Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 23 R 3716/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 R 1117/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 16. September 2011 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Aufhebung der Feststellung des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Entgeltbegrenzung nach § 6 Abs. 2 Nr. 7 Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) im Zeitraum vom 01. Januar 1986 bis 17. März 1990.
Der im März 1941 geborene Kläger ist Diplomjurist (Urkunde der H- zu B vom 13. Juli 1965). Er arbeitete vom 01. September 1965 bis 30. April 1966 als Staatsanwalt-Praktikant und vom 01. Mai 1966 bis 31. Dezember 1970 als Staatsanwalt beim Staatsanwalt des Bezirks P, bevor er vom 01. Januar 1971 bis 30. Juni 1990 als Staatsanwalt beim Generalstaatsanwalt der DDR tätig war.
Zum 09. Februar 1971 wurde er in die freiwillige zusätzliche Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates aufgenommen, wobei er hierfür Beiträge zahlte.
Mit Feststellungsbescheid vom 19. Oktober 1999 hatte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (nachfolgend ebenfalls Beklagte genannt) als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme die Zeit vom 01. September 1965 bis 26. Mai 1990 als Zeit der Zugehörigkeit des Klägers zur freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates und die in dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte festgestellt. Dabei hatte sie für die Zeit vom 01. Januar 1986 bis 17. März 1990 auch die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Begrenzung der Entgelte auf die Durchschnittsentgelte nach Anlage 5 AAÜG festgestellt.
Auf den dagegen eingelegten Widerspruch hatte sie den Feststellungsbescheid vom 15. Februar 2000 erteilt, mit dem sie weitere Arbeitsentgelte für 1974, 1977, 1978, 1981, 1986, 1987, vom 01. Januar bis 17. März 1990 und vom 18. März bis 26. Mai 1990 anrechnete.
Im Übrigen hatte sie mit Widerspruchsbescheid vom 12. April 2000 den Widerspruch unter Hinweis auf § 6 Abs. 2 AAÜG in der ab 01. Januar 1997 geltenden Fassung zurückgewiesen.
Nachdem der Kläger auf ein Schreiben der Beklagten zur Prüfung, ob wegen des 1. AAÜG-Änderungsgesetzes nunmehr die allgemeinen Regelungen gelten oder ob weiterhin die Sonderregelungen zu beachten seien, verschiedene Angaben zu seiner Tätigkeit als Staatsanwalt gemacht hatte, erteilte die Beklagte den Bescheid vom 01. November 2005, mit dem sie verfügte, dass es bei dem im Feststellungsbescheid vom 15. Februar 2000 getroffenen Regelungen hinsichtlich der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anwendung einer niedrigeren als der regelmäßigen Beitragsbemessungsgrenze verbleibe.
Den dagegen eingelegten Widerspruch, mit dem der Kläger geltend machte, die angewandte niedrigere als die regelmäßige Beitragsbemessungsgrenze für den Zeitraum vom 01. Januar 1986 bis 17. März 1990 verletze sein Eigentumsrecht und widerspreche auch dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 23. Juni 2004, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juli 2006 zurück: Der Kläger habe in der Zeit vom 01. Januar 1986 bis 17. März 1990 eine Beschäftigung als Staatsanwalt beim Generalstaatsanwalt der ehemaligen DDR ausgeübt. Dieser Personenkreis unterfalle § 6 Abs. 2 Nr. 7 AAÜG in der Fassung des 1. AAÜG-Änderungsgesetzes 2005.
Dagegen hat der Kläger am 07. August 2006 beim Sozialgericht Berlin Klage erhoben.
Er hat darauf hingewiesen, dass seine Tätigkeit als Staatsanwalt auf der Grundlage der Gesetze erfolgt sei. Er sei im betreffenden Zeitraum als Abteilungsleiter und Stellvertreter des Generalstaatsanwalts der DDR im Besonderen für die Kriminalitätsforschung, -vorbeugung und -analyse der Staatsanwaltschaft verantwortlich gewesen und habe diese darüber hinaus auf internationaler Ebene vertreten. Er habe weder Privilegien in Anspruch genommen noch menschenrechtswidrige Handlungen begangen. Die willkürliche Kürzung seiner Rente betrachte er als zutiefst diskriminierend. Soweit die Beklagte einwenden sollte, sie sei als Versorgungsträger nicht zuständig, werde vorgetragen, dass sie die Verpflichtung treffe festzustellen, ob das Gesetz tatsächlich unter Berücksichtigung seiner beruflichen Stellung und Tätigkeit im Rahmen der Ausübung staatsanwaltlicher Aufgaben Anwendung finde. Die in der Entscheidung des BVerfG vom 06. Juli 2010 dargelegten Gründe zu angeblicher Selbstprivilegierung träfen auf ihn nicht zu. Weisungsbefugnis gegenüber dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) habe er nicht besessen. Er verweise im Übrigen darauf, dass in Sachen des BVerfG 1 BvL 9/06 und 1 BvL 2/08 beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Beschwerde eingelegt worden sei und die Entscheidung des BVerfG, wie ein Bericht des Ausschusses des ECOSOC der UNO vom Mai 2011 belege, auch international unter Kritik stehe.
