L 12 AS 1882/11

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 10 AS 359/11
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AS 1882/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 AS 5/13 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 19.09.2011 wird zurückgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Höhe der dem Kläger im Zeitraum August 2008 bis Januar 2009 zu gewährenden Kosten der Unterkunft (KdU) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Der 1950 geborene Kläger, der bis 07.08.2007 Arbeitslosengeld I erhalten hat, bezieht von dem Beklagten seit August 2007 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II. Er bewohnte zunächst etliche Jahre kostenlos ein Zimmer in einer 76,51 qm großen Dreizimmerwohnung einer Bekannten unter der Anschrift L-Straße 00, 8. OG, N. Im Juni 2007 übernahm er die Wohnung selbst und vermietete seinerseits zwei Räume zu einer monatlichen Miete von 430,00 Euro (warm) an einen Untermieter. Die Mietkosten der Wohnung betrugen zunächst insgesamt 530,42 Euro. Neben der Grundmiete von 428,46 Euro, die um einen freiwilligen Verzicht der vermietenden T GmbH um 45,14 Euro gemindert wurde, waren laut Mietvertrag vom 24.05.2007 in der Gesamtmiete ein Betriebskostenabschlag von 135,00 Euro und Kabelanschlusskosten in Höhe von 12,10 Euro enthalten. Des Weiteren musste der Kläger monatliche Abschlagszahlung für Frischwasser laut eigenem Vertrag mit der F GmbH in Höhe von 15,50 Euro und für Heizwärme und Warmwasser in Höhe von 61,50 Euro zahlen. Der Untermieter zog zum 16.09.2007 aus.

Mit Schreiben vom 18.09.2007 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass dieser sich um Kostensenkung bemühen müsse, da seine Wohnung die unter Berücksichtigung des örtlichen Mietpreisniveaus angemessene Mietgrenze von 428,85 Euro (Kaltmiete plus Nebenkosten) um 101,57 Euro überschreite. Die derzeitige Miete von 530,42 Euro werde in voller Höhe als Bedarf längstens bis 29.02.2008 berücksichtigt. Ab 01.03.2008 würden bei der Leistungsfestsetzung nur noch die angemessenen Kosten anerkannt.

Die Vermieterin des Klägers erhöhte die Miete mit Schreiben vom 10.12.2007 zum 01.01.2008 und machte nunmehr selbst einen Abschlag auf Heizung und Warmwasser geltend. Die Miete belief sich danach auf insgesamt 611,24 Euro. Dabei betrug die Grundmiete 432,28 Euro abzüglich eines Verzichts in Höhe von 45,14 Euro. Die Betriebskostenvorauszahlung wurde um einen Kostenanteil für Entwässerung auf 122,00 Euro gemindert, die Kabelkosten blieben mit 12,10 Euro gleich. Der Abschlag für Frischwasser, Entwässerung, Warmwasser und Heizung betrug 90,00 Euro (Frischwasseranteil 15,00 Euro, Kostenanteil für Entwässerung 13,00 Euro). Im Zeitraum Juli 2008 bis Januar 2009 wurde die Miete mit 611,14 Euro berechnet, wobei die Kabelkosten in Höhe von 12,00 Euro in die Betriebskostenvorauszahlung eingingen (nunmehr 134,00 Euro).

Der Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 13.02.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.05.2008 Leistungen für den Zeitraum vom 01.02.2008 bis 31.07.2008. Dabei berücksichtigte er ab 01.03.2008 nur noch die von ihm für angemessen gehaltenen Kosten der Unterkunft.

Mit Bescheid vom 18.06.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2011 gewährte er Leistungen für den Zeitraum vom 01.08.2008 bis 31.01.2009.

Für August 2008 berechnete er Leistungen in Höhe von 899,23 Euro (351,00 Euro Regelleistung; 479,28 Euro KdU; 69,00 Euro befristeter Zuschlag nach § 24 Abs. 2 SGB II).

Für September 2008 bis Januar 2009 berechnete er Leistungen in Höhe von 886,28 Euro (351,00 Euro Regelleistung; 479,28 Euro KdU; 56,00 Euro befristeter Zuschlag nach § 24 Abs. 2 SGB II).

