L 4 KR 2142/02

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 00319/00
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 2142/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1) werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt wird, dass der Kläger in der Zeit vom 10. Januar 1995 bis 31. Oktober 1999 sowie vom 07. August 2000 bis 31. August 2002 bei der Beigeladenen zu 1) versicherungspflichtig in allen Zweigen der Sozialversicherung beschäftigt gewesen ist.

Die Beklagte und die Beigeladene zu 1) haben dem Kläger als Gesamtschuldner die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der am 1941 geborene Kläger vom 10. Januar 1995 bis 31. Oktober 1999 sowie vom 07. August 2000 bis 31. August 2002 bei der R. R. B. Forschungs-Institut für Markt- und Systemforschung GmbH (R.-GmbH) im Rahmen des Reisenden-Erfassungs-Systems (RES) der Deutschen Bahn AG versicherungspflichtig in allen Zweigen der Sozialversicherung beschäftigt war.

Der Kläger durchlief von 1959 bis 1961 eine Ausbildung als Groß- und Einzelhandelskaufmann. Im Briefkopf führte er später auch die Bezeichnung "Betriebswirt (Dipl. VWA)". Nach dem Versicherungsverlauf vom 23. Mai 2000 leistete er Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung (RV) wegen versicherungspflichtiger Beschäftigung zunächst bis 30. September 1975 und dann noch von Februar bis April 1980, im Juli und August 1981 sowie von Mai bis August 1989. Seinen Angaben im Rentenantrag an die damalige Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg (jetzt: Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg, DRVBW) vom 24. Februar 2003 zufolge war er vom 01. Oktober 1975 bis 10. Februar 1980, vom 16. April 1980 bis 30. Juni 1981 und vom 01. April 1982 bis 01. Januar 1989 selbstständig tätig. Seit November 1993 war er als Zähler bzw. Interviewer im Rahmen des RES für die Forschungsgruppe H. in K. tätig, ohne dass insoweit für ihn Gesamtsozialversicherungsbeiträge (GSVB) entrichtet wurden. Ab 01. Januar 1995 ging der Auftrag zur Durchführung des RES auf die R.-GmbH über. Der Kläger war an der Fortsetzung seiner Tätigkeit im Rahmen des RES für die R.-GmbH interessiert. Diese informierte auch den Kläger mit einem allgemeinen Informationsschreiben vom Dezember 1994 über die "Befragung und Zählung in den Zügen der Deutschen Bahn AG (Projekt RES: Reisenden-Erfassungs-System)". Aufgrund des mit der R.-GmbH am 06. bzw. 09. Februar 1995 geschlossenen Interviewer-Vertrags (IV) war der Kläger für die GmbH seit 01. Januar 1995 als Zähler bzw. Interviewer tätig. Der IV enthielt folgende Regelungen:

1. Der Interviewer erklärt sich bereit, für das Institut auf Honorarbasis im Rahmen des RES-Projekts Zählungen und Befragungen von Fahrgästen in Zügen der Deutschen Bahn AG durchzuführen. Er ist als freier Mitarbeiter tätig, ein arbeitsrechtliches Abhängigkeitsverhältnis wird nicht begründet. Der Interviewer ist in seiner Arbeitsgestaltung frei. Er hat alle ihm zufließenden Einnahmen selbst zu versteuern. Einen Anspruch auf Auftragserteilung hat der Interviewer nicht.

2. Das Institut wird dem Interviewer einen Auftrag durch Übersenden der notwendigen Unterlagen anbieten und ihn zugleich auffordern, binnen einer bestimmten Frist die Annahme zu erklären. Dabei wird das Institut Angaben machen über (soweit dies möglich ist) die Art des Auftrags und die Honorierung.

