Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 3 SB 3761/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 4208/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. August 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten für das Berufungsverfahren sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Herabsetzung seines Grades der Behinderung (GdB) von 80 auf 40.
Der 1948 geborene Kläger ist d. Staatsangehöriger. Er beantragte erstmals am 05.06.2003 die Feststellung seiner Behinderung beim Beklagten. Der Beklagte zog einen Entlassungsbericht des Klinikums S., Krankenhaus Bad C. vom 04.07.2003 bei, in dem der Kläger vom 18.03.2003 bis 04.04.2003 wegen eines 7 x 5 cm großen Karzinoms des Magenantrums, das sich als wenig differenziertes Siegelringkarzinoms (G3) vom Mischtyp nach Lauren im Tumorstadium pT1 darstellte. Es wurde eine Gastrektomie unter Mitentfernung des großen und des kleinen Netzes mit Passagerekonstruktion durch termino-laterale Ösophagojejunostomie nach Roux Y durchgeführt. Hinweise für Lymphknoten- oder Lebermetastasen fanden sich nicht.
Mit Bescheid vom 12.08.2003 stellte der Beklagte einen GdB von 80 seit 20.03.2003 wegen einer Magenerkrankung (in Heilungsbewährung) und des Verlusts des Magens fest.
Im Mai 2008 leitete der Beklagte eine Überprüfung des GdB von Amts wegen ein. Der Beklagte zog Arztunterlagen beim behandelnden Hausarzt R. und Kollegen bei, diese übersandten einen Arztbrief des Internisten Dr. Ma. vom 30.05.2008, der einen Zustand nach Strumektomie wegen Struma nodosa im November 2007, den Verdacht auf ein psychogenes Kloßgefühl im Hals und einen Zustand nach Gastrektomie bei Siegelringcarzinom des Magens mitteilte. Der Kläger habe keine Bauchschmerzen, einen guten Appetit und ein konstantes Gewicht. Der Stuhlgang sei regelmäßig. Eine Gastroskopie habe unauffällige Anastomosen er-bracht. Klinisch und endoskopisch bestehe kein Anhalt für ein Tumorrezidiv bzw. Metastasierung. Eine Raumforderung in der Schilddrüsenloge bestehe ebenfalls nicht. Das Kloßgefühl sei am ehesten psychogen.
Nach Anhörung des ärztlichen Dienstes (Dr. Schu. , 24.07.2008) hörte der Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 29.07.2008 dahingehend an, dass er beabsichtige, den GdB nunmehr mit 80 wegen des Verlusts Magens festzustellen, weil die Heilungsbewährung abgelaufen sei. Die Schwerbehinderteneigenschaft liege nicht mehr vor. Der Kläger machte geltend, er habe sich 2004 in Bad C. untersuchen lassen. Dabei sei ein Engpass des Dünndarms festgestellt worden, so dass es leicht zu einem Darmverschluss kommen könne. Es komme häufiger zu sehr starken Bauchschmerzen nach dem Essen, die mehrere Stunden anhalten könnten und durch einen Darmverschluss entstehen könnten. Bisher habe sich zum Glück der Darmverschluss jeweils selbst wieder aufgelöst. Er müsse 11mal am Tag in bestimmten Abständen kleine Portionen essen. Er müsse bestimmte Nahrungsmittel auswählen, langsam und konzentriert essen und gleichzeitig Flüssigkeit zu sich nehmen, um einen Darmverschluss zu vermeiden. Wenn es ihm nicht gelinge, die 11 Portionen zu essen, nehme er sehr schnell ab und könne den Gewichtsverlust nur schwer wieder ausgleichen. Besonders vormittags aber auch nach jeder Mahlzeit könne es zu einem Dumping-Syndrom kommen, das zu Benommenheit und sehr starken Schwindelgefühlen, im Extremfall zu Ohnmacht führe und auch von sehr starken Kopfschmerzen begleitet werden könne. Nachts komme es zu Reflux, was sehr unangenehm sei und auch zu Tagesmüdigkeit führe.
Nach erneuter Anhörung des ärztlichen Dienstes (Dr. Si. , 04.09.2008) hob der Beklagte mit Bescheid vom 11.09.2008 den Bescheid vom 12.08.2003 auf und stellte einen GdB von 30 fest. Dagegen erhob der Kläger am 30.09.2008 Widerspruch, zu dessen Begründung er geltend machte, im Jahr 2005 sei ein Bandscheibenvorfall bei ihm festgestellt worden, seitdem habe er starke Rückenschmerzen. Im April 2002 sei ihm eine Ohrspeicheldrüse entfernt worden. Seitdem schwitze er auf der linken Gesichtshälfte und das Kauen im linken Kieferbereich sei beeinträchtigt. Auch sei die optimale Dosierung der Schilddrüsenmedikation nach Schilddrüsenentfernung im November 2007 noch nicht gefunden worden.
Der Beklagte holte nunmehr einen Befundbericht des Orthopäden Dr. E. vom 15.01.2009 ein, der als Diagnose eine Lumboischialgie mit Blockierung, Skoliose, Osteochondrose mitteilte. Der Schober betrage 10/14, bei 80° trete links ein Pseudolasègue auf. Es bestehe nach dem MRT Befund ein Bandscheibenvorfall im Bereich L5/S1 mit Tangierung der Wurzel S1 links.
Das K. Hospital S., K. Klinik teilte am 26.01.2009 mit, der Kläger sei dort am 08.06.2004 zur Untersuchung gewesen und habe angegeben, seit einem Jahr Beschwerden im linken Kiefer beim Kauen zu haben. Er habe über Symptome eines Frey Syndroms berichtet, dazu aber keine Behandlung gewünscht. Es sei Krankengymnastik für das Kiefergelenk rezeptiert und eine Wiedervorstellung in der HNO vorgeschlagen worden.
