L 9 U 2436/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 8 U 5675/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 2436/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 02. März 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 25.9.2001 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um mindestens 50 v.H. anstelle von 40 v.H.

Der 1966 geborene Kläger erlitt am 25.9.2001 einen Arbeitsunfall, als er bei Wartungsarbeiten an einer Filteranlage beim Herabsteigen von einer Leiter abrutschte und ca. 2 m tief auf die Arme fiel. Hierbei erlitt er einen handgelenksnahen Speichenbruch links und eine Mehrfrag-mentfraktur des rechten Oberarms.

Mit Bescheid vom 11.7.2002 gewährte die Beklagte dem Kläger eine Verletztenrente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE um 30 v.H. ab 20.3.2002.

Mit Bescheid vom 9.6.2004 gewährte die Beklagte dem Kläger die Rente nach einer MdE um 30 v.H auf unbestimmte Zeit. Als Folgen des Arbeitsunfalls wurden anerkannt: Am linken Arm: Unter leichter Stufenbildung knöchern fest ausgeheilter Speichenbruch, Bewegungseinschränkung im Handgelenk, leichte Verdickung des Handgelenks. Am rechten Arm: Unter Verplumpung und Verbreiterung des Gelenkanteils knöchern fest ausgeheilter körperferner Oberarmbruch mit noch einliegendem Osteosynthesematerial, Bewegungseinschränkung im Ellenbogengelenk, Sensibilitätsstörungen im Bereich des 4. und 5. Fingers, arthrotische Veränderungen im Ellenbogengelenk. Grundlage hierfür war das Gutachten von Professor Dr. W., Chefarzt der Chirurgischen Abteilung des Kreiskrankenhauses Lörrach, vom 6.5.2004.

Den Widerspruch gegen den Bescheid vom 9.6.2004 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6.9.2004 zurück. Die zum Sozialgericht (SG) Freiburg erhobene Klage (S 10 U 3427/04) nahm der Kläger nach Einholung eines Gutachtens gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei PD Dr. L. vom 25.2.2005, der die MdE für die Unfallfolgen mit 30 v.H. bewertete, am 21.3.2006 zurück.

Unter Hinweis auf zwischenzeitlich durchgeführte Operationen im Bereich der linken Hand sowie eine Verschlechterung der Beweglichkeit des linken Handgelenks beantragte der Kläger, dem im September 2005 zum Jahresende 2005 gekündigt worden war, am 22.11.2006 eine Neufeststellung seiner Rente. Unter dem 16.4.2007 begehrte er zusätzlich die Anerkennung von thrombotischen Beschwerden als Unfallfolgen. Die Beklagte holte daraufhin ein chirurgisches Gutachten ein.

Dr. Z., Chefarzt der Klinik für Chirurgie am Kreiskrankenhaus Schopfheim, gelangte im Gutachten vom 19.6.2007 zum Ergebnis, es sei eine Verschlimmerung, nämlich eine fortschreitende Arthrose, eingetreten. Die MdE betrage nunmehr 40 v.H.

Nachdem der Beratungsarzt der Beklagten Dr. S.-F. unter dem 7.7.2007 ausgeführt hatte, unter Berücksichtigung der Bewegungsausmaße resultiere allenfalls eine MdE um 30 v.H.; die in den Röntgenbildern dargestellte Arthrose sei für die Bewertung der MdE nicht relevant, es sollte eine neurologische Begutachtung durchgeführt werden, holte die Beklagte Gutachten auf angiologischem und neurologischem Gebiet ein.

Dr. B., Arzt für Innere Medizin und Kardiologie, führte im angiologischen Gutachten vom 23.7.2007 aus, am 10.11.2005 sei eine partielle Unterschenkelbeinvenenthrombose links diagnostiziert worden. Von Seiten des duplexsonographischen Befundes zeige sich eine weitgehend rekanalisierte Postthrombose mit postthrombotischen Klappeninsuffizienzen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Thrombose und auch die möglicherweise stattgehabte Lungenembolie im Zusammenhang mit den Operationen im Bereich des rechten Ellenbogens und des linken Handgelenks stünden, sei als sehr gering einzustufen, wenngleich ein Zusammenhang nicht mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden könne. Der zeitliche Abstand der Thrombose von November 2005 bis zur letztmaligen vorangegangenen Operation am 3.11.2004 betrage ca. ein Jahr; der Zeitabstand der Rezidivthrombose im November 2006 zur letztmaligen Operation am 29.8.2006 knapp drei Monate. Die duplexsonographischen Befunde zum Zeitpunkt der Diagnosestellung der jeweiligen Beinvenenthrombose sprächen eher für frische thrombotische Ereignisse.

