Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
24
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 1 KA 101/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 24 KA 88/09 WA
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 18. Juli 2007 aufgehoben. Die Klage des Klägers wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen eine Regressforderung des Beklagten in Höhe von 7.595,07 Euro wegen der Verordnung des Arzneimittels Wobe-Mugos E.
Dieses Arzneimittel war seit Mitte der 1970er Jahre entsprechend den damaligen arzneimittelrechtlichen Bestimmungen – damals noch unter anderer Bezeichnung – im Verkehr (vgl. §§ 6 ff Arzneimittelgesetz (AMG) vom 16. Mai 1961, BGBl I 533, mit späteren Änderungen). Der seinerzeitige pharmazeutische Hersteller teilte aus Anlass der Neuordnung des Arzneimittelrechts von 1976 (Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelrechts vom 24. August 1976 (NeuordnungsG), BGBl I 2445; – Art 1: Neufassung des AMG; Art 10: Inkrafttreten zum 1. Januar 1978) in seiner Anzeige vom Juni 1978 dem damals zuständigen Bundesgesundheitsamt mit, dass dieses Arzneimittel bereits Mitte 1976 und auch noch Anfang 1978 auf dem deutschen Markt gewesen sei und dass das Anwendungsgebiet die Langzeitbehandlung maligner Tumore und die Metastasenprophylaxe im Wege rektaler Darreichung sei (zur Übergangsregelung s Art 3 § 7 NeuordnungsG). Die spätere neue Herstellerin, die Mucos Pharma GmbH & Co KG, beantragte im Dezember 1989 die Verlängerung der Zulassung, wobei sie als Anwendungsform die orale Darreichung angab. Das nunmehr zuständige Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) lehnte den Antrag mit Bescheid vom 9. Juni 1998 ab, weil wegen des Wechsels der Darreichungsform zwischen dem 1978 angezeigten und dem zur Nachzulassung anstehenden Arzneimittel keine Identität bestehe; eine Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit erfolgte nicht (zur aufschiebenden Wirkung und zur Möglichkeit der Anordnung sofortiger Vollziehung vgl. § 105 Abs. 5b AMG in der bis heute fortgeltenden Fassung vom 9. August 1994, BGBl I 2071). Im Klageverfahren blieb die Herstellerin ohne Erfolg (Oberverwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 7.4.2005 – 5 B 8.03 – juris – rechtskräftig). Danach, zum 1. September 2005, nahm die Herstellerin das Arzneimittel aus dem Verkehr. Der 1. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) entschied mit Urteil vom 27. September 2005 entschieden, dass gesetzlich Versicherte die Versorgung mit Wobe-Mugos E bereits nicht mehr beanspruchen konnten, nachdem der Zulassungsantrag abgelehnt worden war (BSGE 95, 132 = SozR 4-2500 § 31 Nr. 3). In diesem Urteil ist ausgeführt, für einen Versorgungsanspruch reiche nicht aus, dass mangels Anordnung sofortiger Vollziehung noch eine Zulassungsfiktion bestanden habe (sog Nachzulassungs-Status, BSGE a. a. O. RdNr. 10 bzw. SozR a. a.O. RdNr. 17). Aufgrund der aufschiebenden Wirkung sei zwar die Verkehrsfähigkeit im Sinne des AMG erhalten geblieben (BSG, a. a O. RdNr. 9-11 bzw. 16-18). Dies habe aber Versorgungsansprüche der Versicherten und Leistungspflichten der Krankenkassen gemäß dem Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) nicht begründen können, weil diese eine Überprüfung von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit nach dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse auf der Grundlage zuverlässiger wissenschaftlich nachprüfbarer Aussagen voraussetzten (BSGE a. a. O. RdNr. 18-20 bzw. SozR a. a. O. RdNr. 25-27). Seit der Ablehnung der Verlängerung der Zulassung durch den Bescheid vom 9. Juni 1998 sei ein Versorgungsanspruch zu verneinen (vgl. BSGE a. a. O. RdNr. 13 f, 16 ff bzw. SozR a. a. O. RdNr. 20 f, 23 ff).
Der Kläger, Facharzt für Rehabilitative Medizin, ist zur vertragsärztlichen Versorgung im Bezirk der Beigeladenen zu 1) zugelassen. Im Quartal I/1999 verordnete er in acht, im Quartal II/1999 in achtzehn und im Quartal III/1999 in einundzwanzig Fällen das Arzneimittel Wobe-Mugos E.
Die Anträge der Beigeladenen zu 2) vom 29. November 1999, 21. März 2000 und vom 28. Juni 2000 auf Schadenfeststellung wies der Prüfungsausschuss zunächst mit Beschluss vom 24. September 2001 mit der Begründung zurück, dass Wobe-Mugos E verordnungsfähig sei. Zwar habe das Bundesinstitut für Arzneimittel- und Medizinprodukte den Antrag der Herstellerfirma auf Verlängerung der Zulassung negativ beschieden. Dieser Bescheid sei jedoch nicht bestandskräftig. Aufgrund der aufschiebenden Wirkung des Klageverfahrens bestehe die fiktive Zulassung fort. Auf den Widerspruch der Beigeladenen zu 2) hob der Beklagte den Beschluss des Prüfungsausschusses mit Widerspruchsbescheid vom 30. November 2005 auf und setzte für die von dem Kläger in den vorgenannten Quartalen vorgenommenen Verordnungen von Wobe-Mugos E Arzneimittelregresse in Höhe von insgesamt 7.595,07 Euro (14.835,12 DM (Quartal I/1999: 2.152,20 DM, Quartal: II/1999: 5.655,77 DM und Quartal III/1999: 7.027,15 DM)) fest.
