Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 4 R 1594/12 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 994/12 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 23.10.2012 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 3.200,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin, eine in der Rechtsform der GmbH betriebenes Unternehmen der Baubranche, begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 20.7.2012, mit dem diese Sozialversicherungsbeiträge für Arbeitnehmer der Antragstellerin nachfordert.
In der Zeit vom 1.1. bis zum 31.10.2010 kehrte die Antragstellerin an insgesamt 25 Arbeitnehmer insgesamt 30.598,60 Euro an Fahrtkostenerstattung aus. Es wurden pro (angeblich) gefahrenem Kilometer 0,30 EUR steuer- und beitragsfrei gezahlt. Im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung stellte das Finanzamt Dortmund-Ost jedoch fest, dass der vorgenommenen Fahrtkostenerstattung keine tatsächlichen Kosten auf Seiten der Arbeitnehmer gegenüberstanden. Die betroffenen Arbeitnehmer hatten kein eigenes Fahrzeug angemeldet.
Nach Anhörung der Antragstellerin forderte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 20.7.2012 aufgrund dieses Sachverhalts insgesamt 12.867,00 EUR Sozialversicherungsbeiträge für die betroffenen Arbeitnehmer nach. Da den gewährten "Erstattungen" keine tatsächlichen Kosten der begünstigten Arbeitnehmer gegenüber stünden, seien diese zu verbeitragendes Einkommen.
Gegen diesen Bescheid legte die Antragstellerin am 27.7.2012 Widerspruch ein. Nachdem sie im Anhörungsverfahren die Position eingenommen hatte, die gezahlten Gelder seien weder lohnsteuer- noch sozialversicherungspflichtig, da es sich um sog. durchlaufende Posten gehandelt habe, verweist sie im Widerspruchsverfahren darauf, dass ihr ein Rückforderungsrecht gegenüber den betroffenen Arbeitnehmern zustünde. Diese hätten sich verpflichtet, die ausgezahlten Beträge an sie, die Antragstellerin, zurückzuerstatten.
Mit entsprechender Begründung hat die Antragstellerin bei dem Sozialgericht (SG) Dortmund um einstweiligen Rechtsschutz ersucht.
Das SG hat den Antrag abgelehnt (Beschluss v. 23.10.2012). Das erstattete "Fahrgeld" sei Arbeitsentgelt, auf das Beiträge zur Sozialversicherung zu entrichten seien. Hieran ändere sich auch nichts, wenn die betroffenen Arbeitnehmer (im Nachhinein) die Zuwendungen freiwillig rückerstatteten. Für die Beurteilung der Sozialversicherungspflicht sei der Zeitpunkt der Lohnzahlung entscheidend. Ein nachträglicher Lohnverzicht sei unbeachtlich.
Gegen den ihr am 27.10.2012 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 9.11.2012 im Wesentlichen unter Intensivierung ihrer bisherigen Ausführungen Beschwerde ausgebracht. Ergänzend legt sie Schreiben an die betroffenen Arbeitnehmer vor, mit denen diese zur Rückzahlung der streitgegenständlichen Fahrtkostenerstattungen aufgefordert werden. Ferner reicht sie Quittungen zur Akte, aus denen die Zahlung eines Gesamtbetrages von 1.120,20 EUR einzelner Mitarbeiter an die Antragstellerin hervorgehen.
Die Antragsgegnerin ist dem Beschwerdebegehren entgegengetreten. Sie macht sich im Wesentlichen die Ausführungen des SG zu Eigen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das SG hat den Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid vom 20.7.2012 zu Recht abgelehnt. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung kommt nicht in Betracht, da der Erfolg des Rechtsmittels nicht überwiegend wahrscheinlich ist. Auch das Beschwerdevorbringen führt zu keiner anderen Bewertung.
1. Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese ganz oder teilweise anordnen. Die aufschiebende Wirkung entfällt gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG bei Entscheidungen über Beitragspflichten und die Anforderung von Beiträgen sowie der darauf entfallenden Nebenkosten. Die Entscheidung, ob die aufschiebende Wirkung ausnahmsweise dennoch durch das Gericht angeordnet wird, erfolgt aufgrund einer umfassenden Abwägung des Aufschubinteresses des Antragstellers einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsaktes andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder ob die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Da § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Aufschubinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs, hier des Widerspruchs, zumindest überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (vgl. Senat, Beschluss v. 7.1.2011, L 8 R 864/10 B ER, NZS 2011, 906 [907 f.]; Beschlüsse v. 10.1.2012, L 8 R 774/11 B ER; v. 10.5.2012, L 8 R 164/12 B ER, juris und sozialgerichtsbarkeit.de; jeweils m.w.N.).
2. Unter Berücksichtigung dieser Kriterien bestehen nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 20.7.2012.
Ermächtigungsgrundlage für die Nachforderung ist § 28p Abs. 1 Satz 5 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe der Arbeitnehmer in der Sozialversicherung gegenüber den Arbeitgebern.
Nach § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag, d.h. die für einen versicherungspflichtigen Beschäftigten zu zahlenden Beiträge zur Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung (§ 28d Satz 1 und 2 SGB IV), zu entrichten. Bei versicherungspflichtig Beschäftigten wird der Beitragsbemessung in allen Zweigen der Sozialversicherung das Arbeitsentgelt aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung zugrunde gelegt (§ 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch i.V.m. § 57 Abs. 1 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch, § 162 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch, § 342 Drittes Buch Sozialgesetzbuch). Arbeitsentgelt sind nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.
Arbeitsentgelte sind demnach auch die von der Antragstellerin an die einzelnen Arbeitnehmer vergüteten "Fahrtkostenerstattungen". Dass es sich bei den Zahlungen nicht um bloßen Auslagenersatz und/oder durchlaufende Gelder (§ 3 Nr. 50 EStG) handelt, räumt mittlerweile auch die Antragstellerin insoweit ein, als sie nunmehr davon ausgeht, dass den Arbeitnehmern die Erstattung nicht zugestanden hat.
Für die Einstufung der "Fahrtkostenerstattung" als Arbeitsentgelt ist überdies gleichgültig, ob ein entsprechender Zahlungsanspruch bestand. Dies stellt § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ausdrücklich klar.
3. Die von der Antragsgegnerin geltend gemachten Beitragsansprüche entstehen sodann gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sobald ihre im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen (§§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, 20 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 SGB XI, § 1 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI, § 25 Abs. 1 SGB III) vorliegen, jedoch spätestens bei Zahlung (§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Der Senat kann insofern dahinstehen lassen, ob es sich um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt i.S.v. § 23a SGB IV handelt. Die Beiträge waren demnach bei Bescheiderteilung fällig (§ 23 SGB IV) und werden von der Antragstellerin geschuldet (§ 28e Abs. 1 SGB IV). Wie das SG zudem richtig herausstellt, kann auch ein rückwirkender Verzicht der betreffenden Arbeitnehmer auf die erhaltene Zahlung nicht zu einem Wegfall der Beitragsforderung führen (vgl. z.B. LSG NRW; Urteil v. 31.10.2000, L 5 KR 127/00; juris, so auch Segebrecht in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl. 2012, § 22 Rdnr. 58).
4. Soweit die Antragstellerin nunmehr vorträgt, die "Fahrtkostenerstattung" habe den betroffenen Arbeitnehmern bereits ursprünglich nicht zugestanden, könne daher von diesen zurückgefordert werden und sei zum Teil sogar zwischenzeitlich erstattet worden, führt dies im vorliegenden Verfahren zu keinem anderen Ergebnis.