Nach entsprechender Anhörung hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 16. September 2011 die Klage abgewiesen: Die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) lägen nicht vor, so dass der Kläger keinen Anspruch auf Aufhebung der angefochtenen Bescheide, (Teil)-Rücknahme der Feststellungsbescheide und Erteilung eines neuen Feststellungsbescheides ohne Feststellung der tatbestandlichen Voraussetzung des § 6 Abs. 2 AAÜG für den Zeitraum vom 01. Januar 1986 bis 17. März 1990 habe, denn der Kläger habe in diesem Zeitraum eine Beschäftigung als Staatsanwalt beim Generalstaatsanwalt der ehemaligen DDR ausgeübt (§ 6 Abs. 2 Nr. 7 AAÜG). Diese Feststellung der Beklagten beruhe nicht auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage. Es liege weder ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) noch gegen Art. 14 GG vor.
Gegen den ihm am 08. Oktober 2011 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 31. Oktober 2011 eingelegte Berufung des Klägers.
Er meint, die Begrenzung der Rentenbezüge sei aufzuheben. § 6 Abs. 2 Nr. 7 AAÜG sei verfassungswidrig und stelle eine Verletzung der Menschenrechte dar. Dem stehe die Entscheidung des BVerfG nicht entgegen, denn diese habe ausschließlich § 6 Abs. 2 Nr. 4 AAÜG betroffen. Im Übrigen sei nicht nachvollziehbar, dass es im anhängigen Verfahren lediglich um eine Datenfeststellung gehe und deshalb nicht über die Rentenbegrenzung zu entscheiden sei.
Der Kläger beantragt,
1. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 16. September 2011 und den Bescheid der Beklagten vom 01. November 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 2006 sowie 2. die Begrenzung der Rentenbezüge gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 7 AAÜG in der Fassung des 1. AAÜG-Änderungsgesetzes für die Zeit vom 01. Januar 1986 bis zum 17. März 1990 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Soweit der Kläger allerdings begehre, die Begrenzung der Rentenbezüge aufzuheben, wende er sich unzulässiger Weise gegen den Zusatzversorgungsträger. Die Festsetzung einer höheren Altersrente in Anwendung einer anderen Beitragsbemessungsgrenze sei Sache des Rentenversicherungsträgers.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten (65 140341 B 017), die bei der Entscheidung vorgelegen haben, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, denn die Beteiligten haben hierzu ihr Einverständnis erklärt (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Der klägerische Antrag bedarf allerdings der Auslegung. Dies gilt zum einen insoweit, als die Aufhebung der Begrenzung der "Rentenbezüge" beansprucht wird. Die angefochtenen Bescheide wurden von der Beklagten als Zusatzversorgungsträger erlassen und treffen (demzufolge) keine Regelungen über insbesondere die Rentenhöhe, wie bereits aus dem Inhalt dieser Bescheide hervorgeht. Die Aufhebung der Begrenzung der Rentenbezüge und mithin die Gewährung einer höheren Rente kann der Kläger ausschließlich gegenüber der Beklagten als Rentenversicherungsträger geltend machen. Bei wörtlicher Auslegung des klägerischen Antrags müsste mithin, worauf auch die Beklagte zutreffend hingewiesen hat, die insoweit geänderte Klage als unzulässig abgewiesen werden, denn es ist weder ein Rentenbescheid angegriffen, noch ist die Beklagte als Zusatzversorgungsträger für den Erlass oder die Änderung eines Rentenbescheides zuständig und damit der richtige Anspruchsgegner. Bei sachgerechter Auslegung des klägerischen Antrages ist dieser somit auf Aufhebung der Feststellung des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Entgeltbegrenzung nach § 6 Abs. 2 Nr. 7 AAÜG gerichtet. Dieses Ziel kann der Kläger allerdings nicht alleine durch Aufhebung des Bescheides vom 01. November 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 2006 erreichen. Vielmehr bedarf es dafür zugleich auch der entsprechenden Änderung der Bescheide vom 19. Oktober 1999 und 15. Februar 2000. Der klägerische Antrag ist daher auch dahingehend auszulegen, dass der Feststellungsbescheid vom 19. Oktober 1999 in der Fassung des Bescheides vom 15. Februar 2000 und des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2000 (wie schon vom Sozialgericht angenommen) entsprechend zu ändern ist.
Das Sozialgericht hat im Ergebnis zutreffend die Klage gegen den Bescheid vom 01. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 2006 abgewiesen. Dieser Bescheid ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf teilweise Aufhebung oder Rücknahme des Bescheides vom 19. Oktober 1999 in der Fassung des Bescheides vom 15. Februar 2000 und des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2000 und Feststellung der Zeit vom 01. Januar 1986 bis 17. März 1990 ohne Feststellung der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anwendung einer niedrigeren als der regelmäßigen Beitragsbemessungsgrenze. Die Beklagte hat vielmehr zu Recht das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Nr. 7 AAÜG festgestellt, die zu einer Begrenzung der Entgelte nach Anlage 5 AAÜG führen.
