 bleibt. Für dem vom BSG geforderten einfachen Segment zuzuordnenden Wohnungen sind für diese Ausstattungsmerkmale also Abzüge mindestens von - 5 zu machen, so dass sich für die Ausstattung insgesamt ein gegenüber der alten Rechtsprechung leicht erhöhter Punktwert von maximal 0,86 (91- 5 = 86/100) ergibt (vgl.dazu. SG Duisburg, a. a. O.; dort 0,84). Hieraus errechnet sich ein Quadratmeterpreis von 4,61EUR (5,64 EUR x 0,95 x 0,86), wie von der Beklagten zugrunde gelegt. Gleichwohl liegt die angemessene Grundmiete hier um 8,83 EUR insgesamt höher, nämlich bei den tatsächlich entstandenen Kosten in Höhe von 239,33 EUR. Nach Ermittlung des abstrakt-angemessenen Wertes hat die Beklagte als weiteren Prüfungsschritt nämlich auch die konkrete Angemessenheit zu prüfen; dies ist hier nicht geschehen. Persönliche Lebensumstände sind im SGB II bei der Prüfung der Angemessenheit der Kosten jedoch nicht unbeachtlich, weil § 22 Abs. 1 SGB II die Umstände des Einzelfalls ausdrücklich in Bezug nimmt. Besonderen Bedarfslagen, die auf personenbezogene Umstände gründen und sich je nach Einzelfall unterschiedlich darstellen, sind im Rahmen der konkreten Angemessenheitsprüfung sachgerecht Rechnung zu tragen. Persönliche Umstände, wozu etwa das soziale und schulische Umfeld minderjähriger schulpflichtiger Kinder, alleinerziehender oder behinderter oder pflegebedürftiger Menschen bzw. der sie betreuenden Familienangehörigen Gründe darstellen können, die zu Einschränkungen der Obliegenheit zur Senkung unangemessener Kosten der Unterkunft im Sinne subjektiver Unzumutbarkeit führen (BSG, Urteil vom 22.08.2010 – B 14 AS 13/12 R, m.w.Nw.) sind entgegen der Auffassung der Beklagten nicht nur im Fall der Aufforderung zur Senkung der Kosten zu berücksichtigen, sondern auch im Falle des Umzugs in eine neue Wohnung, wenn der Umzug erforderlich ist jedenfalls dann, wenn sich die Mehrkosten im Rahmen einer im Verhältnis zur persönlichen Notwendigkeit des Einzuges gerade in diese Wohnung als geringfügig darstellen. So ist es im vorliegenden Fall. Nach der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Einzug in den Beginenhof für die Klägerin aus gesundheitlichen Gründen dringend erforderlich war. Die Allgemeinmedizinerin von Lingen und die Diplom-Psychologin H. bestätigen übereinstimmend eine seit langen bestehende, tiefgreifende Angsterkrankung, die ein besonderes, schützendes Umfeld erforderlich machte. Befände sich die Klägerin bereits in diesem Umfeld, und wäre ihr ein Umzug aus diesem schützenden Umfeld aus gesundheitlichen Gründen nicht zuzumuten, so wäre – anders als nach der Arbeitsanweisung, die hier nur einen Verbleib vorsieht, wenn sich die dann ergebende Überschreitung der angemessenen Miete im Rahmen von 10 % hält – sogar auch unabhängig von dieser 10 %-Grenze die bisherige Miete weiter zu übernehmen. Denn die 10 %-Grenze ist aus dem Gesetz nur insoweit abzuleiten, dass § 22 Abs. 1 einen Verzicht auf einen Wohnungswechsel auch allein aus wirtschaftlichen Gründen für verzichtbar hält. Eine Verknüpfung der Möglichkeit nach § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II, auf eine Senkung der Kosten in einem solchen Fall zu verzichten, mit der Frage der individuellen Angemessenheit, wie die Beklagte es in ihren Dienstanweisungen unter 6.1 vorgenommen hat, ist dem Gesetz so nicht zu entnehmen. Eine zulässige Überschreitung der Beträge bis 10 % ist nach der Dienstanweisung aber jedenfalls möglich