3. Das Institut behält sich vor, insbesondere bei den nachfolgend aufgeführten Vertragsverletzungen, unbeschadet der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen, das Honorar ganz oder teilweise zu kürzen: - Unterlassung von Informationen über unvorgesehene Verhinderungen, die zu einer Nichterfüllung eines bereits übernommenen Interviewer-Auftrags führen - Abweichung von der Interviewer-Anleitung zu dem Projekt - Vernachlässigung, Veruntreuung oder Missbrauch überlassener Unterlagen, Arbeitsmitteln und Zählerausweis - Unvollständige Durchführung des Auftrages - Fristüberschreitung bei Rücksendung der Erhebungsunterlagen

4. Der Interviewer verpflichtet sich, bei der Durchführung eines Auftrages die nachfolgenden Punkte einzuhalten:

a) Durchführung jeden Auftrags lt. Interviewer-Anleitung zu dem Projekt. b) Vollständige Durchführung des Auftrages. c) Termingerechte Einhaltung der einzelnen Einsätze eines Auftrages; können Einsätze im Einzelfall nicht eingehalten werden, ist der Interviewer zur sofortigen telefonischen Unterrichtung des Instituts verpflichtet. d) Zurücksendung aller bearbeiteten Erhebungsunterlagen innerhalb der Fristen lt. Interviewer-Anleitung.

5. Es ist untersagt, die überlassenen Erhebungsunterlagen unbefugten Dritten zugänglich zu machen oder sonst zu benutzen.

6. Der Interviewer ist nicht berechtigt, Dritten gegenüber für das Institut irgendwelche rechtsverbindlichen Erklärungen abzugeben.

7. Der Interviewer verpflichtet sich, mit seiner Tätigkeit als Interviewer keinerlei Verkaufs- oder Werbetätigkeiten zu verbinden. Er verpflichtet sich ferner, Daten weder direkt noch indirekt für sich oder Dritte zu verwenden oder zu verwerten. Er verpflichtet sich, von den ihm überlassenen Unterlagen keine Vervielfältigungen oder Abschriften zu fertigen oder fertigen zu lassen.

8. Dem Interviewer ist bekannt, dass das Institut ihn hinsichtlich der Einhaltung dieser Vereinbarung kontrollieren wird. Solche Kontrollen werden regelmäßig durchgeführt.

9. Das Institut behält sich vor, die nachfolgend aufgeführten Verstöße, unbeschadet der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen, als Betrug strafrechtlich zur Anzeige zu bringen: a) Fälschung der Erhebungsunterlagen b) Ausfüllen des Fragebogens durch die Befragten selbst c) Selbstausfüllung des Fragebogens ohne Durchführung eines Interviews d) Unvollständige Durchführung des Auftrags ohne sofortige telefonische Unterrichtung des Instituts.

10. Das Institut haftet nicht für Schäden, die dem Interviewer in Erfüllung des Auftrags zustoßen oder für die der Interviewer im Zusammenhang mit der Auftragserfüllung von Dritten in Anspruch genommen wird.

11. Dieser Vertrag tritt mit der Unterzeichnung durch beide Partner in Kraft und ist jederzeit ohne Einhaltung einer Frist kündbar.