Ob Anspruchsgrundlage für den erhobenen Anspruch § 8 Abs. 3 Satz 2 AAÜG i. V. m. § 44 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 SGB X ist, weil bei Erlass des Bescheides vom 19. Oktober 1999 in der Fassung des Bescheides vom 15. Februar 2000 und des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2000 das Recht unrichtig angewandt oder von einem falschen Sachverhalt ausgegangen worden ist, oder § 8 Abs. 3 Satz 2 AAÜG i. V. m. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X, weil nach diesen bindend gewordenen Bescheiden eine Rechtsänderung in Form der Neufassung des § 6 Abs. 2 AAÜG und Aufhebung des § 6 Abs. 3 AAÜG durch das 1. AAÜG Änderungsgesetz vom 21. Juni 2005 (BGBl. I 2005, 1672) eingetreten ist, kann dahinstehen.
§ 8 Abs. 3 Satz 2 AAÜG lautet: Die Vorschriften des Dritten Abschnitts des Ersten Kapitels des SGB X sind anzuwenden.
§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X lautet: Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
§ 44 Abs. 2 SGB X lautet: Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X lautet: Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben.
Während § 44 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 SGB X die Rechtswidrigkeit eines nicht begünstigenden Verwaltungsaktes erfordert, setzt § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X eine wesentliche Änderung voraus. Beides ist hier nicht der Fall. Weder hat die Beklagte bei Erlass des Bescheides vom 19. Oktober 1999 in der Fassung des Bescheides vom 15. Februar 2000 und des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2000 das Recht unrichtig angewandt, noch ist sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen. Darüber hinaus ist auch durch den Erlass des 1. AAÜG Änderungsgesetzes, insbesondere die Neufassung des § 6 Abs. 2 AAÜG, für den Kläger keine wesentliche Änderung in den rechtlichen Verhältnissen eingetreten, die zu einer anderen Entscheidung der Beklagten betreffend den Zeitraum vom 01. Januar 1986 bis 17. März 1990 führen würde.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anwendung der besonderen Beitragsbemessungsgrenze des § 6 Abs. 2 AAÜG lauteten in der Fassung des AAÜG Änderungsgesetzes vom 11. November 1996 (BGBl. I 1996, 1674), das Grundlage des bindend gewordenen Bescheides vom 19. Oktober 1999 in der Fassung des Bescheides vom 15. Februar 2000 und des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2000 gewesen ist:
Für Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 2, 3 oder Nr. 19 bis 27 oder Anlage 2 Nr. 1 bis 3 bis zum 17. März 1990, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt wurde, in der ein Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen mindestens in Höhe des jeweiligen Betrags der Anlage 4 bezogen wurde, ist den Pflichtbeitragszeiten als Verdienst der jeweilige Betrag der Anlage 5 zugrunde zu legen. Für die Ermittlung des nach Anlage 4 jeweils maßgebenden Betrags wird neben dem Gehalt oder den Vergütungen für die Dienststellung, den Dienstgrad und das Dienstalter auch eine Aufwandsentschädigung berücksichtigt. Zulagen werden nicht berücksichtigt. Bei einer Minderung des Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens durch Arbeitsausfalltage ist für die Ermittlung des nach Anlage 4 jeweils maßgebenden Betrags das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde zu legen, das ohne die Arbeitsausfalltage erzielt worden wäre (§ 6 Abs. 2 AAÜG).
§ 6 Abs. 2 AAÜG gilt auch für Zeiten, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit als ... 7. Richter oder Staatsanwalt, ausgeübt wurde (§ 6 Abs. 3 AAÜG).
Die genannten Voraussetzungen erfüllt der Kläger.
Der Kläger gehörte vom 01. Januar 1986 bis 17. März 1990 dem Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 19 AAÜG, der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates, an und übte zugleich (auch) eine Tätigkeit als Staatsanwalt aus, in der ein Arbeitsentgelt mindestens in Höhe des jeweiligen Betrages der Anlage 4 AAÜG (jeweils 31.800,00 DM im Kalenderjahr) mit 33.235,14 DM für 1986, mit 33.360,00 DM für 1987, mit 34.320,00 DM für 1988, mit 34.320,00 DM für 1989 und mit 12.404,38 DM für die Zeit vom 01. Januar bis 17. März 1990 bezogen wurde.
Eine Änderung in den rechtlichen Verhältnissen ergab sich für den maßgeblichen Sachverhalt als Ergebnis der Rechtsprechung des BVerfG.
Nachdem das BVerfG mit Beschluss vom 23. Juni 2004 – 1 BvL 3/98, 1 BvL 9/02, 1 BvL 2/03 - (vgl. BVerfGE 111, 115) festgestellt hatte, dass auch § 6 Abs. 2 AAÜG (i. V. m. den Anlagen 4 und 5) und § 6 Abs. 3 Nr. 8 AAÜG vom 25. Juli 1991 in der Fassung des AAÜG Änderungsgesetzes vom 11. November 1996 und des 2. AAÜG Änderungsgesetzes vom 27. Juli 2001 mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar gewesen ist, und dem Gesetzgeber aufgegeben hatte, bis zum 30. Juni 2005 eine verfassungsgemäße Regelung zu treffen, andernfalls trete Nichtigkeit der beanstandeten Vorschriften ein, verabschiedete der Deutsche Bundestag am 21. Juni 2005 das 1. AAÜG Änderungsgesetz.
