Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
33
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 33 AS 94/13 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe werden abgelehnt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin ist bulgarische Staatsangehörige. Sie lebt mit ihren drei Kindern E. (geboren am 16.11.20xx), R. (geboren am 23.03.20xx) und Rx (geboren am 21.08.20xx) in D., S.-straße xx. Mieter der 85 qm großen und 550,00 EUR teuren 4 Zimmer-Wohnung sind laut Mietvertrag die Antragstellerin und ihr ehemaliger Lebensgefährte E. A ...
Nach eigenen Angaben reiste die Antragstellerin im Februar 20x zur Arbeitssuche nach Deutschland ein. Weil sich ihr Lebensgefährte, der ebenfalls bulgarischer Staatsangehöriger und hier in Deutschland als selbständiger Bauhelfer tätig ist, von ihr trennte, beantragte sie bei der Stadt D. zunächst Sozialhilfe. Die Stadt D. lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 21.12.2012 ab und verwies die Antragstellerin auf Leistungen nach dem SGB II. Daher beantragte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin für sich und ihre 3 Kinder Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Die Leistungsakte der Antragsgegnerin enthält als ersten dokumentierten Vorsprachetermin einen Verbis-Vermerk vom 22.01.2013.
Bereits am 11.01.2013 ging bei Gericht der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ein. Darin beantragt der Prozessbevollmächtigte allein für die Antragstellerin die vorläufige Leistungsgewährung nach dem SGB II. Zur Begründung führt er aus, das Arbeitslosengeld II sei im Rahmen der Gleichbehandlung der Unionsbürger zu gewähren. Die Antragstellerin sei bei ihrer Einreise nach Deutschland im Februar 2011 schwanger gewesen, so dass sie ihre Absicht, als Zimmermädchen im Hotel zu arbeiten, nicht mehr habe realisieren können. Sie habe aber im Gewerbe des Lebensgefährten mitgeholfen. Die Antragstellerin sei dringend auf die Leistungen angewiesen, weil ihr Lebensgefährte sie nach der Trennung nicht mehr versorge, so dass nur das Kindergeld zur Verfügung stünde, kein Krankenversicherungsschutz bestünde und die Miete nicht mehr gezahlt werden könne. Daher drohe Obdachlosigkeit. Zur Glaubhaftmachung legt er eine eidesstattliche Versicherung der Antragstellerin vom 21.12.2012 und ein Schreiben des Vermieters vom 21.01.2013 vor, wonach seit Oktober 2012 keine Miete mehr gezahlt worden sei, sodass seit 4 Monaten Mietrückstand bestünde und die Kündigung ausgesprochen würde, wenn die Mieten nicht innerhalb von 2 Wochen gezahlt würden.
Der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin beantragt,
die Antragsgegnerin zu verpflichten, der Antragstellerin umgehend Leistungen nach dem SGB II unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu gewähren
und ihr Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt W. zu bewilligen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie ist der Auffassung, dass § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II einer Leistungsbewilligung an die Antragstellerin entgegen stehe. Ausgenommen vom Leistungsausschluss seien lediglich Arbeitnehmer und Selbständige sowie Personen, die aufgrund des § 2 Abs. 3 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt seinen (§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II). Ein Nachweis darüber, dass die Antragstellerin den Status einer Arbeitnehmerin oder einer Selbständigen erworben habe, liege nicht vor. Ebenso fehle es an einem Nachweis, dass sich die Antragstellerin nicht allein zum Zwecke der Arbeitssuche in der Bundesrepublik aufhalte, so dass ein Leistungsanspruch nicht ersichtlich sei.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 23.01.2013 hat das Gericht die Antragstellerin auf die Beschlüsse des LSG NRW vom 22.06.2012, L 19 AS 845/12 B ER und L 19 AS 846/12 B ER (insbesondere Rn. 37 ff nach juris) und vom 20.08.2012, L 12 AS 531/12 B ER sowie den Beschluss des LSG Berlin Brandenburg vom 10.05.2012 mit Verweis auf das Urteil des BSG vom 19.10.2010 B 14 AS 23/10 R hingewiesen, Nach aktueller Sachlage müsste daher auch der PKH-Antrag mangels Erfolgsaussicht des eR- Antrags abgelehnt werden.
Mit Bescheid vom 29.01.2013 lehnte die Antragsgegnerin den Leistungsantrag der Antragstellerin nunmehr auch schriftlich mit der Begründung ab, wegen des alleinigen Aufenthaltsrechts zur Arbeitssuche in Deutschland bestünde gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II kein Leistungsanspruch. Widerspruch wurde bislang nicht erhoben.
Mit gerichtlicher Verfügung vom 31.01.2013 bat das Gericht um Übersendung von Kopien der Geburtsurkunden der 3 Kinder der Antragstellerin. Hierauf hin übersandte der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin mit Fax-Schreiben vom 06.02.2013 die Geburtbescheinigungen. Daraus ergibt sich, dass Vater der Kinder E. und R. der ehemalige Lebensgefährte E. A. ist. Der Vater des am 06.07.20xx geborenen R. ist unbekannt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Der gemäß § 86 b II des Sozialgerichtsgesetzes ( SGG ) zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist nicht begründet.
Gemäß § 86 b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Gemäß § 86 b Abs.2 S. 4 SGG i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung (ZPO) setzt der Erlass einer einstweiligen Anordnung voraus, dass der geltend gemachte Hilfeanspruch (Anordnungsanspruch) und die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) glaubhaft gemacht werden. Da nach Wesen und Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes eine vorläufige Regelung grundsätzlich nicht die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmen darf, kann eine Verpflichtung zur Erbringung von Geldleistungen - wie sie im vorliegenden Fall begehrt wird- in diesem Verfahren nur ausgesprochen werden, wenn der Antragsteller weiterhin glaubhaft macht, dass ihm andernfalls schwerwiegende Nachteile im Sinne einer existentiellen Notlage drohen und zudem bei summarischer Prüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass er in der Hauptsache obsiegt.
1. Vorliegend bestehen aus mehreren Gründen bereits erhebliche Zweifel am Vorliegen eines Anordnungsgrundes.
a) Die anwaltlich vertretene Antragstellerin hat den einstweiligen Rechtsschutzantrag lediglich im eigenen Namen und nicht auch in Vertretung für die mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden 3 Kinder erhoben. Bei den Leistungen nach dem SGB II handelt es sich aber um individuelle Ansprüche, die von dem jeweiligen Mitglied der Bedarfsgemeinschaft selbst im Klageweg geltend zu machen sind (BSG Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 8/06 R) Es kann vorliegend jedoch dahinstehen, ob unter Anwendung des Meistbegünstigtenprinzips (vgl. BSG Urt. vom 07.11.2006, B 7b AS 8/06; Löns/Herold-Tews/Boerner, 3. Aufl. 2011, § 38 Rn 26) der eR-Antrag dahingehend auszulegen wäre, dass durch den bevollmächtigten Rechtsanwalt beabsichtigt war, neben der Mutter auch für deren Kinder Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu stellen (so auch für die Zeit nach dem 30.06.2007 SG Berlin, Urt. v. 24.07.2012, Az.: S 96 AS 37112/08) oder ob eine solche Erweiterung nach dem 30.6.2007 unzulässig ist (so LSG NRW Urt. vom 25.01.2012, L 12 AS 2046/10 B). Denn der einstweilige Rechtsschutzantrag würde selbst bei Berücksichtigung der Bedarfsanteile der mit der Antragstellerin in Bedarfsgemeinschaft lebenden 3 Kinder am Vorliegen eines Anordnungsanspruchs scheitern (dazu gleich unter 2.)
b) Bezüglich des Anspruchs von Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II ist ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Es fehlt an einer aktuellen Gefährdung der Unterkunft, denn trotz der angelaufenen Mietschulden ist noch keine Kündigung seitens des Vermieters ausgesprochen, geschweige denn eine Räumungsklage anhängig gemacht worden. Nach einhelliger Auffassung aller Fachsenate des LSG NRW besteht eine aktuelle Gefährdung der Unterkunft aber regelmäßig erst ab Zustellung einer Räumungsklage (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 09.07.2012, L 19 AS 1257/12 B ER mit weiteren Nachweisen). Im weiteren müsste sich die Antragstellerin hinsichtlich der Mietschulden zunächst auch erst einmal an ihren getrennt lebenden Lebensgefährten wenden, der laut Mietvertrag gesamtschuldnerisch mit ihr für die Miete haftet.
c) Hinsichtlich der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes bezüglich der Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung von Regelleistungen nach § 20 SGB II ab Januar 2013 bestehen Zweifel. Die Antragstellerin hat den Lebensunterhalt für sich und ihre 3 Kinder ohne die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel mit Ausnahme des Kindergeldes, zumindest seit August 2012 (Trennung vom Lebensgefährten) sicher stellen können. Es bleibt offen, wie die Antragstellerin den Lebensunterhalt für sich und ihre 3 Kinder von August bis Januar 2013 sichergestellt hat.