Der Kläger hat am 09.05.2011 Klage beim Sozialgericht (SG) Münster erhoben und unter Aufhebung des Bescheides vom 18.06.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2011 begehrt, ihm die vollen Mietkosten zu zahlen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen auf seine Ausführungen im parallelen Klageverfahren verwiesen, in dem er dargelegt hat, dass er sich stets, so bei Wohnungsgesellschaften und auf Zeitungsinserate um eine kleinere Wohnung bemüht, aber keine gefunden habe. Zudem sei ihm aus gesundheitlichen Gründen ein Umzug nicht zumutbar.

Das SG hat den Beklagten mit Urteil vom 19.09.2011 verpflichtet, dem Kläger im streitigen Zeitraum monatlich weitere 4,74 Euro zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Der Bescheid vom 18.06.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2011 sei nur insoweit rechtswidrig als dem Kläger 4,74 Euro mehr an Kosten für Unterkunft und Heizung zustünden.

Nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II würden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen seien. Angemessen seien eine Grundmiete von 334,45 Euro, kalte Betriebskosten von 94,50 Euro und eine Heizkostenvorauszahlung von 55,17 Euro. Hinsichtlich der Begründung hat das SG zunächst umfassend auf das Urteil S 10 (15) AS 145/08 vom selben Tag verwiesen. Danach hat es als angemessen im Sinne der Vorschrift des § 22 SGB II unter Zugrundelegung der Produkttheorie des Bundessozialgerichts (BSG) im Fall des Klägers eine Grundmiete von 324,45 Euro angesehen. Für den streitgegenständlichen Zeitraum (01.08.2008 bis 31.01.2009) betrage die angemessene Wohnfläche für einen Alleinstehenden 45 qm. Ob die Ermittlung des vom Beklagten zugrunde gelegten Standardquadratmetermietpreises von 7,43 Euro (= 334,45 Euro für 45 qm) für den hier anzunehmenden Vergleichsraum N den Anforderungen des BSG an ein schlüssiges Konzept standhalte, sei fraglich, könne aber im Ergebnis dahinstehen, denn nach eigener Berechnung des Gerichts, die auf dem Mietspiegel für N 2007 beruhe, sei ein Quadratmeterpreis von lediglich 7,21 Euro (= 324,45 Euro für 45 qm) angemessen. Die Angemessenheit des Quadratmeterpreises ergebe sich zudem aus einem Vergleich mit den Werten der rechten Spalte der Wohngeldtabelle zu § 8 Wohngeldgesetz (WoGG) in der bis 31.12.2008 (a.F.) bzw. § 12 WoGG in der seit 01.01.2009 geltenden Fassung (n.F.). Auf diese sei nach BSG dann zurückzugreifen, wenn es am schlüssigen Konzept und weiteren lokalen Erkenntnismöglichkeiten mangele. Für N, das in die Mietenstufe IV eingeordnet sei, ergebe sich bei einem Haushaltsmitglied ein Höchstbetrag von 358,00 Euro Miete monatlich. Der Beklagte habe dem Kläger mit 428,85 Euro im streitigen Zeitraum sogar knapp 20 % höhere Leistungen gewährt.

Der Beklagte habe die unangemessenen Kosten ab 01.03.2008 auch nicht mehr übernehmen müssen. Der Kläger sei ordnungsgemäß zur Kostensenkung aufgefordert worden und Wohnungen zu dem angemessenen Mietpreis nach Auffassung des Gerichts auch tatsächlich vorhanden gewesen. Letzteres ergebe sich aus den vom Beklagten eingereichten Zeitungsinseraten, nach denen bereits für den Zeitraum August bis September 2008 128 Wohnungen nachgewiesen worden seien. Selbst wenn man berücksichtige, dass hiervon zum Teil Wohnungen mehrfach oder doppelt inseriert wären, genüge diese Anzahl um zu dokumentieren, dass Wohnungen zu dem vom Beklagten als angemessen erachteten Mietpreis am Wohnungsmarkt auch tatsächlich vorhanden gewesen sei. Dagegen lasse sich auch nicht einwenden, dass über September 2008 hinaus keine weiteren Inserate zu den Akten gereicht worden seien, denn nach Auffassung des Gerichts habe der Beklagte ausreichend dokumentiert, dass entsprechender Wohnraum am Wohnmarkt vorhanden sei. Soweit der Kläger geltend mache, er habe sich hinreichend um Kostensenkung bemüht, könne dem nicht gefolgt werden. Die von ihm angeführten Nachweise (Meldung als wohnungssuchend bei drei Wohnungsgesellschaften, Bewerbung um eine einzelne Wohnung bei einer weiteren Wohnungsbaugesellschaft) würden nicht ausreichen, um ernsthafte Kostensenkungsbemühungen zu dokumentieren.