§ 6 Abs. 3 AAÜG wurde aufgehoben und § 6 Abs. 2 AAÜG erhielt folgenden Wortlaut:
Für Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem nach Anlage 1 oder Anlage 2 Nr. 1 bis 3 bis zum 17. März 1990, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt wurde, als 1. Mitglied, Kandidat oder Staatssekretär im Politbüro der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, 2. Generalsekretär, Sekretär oder Abteilungsleiter des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) sowie als Mitarbeiter der Abteilung Sicherheit bis zur Ebene der Sektorenleiter oder als die jeweiligen Stellvertreter, 3. Erster oder Zweiter Sekretär der SED Bezirks- oder Kreisleitung sowie Abteilungs- oder Referatsleiter für Sicherheit oder Abteilungsleiter für Staat und Recht, 4. Minister, stellvertretender Minister oder stimmberechtigtes Mitglied von Staats- oder Ministerrat oder als ihre jeweiligen Stellvertreter, 5. Vorsitzender des Nationalen Verteidigungsrates, Vorsitzender des Staatsrats oder Vorsitzender des Ministerrats sowie als in diesen Ämtern ernannter Stellvertreter, 6. Staatsanwalt in den für vom Ministerium für Staatssicherheit sowie vom Amt für Nationale Sicherheit durchzuführenden Ermittlungsverfahren zuständigen Abteilung I der Bezirksstaatsanwaltschaften, 7. Staatsanwalt der Generalstaatsanwaltschaft der DDR, 8. Mitglied der Bezirks- oder Kreis Einsatzleitung, 9. Staatsanwalt oder Richter der I A Senate, ist den Pflichtbeitragszeiten als Verdienst höchstens der jeweilige Betrag der Anlage 5 zugrunde zu legen.
Durch Art. 2 Abs. 3 des 1. AAÜG Änderungsgesetzes wurde die Vorschrift rückwirkend zum 01. Juni 1993 in Kraft gesetzt.
Der Kläger erfüllt im Zeitraum vom 01. Januar 1986 bis 17. März 1990 die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Nr. 7 AAÜG, denn er war in diesem Zeitraum Staatsanwalt der Generalstaatsanwalt der DDR.
Soweit der Gesetzgeber den in § 6 Abs. 2 AAÜG aufgezählten Personengruppen entweder Weisungsbefugnis gegenüber dem Ministerium für Staatssicherheit sowie dem Amt für Nationale Sicherheit unterstellt (vgl. Bundestag-Drucksache 15/5314 S. 1) bzw. auch Zeiten in Funktionen auf den höchsten Ebenen des so genannten Kadernomenklatursystems der DDR einbezogen hat, da auch diese Betreffenden wie die MfS/AfNS Mitarbeiter einkommens- und versorgungsseitig Teil eines Gesamtkonzepts der Selbstprivilegierung innerhalb des Staates gewesen seien (vgl. Bundestag-Drucksache 15/5314 S. 1), und der Kläger vorträgt, nicht gegenüber den MfS/AfNS Mitarbeitern weisungsbefugt gewesen zu sein und keine überhöhten Verdienste auch nicht wegen der Zugehörigkeit zum Kadernomenklatursystem gehabt zu haben, ist dies für den vorliegenden Rechtsstreit ohne Belang. Das Gesetz stellt darauf nicht ab, so dass die Beklagte weitere Voraussetzungen nicht zu ermitteln oder festzustellen hat. Soweit der Kläger meint, die Beklagte habe seine berufliche Stellung und Tätigkeit im Rahmen der Ausübung staatsanwaltlicher Aufgaben konkret zu prüfen, ist dies dem Gesetz gerade nicht zu entnehmen. Ein Ermessens- oder Beurteilungsspielraum der Beklagten lässt sich dem Gesetz ebenfalls nicht entnehmen. Insoweit sind auch weitere Ermittlungen des Senats nicht geboten.
Wenn jedoch die Tatbestandsvoraussetzungen insbesondere des § 6 Abs. 2 Nr. 7 AAÜG erfüllt sind, ist eine Verletzung des Klägers in eigenen Rechten ausgeschlossen. Dies gilt auch hinsichtlich solcher Rechte, die aus dem GG resultieren, also von Grundrechten.
Da die von der Beklagten als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme getroffene Datenfeststellung der tatbestandlichen Voraussetzungen dafür, ob die Anwendung einer niedrigeren als der regelmäßigen Beitragsbemessungsgrenze in Betracht kommt, unmittelbar noch keine Begrenzung der tatsächlichen Arbeitsentgelte zur Folge hat, denn der Rentenversicherungsträger setzt die Rente fest, kann erst eine daraus sich ergebende geringere Rente zu einem verfassungsrechtlich relevanten Eingriff in Grundrechte führen. Damit ist – entgegen einer wohl anderen Auffassung des Sozialgerichts – allein im Verfahren gegen den Rentenversicherungsträger zu prüfen, ob die vom Kläger beanstandete "Begrenzung der Rentenbezüge" mit dem GG oder ggf. weiterem höherrangigem Recht vereinbar ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Aufhebung der Feststellung des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Entgeltbegrenzung nach § 6 Abs. 2 Nr. 7 Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) im Zeitraum vom 01. Januar 1986 bis 17. März 1990.
