Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
32
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 131 AS 33467/12 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 32 AS 205/13 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 16. Januar 2013 geändert. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragsstellers vom 26. Dezember 2012 gegen den Ersatz der Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt des Antragsgegners vom 13. Dezember 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.Januar 2013 wird längstens bis zur erstinstanzlichen Entscheidung in der Hauptsache angeordnet. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Gründe:
I.
Im Streit ist die Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt des Antragsgegners vom 13. Dezember 2012.
Der Antragsteller bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Antragsgegner. Dieser erließ Eingliederungsvereinbarungen per Verwaltungsakt (am 27. August 2012, 03. September 2012, 13. Dezember 2012). Mit Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt vom 03. September 2012 wurden Festlegungen für die Zeit vom 03.September 2012 bis 02.März 2013 getroffen mit dem Ziel der Aufnahme einer Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt. Der Verwaltungsakt solle die beruflichen Integrationschancen möglichst kurzfristig zu verbessern. Angeboten wurde die Teilnahme an der Maßnahme "Begleitung, Aktivierung, Stabilisierung, Integration SGB II" (so genannte BASIS) bei dem Träger bbw gGmbH. Die Maßnahme soll für die Dauer von 6 Monaten bei dem Träger bbw mit dem Beginn am 17. September 2012 erfolgen. Nach Inanspruchnahme von Rechtsmitteln ist der Bescheid bestandkräftig.
Mit Verwaltungsakt vom 13. Dezember 2012 erließ der Antragsgegner einen Ersatz der Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt mit zeitlicher Geltung für die Zeit vom 03. September 2012 bis 12. Juni 2013 mit dem Ziel der Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt. Angeboten wurde dem Antragsteller erneut die Teilnahme an der Maßnahme "Begleitung, Aktivierung, Stabilisierung, Integration SGB II" (sog. BASIS) bei dem Träger bbw gGmbH. Die Maßnahme soll für die Dauer von 6 Monaten bei dem Träger bbw mit dem Beginn am 17. September 2012 erfolgen.
In Abweichung zum Verwaltungsakt vom 03. September 2012 hatte die Rechtsfolgenbelehrung einen geänderten Hinweis, dass das Arbeitslosengeld II bereits einmal aufgrund eines Pflichtverstoßes gemindert worden sei und ein wiederholter Pflichtverstoß einen Betrag in Höhe von 60 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zur Folge haben würde.
Den am 21. Dezember 2012 gegen diesen Verwaltungsakt eingelegten Widerspruch wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 18. Januar 2013 zurück. Am 26.Januar 2013 erhob der Antragsteller hiergegen Klage beim SG Berlin (S 131 AS 3747/13).
Mit dem am 28. Dezember 2012 beim Sozialgericht (SG) Berlin eingegangenen Antrag beantragte der Antragsteller,
die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 21. Dezember 2012 gegen den Verwaltungsakt vom 13. Dezember 2012 wiederherzustellen.
Zur Begründung trug er vor, es liege bereits ein gültiger Verwaltungsakt vor, dieser sei solange gültig, bis er aufgehoben werde. Die Voraussetzungen zum Erlass eines neuen Verwaltungsaktes seien nicht gegeben. Auch die für eine nachträgliche Korrektur nach § 48 Abs. 1 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) erforderliche wesentliche Änderung in tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen sei nicht ersichtlich. Auch sei der Verwaltungsakt nicht hinreichend bestimmt: Aufwand und Inhalte der Maßnahme seien nicht hinreichend ersichtlich. Der Zugriff auf seine Bewerberdaten durch den Träger per Verwaltungsakt festzulegen, sei rechtswidrig. Da der Verwaltungsakt nur aus Textbausteinen bestehe, könne auch keine zielgerichtete Integration in den ersten Arbeitsmarkt erfolgen. Der Verwaltungsakt sei ihm weder erläutert noch begründet worden. Der Antragsteller verwies darauf, dass der Gesetzgeber zwei nebeneinander laufende Eingliederungsvereinbarungen nicht vorsehe.