Im Verfahren S 10 (15) AS 145/08, auf das das SG verwiesen hat, ist weiter ausgeführt, dass dem Kläger ein Umzug auch zumutbar sei. Die bei ihm vorliegenden Gesundheitsbeeinträchtigungen stünden insbesondere unter Berücksichtigung des Gutachtens des Dr. D einem Umzug nicht entgegen. Darüber hinaus sei anzumerken, dass auch der behandelnde Arzt nur bei einem erzwungenen Aus- bzw. Umzug, nicht aber bei einem freiwilligen Auszug von einer Belastung des Klägers ausgehe. Diesen Eindruck habe das Gericht auch in den persönlichen Anhörungen des Klägers gewonnen, der eingeräumt habe, dass ein Umzug im näheren Umfeld für ihn kein Problem sei. Selbst ein erzwungener Umzug wäre aus gesundheitlichen Gründen zur Überzeugung des Gerichts nicht unmöglich. Dies könne zwar nach den Angaben der Ärzte zu einer gewissen Exazerbation der Erkrankung führen. Der Umzug wäre aber nur ein weiterer und insofern beliebiger Anstoß, den jede andere Begebenheit auch darstellen könne und schon dargestellt habe. Ein Zwang liege im Übrigen aber auch nicht vor, da der Beklagte zu Zwangsmaßnahmen weder befugt sei noch mit solchen gedroht habe. Dem Kläger stehe die Auswahl der Kostensenkungsbemühungen frei, wobei neben einem Auszug auch die Untervermietung in Betracht komme.

Die Betriebskostenvorauszahlung habe der Beklagte unter Zugrundelegung eines Wertes von 2,10 Euro/qm nach dem Betriebskostenspiegel für Deutschland des Deutschen Mieterbundes e.V. bei 45 qm zutreffend mit 94,50 Euro beziffert. Vorliegend seien keine Gründe ersichtlich, die auf einen für N abweichenden höheren Wert hinwiesen.

Dem Kläger stünden für den Zeitraum 01.08.2008 bis 31.01.2009 Heizkosten in Höhe von 55,17 Euro zu. Er habe eine Heizkostenvorauszahlung von 61,50 Euro zu leisten gehabt, in der auch ein Betrag für Warmwasserversorgung enthalten gewesen sei. Dieser sei nach der Rechtsprechung des BSG bereits in der Regelleistung enthalten und damit in Abzug zu bringen (BSG Urteil vom 27.02.2008 - B 14/11b AS 15/07 R; Urteil vom 19.02.2009 - B 4 AS 48/08 R). Hier sei pauschal (nur) der Regelleistungsanteil von 4,74 Euro abzuziehen, wenngleich möglicherweise höhere tatsächliche Warmwasserkosten angefallen seien, da es an einer konkreten Erfassung der tatsächlichen Warmwasserkosten fehle. Die auf § 9 Abs. 2 der Heizkostenverordnung erfolgte Abrechnung der Vermieterin des Klägers sei nicht mit einer konkreten Erfassung tatsächlicher Kosten gleichzustellen.

Gegen das ihm am 28.09.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 25.10.2011 Berufung eingelegt. Zusammengefasst trägt er vor, dass der Richter nicht zur Kenntnis nehme, dass er zwei Jahre auf Wohnungssuche gewesen sei und keine Wohnung habe finden können. Auch kämen auf eine Wohnung über 100 Bewerber und es erhielten immer die Anderen die Wohnung. Auf dem privaten Wohnungsmarkt seien Hartz-IV-Empfänger unerwünscht. Eine Wohnung, die ihm angeboten worden sei, habe der Beklagte ihm nicht bewilligt. Der Richter nehme weiterhin nicht zur Kenntnis, dass er aus gesundheitlichen Gründen nicht umziehen könne. Seinem Antrag, Dr. D als Zeugen vorzuladen, sei das SG nicht nachgekommen. Seine soziale Lage werde nicht zur Kenntnis genommen. Er erhalte monatlich 374,00 Euro, von denen er 132,44 Euro Mietanteil zahlen und daher von 241,56 monatlich menschenunwürdig leben müsse. Seinem Berufungsbegehren hat der Kläger Atteste des Dr. H vom 02.03.2012 und des Dr. E vom 09.02.2012 beigefügt, in denen die Gefahr einer Verschlimmerung der Erkrankung bei Umzug beschrieben wird.