Dr. K., Chefärztin der Schwarzwald-Klinik Neurologie, stellte beim Kläger im Gutachten vom 14.11.2007 eine Hypästhesie im autonomen Versorgungsgebiet des Nervus radialis links sowie eine Hypalgesie im Ulnarisversorgungsgebiet rechts sowie ein positives Hoffmann-Tinel-Zeichen über dem nach ventral verlagerten Nervus ulnaris rechts sowie ein sensibles Karpaltunnelsyndrom linksseitig fest. Sie führte aus, die vom Kläger geschilderten Schmerzen, die geschilderten Sensibilitätsstörungen der Hände sowie das sensible Karpaltunnelsyndrom seien auf den Unfall bzw. die durchgeführten operativen Eingriffe zurückzuführen. Aus neurologischer Sicht liege keine MdE vor. Ob seit dem Gutachten vom 6.5.2004 Änderungen eingetreten seien, müsse von unfallchirurgisch-orthopädischer Seite beurteilt werden.

Mit Bescheid vom 30.11.2007 lehnte die Beklagte eine Neufeststellung der Rente sowie die Anerkennung der aufgetretenen tiefen Beinvenenthrombose am linken Bein als Folge des Unfalls vom 25.9.2001 ab.

Hiergegen legte der Kläger am 14.12.2007 Widerspruch ein und einen Arztbrief von Professor Dr. M. von der Neurochirurgischen Abteilung des St. Josefskrankenhauses F. vom 9.4.2008 vor. Nach Beiziehung eines Befundberichts von Dr. Z. vom 2.5.2008 und Einholung einer weiteren Stellungnahme bei Dr. Z. vom 3.6.2008, der an seiner Einschätzung im Gutachten vom 19.6.2007 festhielt, erließ die Beklagte den Bescheid vom 12.8.2007 (gemeint: 12.8.2008). Darin änderte sie den Bescheid vom 30.11.2007 ab und gewährte dem Kläger ab 1.5.2007 eine Verletztenrente nach einer MdE um 40 v.H. Zur Begründung führte sie aus, seit der letzten maßgeblichen Feststellung im Bescheid vom 9.6.2004 habe die Bewegungseinschränkung im rechten Ellenbogengelenk sowie im linken Handgelenk zugenommen. Da nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit ab 2.4.2007 von einer MdE i.H.v. 40 v.H. auszugehen sei, werde diese MdE ab 1.5.2007 zu Grunde gelegt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 8.10.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, soweit ihm nicht durch den Bescheid vom 12.8.2008 abgeholfen worden war.

Hiergegen hat der Kläger am 12.11.2008 Klage zum SG (S 8 U 5675/08) erhoben, mit der er die Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE um mindestens 50 v.H. weiter verfolgt hat. Zur Begründung hat er vorgetragen, die Beklagte habe die Feststellung von Professor Dr. M. nicht ausreichend berücksichtigt. Wegen der Beinthrombose seien weitere Ermittlungen erforderlich, ebenso auf psychiatrischem Gebiet.

Das SG hat Professor Dr. M. mit der Begutachtung des Klägers beauftragt. Dieser ist im Gutachten vom 4.2.2010 zum Ergebnis gelangt, die MdE betrage ab März 2002 30 v.H., ab Mai 2007 40 v.H. und ab Januar 2009 50 v.H. Zur Begründung der MdE um 50 v.H. hat er ausgeführt, beim Kläger lägen Bewegungs- und Belastungseinschränkungen sowie Schmerzen im linken Handgelenk, linken Unterarm sowie im Ellenbogengelenk, eine Irritation des Nervus ulnaris im Sulcus rechts mit neuropathischen Symptomen und eine Funktionseinschränkung beider Hände mit sekundären und eingriffsbedingten Folgen von Therapien und operativen Eingriffen, offenbar jedes Mal mit Zunahme der Beschwerden, eine traumabedingte dynamische Arthrose im linken Handgelenk und rechten Ellenbogen, radiologisch gesichert, eine schwere Destabilisierung seiner Grundfundamente, eine Verunsicherung bezüglich sich selbst und seiner Fähigkeiten, einhergehend mit einer schweren psychosozialen und sozioökonomischen Verunsicherung, eine Kündigung seines Arbeitsplatzes, wahrscheinlich wegen Einschränkung der Belastbarkeit und gehäufter Fehlzeiten, vor.