Der Versorgungsarzt Dr. H. nahm am 03.03.2008 dahingehend Stellung, dass für die Wirbelsäulenbeschwerden ein GdB von 10, für das Frey-Syndrom ein weiterer GdB von 10 zusätzlich berücksichtigt werden könne. Eine Erhöhung des Gesamt-GdB ergebe sich nicht.
Mit Schreiben vom 10.03.2009 hörte der Beklagte den Kläger dahingehend an, dass nur noch ein GdB von 30 festgestellt werden solle. Dagegen machte der Kläger Schwierigkeiten bei seiner Arbeitstätigkeit geltend.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.04.2009 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.
Dagegen erhob der Kläger am 29.05.2009 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG), zu deren Begründung er auf seinen Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren Bezug nahm und meinte, allein der Verlust des Magens bedinge einen höheren GdB als 30. Auch die Schmerzen und Einschränkungen in der Wirbelsäule sowie die Entfernung der Ohrspeicheldrüse müssten mit mehr als 10 bewertet werden.
Das SG befragte die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen. Der Arzt für Allgemeinmedizin R. gab unter dem 16.10.2009 an, es bestehe ein Zustand nach Magenentfernung wegen Magenkarzinoms mit ausgeprägtem Dumping-Syndrom und Passagestörung im Dünndarmbereich bei postoperativen Verwachsungen, eine hypofunktionelle Dysphonie, ein Frey-Syndrom und eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule. Für die beiden letztgenannten Einschränkungen stimme er mit der Einschätzung des ärztlichen Dienstes überein. Der Kläger müsse fast stündlich essen. Wenn er mehr als gewöhnlich esse, komme es - so erkläre er sich das Phänomen - zu einer vermehrten Insulinausschüttung und dadurch zu Schwindel, der sich auf Traubenzucker bessere. Wenn er bei der Arbeit etwas esse kurz bevor er nach Hause gehe, unterstütze die Bewegung die Unterzuckerung, so dass er beim Gehen ebenfalls einen Schwindel habe. Ein Hinweis auf eine Erkrankung des Herz-Kreislauf- oder des neurologischen Systems habe sich jedenfalls nicht ergeben. Wegen der Passagestörung komme es regelmäßig zu Auftreibungen des Bauchs, wenn die gewählte Nahrungsmenge zu groß sei. Einmal sei es fast zu einem Darmverschluss gekommen (2004). Wegen der Problematik in Folge der Magenoperation sei ein GdB von mindestens 60 anzunehmen. Bei längerem Sprechen werde dem Kläger schwindelig. Das lasse sich im ehesten dadurch erklären, dass es beim Sprechen zu einer unbewussten Hyperventilation komme, die den Schwindel auslöse. Die Problematik könne durch eine logopädische Behandlung nicht behoben werden. Die dadurch bestehende Behinderung setze er mit 10 an. Stuhlgang und Gewicht seien konstant. Der Arzt R. legte einen Arztbrief des HNO-Arztes Dr. Mi. , Klinikum S., vom 15.11.2006 (hypofunktionelle Dysphonie mit supraglottischen Kompensationen) vor.
Der Internist Dr. Ma. beschrieb am 03.11.2009 einen rezidivierenden Reizhusten, ein Kloßgefühl zervikal, das am ehesten psychogen bedingt sei, und eine gering ausgeprägte Dumping-Symptomatik mit selten auftretender Diarrhoe. Die letzte Gastroskopie im April 2008 habe unauffällige Anastomosen gezeigt. Die Beeinträchtigungen seien als leichtgradig einzuordnen.
Der Orthopäde Dr. E. beantwortete die gerichtliche Anfrage am 19.11.2009. Der Kläger leide an einer beginnenden medialbetonten Gonarthrose links bei reizlosen Weichteilen und deutlichem retropatellarem Reiben. Es bestehe ein leichter Patellaverschiebeschmerz. Weiterhin habe er eine Lumboischialgie mit Blockierung, Skoliose und beginnender Osteochondrose ohne neurologischen Befund bei Schober 10/14 und Pseudolasègue bei 80° und im Juli 2005 einen Bandscheibenvorfall L5/S1 mit leichter Wurzeltangierung festgestellt. Im Juli 2007 habe er den Kläger wegen einer Epikondylitis bei freier Ellenbogenbeweglichkeit behandelt. Im Juni 2009 habe er eine Osteopenie festgestellt. Auf orthopädischem Gebiet bestehe ein GdB von 20 unter zusätzlicher Berücksichtigung der Osteopenie und der degenerativen Veränderungen der Kniegelenke.
Der Arzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde Dr. H. gab am 03.01.2010 an, der Kläger habe ihn seit Oktober 2006 nicht mehr aufgesucht. Er habe aufgrund der Angabe des Klägers, dass er im Bereich der Narbe nach Entfernung der linken Ohrspeicheldrüse schwitze, die Diagnose eines Frey-Syndroms (= gustatorisches Schwitzen) gestellt. Bei späteren Konsultationen habe der Kläger insofern keine Beschwerden mehr geäußert. Ein GdB von 10 sei nur bei maximal lästigem Frey-Syndrom bei starker Schweißsekretion um das Narbengebiet anzusetzen.
Mit Schreiben vom 14.04.2010 bot der Beklagte, gestützt auf eine ärztliche Stellungnahme von Dr. W. vom 12.04.2010, wegen des Verlustes des Magens vergleichsweise einen GdB von 40 an. Das Angebot nahm der Kläger nicht an.