Das Sozialgericht Potsdam hat auf die Klage des Klägers den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 30. November 2005 aufgehoben und den Widerspruch der Beigeladenen zu 2) gegen den Bescheid des Prüfungsausschusses vom 24. September 2001 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass das Arzneimittel Wobe-Mugos E zwar nicht verordnungsfähig gewesen sei, der Beklagte dürfe aus Vertrauensschutzgründen gegen den Kläger aber keinen Regress festsetzen.
Gegen das dem Beklagten am 21. September 2007 zugestellte Urteil richtet sich seine Berufung vom 10. Oktober 2007. Zur Begründung bezieht er sich im Wesentlichen auf die Urteile des Bundessozialgerichts vom 5. November 2008 (B 6 KA 63/07 R und B 6 KA 64/07 R).
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 18. Juli 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurück zuweisen.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 30. November 2011 ist rechtmäßig. Der Beklagte hat zu Recht einen Arzneikostenregress in Höhe von 7.595,07 Euro festgesetzt. Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 18. Juli 2007 war aufzuheben. Die Klage war abzuweisen. Rechtsgrundlage des Arzneikostenregresses ist § 106 Abs. 2 SGB V. Danach wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung unter anderem durch arztbezogene Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen, und zwar entweder nach Durchschnittswerten oder anhand von Richtgrößenvolumina (a. a. O. Satz 1 Nr. 1) und/oder auf der Grundlage von Stichproben (a. a. O. Satz 1 Nr. 2) geprüft. Über diese Prüfungsarten hinaus können die Landesverbände der Krankenkassen mit den Kassenärztlichen Vereinigungen gemäß § 106 Abs. 2 Satz 4 SGB V andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren (vgl. zusammenfassend BSG SozR 4-2500 § 106 Nr. 17 RdNr. 12 f m. w. N.). Diese Prüfvereinbarungen ermächtigen regelmäßig auch zu Einzelfallprüfungen. Diese waren auch in § 15 Abs. 2 der hier einschlägigen Prüfvereinbarung vorgesehen. Einzelfallprüfungen sind insbesondere dann sachgerecht – und ihre Auswahl daher rechtmäßig –, wenn das individuelle Vorgehen eines Arztes in einem bestimmten Behandlungsfall hinsichtlich des Behandlungs- und Verordnungsumfangs am Maßstab des Wirtschaftlichkeitsgebots überprüft werden soll (vgl. BSG SozR 4-2500 § 106 Nr. 17 RdNr. 16). Die im vorliegenden Fall aufgrund vorgenannter Rechtsgrundlage durchgeführten Einzelfallprüfungen lassen Rechtsfehler nicht erkennen. Die Annahme der Unwirtschaftlichkeit einschließlich der Regressfestsetzung ist nicht zu beanstanden. Die von dem Kläger vorgenommenen Verordnungen von Wobe-Mugos E in den Quartalen I/1999 bis III/1999 waren nicht zulässig. Denn dieses Arzneimittel durfte nicht im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verordnet werden; insoweit bestand weder eine Leistungspflicht der Krankenkassen noch ein Versorgungsanspruch der Versicherten. Das Gericht legt seiner Entscheidung die Rechtsprechung des BSG zum Regress bei der Verordnung von Wobe-Mugos E zugrunde (vgl. Urteile vom 5. November 2008 – B 6 KA 63/07 R = SozR 4-2500 § 106 Nr. 21 – und – B 6 KA 64/07 R – Juris und bereits Urteil des Senats vom 5. März 2012 – L 24 KA 128/09 WA –; zitiert nach Juris). Ein Anspruch auf Versorgung besteht im Rahmen der GKV nur nach Maßgabe des § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 in Verbindung mit § 31 Abs. 1 SGB V. Diese Bestimmungen ergeben im Kontext mit den allgemeinen Regelungen der § 2 Abs. 1 Satz 3, § 12 Abs. 1 SGB V, dass im Rahmen der GKV nur solche Verordnungen zulässig sind, die die Gewähr für Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit, jeweils nach Maßgabe des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse, bieten (vgl. BSGE 95, 132 RdNr. 18f = SozR 4-2500 § 31 Nr. 3 RdNr. 25f). Dafür sind zuverlässige wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen über das Arzneimittel in dem Sinne erforderlich, dass der Erfolg der Behandlung mit ihm durch eine ausreichende Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist (vgl. hierzu BSGE a. a. O. RdNr. 18 bzw. SozR a. a. O. RdNr. 25). Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit sind im Bereich ärztlicher Behandlungen durch das Verfahren der Zulassung von Behandlungsmethoden durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) (bzw. bis 2003: durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen) in Verbindung mit der von diesem geschaffenen Richtlinie zur Bewertung der Methoden vertragsärztlicher Versorgung (Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung (seit 1. April 2006); – davor seit März 2000: Richtlinie zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs. 1 SGB V (BUB-Richtlinie)) gewährleistet. Danach sind Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Behandlungsmethoden anhand sogenannter randomisierter, doppelblind durchgeführter und placebokontrollierter Studien zu belegen (siehe dazu die Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung in Verbindung mit der Verfahrensordnung des G-BA § 14 ff bzw. früher BUB-Richtlinie §§ 7 ff). Demgegenüber geht das BSG im Arzneimittelbereich davon aus, dass für eine solche Überprüfung