2. Es ist aber jedenfalls kein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
a) Es bestehen schon ernstliche Zweifel am Vorliegen der Leistungsvoraussetzung des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II – dem gewöhnlichen Aufenthalt, da die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht hat, dass sie über einen Aufenthaltstitel verfügt, der ihren persönlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland zulässt. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II ist Leistungsvoraussetzung, dass ein Leistungsberechtigter seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik hat. Das BSG hat für den Bereich der Leistungen nach dem SGB II mit Urteil vom 16.05.2007, B 11b AS 37/06 R, Rn. 22 nach juris entschieden, dass Ausländer nur dann ihren gewöhnlichen Aufenthalt i.S.v. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II in Deutschland haben, wenn sie über einen Aufenthaltstitel verfügen, der den persönlichen Aufenthalt zulässt. Die Kammervorsitzende schließt sich daher der Auffassung des 19. Senats im Beschluss vom 22.06.2012, L 19 AS 845/12 B ER an, wonach der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts bei der Anwendung von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II bereichsspezifisch dahin ausgelegt werden muss, dass ein prognostisch auf Dauer gesicherter Aufenthalt zu fordern ist, der ein Erreichen des Regelungszieles des SGB II - Beseitigung der Bedürftigkeit durch die Aufnahme einer Tätigkeit mit existenzsicherndem Ertrag - vgl. § 1 Abs. 1 SGB II -, ungefährdet erscheinen lässt. Diese Voraussetzung ist bei der Antragstellerin aber zweifelhaft. Denn ihr steht weder nach nationalem Recht (aa) noch europarechtlich (bb) ein Aufenthaltsrecht zu. Als Angehörige des Vertragsstaates Bulgarien bedarf sie zudem zur legalen Ausübung einer Tätigkeit der vorherigen Genehmigung (cc). aa) Nach dem Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) vom 30.07.2004 (BGBl. I 1950), hier anzuwenden i.d.F. des Gesetzes vom 12.04.2011, BGBl. I 610), ist die Antragstellerin - zumindest für Zeit ab Antragstellung bei Gericht am 11.01.2013 - nicht freizügigkeitsberechtigt. Nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU haben freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger und ihre Familienangehörigen das Recht auf Einreise und Aufenthalt nach Maßgabe dieses Gesetzes. Nach Aktenlage in Verbindung mi ihren eigenen Angaben ist die Antragstellerin nicht aufenthaltsberechtigt nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 FreizügG/EU. Sie hält sich in der Bundesrepublik nicht zur Berufsausbildung auf. Sie ist weder als Arbeitnehmerin tätig noch übt sie eine selbständige Tätigkeit aus. Im streitigen Zeitraum, der ab der Antragstellung bei Gericht am 11.01.2013 beginnt, ist sie auch nicht als Arbeitssuchende freizügigkeitsberechtigt. Es besteht trotz Antragstellung auf Leistungen nach dem SGB II begründeter Anlass, am Vorhandensein ihres Willens zur Arbeitssuche zu zweifeln. Denn in den bei Antragstellung zurückliegenden 23 Monaten ihres Aufenthaltes in der Bundesrepublik ist sie weder einer selbständigen Tätigkeit nachgegangen noch ist sie abhängig beschäftigt gewesen. Ihr Porzessbevollmächtigter hat dazu vielmehr ausgeführt, sie sei im Februar 2011 bei Einreise nach Deutschland schwanger gewesen, sodass es zu der beabsichtigten Arbeitsaufnahme als Zimmermädchen nicht mehr gekommen sei. Sofern im weiteren vorgetragen wird, sie habe "zunächst" im Gewerbe des Lebensgefährten mitgeholfen, so ist dieser Vortrag zum einen nicht glaubhaft gemacht, zum anderen bleibt fraglich, welche Mithilfe die schwangere Antragstellerin im Gewerbe des Lebensgefährten als selbständiger Bauhelfer geleistet haben will. Aber selbst wenn man hier unterstellen würde, sie habe dem Lebensgefährten vielleicht bei der Rechnungsstellung o.ä. geholfen, ist insoweit von nicht versicherungspflichtiger familienhafter Mithilfe auszugehen, da auch jeglicher Vortrag dazu fehlt, dass die Antragstellerin von ihrem Lebensgefährten entlohnt und zur Sozialversicherung angemeldet worden ist. Aber selbst wenn man einen Willen zur Arbeitsaufnahme bei der Antragstellerin annehmen würde, besteht das Aufenthaltsrecht zwecks Arbeitssuche nicht uneingeschränkt und nun nicht mehr. Das FreizügG/EU legt für die Arbeitssuche keine Frist fest, sondern bestimmt, dass jedenfalls für die ersten drei Monate ein Aufenthaltsrecht auch ohne Zweckbindung besteht (§ 2 Abs. 5 FreizügG/EU). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ist ein arbeitssuchender EU-Bürger so lange freizügigkeitsberechtigt wie er mit begründeter Aussicht auf Erfolg Arbeit sucht. Dem Betroffenen muss ein angemessener Zeitraum eingeräumt werden, um im Aufnahmemitgliedsstaat von Stellenangeboten, die seinen beruflichen Qualifikationen entsprechen, Kenntnis nehmen und sich ggf. bewerben zu können. Das Gemeinschaftsrecht regelt die Länge des Zeitraums nicht. Es verwehrt einem Mitgliedsstaat nicht, einen Angehörigen eines anderen Mitgliedsstaates, der zum Zweck der Stellensuche in sein Gebiet eingereist ist, unbeschadet einer Klagemöglichkeit auszuweisen, wenn dieser nach sechs Monaten keine Stelle gefunden hat, sofern der Betroffene nicht nachweist, dass er weiterhin und mit begründeter Aussicht auf Erfolg Arbeit sucht (EuGH Urteil vom 26.02.1991 - C 292/89 - Antonissen; Dienelt in Renner, Ausländerrecht, 9. Aufl., § 2 FreizügG/EU Rn 56). Nach Akteninhalt und unter Zugrundelegung ihrer eigenen Angaben gegenüber der Antragsgegnerin hat sich Antragstellerin seit ihrer Einreise im Februar 2011 wegen der Schwangerschaft und der anschließenden Betreuung ihrer 3 Kinder nicht um einen Arbeitsplatz bemüht. Es ist der Antragstellerin also in einem Zeitraum von knapp 2 Jahren seit ihrer Einreise nicht gelungen, auf dem Arbeitsmarkt in der Bundesrepublik Fuß zu fassen. Vor diesem Hintergrund ist die Annahme gerechtfertigt, dass das Freizügigkeitsrecht der Antragstellerin wegen Arbeitssuche i.S.v. § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 FreizügG/EU nicht mehr besteht (vgl. für einen ähnlichen Fall LSG NRW, Beschluss vom 22.06.2012, L 19 AS 845/12 B ER) Es sind auch keine Anhaltspunkte für die zwischenzeitliche Entstehung eines Daueraufenthaltsrechts der Antragstellerin i.S.v. § 2 Abs. 2 Nr. 7 FreizügG/EU ersichtlich. Sie hat sich bei Antragstellung am 11.01.2013 weder seit fünf Jahren ständig rechtmäßig in der Bundesrepublik aufgehalten (§ 4a Abs. 1 FreizügG/EU) noch eine Erwerbstätigkeit mit der erforderlichen Dauer i.S.v. § 4a Abs. 2 FreizügG/EU) ausgeübt. Ein Aufenthaltsrecht nach dem FreizügG/EU besteht daher nicht. bb) Ein aktuelles Aufenthaltsrecht der Antragstellerin ergibt sich auch nicht aus der Freizügigkeitsrichtlinie (Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, Amtsblatt L 229/35). Die Richtlinie sieht in Art. 6 ein generelles Aufenthaltsrecht von bis zu drei Monaten vor, ein darüber hinausgehendes Aufenthaltsrecht in Art. 7 als Arbeitnehmer oder Selbstständiger im Aufnahmemitgliedsstaat (Art. 7 Abs. 1a), ferner nur bei Vorhandensein ausreichender Mittel und Sicherstellung des Krankenversicherungsschutzes (Art. 7 Abs. 1b). Diese Voraussetzungen liegen, wie oben bereits ausgeführt, nicht vor. Insbesondere ist auch die Dreimonatsfrist abgelaufen. Ein Daueraufenthaltsrecht steht erst nach rechtmäßigem fünfjährigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Aufnahmemitgliedsstaat zu (Art. 16 Abs. 1). Auch hieran fehlt es, wie bereits ausgeführt. Ein Aufenthaltsrecht der Antragstellerin, das einen gewöhnlichen Aufenthalt i.S.v. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II begründen könnte, besteht daher weder nach dem FreizügG/EU noch nach der durch dieses Gesetz umgesetzten Freizügigkeitsrichtlinie 2004/38/EG. Ein Aufenthaltsrecht bestünde alleine bei Vorhandensein ausreichender Mittel zur Existenzsicherung und Sicherstellung des Krankenversicherungsschutzes (§§ 2 Abs. 2 Nr. 5, 4 FreizügG/EU, Art. 7 Abs. 1b Freizügigkeitsrichtlinie). Dieses Ergebnis steht nach Prüfung des 19. Senats des LSG NRW (vgl. Beschluss vom 22.06.2012, L 19 AS 845/12 B ER) auch mit der Rechtsprechung des EuGH zum Aufenthaltsrecht der Unionsbürger und zum Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit in Einklang. Der EuGH habe im Urteil vom 07.09.2004 (C 456/02 - Trojani) ausgeführt, Art. 18 Abs. 1 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV, entspricht Art. 21 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)), erkenne jedem Unionsbürger das Recht zum Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten unmittelbar zu. Dieses Recht gelte nicht absolut, sondern bestehe nur vorbehaltlich der im EGV und in den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bestimmungen. So könnten die Mitgliedsstaaten nach Art. 1 der Richtlinie 90/364 von dem Angehörigen eines (anderen) Mitgliedsstaats, der das Recht zum Aufenthalt in ihrem Hoheitsgebiet wahrnehmen wolle, verlangen, dass dieser für sich und seine Familienangehörigen über eine ausreichende Krankenversicherung sowie über genügende Existenzmittel verfügten, durch die sichergestellt sei, dass sie während ihres Aufenthalts nicht die Sozialhilfe des Aufnahmemitgliedsstaats in Anspruch nehmen müssten. Bei einem Mangel an Mitteln, die eigene Existenz zu sichern, erwächst deshalb aus Art. 18 EGV (grundsätzlich) kein Recht zum Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedsstaates.