Der Antragsgegner hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Mangels Rechtsschutzinteresse sei der Antrag bereits unzulässig. Der Verwaltungsakt vom 13. Dezember 2012 stelle eine bloße "wiederholende Verfügung" hinsichtlich des Regelungsgehalts des schon dem Wortlaut nach identischen Verwaltungsakts vom 03. September 2012 dar, der bezüglich des Ausgangsverwaltungsaktes mit einem abweisenden Beschluss zuletzt beim Landessozialgericht Brandenburg geendet habe. Die lediglich im Anhang zum angefochtenen Bescheid einzig nunmehr vorgenommene Änderung bestehe in der aufgrund einer bereits erfolgten ersten Sanktionierung eines Pflichtverstoßes angezeigten "Anpassung" bzw. Konkretisierung der Rechtsfolgenbelehrung. Mit seinem auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des gegen den Verwaltungsakt vom 13. Dezember 2012 anhängigen Widerspruchs gerichteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung könne der Antragsteller mithin keine für ihn günstigere Rechtsposition erlangen, da - selbst wenn dem angefochtenen Verwaltungsakt ein Regelungsgehalt beizumessen wäre – bei dessen Suspension der Ausgangsverwaltungsakt mit dann identischem Regelungsgehalt unverändert (wieder) in Kraft wäre und insoweit der Eilrechtsweg bereits ausgeschöpft sei.
Mit Beschluss vom 16. Januar 2013 hat das SG den Antrag abgewiesen. Der streitgegenständliche Verwaltungsakt ändere das Pflichtenprogramm für den Zeitraum vom 03. September 2012 bis 02. März 2012 nicht, sondern wiederhole lediglich die bereits getroffenen Regelungen. Vor diesem Hintergrund bleibe kein Raum für die Anwendung des § 48 SGB X. Soweit der Antragsgegner eine Regelung nun auch für den Zeitraum vom 03. März 2012 bis 12. Juni 2012 treffe, liege eine Neuregelung vor, die der Behörde grundsätzlich gestattet sei, § 15 SGB II. Das SG nahm im übrigen Bezug auf die Urteilsbegründung der 96. Kammer des SG in einem vorangegangenen Verfahren.
Gegen den dem Antragsteller am 19. Januar 2013 zugestellten Beschluss richtet sich die am 23. Januar 2013 beim LSG eingegangene Beschwerde des Antragstellers. Insbesondere verwies er auf die Begründung seines erstinstanzlich gestellten Antrags.
Der Antragsteller beantragt,
die Entscheidung des SG Berlin aufzuheben und die
aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 21. Dezember 2012 wiederherzustellen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 16. Januar 2013 zurückzuweisen.
Er bezieht sich auf das bisherige Vorbringen und die den Beschluss tragenden Gründe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der vorliegenden Gerichts- und Verwaltungsakten.
II.
Die gemäß § §172 Abs. 1, 173 SGG statthafte Beschwerde des Antragstellers ist zulässig.
Insbesondere ist die Zulässigkeitsvoraussetzung, dass der gegenständliche Verwaltungsakt noch nicht bestandskräftig sein darf, (Keller: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage § 86 b Rz. 7) mit der erfolgten Klagerhebung (S 131 AS 3747/139) erfüllt.
Der Antrag ist auch begründet. Das SG hat den Antrag zu Unrecht abgelehnt.
Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers ist gemäß § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG anzuordnen.
Nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen.
Vorliegend wendet sich der Antragsteller mit der Anfechtungsklage gegen den die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt vom 13. Dezember 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.Januar 2013, denn nach Klagerhebung lässt sich der Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs auslegen als Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Widerspruchsbescheid vom 18. Januar 2013. Daher ist § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG die maßgebliche Rechtsgrundlage für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Denn das Rechtsmittel bzw. der Rechtsbehelf gegen einen die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt hat keine aufschiebende Wirkung (§ 39 Abs. 1 Nr. 1 SGB II).
Ob die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anzuordnen ist, entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen auf der Grundlage einer Abwägung, bei der das private Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes abzuwägen ist. Im Rahmen der Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs einzubeziehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Gesetz mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung in § 39 SGB II dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung einen Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen an einem Aufschub der Vollziehung einräumt.