z. B. bei Alleinerziehenden, längerer Wohndauer, wesentlichen sozialen Bezügen, über 60-jährigen Hilfeempfängerinnen, Schwangeren, Auszug aus der Notunterkunft, Hilfeempfängern, denen aufgrund einer Klage der Wohnungsverlust droht und begründeten Einzelfällen. In Punkt 51.1 hat die Beklagte Sonderregelungen geschaffen für die Beurteilung der angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft, bei denen sie ebenfalls individuelle Gründe berücksichtigt. Die Erhaltung der Wohnung durch Übernahme von Mietrückständen stellt z.B. einen solchen individuellen Grund dar. Bei vom LVR anerkannten betreuten Wohnen wird die Grundmiete andererseits sogar bis zu 360 EUR übernommen, was sicherlich im Grunde nicht zu beanstanden ist. Warum allerdings z. B. die Überschreitung der Grundmiete nach Einschaltung der Wohnungsvermittlung sich in jedem Fall als angemessen darstellt, medizinische Gründe für die Entstehung höherer Kosten andererseits aber nicht aufgeführt werden, ist z. B. nicht ohne weiteres nachvollziehbar. In der Tat dürfte die Dienstanweisung zur möglichst gleichmäßigen Behandlung typisch auftretender Fallgestaltungen sinnvoll sein. Das Gesetz ermächtigt die Beklagten aber nicht, abschließend festzulegen, in welchen Fällen individuelle Gründe für die Angemessenheit berücksichtigt werden können und in welchen nicht. Die Aufzählung der Beklagten ist also nicht bindend im Sinne einer abschließenden Aufzählung. Das Gericht sieht im hier zu entscheidenden Fall durchaus eine Vergleichbarkeit mit der Unterbringung im betreuten Wohnen. Die Wohnform des Beginenhofes ist sicherlich eine sehr ungewöhnliche Wohnform, die was Aufwendungen und Betreuungsbedarf angeht, mit dem betreuten Wohnen nicht ganz vergleichbar ist. Für die Klägerin stellt dies aber die derzeit auch nach Überzeugung des Gerichtes wohl einzige Möglichkeit dar, den Versuch eines selbstbestimmten Wohnens trotz der schweren Angsterkrankung zu unternehmen, bevor möglicherweise, sollte dies nicht möglich sein, andere und für die Beklagte möglicherweise kostenintensivere Maßnahmen ergriffen werden müssten. Nach den im Internetportal www.b.-e ...de abrufbaren Informationen handelt es sich beim B. E., in deren Wohnung die Klägerin gezogen ist, um einen Zusammenschluss von Frauen, die einen besonderen, geschützten Raum bilden, die aber jeweils in abgeschlossenen Wohnungen für sich leben. Diese Wohnform ist nicht mit normalen Mietwohnungen zu vergleichen, denn die Personen, die hier einziehen, übernehmen selbstverständlich die Aufgabe, mit ihren Fähigkeiten für die anderen da zu sein. Man unterstützt sich gegenseitig. Man unternimmt gemeinsam Aktionen. Hierfür gibt es Gemeinschaftsräume und ein Café. Personen, die dort einziehen, sind in der Regel in irgendeiner Form hilfebedürftig. Die Klägerin kann also bei einer weitgehenden Selbstständigkeit mit der Unterstützung der Mitbewohner rechnen und ist nicht in der Gefahr, zu vereinsamen. Tatsächlich konnte die Symptomatik der Situation in der vorherigen Wohnung, in der sie kaum noch in der Lage gewesen war, die Wohnung zu verlassen, verbessert werden; insoweit hat das Gericht keine Bedenken, der Einschätzung der die Klägerin therapeutisch begleitenden Diplom-Psychologin H. zu folgen, die auch durch die Beschreibung des für die Klägerin erforderlichen Wohnumfeldes (schützende Gemeinschaft, die nachbarschaftliche Kontakte ermöglichen) durch die Allgemeinmedizinerin v. L. bestätigt werden.