Der Kläger, der seine Auffassung noch einmal in einer dem Senat in der mündlichen Verhandlung vom 20.06.2012 überreichten schriftlichen Erklärung dargelegt hat, beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 19.09.2011 zu ändern und den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 18.06.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2011 zu verurteilen, weitere Kosten der Unterkunft und Heizung vom 01.08.2008 bis 31.01.2009 zu gewähren, und zwar in Höhe der Differenz zwischen den tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung und den bisher vom Beklagten gewährten Kosten der Unterkunft und Heizung.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vom Beklagten beigezogenen Verwaltungsakte verwiesen; dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage - über die Gewährung weiterer 4,74 Euro monatlich im streitigen Zeitraum hinaus - zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 18.06.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Der Kläger hat keinen Anspruch auf höhere Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung im Zeitraum August 2008 bis Januar 2009 als vom Beklagten unter Berücksichtigung der Nachzahlung aufgrund des Urteilsausspruchs des Sozialgerichts bereits gewährt.

Streitgegenstand sind lediglich Ansprüche auf Leistungen für KdU, da der Kläger den Streitstoff zulässig bereits mit der Klage hierauf beschränkt hat (vgl. zur Zulässigkeit der Beschränkung für Zeiträume vor der Neuregelung des SGB II z.B. BSG Urteil vom 06.10.2011 - B 14 AS 131/10 R Rn 16 m.w.N.).

Der Kläger erfüllt die in § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 3 und 4 SGB II genannten grundsätzlichen Voraussetzungen für einen Leistungsbezug nach dem SGB II. Insbesondere war er ausweislich des für die Bundesagentur für Arbeit eingeholten Gutachtens von Dr. B vom 06.02.2009 unter Berücksichtigung des Gutachtens von Dr. T vom 02.02.2009 erwerbsfähig. Er war auch hilfebedürftig gem. §§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 9 Abs. 1 SGB II, da er seinen Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern konnte und die erforderliche Hilfe nicht von Anderen erhielt.

Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs. 1 S. 1 SGB II). Zu Recht hat der Beklagte die vom Kläger tatsächlich aufgewendete Bruttokaltmiete in Höhe von 549,64 Euro (Grundmiete 387,14 Euro zzgl. Betriebskosten 134,00 Euro, zzgl. Frischwasser 15,50 Euro, zzgl. Entwässerung 13,00 Euro) als unangemessen angesehen. Die statt der tatsächlichen Kosten als angemessen festgesetzten Kosten von 428,85 Euro (Bruttokaltmiete) sind nach Auffassung des Senats nicht als zu gering zu beanstanden. Dabei lässt der Senat dahinstehen, ob die Ermittlungen des Beklagten den Anforderungen des BSG an ein schlüssiges Konzept genügen. Ebenfalls kann offenbleiben, ob eine eigene Berechnung des Sozialgerichts eine ausreichende Beurteilungsgrundlage bildet, wenn der Leistungsträger dieses Berechnungsmodell nicht als "eigenes schlüssiges Konzept" annimmt (vgl. hierzu kritisch Boerner in Löns/Herold-Tews, SGB II, 3. Aufl. 2011, § 22 Rn 44). Denn der Kläger hat auch dann keinen Anspruch auf höhere Leistungen für KdU, wenn ein schlüssiges Konzept zu verneinen wäre und dem Beklagten die Nachreichung eines solchen Konzepts im Prozess nicht gelingt. Zutreffend hat das SG in seinen ergänzenden Überlegungen darauf hingewiesen, dass die angemessene Miete in diesen Fällen durch die Tabellenwerte des Wohngeldgesetzes begrenzt wird (vgl. auch BSG Urteil vom 26.05.2011 - B 14 AS 132/10 R Rn 27; Urteil vom 18.02.2010 - B 14 AS 73/08 R Rn 29 - SozR 4-4200 § 22 Nr. 34). Für den hier streitigen Zeitraum ist von August bis Dezember 2008 der Höchstbetrag der rechten Spalte in § 8 WoGG a.F., ggf. durch einen Sicherheitszuschlag maßvoll erhöht, heranzuziehen. Für Januar 2009 ist auf § 12 WoGG n.F. abzustellen. Der für den Kläger als einzelnes Haushaltsmitglied bei der für N geltenden Mietenstufe IV heranzuziehende Wert in § 8 WoGG a.F. beträgt 325,00 Euro, bei zusätzlicher Berücksichtigung eines Sicherheitszuschlags von 10 % 357,50 Euro. Der nach § 12 WoGG n.F. heranzuziehende Wert beträgt 358,00 Euro. Da die vom Beklagten monatlich mit 428,85 Euro festgesetzten Beträge der Bruttokaltmiete sogar weit über diesen Grenzen liegen, sind die dem Kläger im streitigen Zeitraum gewährten Leistungen keinesfalls zu niedrig, vielmehr zu seinen Gunsten zu hoch festgesetzt worden.