cc) Gegen das Bestehen eines rechtmäßigen Aufenthalts der Antragstellerin ohne den Zusammenhang mit der Aufnahme und Ausübung einer im Einzelfall erlaubten Tätigkeit spricht insbesondere ihre besondere Rechtsstellung als Staatsangehörige des neuen Mitgliedsstaates Bulgarien unter Berücksichtigung der für dessen Staatsangehörige aktuell noch geltenden Übergangsbestimmungen. Diese beschränken vorerst das Freizügigkeitsrecht bulgarischer Arbeitnehmer. Bulgarien ist zum 01.01.2007 der EU beigetreten (Vertrag vom 25.04.2005, BGBl. II, 2006, S. 46). Nach Art. 1 Abs. 3 des EU-Beitrittsvertrages (Amtsblatt vom 21.06.2005, L 157/11) sind Bedingungen und Einzelheiten der Aufnahme in einem beigefügten Protokoll festgelegt. Nach Art. 20 des Protokolls über die Bedingungen und Einzelheiten der Aufnahme der Republik Bulgarien und Rumänien in die Europäische Union (Amtsblatt vom 21.06.2005, L 157/29) gelten für die Beitrittsstaaten bestimmte Maßnahmen unter im Einzelnen festgelegten Bedingungen. In der Liste nach Art. 23 der Beitrittsakte ist geregelt, dass Freizügigkeit nur vorbehaltlich der im Einzelnen aufgeführten Übergangsbestimmungen gilt. Nach diesen Übergangsbestimmungen können die Mitgliedsstaaten bis zum Ende eines Übergangszeitraumes von längstens sieben Jahren nach dem Tag des Beitritts arbeitsmarktbeschränkende Maßnahmen anwenden. Die Bundesregierung hatte von dieser Übergangsbestimmung für den Zeitraum bis zum 31.12.2011 Gebrauch gemacht (vgl. Bekanntmachung vom 17.12.2008 - Bundesanzeiger Nr. 198 vom 31.12.2008, S. 4807) und nun die Möglichkeit einer weiteren Verlängerung bis zum 31.12.2013 genutzt (Erklärung der Bundesregierung vom 07.12.2011, www.bundesregierung.de/content/-DE/Artikel/2011/12). Danach bedürfen bulgarische Staatsangehörige auch weiterhin einer Arbeits-erlaubnis-EU/Arbeitsberechtigung-EU nach § 284 SGB III, die nur unter den einschränkenden Voraussetzungen von § 39 Abs. 1 Satz 1 des Aufenthalts–gesetzes (AufenthG), d.h. insbesondere in Abhängigkeit vom Nichtvorhandensein bevorrechtigter Arbeitnehmer (§ 39 Abs. 2 Satz 1 b AufenthG) erteilt werden kann. Die Regelung ist als Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ausgestaltet (Düe in Niesel/Brand, SGB III, 5. Aufl., § 284 Rn. 6). Das FreizügG/EU trägt dem in § 13 FreizügG/EU Rechnung, wonach das Freizügigkeitsgesetz Anwendung finden soll, wenn die Beschäftigung durch die Bundesagentur für Arbeit gem. § 284 Abs. 1 SGB III genehmigt wurde. Es ist insoweit anzunehmen, dass die Arbeitnehmerfreizügigkeit von Staatsangehörigen der neuen Mitgliedsstaaten nach § 13 FreizügG/EU während des Übergangszeitraumes (abgesehen von den ohnehin erlaubten selbstständigen Tätigkeiten und Dienstleistungen) nur in Bezug auf die Suche und die Aufnahme bzw. der Ausübung hiernach erlaubter Tätigkeiten bestehen kann und insofern stark eingeschränkt ist (so auch LSG NRW, Beschluss vom 22.06.2012, L 19 AS 845/12 B ER). Den Zeitraum, dem das FreizügG/EU Unionsbürgern zur Arbeitssuche eingeräumt hat, hatte die Antragstellerin aber bei Antragstellung schon längst ausgeschöpft.
dd) Es ist auch kein Verstoß gegen Art 18 EGV zu erkennen. Art 18 EGV gewährleistet grundsätzlich die Freizügigkeit für jeden Unionsbürger i.S.d. Art 17 EGV. Nach der Rechtsprechung des EuGH erkennt Art 18 EGV zwar jedem Unionsbürger das Recht zum Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten unmittelbar zu (Vorabentscheidung vom 7. September 2004 – C-456/02 – Rs. Trojani). Allerdings gelte dieses Recht nicht absolut, sondern bestehe nur vorbehaltlich der im EGV und Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen. So könnten die Mitgliedstaaten nach Art. 1 der Richtlinie 90/364 von Angehörigen eines (anderen) Mitgliedstaats, die das Recht zum Aufenthalt in ihrem Hoheitsgebiet wahrnehmen wollten, verlangen, dass sie für sich und ihre Familienangehörigen über eine ausreichende Krankenversicherung sowie über genügende Existenzmittel verfügten, durch die sichergestellt sei, dass sie während ihres Aufenthaltes nicht die Sozialhilfe des Aufnahmestaates in Anspruch nehmen müssten (EuGH s.o. Nrn. 31-33). Diese Beschränkungen und Bedingungen sind unter Einhaltung der einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Grenzen und im Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts, insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, anzuwenden (EuGH s.o. Nr. 34). Beantragt der Hilfesuchende gerade aus Mangel an Existenzmitteln eine Leistung wie das Arbeitslosengeld II oder die Sozialhilfe, erwächst einem Unionsbürger aus Art 18 EGV in Anwendung dieser Grundsätze kein Recht zum Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates, dessen Staatsangehörigkeit er nicht besitzt, da es ihm an ausreichenden Existenzmitteln im Sinne der Richtlinie 90/364 fehlt (EuGH s.o. Nr. 35-36).
b) In jedem Fall scheitert der Anordnungsanspruch aber am Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II. (vgl. hierzu LSG NRW, Beschlüsse vom 28.06.2011, L 19 AS 317/11 B ER; vom 18.11.2011, L 7 AS 614/11 B ER; vom 22.06.2012, L 19 AS 845/12 B ER). Danach sind Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, und ihre Familienangehörigen, vom Leistungsbezug ausgenommen. Zweck dieser Regelung ist der Ausschluss von Ausländern, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche infolge der Umsetzung der in Art. 24 Abs. 2 i.V.m. Art. 14 Abs. 4d der Richtlinie 2004/38/EG bestehenden Regelungen ergibt (BT-Drucks 16/688, 13). Die Antragstellerin ist als bulgarische Staatsbürgerin Ausländer; ein anderer Aufenthaltszweck als der der Arbeitssuche ist nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen. Die Antragstellerin ist demnach vom Leistungsanspruch nach dem SGB II ausgeschlossen. Soweit der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin ohne nähere Begründung sinngemäß einwendet, die Gleichbehandlung der Unionsbürger gebiete eine Außerachtlassung des § 7 Abs. 1 S 2 Nr 2 SGB II, so kann dem nicht gefolgt werden.
aa) Vorab ist im Hinblick auf die Urteile des BSG vom 30.01.2013, B 4 AS 54/12 R und B 4 AS 37/12 R festzustellen, dass sich der Aufenthaltszweck der Antragstellerin allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt. Dies hat die Antragstellerin zum einen so bei Antragstellung bei der Antragsgegnerin am 22.01.2013 selbst vorgetragen. Zum anderen leben die Antragstellerin und ihr bulgarischer Lebensgefährte und Vater der Kinder E. und R. seit August 2012 getrennt, so dass sich der Aufenthaltszweck zumindest seit diesem Zeitpunkt nicht mehr auch aus dem Zweck des Zusammenlebens mit dem Partner und einer Familienzusammenführung ergeben kann.
bb) Eine Interessenabwägung im Sinne der Außerachtlassung des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II könnte zugunsten der Antragstellerin nur dann erfolgen, wenn erhebliche Zweifel an der Gültigkeit des § 7 Abs. 1 S 2 Nr 2 SGB II und an der Vereinbarkeit mit Art. 24 Abs 2 iVm Art. 14 Abs 4 b der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 (Unionsbürgerrichtlinie) bestünden.
Zwar wird die Vereinbarkeit der Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II mit Gemeinschaftsrecht der EU ist in Rechtsprechung und Literatur uneinheitlich beurteilt (vgl. etwa LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 29.11.2010 - L 34 AS 1001/10 B ER, LSG NRW Beschluss vom 17.05.2011 - L 6 AS 356/11 B ER - m.w.N.). Der Streit besteht im Wesentlichen vor dem Hintergrund der höchstrichterlich bislang nicht entschiedenen Frage, ob der Leistungsausschluss nach § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB II entsprechend den Vorstellungen des Gesetzgebers durch den Vorbehalt des Art. 24 Abs 2 der Richtlinie 2004/38/EG gedeckt ist, weil es sich bei den Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II um Sozialhilfeleistungen handelt, oder ob es sich um Leistungen der sozialen Sicherheit bzw. zur Eingliederung in Arbeit handelt, die freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgern unter Verstoß gegen das Verbot der Differenzierung nach Staatsangehörigkeit und/oder das allgemeine Differenzierungsverbot vorenthalten werden. Sowohl der EuGH als auch das BSG haben die Frage in jüngeren Entscheidungen offen gelassen (EuGH Urteil vom 04.06.2009 - C-22/08 und C-23/08 - Vatsouras/Koupatantze; BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 23/10 R).
Die auf das Verbot der Ausländerdiskriminierung bei uneingeschränkt freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgern zurückzuführenden Zweifel an der Vereinbarkeit des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB II mit europäischem Primärrecht bestehen aber jedenfalls bei der Antragstellerin nicht. Wegen erstmaliger Zuwanderung zur Arbeitssuche dürfte sich der gemeinschaftsrechtliche Anspruch der Antragstellerin auf Gleichbehandlung schon ohne Beachtung ihrer Sonderstellung als bulgarische Staatsangehörige nur auf Gleichheit im Zugang zur Beschäftigung richten. In dieser Hinsicht hat der EuGH im Urteil vom 23.03.2004 - C-138/02 Collins - daran erinnert, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes zwischen Angehörigen der Mitgliedsstaaten zu unterscheiden ist, die im Aufnahmemitgliedsstaat, in dem sie eine Beschäftigung suchen, noch kein Arbeitsverhältnis eingegangen sind und denen, die dort bereits arbeiten und die dort gearbeitet haben, aber nicht mehr in einem Arbeitsverhältnis stehen und gleichwohl als Arbeitnehmer gelten. Während für Angehörige der Mitgliedsstaaten, die zuwandern, um eine Beschäftigung zu suchen, der Grundsatz der Gleichbehandlung nur für den Zugang zur Beschäftigung gilt, genießen diejenigen, die bereits Zugang zum Arbeitsmarkt gefunden haben, die gleichen sozialen und steuerlichen Vergünstigungen wie die inländischen Arbeitnehmer. Hiernach besteht auch unter Beachtung des allgemeinen Diskriminierungsverbotes nach EGV und AEUV ein objektiver Grund, sie von den Leistungen auszuschließen.