Der im März 1941 geborene Kläger ist Diplomjurist (Urkunde der H- zu B vom 13. Juli 1965). Er arbeitete vom 01. September 1965 bis 30. April 1966 als Staatsanwalt-Praktikant und vom 01. Mai 1966 bis 31. Dezember 1970 als Staatsanwalt beim Staatsanwalt des Bezirks P, bevor er vom 01. Januar 1971 bis 30. Juni 1990 als Staatsanwalt beim Generalstaatsanwalt der DDR tätig war.
Zum 09. Februar 1971 wurde er in die freiwillige zusätzliche Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates aufgenommen, wobei er hierfür Beiträge zahlte.
Mit Feststellungsbescheid vom 19. Oktober 1999 hatte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (nachfolgend ebenfalls Beklagte genannt) als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme die Zeit vom 01. September 1965 bis 26. Mai 1990 als Zeit der Zugehörigkeit des Klägers zur freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates und die in dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte festgestellt. Dabei hatte sie für die Zeit vom 01. Januar 1986 bis 17. März 1990 auch die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Begrenzung der Entgelte auf die Durchschnittsentgelte nach Anlage 5 AAÜG festgestellt.
Auf den dagegen eingelegten Widerspruch hatte sie den Feststellungsbescheid vom 15. Februar 2000 erteilt, mit dem sie weitere Arbeitsentgelte für 1974, 1977, 1978, 1981, 1986, 1987, vom 01. Januar bis 17. März 1990 und vom 18. März bis 26. Mai 1990 anrechnete.
Im Übrigen hatte sie mit Widerspruchsbescheid vom 12. April 2000 den Widerspruch unter Hinweis auf § 6 Abs. 2 AAÜG in der ab 01. Januar 1997 geltenden Fassung zurückgewiesen.
Nachdem der Kläger auf ein Schreiben der Beklagten zur Prüfung, ob wegen des 1. AAÜG-Änderungsgesetzes nunmehr die allgemeinen Regelungen gelten oder ob weiterhin die Sonderregelungen zu beachten seien, verschiedene Angaben zu seiner Tätigkeit als Staatsanwalt gemacht hatte, erteilte die Beklagte den Bescheid vom 01. November 2005, mit dem sie verfügte, dass es bei dem im Feststellungsbescheid vom 15. Februar 2000 getroffenen Regelungen hinsichtlich der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anwendung einer niedrigeren als der regelmäßigen Beitragsbemessungsgrenze verbleibe.
Den dagegen eingelegten Widerspruch, mit dem der Kläger geltend machte, die angewandte niedrigere als die regelmäßige Beitragsbemessungsgrenze für den Zeitraum vom 01. Januar 1986 bis 17. März 1990 verletze sein Eigentumsrecht und widerspreche auch dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 23. Juni 2004, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juli 2006 zurück: Der Kläger habe in der Zeit vom 01. Januar 1986 bis 17. März 1990 eine Beschäftigung als Staatsanwalt beim Generalstaatsanwalt der ehemaligen DDR ausgeübt. Dieser Personenkreis unterfalle § 6 Abs. 2 Nr. 7 AAÜG in der Fassung des 1. AAÜG-Änderungsgesetzes 2005.
Dagegen hat der Kläger am 07. August 2006 beim Sozialgericht Berlin Klage erhoben.
Er hat darauf hingewiesen, dass seine Tätigkeit als Staatsanwalt auf der Grundlage der Gesetze erfolgt sei. Er sei im betreffenden Zeitraum als Abteilungsleiter und Stellvertreter des Generalstaatsanwalts der DDR im Besonderen für die Kriminalitätsforschung, -vorbeugung und -analyse der Staatsanwaltschaft verantwortlich gewesen und habe diese darüber hinaus auf internationaler Ebene vertreten. Er habe weder Privilegien in Anspruch genommen noch menschenrechtswidrige Handlungen begangen. Die willkürliche Kürzung seiner Rente betrachte er als zutiefst diskriminierend. Soweit die Beklagte einwenden sollte, sie sei als Versorgungsträger nicht zuständig, werde vorgetragen, dass sie die Verpflichtung treffe festzustellen, ob das Gesetz tatsächlich unter Berücksichtigung seiner beruflichen Stellung und Tätigkeit im Rahmen der Ausübung staatsanwaltlicher Aufgaben Anwendung finde. Die in der Entscheidung des BVerfG vom 06. Juli 2010 dargelegten Gründe zu angeblicher Selbstprivilegierung träfen auf ihn nicht zu. Weisungsbefugnis gegenüber dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) habe er nicht besessen. Er verweise im Übrigen darauf, dass in Sachen des BVerfG 1 BvL 9/06 und 1 BvL 2/08 beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Beschwerde eingelegt worden sei und die Entscheidung des BVerfG, wie ein Bericht des Ausschusses des ECOSOC der UNO vom Mai 2011 belege, auch international unter Kritik stehe.