Der Kläger erhielt von der R.-GmbH einen "Leitfaden für Interviewer" für das RES (RES-Leitfaden). Für die Honorierung der Tätigkeit galten die sich jeweils jährlich ändernden "Richtlinien zum Honorar für Interviewer im Projekt RES" der R.-GmbH (Honorarrichtlinien). Der Kläger übte seine Tätigkeit von seinem Wohnort in Offenburg aus. Nachdem er der R.-GmbH zuvor seine generelle Verfügbarkeit für Wochentage und Tageszeiten sowie einen Monat im Voraus die Verfügbarkeit im jeweiligen Monat mitgeteilt hatte, wurden ihm zum Zählen bzw. zum Interview von Reisenden auch anhand von deren Fahrkarten zu Anlass und Dauer der Reise und zum Wohnort von der R.-GmbH wochenweise im Block bestimmte Züge mit Abfahrtszeit/Abfahrtsbahnhof bzw. Ankunftszeit/Ankunftsbahnhof als Einsätze angeboten, die er grundsätzlich jeweils nur blockweise annehmen oder ablehnen konnte. Auch einzelne Fahrten konnte er ablehnen aufgrund unvorhergesehener privater Termine. In dem Wochenangebot war auch jeweils das voraussichtlich zu erzielende Honorar angegeben. Die Honorarzahlungen der R.-GmbH an den Kläger lagen 1998 zwischen DM 1.302,28 (Mai 1998 bei 20 Einsätzen an zwölf Arbeitstagen) und DM 3.232,34 (August 1998 bei 49 Einsätze an 27 Arbeitstagen) monatlich und in der Zeit von Januar bis September 1997 zwischen DM 2.592,57 (März 1999 bei 30 Einsätzen an 23 Arbeitstagen) und DM 4.664,48 (Juli 1999 bei 56 Einsätzen an 27 Arbeitstagen) ebenfalls monatlich. Am 20. Oktober 1999 wurde dem Kläger durch einen Mitarbeiter der R.-GmbH mündlich gekündigt. Im deswegen beim Arbeitsgericht (ArbG) München unter dem Aktenzeichen 20 Ca 18084/99 anhängig gewesenen Verfahren schlossen der Kläger, der dort erklärt hatte, bis zum 31. Oktober 1999 Aufträge erhalten zu haben, mit der R.-GmbH am 04. Juli 2000 einen Vergleich, in dem sich diese verpflichtete, mit ihm neuerlich einen dem vom 06. Februar 1995 entsprechenden IV, befristet zum 31. Dezember 2000 zu schließen, wobei die GmbH nicht verpflichtet war, ein bestimmtes Auftragsvolumen zu garantieren. Zur Abgeltung für entgangene Aufträge erhielt der Kläger DM 1.000,00. Am 07. August 2000 nahm er seine Tätigkeit als Zähler bzw. Interviewer wieder auf. Im Jahre 2000 erhielt er in der Zeit zwischen August und Dezember 2000 monatliche Honorarzahlungen zwischen DM 1.777,00 (August 2000 bei 31 Einsätzen an 17 Arbeitstagen) und DM 3.310,00 (Oktober 2000 bei 57 Einsätzen an 26 Arbeitstagen); 2001 lagen seine monatlichen Honorareinnahmen zwischen DM 1.873,00 (April 2001 bei 31 Einsätzen an 19 Arbeitstagen) und DM 4.442,00 (August 2001 bei 53 Einsätzen an 25 Arbeitstagen). 2002 erhielt er folgende Honorarzahlungen:EUR 1.437,00 für Januar 2002 (37 Einsätze an 37 Arbeitstagen), EUR 1.417,00 im Februar 2002 (36 Einsätze an 11 Arbeitstagen) und EUR 639,00 im März 2002 (18 Einsätze an 21 Arbeitstagen). Mit Schreiben vom 13. Juni 2002 wurde dem Kläger von der GmbH erneut gekündigt. Im deswegen ebenfalls beim ArbG München unter dem Aktenzeichen 23 Ca 14885/02 anhängig gewesenen Verfahren schlossen die dortigen Beteiligten am 17. Juni 2004 folgenden Vergleich: Der Kläger und die R.-GmbH waren sich einig, dass das Beschäftigungsverhältnis aufgrund ordentlicher Beklagtenkündigung vom 13. Juni 2002 mit Ablauf des 31. August 2002 beendet worden ist. Die R.-GmbH zahlte an den Kläger ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und unter Aufrechterhaltung ihrer Rechtsstandpunkte, was auch für den Kläger galt, als Ausgleich für den Verlust des Beschäftigungsplatzes eine Abfindung in Höhe von EUR 3.500,00 abzugsfrei in den Grenzen des § 3 Nr. 9 des Einkommensteuergesetzes. Mit diesem Vergleich waren alle Ansprüche aus dem Beschäftigungsverhältnis und dessen Beendigung abgegolten, mit Ausnahme des hier noch anhängigen Verfahrens. Seit 01. Juli 2003 bezieht der Kläger von der jetzigen DRV BW aufgrund des Rentenbescheids vom 23. Mai 2003 Rente wegen voller Erwerbsminderung, wobei die hier streitigen Zeiten bei der Rentenberechnung nicht berücksichtigt worden sind.