Bei der Antragstellerin haben sich, wie oben ausgeführt, noch keine verfestigten Beziehungen zum deutschen Arbeitsmarkt entwickelt, sie versucht allenfalls im deutschen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Damit ist nicht die Staatsangehörigkeit der Antragstellerin einziges Unterscheidungsmerkmal, sondern zugleich die Nähe bzw. Ferne zum deutschen Arbeitsmarkt, insoweit auch gegenüber den anderen ausländischen Arbeitnehmern, die entweder eine Aussicht auf Erlangung einer Arbeitsgenehmigung haben oder hier bereits beschäftigt waren. Die Antragstellerin hat nicht den gleichen Zugang zum inländischen Arbeitsmarkt wie deutsche Arbeitssuchende, solange sie nicht im Besitz einer Arbeitsgenehmigung-EU ist. Hiernach besteht auch unter Beachtung des allgemeinen primärrechtlichen Diskriminierungsverbotes ein objektiver Grund, sie von den Leistungen auszuschließen (vgl. auch Husmann, NZS 2009, 652 f., 657). Es handelt sich also nicht um eine willkürliche Ungleichbehandlung, sondern um eine Regelung, die durch objektive Umstände gerechtfertigt ist und nicht mit den Zielen des EG-Vertrages in Widerspruch steht (vgl. EuGH C-29/95, Rs "Pastoors").
cc) Auch aus dem Gleichbehandlungsgebot nach Art. 4 der VO(EG) 883/2004 kann kein Leistungsanspruch für die Antragstellerin abgeleitet werden. Die Antragstellerin unterfällt zwar als bulgarische Staatsangehörige dem persönlichen Geltungsbereich des Art. 2 Abs. 1 der Verordnung, wonach diese für Staatsangehörige eines Mitgliedsstaates, Staatenlose und Flüchtlinge mit Wohnort in einem Mitgliedsstaat, für die die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedsstaaten gelten oder galten, sowie für ihre Familienangehörigen und Hinterbliebenen gilt. Die begehrten Leistungen nach §§ 20, 22 und 28 SGB II können auch als Leistungen bei Arbeitslosigkeit bzw. Familienleistungen i.S.d. Beschreibung des sachlichen Geltungsbereiches der Verordnung (Art. 3 Abs. 1 h), j) qualifiziert werden. Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II mit Ausnahme der im Anschluss an den Bezug von Arbeitslosengeld I zustehenden Zusatzleistungen nach § 24 SGB II sind besondere beitragsunabhängige Geldleistungen i.S.v. Art. 70 VO (EG) 883/2004 (Art. 70 Abs. 2 c) i.V.m. Anhang X VO (EG) 883/2004; Urteil des BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 23/10 R noch zur VO (EG) 1408/71 m.w.N.) und ausdrücklich in den sachlichen Geltungsbereich einbezogen (Art. 3 Abs.3 VO (EG) 1408/71). Es liegt jedoch kein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot vor. Schon im Hinblick auf die bereits erwähnte, nach Einführung der Unionsbürgerschaft (durch den Vertrag von Maastricht vom 07.02.1992) ergangene Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 23.03.2004 - C-138/02 Collins, vgl. oben) lässt sich allein aus der Unionsbürgerschaft kein Anspruch auf leistungsrechtliche Gleichbehandlung herleiten. Insoweit erscheint auch der Ausschluss von Ansprüchen der Antragstellerin nach dem SGB II im Hinblick auf ihre eingeschränkte Freizügigkeit als Neu-EU-Bürger unionsrechtlich gerechtfertigt. Denn für die Antragstellerin als bulgarische Staatsangehörige gelten nach Maßgabe des EU-Beitrittsvertrages (Amtsblatt der Europäischen Union vom 21.06.2005, L 157/18) Einschränkungen der Freizügigkeit, (Beschluss des LSG NRW vom 18.11.2011 - L 7 AS 614/11 B ER, vgl. oben 1.). Ansonsten entstünden Wertungswidersprüche mit der Möglichkeit eines Leistungsausschlusses nach Art. 24 Abs. 2 der Unionsbürgerrichtlinie (Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24.04.2004), weil nicht anzunehmen ist, dass das Europäische Parlament und der Rat am selben Tag sich widersprechende Regelungswerke in Kraft setzen wollten ( vgl. Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 29.02.2012 - L 20 AS 2347/11 B ER). Nach Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG ist der Aufnahmemitgliedstaat nicht verpflichtet, anderen Personen als Arbeitnehmern oder Selbständigen, Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, und ihren Familienangehörigen während der ersten drei Monate des Aufenthalts oder gegebenenfalls während des längeren Zeitraums nach Artikel 14 Absatz 4 Buchstabe b dieser Richtlinie einen Anspruch auf Sozialhilfe oder vor Erwerb des Rechts auf Daueraufenthalt Studienbeihilfen, einschließlich Beihilfen zur Berufsausbildung, in Form eines Stipendiums oder Studiendarlehens zu gewähren. Da mit zeitgleicher Einführung der VO(EG)883/2004 die Koordinierung der Sozialsysteme (vgl. den Titel der Verordnung selbst) aber gerade nicht die Vereinheitlichung der materiellen Standards bezweckt war, kann die Absicht einer Aushöhlung der Möglichkeit des mitgliederstaatlichen Leistungsausschlusses auf der Grundlage des Art. 24 Abs. 2 der Unionsbürgerrichtlinie durch die Regelungen der VO(EG)883/2004 nicht angenommen werden (LSG Berlin-Brandenburg a.a.O.m.w.N.). Aufgrund der unterschiedlichen Zielrichtungen beider Rechtsquellen besteht vielmehr ein Spezialitätsverhältnis in dessen Rahmen Art. 4 der VO(EG)883/2004 die allgemeine koordinationsrechtliche Regelung enthält, Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG die mit der Einschränkung nach Abs.2 geltende und insbesondere auch auf Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II anwendbare (Urteil des EuGH vom 04.06.2009, C-22/08, C-23/08) spezielle Regelung (vgl. LSG NRW Beschluss vom 22.06.2012, L 19 AS 845/12 B ER; Beschlüsse des LSG Berlin -Brandenburg vom 03.04.2012, L 5 AS 2157/11 B ER, L 5 AS 2177/11 B PKH m.w.N.; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 23.05.2012, L 9 AS 347/12 B ER).
dd) Es besteht demnach keine Veranlassung, den Leistungsausschluss nach § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB II in der vorliegenden Fallkonstellation europarechtlich in Frage zu stellen oder gar von seiner Anwendung abzusehen, solange jedenfalls keine eindeutigen Hinweise auf die Notwendigkeit einer einschränkenden Auslegung in der Judikative des Bundesverfassungsgerichts bzw. des EuGH gegeben werden (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 15.06.2012 – L19 AS 834/12 B ER; Beschluss vom 07.12.2011 - L 19 AS 1956/11 B ER; Beschluss vom 07.10.2011 - L 19 AS 1560/11 B ER).
3. Aus dem Ausschluss des Leistungsanspruches nach dem SGB II folgt kein Anspruch auf Leistungen auf Sozialhilfe SGB XII, sodass verfahrensrechtlich auch keine Beiladung des hierfür zuständigen Trägers notwendig war. Der Antragstellerin ist nicht aufgrund der aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) und dem Sozialstaatsgebot (Art. 20 Abs. 1, 28 Abs. GG) folgenden Verpflichtung des Staates, die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein zu sichern, ein Anspruch auf vorläufige Leistungen - und sei es auch nur im Umfang geminderter Leistungen analog § 1a des Asylbewerberleistungsgesetzes (vgl. Beschluss des LSG NRW vom 30.05.2011 - L 19 AS 431/11 B ER m.w.N.) zuzubilligen (a.A. wohl Strick, NJW 2005, 2182, 2185). Denn dies würde gerade dazu führen, dass der von der Rechtsordnung und nach den Grundsätzen des Beitrittsvertrages der EU nicht erwünschte Aufenthalt der Antragstellerin in Deutschland verlängert würde. Aus Art. 1 Abs. 1 GG lässt sich daher nur die Verpflichtung zur Gewährung solcher Leistungen herleiten, die notwendig sind, um der Antragstellerin und ihren Kindern eine Rückkehr in ihr Heimatland zu ermöglichen (vgl. LSG NRW Beschluss vom 28.06.2011, L 19 AS 317/11 B ER und Beschluss vom 22.06.2012, L 19 AS 845/12 B ER). Ein solcher Anspruch ist jedoch nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war abzulehnen, da der Antrag keine hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 73 a SGG i. V. m. § 114 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) hat. Insoweit wird ergänzend auf die Rechtsprechung des LSG NRW verwiesen, wonach in Fällen weder abhängig noch selbständig beschäftigter Unionsbürger der neuen Mitgliedsstaaten Rumänien und Bulgarien bis zum Ablauf der für diese Staaten geltenden Übergangsfristen Leistungen nach dem SGB II abzulehnen sind, wenn sie vom Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II betroffen sind und wonach in eine Folgenabwägung nur dann einzutreten ist, wenn besondere Umstände vorliegen (vgl. etwa Beschlüsse vom 07.10.2011 - L 19 AS 1516/11 B ER, vom 18.11.2011 - L 7 AS 614/11 B ER, L 7 AS 615/11 B; vom 07.12.2011 - L 19 AS 1956/11 B ER, vom 16.05.2012 - L 19 AS 719/12 B ER, vom 23.05.2012 - L 7 AS 2252/11 B ER, vom 15.06.2012 - L19 AS 834/12 AS ER, überwiegend zugänglich unter www.sozialgerichtsbarkeit.de oder juris)
Gründe:
I.