Das SG holte das orthopädische Gutachten der Dr. G./Dr. O. vom 15.06.2011 ein. Bei der dortigen Untersuchung war die Seitneigung der Halswirbelsäule (HWS) links mehr als rechts um ca. die Hälfte eingeschränkt. Der Kläger erreichte einen Finger-Boden-Abstand von 22 cm und einen Schober vom 10/14 cm (Ott 30/31). Die Überstreckung nach hinten war leicht eingeschränkt und verursachte Schmerzen. Dr. G. und Dr. O. kamen zu dem Ergebnis, dass eine schmerzhafte Funktionsstörung der Lendenwirbelsäule bestehe und eine geringfügige Funktionsstörung der Kniegelenke. Die Beschwerden in der Lendenwirbelsäule bedingten einen GdB von 10. Der Gesamt-GdB betrage 40. Die nachgewiesene Osteopenie führe zu keiner Beeinträchtigung.
Mit Gerichtsbescheid vom 25.08.2011 hob das SG den Bescheid vom 11.09.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.04.2009 auf soweit darin ein GdB von weniger als 40 festgestellt wurde. Im Übrigen wies es die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, dass die verbliebenen Beschwerden in Folge der Magenkrebserkrankung mit einem GdB von 40 zu bewerten seien. Im April 2009 (gemeint: 2008) sei die Heilungsbewährung von fünf Jahren abgelaufen gewesen. Bei der nunmehr vorzunehmenden Neubeurteilung sei ein GdB von 40 in Übereinstimmung mit dem Vergleichsangebot des Beklagten anzunehmen. Der Kläger leide an einem leicht ausgeprägten Dumping-Syndrom und müsse mehrere Mahlzeiten täglich zu sich nehmen. Selten trete auch Durchfall auf. Die Wirbelsäulenbeschwerden seien mit einem GdB von 10 ausreichend berücksichtigt. Die Kammer schloss sich insofern dem Gutachten von Dr. G./Dr. O. an. Die Funktionseinschränkung des Kniegelenks sei mit einem GdB von 10 angemessen bewertet. Ausgeprägte Knorpelschäden und anhaltende Reizerscheinungen seien nicht aufgetreten. In Übereinstimmung mit Dr. H. sei das Frey-Syndrom mit maximal 10 zu bewerten und insofern vom Beklagten angemessen berücksichtigt worden. Der Gesamt-GdB betrage 40.
Gegen den seinen Prozessbevollmächtigten am 01.09.2011 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 27.09.2011 eingelegte Berufung des Klägers, zu deren Begründung er ausführt, dass die Folgen des Tumors weiterhin derart massiv in sein tägliches Leben eingriffen, dass die Schwerbehinderteneigenschaft weiterhin begründet sei. Es komme, wie schon der Arzt R. ausgeführt habe, häufig zum Dumping-Syndrom, insbesondere zwischen der ersten und zweiten Mahlzeit des Tages. Im Jahr 2010 sei er zwei Tage im Krankenhaus zur Beobachtung gewesen, weil er morgens nach dem Aufstehen ohnmächtig geworden sei. Zeitweise trete eine starke Tagesmüdigkeit auf, deren Ursache bisher nicht ermittelt sei. Der Kläger legte eine Schilderung seiner Beschwerden vor. Außerdem hat der Kläger einen Arztbrief des Krankenhauses Bad C. vom 09.12.2004 vorgelegt, in dem über jejunal adhäsiv miteinander verbundene Dünndarmschlingen wohl postoperativ nach Gastrektomie ohne Nachweis einer Stenose bei leichter Distension berichtet wird. Wahrscheinlich bestehe eine leichte Passagestörung, die je nach zugeführter Nahrungsmenge und Füllungszustand verschieden ausfalle. Die übrige Dünndarmpassage sei regulär. Im Übrigen wiederholte er seinen Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren.
Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 25.08.2011 abzuändern sowie den Bescheid vom 11.09.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.04.2009 insoweit aufzuheben als ein geringerer Grad der Behinderung als 50 festgestellt wurde.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht er sich auf die angefochtenen Bescheide, stimmt dem Gerichtsbescheid zu und meint, dass die Einwendungen des Klägers nicht geeignet seien, eine andere Entscheidung herbei zu führen. Er hat eine versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. W. vom 04.07.2012 vorgelegt, in der Dr. W. unter zusätzlicher Berücksichtigung einer Funktionsbehinderung des linken Kniegelenks und Schwindel mit einem Teil-GdB von jeweils 10 den Gesamt-GdB weiterhin mit 40 bewertet hat.
