L 7 SO 2585/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 6 SO 305/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 2585/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 26. März 2010 abgeändert und der Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 6. Oktober 2008 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 7. Januar 2009 verurteilt, dem Kläger unter teilweiser Rücknahme der Bescheide vom 28. Dezember 2004, 25. Januar, 22. März, 6. Juli und 3. Dezember 2005 und 20. Juni 2006 für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2005 um EUR 2,78 monatlich sowie vom 1. Januar bis 31. Dezember 2006 um EUR 0,01 monatlich höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu gewähren.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt im Zugunstenverfahren die Gewährung höherer Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 30. November 2007.

Der am 1949 geborene, dauerhaft voll erwerbsgeminderte Kläger bezieht vom gesetzlichen Rentenversicherungsträger eine unbefristete Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen am 8. Dezember 1983). Der Zahlbetrag betrug in der Zeit vom 1. Januar bis 31. März 2005 EUR 506,73, für April 2005 EUR 501,16, ab 1. Mai 2005 EUR 505,34, ab 1. Juli 2005 EUR 502,84, ab 1. April 2007 EUR 500,89 sowie ab 1. Juli 2007 EUR 503,57 monatlich. Mit Bescheid vom 25. Oktober 2007 wurde die Rente ab dem 1. August 2007 neu festgestellt (monatlicher Zahlbetrag EUR 509,16). Zunächst waren ab dem 1. November 2003 ein Grad der Behinderung von 90 (ab dem 30. August 2005 von 100) sowie das Merkzeichen G zuerkannt. Der Kläger bezog Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) sowie dem Grundsicherungsgesetz.

Die Gesamtmiete der vom Kläger bewohnten Wohnung betrug ab 1. August 2000 EUR 469,24 monatlich. Davon entfielen EUR 83,34 auf Heizung, Warmwasserbereitung, Wasser/Abwasser und Kaminfegergebühren, EUR 28,63 auf Treppenhausbeleuchtung und Hausreinigung sowie EUR 17,90 für einen Kfz-Stellplatz. Müllgebühren waren nicht enthalten. In ca. 30m Entfernung befindet sich auf einer Strecke von ebenfalls ca. 30m öffentlicher, kostenfreier Parkraum. Die Entfernung zum Bahnhof beträgt ca. 1.400m, zu den nächstgelegenen Bushaltestellen und zum nächstgelegenen Lebensmittelgeschäft jeweils ca. 400m.

Der Kläger war im Besitz eines auf ihn zugelassenen Kf, Erstzulassung Januar 1992, das bei Erwerb bereits über zehn Jahre alt war. Für die Kfz-Versicherung fiel zunächst ein monatlicher Gesamtbeitrag i.H.v. EUR 43,84 (Haftpflicht- und Fahrzeugteileversicherung) an, zuletzt bis zum Vertragsende am 30. November 2007 i.H.v. EUR 39,28, davon EUR 31,08 für die Haftpflichtversicherung. Zum 30. November 2007 meldete der Kläger das Kfz ab, nachdem bei der Hauptuntersuchung durch den TÜV am 22. Oktober 2007 wegen erheblicher Mängel keine Prüfplakette mehr erteilt worden war. Ab dem 5. August 2008 war für ihn ein Kfz, Erstzulassung Januar 1992, zugelassen das er geschenkt erhalten hatte.