Nach § 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllt haben. Insbesondere prüfen sie die Richtigkeit der Beitragszahlung und der Meldungen. Diesem gesetzlichen Auftrag ist die Antragsgegnerin im vorliegenden Fall für den Zeitraum vom 1.1.2008 bis zum 31.12.2011 nachgekommen. In diesem Zusammenhang hat sie - nach gegenwärtigem Sachstand zutreffend - festgestellt, dass die Antragstellerin unter Verletzung von § 28f Abs. 3 Satz 1 SGB IV im Jahr 2010 unzutreffende Beitragsnachweise übermittelt hat, soweit diese die an die Arbeitnehmer geleisteten "Fahrtkostenerstattungen" nicht beinhalteten. Auf die Frage, ob es für diese Zahlungen eine Rechtsgrundlage gab, kommt es nach dem eindeutigen Wortlaut des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV nicht an. Sie ist daher vom Rentenversicherungsträger auch nicht zu prüfen.
Wenn die Antragstellerin nunmehr meint, aufgrund der "Rückzahlung" geleisteter "Fahrkostenerstattungen" durch einzelne Arbeitnehmer weniger Beiträge zu schulden, mag sie für die betreffenden Monate entsprechende Beitragsnachweise erstellen. Wie sich entsprechende Rückzahlungen auf den Beitragseinzug auswirken, haben sodann die zuständigen Einzugsstellen zu entscheiden. Die Zuständigkeit der Rentenversicherungsträger ist demgegenüber nicht berührt, und zwar unabhängig davon, dass etwaige "Rückzahlungen" der Arbeitnehmer auch noch außerhalb des Prüfzeitraums erfolgt sind.
5. Es ist nicht ersichtlich oder vorgetragen, dass die Vollziehung des Beitragsbescheides für die Antragstellerin eine unbillige Härte bedeuten würde. Allein die mit der Zahlung auf eine Beitragsforderung für den Antragsteller verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen führen nicht zu einer solchen Härte, da sie lediglich Ausfluss der Erfüllung gesetzlich auferlegter Pflichten sind. Darüber hinausgehende, nicht oder nur schwer wiedergutzumachende Nachteile sind nicht erkennbar.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren gemäß § 197a SGG i.V.m. §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 4 Gerichtskostengesetz entspricht der ständigen Senatspraxis, im einstweiligen Rechtsschutz von etwa einem Viertel des Hauptsachenstreitwerts auszugehen (zuletzt: Senat, Beschluss v. 21.2.2012, L 8 R 1047/11 B ER, juris).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Antragstellerin, eine in der Rechtsform der GmbH betriebenes Unternehmen der Baubranche, begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 20.7.2012, mit dem diese Sozialversicherungsbeiträge für Arbeitnehmer der Antragstellerin nachfordert.
In der Zeit vom 1.1. bis zum 31.10.2010 kehrte die Antragstellerin an insgesamt 25 Arbeitnehmer insgesamt 30.598,60 Euro an Fahrtkostenerstattung aus. Es wurden pro (angeblich) gefahrenem Kilometer 0,30 EUR steuer- und beitragsfrei gezahlt. Im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung stellte das Finanzamt Dortmund-Ost jedoch fest, dass der vorgenommenen Fahrtkostenerstattung keine tatsächlichen Kosten auf Seiten der Arbeitnehmer gegenüberstanden. Die betroffenen Arbeitnehmer hatten kein eigenes Fahrzeug angemeldet.
Nach Anhörung der Antragstellerin forderte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 20.7.2012 aufgrund dieses Sachverhalts insgesamt 12.867,00 EUR Sozialversicherungsbeiträge für die betroffenen Arbeitnehmer nach. Da den gewährten "Erstattungen" keine tatsächlichen Kosten der begünstigten Arbeitnehmer gegenüber stünden, seien diese zu verbeitragendes Einkommen.
Gegen diesen Bescheid legte die Antragstellerin am 27.7.2012 Widerspruch ein. Nachdem sie im Anhörungsverfahren die Position eingenommen hatte, die gezahlten Gelder seien weder lohnsteuer- noch sozialversicherungspflichtig, da es sich um sog. durchlaufende Posten gehandelt habe, verweist sie im Widerspruchsverfahren darauf, dass ihr ein Rückforderungsrecht gegenüber den betroffenen Arbeitnehmern zustünde. Diese hätten sich verpflichtet, die ausgezahlten Beträge an sie, die Antragstellerin, zurückzuerstatten.