Der Senat hat zur Aufklärung des Sachverhalts den Internisten und Nephrologen Dr. M. schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt. Er hat am 18.05.2011 unter Vorlage seines Befundberichtes vom 16.03.2011 mitgeteilt, der Kläger sei seit Februar 2011 in seiner Behandlung. Er habe mitgeteilt, dass es wohl zu einer Duodenalstenose gekommen sei, später dann immer häufiger zu Verdauungsstörungen mit Stuhlunregelmäßigkeiten. Zuletzt sei wieder zwei bis dreimal täglich normal geformter Stuhl zu verzeichnen gewesen. Teilweise sei es zu starken Krämpfen ohne Stuhlentleerung gekommen, dann wieder habe es längere Intervalle ohne Krämpfe gegeben. Konkrete Nahrungsmittel seien als Auslöser nicht erkennbar. Er nehme über den Tag verteilt 10 Mahlzeiten zu sich. Sein Gewicht sei konstant bei 70 kg bei einer Körpergröße von 180 cm. In den vergangenen Monaten seien wiederholt Laboruntersuchungen wegen Hyperglykämien durchgeführt worden. Dr. M. hat ein unauffälliges Sonogramm der Pankreas bei Meteorismus festgestellt. Die Beschwerden seien als Postgastrektomie-Syndrom einzustufen mit typischen Symptomen, die der Kläger allerdings gut im Griff zu haben scheine. Sie würden lebenslang Beschwerden verursachen, die im Verlauf auch stark schwanken könnten. In einem Telefongespräch am 20.03.2012 habe der Kläger unveränderte Darmprobleme mit erheblichen Beschwerden berichtet. Es komme zu explosionsartigen Stuhlentleerungen mit heftiger Diarrhoe und sehr mühsamer Defäkation. Der Gesamtzustand erzeuge eine ausgeprägte Tagesmüdigkeit. Dr. M. hat die Beschwerden als persistierende Behinderung bezeichnet.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf einen Band Verwaltungsakten des Beklagten, einen Band Akten des Sozialgerichts Stuttgart und die beim Senat angefallenen Akten.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte und nach § 151 SGG auch insgesamt zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat die Gesundheitsbeeinträchtigungen des Klägers zurecht mit einem GdB von 40 bewertet.
Zur weiteren Begründung nimmt der Senat Bezug auf die Ausführungen des SG im Gerichtsbescheid vom 25.08.2011, denen er sich nach eigener Prüfung anschließt, § 153 Abs. 2 SGG. Im Hinblick auf das Berufungsverfahren ist ergänzend wie folgt auszuführen:
Die angefochtenen Bescheide sind nicht bereits formell rechtswidrig. Ein möglicherweise durch das in sich widersprüchliche Schreiben vom 29.07.2008 (keine Schwerbehinderten-Eigenschaft mehr - GdB 80) geschehener Anhörungsfehler (§ 24 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - SGB X) wurde jedenfalls im Widerspruchsverfahren durch die erneute Anhörung mit Schreiben vom 10.03.2009 geheilt, § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X.
Auch aus der Zeugenaussage von Dr. M. ergibt sich kein höherer GdB als 40 für die Folgen der Entfernung des Magens. Nach Nr. 10.2.1 Teil B der versorgungsmedizinischen Grundsätze (VG), Anlage zu § 2 Versorgungsmedizin-Verordnung wird der GdB bei Totalentfernung des Magens ohne Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes je nach Beschwerden mit 20 bis 30 berücksichtigt, bei Beeinträchtigungen des Kräfte- und Ernährungszustands und/oder Komplikationen wie z.B. dem Dumping-Syndrom wird ein GdB von 40 bis 50 festgestellt. Beim Kläger liegt nach Angaben von Dr. M. , die im Wesentlichen mit den im sozialgerichtlichen Verfahren eingeholten Zeugenaussagen des Arztes R. und Dr. Ma. übereinstimmen, keine Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustands vor. Der Kläger kann sein Gewicht mit entsprechendem Aufwand durch 10 bis 11 Mahlzeiten am Tag halten. Er ist bei einem Gewicht von 70 kg bei einer Körpergröße von 180 cm nicht relevant untergewichtig. Allerdings ist es beim Kläger zu einer Komplikation in Form des Dumping-Syndrom gekommen, das nach den Angaben von Dr. M. , die im Wesentlichen mit den Mitteilungen von Dr. Ma. und im Ergebnis auch mit denjenigen des Arztes R. übereinstimmen, mal mehr mal weniger Beschwerden verursacht. Der Kläger kommt mit dieser Komplikation nach den überzeugenden Angaben von Dr. M. relativ gut zurecht. Insofern ist das SG zu Recht davon ausgegangen, dass die beim Kläger vorliegenden Folgen der Magenentfernung als Zustand mit Komplikationen einzuordnen ist. Im dadurch eröffneten Rahmen eines GdB von 40 bis 50 sind die Beschwerden im unteren Bereich einzuordnen. Um die Beschwerden des Klägers in einem GdB zutreffend abzubilden, ist die aus dem Dumping-Syndrom folgende schwankende Beeinträchtigung in einem längeren Zeitraum zu betrachten und sodann ein langfristiger Durchschnitt der tatsächlich vorliegenden Beschwerden zu bilden (VG Nr. 2 f Satz 3). Im langfristigen Durchschnitt sind die Komplikationen eher durchschnittlich bis unterdurchschnittlich ausgeprägt, so dass ein GdB vom 40 ausreichend ist.
Auch aus dem vom Kläger vorgelegten Bericht des Krankenhauses Bad C. vom 09.12.2004 ergeben sich keine Gründe für eine Höherbewertung des GdB. Aus diesem Bericht ergibt sich, dass beim Kläger eine Passagestörung des Dünndarms vorliegt, die je nach Menge der Nahrungsaufnahme zu krampfartigen Beschwerden führt. Ein Darmverschluss ist - entgegen des Vortrags des Klägers im Verwaltungsverfahren - bisher nicht aufgetreten. Diese Passagestörung ist nach dem vorgelegten Arztbrief Folge der Entfernung des Magens. Dr. M. beschreibt die krampfartigen Beschwerden als noch typische Folge der Magenentfernung. Diese Beschwerden sind insofern bereits im Rahmen der als "Dumping-Syndrom" bezeichneten Komplikation der Magenentfernung berücksichtigt und können deshalb nicht zu einer weiteren Erhöhung des GdB für diese Beschwerden führen.
Die übrigen Behinderungen des Klägers hat das SG zutreffend mit einem GdB von je 10 bewertet. Der Kläger hat insofern keine neuen Befunde vorgetragen, der Senat sieht auch im Übrigen keinen Ansatzpunkt für eine andere Bewertung oder weitergehende Ermittlungen.
Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten für das Berufungsverfahren sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Herabsetzung seines Grades der Behinderung (GdB) von 80 auf 40.
Der 1948 geborene Kläger ist d. Staatsangehöriger. Er beantragte erstmals am 05.06.2003 die Feststellung seiner Behinderung beim Beklagten. Der Beklagte zog einen Entlassungsbericht des Klinikums S., Krankenhaus Bad C. vom 04.07.2003 bei, in dem der Kläger vom 18.03.2003 bis 04.04.2003 wegen eines 7 x 5 cm großen Karzinoms des Magenantrums, das sich als wenig differenziertes Siegelringkarzinoms (G3) vom Mischtyp nach Lauren im Tumorstadium pT1 darstellte. Es wurde eine Gastrektomie unter Mitentfernung des großen und des kleinen Netzes mit Passagerekonstruktion durch termino-laterale Ösophagojejunostomie nach Roux Y durchgeführt. Hinweise für Lymphknoten- oder Lebermetastasen fanden sich nicht.
Mit Bescheid vom 12.08.2003 stellte der Beklagte einen GdB von 80 seit 20.03.2003 wegen einer Magenerkrankung (in Heilungsbewährung) und des Verlusts des Magens fest.
Im Mai 2008 leitete der Beklagte eine Überprüfung des GdB von Amts wegen ein. Der Beklagte zog Arztunterlagen beim behandelnden Hausarzt R. und Kollegen bei, diese übersandten einen Arztbrief des Internisten Dr. Ma. vom 30.05.2008, der einen Zustand nach Strumektomie wegen Struma nodosa im November 2007, den Verdacht auf ein psychogenes Kloßgefühl im Hals und einen Zustand nach Gastrektomie bei Siegelringcarzinom des Magens mitteilte. Der Kläger habe keine Bauchschmerzen, einen guten Appetit und ein konstantes Gewicht. Der Stuhlgang sei regelmäßig. Eine Gastroskopie habe unauffällige Anastomosen er-bracht. Klinisch und endoskopisch bestehe kein Anhalt für ein Tumorrezidiv bzw. Metastasierung. Eine Raumforderung in der Schilddrüsenloge bestehe ebenfalls nicht. Das Kloßgefühl sei am ehesten psychogen.
Nach Anhörung des ärztlichen Dienstes (Dr. Schu. , 24.07.2008) hörte der Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 29.07.2008 dahingehend an, dass er beabsichtige, den GdB nunmehr mit 80 wegen des Verlusts Magens festzustellen, weil die Heilungsbewährung abgelaufen sei. Die Schwerbehinderteneigenschaft liege nicht mehr vor. Der Kläger machte geltend, er habe sich 2004 in Bad C. untersuchen lassen. Dabei sei ein Engpass des Dünndarms festgestellt worden, so dass es leicht zu einem Darmverschluss kommen könne. Es komme häufiger zu sehr starken Bauchschmerzen nach dem Essen, die mehrere Stunden anhalten könnten und durch einen Darmverschluss entstehen könnten. Bisher habe sich zum Glück der Darmverschluss jeweils selbst wieder aufgelöst. Er müsse 11mal am Tag in bestimmten Abständen kleine Portionen essen. Er müsse bestimmte Nahrungsmittel auswählen, langsam und konzentriert essen und gleichzeitig Flüssigkeit zu sich nehmen, um einen Darmverschluss zu vermeiden. Wenn es ihm nicht gelinge, die 11 Portionen zu essen, nehme er sehr schnell ab und könne den Gewichtsverlust nur schwer wieder ausgleichen. Besonders vormittags aber auch nach jeder Mahlzeit könne es zu einem Dumping-Syndrom kommen, das zu Benommenheit und sehr starken Schwindelgefühlen, im Extremfall zu Ohnmacht führe und auch von sehr starken Kopfschmerzen begleitet werden könne. Nachts komme es zu Reflux, was sehr unangenehm sei und auch zu Tagesmüdigkeit führe.
Nach erneuter Anhörung des ärztlichen Dienstes (Dr. Si. , 04.09.2008) hob der Beklagte mit Bescheid vom 11.09.2008 den Bescheid vom 12.08.2003 auf und stellte einen GdB von 30 fest. Dagegen erhob der Kläger am 30.09.2008 Widerspruch, zu dessen Begründung er geltend machte, im Jahr 2005 sei ein Bandscheibenvorfall bei ihm festgestellt worden, seitdem habe er starke Rückenschmerzen. Im April 2002 sei ihm eine Ohrspeicheldrüse entfernt worden. Seitdem schwitze er auf der linken Gesichtshälfte und das Kauen im linken Kieferbereich sei beeinträchtigt. Auch sei die optimale Dosierung der Schilddrüsenmedikation nach Schilddrüsenentfernung im November 2007 noch nicht gefunden worden.
Der Beklagte holte nunmehr einen Befundbericht des Orthopäden Dr. E. vom 15.01.2009 ein, der als Diagnose eine Lumboischialgie mit Blockierung, Skoliose, Osteochondrose mitteilte. Der Schober betrage 10/14, bei 80° trete links ein Pseudolasègue auf. Es bestehe nach dem MRT Befund ein Bandscheibenvorfall im Bereich L5/S1 mit Tangierung der Wurzel S1 links.
Das K. Hospital S., K. Klinik teilte am 26.01.2009 mit, der Kläger sei dort am 08.06.2004 zur Untersuchung gewesen und habe angegeben, seit einem Jahr Beschwerden im linken Kiefer beim Kauen zu haben. Er habe über Symptome eines Frey Syndroms berichtet, dazu aber keine Behandlung gewünscht. Es sei Krankengymnastik für das Kiefergelenk rezeptiert und eine Wiedervorstellung in der HNO vorgeschlagen worden.