Bereits seit 2003 wurde eine periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK) beidseits, Stadium IIb nach Fontaine, mit einer damaligen schmerzfreien Gehstrecke von 100m in der Ebene beschrieben (Arztbrief der kardiologischen Gemeinschaftspraxis vom 12. August 2003). Eine weitere Abklärung ergab eine typische PAVK mit höchstgradigen Femoralisstenosen beidseits und mittelschweren Beckenstenosen; der Kläger gab eine Claudicatio beidseits bereits nach 10m an; bei sehr langsamem Gehen komme er 100m weit (Arztbrief des Internisten und Kardiologen Dr. B. leitender Arzt der H., vom 21. Oktober 2003). Nach stationärer Dilatationsbehandlung gab der Kläger bei Entlassung eine schmerzfreie Gehstrecke von 150m an (Entlassungsbericht der Hochrheinklinik B. vom 10. Dezember 2003). In einer zur Abklärung der Zumutbarkeit eines Wohnungswechsels erstellten ärztlichen Stellungnahme des Fachbereichs Gesundheit des Beklagten vom 2. Juni 2005 beschrieb Dr. eine koronare Herzkrankheit mit Z.n. 5-fach Bypass-Operation 1999, Schlafapnoesyndrom, periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK), Stadium IIb mit einer schmerzfreien Laufstrecke von 50m, Kopfschmerzsyndrom und Bauchaortenaneurysma. Ein Wohnungswechsel komme nur in eine Erdgeschoßwohnung oder in einer Wohnung in einem Haus mit Aufzug in Frage; grundsätzlich solle der Kläger Aufregungen und psychophysische Belastungen vermeiden. Dieselbe schmerzfreie Gehstrecke im Rahmen der PAVK wurde bei den Untersuchungen in der kardiologischen Gemeinschaftspraxis am 27. Juli 2005 (Arztbrief vom 29. Juli 2005) sowie am 29. März 2007 bei unveränderten Befunden im Vergleich zu 2006 angegeben (Arztbrief vom 29. März 2007) und ebenso in einem hausärztlichen Befundbericht vom 20. September 2007 anlässlich einer Nachprüfung der weiteren Rentenberechtigung dokumentiert. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 2. Januar 2006 bestätigte Dr. K., dass der Kläger aufgrund seiner angeschlagenen Gesundheit grundsätzlich nicht in der Lage sei, sich selbst ausreichend auf dem allgemeinen Wohnungsmarkt um eine neue Wohnung zu kümmern; wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Bl. 753 der Verwaltungsakte Bezug genommen. Im Oktober 2007 wurde darüber hinaus computertomographisch eine Größenzunahme des Bauchaneurysmas festgestellt. In weiteren Stellungnahmen vom 29. Mai 2008 und 9. Juni 2008 beschrieb Dr. K. eine Claudicatio bei PAVK mit Gehstrecke von 10m; Z.n. Operation eines Bauchaneurysmas 04/08 mit Sekundärheilung in beiden Leisten, Schlafapnoesyndrom, Schmerzsyndrom bei häufigen Spannungskopfschmerzen, KHK bei Z.n. Bypass-Operation. Aufgrund der körperlichen Behinderung könne der Kläger öffentliche Verkehrsmittel nicht benutzen. Die Bezuschussung zur Beschaffung eines Kfz sei als wünschenswert einzuschätzen; eine zwingende medizinische Notwendigkeit liege nicht vor; die erforderlichen Fahrten könnten auch mit einem Taxi oder Rollstuhltaxi durchgeführt werden. Im Rahmen des Verfahrens um die Zuerkennung des Merkzeichens aG kam die Beratungsärztin des Versorgungsamtes Dr. A. in einer Stellungnahme vom 26. Mai 2008 zu der Einschätzung, die Gehstreckenlimitierung sei vor allem durch die PAVK bedingt; dokumentiert sei eine schmerzfreie Gehstrecke von 50m. Nach Vorlage der Stellungnahme von Dr. K. vom 29. Mai 2008 erfolgte eine Zuerkennung des Merkzeichens aG ab dem 7. Mai 2008.

Mit Bewilligungsbescheid vom 28. Dezember 2004 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 25. Januar 2005 gewährte der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 30. Juni 2006 Grundsicherungsleistungen i.H.v. EUR 396,94. Dabei berücksichtigte er neben dem Regelbedarf i.H.v. EUR 345.- Mehrbedarfe wegen des Merkzeichens G i.H.v. EUR 58,65 sowie wegen kostenaufwändiger Ernährung i.H.v. EUR 35,79; als Kosten der Unterkunft und Heizung wurde die tatsächlich anfallende Warmmiete zzgl. Müllgebühren i.H.v. EUR 8,50, jedoch abzüglich der für den Stellplatz anfallenden Kosten i.H.v. EUR 17,90 und einer Warmwasserpauschale i.H.v. EUR 9.- als Bedarf eingestellt. Vom Renteneinkommen (Zahlbetrag) des Klägers wurden Beiträge zur Hausrats- und Privathaftpflichtversicherung i.H.v. EUR 6,32 und EUR 7,07 abgezogen. Wegen der Änderung des Rentenzahlbetrages (Rentenbescheid vom 2. März 2005, Bl. 605, und Rentenmitteilung Bl. 671 der Verwaltungsakte) wurde die Grundsicherungsleistung bei ansonsten gleichen Berechnungselementen auf EUR 402,51 für April 2005, EUR 398,33 ab Mai 2005 sowie EUR 400,83 ab Juli 2005 erhöht (Änderungsbescheide vom 22. März 2005 und 6. Juli 2005). Unter dem 12. September 2005 wurde des Weiteren eine Nebenkostennachforderung für 2004 i.H.v. EUR 81,69 übernommen. Ab 1. Januar 2006 wurden Müllgebühren nur noch in tatsächlicher Höhe von EUR 7,50 sowie eine Warmwasserpauschale i.H.v. 6,23 berücksichtigt (monatliche Leistungshöhe EUR 402,60; Bescheid vom 3. Dezember 2005).

Mit Bewilligungsbescheid vom 20. Juni 2006 wurden Leistungen für die Zeit vom 1. Juli 2006 bis 31. Dezember 2007 i.H.v. EUR 402,72 monatlich gewährt; dabei wurden abweichend zum vorhergehenden Zeitraum lediglich die erhöhten Beiträge zur Hausrat- und Haftpflicht berücksichtigt. Unter dem 3. August 2006 wurde eine Nebenkostennachforderung für 2005 im Juli 2006 i.H.v. EUR 409,20 übernommen. Wegen der Erhöhung der Versicherungsbeiträge wurde die Leistung zum 1. Januar 2007 auf EUR 403,44 monatlich, wegen des verringerten Rentenzahlbetrages ab 1. April 2007 (EUR 500,89) auf EUR 405,09 erhöht (Änderungsbescheide vom 5. Januar 2007 und 2. April 2007). Bei letzterem wurde nunmehr eine Warmwasserpauschale i.H.v. EUR 6,53 monatlich berücksichtigt. Eine Nebenkostennachforderung für 2006 i.H.v. EUR 452,32 wurde unter dem 21. November 2007 übernommen.