durch den Bundesausschuss kein Raum ist, wenn es sich um ein Fertigarzneimittel handelt, das nach Überprüfung von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit nach dem AMG zum Verkehr zugelassen wurde. Dieser Verweisung für die Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln im Rahmen der GKV auf das Arzneimittelzulassungsverfahren liegt die Annahme zugrunde, dass dieses Verfahren Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit in ähnlicher Weise wie das Überprüfungsverfahren durch den Bundesausschuss gewährleiste (zur Gleichwertigkeit und Ersatzfunktion vgl. die ersten Ansätze im Urteil des 1. Senats des BSG vom 23. Juli 1998 = BSGE 82, 233, 238 = SozR 3-2500 § 31 Nr. 5 S. 20; deutlicher dessen Urteil vom 19. März 2002 = BSGE 89, 184, 191 = SozR 3-2500 § 31 Nr. 8 S. 35 f; dies fortführend sein Urteil vom 19. Oktober 2004 = BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 1, jeweils RdNr. 13 und 14; dem folgend auch der 6. Senat des BSG mit Urteil vom 31. Mai 2006 = BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr. 5, jeweils RdNr. 55 a. E.). Wurde diese Prüfung durchlaufen und somit die erfolgreiche Anwendung des Arzneimittels anhand zuverlässiger wissenschaftlich nachprüfbarer Aussagen in einer ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt und ist dementsprechend für das Arzneimittel die Zulassung einschließlich der darin enthaltenen Ausweisung der Anwendungsgebiete erteilt worden, so ist es in diesem Umfang auch verordnungsfähig im Sinne des SGB V (vgl. BSGE 95, 132 RdNr. 18 = SozR 4-2500 § 31 Nr. 3 RdNr. 25 mit Bezugnahme auf BSGE 93, 1, 2 = SozR 4-2500 § 31 Nr. 1 RdNr. 7). In solchen Fällen ist also mit der Zulassung - und der damit gegebenen Verkehrsfähigkeit im Sinne des AMG – zugleich die Verordnungsfähigkeit im Rahmen der GKV gegeben. Keiner Erörterung bedarf im vorliegenden Fall die sog "vierte Hürde", d. h. die Frage, inwieweit für die Verordnungsfähigkeit in der GKV neben der Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit zusätzlich ein Nachweis der Wirtschaftlichkeit im Sinne einer Kosten-Nutzen-Bewertung gefordert werden kann. Denn Bestimmungen, die eine Kosten-Nutzen-Bewertung vorsehen (s. dazu z. B. die Errichtung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen gemäß § 139a, hier insbesondere Abs. 3 Nr. 5, in Verbindung mit § 35b SGB V) und zum Verordnungsausschluss wegen Unwirtschaftlichkeit ermächtigen (s dazu die Neufassung des § 34 SGB V durch Art 1 Nr. 22 GKV-Modernisierungsgesetz vom 14. November 2003, BGBl I 2190), sind erst zum 1. Januar 2004 eingeführt worden (vgl. dazu BSG, Urteil vom 6. November 2008 - B 1 KR 6/08 R – RdNr. 10 ff, 21 ff.) Vorliegend steht im Hinblick auf die streitigen Quartale noch der Zeitraum bis zum 31. Dezember 1999 in Frage, in dem es noch keine normativen Regelungen zur sog vierten Hürde gab. Vielmehr galt weiterhin der oben dargestellte Zusammenhang, dass aus der arzneimittelrechtlichen Zulassung eines Arzneimittels, sofern hierbei dessen Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit geprüft worden war, zugleich die Verordnungsfähigkeit im Rahmen der GKV gefolgert werden konnte. Für eine solche Schlussfolgerung von der arzneimittelrechtlichen Zulassung auf die Verordnungsfähigkeit fehlte aber dann die Grundlage, wenn der Zulassung keine - oder eine strukturell nur unzureichende – Überprüfung der Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit zugrunde lag. Solche Fälle arzneimittelrechtlicher Zulassung ohne Überprüfung von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit gab es während der Geltung des Übergangsrechts nach der Neuordnung des Arzneimittelrechts Ende der 1970er Jahre. Damals genügte für die Folgezeit ab dem 1. Januar 1978 eine Anzeige mit der Mitteilung über die bisherige Anwendung des Arzneimittels, damit dieses weiterhin als zugelassen galt (s. Art 3 § 7 Abs. 1 ff NeuordnungsG). Soweit ein Arzneimittel in dieser Weise, ohne Durchlaufen des Arzneimittelzulassungsverfahrens mit Gewähr für Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit, die Zulassung behielt bzw. diese verlängert wurde, fehlte es an den inhaltlichen Merkmalen, die es rechtfertigen konnten, die Arzneimittelzulassung als ausreichend auch für die Verordnungsfähigkeit im Rahmen der GKV zu akzeptieren (s. hierzu Urteil des 1. Senats des BSG vom 27. September 2005 = BSGE 95, 132 RdNr. 18 ff = SozR 4-2500 § 31 Nr. 3 RdNr. 25 ff m. w. N.; ebenso für den Fall, dass ein AMG-Zulassungsverfahren nicht einmal eingeleitet wurde: BSGE 82, 233, 235 ff = SozR 3-2500 § 31 Nr. 5 S. 17 ff). Für eine Schlussfolgerung von der arzneimittelrechtlichen Zulassung auf eine Verordnungsfähigkeit im Rahmen der GKV fehlt insbesondere dann eine Rechtfertigung, wenn die Zulassung bzw. die Verlängerung der Zulassung eines Arzneimittels ausdrücklich abgelehnt wurde und dieses lediglich deshalb weiterhin verkehrsfähig i.S. des AMG war, weil die Verlängerungsversagung noch nicht vollzogen wurde mangels Anordnung der Vollziehung gemäß § 105 Abs. 5b Satz 2 AMG. Die verfahrensrechtliche Position der aufschiebenden Wirkung, die darauf beruhte, dass der pharmazeutische Hersteller die Versagung der Verlängerung angefochten hatte, reicht nicht aus als Basis für die Annahme der Verordnungsfähigkeit im Rahmen der GKV. Hierzu hat der 1. Senat des BSG in seinem Urteil vom 27. September 2005 (a. a. O.) entsprechend dem Gesetzeswortlaut des Art 3 § 7 Abs. 1 NeuordnungsG ("gelten als zugelassen") davon gesprochen, dass lediglich eine "fiktive Zulassung" kraft aufschiebender Wirkung besteht. Dies kann eine Leistungspflicht der KKn und einen Anspruch der Versicherten auf Versorgung mit einem solchen Arzneimittel im Rahmen der GKV nicht begründen (vgl. BSG a. a. O.). Aus diesen Grundsätzen folgt für den vorliegenden Fall der Verordnung des Arzneimittels Wobe-Mugos E, dass der Kläger dieses im Jahre 1999 nicht im Rahmen der GKV verordnen durfte. Fehlt die Verordnungsfähigkeit, so ist Unwirtschaftlichkeit gegeben (vgl. BSG, Urteile vom 5. November 2008, a. a. O. m. w. N.). Die unwirtschaftliche Verordnungsweise ist dem Kläger in den in Rede stehenden Quartalen auch anzulasten, so dass ein Regress in Höhe des der Beigeladenen zu 2) entstandenen Schadens festzusetzen war. Einer vorherigen Beratung des Klägers nach § 106 Abs. 5 Satz 2 SGB V hat es hierzu nicht bedurft (vgl. BSG a. a. O.). Unerheblich ist auch, ob der Kläger ein Verschulden angelastet werden kann. Denn ein Verschuldenserfordernis besteht im Rahmen von Honorarkürzungen oder Verordnungsregressen gemäß § 106 SGB V nicht (vgl. BSG a. a. O., m. w. N.). Auch für eine Ermessensausübung ist bei einem Verordnungsregress kein Raum (vgl. BSG a. a. O., m.w. N.). Der Kläger kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen. Dass erst das Urteil des 1. Senats des BSG von 2005 den Zusammenhang zwischen arzneimittelrechtlicher Verkehrsfähigkeit und Verordnungsfähigkeit im Rahmen der GKV relativiert und Zweifel an der Verordnungsfähigkeit von Wobe-Mugos E begründet habe, während bei ihm Verordnungen aus 1999 betroffen seien, stellt keinen Vertrauenstatbestand dar (vgl. BSG a. a. O., m. w. N.). Ein strikter Zusammenhang zwischen arzneirechtlicher Verkehrsfähigkeit und Verordnungsfähigkeit im Rahmen der GKV hat niemals bestanden. Dies ergibt sich schon aus dem Sinngefüge des SGB V, wonach nur solche Behandlungen und Verordnungen zu Lasten der GKV gestattet sind, bei denen aufgrund eingehender Prüfung die Gewähr von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit besteht. In diesem Sinne haben es auch bereits früher Gerichte entschieden, auch zweitinstanzlich, so z.B. das LSG Rheinland-Pfalz, das in einem Urteil von 1998 die vom BSG formulierten Grundsätze (BSGE 82, 233 = SozR 3-2500 § 31 Nr. 5) konkret auf Wobe-Mugos E angewendet hat (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22.10.1998 – L 5 K 22/97 – zitiert nach Juris; a. A. allerdings auch in späterer Zeit einige Prüfgremien sowie Sozialgerichte). Bei einer solchen Lage, in der unterschiedliche Ansichten vertreten wurden, gab es keine tragfähige Grundlage für die Bildung eines Vertrauenstatbestandes in dem von der Klägerin geltend gemachten Sinn. Auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist nicht verletzt. Dabei ist schon zweifelhaft, inwieweit nach der bereits vorstehend umfänglich vorgenommenen Prüfung überhaupt noch Raum für eine Heranziehung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sein kann. Selbst wenn man hierfür aber Raum sähe, könnte dies nicht zu einem Erfolg für den Kläger führen. Denn mit Wobe-Mugos E ist ein Arzneimittel betroffen, bei dem Zweifel an der Verordnungsfähigkeit offensichtlich waren: Das Arzneimittel war ursprünglich für die rektale Anwendung auf den Markt gebracht worden; dann sollte eine Fortführung der Zulassung für die orale Anwendung erreicht werden. Nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits – und daher offenzulassen – ist die Frage, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen ein Arzt, der von einem pharmazeutischen Hersteller zur Verordnung nicht verordnungsfähiger Arzneimittel veranlasst bzw. verleitet wurde und Regress an die vertragsärztlichen Institutionen leisten muss, Rückgriff gegen den Hersteller nehmen kann (BSG a. a. O.). Schließlich folgt eine andere Beurteilung auch nicht aus den Grundsätzen des BVerfG in seiner Entscheidung vom 6. Dezember 2005 (BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 5). Eine Erweiterung des Leistungsrahmens im vorliegenden Fall – sofern hier eine lebensbedrohliche Erkrankung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts angenommen werden kann – scheitert jedenfalls daran, dass nicht ersichtlich ist, dass der Kläger bzw. ihre Patientin die denkbaren anderen – zugelassenen – Behandlungsmöglichkeiten erfolglos ausgeschöpft hätten. Die Höhe des festgesetzten Regresses ist nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat den Apothekenrabatt und die Patienteneigenanteile in Abzug gebracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit §§ 154 ff. Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach trägt der im Rechtsstreit unterliegende Kläger die Kosten des Verfahrens. Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten, da diese keine Anträge gestellt haben (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO).
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen eine Regressforderung des Beklagten in Höhe von 7.595,07 Euro wegen der Verordnung des Arzneimittels Wobe-Mugos E.
Dieses Arzneimittel war seit Mitte der 1970er Jahre entsprechend den damaligen arzneimittelrechtlichen Bestimmungen – damals noch unter anderer Bezeichnung – im Verkehr (vgl. §§ 6 ff Arzneimittelgesetz (AMG) vom 16. Mai 1961, BGBl I 533, mit späteren Änderungen). Der seinerzeitige pharmazeutische Hersteller teilte aus Anlass der Neuordnung des Arzneimittelrechts von 1976 (Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelrechts vom 24. August 1976 (NeuordnungsG), BGBl I 2445; – Art 1: Neufassung des AMG; Art 10: Inkrafttreten zum 1. Januar 1978) in seiner Anzeige vom Juni 1978 dem damals zuständigen Bundesgesundheitsamt mit, dass dieses Arzneimittel bereits Mitte 1976 und auch noch Anfang 1978 auf dem deutschen Markt gewesen sei und dass das Anwendungsgebiet die Langzeitbehandlung maligner Tumore und die Metastasenprophylaxe im Wege rektaler Darreichung sei (zur Übergangsregelung s Art 3 § 7 NeuordnungsG). Die spätere neue Herstellerin, die Mucos Pharma GmbH & Co KG, beantragte im Dezember 1989 die Verlängerung der Zulassung, wobei sie als Anwendungsform die orale Darreichung angab. Das nunmehr zuständige Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) lehnte den Antrag mit Bescheid vom 9. Juni 1998 ab, weil wegen des Wechsels der Darreichungsform zwischen dem 1978 angezeigten und dem zur Nachzulassung anstehenden Arzneimittel keine Identität bestehe; eine Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit erfolgte nicht (zur aufschiebenden Wirkung und zur Möglichkeit der Anordnung sofortiger Vollziehung vgl. § 105 Abs. 5b AMG in der bis heute fortgeltenden Fassung vom 9. August 1994, BGBl I 2071). Im Klageverfahren blieb die Herstellerin ohne Erfolg (Oberverwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 7.4.2005 – 5 B 8.03 – juris – rechtskräftig). Danach, zum 1. September 2005, nahm die Herstellerin das Arzneimittel aus dem Verkehr. Der 1. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) entschied mit Urteil vom 27. September 2005 entschieden, dass gesetzlich Versicherte die Versorgung mit Wobe-Mugos E bereits nicht mehr beanspruchen konnten, nachdem der Zulassungsantrag abgelehnt worden war (BSGE 95, 132 = SozR 4-2500 § 31 Nr. 3). In diesem Urteil ist ausgeführt, für einen Versorgungsanspruch reiche nicht aus, dass mangels Anordnung sofortiger Vollziehung noch eine Zulassungsfiktion bestanden habe (sog Nachzulassungs-Status, BSGE a. a. O. RdNr. 10 bzw. SozR a. a.O. RdNr. 17). Aufgrund der aufschiebenden Wirkung sei zwar die Verkehrsfähigkeit im Sinne des AMG erhalten geblieben (BSG, a. a O. RdNr. 9-11 bzw. 16-18). Dies habe aber Versorgungsansprüche der Versicherten und Leistungspflichten der Krankenkassen gemäß dem Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) nicht begründen können, weil diese eine Überprüfung von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit nach dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse auf der Grundlage zuverlässiger wissenschaftlich nachprüfbarer Aussagen voraussetzten (BSGE a. a. O. RdNr. 18-20 bzw. SozR a. a. O. RdNr. 25-27). Seit der Ablehnung der Verlängerung der Zulassung durch den Bescheid vom 9. Juni 1998 sei ein Versorgungsanspruch zu verneinen (vgl. BSGE a. a. O. RdNr. 13 f, 16 ff bzw. SozR a. a. O. RdNr. 20 f, 23 ff).
Der Kläger, Facharzt für Rehabilitative Medizin, ist zur vertragsärztlichen Versorgung im Bezirk der Beigeladenen zu 1) zugelassen. Im Quartal I/1999 verordnete er in acht, im Quartal II/1999 in achtzehn und im Quartal III/1999 in einundzwanzig Fällen das Arzneimittel Wobe-Mugos E.
Die Anträge der Beigeladenen zu 2) vom 29. November 1999, 21. März 2000 und vom 28. Juni 2000 auf Schadenfeststellung wies der Prüfungsausschuss zunächst mit Beschluss vom 24. September 2001 mit der Begründung zurück, dass Wobe-Mugos E verordnungsfähig sei. Zwar habe das Bundesinstitut für Arzneimittel- und Medizinprodukte den Antrag der Herstellerfirma auf Verlängerung der Zulassung negativ beschieden. Dieser Bescheid sei jedoch nicht bestandskräftig. Aufgrund der aufschiebenden Wirkung des Klageverfahrens bestehe die fiktive Zulassung fort. Auf den Widerspruch der Beigeladenen zu 2) hob der Beklagte den Beschluss des Prüfungsausschusses mit Widerspruchsbescheid vom 30. November 2005 auf und setzte für die von dem Kläger in den vorgenannten Quartalen vorgenommenen Verordnungen von Wobe-Mugos E Arzneimittelregresse in Höhe von insgesamt 7.595,07 Euro (14.835,12 DM (Quartal I/1999: 2.152,20 DM, Quartal: II/1999: 5.655,77 DM und Quartal III/1999: 7.027,15 DM)) fest.
Das Sozialgericht Potsdam hat auf die Klage des Klägers den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 30. November 2005 aufgehoben und den Widerspruch der Beigeladenen zu 2) gegen den Bescheid des Prüfungsausschusses vom 24. September 2001 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass das Arzneimittel Wobe-Mugos E zwar nicht verordnungsfähig gewesen sei, der Beklagte dürfe aus Vertrauensschutzgründen gegen den Kläger aber keinen Regress festsetzen.
Gegen das dem Beklagten am 21. September 2007 zugestellte Urteil richtet sich seine Berufung vom 10. Oktober 2007. Zur Begründung bezieht er sich im Wesentlichen auf die Urteile des Bundessozialgerichts vom 5. November 2008 (B 6 KA 63/07 R und B 6 KA 64/07 R).
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 18. Juli 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurück zuweisen.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 30. November 2011 ist rechtmäßig. Der Beklagte hat zu Recht einen Arzneikostenregress in Höhe von 7.595,07 Euro festgesetzt. Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 18. Juli 2007 war aufzuheben. Die Klage war abzuweisen. Rechtsgrundlage des Arzneikostenregresses ist § 106 Abs. 2 SGB V. Danach wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung unter anderem durch arztbezogene Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen, und zwar entweder nach Durchschnittswerten oder anhand von Richtgrößenvolumina (a. a. O. Satz 1 Nr. 1) und/oder auf der Grundlage von Stichproben (a. a. O. Satz 1 Nr. 2) geprüft. Über diese Prüfungsarten hinaus können die Landesverbände der Krankenkassen mit den Kassenärztlichen Vereinigungen gemäß § 106 Abs. 2 Satz 4 SGB V andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren (vgl. zusammenfassend BSG SozR 4-2500 § 106 Nr. 17 RdNr. 12 f m. w. N.). Diese Prüfvereinbarungen ermächtigen regelmäßig auch zu Einzelfallprüfungen. Diese waren auch in § 15 Abs. 2 der hier einschlägigen Prüfvereinbarung vorgesehen. Einzelfallprüfungen sind insbesondere dann sachgerecht – und ihre Auswahl daher rechtmäßig –, wenn das individuelle Vorgehen eines Arztes in einem bestimmten Behandlungsfall hinsichtlich des Behandlungs- und Verordnungsumfangs am Maßstab des Wirtschaftlichkeitsgebots überprüft werden soll (vgl. BSG SozR 4-2500 § 106 Nr. 17 RdNr. 16). Die im vorliegenden Fall aufgrund vorgenannter Rechtsgrundlage durchgeführten Einzelfallprüfungen lassen Rechtsfehler nicht erkennen. Die Annahme der Unwirtschaftlichkeit einschließlich der Regressfestsetzung ist nicht zu beanstanden. Die von dem Kläger vorgenommenen Verordnungen von Wobe-Mugos E in den Quartalen I/1999 bis III/1999 waren nicht zulässig. Denn dieses Arzneimittel durfte nicht im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verordnet werden; insoweit bestand weder eine Leistungspflicht der Krankenkassen noch ein Versorgungsanspruch der Versicherten. Das Gericht legt seiner Entscheidung die Rechtsprechung des BSG zum Regress bei der Verordnung von Wobe-Mugos E zugrunde (vgl. Urteile vom 5. November 2008 – B 6 KA 63/07 R = SozR 4-2500 § 106 Nr. 21 – und – B 6 KA 64/07 R – Juris und bereits Urteil des Senats vom 5. März 2012 – L 24 KA 128/09 WA –; zitiert nach Juris). Ein Anspruch auf Versorgung besteht im Rahmen der GKV nur nach Maßgabe des § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 in Verbindung mit § 31 Abs. 1 SGB V. Diese Bestimmungen ergeben im Kontext mit den allgemeinen Regelungen der § 2 Abs. 1 Satz 3, § 12 Abs. 1 SGB V, dass im Rahmen der GKV nur solche Verordnungen zulässig sind, die die Gewähr für Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit, jeweils nach Maßgabe des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse, bieten (vgl. BSGE 95, 132 RdNr. 18f = SozR 4-2500 § 31 Nr. 3 RdNr. 25f). Dafür sind zuverlässige wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen über das Arzneimittel in dem Sinne erforderlich, dass der Erfolg der Behandlung mit ihm durch eine ausreichende Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist (vgl. hierzu BSGE a. a. O. RdNr. 18 bzw. SozR a. a. O. RdNr. 25). Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit sind im Bereich ärztlicher Behandlungen durch das Verfahren der Zulassung von Behandlungsmethoden durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) (bzw. bis 2003: durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen) in Verbindung mit der von diesem geschaffenen Richtlinie zur Bewertung der Methoden vertragsärztlicher Versorgung (Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung (seit 1. April 2006); – davor seit März 2000: Richtlinie zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs. 1 SGB V (BUB-Richtlinie)) gewährleistet. Danach sind Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Behandlungsmethoden anhand sogenannter randomisierter, doppelblind durchgeführter und placebokontrollierter Studien zu belegen (siehe dazu die Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung in Verbindung mit der Verfahrensordnung des G-BA § 14 ff bzw. früher BUB-Richtlinie §§ 7 ff). Demgegenüber geht das BSG im Arzneimittelbereich davon aus, dass für eine solche Überprüfung durch den Bundesausschuss kein Raum