Der Versorgungsarzt Dr. H. nahm am 03.03.2008 dahingehend Stellung, dass für die Wirbelsäulenbeschwerden ein GdB von 10, für das Frey-Syndrom ein weiterer GdB von 10 zusätzlich berücksichtigt werden könne. Eine Erhöhung des Gesamt-GdB ergebe sich nicht.
Mit Schreiben vom 10.03.2009 hörte der Beklagte den Kläger dahingehend an, dass nur noch ein GdB von 30 festgestellt werden solle. Dagegen machte der Kläger Schwierigkeiten bei seiner Arbeitstätigkeit geltend.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.04.2009 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.
Dagegen erhob der Kläger am 29.05.2009 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG), zu deren Begründung er auf seinen Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren Bezug nahm und meinte, allein der Verlust des Magens bedinge einen höheren GdB als 30. Auch die Schmerzen und Einschränkungen in der Wirbelsäule sowie die Entfernung der Ohrspeicheldrüse müssten mit mehr als 10 bewertet werden.
Das SG befragte die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen. Der Arzt für Allgemeinmedizin R. gab unter dem 16.10.2009 an, es bestehe ein Zustand nach Magenentfernung wegen Magenkarzinoms mit ausgeprägtem Dumping-Syndrom und Passagestörung im Dünndarmbereich bei postoperativen Verwachsungen, eine hypofunktionelle Dysphonie, ein Frey-Syndrom und eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule. Für die beiden letztgenannten Einschränkungen stimme er mit der Einschätzung des ärztlichen Dienstes überein. Der Kläger müsse fast stündlich essen. Wenn er mehr als gewöhnlich esse, komme es - so erkläre er sich das Phänomen - zu einer vermehrten Insulinausschüttung und dadurch zu Schwindel, der sich auf Traubenzucker bessere. Wenn er bei der Arbeit etwas esse kurz bevor er nach Hause gehe, unterstütze die Bewegung die Unterzuckerung, so dass er beim Gehen ebenfalls einen Schwindel habe. Ein Hinweis auf eine Erkrankung des Herz-Kreislauf- oder des neurologischen Systems habe sich jedenfalls nicht ergeben. Wegen der Passagestörung komme es regelmäßig zu Auftreibungen des Bauchs, wenn die gewählte Nahrungsmenge zu groß sei. Einmal sei es fast zu einem Darmverschluss gekommen (2004). Wegen der Problematik in Folge der Magenoperation sei ein GdB von mindestens 60 anzunehmen. Bei längerem Sprechen werde dem Kläger schwindelig. Das lasse sich im ehesten dadurch erklären, dass es beim Sprechen zu einer unbewussten Hyperventilation komme, die den Schwindel auslöse. Die Problematik könne durch eine logopädische Behandlung nicht behoben werden. Die dadurch bestehende Behinderung setze er mit 10 an. Stuhlgang und Gewicht seien konstant. Der Arzt R. legte einen Arztbrief des HNO-Arztes Dr. Mi. , Klinikum S., vom 15.11.2006 (hypofunktionelle Dysphonie mit supraglottischen Kompensationen) vor.
Der Internist Dr. Ma. beschrieb am 03.11.2009 einen rezidivierenden Reizhusten, ein Kloßgefühl zervikal, das am ehesten psychogen bedingt sei, und eine gering ausgeprägte Dumping-Symptomatik mit selten auftretender Diarrhoe. Die letzte Gastroskopie im April 2008 habe unauffällige Anastomosen gezeigt. Die Beeinträchtigungen seien als leichtgradig einzuordnen.
Der Orthopäde Dr. E. beantwortete die gerichtliche Anfrage am 19.11.2009. Der Kläger leide an einer beginnenden medialbetonten Gonarthrose links bei reizlosen Weichteilen und deutlichem retropatellarem Reiben. Es bestehe ein leichter Patellaverschiebeschmerz. Weiterhin habe er eine Lumboischialgie mit Blockierung, Skoliose und beginnender Osteochondrose ohne neurologischen Befund bei Schober 10/14 und Pseudolasègue bei 80° und im Juli 2005 einen Bandscheibenvorfall L5/S1 mit leichter Wurzeltangierung festgestellt. Im Juli 2007 habe er den Kläger wegen einer Epikondylitis bei freier Ellenbogenbeweglichkeit behandelt. Im Juni 2009 habe er eine Osteopenie festgestellt. Auf orthopädischem Gebiet bestehe ein GdB von 20 unter zusätzlicher Berücksichtigung der Osteopenie und der degenerativen Veränderungen der Kniegelenke.
Der Arzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde Dr. H. gab am 03.01.2010 an, der Kläger habe ihn seit Oktober 2006 nicht mehr aufgesucht. Er habe aufgrund der Angabe des Klägers, dass er im Bereich der Narbe nach Entfernung der linken Ohrspeicheldrüse schwitze, die Diagnose eines Frey-Syndroms (= gustatorisches Schwitzen) gestellt. Bei späteren Konsultationen habe der Kläger insofern keine Beschwerden mehr geäußert. Ein GdB von 10 sei nur bei maximal lästigem Frey-Syndrom bei starker Schweißsekretion um das Narbengebiet anzusetzen.
Mit Schreiben vom 14.04.2010 bot der Beklagte, gestützt auf eine ärztliche Stellungnahme von Dr. W. vom 12.04.2010, wegen des Verlustes des Magens vergleichsweise einen GdB von 40 an. Das Angebot nahm der Kläger nicht an.
