L 11 EG 4232/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 1 EG 4058/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 EG 4232/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 28.08.2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Im Streit steht die Höhe des Elterngeldes für das Kind N. M. (N).

Die 1976 geborene, verheiratete Klägerin ist die Mutter des 2008 geborenen Kindes N. Ein weiteres Kind wurde am 21.09.2009 geboren. Die Klägerin war ab März 2005 mit der Vermittlung von Versicherungen selbständig tätig. Vom 01.10.2005 bis 31.12.2007 war sie zusätzlich mit zehn Wochenarbeitsstunden bei der Firma G. GmbH & Co KG zu einem monatlichen Entgelt von 400,00 EUR geringfügig beschäftigt. Im Jahr 2007 entrichtete die Klägerin Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung iHv insgesamt 569,86 EUR. Nach der Geburt von N meldete die Klägerin ihr Gewerbe nicht ab, um den Gebietsschutz nicht zu verlieren, den Firmen-PKW nutzte sie privat; entsprechende steuerliche Nutzungsvorteile wurden in den Jahren 2008 und 2009 versteuert.

Am 07.02.2008 beantragte die Klägerin Elterngeld für 12 Monate ab der Geburt des Kindes und gab an, in diesem Zeitraum kein Einkommen zu erzielen. Zu ihrem Antrag legte sie ua die eine vorläufige Gewinnermittlung ihres Steuerberaters nach § 4 Abs 3 Einkommensteuergesetz (EStG) vom 04.04.2008 vor. Daraus ergibt sich für das Jahr 2007 ein betrieblicher Gewinn iHv 34.699,94 EUR. Mit Bescheid vom 16.04.2008 bewilligte die Beklagte der Klägern Elterngeld für den ersten bis zwölften Lebensmonat (25.01.2008 bis 24.01.2009) iHv 1.800,00 EUR monatlich. Dabei legte sie der Berechnung ein Einkommen vor der Geburt 4.800,00 EUR aus der geringfügigen Beschäftigung zuzüglich 34.699,94 EUR aus der selbständigen Tätigkeit und daraus ein durchschnittliches monatliches Einkommen von 3.291,66 EUR, zugrunde. Einkommen im Bezugszeitraum nach der Geburt wurde nicht berücksichtigt. Im Bescheid war vermerkt, dass dieser unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergehe, da die Einkünfte im maßgeblichen Zeitraum vor der Geburt nicht hätten abschließend ermittelt werden können. Wörtlich wird ausgeführt: "Die endgültigen Einkommensnachweise bitten wir, umgehend nach Erhalt, nachzureichen. Nach Feststellung des tatsächlichen Einkommens wird das Elterngeld neu berechnet. Ist das Ihnen zustehende Elterngeld höher, werden die zu wenig gezahlten Beträge nachgezahlt. Steht Ihnen dagegen weniger Elterngeld zu, sind die zu viel gezahlten Beträge zu erstatten."

Auf Nachfrage der Beklagten legte die Klägerin am 10.07.2009 den Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 14.05.2009 vor. Danach hatte die Klägerin im Jahr 2007 Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv 36.198 EUR. Die Gesamteinkünfte der Eheleute sind mit einem Betrag iHv 152.915,00 EUR ausgewiesen. Die Einkommensteuer wurde auf 42.152,00 EUR (Splittingtarif) und der Solidaritätszuschlag auf 2.318,36 EUR festgesetzt. Auf den Ehemann der Klägerin entfiel noch Kirchensteuer iHv 2.844,32 EUR. Für das Jahr 2008 musste die Klägerin keine Vorauszahlungen leisten. Mit Bescheid vom 30.07.2009 änderte die Beklagte den Bescheid vom 16.04.2008, hob den Vorbehalt auf und bewilligte Elterngeld endgültig iHv 1.669,48 EUR für den ersten bis zwölften Lebensmonat des Kindes. Zugleich setzte sie fest, dass die Klägerin überzahlte Leistungen iHv 1.566,24 EUR zu erstatten habe. Als Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb vor der Geburt von N legte die Beklagten 36.198,00 EUR zugrunde, von denen Steuern iHv 10.527,01 EUR und Sozialversicherungsausgaben iHv 569,86 EUR abgesetzt wurden. Die Steuer wurde entsprechend dem Verhältnis der Einkünfte der Klägerin zu den Gesamteinkünften der Eheleute als Anteil der Klägerin am Gesamtsteuerbetrag der Eheleute ermittelt.