Mit E-Mail vom 1. November 2007 bat der Kläger um Überprüfung nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) des anzurechnenden Einkommens. Aufgrund seiner Behinderung (GdB 100; Merkzeichen G) sei er auf ein Kfz angewiesen; die hierfür anfallenden Versicherungsbeiträge minderten daher das anzurechnende Einkommen. Er bitte daher "rückwirkend ab 01.09.2005 um Erstattung der von mir geleisteten Beiträge in Höhe von monatlich 39,28 Euro".

Mit Bescheid vom 28. Dezember 2007 bewilligte der Beklagte Grundsicherungsleistungen für den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis 30. Juni 2009 i.H.v. EUR 363,37 monatlich. Dabei berücksichtigte er neben dem Regelsatz i.H.v. EUR 347.- nur noch einen Mehrbedarf wegen des Merkzeichens G (EUR 58,99); als Kosten der Unterkunft und Heizung wurde neben den Müllgebühren (EUR 7,50 monatlich) die tatsächliche Warmmiete zugrundegelegt, abzüglich der Kosten für den Stellplatz (EUR 17,90) sowie einer Warmwasserpauschale i.H.v. EUR 6,53. Vom Renteneinkommen des Klägers i.H.v. EUR 509,16 wurden Beiträge zur Hausrat- und Privathaftpflichtversicherung i.H.v. EUR 14,23 monatlich abgezogen. Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch wandte sich der Kläger insbesondere gegen die Nichtberücksichtigung des Mehrbedarfes wegen kostenaufwändiger Ernährung. Dieser wurde mit Widerspruchsbescheid vom 8. April 2008 zurückgewiesen. Die dagegen zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhobene Klage (S 6 SO 1932/08), mit der höherer Mehrbedarf auch für den gesamten Zeitraum ab 1. Januar 2005 geltend gemacht wurde, blieb erfolglos. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 8. Februar 2010 wurde als unzulässig verworfen (Senatsurteil vom 24. Mai 2012 - L 7 SO 2321/10 -).

Im Rahmen eines Antrags auf Gewährung von Eingliederungshilfe für die Anschaffung eines neuen Kfz gab der Kläger an, für Einkaufsfahrten nach Schopfheim (einfacher Weg 10 km), Lörrach (25 km) und Riehen (30 km) lege er etwa 100 km im Monat zurück. Weiter benutze er das Kfz für Arztbesuche beim Hausarzt (einfacher Weg 10 km) oder anderen Ärzten (30 bzw. 100 km), für Besuchsfahrten (2-3x monatlich 35 km; 2x jährlich 150 bzw. 300 km) und regelmäßige Kurzstrecken. Das nächste Lebensmittelgeschäft sei von seiner Wohnung etwa 400m entfernt; dieses sei jedoch sehr teuer. Laufen könne er diese Strecke nicht. Mit Bescheid vom 21. Juli 2008 lehnte der Beklagte die begehrte Kfz-Hilfe ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch erklärte der Kläger nach der Zulassung des Kfz (LÖ-AC 852) am 5. August 2008 für erledigt.

Mit E-Mail vom 8. Juli 2008 "erweiterte" der Kläger seinen Antrag nach § 44 SGB X um die Zahlung der Kosten für den Stellplatz i.H.v. EUR 17,90 monatlich ausdrücklich für den Zeitraum vom 1. September 2005 bis 30. November 2007. Der damalige Verwaltungsakt "vom 01.01.2005" sei mit Wirkung vom 1. September 2005 rechtswidrig geworden, der Verwaltungsakt "vom 01.07.2006" sei von Anfang an rechtswidrig gewesen (E-Mail vom 24. Juli 2008). In einer E-Mail vom 19. August 2008 präzisierte der Kläger sein Begehren auf die Beiträge zur Kfz-Haftpflichtversicherung. Die Stellplatzkosten seien ab dem 1. Januar 2005 zu übernehmen; ab dem 1. September 2005 beantrage er auch die Berücksichtigung der Versicherungskosten (E-Mail vom 29. August 2008).

Mit Bescheid vom 30. September 2008 änderte der Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 28. Dezember 2007 ab und bewilligte dem Kläger Grundsicherungsleistungen für die Zeit ab dem 1. Mai 2008 unter zusätzlicher Berücksichtigung der Stellplatzkosten als Kosten der Unterkunft sowie ab dem 1. August 2008 unter Abzug der Kfz-Haftpflichtversicherungsbeiträge vom angerechneten Renteneinkommen.