Nach entsprechender Anhörung hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 16. September 2011 die Klage abgewiesen: Die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) lägen nicht vor, so dass der Kläger keinen Anspruch auf Aufhebung der angefochtenen Bescheide, (Teil)-Rücknahme der Feststellungsbescheide und Erteilung eines neuen Feststellungsbescheides ohne Feststellung der tatbestandlichen Voraussetzung des § 6 Abs. 2 AAÜG für den Zeitraum vom 01. Januar 1986 bis 17. März 1990 habe, denn der Kläger habe in diesem Zeitraum eine Beschäftigung als Staatsanwalt beim Generalstaatsanwalt der ehemaligen DDR ausgeübt (§ 6 Abs. 2 Nr. 7 AAÜG). Diese Feststellung der Beklagten beruhe nicht auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage. Es liege weder ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) noch gegen Art. 14 GG vor.
Gegen den ihm am 08. Oktober 2011 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 31. Oktober 2011 eingelegte Berufung des Klägers.
Er meint, die Begrenzung der Rentenbezüge sei aufzuheben. § 6 Abs. 2 Nr. 7 AAÜG sei verfassungswidrig und stelle eine Verletzung der Menschenrechte dar. Dem stehe die Entscheidung des BVerfG nicht entgegen, denn diese habe ausschließlich § 6 Abs. 2 Nr. 4 AAÜG betroffen. Im Übrigen sei nicht nachvollziehbar, dass es im anhängigen Verfahren lediglich um eine Datenfeststellung gehe und deshalb nicht über die Rentenbegrenzung zu entscheiden sei.
Der Kläger beantragt,
1. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 16. September 2011 und den Bescheid der Beklagten vom 01. November 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 2006 sowie 2. die Begrenzung der Rentenbezüge gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 7 AAÜG in der Fassung des 1. AAÜG-Änderungsgesetzes für die Zeit vom 01. Januar 1986 bis zum 17. März 1990 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Soweit der Kläger allerdings begehre, die Begrenzung der Rentenbezüge aufzuheben, wende er sich unzulässiger Weise gegen den Zusatzversorgungsträger. Die Festsetzung einer höheren Altersrente in Anwendung einer anderen Beitragsbemessungsgrenze sei Sache des Rentenversicherungsträgers.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten (65 140341 B 017), die bei der Entscheidung vorgelegen haben, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, denn die Beteiligten haben hierzu ihr Einverständnis erklärt (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Der klägerische Antrag bedarf allerdings der Auslegung. Dies gilt zum einen insoweit, als die Aufhebung der Begrenzung der "Rentenbezüge" beansprucht wird. Die angefochtenen Bescheide wurden von der Beklagten als Zusatzversorgungsträger erlassen und treffen (demzufolge) keine Regelungen über insbesondere die Rentenhöhe, wie bereits aus dem Inhalt dieser Bescheide hervorgeht. Die Aufhebung der Begrenzung der Rentenbezüge und mithin die Gewährung einer höheren Rente kann der Kläger ausschließlich gegenüber der Beklagten als Rentenversicherungsträger geltend machen. Bei wörtlicher Auslegung des klägerischen Antrags müsste mithin, worauf auch die Beklagte zutreffend hingewiesen hat, die insoweit geänderte Klage als unzulässig abgewiesen werden, denn es ist weder ein Rentenbescheid angegriffen, noch ist die Beklagte als Zusatzversorgungsträger für den Erlass oder die Änderung eines Rentenbescheides zuständig und damit der richtige Anspruchsgegner. Bei sachgerechter Auslegung des klägerischen Antrages ist dieser somit auf Aufhebung der Feststellung des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Entgeltbegrenzung nach § 6 Abs. 2 Nr. 7 AAÜG gerichtet. Dieses Ziel kann der Kläger allerdings nicht alleine durch Aufhebung des Bescheides vom 01. November 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 2006 erreichen. Vielmehr bedarf es dafür zugleich auch der entsprechenden Änderung der Bescheide vom 19. Oktober 1999 und 15. Februar 2000. Der klägerische Antrag ist daher auch dahingehend auszulegen, dass der Feststellungsbescheid vom 19. Oktober 1999 in der Fassung des Bescheides vom 15. Februar 2000 und des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2000 (wie schon vom Sozialgericht angenommen) entsprechend zu ändern ist.
Das Sozialgericht hat im Ergebnis zutreffend die Klage gegen den Bescheid vom 01. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 2006 abgewiesen. Dieser Bescheid ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf teilweise Aufhebung oder Rücknahme des Bescheides vom 19. Oktober 1999 in der Fassung des Bescheides vom 15. Februar 2000 und des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2000 und Feststellung der Zeit vom 01. Januar 1986 bis 17. März 1990 ohne Feststellung der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anwendung einer niedrigeren als der regelmäßigen Beitragsbemessungsgrenze. Die Beklagte hat vielmehr zu Recht das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Nr. 7 AAÜG festgestellt, die zu einer Begrenzung der Entgelte nach Anlage 5 AAÜG führen.