Mit ihrem Widerspruch vom 19.08.2009 machte die Klägerin geltend, die Steuerschuld sei falsch berechnet worden. Nach der Berechnung ihres Steuerberaters zur Aufteilung der Steuer zwischen ihr und ihrem Ehemann entsprechend den §§ 268ff Abgabenordnung (AO) ergebe sich ein Steueranteil iHv nur 6.089,30 EUR. Mit Schreiben vom 03.09.2009 hörte die Beklagte die Klägerin zur beabsichtigten Festsetzung des endgültigen monatlichen Elterngeldanspruches sowie zur Rückforderung an und wies mit Widerspruchsbescheid vom 15.10.2009 den Widerspruch der Klägerin zurück. Bei zusammenveranlagten Eheleuten werde die Jahressteuerschuld nach der Splittingtabelle berechnet. Danach würden die Einkünfte beider Ehegatten unabhängig von der Höhe der jeweiligen Einkünfte mit dem gleichen Steuersatz besteuert. Es sei deshalb sachlich gerechtfertigt, die auf die Einkünfte aus der selbstständigen Arbeit entfallenden Steuern im Verhältnis zu ihrem Anteil an den Gesamteinkünften zu ermitteln. Die Steueraufteilung nach §§ 268ff AO finde bei der Berechnung des Elterngeldanspruchs aufgrund der eindeutigen gesetzlichen Definition nach dem BEEG keine Anwendung.

Am 16.11.2009 hat die Klägerin beim Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage erhoben die das SG mit Urteil vom 28.08.2012 abgewiesen hat. Der Bescheid der Beklagten vom 30.07.2009 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 15.10.2009 sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Nach Vorlage des Einkommensteuerbescheides vom 14.05.2009 für das Jahr 2007 sei die vorläufige Einkommensschätzung zu überprüfen gewesen. Rechtsfehlerfrei habe die Beklagte die Daten aus dem Einkommensteuerbescheid der endgültigen Berechnung des Elterngeldes zugrunde gelegt. Die Aufteilung der Steuerlast zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann sei nicht zu beanstanden. Sie entspreche vielmehr den Motiven des Gesetzgebers. Nach der Empfehlung des 13. Ausschusses zum Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Elterngeldes sei bei Zusammenveranlagung von Eheleuten oder weiteren Einkunftsarten der auf den zu berücksichtigenden Gewinn entfallende proportionale Anteil an den gesamten Steuern zu errechnen (BT-Drucks 16/2785, Seite 38 - zu § 2 Abs 9 BEEG). Durch die gemeinsame Veranlagung von Ehegatten nach § 32a EStG werde bei Zusammenveranlagung der Ehegatten ausgeschlossen, dass diese durch die Einkommensteuer stärker belastet würden als Alleinstehende. Nach getrennter Ermittlung der Einkünfte und Abzug der Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und Freibeträge ergebe sich das gemeinschaftlich zu versteuernde Einkommen. Die Einkommensteuer errechne sich in der Weise, dass der Steuerbetrag, der auf die Hälfte des zu versteuernden Einkommens entfalle, verdoppelt werde. Dieser steuerrechtlichen Systematik folge der Ansatz der Beklagten, den das BSG in seinem Urteil vom 17.02.2011 ausdrücklich gebilligt habe. Zwar stelle sich die Klägerin so schlechter als bei einer Aufteilung der Steuern nach Maßgabe der §§ 268 bis 280 AO, allerdings beziehe sich der allgemeine Aufteilungsmaßstab des § 268 AO allein auf die Vollstreckung der sich für Gesamtschuldner ergebenden Steuern. Auf diese Norm werde aber im BEEG nicht Bezug genommen; ihre entsprechende Anwendung sei auch nicht von Verfassungs wegen geboten. Die Ehe und die dadurch eröffnete gemeinsame Veranlagung böten der Klägerin und ihrem Ehemann steuerliche Vorteile, weil beim Splittingverfahren eine Wirtschaftsgemeinschaft unterstellt werde. Die gemeinsame steuerliche Veranlagung sei vom Willen der Klägerin abhängig. Die Klägerin hätte durch eigenes Verhalten die hier beanstandeten nachteiligen Folgen auf den Elterngeldanspruch vermeiden können, in dem sie auf die gemeinsame Veranlagung verzichtet und eine getrennte Veranlagung hätte herbeiführen können. Davon habe sie keinen Gebrauch gemacht. Ausweislich des Steuerbescheides für 2007 seien die Steuern im Jahr 2007 im Wesentlichen durch den Steuerabzug vom Lohn des Ehemannes der Klägerin erbracht worden, die Klägerin habe im Jahr 2007 keine Steuervorauszahlungen geleistet. Festgesetzt seien lediglich noch Steuern iHv 571,88 EUR. Steuerrechtlich hätten die Ehegatten aufgrund der gemeinsamen Veranlagung somit profitiert. Mit Blick auf die steuerrechtliche Gestaltungsmöglichkeit der Klägerin einerseits und die steuerrechtliche Besserstellung bei gemeinsamer Veranlagung andererseits könne sich die Kammer nicht von einer Verletzung spezieller Grundrechte der Klägerin aus Art 3 und 6 GG überzeugen. Im Bereich der steuerfinanzierten und nicht von Beitragszahlungen abhängigen Sozialleistungen, zu denen das Elterngeld zähle, sei eine typisierende Betrachtung einer großen Zahl von möglichen Einzelfallkonstellationen geboten und aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung sowie im Interesse einer zügigen Feststellung endgültiger Leistungen gerechtfertigt.

Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 10.09.2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 10.10.2012 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Das SG habe sich dem Urteil des BSG vom 17.2.2011 angeschlossen. Dieses habe jedoch in seiner Entscheidung zwei wichtige Punkte verkannt. Zum einen gehe das BSG davon aus, dass bei der Gewinnermittlung nach § 2 Abs 9 BEEG die auf das Einkommen entfallenden Steuern und Sozialabgaben abzuziehen seien. Jedoch sei nach § 2 Abs 9 BEEG ausdrücklich nur der Gewinn zu berücksichtigen. Dass bei der Gewinnermittlung keine Steuern und Sozialabgaben zu berücksichtigen seien, ergebe sich aus der Systematik des § 2 Abs 9 BEEG. Während in § 2 Abs 7 und 8 BEEG ausdrücklich geregelt sei, dass Steuern und Sozialabgaben bei der Gewinnermittlung zu berücksichtigen seien, fehle eine solche Regelung in § 2 Abs 9 BEEG. Ein Abzug von Steuern und Sozialabgaben habe hier also gerade nicht zu erfolgen. Selbst wenn man mit dem BSG davon ausgehe, dass die Steuern und Sozialabgaben bei der Gewinnermittlung abzuziehen seien, sei noch zu klären nach welcher Berechnungsmethode dies zu erfolgen habe. Sie und ihr Ehemann seien bei der Steuer zusammenveranlagt worden. Das BSG ermittele nur ihren proportionalen Anteil an den gesamten Steuern. Aus den Besonderheiten der Zusammenveranlagung der Ehegatten ergebe sich jedoch, dass dieses so gewonnene Ergebnis nicht korrekt sei. Denn die Zusammenveranlagung von Eheleuten beruhe auf dem Prinzip, das von beiden erzielte Einkommen zu addieren und die Steuern so zu berechnen als hätten beide jeweils die gleiche Hälften dieses Einkommens erzielt. Damit werde für den höher Verdienenden der Nachteil vermieden, mit seinem isoliert betrachteten Einkommen in eine Zone höherer Progression des Steuertarifs zu geraten. Es liege auf der Hand, dass diese Steuerersparnis teilweise mit der Steuerpflicht aus den Einkünften des anderen Ehegatten erkauft werde, die bei wiederum isolierter Betrachtung geringer zu besteuern wären. Bei der Festsetzung des Elterngeldes schade dies jedoch, da eine höhere Steuerlast für die Ehefrau gleichzeitig ein niedrigeres Elterngeld nach sich ziehe ohne dass es - anders als im Steuerrecht - zu irgendwelchen Ausgleichen komme. Die Ehefrau stehe bei der Bemessung des Elterngeldes also schlechter, als wenn sie nicht mit ihrem Partner verheiratet wäre. Damit liege eindeutig ein Verstoß gegen die grundsätzliche Privilegierung der Ehe sowie ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz vor. Denn bei nicht selbstständigen Müttern werde ein solcher Nachteil entsprechend vermieden. Soweit das SG meine, sie habe ein Wahlrecht über die Zusammenveranlagung mit ihrem Ehegatten gehabt, greife dies nicht durch. Denn eine solche Entscheidung hätte die Klägerin bereits vor Schwangerschaftsbeginn treffen müssen, um in den Genuss der Einzelveranlagung zu kommen. Es könne aber von ihr nicht verlangt werden, sich im Vorfeld zu überlegen ob sie schwanger werde, um ungekürztes Elterngeld zu erhalten und eine solche Entscheidung der Alleinveranlagung zu treffen. Letztendlich habe sie die Entscheidung bezüglich des Elterngeldes erst nach der Geburt des Kindes getroffen. Dieser Zeitpunkt sei jedoch zu spät, um eine Alleinveranlagung durchzusetzen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichtes Heilbronn vom 28.8.2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30.7.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.10.2009 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten, Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Die Rechtsfrage der Aufteilung der Steuerschuld bei gemeinsam veranlagten Ehegatten sei höchstrichterlich entschieden; diese Aufteilung entspreche auch dem Willen des Gesetzgebers (BT-Drucks 16/2785 Seite 38).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat kann die Berufung gemäß § 153 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet erachtet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden.