ist, wenn es sich um ein Fertigarzneimittel handelt, das nach Überprüfung von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit nach dem AMG zum Verkehr zugelassen wurde. Dieser Verweisung für die Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln im Rahmen der GKV auf das Arzneimittelzulassungsverfahren liegt die Annahme zugrunde, dass dieses Verfahren Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit in ähnlicher Weise wie das Überprüfungsverfahren durch den Bundesausschuss gewährleiste (zur Gleichwertigkeit und Ersatzfunktion vgl. die ersten Ansätze im Urteil des 1. Senats des BSG vom 23. Juli 1998 = BSGE 82, 233, 238 = SozR 3-2500 § 31 Nr. 5 S. 20; deutlicher dessen Urteil vom 19. März 2002 = BSGE 89, 184, 191 = SozR 3-2500 § 31 Nr. 8 S. 35 f; dies fortführend sein Urteil vom 19. Oktober 2004 = BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 1, jeweils RdNr. 13 und 14; dem folgend auch der 6. Senat des BSG mit Urteil vom 31. Mai 2006 = BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr. 5, jeweils RdNr. 55 a. E.). Wurde diese Prüfung durchlaufen und somit die erfolgreiche Anwendung des Arzneimittels anhand zuverlässiger wissenschaftlich nachprüfbarer Aussagen in einer ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt und ist dementsprechend für das Arzneimittel die Zulassung einschließlich der darin enthaltenen Ausweisung der Anwendungsgebiete erteilt worden, so ist es in diesem Umfang auch verordnungsfähig im Sinne des SGB V (vgl. BSGE 95, 132 RdNr. 18 = SozR 4-2500 § 31 Nr. 3 RdNr. 25 mit Bezugnahme auf BSGE 93, 1, 2 = SozR 4-2500 § 31 Nr. 1 RdNr. 7). In solchen Fällen ist also mit der Zulassung - und der damit gegebenen Verkehrsfähigkeit im Sinne des AMG – zugleich die Verordnungsfähigkeit im Rahmen der GKV gegeben. Keiner Erörterung bedarf im vorliegenden Fall die sog "vierte Hürde", d. h. die Frage, inwieweit für die Verordnungsfähigkeit in der GKV neben der Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit zusätzlich ein Nachweis der Wirtschaftlichkeit im Sinne einer Kosten-Nutzen-Bewertung gefordert werden kann. Denn Bestimmungen, die eine Kosten-Nutzen-Bewertung vorsehen (s. dazu z. B. die Errichtung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen gemäß § 139a, hier insbesondere Abs. 3 Nr. 5, in Verbindung mit § 35b SGB V) und zum Verordnungsausschluss wegen Unwirtschaftlichkeit ermächtigen (s dazu die Neufassung des § 34 SGB V durch Art 1 Nr. 22 GKV-Modernisierungsgesetz vom 14. November 2003, BGBl I 2190), sind erst zum 1. Januar 2004 eingeführt worden (vgl. dazu BSG, Urteil vom 6. November 2008 - B 1 KR 6/08 R – RdNr. 10 ff, 21 ff.) Vorliegend steht im Hinblick auf die streitigen Quartale noch der Zeitraum bis zum 31. Dezember 1999 in Frage, in dem es noch keine normativen Regelungen zur sog vierten Hürde gab. Vielmehr galt weiterhin der oben dargestellte Zusammenhang, dass aus der arzneimittelrechtlichen Zulassung eines Arzneimittels, sofern hierbei dessen Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit geprüft worden war, zugleich die Verordnungsfähigkeit im Rahmen der GKV gefolgert werden konnte. Für eine solche Schlussfolgerung von der arzneimittelrechtlichen Zulassung auf die Verordnungsfähigkeit fehlte aber dann die Grundlage, wenn der Zulassung keine - oder eine strukturell nur unzureichende – Überprüfung der Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit zugrunde lag. Solche Fälle arzneimittelrechtlicher Zulassung ohne Überprüfung von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit gab es während der Geltung des Übergangsrechts nach der Neuordnung des Arzneimittelrechts Ende der 1970er Jahre. Damals genügte für die Folgezeit ab dem 1. Januar 1978 eine Anzeige mit der Mitteilung über die bisherige Anwendung des Arzneimittels, damit dieses weiterhin als zugelassen galt (s. Art 3 § 7 Abs. 1 ff NeuordnungsG). Soweit ein Arzneimittel in dieser Weise, ohne Durchlaufen des Arzneimittelzulassungsverfahrens mit Gewähr für Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit, die Zulassung behielt bzw. diese verlängert wurde, fehlte es an den inhaltlichen Merkmalen, die es rechtfertigen konnten, die Arzneimittelzulassung als ausreichend auch für die Verordnungsfähigkeit im Rahmen der GKV zu akzeptieren (s. hierzu Urteil des 1. Senats des BSG vom 27. September 2005 = BSGE 95, 132 RdNr. 18 ff = SozR 4-2500 § 31 Nr. 3 RdNr. 25 ff m. w. N.; ebenso für den Fall, dass ein AMG-Zulassungsverfahren nicht einmal eingeleitet wurde: BSGE 82, 233, 235 ff = SozR 3-2500 § 31 Nr. 5 S. 17 ff). Für eine Schlussfolgerung von der arzneimittelrechtlichen Zulassung auf eine Verordnungsfähigkeit im Rahmen der GKV fehlt insbesondere dann eine Rechtfertigung, wenn die Zulassung bzw. die Verlängerung der Zulassung eines Arzneimittels ausdrücklich abgelehnt wurde und dieses lediglich deshalb weiterhin verkehrsfähig i.S. des AMG war, weil die Verlängerungsversagung noch nicht vollzogen wurde mangels Anordnung der Vollziehung gemäß § 105 Abs. 5b Satz 2 AMG. Die verfahrensrechtliche Position der aufschiebenden Wirkung, die darauf beruhte, dass der pharmazeutische Hersteller die Versagung der Verlängerung angefochten hatte, reicht nicht aus als Basis für die Annahme