Eine Übernahme der die Angemessenheitsgrenze überschreitenden tatsächlichen Kosten des Klägers gem. § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II kommt nicht in Betracht. Dem Kläger war eine Kostensenkung sowohl subjektiv und objektiv möglich als auch zumutbar. Er hatte aufgrund der ordnungsgemäßen Kostensenkungsaufforderung des Beklagten Kenntnis von seiner Kostenminderungspflicht, seine gesundheitlichen Leiden standen nach dem Beweisergebnis einer Kostenminderung insbesondere auch einem Umzug nicht entgegen und es ist davon auszugehen, dass Unterkunftsalternativen zur Verfügung gestanden haben. Auf die diesbezüglichen zutreffenden und ausführlichen Ausführungen des SG, die sich der Senat nach Überprüfung zu eigen macht, wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG). Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der Kläger selbst auch in seiner Berufungsbegründung angibt, ihm sei ein Umzug grundsätzlich möglich.

Die Heizkosten, die der Kläger in Höhe von 61,50 Euro monatlich zu zahlen hatte (90,00 Euro Pauschale abzüglich 13,00 Euro Entwässerungskosten, abzüglich 15,50 Euro Frischwasserkosten) waren mindestens um die Warmwasserpauschale in Höhe von monatlich 6,33 Euro zu bereinigen (vgl. hierzu z.B. BSG Urteil vom 27.02.2008 - B 14/11b AS 15/07 R Rn 27 - BSGE 100, 94). Die dem Kläger damit zustehende Leistung für Heizkosten von 55,17 Euro monatlich hat der Beklagte in der tatsächlichen Höhe gezahlt, so dass sich aus diesem Kostenanteil kein höherer Zahlungsanspruch herleiten lässt. Ob ggf. sogar ein höherer Abzug für Warmwasserkosten vorzunehmen gewesen wäre, bedurfte keiner Erörterung, da lediglich der Kläger, nicht aber der Beklagte gegen das Urteil des SG Berufung eingelegt hat.

Die Ausführungen des Klägers im Berufungsverfahren vermögen nicht zu einem anderen Ergebnis zu führen. Dass er tatsächlich mit einem geringen Geldbetrag im Monat als der Regelleistung für die Haushaltsführung auskommen muss, liegt in seinem eigenen Verantwortungsbereich und nicht dem des Beklagten. Dem Kläger wurde im streitigen Zeitraum vom Beklagten der für jeden alleinlebenden Leistungsberechtigten geltende Regelsatz zur Verfügung gestellt. Welche Ausgaben er hiervon im Einzelnen tätigt und insbesondere, ob er einen erheblichen Teil des Regelsatzes (im streitigen Zeitraum ca. 127 Euro) dafür aufwendet, eine unangemessen große (bzw. teure) Wohnung weiter (allein) zu unterhalten, obliegt seiner persönlichen Entscheidung.

Soweit der Kläger rügt, dass das Sozialgericht nicht wie von ihm beantragt Dr. D als Zeugen im Termin vernommen habe, ist dies weder verfahrensfehlerhaft noch im Berufungsverfahren nachzuholen. Konkrete Fragen, die für die Beurteilung der hier streitigen Angelegenheit einer Beantwortung bedürften, sind weder erkennbar noch vom Kläger vorgetragen worden. Die vom Kläger vorgelegten (neueren) Atteste stellen inhaltlich lediglich eine Wiederholung der von den behandelnden Ärzten bereits zuvor ausgestellten Attesten dar und sind von Dr. D und auch dem Sozialgericht ausreichend berücksichtigt worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) nicht als gegeben angesehen.
Rechtskraft
Aus
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