Die gemäß §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG statthafte und zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 30.07.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.10.2009, mit dem die Beklagte das der Klägerin zuvor (Bescheid vom 16.04.2008) lediglich vorläufig bewilligte Elterngeld nunmehr endgültig festgesetzt hat, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Das SG hat daher die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 30.07.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.10.2009 ersetzt den Bescheid vom 16.04.2008 vollständig.

Der Anspruch der Klägerin auf Elterngeld richtet sich nach dem mit Wirkung zum 01.01.2007 eingeführten Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) in der Fassung vom 05.12.2006 (BGBl I 2748).

Nach § 1 Abs 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr 4). Die Klägerin hatte während der ersten 12 Lebensmonate des am 25.01.2008 geborenen Kindes ihren Wohnsitz in Deutschland, lebte mit diesem in einem Haushalt, betreute und erzog und übte nur eine Erwerbstätigkeit aus, die weniger als 30 Wochenstunden umfasste (§ 1 Abs 6 BEEG). Dies entnimmt der Senat den Angaben der Klägerin im Verwaltungsverfahren. Sie beantragte das Elterngeld schriftlich am 07.02.2008 und damit innerhalb von drei Monaten nach der Geburt ihres Sohnes (§ 7 Abs 1 Satz 2 BEEG).

Die Höhe des Elterngeldes bemisst sich nach § 2 BEEG (hier in der Fassung vom 05.12.2006). Elterngeld wird gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG iHv 67 % des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1.800,00 EUR monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Als Einkommen aus Erwerbstätigkeit ist die Summe der positiven im Inland zu versteuernden Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und nichtselbstständiger Arbeit nach § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG nach Maßgabe von § 2 Abs 7 bis 9 BEEG zu berücksichtigen (§ 2 Abs 1 Satz 2 BEEG). In den Fällen, in denen das durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt geringer als 1.000,00 EUR war, erhöht sich der Prozentsatz von 67 % um 0,1 Prozentpunkte für je 2,00 EUR, um die das maßgebliche Einkommen den Betrag von 1.000,00 EUR unterschreitet, auf bis zu 100 % (§ 2 Abs 2 Satz 1 BEEG). Nach § 2 Abs 5 Satz 1 BEEG wird Elterngeld mindestens iHv 300,00 EUR gezahlt. Für Monate nach der Geburt des Kindes, in denen die berechtigte Person ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt, das durchschnittlich geringer ist als das nach § 2 Abs 1 BEEG berücksichtigte durchschnittlich erzielte Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt, wird Elterngeld gemäß § 2 Abs 3 Satz 1 BEEG iH des nach § 2 Abs 1 oder 2 BEEG maßgeblichen Prozentsatzes des Unterschiedsbetrages dieser durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit gezahlt.