Hierzu hat der Neurologe und Psychiater B. in einer beratungsärztlichen Stellungnahme vom 1.3.2010 ausgeführt, die von Professor Dr. M. vorgebrachten Argumente für eine Erhöhung der MdE auf 50 v.H. seien aus nervenärztlicher Sicht nicht stichhaltig. Die betriebsbedingte Kündigung des Arbeitsplatzes könne nicht auf den Unfall zurückgeführt werden, zumal gleichzeitig weitere 25 Kollegen gekündigt worden seien. Die sozioökonomische Verunsicherung sei durch die Kreditaufnahme im Jahr 2004 bedingt und stehe in keinem Zusammenhang mit dem Unfall. Die Annahme eines unfallbedingten Ganzkörperschmerzes sei hypothetisch, zumal es sich bei Schmerzfragebögen keineswegs um objektive medizinische Befunde handle. Darüber hinaus seien unfallbedingte Schmerzen im Bereich des linken Handgelenks und des rechten Armes bei der MdE mitberücksichtigt. Die geschilderte depressive Entwicklung erscheine vor dem Hintergrund des Arbeitsplatzverlustes und hoher Schulden verständlich, könne aber nicht als Folge des Unfalls vom 25.9.2001 angesehen werden. Aus dem Gutachten von Professor Dr. M. ergäben sich keine Argumente für das Vorliegen einer eigenständigen nervenärztlichen MdE. Die Gesamt-MdE sei weiter mit 40 v.H. einzuschätzen, was nach Aktenlage schon hoch erscheine. In der ergänzenden Stellungnahme vom 2.8.2010 hat Professor Dr. M. ausgeführt, er habe nicht nervenärztlich argumentiert und bleibe bei seiner Einschätzung. Er habe bei der Beurteilung die versorgungsmedizinische Verordnung vom 10.12.2008 berücksichtigt.

Mit Urteil vom 2.3.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Bewertung der MdE mit 50 v.H. durch Professor Dr. M. habe das SG nicht zu überzeugen vermocht. Die von ihm angeführten sozioökonomischen Probleme stünden nicht im Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall und könnten nicht in die MdE-Bewertung mit einfließen. Eine Erhöhung der MdE könne auch nicht aufgrund der thrombotischen Veränderungen am linken Bein erfolgen. Dr. B. führe nachvollziehbar aus, dass diese nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall zurückzuführen seien. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.

Gegen das am 18.5.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 14.6.2011 Berufung eingelegt und vorgetragen, er sei nach wie vor der Auffassung, dass die Voraussetzungen für eine Verletztenrente nach einer MdE um mindestens 50 v.H. vorlägen. Die Ausführungen des SG seien für ihn nicht nachvollziehbar. Er gehe nach wie vor davon aus, dass die thrombotischen Veränderungen sowie die am 2.11.2006 eingetretene Lungenembolie Folgen des Arbeitsunfalls seien. Außerdem sei sein linker Daumen völlig kraftlos, was auf die Versteifungsoperation im linken Handgelenk zurückzuführen sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 02. März 2011 aufzuheben sowie den Bescheid vom 30. November 2007, geändert durch den Bescheid vom 12. August 2008, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. August 2008 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Verletztenrente nach einer MdE um mindestens 50 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidert, die verbliebenen Unfallfolgen bedingten nach den gängigen Bewertungsmaßstäben eine MdE um 40 v.H. Es gebe keine Hinweise, dass die Einschätzung nicht korrekt sei. Die thrombotischen Veränderungen seien nach dem Ergebnis der durchgeführten Ermittlungen nicht unfallbedingt. Die Beschwerden im linken Daumen seien bei der neurologischen Begutachtung durch Dr. K. berücksichtigt worden.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf eine höhere Verletztenrente als nach einer MdE um 40 v.H. hat.

Rechtsgrundlage für die Neufeststellung der Rente ist § 48 Sozialgesetzbuch (SGB) X. Nach dieser Vorschrift ist ein Anspruch auf Rente neu festzustellen, wenn in den für seine letzte Feststellung maßgebend gewesenen Verhältnissen eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Eine solche liegt bei der Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit vor, wenn sie mehr als 5 vom Hundert beträgt und sie - bei Rente auf unbestimmte Zeit - länger als drei Monate andauert (§ 73 Abs. 3 SGB VII). Ob eine wesentliche Änderung vorliegt, ist durch einen Vergleich der zum Zeitpunkt des Erlasses des ursprünglichen Verwaltungsaktes maßgeblichen Befunde mit denjenigen zu ermitteln, die zum Zeitpunkt der geltend gemachten Änderung vorliegen (BSG SozR 3-1500 § 54 Nr. 18). Die wesentliche Änderung muss mit Wahrscheinlichkeit auf den erlittenen Arbeitsunfall wesentlich zurückzuführen sein und darf nicht durch andere, vom Arbeitsunfall unabhängige Umstände verursacht worden sein. Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit reicht nicht (ständige Rechtsprechung BSGE 19, 52; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 17).

Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22.6.2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermö-gens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust un¬ter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäuße¬rungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit aus¬wirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich dar¬auf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletz¬ten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.

Voraussetzung für die Berücksichtigung einer Gesundheitsstörung bzw. Funktionseinschränkung als Unfallfolge bei der Bemessung der MdE ist grundsätzlich u. a. ein wesentlicher ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis bzw. dem dadurch eingetretenen Gesundheitserstschaden und der fortdauernden Gesundheitsstörung (sog. haftungsausfüllende Kausalität). Dabei müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen - neben der versicherten Tätigkeit - der Gesundheitserstschaden und die eingetretenen fortdauernden Gesundheitsstörungen gehören, mit einem der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit erwiesen sein. Für die Bejahung eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen dem Gesundheitserstschaden und den fortdauernden Gesundheitsstörungen gilt in der gesetzlichen Unfallversicherung die Kausalitätstheorie der "wesentlichen Bedingung". Diese hat zur Ausgangsbasis die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie. In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob das Ereignis nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Auf Grund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden, bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens abgeleitet werden (vgl. die zusammenfassende Darstellung der Kausalitätstheorie der wesentlichen Bedingung im Urteil des BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 = BSGE 96, 196-209 und Juris).

Bei mehreren konkurrierenden Ursachen muss die rechtlich wesentliche Bedingung nach dem Urteil des BSG vom 9.5.2006 (aaO Rdnr. 15) nicht "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig" sein. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die anderen Ursachen keine überragende Bedeutung haben. Kommt einer der Ursachen gegenüber den anderen eine überragende Bedeutung zu, ist sie allein wesentliche Ursache und damit allein Ursache im Rechtssinn.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Senat zur Überzeugung gelangt, dass die Beklagte der seit Erlass des Bescheides vom 9.6.2004 eingetretenen Verschlimmerung der Unfallfolgen durch Erhöhung der Verletztenrente mit Bescheid vom 12.8.2007 (gemeint: 12.8.2008) ausreichend Rechnung getragen hat und dem Kläger keine höhere Rente als nach einer MdE um 40 v.H. zusteht.

Maßgebliche Vergleichsgrundlage sind die Befunde, die dem letzten bindend gewordenen Bescheid, dem Bescheid vom 9.6.2004, mit dem dem Kläger Dauerrente nach einer MdE um 30 v.H. gewährt wurde, zugrunde lagen. Diese sind in dem chirurgischen Gutachten von Professor Dr. W. vom 6.5.2004 enthalten. Bei seiner gutachterlichen Untersuchung vom 20.4.2004 stellte er beim Kläger eine deutliche Bewegungseinschränkung im rechten Ellenbogengelenk (Streckung/Beugung rechts 0-20-110, links 0-0-130), eine leichte Bewegungseinschränkung im linken Handgelenk (handrückenwärts/hohlhandwärts rechts 60-0-60, links 40-0-40 und ellenwärts/speichenwärts rechts 20-0-30, links 10-0-30), eine Umfangsminderung am linken Ellenbogen um 2 cm, eine posttraumatische Arthrose im rechten Ellenbogengelenk sowie Sensibilitätsstörungen und Missempfindungen im Bereich des 4. und 5. Fingers bei Zustand nach Neurolyse des Nervus ulnaris rechts fest. Diesen Befund bewertete er mit einer MdE um 30 v.H.