Die Antragstellerin ist bulgarische Staatsangehörige. Sie lebt mit ihren drei Kindern E. (geboren am 16.11.20xx), R. (geboren am 23.03.20xx) und Rx (geboren am 21.08.20xx) in D., S.-straße xx. Mieter der 85 qm großen und 550,00 EUR teuren 4 Zimmer-Wohnung sind laut Mietvertrag die Antragstellerin und ihr ehemaliger Lebensgefährte E. A ...
Nach eigenen Angaben reiste die Antragstellerin im Februar 20x zur Arbeitssuche nach Deutschland ein. Weil sich ihr Lebensgefährte, der ebenfalls bulgarischer Staatsangehöriger und hier in Deutschland als selbständiger Bauhelfer tätig ist, von ihr trennte, beantragte sie bei der Stadt D. zunächst Sozialhilfe. Die Stadt D. lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 21.12.2012 ab und verwies die Antragstellerin auf Leistungen nach dem SGB II. Daher beantragte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin für sich und ihre 3 Kinder Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Die Leistungsakte der Antragsgegnerin enthält als ersten dokumentierten Vorsprachetermin einen Verbis-Vermerk vom 22.01.2013.
Bereits am 11.01.2013 ging bei Gericht der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ein. Darin beantragt der Prozessbevollmächtigte allein für die Antragstellerin die vorläufige Leistungsgewährung nach dem SGB II. Zur Begründung führt er aus, das Arbeitslosengeld II sei im Rahmen der Gleichbehandlung der Unionsbürger zu gewähren. Die Antragstellerin sei bei ihrer Einreise nach Deutschland im Februar 2011 schwanger gewesen, so dass sie ihre Absicht, als Zimmermädchen im Hotel zu arbeiten, nicht mehr habe realisieren können. Sie habe aber im Gewerbe des Lebensgefährten mitgeholfen. Die Antragstellerin sei dringend auf die Leistungen angewiesen, weil ihr Lebensgefährte sie nach der Trennung nicht mehr versorge, so dass nur das Kindergeld zur Verfügung stünde, kein Krankenversicherungsschutz bestünde und die Miete nicht mehr gezahlt werden könne. Daher drohe Obdachlosigkeit. Zur Glaubhaftmachung legt er eine eidesstattliche Versicherung der Antragstellerin vom 21.12.2012 und ein Schreiben des Vermieters vom 21.01.2013 vor, wonach seit Oktober 2012 keine Miete mehr gezahlt worden sei, sodass seit 4 Monaten Mietrückstand bestünde und die Kündigung ausgesprochen würde, wenn die Mieten nicht innerhalb von 2 Wochen gezahlt würden.
Der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin beantragt,
die Antragsgegnerin zu verpflichten, der Antragstellerin umgehend Leistungen nach dem SGB II unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu gewähren
und ihr Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt W. zu bewilligen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie ist der Auffassung, dass § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II einer Leistungsbewilligung an die Antragstellerin entgegen stehe. Ausgenommen vom Leistungsausschluss seien lediglich Arbeitnehmer und Selbständige sowie Personen, die aufgrund des § 2 Abs. 3 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt seinen (§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II). Ein Nachweis darüber, dass die Antragstellerin den Status einer Arbeitnehmerin oder einer Selbständigen erworben habe, liege nicht vor. Ebenso fehle es an einem Nachweis, dass sich die Antragstellerin nicht allein zum Zwecke der Arbeitssuche in der Bundesrepublik aufhalte, so dass ein Leistungsanspruch nicht ersichtlich sei.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 23.01.2013 hat das Gericht die Antragstellerin auf die Beschlüsse des LSG NRW vom 22.06.2012, L 19 AS 845/12 B ER und L 19 AS 846/12 B ER (insbesondere Rn. 37 ff nach juris) und vom 20.08.2012, L 12 AS 531/12 B ER sowie den Beschluss des LSG Berlin Brandenburg vom 10.05.2012 mit Verweis auf das Urteil des BSG vom 19.10.2010 B 14 AS 23/10 R hingewiesen, Nach aktueller Sachlage müsste daher auch der PKH-Antrag mangels Erfolgsaussicht des eR- Antrags abgelehnt werden.
Mit Bescheid vom 29.01.2013 lehnte die Antragsgegnerin den Leistungsantrag der Antragstellerin nunmehr auch schriftlich mit der Begründung ab, wegen des alleinigen Aufenthaltsrechts zur Arbeitssuche in Deutschland bestünde gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II kein Leistungsanspruch. Widerspruch wurde bislang nicht erhoben.
Mit gerichtlicher Verfügung vom 31.01.2013 bat das Gericht um Übersendung von Kopien der Geburtsurkunden der 3 Kinder der Antragstellerin. Hierauf hin übersandte der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin mit Fax-Schreiben vom 06.02.2013 die Geburtbescheinigungen. Daraus ergibt sich, dass Vater der Kinder E. und R. der ehemalige Lebensgefährte E. A. ist. Der Vater des am 06.07.20xx geborenen R. ist unbekannt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Der gemäß § 86 b II des Sozialgerichtsgesetzes ( SGG ) zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist nicht begründet.
Gemäß § 86 b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Gemäß § 86 b Abs.2 S. 4 SGG i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung (ZPO) setzt der Erlass einer einstweiligen Anordnung voraus, dass der geltend gemachte Hilfeanspruch (Anordnungsanspruch) und die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) glaubhaft gemacht werden. Da nach Wesen und Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes eine vorläufige Regelung grundsätzlich nicht die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmen darf, kann eine Verpflichtung zur Erbringung von Geldleistungen - wie sie im vorliegenden Fall begehrt wird- in diesem Verfahren nur ausgesprochen werden, wenn der Antragsteller weiterhin glaubhaft macht, dass ihm andernfalls schwerwiegende Nachteile im Sinne einer existentiellen Notlage drohen und zudem bei summarischer Prüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass er in der Hauptsache obsiegt.
1. Vorliegend bestehen aus mehreren Gründen bereits erhebliche Zweifel am Vorliegen eines Anordnungsgrundes.
a) Die anwaltlich vertretene Antragstellerin hat den einstweiligen Rechtsschutzantrag lediglich im eigenen Namen und nicht auch in Vertretung für die mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden 3 Kinder erhoben. Bei den Leistungen nach dem SGB II handelt es sich aber um individuelle Ansprüche, die von dem jeweiligen Mitglied der Bedarfsgemeinschaft selbst im Klageweg geltend zu machen sind (BSG Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 8/06 R) Es kann vorliegend jedoch dahinstehen, ob unter Anwendung des Meistbegünstigtenprinzips (vgl. BSG Urt. vom 07.11.2006, B 7b AS 8/06; Löns/Herold-Tews/Boerner, 3. Aufl. 2011, § 38 Rn 26) der eR-Antrag dahingehend auszulegen wäre, dass durch den bevollmächtigten Rechtsanwalt beabsichtigt war, neben der Mutter auch für deren Kinder Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu stellen (so auch für die Zeit nach dem 30.06.2007 SG Berlin, Urt. v. 24.07.2012, Az.: S 96 AS 37112/08) oder ob eine solche Erweiterung nach dem 30.6.2007 unzulässig ist (so LSG NRW Urt. vom 25.01.2012, L 12 AS 2046/10 B). Denn der einstweilige Rechtsschutzantrag würde selbst bei Berücksichtigung der Bedarfsanteile der mit der Antragstellerin in Bedarfsgemeinschaft lebenden 3 Kinder am Vorliegen eines Anordnungsanspruchs scheitern (dazu gleich unter 2.)
b) Bezüglich des Anspruchs von Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II ist ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Es fehlt an einer aktuellen Gefährdung der Unterkunft, denn trotz der angelaufenen Mietschulden ist noch keine Kündigung seitens des Vermieters ausgesprochen, geschweige denn eine Räumungsklage anhängig gemacht worden. Nach einhelliger Auffassung aller Fachsenate des LSG NRW besteht eine aktuelle Gefährdung der Unterkunft aber regelmäßig erst ab Zustellung einer Räumungsklage (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 09.07.2012, L 19 AS 1257/12 B ER mit weiteren Nachweisen). Im weiteren müsste sich die Antragstellerin hinsichtlich der Mietschulden zunächst auch erst einmal an ihren getrennt lebenden Lebensgefährten wenden, der laut Mietvertrag gesamtschuldnerisch mit ihr für die Miete haftet.
c) Hinsichtlich der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes bezüglich der Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung von Regelleistungen nach § 20 SGB II ab Januar 2013 bestehen Zweifel. Die Antragstellerin hat den Lebensunterhalt für sich und ihre 3 Kinder ohne die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel mit Ausnahme des Kindergeldes, zumindest seit August 2012 (Trennung vom Lebensgefährten) sicher stellen können. Es bleibt offen, wie die Antragstellerin den Lebensunterhalt für sich und ihre 3 Kinder von August bis Januar 2013 sichergestellt hat.