Ist die dem zu berücksichtigenden Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit zu Grunde liegende Erwerbstätigkeit sowohl während des gesamten für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes maßgeblichen Zeitraums als auch während des gesamten letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraums ausgeübt worden, gilt nach § 2 Abs 9 Satz 1 BEEG in der vorliegend anzuwendenden Fassung abweichend von § 2 Abs 8 BEEG als vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzieltes monatliches Einkommen aus dieser Erwerbstätigkeit der durchschnittlich monatlich erzielte Gewinn, wie er sich aus dem für den Veranlagungszeitraum ergangenen Steuerbescheid ergibt; Zeiten, die den Voraussetzungen des § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG entsprachen, lagen nicht vor. Ist in dem für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes maßgeblichen Zeitraum zusätzlich Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit erzielt worden (§ 2 Abs 9 Satz 3 BEEG), ist § 2 Abs 9 Satz 1 BEEG nur anzuwenden, wenn die Voraussetzungen des § 2 Abs 9 Sätze 1 und 2 BEEG auch für die dem Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit zu Grunde liegende Erwerbstätigkeit erfüllt sind; in diesen Fällen gilt als vor der Geburt durchschnittlich erzieltes monatliches Einkommen nach § 2 Abs 7 BEEG das in dem dem Veranlagungszeitraum nach § 2 Abs 9 Satz 1 BEEG zu Grunde liegenden Gewinnermittlungszeitraum durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit. Als auf den Gewinn entfallende Steuern ist bei Anwendung von Satz 1 der auf die Einnahmen entfallende monatliche Anteil der im Steuerbescheid festgesetzten Einkommensteuer einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer anzusetzen (§ 2 Abs 9 Satz 4 BEEG).

Die Klägerin übte ihre selbständige Tätigkeit sowohl während des gesamten für die Einkommensermittlung vor der Geburt maßgeblichen Zeitraums als auch während des gesamten letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraums aus. Beide Zeiträume sind im vorliegenden Fall identisch; es handelt sich jeweils um das gesamte Jahr 2007. In diesem Jahr hatte sie durchgehend Einkünfte auch aus nichtselbständiger (hier: geringfügiger) Tätigkeit. Ihre Einkünfte aus Gewerbebetrieb waren gemäß § 2 Abs 9 Satz 1 BEEG auf Grundlage des Einkommenssteuerbescheids für das Jahr 2007 zu ermitteln. Aus dem Steuerbescheid ergeben sich Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit iHv 36.198,00 EUR.