Das SG holte das orthopädische Gutachten der Dr. G./Dr. O. vom 15.06.2011 ein. Bei der dortigen Untersuchung war die Seitneigung der Halswirbelsäule (HWS) links mehr als rechts um ca. die Hälfte eingeschränkt. Der Kläger erreichte einen Finger-Boden-Abstand von 22 cm und einen Schober vom 10/14 cm (Ott 30/31). Die Überstreckung nach hinten war leicht eingeschränkt und verursachte Schmerzen. Dr. G. und Dr. O. kamen zu dem Ergebnis, dass eine schmerzhafte Funktionsstörung der Lendenwirbelsäule bestehe und eine geringfügige Funktionsstörung der Kniegelenke. Die Beschwerden in der Lendenwirbelsäule bedingten einen GdB von 10. Der Gesamt-GdB betrage 40. Die nachgewiesene Osteopenie führe zu keiner Beeinträchtigung.
Mit Gerichtsbescheid vom 25.08.2011 hob das SG den Bescheid vom 11.09.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.04.2009 auf soweit darin ein GdB von weniger als 40 festgestellt wurde. Im Übrigen wies es die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, dass die verbliebenen Beschwerden in Folge der Magenkrebserkrankung mit einem GdB von 40 zu bewerten seien. Im April 2009 (gemeint: 2008) sei die Heilungsbewährung von fünf Jahren abgelaufen gewesen. Bei der nunmehr vorzunehmenden Neubeurteilung sei ein GdB von 40 in Übereinstimmung mit dem Vergleichsangebot des Beklagten anzunehmen. Der Kläger leide an einem leicht ausgeprägten Dumping-Syndrom und müsse mehrere Mahlzeiten täglich zu sich nehmen. Selten trete auch Durchfall auf. Die Wirbelsäulenbeschwerden seien mit einem GdB von 10 ausreichend berücksichtigt. Die Kammer schloss sich insofern dem Gutachten von Dr. G./Dr. O. an. Die Funktionseinschränkung des Kniegelenks sei mit einem GdB von 10 angemessen bewertet. Ausgeprägte Knorpelschäden und anhaltende Reizerscheinungen seien nicht aufgetreten. In Übereinstimmung mit Dr. H. sei das Frey-Syndrom mit maximal 10 zu bewerten und insofern vom Beklagten angemessen berücksichtigt worden. Der Gesamt-GdB betrage 40.
Gegen den seinen Prozessbevollmächtigten am 01.09.2011 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 27.09.2011 eingelegte Berufung des Klägers, zu deren Begründung er ausführt, dass die Folgen des Tumors weiterhin derart massiv in sein tägliches Leben eingriffen, dass die Schwerbehinderteneigenschaft weiterhin begründet sei. Es komme, wie schon der Arzt R. ausgeführt habe, häufig zum Dumping-Syndrom, insbesondere zwischen der ersten und zweiten Mahlzeit des Tages. Im Jahr 2010 sei er zwei Tage im Krankenhaus zur Beobachtung gewesen, weil er morgens nach dem Aufstehen ohnmächtig geworden sei. Zeitweise trete eine starke Tagesmüdigkeit auf, deren Ursache bisher nicht ermittelt sei. Der Kläger legte eine Schilderung seiner Beschwerden vor. Außerdem hat der Kläger einen Arztbrief des Krankenhauses Bad C. vom 09.12.2004 vorgelegt, in dem über jejunal adhäsiv miteinander verbundene Dünndarmschlingen wohl postoperativ nach Gastrektomie ohne Nachweis einer Stenose bei leichter Distension berichtet wird. Wahrscheinlich bestehe eine leichte Passagestörung, die je nach zugeführter Nahrungsmenge und Füllungszustand verschieden ausfalle. Die übrige Dünndarmpassage sei regulär. Im Übrigen wiederholte er seinen Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren.
Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 25.08.2011 abzuändern sowie den Bescheid vom 11.09.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.04.2009 insoweit aufzuheben als ein geringerer Grad der Behinderung als 50 festgestellt wurde.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht er sich auf die angefochtenen Bescheide, stimmt dem Gerichtsbescheid zu und meint, dass die Einwendungen des Klägers nicht geeignet seien, eine andere Entscheidung herbei zu führen. Er hat eine versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. W. vom 04.07.2012 vorgelegt, in der Dr. W. unter zusätzlicher Berücksichtigung einer Funktionsbehinderung des linken Kniegelenks und Schwindel mit einem Teil-GdB von jeweils 10 den Gesamt-GdB weiterhin mit 40 bewertet hat.
Der Senat hat zur Aufklärung des Sachverhalts den Internisten und Nephrologen Dr. M. schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt. Er hat am 18.05.2011 unter Vorlage seines Befundberichtes vom 16.03.2011 mitgeteilt, der Kläger sei seit Februar 2011 in seiner Behandlung. Er habe mitgeteilt, dass es wohl zu einer Duodenalstenose gekommen sei, später dann immer häufiger zu Verdauungsstörungen mit Stuhlunregelmäßigkeiten. Zuletzt sei wieder zwei bis dreimal täglich normal geformter Stuhl zu verzeichnen gewesen. Teilweise sei es zu starken Krämpfen ohne Stuhlentleerung gekommen, dann wieder habe es längere Intervalle ohne Krämpfe gegeben. Konkrete Nahrungsmittel seien als Auslöser nicht erkennbar. Er nehme über den Tag verteilt 10 Mahlzeiten zu sich. Sein Gewicht sei konstant bei 70 kg bei einer Körpergröße von 180 cm. In den vergangenen Monaten seien wiederholt Laboruntersuchungen wegen Hyperglykämien durchgeführt worden. Dr. M. hat ein unauffälliges Sonogramm der Pankreas bei Meteorismus festgestellt. Die Beschwerden seien als Postgastrektomie-Syndrom einzustufen mit typischen Symptomen, die der Kläger allerdings gut im Griff zu haben scheine. Sie würden lebenslang Beschwerden verursachen, die im Verlauf auch stark schwanken könnten. In einem Telefongespräch am 20.03.2012 habe der Kläger unveränderte Darmprobleme mit erheblichen Beschwerden berichtet. Es komme zu explosionsartigen Stuhlentleerungen mit heftiger Diarrhoe und sehr mühsamer Defäkation. Der Gesamtzustand erzeuge eine ausgeprägte Tagesmüdigkeit. Dr. M. hat die Beschwerden als persistierende Behinderung bezeichnet.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf einen Band Verwaltungsakten des Beklagten, einen Band Akten des Sozialgerichts Stuttgart und die beim Senat angefallenen Akten.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte und nach § 151 SGG auch insgesamt zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat die Gesundheitsbeeinträchtigungen des Klägers zurecht mit einem GdB von 40 bewertet.