Dass in der Rechtsprechung bisher lediglich in Fällen entschieden wurde, in denen es um die Senkung der Kosten einer bereits bewohnten Wohnung ging, ändert hieran nichts. Die Frage der Angemessenheit ist nicht anders zu beurteilen bei der Notwendigkeit des Einzuges in eine ganz bestimmte Wohnung als bei der Notwendigkeit des Schutzes der bestehenden Wohnung. Hierfür sieht die Kammer keinen Grund. In beiden Fällen geht es um die medizinische Notwendigkeit einer besonderen Wohnform, also die einem elementaren Grundbedürfnis eines jeden Menschen betreffende Frage, wo und wie sich Menschen zuhause fühlen können. Für die Klägerin gab es aus ihrer Sicht keine Alternative. Andere gleichwertige und kostengünstigere Wohnformen in E. sind dem Gericht nicht bekannt, dazu hat die Beklagte auch nichts vorgetragen. Im Hinblick auf die äußerst geringe Überschreitung der Angemessenheitsgrenze bestehen auch keinerlei Zweifel daran, dass der Aufwand zum für die Klägerin erforderlichen Ergebnis in einem angemessenen Verhältnis steht.

Nach alledem waren die Voraussetzungen für die Erteilung einer Zusicherung und damit der Übernahme der Wohnungsbeschaffungskosten dem Grunde nach zu bejahen.

Die Klage war jedoch abzuweisen, soweit die Klägerin die Verurteilung zur Zahlung begehrt. Denn § 22 Abs. 6 SGB II sieht eine Einschränkung des Ermessens lediglich für die Frage der Erteilung der Zusicherung vor. Dies ergibt sich klar aus Satz 1 der Vorschrift. Hiernach können Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten bei (hier nunmehr anzunehmender vorheriger) Zusicherung als Bedarf anerkannt werden. Missverständlich ist diese Formulierung allenfalls, als man daraus ableiten könnte, dass auch bei Erteilung der vorherigen Zusicherung die Leistung dem Grunde nach im Ermessen steht. Dem ist jedoch nicht so. In einem solchen Fall steht nur noch die Höhe der Leistung im Ermessen; anderenfalls machte die Unterscheidung zwischen der Verpflichtung zur Zusicherung und der Ermächtigung zur Zusicherung bei erforderlichen oder nicht erforderlichen Umzügen keinen Sinn (vgl. auch Boerner in Löns / Herold-Tews, Randnummer 88 a, 93).

Ob eine Unterkunft ohne die Zusicherung nicht in angemessenem Zeitraum gefunden werden kann, richtet sich nach der Art der begehrten Umzugsleistung. Umzugskosten im engeren Sinne, wie hier, fallen sowohl bei einem früheren, als auch einem späteren Umzugszeitpunkt an, so dass sie in der Regel unvermeidbar sind (Boerner, a. a. O., Randnr. 94). Hier liegen keine Anhaltspunkte vor, dass bei einem späteren Umzug diese Kosten nicht angefallen wären. Die Voraussetzung insoweit ist also auch zu bejahen.

Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten sind als Zuschuss zu gewähren, die Mietkaution regelmäßig nur als Darlehen. Die einzelnen Modalitäten der Gewährung der Mietkaution kann das Gericht aber nicht festlegen, da vor der von der Beklagten zunächst zu treffenden Ermessensentscheidung hier keinerlei Überprüfung auf Ermessensfehler möglich ist.

Nach alledem war der Klage stattzugeben, soweit es um die Verurteilung dem Grunde nach und der Verpflichtung zur Bescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes geht. Soweit die Klägerin eine unmittelbare Zahlungsbewilligung begehrt, war sie abzuweisen. Die Kostenregelung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt den Anteil des Obsiegens und Verlierens.

Die Berufung hat die Kammer im Hinblick auf die bisher fehlende Rechtsprechung zur Frage konkreter Angemessenheitsgründe auch bei Umzug in eine neue Wohnung und die dies widerspiegelnde Arbeitsanweisung der Beklagten wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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