Zutreffend hat die Beklagte von den Einnahmen den monatlichen Anteil der im Steuerbescheid festgesetzten Einkommensteuer einschließlich des Solidaritätszuschlags abgezogen. Dies ergibt sich bereits aus § 2 Abs 9 Satz 4 BEEG (idF vom 05.12.2006). Danach ist als auf den Gewinn entfallende Steuer "der auf die Einnahmen entfallende monatliche Anteil der im Steuerbescheid festgesetzten Einkommensteuer einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer anzusetzen." Die Beklagte hatte die Steuerschuld demnach nicht selbst anhand der Vorschriften der Abgabenordnung zu berechnen, sondern die Zahlen aus dem Einkommensteuerbescheid zugrundezulegen (Urteil des Senats vom 22.01.2013, L 11 EG 1139/12); insbesondere kann auch nicht auf die §§ 268 ff AO abgestellt werden, denn diese betreffen nur eine Aufteilung der rückständigen Steuerschuld im Falle einer Vollstreckung, die hier unstreitig nicht vorliegt. Dies gilt auch, wenn – wie hier – der Elterngeldberechtigte mit seinem Ehegatten nach § 26b EStG zusammen veranlagt ist (siehe Senatsurteil aaO). Bei dieser Veranlagungsart werden die von beiden Eheleuten erzielten Einkünfte zunächst zusammengerechnet und sodann die Ehegatten als ein Steuerpflichtiger (Ehe als Wirtschaftsgemeinschaft) behandelt, also vom Gesamtbetrag der (positiven) Einkünfte (§ 2 Abs 3 EStG) die Sonderausgaben (§§ 10 ff EStG), die außergewöhnlichen Belastungen (§§ 33 bis 33c EStG) und der existenzsichernden Aufwendungen abgezogen (vgl § 2 Abs 4 und 5 EStG). Die Einkommensteuer (einschließlich Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag) wird nach dem Splitting-Verfahren, also nach der in § 32a Abs 5 EStG vorgeschriebenen Halbteilung des Einkommens, ermittelt. Danach beträgt die tarifliche Einkommensteuer das Zweifache des Steuerbetrags, der sich für die Hälfte des gemeinsam zu versteuernden Einkommens ergibt. Die Klägerin wird demnach so behandelt, als hätte sie die Hälfte des Gesamtbetrags der Einkünfte erzielt. Somit ist es folgerichtig, bei der Berechnung des Elterngeldes die Steuerlast der Klägerin entsprechend ihrem proportionalen Anteil am gemeinsam erwirtschafteten Gesamteinkommen zu bestimmen und nicht anhand einer fiktiven Betrachtung nur ihres Einkommens, dh anhand der Einkommensteuer-Grundtabelle für Alleinstehende. Diese Vorgehensweise entspricht dem Willen des Gesetzgebers (vgl BT-Drucks 16/2785 S 38) und blieb höchstrichterlich unbeanstandet (BSG 17.02.2011, B 10 EG 1/10 R, juris RdNr 30 f; vgl auch LSG Nordrhein-Westfalen 27.04.2010, L 13 EG 55/09 und 12.04.2011, L 13 EG 57/09, beide juris).

Ein Verstoß gegen das Grundgesetz ergibt sich daraus nicht. Mangels vorgegebener Referenzgröße aufgrund eines versicherungstypischen Gegenseitigkeitsverhältnisses von Beiträgen und Leistungen (vgl BVerfG 7.12.2010, 1 BvR 2628/07, juris-RdNr 36) steht es dem Gesetzgeber grundsätzlich frei, bei der gesetzlichen Ausgestaltung steuerfinanzierter Sozialleistungen, die nicht auf eigenen Beiträgen des Anspruchsberechtigten beruhen, eigenständige Regelungen zu treffen und zur Verwirklichung der Gesetzesziele den als Referenzgröße maßgeblichen Begriff frei zu wählen (BSG 17.02.2011, B 10 EG 17/09 R, juris-RdNr 68 mwN, zur Verfassungsmäßigkeit des Anknüpfens an das im Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt des Kindes bezogene Einkommen aus Erwerbstätigkeit). Aus Art 6 Abs 1 GG folgt nicht, dass verheirateten Eltern über das Ehegattensplitting hinaus im Rahmen des Elterngeldes ein weiterer Vorteil gegenüber nichtverheirateten Eltern oder Alleinerziehenden einzuräumen wäre.

Aus dem Einkommen der Klägerin ergeben sich deshalb Steuern (einschließlich Solidaritätszuschlag) aus dem Anteil der im Steuerbescheid für die Eheleute insgesamt festgesetzten Steuern (42.152,00 EUR Einkommenssteuer zuzüglich 2.318,36 EUR Solidaritätszuschlag = 44.470,36 EUR), der dem Anteil der Einkünfte der Klägerin aus selbständiger Arbeit (hier: 36.198,00 EUR) an dem ebenfalls im Steuerbescheid ausgewiesenen Gesamtbetrag der Einkünfte (hier: 152.915,00 EUR) entspricht (23,6797 %), mithin 10.527,01 EUR. Damit sind bei der Klägerin, die im Jahr 2007 Beiträge zur Sozialversicherung iHv 569,86 EUR (vgl Blatt 59 der Verwaltungsakte der Beklagten) abgeführt hatte, als Einkommen aus selbständiger Tätigkeit insgesamt (36.198,00 EUR abzüglich 10.527,01 EUR abzüglich 569,86 EUR) 25.101,13 EUR zu berücksichtigen. Aus abhängiger Beschäftigung erzielte diese Einkommen iHv 4.800,00 EUR (12 Monate à 400,00 EUR), so dass ihr Einkommen im Bemessungszeitraum insgesamt 29.901,13 EUR betrug. Diesen Betrag hat die Beklagte zutreffend ihrer Berechnung zugrunde gelegt. Mithin ergeben sich monatliche Einkünfte iHv 2.491,76 EUR.