2. Es ist aber jedenfalls kein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
a) Es bestehen schon ernstliche Zweifel am Vorliegen der Leistungsvoraussetzung des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II – dem gewöhnlichen Aufenthalt, da die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht hat, dass sie über einen Aufenthaltstitel verfügt, der ihren persönlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland zulässt. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II ist Leistungsvoraussetzung, dass ein Leistungsberechtigter seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik hat. Das BSG hat für den Bereich der Leistungen nach dem SGB II mit Urteil vom 16.05.2007, B 11b AS 37/06 R, Rn. 22 nach juris entschieden, dass Ausländer nur dann ihren gewöhnlichen Aufenthalt i.S.v. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II in Deutschland haben, wenn sie über einen Aufenthaltstitel verfügen, der den persönlichen Aufenthalt zulässt. Die Kammervorsitzende schließt sich daher der Auffassung des 19. Senats im Beschluss vom 22.06.2012, L 19 AS 845/12 B ER an, wonach der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts bei der Anwendung von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II bereichsspezifisch dahin ausgelegt werden muss, dass ein prognostisch auf Dauer gesicherter Aufenthalt zu fordern ist, der ein Erreichen des Regelungszieles des SGB II - Beseitigung der Bedürftigkeit durch die Aufnahme einer Tätigkeit mit existenzsicherndem Ertrag - vgl. § 1 Abs. 1 SGB II -, ungefährdet erscheinen lässt. Diese Voraussetzung ist bei der Antragstellerin aber zweifelhaft. Denn ihr steht weder nach nationalem Recht (aa) noch europarechtlich (bb) ein Aufenthaltsrecht zu. Als Angehörige des Vertragsstaates Bulgarien bedarf sie zudem zur legalen Ausübung einer Tätigkeit der vorherigen Genehmigung (cc). aa) Nach dem Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) vom 30.07.2004 (BGBl. I 1950), hier anzuwenden i.d.F. des Gesetzes vom 12.04.2011, BGBl. I 610), ist die Antragstellerin - zumindest für Zeit ab Antragstellung bei Gericht am 11.01.2013 - nicht freizügigkeitsberechtigt. Nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU haben freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger und ihre Familienangehörigen das Recht auf Einreise und Aufenthalt nach Maßgabe dieses Gesetzes. Nach Aktenlage in Verbindung mi ihren eigenen Angaben ist die Antragstellerin nicht aufenthaltsberechtigt nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 FreizügG/EU. Sie hält sich in der Bundesrepublik nicht zur Berufsausbildung auf. Sie ist weder als Arbeitnehmerin tätig noch übt sie eine selbständige Tätigkeit aus. Im streitigen Zeitraum, der ab der Antragstellung bei Gericht am 11.01.2013 beginnt, ist sie auch nicht als Arbeitssuchende freizügigkeitsberechtigt. Es besteht trotz Antragstellung auf Leistungen nach dem SGB II begründeter Anlass, am Vorhandensein ihres Willens zur Arbeitssuche zu zweifeln. Denn in den bei Antragstellung zurückliegenden 23 Monaten ihres Aufenthaltes in der Bundesrepublik ist sie weder einer selbständigen Tätigkeit nachgegangen noch ist sie abhängig beschäftigt gewesen. Ihr Porzessbevollmächtigter hat dazu vielmehr ausgeführt, sie sei im Februar 2011 bei Einreise nach Deutschland schwanger gewesen, sodass es zu der beabsichtigten Arbeitsaufnahme als Zimmermädchen nicht mehr gekommen sei. Sofern im weiteren vorgetragen wird, sie habe "zunächst" im Gewerbe des Lebensgefährten mitgeholfen, so ist dieser Vortrag zum einen nicht glaubhaft gemacht, zum anderen bleibt fraglich, welche Mithilfe die schwangere Antragstellerin im Gewerbe des Lebensgefährten als selbständiger Bauhelfer geleistet haben will. Aber selbst wenn man hier unterstellen würde, sie habe dem Lebensgefährten vielleicht bei der Rechnungsstellung o.ä. geholfen, ist insoweit von nicht versicherungspflichtiger familienhafter Mithilfe auszugehen, da auch jeglicher Vortrag dazu fehlt, dass die Antragstellerin von ihrem Lebensgefährten entlohnt und zur Sozialversicherung angemeldet worden ist. Aber selbst wenn man einen Willen zur Arbeitsaufnahme bei der Antragstellerin annehmen würde, besteht das Aufenthaltsrecht zwecks Arbeitssuche nicht uneingeschränkt und nun nicht mehr. Das FreizügG/EU legt für die Arbeitssuche keine Frist fest, sondern bestimmt, dass jedenfalls für die ersten drei Monate ein Aufenthaltsrecht auch ohne Zweckbindung besteht (§ 2 Abs. 5 FreizügG/EU). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ist ein arbeitssuchender EU-Bürger so lange freizügigkeitsberechtigt wie er mit begründeter Aussicht auf Erfolg Arbeit sucht. Dem Betroffenen muss ein angemessener Zeitraum eingeräumt werden, um im Aufnahmemitgliedsstaat von Stellenangeboten, die seinen beruflichen Qualifikationen entsprechen, Kenntnis nehmen und sich ggf. bewerben zu können. Das Gemeinschaftsrecht regelt die Länge des Zeitraums nicht. Es verwehrt einem Mitgliedsstaat nicht, einen Angehörigen eines anderen Mitgliedsstaates, der zum Zweck der Stellensuche in sein Gebiet eingereist ist, unbeschadet einer Klagemöglichkeit auszuweisen, wenn dieser nach sechs Monaten keine Stelle gefunden hat, sofern der Betroffene nicht nachweist, dass er weiterhin und mit begründeter Aussicht auf Erfolg Arbeit sucht (EuGH Urteil vom 26.02.1991 - C 292/89 - Antonissen; Dienelt in Renner, Ausländerrecht, 9. Aufl., § 2 FreizügG/EU Rn 56). Nach Akteninhalt und unter Zugrundelegung ihrer eigenen Angaben gegenüber der Antragsgegnerin hat sich Antragstellerin seit ihrer Einreise im Februar 2011 wegen der Schwangerschaft und der anschließenden Betreuung ihrer 3 Kinder nicht um einen Arbeitsplatz bemüht. Es ist der Antragstellerin also in einem Zeitraum von knapp 2 Jahren seit ihrer Einreise nicht gelungen, auf dem Arbeitsmarkt in der Bundesrepublik Fuß zu fassen. Vor diesem Hintergrund ist die Annahme gerechtfertigt, dass das Freizügigkeitsrecht der Antragstellerin wegen Arbeitssuche i.S.v. § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 FreizügG/EU nicht mehr besteht (vgl. für einen ähnlichen Fall LSG NRW, Beschluss vom 22.06.2012, L 19 AS 845/12 B ER) Es sind auch keine Anhaltspunkte für die zwischenzeitliche Entstehung eines Daueraufenthaltsrechts der Antragstellerin i.S.v. § 2 Abs. 2 Nr. 7 FreizügG/EU ersichtlich. Sie hat sich bei Antragstellung am 11.01.2013 weder seit fünf Jahren ständig rechtmäßig in der Bundesrepublik aufgehalten (§ 4a Abs. 1 FreizügG/EU) noch eine Erwerbstätigkeit mit der erforderlichen Dauer i.S.v. § 4a Abs. 2 FreizügG/EU) ausgeübt. Ein Aufenthaltsrecht nach dem FreizügG/EU besteht daher nicht. bb) Ein aktuelles Aufenthaltsrecht der Antragstellerin ergibt sich auch nicht aus der Freizügigkeitsrichtlinie (Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, Amtsblatt L 229/35). Die Richtlinie sieht in Art. 6 ein generelles Aufenthaltsrecht von bis zu drei Monaten vor, ein darüber hinausgehendes Aufenthaltsrecht in Art. 7 als Arbeitnehmer oder Selbstständiger im Aufnahmemitgliedsstaat (Art. 7 Abs. 1a), ferner nur bei Vorhandensein ausreichender Mittel und Sicherstellung des Krankenversicherungsschutzes (Art. 7 Abs. 1b). Diese Voraussetzungen liegen, wie oben bereits ausgeführt, nicht vor. Insbesondere ist auch die Dreimonatsfrist abgelaufen. Ein Daueraufenthaltsrecht steht erst nach rechtmäßigem fünfjährigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Aufnahmemitgliedsstaat zu (Art. 16 Abs. 1). Auch hieran fehlt es, wie bereits ausgeführt. Ein Aufenthaltsrecht der Antragstellerin, das einen gewöhnlichen Aufenthalt i.S.v. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II begründen könnte, besteht daher weder nach dem FreizügG/EU noch nach der durch dieses Gesetz umgesetzten Freizügigkeitsrichtlinie 2004/38/EG. Ein Aufenthaltsrecht bestünde alleine bei Vorhandensein ausreichender Mittel zur Existenzsicherung und Sicherstellung des Krankenversicherungsschutzes (§§ 2 Abs. 2 Nr. 5, 4 FreizügG/EU, Art. 7 Abs. 1b Freizügigkeitsrichtlinie). Dieses Ergebnis steht nach Prüfung des 19. Senats des LSG NRW (vgl. Beschluss vom 22.06.2012, L 19 AS 845/12 B ER) auch mit der Rechtsprechung des EuGH zum Aufenthaltsrecht der Unionsbürger und zum Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit in Einklang. Der EuGH habe im Urteil vom 07.09.2004 (C 456/02 - Trojani) ausgeführt, Art. 18 Abs. 1 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV, entspricht Art. 21 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)), erkenne jedem Unionsbürger das Recht zum Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten unmittelbar zu. Dieses Recht gelte nicht absolut, sondern bestehe nur vorbehaltlich der im EGV und in den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bestimmungen. So könnten die Mitgliedsstaaten nach Art. 1 der Richtlinie 90/364 von dem Angehörigen eines (anderen) Mitgliedsstaats, der das Recht zum Aufenthalt in ihrem Hoheitsgebiet wahrnehmen wolle, verlangen, dass dieser für sich und seine Familienangehörigen über eine ausreichende Krankenversicherung sowie über genügende Existenzmittel verfügten, durch die sichergestellt sei, dass sie während ihres Aufenthalts nicht die Sozialhilfe des Aufnahmemitgliedsstaats in Anspruch nehmen müssten. Bei einem Mangel an Mitteln, die eigene Existenz zu sichern, erwächst deshalb aus Art. 18 EGV (grundsätzlich) kein Recht zum Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedsstaates.