Mit Bescheid vom 6. Oktober 2008 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers nach § 44 SGB X "auf Rücknahme der Leistungsbewilligung ab 01.01.2005 rückwirkend zum 01.09.2005" (Absetzung der Kfz-Beiträge) ab. Die Ausgangsbewilligung sei nicht rechtswidrig, da die Absetzung von Kfz-Versicherungsbeiträgen in § 82 Abs. 2 SGB XII nicht vorgesehen sei; ein Kfz sei für Empfänger von Grundsicherungsleistungen grundsätzlich nicht vorgesehen. Die Notwendigkeit eines Kfz für den Kläger sei erst durch die Zuerkennung des Merkzeichens aG und das Gutachten des Gesundheitsamtes im Mai 2008 festgestellt worden. Die Haftpflichtversicherungsbeiträge würden daher nicht rückwirkend ab dem 1. September 2005 vom Einkommen abgesetzt. Aus denselben Gründen lehnte der Beklagte mit weiterem Bescheid vom 6. Oktober 2008 auch den nach § 44 gestellten Antrag "auf Rücknahme der Leistungsbewilligung ab 01.01.2005 rückwirkend zum 01.09.2005" (Übernahme der Kfz-Stellplatzkosten) ab. Solche Kosten gehörten grundsätzlich auch nicht zu den Kosten der Unterkunft. Eine rückwirkende Übernahme der Kosten ab dem 1. September 2005 erfolge nicht. Mit weiterem Bescheid vom 6. Oktober 2008 bewilligte der Beklagte im Rahmen der Eingliederungshilfe ab August 2008 einen monatlichen Zuschuss zu den Betriebskosten des Kfz i.H.v. EUR 50.- monatlich; damit seien die Aufwendungen für Anmeldung, Kraftstoff, Motoröl, Bereifung und Wartung abgegolten.

Mit Fax vom 7. Oktober 2008 legte der Kläger gegen die Ablehnungsbescheide vom 6. Oktober 2008 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, die "begehrten Leistungen" hätten nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) gewährt werden müssen. Da das Amt seiner Beratungs- und Aufklärungspflicht nicht nachgekommen sei, seien diese Leistungen nun rückwirkend ab dem 1. Januar 2005 zu gewähren.

Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Januar 2009 (1) wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Ablehnungsbescheid vom 6. Oktober 2008 (Stellplatzkosten) aus den dort genannten Gründen als unbegründet zurück, wobei die Prüfung auf den Zeitraum ab dem 1. Januar 2005 erstreckt worden war. Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 7. Januar 2009 (2) wurde auch der Widerspruch gegen den zweiten Ablehnungsbescheid vom 6. Oktober 2008 (Kfz-Versicherungsbeiträge) als unbegründet zurückgewiesen. Regelfälle wie der Besitz eines Pkw mit seinen Folgekosten seien vom Regelsatz und dem Mehrbedarf nach § 30 Abs. 1 SGB XII abgegolten, jedenfalls solange das Merkzeichen aG nicht vorliege.

Hiergegen hat der Kläger am 16. Januar 2009 unter Vorlage beider Widerspruchsbescheide vom 7. Januar 2009 Klage beim SG erhoben und geltend gemacht, der Beklagte habe " die beantragten Leistungen" durch Freistellung von anrechenbarem Einkommen rückwirkend gemäß § 44 SGB X ab 1. Januar 2005 anzuerkennen und nachzuzahlen. Aufgrund der Schwerbehinderteneigenschaft mit einem GdB 90 und des Merkzeichens G ab 1. November 2003 bei dauerndem Unvermögen, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, habe dem Beklagten die Pflicht oblegen, ihn zu beraten und aufzuklären, dass ihm sowohl der genutzte Kfz-Stellplatz als auch die zu zahlenden gesetzlichen Versicherungsleistungen von seinem anrechenbaren Einkommen freizustellen gewesen wären. In der mündlichen Verhandlung vom 26. März 2010 hat der Kläger beantragt, den Beklagten unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide zu verpflichten, "die Bewilligungsbescheide von Leistungen nach dem SGB XII für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 30.11.2007 abzuändern und dem Kläger Leistungen nach dem SGB XII in gesetzlicher Höhe unter Berücksichtigung der Beiträge für die Kfz-Haftpflichtversicherung zu gewähren" sowie "die Bewilligungsbescheide von Leistungen nach dem SGB XII für den Zeitraum 01.01.2005 bis 30.04.2008 abzuändern und dem Kläger Leistungen nach dem SGB XII in gesetzlicher Höhe unter Berücksichtigung der Stellplatzkosten als Kosten der Unterkunft zu gewähren".