Zur weiteren Begründung nimmt der Senat Bezug auf die Ausführungen des SG im Gerichtsbescheid vom 25.08.2011, denen er sich nach eigener Prüfung anschließt, § 153 Abs. 2 SGG. Im Hinblick auf das Berufungsverfahren ist ergänzend wie folgt auszuführen:
Die angefochtenen Bescheide sind nicht bereits formell rechtswidrig. Ein möglicherweise durch das in sich widersprüchliche Schreiben vom 29.07.2008 (keine Schwerbehinderten-Eigenschaft mehr - GdB 80) geschehener Anhörungsfehler (§ 24 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - SGB X) wurde jedenfalls im Widerspruchsverfahren durch die erneute Anhörung mit Schreiben vom 10.03.2009 geheilt, § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X.
Auch aus der Zeugenaussage von Dr. M. ergibt sich kein höherer GdB als 40 für die Folgen der Entfernung des Magens. Nach Nr. 10.2.1 Teil B der versorgungsmedizinischen Grundsätze (VG), Anlage zu § 2 Versorgungsmedizin-Verordnung wird der GdB bei Totalentfernung des Magens ohne Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes je nach Beschwerden mit 20 bis 30 berücksichtigt, bei Beeinträchtigungen des Kräfte- und Ernährungszustands und/oder Komplikationen wie z.B. dem Dumping-Syndrom wird ein GdB von 40 bis 50 festgestellt. Beim Kläger liegt nach Angaben von Dr. M. , die im Wesentlichen mit den im sozialgerichtlichen Verfahren eingeholten Zeugenaussagen des Arztes R. und Dr. Ma. übereinstimmen, keine Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustands vor. Der Kläger kann sein Gewicht mit entsprechendem Aufwand durch 10 bis 11 Mahlzeiten am Tag halten. Er ist bei einem Gewicht von 70 kg bei einer Körpergröße von 180 cm nicht relevant untergewichtig. Allerdings ist es beim Kläger zu einer Komplikation in Form des Dumping-Syndrom gekommen, das nach den Angaben von Dr. M. , die im Wesentlichen mit den Mitteilungen von Dr. Ma. und im Ergebnis auch mit denjenigen des Arztes R. übereinstimmen, mal mehr mal weniger Beschwerden verursacht. Der Kläger kommt mit dieser Komplikation nach den überzeugenden Angaben von Dr. M. relativ gut zurecht. Insofern ist das SG zu Recht davon ausgegangen, dass die beim Kläger vorliegenden Folgen der Magenentfernung als Zustand mit Komplikationen einzuordnen ist. Im dadurch eröffneten Rahmen eines GdB von 40 bis 50 sind die Beschwerden im unteren Bereich einzuordnen. Um die Beschwerden des Klägers in einem GdB zutreffend abzubilden, ist die aus dem Dumping-Syndrom folgende schwankende Beeinträchtigung in einem längeren Zeitraum zu betrachten und sodann ein langfristiger Durchschnitt der tatsächlich vorliegenden Beschwerden zu bilden (VG Nr. 2 f Satz 3). Im langfristigen Durchschnitt sind die Komplikationen eher durchschnittlich bis unterdurchschnittlich ausgeprägt, so dass ein GdB vom 40 ausreichend ist.
Auch aus dem vom Kläger vorgelegten Bericht des Krankenhauses Bad C. vom 09.12.2004 ergeben sich keine Gründe für eine Höherbewertung des GdB. Aus diesem Bericht ergibt sich, dass beim Kläger eine Passagestörung des Dünndarms vorliegt, die je nach Menge der Nahrungsaufnahme zu krampfartigen Beschwerden führt. Ein Darmverschluss ist - entgegen des Vortrags des Klägers im Verwaltungsverfahren - bisher nicht aufgetreten. Diese Passagestörung ist nach dem vorgelegten Arztbrief Folge der Entfernung des Magens. Dr. M. beschreibt die krampfartigen Beschwerden als noch typische Folge der Magenentfernung. Diese Beschwerden sind insofern bereits im Rahmen der als "Dumping-Syndrom" bezeichneten Komplikation der Magenentfernung berücksichtigt und können deshalb nicht zu einer weiteren Erhöhung des GdB für diese Beschwerden führen.
Die übrigen Behinderungen des Klägers hat das SG zutreffend mit einem GdB von je 10 bewertet. Der Kläger hat insofern keine neuen Befunde vorgetragen, der Senat sieht auch im Übrigen keinen Ansatzpunkt für eine andere Bewertung oder weitergehende Ermittlungen.
Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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