Mit entsprechender Begründung hat die Antragstellerin bei dem Sozialgericht (SG) Dortmund um einstweiligen Rechtsschutz ersucht.
Das SG hat den Antrag abgelehnt (Beschluss v. 23.10.2012). Das erstattete "Fahrgeld" sei Arbeitsentgelt, auf das Beiträge zur Sozialversicherung zu entrichten seien. Hieran ändere sich auch nichts, wenn die betroffenen Arbeitnehmer (im Nachhinein) die Zuwendungen freiwillig rückerstatteten. Für die Beurteilung der Sozialversicherungspflicht sei der Zeitpunkt der Lohnzahlung entscheidend. Ein nachträglicher Lohnverzicht sei unbeachtlich.
Gegen den ihr am 27.10.2012 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 9.11.2012 im Wesentlichen unter Intensivierung ihrer bisherigen Ausführungen Beschwerde ausgebracht. Ergänzend legt sie Schreiben an die betroffenen Arbeitnehmer vor, mit denen diese zur Rückzahlung der streitgegenständlichen Fahrtkostenerstattungen aufgefordert werden. Ferner reicht sie Quittungen zur Akte, aus denen die Zahlung eines Gesamtbetrages von 1.120,20 EUR einzelner Mitarbeiter an die Antragstellerin hervorgehen.
Die Antragsgegnerin ist dem Beschwerdebegehren entgegengetreten. Sie macht sich im Wesentlichen die Ausführungen des SG zu Eigen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das SG hat den Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid vom 20.7.2012 zu Recht abgelehnt. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung kommt nicht in Betracht, da der Erfolg des Rechtsmittels nicht überwiegend wahrscheinlich ist. Auch das Beschwerdevorbringen führt zu keiner anderen Bewertung.
1. Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese ganz oder teilweise anordnen. Die aufschiebende Wirkung entfällt gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG bei Entscheidungen über Beitragspflichten und die Anforderung von Beiträgen sowie der darauf entfallenden Nebenkosten. Die Entscheidung, ob die aufschiebende Wirkung ausnahmsweise dennoch durch das Gericht angeordnet wird, erfolgt aufgrund einer umfassenden Abwägung des Aufschubinteresses des Antragstellers einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsaktes andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder ob die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Da § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Aufschubinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs, hier des Widerspruchs, zumindest überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (vgl. Senat, Beschluss v. 7.1.2011, L 8 R 864/10 B ER, NZS 2011, 906 [907 f.]; Beschlüsse v. 10.1.2012, L 8 R 774/11 B ER; v. 10.5.2012, L 8 R 164/12 B ER, juris und sozialgerichtsbarkeit.de; jeweils m.w.N.).
2. Unter Berücksichtigung dieser Kriterien bestehen nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 20.7.2012.
Ermächtigungsgrundlage für die Nachforderung ist § 28p Abs. 1 Satz 5 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe der Arbeitnehmer in der Sozialversicherung gegenüber den Arbeitgebern.
Nach § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag, d.h. die für einen versicherungspflichtigen Beschäftigten zu zahlenden Beiträge zur Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung (§ 28d Satz 1 und 2 SGB IV), zu entrichten. Bei versicherungspflichtig Beschäftigten wird der Beitragsbemessung in allen Zweigen der Sozialversicherung das Arbeitsentgelt aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung zugrunde gelegt (§ 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch i.V.m. § 57 Abs. 1 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch, § 162 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch, § 342 Drittes Buch Sozialgesetzbuch). Arbeitsentgelt sind nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.
Arbeitsentgelte sind demnach auch die von der Antragstellerin an die einzelnen Arbeitnehmer vergüteten "Fahrtkostenerstattungen". Dass es sich bei den Zahlungen nicht um bloßen Auslagenersatz und/oder durchlaufende Gelder (§ 3 Nr. 50 EStG) handelt, räumt mittlerweile auch die Antragstellerin insoweit ein, als sie nunmehr davon ausgeht, dass den Arbeitnehmern die Erstattung nicht zugestanden hat.