Mit Urteil vom 26. März 2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Beklagte sei mangels Rechtswidrigkeit nicht zur Rücknahme früherer Leistungsbewilligungen verpflichtet. Nach § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII seien vom Einkommen Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen abzusetzen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen seien. Die Kfz-Haftpflichtversicherung sei zwar auch gesetzlich vorgeschrieben. Soweit es jedoch dem Hilfesuchenden zuzumuten sei, auf das Halten des Kfz zu verzichten, müsse er dies als Mittel zur Selbsthilfe tun. Beiträge zur Kfz-Haftpflichtversicherung seien daher nur absetzbar, falls die Kfz-Haltung sozialhilferechtlich zu billigen sei, insbesondere zur Aufnahme einer Tätigkeit unentbehrlich oder wegen einer besonderen Lebenslage – insbesondere Behinderung – erforderlich sei. Aufgrund der von Dr. Kirscht im Rahmen des Eingliederungshilfeverfahrens abgegebenen Stellungnahmen liege beim Kläger eine zwingende medizinische Notwendigkeit eines Kfz nicht vor. Selbst wenn der Kläger tatsächlich öffentliche Verkehrsmittel nicht benutzen könne, was nicht nachgewiesen sei, könne er auf die Inanspruchnahme eines Taxidienstes verwiesen werden. Die Kfz-Haftpflichtversicherungsbeiträge führten im streitigen Zeitraum weder zu einer abweichenden Bedarfsfestlegung nach § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII noch zu einem über den pauschalierten Mehrbedarf nach § 30 Abs. 1 SGB XII (Merkzeichen G) hinausgehenden abweichenden Mehrbedarf. Gleiches gelte für die Übernahme der Stellplatzkosten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen das ihm am 17. Mai 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28. Mai 2010 Berufung zum Landessozialgericht eingelegt. Über sein bisheriges Vorbringen hinaus hat er vorgetragen, in etwa 30 m Entfernung zu seiner Wohnung gebe es zwar öffentliche Parkmöglichkeiten, allerdings nur im Umfang von fünf Stellplätzen, die meistens rund um die Uhr belegt seien.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 26. März 2010 abzuändern und den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide vom 6. Oktober 2008 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 7. Januar 2009 zu verurteilen, ihm unter teilweiser Rücknahme der Bescheide vom 28. Dezember 2004, 25. Januar, 22. März, 6. Juli und 3. Dezember 2005, 20. Juni 2006, 5. Januar und 2. April 2007 für den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis 30. November 2007 höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und hat darauf hingewiesen, dass in nächster Nähe zur Wohnung des Klägers auf einer Strecke von ca. 30m kostenfreie Parkmöglichkeiten zur Verfügung stünden, die dieser noch schmerzfrei hätte erreichen können. Vor Zuerkennung des Merkzeichens aG sei daher ein über den Mehrbedarf nach § 30 Abs. 1 SGB XII hinausgehender Bedarf nicht gegeben, das Halten eines Kfz nicht notwendig gewesen.

Der Senat hat die Verwaltungsakten des Landratsamtes Lörrach (Fachbereich Soziales - Schwerbehinderung) und die Akten des SG (S 5 SB 6/04) beigezogen; auf Bl. 14/52 und 55/61 der Senatsakten wird insoweit Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten (Grundsicherungs- und Eingliederungsvorgänge), der Verfahrensakten des SG und des Senats sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Gegenstand des Verfahrens ist die teilweise Rücknahme früherer Bewilligungen und die Gewährung höherer Grundsicherungsleistungen im Wege des Zugunstenverfahrens nach § 44 Abs. 1 SGB X im Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis 30. November 2007. Leistungen der Eingliederungshilfe sind vom Begehren nicht erfasst. Die zugrundeliegenden Anträge des Klägers vom 1. November 2007 bzw. 8. Juli 2008 waren ausdrücklich auf eine Abänderung bereits ergangener Leistungsbewilligungen gerichtet. Entscheidungen im Bereich der Eingliederungshilfe - auch ablehnende - lagen jedoch für den genannten Zeitraum nicht vor. Entsprechend regeln die angefochtenen Bescheide lediglich den Aufhebungsanspruch hinsichtlich bereits ergangener Bewilligungsentscheidungen über Grundsicherungsleistungen. Nicht Gegenstand ist des Weiteren ein Anspruch auf Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung. Hierbei handelt es sich um einen abtrennbaren Streitgegenstand, mit der Möglichkeit, die Klage entsprechend zu beschränken (Bundessozialgericht (BSG) SozR 4-3500 § 133a Nr. 1 und SozR 4-3500 § 30 Nr. 1). Über eine allein hierauf gerichtete Klage hatte das SG bereits im Verfahren S 6 SO 1932/08 entschieden; die hiergegen eingelegte Berufung hatte der Senat als unzulässig verworfen (Senatsurteil vom 24. Mai 2012 - L 7 SO 2321/10 -). Im Übrigen ergibt sich hingegen keine Beschränkung auf bestimmte Gegenstände. Der Kläger hat sein Begehren nicht ausdrücklich auf höhere Kosten der Unterkunft und Heizung oder höheren Mehrbedarf nach § 30 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII beschränkt. Eine isolierte Entscheidung über die geltend gemachten Punkte (Stellplatzkosten und Abzug der Kfz-Haftpflichtversicherungsbeiträge vom Einkommen) ist nicht möglich, da diese nur unselbständige Berechnungsposten der einheitlichen Leistungshöhe darstellen. Dies ist auch im Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X zu berücksichtigen (BSG SozR 4-3500 § 30 Nr. 4). Die angefochtenen Bescheide sind daher als rechtliche Einheit zu werten.

Streitig ist die Leistungshöhe ab dem 1. Januar 2005. Zwar hatte der Kläger in seinen Anträgen vom 1. November 2007 und 8. Juli 2008 die Überprüfung und Nachbewilligung ab dem 1. September 2005 begehrt. Bereits in der E-Mail vom 19. August 2008 hat er das Begehren zumindest i.H.d. Stellplatzkosten auf den Zeitraum ab dem 1. Januar 2005 ausgedehnt. Der zulässigerweise zur Entscheidung gestellte Zeitraum endet allerdings am 30. November 2007, was der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 28. Februar 2013 ausdrücklich erklärt hat.

Die Berufung hat nur teilweise Erfolg. Die angefochtenen Entscheidungen erweisen sich allerdings nur in geringem Umfange als rechtswidrig.

Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile des Sozialgesetzbuchs längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag (Abs. 4). Für die vor dem 1. April 2011 gestellten Anträge des Klägers gilt die diesen Zeitraum begrenzende Regelung des § 116a SGB XII nicht (§ 136 SGB XII).

Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf höhere Grundsicherungsleistungen ist § 19 Abs. 2 SGB XII i.V.m. §§ 41 ff SGB XII. Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei dauerhafter Erwerbsminderung nach § 41 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII (i.d.F. vom 27. Dezember 2003, BGBl I 3022) haben Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) sind und bei denen unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann, soweit sie ihren Lebensunterhalt nicht aus ihrem Einkommen und Vermögen gemäß §§ 82 bis 84 und 90 SGB XII beschaffen können (§ 41 Abs. 2 SGB XII). Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung umfassen gemäß § 42 Satz 1 SGB XII u.a. den für den Antragsberechtigten maßgebenden Regelsatz nach § 28 SGB XII, die Mehrbedarfe entsprechend § 30 SGB XII sowie die angemessenen tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung entsprechend § 29 SGB XII (jeweils in den bis vom 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2007 geltenden Fassungen).

Volle Erwerbsminderung des Klägers liegt im hier streitigen Zeitraum vor. Gleiches gilt für seine Hilfebedürftigkeit. Das Renteneinkommen des Klägers deckt seinen grundsicherungsrechtlichen Bedarf nicht vollständig. Bei diesem hat der Beklagte zumindest im hier maßgeblichen Zeitraum zu Recht u.a. die jeweiligen Kosten der Unterkunft und Heizung (einschließlich jeweiliger Nebenkostennachforderungen) in tatsächlicher Höhe zugrunde gelegt. Der Kläger war aus gesundheitlichen Gründen jedenfalls nicht in der Lage, eine preisgünstigere Wohnung zu suchen. Dies ergibt sich bereits unmittelbar aus der aktenkundigen Stellungnahmen von Dr. Kirscht vom 15. April 2005 und 2. Januar 2006. Anhaltspunkte, die Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit dieser Einschätzung bieten könnten, sind nicht ersichtlich; auch der Beklagte ist ihr gefolgt. Über verwertbares und damit einzusetzendes Vermögen oberhalb des Vermögensfreibetrages verfügte der Kläger nicht. Insbesondere geht der Senat aufgrund des Typs und des Alters (13 Jahre zu Beginn des streitigen Zeitraums) des damals gehaltenen Kfz davon aus, dass dieses keinen realisierbaren Marktwert mehr hatte. Hierfür spricht auch, dass es bei der Hauptuntersuchung durch den TÜV am 22. Oktober 2007 so erhebliche Mängel aufwies, dass die Prüfplakette nicht erteilt werden konnte. Hiervon ist auch der Beklagte ausgegangen. Dessen Bewilligungsentschei-dungen für den streitigen Zeitraum erweisen sich nicht aus den vom Kläger gerügten Punkten als rechtswidrig.

Dass der Beklagte in den Leistungsbewilligungen die Beiträge zur Kfz-Haftpflichtversicherung nicht vom Renteneinkommen des Klägers abgezogen hat, stellt keine unrichtige Rechtsanwendung dar. Nach § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII sind vom Einkommen abzuziehen Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind. Die gesetzliche Pflicht zum Abschluss einer Kfz-Haftpflichtversicherung besteht nicht per se, sondern knüpft an die Kfz-Haltung als Akt freier Entscheidung an und ist daher nicht "gesetzlich vorgeschrieben" i.S.d. genannten Regelung (so bereits Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) BVerwGE 62, 261 zur Vorgängerregelung des § 76 Abs. 2 Nr. 3 BSHG). Einer Absetzung nach der 2. Alternative des § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII steht hier entgegen, dass dieser Beitrag beim Kläger bereits auf Bedarfsseite im Rahmen des - pauschalierten - Mehrbedarfs nach § 30 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII berücksichtigt ist. Ein Abzug vom Einkommen würde zu einer doppelten Berücksichtigung führen.

Danach wird für Personen, die die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 SGB XII noch nicht erreicht haben und voll erwerbsgemindert nach dem SGB VI sind, und durch einen Bescheid der nach § 69 Abs. 4 SGB IX zuständigen Behörde oder einen Ausweis nach § 69 Abs. 5 SGB IX die Feststellung des Merkzeichens G nachweisen, ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht. Dem Wortlaut lässt sich zwar nicht unmittelbar entnehmen, welche - zusätzlichen - Bedarfe durch den Mehrbedarfszuschlag pauschal abgegolten werden sollen. Dies ist allerdings aus der historischen Entwicklung des Gesetzes und der Tatbestandsmerkmale der Norm zu bestimmen. Das Merkzeichen G setzt voraus, dass der behinderte Mensch in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist, also infolge einer Einschränkung des Gehvermögens nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken in Ortschaften zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden (§ 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Bis 1996 knüpften die Vorgängerregelungen nicht an das Merkzeichen G, sondern allein an das Alter des Bedürftigen an. Aufgrund der nun geltenden Fassung erfasst der Mehrbedarfszuschlag nur solche Bedarfstatbestände und Aufwendungen, die gerade auf das eingeschränkte Gehvermögen zurückzuführen sind.

Nach der allein auf das Alter abstellenden Konzeption sollte der Mehrbedarfszuschlag Bedarfe wegen verminderter Beweglichkeit oder Leistungsfähigkeit erfassen, wozu z.B. Aufmerksamkeiten bei gelegentlichen Hilfeleistungen durch Dritte, verteuerte Einkäufe von Bedarfsgütern im Nahbereich, zusätzliche Reinigung von Kleidung und Wäsche, höhere Telefon- und Portokosten für Kontaktpflege zu Dritten sowie zusätzliches Fahrgeld für den öffentlichen Nahverkehr gezählt wurden. Dabei handelte es sich regelmäßig um Bedarfe in den Bereichen Ernährung, hauswirtschaftlicher Bedarf, persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens sowie Instandhaltung von Kleidung, Schuhen und Reinigung, die als Leistung bereits im Regelsatz enthalten waren (ausführlich hierzu BSG SozR 4-3500 § 30 Nr. 1 m.w.N.). Aufgrund der Anknüpfung an das Merkzeichen G werden nach der aktuellen Gesetzeslage nur noch diejenigen als Berechtigte in den Mehrbedarfszuschlag einbezogen, bei denen neben Alter oder voller Erwerbsminderung auch unmittelbar oder mittelbar mit dem eingeschränkten Gehvermögen zusammenhängende Bedarfe vorhanden sind, die - wie bisher - bereits vom Regelsatz erfasst sind (BSG a.a.O.).

Der Kläger hat vorliegend geltend gemacht, aufgrund der Gehbehinderung das Kfz insbesondere für Fahrten zum Einkaufen, zu Ärzten und gelegentlich zu Besuchen nutzen zu müssen. Den in der Nähe der Wohnung gelegenen Lebensmittelmarkt nutze er nicht, da dieser für eine Lebenshaltung aus dem Regelsatz zu teuer sei. Indem er auf Hilfe Dritter bei den Einkäufen und den teureren Einkauf in Wohnnähe verzichtet, ersetzt die Verwendung seines Kfz mithin im Mehrbedarfszuschlag erfasste Bedarfserhöhungen. Gleiches gilt für die weiteren Fahrtzwecke (erhöhtes Fahrgeld, Kontaktpflege zu Dritten). Wie der behinderte Hilfebedürftige diese Bedarfslagen tatsächlich deckt, insbesondere ob er öffentliche Verkehrsmittel oder ein eigenes Kfz nutzt, ist aufgrund der Pauschalierung zunächst nicht maßgeblich. Relevant kann dies (und die Gründe hierfür) nur dann werden, wenn nachgewiesen wird, dass der tatsächliche Bedarf höher ist als die Pauschale. Dies ist vorliegend jedoch nicht erfolgt. Anhaltspunkte hierfür sind nicht ersichtlich. Insbesondere schöpft der geltend gemachte Beitrag zur Kfz-Haftpflichtversicherung den monatlichen pauschalen Mehrbedarfszuschlag bei weitem nicht aus. Eine Erhöhung des Mehrbedarfs im Einzelfall scheidet vorliegend daher aus. Wegen der grundsätzlichen Abgeltung durch den Mehrbedarf als der spezielleren Regelung kommt auch eine Erhöhung des Regelsatzes nach § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung nicht in Betracht (BSG a.a.O.).

Gleiches gilt für die Kosten des Stellplatzes. Werden diese nicht ausnahmsweise im Rahmen der Leistungen für Unterkunft und Heizung übernommen, sind sie vom Hilfebedürftigen aus dem Regelsatz zu tragen. Nach § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB XII in der bis zum 30. Dezember 2010 geltenden Fassung werden Leistungen für die "Unterkunft" erbracht. Der Begriff der Unterkunft umfasst alle baulichen Anlagen oder Teile hiervon, die geeignet sind, Schutz vor der Witterung zu bieten und einen Raum der Privatheit zu gewährleisten. Zweck der Regelung ist die Sicherstellung der existentiell notwendigen Bedarfe der Unterkunft, die privaten Wohnbedürfnissen dient (BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 14 zur Parallelvorschrift des § 22 SGB II). Ein Kfz-Stellplatz ist daher weder vom Wortlaut noch Zweck der Regelung erfasst und kann somit nicht übernommen werden, es sei denn, die Wohnung ist ohne die Garage nicht anmietbar (BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 2). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Der Akteninhalt bietet keinerlei Anhaltspunkt hierfür; der Kläger selbst hat solches nicht geltend gemacht. Kosten eines Stellplatzes für ein aufgrund einer Gehbinderung genutztes Kfz könnten daher allein auf Grundlage des § 30 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII übernommen werden und wären somit grundsätzlich von der Pauschale abgegolten. Ein konkreter, die Pauschale übersteigender Mehrbedarf ist nicht nachgewiesen, zumal die Stellplatzkosten auch zusammen mit dem Beitrag zur Kfz-Haftpflichtversicherung den monatlichen Zuschlag nicht voll ausschöpfen.