der Verordnungsfähigkeit im Rahmen der GKV. Hierzu hat der 1. Senat des BSG in seinem Urteil vom 27. September 2005 (a. a. O.) entsprechend dem Gesetzeswortlaut des Art 3 § 7 Abs. 1 NeuordnungsG ("gelten als zugelassen") davon gesprochen, dass lediglich eine "fiktive Zulassung" kraft aufschiebender Wirkung besteht. Dies kann eine Leistungspflicht der KKn und einen Anspruch der Versicherten auf Versorgung mit einem solchen Arzneimittel im Rahmen der GKV nicht begründen (vgl. BSG a. a. O.). Aus diesen Grundsätzen folgt für den vorliegenden Fall der Verordnung des Arzneimittels Wobe-Mugos E, dass der Kläger dieses im Jahre 1999 nicht im Rahmen der GKV verordnen durfte. Fehlt die Verordnungsfähigkeit, so ist Unwirtschaftlichkeit gegeben (vgl. BSG, Urteile vom 5. November 2008, a. a. O. m. w. N.). Die unwirtschaftliche Verordnungsweise ist dem Kläger in den in Rede stehenden Quartalen auch anzulasten, so dass ein Regress in Höhe des der Beigeladenen zu 2) entstandenen Schadens festzusetzen war. Einer vorherigen Beratung des Klägers nach § 106 Abs. 5 Satz 2 SGB V hat es hierzu nicht bedurft (vgl. BSG a. a. O.). Unerheblich ist auch, ob der Kläger ein Verschulden angelastet werden kann. Denn ein Verschuldenserfordernis besteht im Rahmen von Honorarkürzungen oder Verordnungsregressen gemäß § 106 SGB V nicht (vgl. BSG a. a. O., m. w. N.). Auch für eine Ermessensausübung ist bei einem Verordnungsregress kein Raum (vgl. BSG a. a. O., m.w. N.). Der Kläger kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen. Dass erst das Urteil des 1. Senats des BSG von 2005 den Zusammenhang zwischen arzneimittelrechtlicher Verkehrsfähigkeit und Verordnungsfähigkeit im Rahmen der GKV relativiert und Zweifel an der Verordnungsfähigkeit von Wobe-Mugos E begründet habe, während bei ihm Verordnungen aus 1999 betroffen seien, stellt keinen Vertrauenstatbestand dar (vgl. BSG a. a. O., m. w. N.). Ein strikter Zusammenhang zwischen arzneirechtlicher Verkehrsfähigkeit und Verordnungsfähigkeit im Rahmen der GKV hat niemals bestanden. Dies ergibt sich schon aus dem Sinngefüge des SGB V, wonach nur solche Behandlungen und Verordnungen zu Lasten der GKV gestattet sind, bei denen aufgrund eingehender Prüfung die Gewähr von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit besteht. In diesem Sinne haben es auch bereits früher Gerichte entschieden, auch zweitinstanzlich, so z.B. das LSG Rheinland-Pfalz, das in einem Urteil von 1998 die vom BSG formulierten Grundsätze (BSGE 82, 233 = SozR 3-2500 § 31 Nr. 5) konkret auf Wobe-Mugos E angewendet hat (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22.10.1998 – L 5 K 22/97 – zitiert nach Juris; a. A. allerdings auch in späterer Zeit einige Prüfgremien sowie Sozialgerichte). Bei einer solchen Lage, in der unterschiedliche Ansichten vertreten wurden, gab es keine tragfähige Grundlage für die Bildung eines Vertrauenstatbestandes in dem von der Klägerin geltend gemachten Sinn. Auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist nicht verletzt. Dabei ist schon zweifelhaft, inwieweit nach der bereits vorstehend umfänglich vorgenommenen Prüfung überhaupt noch Raum für eine Heranziehung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sein kann. Selbst wenn man hierfür aber Raum sähe, könnte dies nicht zu einem Erfolg für den Kläger führen. Denn mit Wobe-Mugos E ist ein Arzneimittel betroffen, bei dem Zweifel an der Verordnungsfähigkeit offensichtlich waren: Das Arzneimittel war ursprünglich für die rektale Anwendung auf den Markt gebracht worden; dann sollte eine Fortführung der Zulassung für die orale Anwendung erreicht werden. Nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits – und daher offenzulassen – ist die Frage, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen ein Arzt, der von einem pharmazeutischen Hersteller zur Verordnung nicht verordnungsfähiger Arzneimittel veranlasst bzw. verleitet wurde und Regress an die vertragsärztlichen Institutionen leisten muss, Rückgriff gegen den Hersteller nehmen kann (BSG a. a. O.). Schließlich folgt eine andere Beurteilung auch nicht aus den Grundsätzen des BVerfG in seiner Entscheidung vom 6. Dezember 2005 (BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 5). Eine Erweiterung des Leistungsrahmens im vorliegenden Fall – sofern hier eine lebensbedrohliche Erkrankung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts angenommen werden kann – scheitert jedenfalls daran, dass nicht ersichtlich ist, dass der Kläger bzw. ihre Patientin die denkbaren anderen – zugelassenen – Behandlungsmöglichkeiten erfolglos ausgeschöpft hätten. Die Höhe des festgesetzten Regresses ist nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat den Apothekenrabatt und die Patienteneigenanteile in Abzug gebracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit §§ 154 ff. Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach trägt der im Rechtsstreit unterliegende Kläger die Kosten des Verfahrens. Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten, da diese keine Anträge gestellt haben (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO).
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
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