Für die Einstufung der "Fahrtkostenerstattung" als Arbeitsentgelt ist überdies gleichgültig, ob ein entsprechender Zahlungsanspruch bestand. Dies stellt § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ausdrücklich klar.
3. Die von der Antragsgegnerin geltend gemachten Beitragsansprüche entstehen sodann gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sobald ihre im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen (§§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, 20 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 SGB XI, § 1 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI, § 25 Abs. 1 SGB III) vorliegen, jedoch spätestens bei Zahlung (§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Der Senat kann insofern dahinstehen lassen, ob es sich um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt i.S.v. § 23a SGB IV handelt. Die Beiträge waren demnach bei Bescheiderteilung fällig (§ 23 SGB IV) und werden von der Antragstellerin geschuldet (§ 28e Abs. 1 SGB IV). Wie das SG zudem richtig herausstellt, kann auch ein rückwirkender Verzicht der betreffenden Arbeitnehmer auf die erhaltene Zahlung nicht zu einem Wegfall der Beitragsforderung führen (vgl. z.B. LSG NRW; Urteil v. 31.10.2000, L 5 KR 127/00; juris, so auch Segebrecht in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl. 2012, § 22 Rdnr. 58).
4. Soweit die Antragstellerin nunmehr vorträgt, die "Fahrtkostenerstattung" habe den betroffenen Arbeitnehmern bereits ursprünglich nicht zugestanden, könne daher von diesen zurückgefordert werden und sei zum Teil sogar zwischenzeitlich erstattet worden, führt dies im vorliegenden Verfahren zu keinem anderen Ergebnis.
Nach § 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllt haben. Insbesondere prüfen sie die Richtigkeit der Beitragszahlung und der Meldungen. Diesem gesetzlichen Auftrag ist die Antragsgegnerin im vorliegenden Fall für den Zeitraum vom 1.1.2008 bis zum 31.12.2011 nachgekommen. In diesem Zusammenhang hat sie - nach gegenwärtigem Sachstand zutreffend - festgestellt, dass die Antragstellerin unter Verletzung von § 28f Abs. 3 Satz 1 SGB IV im Jahr 2010 unzutreffende Beitragsnachweise übermittelt hat, soweit diese die an die Arbeitnehmer geleisteten "Fahrtkostenerstattungen" nicht beinhalteten. Auf die Frage, ob es für diese Zahlungen eine Rechtsgrundlage gab, kommt es nach dem eindeutigen Wortlaut des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV nicht an. Sie ist daher vom Rentenversicherungsträger auch nicht zu prüfen.
Wenn die Antragstellerin nunmehr meint, aufgrund der "Rückzahlung" geleisteter "Fahrkostenerstattungen" durch einzelne Arbeitnehmer weniger Beiträge zu schulden, mag sie für die betreffenden Monate entsprechende Beitragsnachweise erstellen. Wie sich entsprechende Rückzahlungen auf den Beitragseinzug auswirken, haben sodann die zuständigen Einzugsstellen zu entscheiden. Die Zuständigkeit der Rentenversicherungsträger ist demgegenüber nicht berührt, und zwar unabhängig davon, dass etwaige "Rückzahlungen" der Arbeitnehmer auch noch außerhalb des Prüfzeitraums erfolgt sind.
5. Es ist nicht ersichtlich oder vorgetragen, dass die Vollziehung des Beitragsbescheides für die Antragstellerin eine unbillige Härte bedeuten würde. Allein die mit der Zahlung auf eine Beitragsforderung für den Antragsteller verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen führen nicht zu einer solchen Härte, da sie lediglich Ausfluss der Erfüllung gesetzlich auferlegter Pflichten sind. Darüber hinausgehende, nicht oder nur schwer wiedergutzumachende Nachteile sind nicht erkennbar.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren gemäß § 197a SGG i.V.m. §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 4 Gerichtskostengesetz entspricht der ständigen Senatspraxis, im einstweiligen Rechtsschutz von etwa einem Viertel des Hauptsachenstreitwerts auszugehen (zuletzt: Senat, Beschluss v. 21.2.2012, L 8 R 1047/11 B ER, juris).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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