Aber auch nach der Geburt des Kindes erzielte die Klägerin Einkommen. Ausweislich des Steuerbescheids für das Jahr 2008 vom 08.11.2010 erzielte die Klägerin im Jahr 2008 Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv -567,00 EUR und im Jahr 2009 iHv 13.469,00 EUR (vgl Steuerbescheid für das Jahr 2009 vom 28.10.2010). Das Einkommen im Bezugszeitraum setzt sich zusammen aus monatlichen positiven Einkünften, vor allem der privaten Nutzung des Firmen-Kfz sowie negativem Einkommen, bestehend aus Miete für die Geschäftsräume und sonstigen Betriebsausgaben (dazu vgl die Aufstellungen der Klägerin auf Blatt 68 bis 71 der Verwaltungsakte der Beklagten). Da es sich beim geldwerten Vorteil aus der privaten Nutzung eines Firmenfahrzeuges um Einkünfte aus Erwerbstätigkeit iSd § 2 Abs 3 BEEG handelt (vgl zB Urteil des Senats vom 22.01.2013, L 11 EG 1721/12), ist das Elterngeld der Klägerin nach § 2 Abs 3 BEEG zu bemessen. Dabei ist bei einem negativen Einkommen nach der Geburt von einem zu berücksichtigenden Einkommen iHv 0,00 EUR auszugehen. Da die Klägerin aber nicht den Maximaldifferenzbetrag iSd § 2 Abs 3 Satz 2 BEEG erreicht, stand ihr Elterngeld iHv 67 vH der Differenz des vorgeburtlichen (2.491,76 EUR) und des nachgeburtlichen Einkommens (0,00 EUR), vorliegend somit iHv 1.669,48 EUR monatlich zu. Somit hat sie 1.566,24 EUR Elterngeld zu viel erhalten ((1800,00 EUR - 1.669,48 EUR) - 12).

Die Beklagte hatte mit Bescheid vom 16.04.2008 gemäß § 8 Abs 3 BEEG (in der bis 31.12.2010 geltenden Fassung) das Elterngeld nur vorläufig bewilligt. Diese vorläufige Festsetzung ist bestandskräftig geworden. Dennoch bedeutet die Vorläufigkeitserklärung, dass das festgestellte Elterngeld gerade nicht endgültigen Bestand haben kann, sondern einer weiteren Prüfung unterliegt. Der Bescheid über die vorläufige Bewilligung erledigte sich mit der Entscheidung über die endgültige Leistungsbewilligung gemäß § 39 Abs 2 SGB X auf sonstige Weise; einer Aufhebung des Bescheides vom 16.04.2008 bedurfte es nicht. Soweit aufgrund der vorläufigen Leistungsbewilligung Elterngeld bezahlt wurde, sind diese Zahlungen auf die endgültig bewilligte Leistung anzurechnen; zu viel gezahlte Vorschüsse sind zu erstatten (§ 42 Abs 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB I; vgl hierzu Urteile des Senats vom 28.03.2012, L 11 EG 3954/11 und 18.05.2010, L 11 R 3189/09; jeweils juris, mwN). Die Anrechnung der Vorschüsse auf die zustehenden Leistungen sowie die Erstattungspflicht sind selbstverständliche Folgen einer Vorschusszahlung (Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, § 42 SGB I § 42 RdNr 15). Darüber hinaus wurde die Klägerin im Bescheid vom 16.04.2008 auf die Erstattungspflicht im Falle einer Überzahlung hinreichend deutlich hingewiesen (vgl BSG 05.04.2012, B 10 EG 10/11 R, juris-RdNr 43).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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