Jedenfalls ist ein Stellplatz im hier streitigen Zeitraum nicht notwendig, so dass dessen Kosten nicht bedarfssteigernd zu berücksichtigen sind. Die Gehfähigkeit des Klägers wurde maßgeblich durch die PAVK limitiert. Aufgrund der beigezogenen medizinischen Unterlagen ist der Senat davon überzeugt, dass im streitigen Zeitraum eine Gehstrecke ohne schmerzbedingte Pause (sog. "schmerzfreie Gehstrecke") von ca. 50m vorlag. Bei Entlassung aus der stationären Dilatationsbehandlung im November 2003 bestand eine schmerzfreie Gehstrecke von 150m. Eine auf 50m geminderte wurde danach erst für Mai 2005 von Dr. Kirscht, für Juli 2005 und März 2007 von der kardiologischen Gemeinschaftspraxis Dres. v. Savigny und Sinn beschrieben, die im Arztbrief vom 29. März 2007 auch im Vergleich zu 2006 unveränderte Befunde beschrieben. Dieser Umfang findet sich auch noch im hausärztlichen Befundbericht vom 20. September 2007 dokumentiert. Erstmals in der Stellungnahme von Dr. Kirscht vom 29. Mai 2008 wird eine schmerzfreie Gehstrecke von nur noch 10m genannt. Abweichende Angaben für den streitigen Zeitraum hat der Kläger selbst nicht gemacht. Innerhalb dieser schmerzfreien Gehstrecke vom 50m ist kostenfreier öffentlicher Parkraum vorhanden. Dies ergibt sich aus dem Vorbringen des Beklagten, das der Kläger insoweit selbst bestätigt hat. Dieser wendet lediglich ein, es handle sich nur um fünf Parkplätze, so dass nicht gesichert sei, dass ihm dort dauerhaft und jederzeit eine Parkmöglichkeit zur Verfügung gestanden habe. Dieser Einwand greift hingegen nicht durch. Angesichts der gesicherten schmerzfreien Gehstrecke steht für den Senat nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens fest, dass beim Kläger die Beschwerden nicht bereits von den ersten Schritten an bestanden. Darüber hinaus bezeichnet die sog. schmerzfreie Gehstrecke allein die Strecke bis zur ersten schmerzbedingten Pause, nicht aber die längere absolute Gehstrecke, die mit Pausen bis zur schmerzbedingten Gehunfähigkeit erreicht werden kann. Angesichts dieser tatsächlichen Umstände steht für den Senat fest, dass der Kläger zumindest im hier streitigen Zeitraum nicht auf einen jederzeit freien Stellplatz in unmittelbarer Nähe zur Wohnung angewiesen war. Als Indiz hierfür spricht auch, dass der Kläger in dieser Zeit am allgemeinen Straßenverkehr teilgenommen hat, ohne dass ihm bei Fehlen des Merkzeichens aG an seinen Fahrtzielen ein Parkplatz in unmittelbarer Nähe gesichert war. Die Stellplatzkosten können daher einen über den Mehrbedarfszuschlag nach § 30 Abs. 1 SGB XII hinausgehenden Bedarf nicht begründen.

Zu Lasten des Klägers rechtswidrig erweisen sich die Leistungsbewilligungen jedoch für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2006, da der Beklagte in diesen Zeiträumen eine zu hohe Warmwasserpauschale berücksichtigt hat. Im Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2006 betrug die abzuziehende Warmwasserpauschale richtigerweise EUR 6,22 monatlich (vgl. hierzu und zum Folgenden Link in jurisPK-SGB XII, 1. Aufl. 2011, § 29 Rdnr. 131.2). Der Beklagte hat hingegen vom 1. Januar bis 31. Dezember 2005 EUR 9.- und vom 1. Januar 2006 bis 31. Dezember 2006 EUR 6,23 angesetzt. Somit ergibt sich für 2005 eine um EUR 2,78 monatlich, für 2006 eine um EUR 0,01 monatlich zu niedrige Leistungshöhe. Für die folgenden Zeiträume wirken sich die tatsächlich berücksichtigten Warmwasserpauschalen nicht zu Lasten des Klägers aus. Für Januar bis März 2007 wurde mit EUR 6,23 monatlich eine niedrigere, vom 1. April bis 30. Juni 2007 mit EUR 6,53 monatlich die richtige berücksichtigt. Schließlich ergibt sich aus der fehlenden Berücksichtigung der Regelsatzerhöhung zum 1. Juli 2007 keine zu Lasten des Klägers zu niedrige Leistungshöhe. Soweit aus den vorliegenden Akten und der Zahlungsübersicht ersichtlich, erging für die Zeit ab dem 1. Juli 2007 kein neuer Bewilligungsbescheid. Geleistet wurden nach der Zahlungsübersicht weiterhin EUR 405,09 monatlich wie im Juni 2007. Richtigerweise hätten dem Kläger jedoch nur EUR 404,72 zugestanden: Regelsatz EUR 347.-, zuzüglich Mehrbedarfe EUR 58,99 und EUR 35,79; Kosten der Unterkunft und Heizung EUR 458,84 abzgl. Warmwasserpauschale EUR 6,56, abzüglich (höheres) Renteneinkommen EUR 489,34 (EUR 503,57 abzgl. Versicherungsbeiträge EUR 14,23).

Die Berufung des Klägers hat daher nur für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 2005 i.H.v. EUR 2,78 monatlich und vom 1. Januar bis 31. Dezember 2006 i.H.v. EUR 0,01 monatlich Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei war zu berücksichtigen, dass der Anteil des Obsiegens des Klägers im Verhältnis zu seinem Unterliegen nicht ins Gewicht fällt.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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