Ob Anspruchsgrundlage für den erhobenen Anspruch § 8 Abs. 3 Satz 2 AAÜG i. V. m. § 44 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 SGB X ist, weil bei Erlass des Bescheides vom 19. Oktober 1999 in der Fassung des Bescheides vom 15. Februar 2000 und des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2000 das Recht unrichtig angewandt oder von einem falschen Sachverhalt ausgegangen worden ist, oder § 8 Abs. 3 Satz 2 AAÜG i. V. m. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X, weil nach diesen bindend gewordenen Bescheiden eine Rechtsänderung in Form der Neufassung des § 6 Abs. 2 AAÜG und Aufhebung des § 6 Abs. 3 AAÜG durch das 1. AAÜG Änderungsgesetz vom 21. Juni 2005 (BGBl. I 2005, 1672) eingetreten ist, kann dahinstehen.
§ 8 Abs. 3 Satz 2 AAÜG lautet: Die Vorschriften des Dritten Abschnitts des Ersten Kapitels des SGB X sind anzuwenden.
§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X lautet: Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
§ 44 Abs. 2 SGB X lautet: Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X lautet: Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben.
Während § 44 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 SGB X die Rechtswidrigkeit eines nicht begünstigenden Verwaltungsaktes erfordert, setzt § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X eine wesentliche Änderung voraus. Beides ist hier nicht der Fall. Weder hat die Beklagte bei Erlass des Bescheides vom 19. Oktober 1999 in der Fassung des Bescheides vom 15. Februar 2000 und des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2000 das Recht unrichtig angewandt, noch ist sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen. Darüber hinaus ist auch durch den Erlass des 1. AAÜG Änderungsgesetzes, insbesondere die Neufassung des § 6 Abs. 2 AAÜG, für den Kläger keine wesentliche Änderung in den rechtlichen Verhältnissen eingetreten, die zu einer anderen Entscheidung der Beklagten betreffend den Zeitraum vom 01. Januar 1986 bis 17. März 1990 führen würde.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anwendung der besonderen Beitragsbemessungsgrenze des § 6 Abs. 2 AAÜG lauteten in der Fassung des AAÜG Änderungsgesetzes vom 11. November 1996 (BGBl. I 1996, 1674), das Grundlage des bindend gewordenen Bescheides vom 19. Oktober 1999 in der Fassung des Bescheides vom 15. Februar 2000 und des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2000 gewesen ist:
Für Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 2, 3 oder Nr. 19 bis 27 oder Anlage 2 Nr. 1 bis 3 bis zum 17. März 1990, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt wurde, in der ein Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen mindestens in Höhe des jeweiligen Betrags der Anlage 4 bezogen wurde, ist den Pflichtbeitragszeiten als Verdienst der jeweilige Betrag der Anlage 5 zugrunde zu legen. Für die Ermittlung des nach Anlage 4 jeweils maßgebenden Betrags wird neben dem Gehalt oder den Vergütungen für die Dienststellung, den Dienstgrad und das Dienstalter auch eine Aufwandsentschädigung berücksichtigt. Zulagen werden nicht berücksichtigt. Bei einer Minderung des Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens durch Arbeitsausfalltage ist für die Ermittlung des nach Anlage 4 jeweils maßgebenden Betrags das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde zu legen, das ohne die Arbeitsausfalltage erzielt worden wäre (§ 6 Abs. 2 AAÜG).
§ 6 Abs. 2 AAÜG gilt auch für Zeiten, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit als ... 7. Richter oder Staatsanwalt, ausgeübt wurde (§ 6 Abs. 3 AAÜG).
Die genannten Voraussetzungen erfüllt der Kläger.
Der Kläger gehörte vom 01. Januar 1986 bis 17. März 1990 dem Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 19 AAÜG, der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates, an und übte zugleich (auch) eine Tätigkeit als Staatsanwalt aus, in der ein Arbeitsentgelt mindestens in Höhe des jeweiligen Betrages der Anlage 4 AAÜG (jeweils 31.800,00 DM im Kalenderjahr) mit 33.235,14 DM für 1986, mit 33.360,00 DM für 1987, mit 34.320,00 DM für 1988, mit 34.320,00 DM für 1989 und mit 12.404,38 DM für die Zeit vom 01. Januar bis 17. März 1990 bezogen wurde.
Eine Änderung in den rechtlichen Verhältnissen ergab sich für den maßgeblichen Sachverhalt als Ergebnis der Rechtsprechung des BVerfG.
Nachdem das BVerfG mit Beschluss vom 23. Juni 2004 – 1 BvL 3/98, 1 BvL 9/02, 1 BvL 2/03 - (vgl. BVerfGE 111, 115) festgestellt hatte, dass auch § 6 Abs. 2 AAÜG (i. V. m. den Anlagen 4 und 5) und § 6 Abs. 3 Nr. 8 AAÜG vom 25. Juli 1991 in der Fassung des AAÜG Änderungsgesetzes vom 11. November 1996 und des 2. AAÜG Änderungsgesetzes vom 27. Juli 2001 mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar gewesen ist, und dem Gesetzgeber aufgegeben hatte, bis zum 30. Juni 2005 eine verfassungsgemäße Regelung zu treffen, andernfalls trete Nichtigkeit der beanstandeten Vorschriften ein, verabschiedete der Deutsche Bundestag am 21. Juni 2005 das 1. AAÜG Änderungsgesetz.