In diesen Fällen, in denen das Gesetz für den Regelfall anordnet, dass das Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung besitzt, kann die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Gerichts nur dann erfolgen, wenn ausnahmsweise die Interessenabwägung im Einzelfall einen Vorrang des privaten Aufschubinteresse gegenüber dem öffentlichen Vollzugsinteresse am Vollzug der angefochtenen Bescheide besitzt. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestehen oder andere Gründe für ein überwiegendes Aufschubinteresses glaubhaft gemacht werden.
Hier bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes vom 13. Dezember 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Januar 2013.
Für den erlassenen Verwaltungsakt ist bereits eine Rechtsgrundlage nicht ersichtlich. § 15 Abs. 1 SGB II bietet entgegen der Auffassung des SG hierfür keine Anspruchsgrundlage. Nach dieser Vorschrift soll eine Eingliederungsvereinbarung für 6 Monate geschlossen werden. Danach soll eine neue Eingliederungsvereinbarung abgeschlossen werden. Der Gesetzgeber geht daher davon aus, dass erst nach Ablauf der Eingliederungsvereinbarung eine neue Eingliederungsvereinbarung abgeschlossen werden kann. Der Ersatz der Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt vom 13. Dezember 2012 trifft Regelungen mit zeitlicher Geltung für die Zeit vom 02. März 2003 bis 12. Juni 2013 mit dem Ziel der Beschäftigung des Antragstellers am ersten Arbeitsmarkt. Er wurde während der im Verwaltungsakt vom 03. September 2012 bestimmten Geltungsdauer und nicht danach und damit ohne Rechtsgrund erlassen. Soweit sich der Verwaltungsakt vom 13. Dezember 2012 als Änderung des Verwaltungsaktes vom 03.September 2012 verstehen ließe, wäre die Rechtmäßigkeit ebenfalls zweifelhaft. Eine derartige Änderung setzt eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse voraus. Denn die Regellaufzeit schließt bei Veränderungen der persönlichen oder sachlichen Verhältnisse, erkennbarer Erfolglosigkeit, Ineffektivität oder sonstiger Sachwidrigkeit der abgeschlossenen Eingliederungsvereinbarung eine Anpassung der Laufzeit nicht aus (Berlit in Münder, SGB II Rz. 38), allerdings werden derartige Veränderungen weder vom Antragsgegner geltend gemacht noch sind sie imVerwaltungsakt vom 13. Dezember 2012 zur Begründung herangezogen worden.
Ohne eine solche Änderung muss sich der Antragsgegner an dem Verwaltungsakt vom 03. September 2012 festhalten lassen. Der Verwaltungsakt ist bestandskräftig, § 77 SGG, so dass er für die Beteiligten in der Sache bindend ist. Er bleibt damit wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist, § 39 Abs. 2 SGB X.
Desweiteren ist der Inhalt der im Verwaltungsakt vom 13.Dezember 2012 erfolgten Regelungen für die Zeit vom 02. März 2003 bis 12. Juni 2013 mit dem Ziel der Beschäftigung am Arbeitsmarkt nicht hinreichend bestimmt.
Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II soll die Eingliederungsvereinbarung insbesondere bestimmen, 1. welche Leistungen der Erwerbsfähige zur Eingliederung in Arbeit erhält, 2. welche Bemühungen erwerbsfähige Leistungsberechtigte in welcher Häufigkeit zur Eingliederung in Arbeit mindestens unternehmen müssen und in welcher Form diese Bemühungen nachzuweisen sind. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
Im Verwaltungsakt vom 13.Dezember 2012 erfolgt eine Regelung für die Zeit vom 02. März 2003 bis 12. Juni 2013 mit dem Ziel der Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt, wobei erneut die Teilnahme an derselben Maßnahme und bei demselben Träger wie im Verwaltungsakt vom 03.September 2012 angeboten wird mit denselben Pflichten des Antragsgegners. Dies lässt darauf schließen, dass die Maßnahme mit diesem Inhalt verlängert werden soll bis 12. Juni 2013, was angesichts der vom Antragsgegner versäumten Zeiten der bisherigen Teilnahme plausibel ist.
Dies stimmt überein mit der im Bescheid vom 13.Dezember 2012 genannten Dauer der Maßnahme von 6 Monaten: am 12. Juni 2013 - und damit nach genau 6 Monaten ab 13.Dezember 2012 - endet mit der Geltungsdauer auch die Teilnahmeverpflichtung an der Maßnahme. Damit verpflichtet der Bescheid vom 13.Dezember 2012 mit neuer Geltungsdauer bis 12.Juni 2013 den Antragsteller statt bisher bis 02.März 2013 nunmehr bis 12. Juni 2013. Damit erfolgt im angefochtenen Bescheid eine zusätzliche Regelung vom 02.März 2013 bis 12. 06.2013 mit dem Angebot der bisherigen Maßnahme und Teilnahmeverpflichtung des Antragstellers und nicht lediglich eine Wiederholung des Inhalts des Verwaltungsaktes vom 03.September 2012.
Die vom SG vorgenommene Lesart des Bescheides vom 13.Dezember 2012 macht deutlich, dass der Inhalt unbestimmt ist, andernfalls ließe sich nicht erklären, dass lediglich eine Wiederholung des Verwaltungsaktes vom 03.September 2012 hierin gesehen wird. Erklärlich ist diese erkennbar auch mögliche Auslegung damit, dass weiterhin als Beginn der Maßnahme der 17. September 2012 bei einer Dauer von 6 Monaten genannt wird ohne zu verdeutlichen, dass der Beginn der (weiteren) 6 Monate das Datum des Bescheides vom 13.Dezember 2012 ist.
Sollte tatsächlich die Teilnahmeverpflichtung des Antragstellers an der Maßnahme weiterhin lediglich für 6 Monate nach dem 17.September 2012 geregelt werden, bliebe offen, welches Angebot dem Antragsteller zur Eingliederung in Arbeit gemacht wird für die Zeit vom 02.März 2013 bis 12.Juni 2013 und welche Bemühungen der Antragsteller in welcher Häufigkeit zur Eingliederung in Arbeit mindestens unternehmen müsste und in welcher Form diese Bemühungen nachzuweisen wären.
Die genannten Unklarheiten gehen zu Lasten der erforderlichen Bestimmtheit des Verwaltungsaktes.
Die Kostenentscheidung ergeht in entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG.
Gründe:
I.
Im Streit ist die Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt des Antragsgegners vom 13. Dezember 2012.
Der Antragsteller bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Antragsgegner. Dieser erließ Eingliederungsvereinbarungen per Verwaltungsakt (am 27. August 2012, 03. September 2012, 13. Dezember 2012). Mit Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt vom 03. September 2012 wurden Festlegungen für die Zeit vom 03.September 2012 bis 02.März 2013 getroffen mit dem Ziel der Aufnahme einer Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt. Der Verwaltungsakt solle die beruflichen Integrationschancen möglichst kurzfristig zu verbessern. Angeboten wurde die Teilnahme an der Maßnahme "Begleitung, Aktivierung, Stabilisierung, Integration SGB II" (so genannte BASIS) bei dem Träger bbw gGmbH. Die Maßnahme soll für die Dauer von 6 Monaten bei dem Träger bbw mit dem Beginn am 17. September 2012 erfolgen. Nach Inanspruchnahme von Rechtsmitteln ist der Bescheid bestandkräftig.
Mit Verwaltungsakt vom 13. Dezember 2012 erließ der Antragsgegner einen Ersatz der Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt mit zeitlicher Geltung für die Zeit vom 03. September 2012 bis 12. Juni 2013 mit dem Ziel der Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt. Angeboten wurde dem Antragsteller erneut die Teilnahme an der Maßnahme "Begleitung, Aktivierung, Stabilisierung, Integration SGB II" (sog. BASIS) bei dem Träger bbw gGmbH. Die Maßnahme soll für die Dauer von 6 Monaten bei dem Träger bbw mit dem Beginn am 17. September 2012 erfolgen.
In Abweichung zum Verwaltungsakt vom 03. September 2012 hatte die Rechtsfolgenbelehrung einen geänderten Hinweis, dass das Arbeitslosengeld II bereits einmal aufgrund eines Pflichtverstoßes gemindert worden sei und ein wiederholter Pflichtverstoß einen Betrag in Höhe von 60 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zur Folge haben würde.
Den am 21. Dezember 2012 gegen diesen Verwaltungsakt eingelegten Widerspruch wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 18. Januar 2013 zurück. Am 26.Januar 2013 erhob der Antragsteller hiergegen Klage beim SG Berlin (S 131 AS 3747/13).
Mit dem am 28. Dezember 2012 beim Sozialgericht (SG) Berlin eingegangenen Antrag beantragte der Antragsteller,
die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 21. Dezember 2012 gegen den Verwaltungsakt vom 13. Dezember 2012 wiederherzustellen.
Zur Begründung trug er vor, es liege bereits ein gültiger Verwaltungsakt vor, dieser sei solange gültig, bis er aufgehoben werde. Die Voraussetzungen zum Erlass eines neuen Verwaltungsaktes seien nicht gegeben. Auch die für eine nachträgliche Korrektur nach § 48 Abs. 1 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) erforderliche wesentliche Änderung in tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen sei nicht ersichtlich. Auch sei der Verwaltungsakt nicht hinreichend bestimmt: Aufwand und Inhalte der Maßnahme seien nicht hinreichend ersichtlich. Der Zugriff auf seine Bewerberdaten durch den Träger per Verwaltungsakt festzulegen, sei rechtswidrig. Da der Verwaltungsakt nur aus Textbausteinen bestehe, könne auch keine zielgerichtete Integration in den ersten Arbeitsmarkt erfolgen. Der Verwaltungsakt sei ihm weder erläutert noch begründet worden. Der Antragsteller verwies darauf, dass der Gesetzgeber zwei nebeneinander laufende Eingliederungsvereinbarungen nicht vorsehe.
Der Antragsgegner hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Mangels Rechtsschutzinteresse sei der Antrag bereits unzulässig. Der Verwaltungsakt vom 13. Dezember 2012 stelle eine bloße "wiederholende Verfügung" hinsichtlich des Regelungsgehalts des schon dem Wortlaut nach identischen Verwaltungsakts vom 03. September 2012 dar, der bezüglich des Ausgangsverwaltungsaktes mit einem abweisenden Beschluss zuletzt beim Landessozialgericht Brandenburg geendet habe. Die lediglich im Anhang zum angefochtenen Bescheid einzig nunmehr vorgenommene Änderung bestehe in der aufgrund einer bereits erfolgten ersten Sanktionierung eines Pflichtverstoßes angezeigten "Anpassung" bzw. Konkretisierung der Rechtsfolgenbelehrung. Mit seinem auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des gegen den Verwaltungsakt vom 13. Dezember 2012 anhängigen Widerspruchs gerichteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung könne der Antragsteller mithin keine für ihn günstigere Rechtsposition erlangen, da - selbst wenn dem angefochtenen Verwaltungsakt ein Regelungsgehalt beizumessen wäre – bei dessen Suspension der Ausgangsverwaltungsakt mit dann identischem Regelungsgehalt unverändert (wieder) in Kraft wäre und insoweit der Eilrechtsweg bereits ausgeschöpft sei.
Mit Beschluss vom 16. Januar 2013 hat das SG den Antrag abgewiesen. Der streitgegenständliche Verwaltungsakt ändere das Pflichtenprogramm für den Zeitraum vom 03. September 2012 bis 02. März 2012 nicht, sondern wiederhole lediglich die bereits getroffenen Regelungen. Vor diesem Hintergrund bleibe kein Raum für die Anwendung des § 48 SGB X. Soweit der Antragsgegner eine Regelung nun auch für den Zeitraum vom 03. März 2012 bis 12. Juni 2012 treffe, liege eine Neuregelung vor, die der Behörde grundsätzlich gestattet sei, § 15 SGB II. Das SG nahm im übrigen Bezug auf die Urteilsbegründung der 96. Kammer des SG in einem vorangegangenen Verfahren.
Gegen den dem Antragsteller am 19. Januar 2013 zugestellten Beschluss richtet sich die am 23. Januar 2013 beim LSG eingegangene Beschwerde des Antragstellers. Insbesondere verwies er auf die Begründung seines erstinstanzlich gestellten Antrags.
Der Antragsteller beantragt,
die Entscheidung des SG Berlin aufzuheben und die
aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 21. Dezember 2012 wiederherzustellen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 16. Januar 2013 zurückzuweisen.
Er bezieht sich auf das bisherige Vorbringen und die den Beschluss tragenden Gründe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der vorliegenden Gerichts- und Verwaltungsakten.
II.
Die gemäß § §172 Abs. 1, 173 SGG statthafte Beschwerde des Antragstellers ist zulässig.
Insbesondere ist die Zulässigkeitsvoraussetzung, dass der gegenständliche Verwaltungsakt noch nicht bestandskräftig sein darf, (Keller: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage § 86 b Rz. 7) mit der erfolgten Klagerhebung (S 131 AS 3747/139) erfüllt.
Der Antrag ist auch begründet. Das SG hat den Antrag zu Unrecht abgelehnt.
Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers ist gemäß § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG anzuordnen.
Nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen.
Vorliegend wendet sich der Antragsteller mit der Anfechtungsklage gegen den die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt vom 13. Dezember 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.Januar 2013, denn nach Klagerhebung lässt sich der Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs auslegen als Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Widerspruchsbescheid vom 18. Januar 2013. Daher ist § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG die maßgebliche Rechtsgrundlage für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Denn das Rechtsmittel bzw. der Rechtsbehelf gegen einen die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt hat keine aufschiebende Wirkung (§ 39 Abs. 1 Nr. 1 SGB II).
Ob die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anzuordnen ist, entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen auf der Grundlage einer Abwägung, bei der das private Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes abzuwägen ist. Im Rahmen der Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs einzubeziehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Gesetz mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung in § 39 SGB II dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung einen Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen an einem Aufschub der Vollziehung einräumt.
In diesen Fällen, in denen das Gesetz für den Regelfall anordnet, dass das Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung besitzt, kann die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Gerichts nur dann erfolgen, wenn ausnahmsweise die Interessenabwägung im Einzelfall einen Vorrang des privaten Aufschubinteresse gegenüber dem öffentlichen Vollzugsinteresse am Vollzug der angefochtenen Bescheide besitzt. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestehen oder andere Gründe für ein überwiegendes Aufschubinteresses glaubhaft gemacht werden.
Hier bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes vom 13. Dezember 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Januar 2013.
Für den erlassenen Verwaltungsakt ist bereits eine Rechtsgrundlage nicht ersichtlich. § 15 Abs. 1 SGB II bietet entgegen der Auffassung des SG hierfür keine Anspruchsgrundlage. Nach dieser Vorschrift soll eine Eingliederungsvereinbarung für 6 Monate geschlossen werden. Danach soll eine neue Eingliederungsvereinbarung abgeschlossen werden. Der Gesetzgeber geht daher davon aus, dass erst nach Ablauf der Eingliederungsvereinbarung eine neue Eingliederungsvereinbarung abgeschlossen werden kann. Der Ersatz der Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt vom 13. Dezember 2012 trifft Regelungen mit zeitlicher Geltung für die Zeit vom 02. März 2003 bis 12. Juni 2013 mit dem Ziel der Beschäftigung des Antragstellers am ersten Arbeitsmarkt. Er wurde während der im Verwaltungsakt vom 03. September 2012 bestimmten Geltungsdauer und nicht danach und damit ohne Rechtsgrund erlassen. Soweit sich der Verwaltungsakt vom 13. Dezember 2012 als Änderung des Verwaltungsaktes vom 03.September 2012 verstehen ließe, wäre die Rechtmäßigkeit ebenfalls zweifelhaft. Eine derartige Änderung setzt eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse voraus. Denn die Regellaufzeit schließt bei Veränderungen der persönlichen oder sachlichen Verhältnisse, erkennbarer Erfolglosigkeit, Ineffektivität oder sonstiger Sachwidrigkeit der abgeschlossenen Eingliederungsvereinbarung eine Anpassung der Laufzeit nicht aus (Berlit in Münder, SGB II Rz. 38), allerdings werden derartige Veränderungen weder vom Antragsgegner geltend gemacht noch sind sie imVerwaltungsakt vom 13. Dezember 2012 zur Begründung herangezogen worden.