cc) Gegen das Bestehen eines rechtmäßigen Aufenthalts der Antragstellerin ohne den Zusammenhang mit der Aufnahme und Ausübung einer im Einzelfall erlaubten Tätigkeit spricht insbesondere ihre besondere Rechtsstellung als Staatsangehörige des neuen Mitgliedsstaates Bulgarien unter Berücksichtigung der für dessen Staatsangehörige aktuell noch geltenden Übergangsbestimmungen. Diese beschränken vorerst das Freizügigkeitsrecht bulgarischer Arbeitnehmer. Bulgarien ist zum 01.01.2007 der EU beigetreten (Vertrag vom 25.04.2005, BGBl. II, 2006, S. 46). Nach Art. 1 Abs. 3 des EU-Beitrittsvertrages (Amtsblatt vom 21.06.2005, L 157/11) sind Bedingungen und Einzelheiten der Aufnahme in einem beigefügten Protokoll festgelegt. Nach Art. 20 des Protokolls über die Bedingungen und Einzelheiten der Aufnahme der Republik Bulgarien und Rumänien in die Europäische Union (Amtsblatt vom 21.06.2005, L 157/29) gelten für die Beitrittsstaaten bestimmte Maßnahmen unter im Einzelnen festgelegten Bedingungen. In der Liste nach Art. 23 der Beitrittsakte ist geregelt, dass Freizügigkeit nur vorbehaltlich der im Einzelnen aufgeführten Übergangsbestimmungen gilt. Nach diesen Übergangsbestimmungen können die Mitgliedsstaaten bis zum Ende eines Übergangszeitraumes von längstens sieben Jahren nach dem Tag des Beitritts arbeitsmarktbeschränkende Maßnahmen anwenden. Die Bundesregierung hatte von dieser Übergangsbestimmung für den Zeitraum bis zum 31.12.2011 Gebrauch gemacht (vgl. Bekanntmachung vom 17.12.2008 - Bundesanzeiger Nr. 198 vom 31.12.2008, S. 4807) und nun die Möglichkeit einer weiteren Verlängerung bis zum 31.12.2013 genutzt (Erklärung der Bundesregierung vom 07.12.2011, www.bundesregierung.de/content/-DE/Artikel/2011/12). Danach bedürfen bulgarische Staatsangehörige auch weiterhin einer Arbeits-erlaubnis-EU/Arbeitsberechtigung-EU nach § 284 SGB III, die nur unter den einschränkenden Voraussetzungen von § 39 Abs. 1 Satz 1 des Aufenthalts–gesetzes (AufenthG), d.h. insbesondere in Abhängigkeit vom Nichtvorhandensein bevorrechtigter Arbeitnehmer (§ 39 Abs. 2 Satz 1 b AufenthG) erteilt werden kann. Die Regelung ist als Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ausgestaltet (Düe in Niesel/Brand, SGB III, 5. Aufl., § 284 Rn. 6). Das FreizügG/EU trägt dem in § 13 FreizügG/EU Rechnung, wonach das Freizügigkeitsgesetz Anwendung finden soll, wenn die Beschäftigung durch die Bundesagentur für Arbeit gem. § 284 Abs. 1 SGB III genehmigt wurde. Es ist insoweit anzunehmen, dass die Arbeitnehmerfreizügigkeit von Staatsangehörigen der neuen Mitgliedsstaaten nach § 13 FreizügG/EU während des Übergangszeitraumes (abgesehen von den ohnehin erlaubten selbstständigen Tätigkeiten und Dienstleistungen) nur in Bezug auf die Suche und die Aufnahme bzw. der Ausübung hiernach erlaubter Tätigkeiten bestehen kann und insofern stark eingeschränkt ist (so auch LSG NRW, Beschluss vom 22.06.2012, L 19 AS 845/12 B ER). Den Zeitraum, dem das FreizügG/EU Unionsbürgern zur Arbeitssuche eingeräumt hat, hatte die Antragstellerin aber bei Antragstellung schon längst ausgeschöpft.
dd) Es ist auch kein Verstoß gegen Art 18 EGV zu erkennen. Art 18 EGV gewährleistet grundsätzlich die Freizügigkeit für jeden Unionsbürger i.S.d. Art 17 EGV. Nach der Rechtsprechung des EuGH erkennt Art 18 EGV zwar jedem Unionsbürger das Recht zum Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten unmittelbar zu (Vorabentscheidung vom 7. September 2004 – C-456/02 – Rs. Trojani). Allerdings gelte dieses Recht nicht absolut, sondern bestehe nur vorbehaltlich der im EGV und Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen. So könnten die Mitgliedstaaten nach Art. 1 der Richtlinie 90/364 von Angehörigen eines (anderen) Mitgliedstaats, die das Recht zum Aufenthalt in ihrem Hoheitsgebiet wahrnehmen wollten, verlangen, dass sie für sich und ihre Familienangehörigen über eine ausreichende Krankenversicherung sowie über genügende Existenzmittel verfügten, durch die sichergestellt sei, dass sie während ihres Aufenthaltes nicht die Sozialhilfe des Aufnahmestaates in Anspruch nehmen müssten (EuGH s.o. Nrn. 31-33). Diese Beschränkungen und Bedingungen sind unter Einhaltung der einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Grenzen und im Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts, insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, anzuwenden (EuGH s.o. Nr. 34). Beantragt der Hilfesuchende gerade aus Mangel an Existenzmitteln eine Leistung wie das Arbeitslosengeld II oder die Sozialhilfe, erwächst einem Unionsbürger aus Art 18 EGV in Anwendung dieser Grundsätze kein Recht zum Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates, dessen Staatsangehörigkeit er nicht besitzt, da es ihm an ausreichenden Existenzmitteln im Sinne der Richtlinie 90/364 fehlt (EuGH s.o. Nr. 35-36).
b) In jedem Fall scheitert der Anordnungsanspruch aber am Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II. (vgl. hierzu LSG NRW, Beschlüsse vom 28.06.2011, L 19 AS 317/11 B ER; vom 18.11.2011, L 7 AS 614/11 B ER; vom 22.06.2012, L 19 AS 845/12 B ER). Danach sind Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, und ihre Familienangehörigen, vom Leistungsbezug ausgenommen. Zweck dieser Regelung ist der Ausschluss von Ausländern, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche infolge der Umsetzung der in Art. 24 Abs. 2 i.V.m. Art. 14 Abs. 4d der Richtlinie 2004/38/EG bestehenden Regelungen ergibt (BT-Drucks 16/688, 13). Die Antragstellerin ist als bulgarische Staatsbürgerin Ausländer; ein anderer Aufenthaltszweck als der der Arbeitssuche ist nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen. Die Antragstellerin ist demnach vom Leistungsanspruch nach dem SGB II ausgeschlossen. Soweit der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin ohne nähere Begründung sinngemäß einwendet, die Gleichbehandlung der Unionsbürger gebiete eine Außerachtlassung des § 7 Abs. 1 S 2 Nr 2 SGB II, so kann dem nicht gefolgt werden.
aa) Vorab ist im Hinblick auf die Urteile des BSG vom 30.01.2013, B 4 AS 54/12 R und B 4 AS 37/12 R festzustellen, dass sich der Aufenthaltszweck der Antragstellerin allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt. Dies hat die Antragstellerin zum einen so bei Antragstellung bei der Antragsgegnerin am 22.01.2013 selbst vorgetragen. Zum anderen leben die Antragstellerin und ihr bulgarischer Lebensgefährte und Vater der Kinder E. und R. seit August 2012 getrennt, so dass sich der Aufenthaltszweck zumindest seit diesem Zeitpunkt nicht mehr auch aus dem Zweck des Zusammenlebens mit dem Partner und einer Familienzusammenführung ergeben kann.
bb) Eine Interessenabwägung im Sinne der Außerachtlassung des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II könnte zugunsten der Antragstellerin nur dann erfolgen, wenn erhebliche Zweifel an der Gültigkeit des § 7 Abs. 1 S 2 Nr 2 SGB II und an der Vereinbarkeit mit Art. 24 Abs 2 iVm Art. 14 Abs 4 b der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 (Unionsbürgerrichtlinie) bestünden.
Zwar wird die Vereinbarkeit der Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II mit Gemeinschaftsrecht der EU ist in Rechtsprechung und Literatur uneinheitlich beurteilt (vgl. etwa LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 29.11.2010 - L 34 AS 1001/10 B ER, LSG NRW Beschluss vom 17.05.2011 - L 6 AS 356/11 B ER - m.w.N.). Der Streit besteht im Wesentlichen vor dem Hintergrund der höchstrichterlich bislang nicht entschiedenen Frage, ob der Leistungsausschluss nach § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB II entsprechend den Vorstellungen des Gesetzgebers durch den Vorbehalt des Art. 24 Abs 2 der Richtlinie 2004/38/EG gedeckt ist, weil es sich bei den Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II um Sozialhilfeleistungen handelt, oder ob es sich um Leistungen der sozialen Sicherheit bzw. zur Eingliederung in Arbeit handelt, die freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgern unter Verstoß gegen das Verbot der Differenzierung nach Staatsangehörigkeit und/oder das allgemeine Differenzierungsverbot vorenthalten werden. Sowohl der EuGH als auch das BSG haben die Frage in jüngeren Entscheidungen offen gelassen (EuGH Urteil vom 04.06.2009 - C-22/08 und C-23/08 - Vatsouras/Koupatantze; BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 23/10 R).
Die auf das Verbot der Ausländerdiskriminierung bei uneingeschränkt freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgern zurückzuführenden Zweifel an der Vereinbarkeit des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB II mit europäischem Primärrecht bestehen aber jedenfalls bei der Antragstellerin nicht. Wegen erstmaliger Zuwanderung zur Arbeitssuche dürfte sich der gemeinschaftsrechtliche Anspruch der Antragstellerin auf Gleichbehandlung schon ohne Beachtung ihrer Sonderstellung als bulgarische Staatsangehörige nur auf Gleichheit im Zugang zur Beschäftigung richten. In dieser Hinsicht hat der EuGH im Urteil vom 23.03.2004 - C-138/02 Collins - daran erinnert, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes zwischen Angehörigen der Mitgliedsstaaten zu unterscheiden ist, die im Aufnahmemitgliedsstaat, in dem sie eine Beschäftigung suchen, noch kein Arbeitsverhältnis eingegangen sind und denen, die dort bereits arbeiten und die dort gearbeitet haben, aber nicht mehr in einem Arbeitsverhältnis stehen und gleichwohl als Arbeitnehmer gelten. Während für Angehörige der Mitgliedsstaaten, die zuwandern, um eine Beschäftigung zu suchen, der Grundsatz der Gleichbehandlung nur für den Zugang zur Beschäftigung gilt, genießen diejenigen, die bereits Zugang zum Arbeitsmarkt gefunden haben, die gleichen sozialen und steuerlichen Vergünstigungen wie die inländischen Arbeitnehmer. Hiernach besteht auch unter Beachtung des allgemeinen Diskriminierungsverbotes nach EGV und AEUV ein objektiver Grund, sie von den Leistungen auszuschließen.