§ 6 Abs. 3 AAÜG wurde aufgehoben und § 6 Abs. 2 AAÜG erhielt folgenden Wortlaut:
Für Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem nach Anlage 1 oder Anlage 2 Nr. 1 bis 3 bis zum 17. März 1990, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt wurde, als 1. Mitglied, Kandidat oder Staatssekretär im Politbüro der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, 2. Generalsekretär, Sekretär oder Abteilungsleiter des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) sowie als Mitarbeiter der Abteilung Sicherheit bis zur Ebene der Sektorenleiter oder als die jeweiligen Stellvertreter, 3. Erster oder Zweiter Sekretär der SED Bezirks- oder Kreisleitung sowie Abteilungs- oder Referatsleiter für Sicherheit oder Abteilungsleiter für Staat und Recht, 4. Minister, stellvertretender Minister oder stimmberechtigtes Mitglied von Staats- oder Ministerrat oder als ihre jeweiligen Stellvertreter, 5. Vorsitzender des Nationalen Verteidigungsrates, Vorsitzender des Staatsrats oder Vorsitzender des Ministerrats sowie als in diesen Ämtern ernannter Stellvertreter, 6. Staatsanwalt in den für vom Ministerium für Staatssicherheit sowie vom Amt für Nationale Sicherheit durchzuführenden Ermittlungsverfahren zuständigen Abteilung I der Bezirksstaatsanwaltschaften, 7. Staatsanwalt der Generalstaatsanwaltschaft der DDR, 8. Mitglied der Bezirks- oder Kreis Einsatzleitung, 9. Staatsanwalt oder Richter der I A Senate, ist den Pflichtbeitragszeiten als Verdienst höchstens der jeweilige Betrag der Anlage 5 zugrunde zu legen.
Durch Art. 2 Abs. 3 des 1. AAÜG Änderungsgesetzes wurde die Vorschrift rückwirkend zum 01. Juni 1993 in Kraft gesetzt.
Der Kläger erfüllt im Zeitraum vom 01. Januar 1986 bis 17. März 1990 die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Nr. 7 AAÜG, denn er war in diesem Zeitraum Staatsanwalt der Generalstaatsanwalt der DDR.
Soweit der Gesetzgeber den in § 6 Abs. 2 AAÜG aufgezählten Personengruppen entweder Weisungsbefugnis gegenüber dem Ministerium für Staatssicherheit sowie dem Amt für Nationale Sicherheit unterstellt (vgl. Bundestag-Drucksache 15/5314 S. 1) bzw. auch Zeiten in Funktionen auf den höchsten Ebenen des so genannten Kadernomenklatursystems der DDR einbezogen hat, da auch diese Betreffenden wie die MfS/AfNS Mitarbeiter einkommens- und versorgungsseitig Teil eines Gesamtkonzepts der Selbstprivilegierung innerhalb des Staates gewesen seien (vgl. Bundestag-Drucksache 15/5314 S. 1), und der Kläger vorträgt, nicht gegenüber den MfS/AfNS Mitarbeitern weisungsbefugt gewesen zu sein und keine überhöhten Verdienste auch nicht wegen der Zugehörigkeit zum Kadernomenklatursystem gehabt zu haben, ist dies für den vorliegenden Rechtsstreit ohne Belang. Das Gesetz stellt darauf nicht ab, so dass die Beklagte weitere Voraussetzungen nicht zu ermitteln oder festzustellen hat. Soweit der Kläger meint, die Beklagte habe seine berufliche Stellung und Tätigkeit im Rahmen der Ausübung staatsanwaltlicher Aufgaben konkret zu prüfen, ist dies dem Gesetz gerade nicht zu entnehmen. Ein Ermessens- oder Beurteilungsspielraum der Beklagten lässt sich dem Gesetz ebenfalls nicht entnehmen. Insoweit sind auch weitere Ermittlungen des Senats nicht geboten.
Wenn jedoch die Tatbestandsvoraussetzungen insbesondere des § 6 Abs. 2 Nr. 7 AAÜG erfüllt sind, ist eine Verletzung des Klägers in eigenen Rechten ausgeschlossen. Dies gilt auch hinsichtlich solcher Rechte, die aus dem GG resultieren, also von Grundrechten.
Da die von der Beklagten als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme getroffene Datenfeststellung der tatbestandlichen Voraussetzungen dafür, ob die Anwendung einer niedrigeren als der regelmäßigen Beitragsbemessungsgrenze in Betracht kommt, unmittelbar noch keine Begrenzung der tatsächlichen Arbeitsentgelte zur Folge hat, denn der Rentenversicherungsträger setzt die Rente fest, kann erst eine daraus sich ergebende geringere Rente zu einem verfassungsrechtlich relevanten Eingriff in Grundrechte führen. Damit ist – entgegen einer wohl anderen Auffassung des Sozialgerichts – allein im Verfahren gegen den Rentenversicherungsträger zu prüfen, ob die vom Kläger beanstandete "Begrenzung der Rentenbezüge" mit dem GG oder ggf. weiterem höherrangigem Recht vereinbar ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved