L 3 AS 517/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 13 AS 3282/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 517/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 03. Januar 2013 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten sind Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im Zeitraum vom 01.08.2011 bis 31.01.2012 streitig.

Der 1982 geborene Kläger zu 1 lebt zusammen mit seinen Eltern, den Klägern zu 2 und 3, beide geboren 1957, in deren Eigenheim, mit einer Gesamtgröße von 86 qm (Baujahr 1987, 4 Zimmer, Küche, Bad, Ölheizung). Die Eltern, die über monatliche Rentenbezüge in Höhe von 1272,55 EUR verfügen, beantragten für die Zeit ab 01.01.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Während die Bundesagentur für Arbeit Leistungen mangels Hilfebedürftigkeit ablehnte, bewilligte der damals für die Kosten der Unterkunft und Heizung zuständige Landkreis K. - Sozialamt - monatliche Leistungen in Höhe von 294,84 EUR. Wegen der Einstellung dieser Leistungen ab April 2007 strengte der Vater des Klägers eine Klage vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) an. Nachdem das SG die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 14.06.2005 - S 5 AS 1021/05) und das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) die Berufung zurückgewiesen hatten (Urteil vom 20.01.2006 - L 8 AS 3073/05), lehnte das Bundes-sozialgericht (BSG) den daraufhin gestellten Antrag des Vaters des Klägers, ihm für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Prozesskostenhilfe zu gewähren, ab (Beschluss vom 03.04.2007 - B 11 b AS 7/06 B). In dem Beschluss vom 03.04.2007 führte das BSG aus, der Vater des Klägers sowie seine mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebende Ehefrau seien nicht hilfebedürftig.

Der Kläger zu 1 beantragte erstmals am 04.04.2006 SGB II-Leistungen. Dieser Antrag wurde mangels Hilfebedürftigkeit - der Kläger bezog damals noch Arbeitslosengeld - abgelehnt. Ab dem 01.04.2007 wurden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in getrennter Trägerschaft von der Bundesagentur für Arbeit sowie vom Landkreis Karlsruhe - Sozialamt - erbracht. Grundlage bei der Berechnung der Leistungen für Unterkunft und Heizung waren die Angaben des Klägers im "Zusatzblatt 1 zur Feststellung der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung" vom 26.04.2006, die er in den Folgeanträgen wiederholte. Danach zahlte er einen Betrag von insgesamt 150 EUR monatlich an seine Eltern. Eine Aufschlüsselung des Betrages, wie viel auf die Kaltmiete, die Betriebskosten, die Heizung usw. entfallen, erfolgte nicht. Einen Mietvertrag oder Belege für tatsächlich an seine Eltern (Kläger Ziffer 2 und 3) geleistete Zahlungen legte er auch nach konkreter Aufforderung des Landkreis Karlsruhe - Sozialamt - nicht vor. Unter dem 22.02.2012 teilte der Kläger Ziffer 1 mit, dass von ihm keine Mietzahlungen erbracht würden.

Mit Bescheid vom 07.07.2011 bewilligte die Bundesagentur für Arbeit dem Kläger Ziffer 1 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe der Regelleistung von monatlich 364,00 EUR für den Leistungszeitraum 01.08.2011 bis 31.01.2012.

Für den gleichen Zeitraum bewilligte der Landkreis Karlsruhe - Sozialamt - mit Bescheid vom 11.07.2011 Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 121,71 EUR. Grundlage hiervon war die vom Kläger Ziffer 1 angegebene Pauschalmiete von monatlich 150,00 EUR, von welcher eine Energiepauschale für Strom in Abzug gebracht wurde. Die Kläger Ziffer 1 bis 3 legten gegen beide Bescheide Widerspruch ein und erhoben gleichzeitig am 05.08.2011 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG).

Mit Widerspruchsbescheid vom 16.08.2011 wies die Bundesagentur für Arbeit den Widerspruch des Klägers Ziffer 1 zurück. Mit Widerspruchsbescheid vom 30.08.2011 wies der Landkreis K. - Sozialamt - den Widerspruch des Klägers Ziffer 1 ebenfalls zurück.

Nach der Erhöhung des Regelsatzes um 10,00 EUR auf 374,00 EUR ab 01.01.2011 bewilligte die Bundesagentur für Arbeit dem Kläger Ziffer 1 mit Bescheid vom 26.11.2011 entsprechend höhere Leistungen für den Monat Januar 2012.

In der Klagebegründung haben die Kläger Ziffer 1 und 3 ausgeführt, ihnen werde willkürlich und offensichtlich rechts- und verfassungswidrig der gesetzliche Mindestbedarf zum Überleben entzogen. Zum wiederholten Mal wird auf das Urteil des Landgerichts Karlsruhe (5 O 74/04) vom 07.07.2006 verwiesen.

Das SG Karlsruhe hat mit Gerichtsbescheid vom 03.01.2013 die Klage abgewiesen. Die Klage der Kläger Ziffer 2 und 3 seien bereits unzulässig, da sämtliche mit der Klage angegriffenen Verwaltungsakte keine Regelungen in Bezug auf diese Kläger getroffen habe. Die Klage des Klägers Ziffer 1 sei unbegründet. Der Kläger Ziffer 1 sei hilfebedürftig und habe als Alleinstehender im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II Anspruch auf eine monatliche Regelleistung im Zeitraum vom 01.08.2011 bis 31.12.2011 in Höhe von 364,00 EUR und für den Monat Januar in Höhe von 374,00 EUR. Ein höherer Anspruch sei gesetzlich nicht vorgesehen. Die Regelbedarfe für Alleinstehende seien auch nicht in verfassungswidriger Weise zu niedrig festgesetzt worden. Ebenso wenig seien Anhaltspunkte für die Gewährung höherer Leistungen für Unterkunft und Heizung ersichtlich. Es sei schon nicht dargelegt, dass der Kläger Ziffer 1 überhaupt einer rechtlich wirksamen Mietforderung der Kläger Ziffer 2 und 3 ausgesetzt sei. So habe der Kläger Ziffer 1 mit Schreiben vom 22.02.2012 bestätigt, dass von ihm keine Mietzahlungen erbracht würden. Auch sonstige Zahlungen an die Eltern (etwa als anteilige Beteiligung an den laufenden Kosten für Zinsen, Steuern ect.) seien weder behauptet noch ersichtlich. Die Lasten des vom Kläger Ziffer 1 kostenlos mit bewohnten Elternhauses tragen mithin sowohl im Innen- als auch im Außenverhältnis ausschließlich dessen Eltern. Indem diese den Kläger Ziffer 1 kostenlos in ihrem Haus wohnen ließen, kämen sie letztlich auch ihrer einem erwachsenen Sohn gegenüber weiterhin bestehenden Unterhaltspflicht nach (vgl. § 9 Abs. 5 SGB II), zumal sie selbst wegen übersteigendem Einkommen keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II hätten.

Gegen den am 05.01.2013 zugestellten Gerichtsbescheid haben die Kläger Ziffer 1 bis 3 am 05.02.2013 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Dem Vorbringen der Kläger kann ein Bezug zu den streitbefangenen Bescheiden nicht entnommen werden. Es wird wie schon in den übrigen Verfahren auf das Urteil des Landgerichts Karlsruhe verwiesen und hieraus Zahlungsansprüche geltend gemacht.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

den Gerichtsbescheid vom 03. Januar 2013 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 07. Juli 2011 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 16. August 2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26. November 2011 sowie unter Abänderung des Bescheides vom 11. Juli 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. August 2011 zu verurteilen, höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er erachtet die gerichtliche Entscheidung des SG für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligen wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Kläger ist zulässig (§ 105 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 143, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG)), aber nicht begründet.

Auf Beklagtenseite ist nach dem Ende der getrennten Aufgabenwahrnehmung ab 01.01.2012 das Jobcenter Landkreis Karlsruhe (gemeinsame Einrichtung gemäß § 44 b SGB II in der seit 01.01.2011 gültigen Fassung) als Rechtsnachfolger an die Stelle der bisherigen in getrennter Trägerschaft geführten Behörden getreten. Dieser kraft Gesetzes eintretende Beteiligtenwechsel wegen der Weiterentwicklung der Organisation des SGB II stellt keine im Berufungsverfahren unzulässige Klageänderung im Sinne von §§ 99, 153 Abs. 1 SGG dar (vgl. BSG, Urteil vom 18.01.2011 - B 4 AS 99/10 R, in juris). Das Passivrubrum war entsprechend von Amts wegen zu berichtigen.

Die Klage ist entgegen der Auffassung des SG nicht als (Anfechtungs- und) Verpflichtungsklage, sondern als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig. Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt - wie hier - eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden ( § 54 Abs. 4 SGG; sog. unechte Leistungsklage); diese Klageart geht der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage vor (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 54 Anm. 6). Klage und Berufungsantrag waren entsprechend auszulegen (§ 123 SGG).

Zutreffend hat das SG die Klage der Kläger Ziffer 2 und 3 als unzulässig abgewiesen. Denn die streitbefangenen Bescheide sind nicht an sie adressiert, so dass es sowohl an einem anfechtbaren Bescheid als auch an dem nach § 78 Abs. 1 SGG ebenfalls notwendigen Vorverfahren fehlt.

Zutreffend hat das SG die Klage des Klägers Ziffer 1 als unbegründet abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide verletzen den Kläger Ziffer 1 nicht in seinen Rechten. Ein Anspruch auf höhere Leistungen besteht im streitigen Zeitraum nicht. Streitgegenstand sind neben dem Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts die Kosten der Unterkunft und Heizung. Der Kläger hat insoweit keine höheren Ansprüche als die ihm mit Bescheid vom 07.07.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.08.2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26.11.2011 sowie dem Bescheid vom 11.07.2011 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 26.11.2011 bewilligten Leistungen. Der Senat teilt die vom SG geäußerten durchgreifenden Zweifel an einer tatsächlichen und rechtlichen Mitzahlungspflicht des Klägers zu 1. Zur Begründung wird nach § 153 Abs. 2 SGG auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids des SG verwiesen, denen der Senat folgt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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