Bei der Antragstellerin haben sich, wie oben ausgeführt, noch keine verfestigten Beziehungen zum deutschen Arbeitsmarkt entwickelt, sie versucht allenfalls im deutschen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Damit ist nicht die Staatsangehörigkeit der Antragstellerin einziges Unterscheidungsmerkmal, sondern zugleich die Nähe bzw. Ferne zum deutschen Arbeitsmarkt, insoweit auch gegenüber den anderen ausländischen Arbeitnehmern, die entweder eine Aussicht auf Erlangung einer Arbeitsgenehmigung haben oder hier bereits beschäftigt waren. Die Antragstellerin hat nicht den gleichen Zugang zum inländischen Arbeitsmarkt wie deutsche Arbeitssuchende, solange sie nicht im Besitz einer Arbeitsgenehmigung-EU ist. Hiernach besteht auch unter Beachtung des allgemeinen primärrechtlichen Diskriminierungsverbotes ein objektiver Grund, sie von den Leistungen auszuschließen (vgl. auch Husmann, NZS 2009, 652 f., 657). Es handelt sich also nicht um eine willkürliche Ungleichbehandlung, sondern um eine Regelung, die durch objektive Umstände gerechtfertigt ist und nicht mit den Zielen des EG-Vertrages in Widerspruch steht (vgl. EuGH C-29/95, Rs "Pastoors").
cc) Auch aus dem Gleichbehandlungsgebot nach Art. 4 der VO(EG) 883/2004 kann kein Leistungsanspruch für die Antragstellerin abgeleitet werden. Die Antragstellerin unterfällt zwar als bulgarische Staatsangehörige dem persönlichen Geltungsbereich des Art. 2 Abs. 1 der Verordnung, wonach diese für Staatsangehörige eines Mitgliedsstaates, Staatenlose und Flüchtlinge mit Wohnort in einem Mitgliedsstaat, für die die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedsstaaten gelten oder galten, sowie für ihre Familienangehörigen und Hinterbliebenen gilt. Die begehrten Leistungen nach §§ 20, 22 und 28 SGB II können auch als Leistungen bei Arbeitslosigkeit bzw. Familienleistungen i.S.d. Beschreibung des sachlichen Geltungsbereiches der Verordnung (Art. 3 Abs. 1 h), j) qualifiziert werden. Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II mit Ausnahme der im Anschluss an den Bezug von Arbeitslosengeld I zustehenden Zusatzleistungen nach § 24 SGB II sind besondere beitragsunabhängige Geldleistungen i.S.v. Art. 70 VO (EG) 883/2004 (Art. 70 Abs. 2 c) i.V.m. Anhang X VO (EG) 883/2004; Urteil des BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 23/10 R noch zur VO (EG) 1408/71 m.w.N.) und ausdrücklich in den sachlichen Geltungsbereich einbezogen (Art. 3 Abs.3 VO (EG) 1408/71). Es liegt jedoch kein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot vor. Schon im Hinblick auf die bereits erwähnte, nach Einführung der Unionsbürgerschaft (durch den Vertrag von Maastricht vom 07.02.1992) ergangene Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 23.03.2004 - C-138/02 Collins, vgl. oben) lässt sich allein aus der Unionsbürgerschaft kein Anspruch auf leistungsrechtliche Gleichbehandlung herleiten. Insoweit erscheint auch der Ausschluss von Ansprüchen der Antragstellerin nach dem SGB II im Hinblick auf ihre eingeschränkte Freizügigkeit als Neu-EU-Bürger unionsrechtlich gerechtfertigt. Denn für die Antragstellerin als bulgarische Staatsangehörige gelten nach Maßgabe des EU-Beitrittsvertrages (Amtsblatt der Europäischen Union vom 21.06.2005, L 157/18) Einschränkungen der Freizügigkeit, (Beschluss des LSG NRW vom 18.11.2011 - L 7 AS 614/11 B ER, vgl. oben 1.). Ansonsten entstünden Wertungswidersprüche mit der Möglichkeit eines Leistungsausschlusses nach Art. 24 Abs. 2 der Unionsbürgerrichtlinie (Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24.04.2004), weil nicht anzunehmen ist, dass das Europäische Parlament und der Rat am selben Tag sich widersprechende Regelungswerke in Kraft setzen wollten ( vgl. Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 29.02.2012 - L 20 AS 2347/11 B ER). Nach Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG ist der Aufnahmemitgliedstaat nicht verpflichtet, anderen Personen als Arbeitnehmern oder Selbständigen, Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, und ihren Familienangehörigen während der ersten drei Monate des Aufenthalts oder gegebenenfalls während des längeren Zeitraums nach Artikel 14 Absatz 4 Buchstabe b dieser Richtlinie einen Anspruch auf Sozialhilfe oder vor Erwerb des Rechts auf Daueraufenthalt Studienbeihilfen, einschließlich Beihilfen zur Berufsausbildung, in Form eines Stipendiums oder Studiendarlehens zu gewähren. Da mit zeitgleicher Einführung der VO(EG)883/2004 die Koordinierung der Sozialsysteme (vgl. den Titel der Verordnung selbst) aber gerade nicht die Vereinheitlichung der materiellen Standards bezweckt war, kann die Absicht einer Aushöhlung der Möglichkeit des mitgliederstaatlichen Leistungsausschlusses auf der Grundlage des Art. 24 Abs. 2 der Unionsbürgerrichtlinie durch die Regelungen der VO(EG)883/2004 nicht angenommen werden (LSG Berlin-Brandenburg a.a.O.m.w.N.). Aufgrund der unterschiedlichen Zielrichtungen beider Rechtsquellen besteht vielmehr ein Spezialitätsverhältnis in dessen Rahmen Art. 4 der VO(EG)883/2004 die allgemeine koordinationsrechtliche Regelung enthält, Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG die mit der Einschränkung nach Abs.2 geltende und insbesondere auch auf Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II anwendbare (Urteil des EuGH vom 04.06.2009, C-22/08, C-23/08) spezielle Regelung (vgl. LSG NRW Beschluss vom 22.06.2012, L 19 AS 845/12 B ER; Beschlüsse des LSG Berlin -Brandenburg vom 03.04.2012, L 5 AS 2157/11 B ER, L 5 AS 2177/11 B PKH m.w.N.; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 23.05.2012, L 9 AS 347/12 B ER).
dd) Es besteht demnach keine Veranlassung, den Leistungsausschluss nach § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB II in der vorliegenden Fallkonstellation europarechtlich in Frage zu stellen oder gar von seiner Anwendung abzusehen, solange jedenfalls keine eindeutigen Hinweise auf die Notwendigkeit einer einschränkenden Auslegung in der Judikative des Bundesverfassungsgerichts bzw. des EuGH gegeben werden (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 15.06.2012 – L19 AS 834/12 B ER; Beschluss vom 07.12.2011 - L 19 AS 1956/11 B ER; Beschluss vom 07.10.2011 - L 19 AS 1560/11 B ER).
3. Aus dem Ausschluss des Leistungsanspruches nach dem SGB II folgt kein Anspruch auf Leistungen auf Sozialhilfe SGB XII, sodass verfahrensrechtlich auch keine Beiladung des hierfür zuständigen Trägers notwendig war. Der Antragstellerin ist nicht aufgrund der aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) und dem Sozialstaatsgebot (Art. 20 Abs. 1, 28 Abs. GG) folgenden Verpflichtung des Staates, die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein zu sichern, ein Anspruch auf vorläufige Leistungen - und sei es auch nur im Umfang geminderter Leistungen analog § 1a des Asylbewerberleistungsgesetzes (vgl. Beschluss des LSG NRW vom 30.05.2011 - L 19 AS 431/11 B ER m.w.N.) zuzubilligen (a.A. wohl Strick, NJW 2005, 2182, 2185). Denn dies würde gerade dazu führen, dass der von der Rechtsordnung und nach den Grundsätzen des Beitrittsvertrages der EU nicht erwünschte Aufenthalt der Antragstellerin in Deutschland verlängert würde. Aus Art. 1 Abs. 1 GG lässt sich daher nur die Verpflichtung zur Gewährung solcher Leistungen herleiten, die notwendig sind, um der Antragstellerin und ihren Kindern eine Rückkehr in ihr Heimatland zu ermöglichen (vgl. LSG NRW Beschluss vom 28.06.2011, L 19 AS 317/11 B ER und Beschluss vom 22.06.2012, L 19 AS 845/12 B ER). Ein solcher Anspruch ist jedoch nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war abzulehnen, da der Antrag keine hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 73 a SGG i. V. m. § 114 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) hat. Insoweit wird ergänzend auf die Rechtsprechung des LSG NRW verwiesen, wonach in Fällen weder abhängig noch selbständig beschäftigter Unionsbürger der neuen Mitgliedsstaaten Rumänien und Bulgarien bis zum Ablauf der für diese Staaten geltenden Übergangsfristen Leistungen nach dem SGB II abzulehnen sind, wenn sie vom Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II betroffen sind und wonach in eine Folgenabwägung nur dann einzutreten ist, wenn besondere Umstände vorliegen (vgl. etwa Beschlüsse vom 07.10.2011 - L 19 AS 1516/11 B ER, vom 18.11.2011 - L 7 AS 614/11 B ER, L 7 AS 615/11 B; vom 07.12.2011 - L 19 AS 1956/11 B ER, vom 16.05.2012 - L 19 AS 719/12 B ER, vom 23.05.2012 - L 7 AS 2252/11 B ER, vom 15.06.2012 - L19 AS 834/12 AS ER, überwiegend zugänglich unter www.sozialgerichtsbarkeit.de oder juris)
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