Im Vergleich zu den oben genannten von Professor Dr. W. erhobenen Befunden ist inzwischen eine wesentliche Änderung im Sinne einer Verschlimmerung eingetreten. So hat sich die Beweglichkeit insbesondere im linken Handgelenk weiter verschlechtert. Bei der Untersuchung von Dr. Z. am 13.6.2007 ergaben sich bezüglich der Handgelenke folgende Befunde: handrückenwärts/hohlhandwärts rechts 65-0-65, links 20-0-10; ellenwärts/speichenwärts rechts 25-0-55, links 10-0-40 und bezüglich der Ellenbogengelenke: Streckung/Beugung rechts 0-5-110, links 0-0-145. Diese Unfallfolgen hat er mit 40 v.H. eingeschätzt. Auch nach den im Bericht vom 2.5.2008 beschriebenen Befunden hat er in der Stellungnahme vom 3.6.2008 die MdE weiterhin mit 40 v.H. bewertet. Eine höhere MdE als 40 v.H., wie von Dr. Z. im Gutachten vom 19.6.2007 und in der ergänzenden Stellungnahme vom 3.6.2008 genannt, vermag der Senat unter Berücksichtigung der beschriebenen Bewegungseinschränkungen und Sensibilitätsstörungen nicht festzustellen, zumal letztere nicht so schwer ausgeprägt sind, dass sie zu einer MdE auf neurologischem Gebiet führen würden, wie Dr. K. für den Senat nachvollziehbar unter Mitberücksichtigung der Beschwerden im linken Daumen dargelegt hat. Zu beachten ist, dass nach der unfallmedizinischen Literatur erst eine Versteifung des Handgelenks in Nullstellung 0-0-0 oder 10-0-10 eine MdE von 20 bis 30 bedingt, während beim Kläger noch die o.g. Bewegungsausmaße gegeben sind. Im Bereich der Ellenbogengelenke führt erst eine Bewegungseinschränkung von 0-30-90 zu einer MdE um 20, während die Bewegungsausmaße im rechten Ellenbogen des Klägers für Streckung/Beugung bei 0-5-110 liegen (vgl. Mehr-hoff/Meindl/Muhr, Unfallbegutachtung, 11. Aufl. S. 164). Dabei dürfen die einzelnen MdE-Werte nicht zusammengerechnet werden. Entscheidend ist vielmehr eine Gesamtschau der Gesamteinwirkung aller Schäden auf die Erwerbsfähigkeit (Bereiter/Hahn/Mertens, Gesetzliche Unfallversicherung, Handkommentar, Stand November 2012, § 56 Rn. 10.4). Darüber hinaus ist auch zu berücksichtigen, dass der Zustand des Klägers bei Weitem nicht mit dem Verlust einer Hand bzw. dem Verlust des Armes im Unterarmbereich zu vergleichen ist, der eine MdE von 60 bzw. 65 v.H. bedingt (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens, a.a.O., Anl. 12 zu 17.3).

Die am 10.11.2005 diagnostizierte Unterschenkelbeinvenenthrombose ist nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall vom 25.9.2001 bzw. seine Folgen zurückzuführen. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat aufgrund des Gutachtens von Dr. B ... Gegen einen Kausalzusammenhang spricht zunächst schon der zeitliche Abstand zwischen Unfall bzw. der letztmaligen vorangegangenen Operation am 3.11.2004 bis zum erstmaligen Auftreten der Thrombose am 10.11.2005. Auch zwischen der Rezidivthrombose im November 2006 und der Operation vom 29.8.2006 lagen knapp drei Monate. Darüber hinaus sprachen die Duplex-Sonographie-Befunde zum Zeitpunkt der jeweiligen Beinvenenthrombose für frischere thrombotische Ereignisse.

Die Ausführungen von Professor Dr. M. vermögen eine Erhöhung der MdE auf 50 v.H. nicht zu rechtfertigen. Soweit er diese mit einer schweren Destabilisierung der Grundfundamente bzw. einer Verunsicherung des Klägers sowie einer Kündigung des Arbeitsplatzes begründet, handelt es sich schon um keine konkrete Diagnose und keine Funktionsstörungen, die bei der MdE-Einschätzung zu berücksichtigen wären. Insoweit weist der Neurologe und Psychiater B. in seiner Stellungnahme vom 1.3.2010 zu Recht darauf hin, dass sich aus dem Gutachten von Professor Dr. M. keine stichhaltigen Argumente für das Vorliegen einer eigenständigen weiteren MdE auf nervenärztlichem Gebiet ergeben, was Professor Dr. M. in der ergänzenden Stellungnahme vom 2.8.2010 auch einräumt, indem er erklärt, er habe auch nicht nervenärztlich argumentiert. Unabhängig davon, dass Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem Gebiet beim Kläger von Dr. K. nicht festgestellt wurden und sich der Kläger auch nicht in nervenärztlicher Behandlung befindet, nennt Professor Dr. M. keine Gründe, warum gerade ab Januar 2009, d.h. über sieben Jahre nach dem Arbeitsunfall, eine unfallbedingte Verunsicherung bzw. Verschlimmerung eingetreten sein soll. Die versorgungsmedizinische Verordnung bzw. die versorgungsmedizinischen Grundsätze, auf die er in der ergänzenden Stellungnahme vom 2.8.2010 Bezug nimmt, sind für die Beurteilung der MdE im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung nicht maßgeblich.

Nach alledem ist das angefochtene Urteil des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste deswegen zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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