Ohne eine solche Änderung muss sich der Antragsgegner an dem Verwaltungsakt vom 03. September 2012 festhalten lassen. Der Verwaltungsakt ist bestandskräftig, § 77 SGG, so dass er für die Beteiligten in der Sache bindend ist. Er bleibt damit wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist, § 39 Abs. 2 SGB X.
Desweiteren ist der Inhalt der im Verwaltungsakt vom 13.Dezember 2012 erfolgten Regelungen für die Zeit vom 02. März 2003 bis 12. Juni 2013 mit dem Ziel der Beschäftigung am Arbeitsmarkt nicht hinreichend bestimmt.
Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II soll die Eingliederungsvereinbarung insbesondere bestimmen, 1. welche Leistungen der Erwerbsfähige zur Eingliederung in Arbeit erhält, 2. welche Bemühungen erwerbsfähige Leistungsberechtigte in welcher Häufigkeit zur Eingliederung in Arbeit mindestens unternehmen müssen und in welcher Form diese Bemühungen nachzuweisen sind. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
Im Verwaltungsakt vom 13.Dezember 2012 erfolgt eine Regelung für die Zeit vom 02. März 2003 bis 12. Juni 2013 mit dem Ziel der Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt, wobei erneut die Teilnahme an derselben Maßnahme und bei demselben Träger wie im Verwaltungsakt vom 03.September 2012 angeboten wird mit denselben Pflichten des Antragsgegners. Dies lässt darauf schließen, dass die Maßnahme mit diesem Inhalt verlängert werden soll bis 12. Juni 2013, was angesichts der vom Antragsgegner versäumten Zeiten der bisherigen Teilnahme plausibel ist.
Dies stimmt überein mit der im Bescheid vom 13.Dezember 2012 genannten Dauer der Maßnahme von 6 Monaten: am 12. Juni 2013 - und damit nach genau 6 Monaten ab 13.Dezember 2012 - endet mit der Geltungsdauer auch die Teilnahmeverpflichtung an der Maßnahme. Damit verpflichtet der Bescheid vom 13.Dezember 2012 mit neuer Geltungsdauer bis 12.Juni 2013 den Antragsteller statt bisher bis 02.März 2013 nunmehr bis 12. Juni 2013. Damit erfolgt im angefochtenen Bescheid eine zusätzliche Regelung vom 02.März 2013 bis 12. 06.2013 mit dem Angebot der bisherigen Maßnahme und Teilnahmeverpflichtung des Antragstellers und nicht lediglich eine Wiederholung des Inhalts des Verwaltungsaktes vom 03.September 2012.
Die vom SG vorgenommene Lesart des Bescheides vom 13.Dezember 2012 macht deutlich, dass der Inhalt unbestimmt ist, andernfalls ließe sich nicht erklären, dass lediglich eine Wiederholung des Verwaltungsaktes vom 03.September 2012 hierin gesehen wird. Erklärlich ist diese erkennbar auch mögliche Auslegung damit, dass weiterhin als Beginn der Maßnahme der 17. September 2012 bei einer Dauer von 6 Monaten genannt wird ohne zu verdeutlichen, dass der Beginn der (weiteren) 6 Monate das Datum des Bescheides vom 13.Dezember 2012 ist.
Sollte tatsächlich die Teilnahmeverpflichtung des Antragstellers an der Maßnahme weiterhin lediglich für 6 Monate nach dem 17.September 2012 geregelt werden, bliebe offen, welches Angebot dem Antragsteller zur Eingliederung in Arbeit gemacht wird für die Zeit vom 02.März 2013 bis 12.Juni 2013 und welche Bemühungen der Antragsteller in welcher Häufigkeit zur Eingliederung in Arbeit mindestens unternehmen müsste und in welcher Form diese Bemühungen nachzuweisen wären.
Die genannten Unklarheiten gehen zu Lasten der erforderlichen Bestimmtheit des Verwaltungsaktes.
Die Kostenentscheidung ergeht in entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
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