Mit Schreiben vom 12. März 1999 informierte die R.-GmbH den Kläger über das Gesetz zu Korrekturen in der Sozialversicherung und Sicherung der Arbeitnehmerrechte, insbesondere auch über die Kriterien einer Scheinselbstständigkeit. Dazu legte ihr der Kläger die unter dem 16. März 1999 ausgefüllte "Status-Checkliste für Interviewer" vor. Mit Schreiben vom 10. Mai 1999 teilte die R.-GmbH ihm mit, nach ihrer Überzeugung ergebe das Gesamtbild seiner Tätigkeit den Status eines freien Mitarbeiters. Sie kündigte jedoch gleichzeitig an, einen Antrag auf verbindliche Auskunft bei der zuständigen Krankenkasse zu stellen. Deswegen wandte sich die R.-GmbH auch mit einem Feststellungsbogen zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung von Scheinselbständigen (Ermittler/Unterweiser für Marktforschung im RES-Projekt) mit besonderen Erläuterungen zum "Ermittler im RES-Projekt ("Interviewer")" an die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) Bayern. Diese vertrat ihr gegenüber mit Schreiben vom 06. Juli 1999 unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 14. November 1974 (8 RU 266/73) die Meinung, dass es sich bei den Interviewern tatsächlich um freiberuflich tätige Mitarbeiter handle. Nach dem Gesamtbild der Tätigkeit liege Selbstständigkeit vor. Folgende Gesichtspunkte sprächen für eine Selbstständigkeit: Ein Anspruch auf Honorar entstehe erst bei ordnungsgemäßer Erledigung der Aufträge; es werde nicht die Arbeitszeit vergütet, so dass ein begrenztes Unternehmerrisiko für den Interviewer bestehe. Befragungsaufträge könnten angenommen oder abgelehnt werden. Der Kreis der zu Befragenden sei nicht exakt, sondern nur der Art nach festgelegt. Bei der Durchführung des Auftrags seien die Interviewer zeitlich weitgehend frei. Ein Anspruch auf Lohnfortzahlung, Urlaub oder Kündigungsschutz bestehe nicht.

Der Kläger selbst wandte sich im März 1999 unter Einreichung der genannten Status-Checkliste für Interviewer zur Prüfung des Vorliegens von Sozialversicherungspflicht an die Beklagte. Mit Anhörungsschreiben vom 23. März 1999 vertrat diese zunächst die Ansicht, bei ihm könne Arbeitnehmereigenschaft vorliegen. Mit Bescheid vom 23. Juli 1999 stellte sie jedoch gegenüber dem Kläger fest, dass nach dem Gesamtbild seiner Tätigkeit Selbstständigkeit vorliege. Damit übernahm sie die Beurteilung der AOK Bayern im Schreiben vom 06. Juli 1999. Für die Selbstständigkeit spreche, dass ein Anspruch auf ein Honorar erst bei ordnungsgemäßer Erledigung der Aufträge entstehe bzw. der Kläger zusätzlich zu den Einzelvergütungen noch einen Bonus erhalte, der prozentual aus allen Aufträgen errechnet werde. Dieser Bonus entfalle, wenn er nur einen Auftrag nicht erfülle. Im Übrigen werde nicht die tatsächliche Arbeitszeit vergütet, sondern er erhalte eine Gesamtvergütung pro erledigtem Auftrag. Deshalb bestehe in Bezug auf die Vergütung ein begrenztes Unternehmerrisiko. Ferner könnten Befragungsaufträge angenommen oder abgelehnt werden. Auch der Kreis der zu Befragenden sei nicht exakt, wie beispielsweise durch namentliche Nennung, sondern nur der Art nach festgelegt. Hinsichtlich der Durchführung des Auftrags unterliege er keinen strikten Arbeitszeitregelungen. Es bestehe auch kein Anspruch auf Lohnfortzahlung, Urlaub oder ein Kündigungsschutz. Dagegen legte der Kläger am 19. August 1999 Widerspruch ein. Er trug unter Einreichung verschiedener Unterlagen vor, er sei ausschließlich im Rahmen des RES-Projekts tätig. Diese Tätigkeit stimme mit derjenigen des Interviewers, die vom BSG im Urteil vom 14. November 1974 beurteilt worden sei, nicht überein. Im Rahmen des genannten Projekts führe er in den Zügen der Deutschen Bahn Zählungen hinsichtlich der Einsteiger, der Aussteiger und der Besetzung durch. Nach dem RES-Leitfaden seien die Einsteiger in ganz bestimmten, vorher festgelegten Wagen eines Zuges zu zählen und die Daten aus den Fahrscheinen zu entnehmen. Nach dem Gesamtbild seiner Tätigkeit entspreche diese eher der eines Zugbegleiters. Das Honorar errechne sich nach den Honorarrichtlinien mit einem Stundenlohn von DM 30,00 für die erste Stunde sowie DM 0,45 für jede weitere Minute. Weiter sei maßgebend, dass nach den RES-Leitlinien Einsätze nur bei Angabe eines triftigen Grundes ablehnbar seien; der Kreis der zu Befragenden sei genau festgelegt, ebenso der Arbeitsplatz; auch bei der Durchführung der Einsätze unterliege er einer starken Arbeitszeitregelung. Er erhalte keine Einzelaufträge. Vielmehr würden ihm jeweils Wochenblöcke zugeteilt, die nach Stundenhonorar abgerechnet würden. Die Einsätze müssten zu einem festen Termin, der nach Datum und Uhrzeit bestimmt sei, durchgeführt werden. Bei der Ausführung seiner Tätigkeit bestehe kein Gestaltungsspielraum. Es müsse auch berücksichtigt werden, dass andere Institute, die ebenfalls Erhebungen für die Deutsche Bahn durchführten, für ihre Mitarbeiter Sozialversicherungsbeiträge leisteten. Dazu hörte die Beklagte die R.-GmbH an, die mit Schreiben vom 20. Oktober 1999 mitteilte, die Bedingungen, unter denen der Einsatz des Klägers erfolge, entsprächen exakt denjenigen Bedingungen, die durch die AOK Bayern ausgiebig geprüft worden seien. Die Einwendungen des Klägers träfen nicht zu. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid des bei der Beklagten gebildeten Widerspruchsausschusses vom 20. Januar 2000).

Am 01. Februar 2000 erhob der Kläger deswegen Klage beim Sozialgericht (SG) Freiburg. Er reichte verschiedene Unterlagen ein und trug vor, seit 01. Januar 1995 sei er als Datenerfasser bzw. Zähler tätig. Er sei verpflichtet, nach einem bestimmten System die Zählung von Reisenden in Zügen der Deutschen Bundesbahn vorzunehmen. U.a. würden die Einsteiger, die Aussteiger und die Besetzung der jeweiligen Züge aufgenommen. Dem Arbeitsverhältnis liege der Vertrag vom 06. Februar 1995 zugrunde. Darüber hinaus gebe es den vorgelegten RES-Leitfaden als Handbuch, der regle, wie er seine Tätigkeit zu verrichten habe. In einer ihm übermittelten Vorschlagsliste seien jeweils die Einsätze für eine Woche enthalten. Er müsse dann prüfen, ob er alle Einsätze miteinander koordinieren könne. Zur Durchführung des jeweiligen Einsatzes sei er im Besitz eines Platzgruppenblatts, aus dem sich die jeweilige Zugnummer sowie der Abfahrts- und der Zielbahnhof ergebe, ferner Wagenklasse und -nummer, für die er dann zuständig sei. In die ihm ebenfalls zur Verfügung gestellten Interviewblätter für das RES trage er jeweils das Ergebnis der Befragung bzw. die Daten aus den Fahrscheinen der Reisenden ein. Die pauschalierende Beurteilung der AOK Bayern, aus der nicht hervorgehe, ob auch die Mitarbeiter beurteilt worden seien, die im Rahmen des RES tätig seien, treffe nicht zu. Bei ihm errechne sich das Honorar aus der ersten Einsatzstunde, aus Leerstunden sowie Einsatzminuten. Der RES-Leitfaden sei eine umfassende verbindliche Arbeitsanweisung, der seine Aufgaben und Pflichten bis ins Detail regle. Im Rahmen der vereinbarten zeitlichen Vorgabe, nämlich der generellen sowie der aktuellen monatlichen Verfügbarkeit, habe er Aufträge nicht ablehnen können, vergleichbar mit Schicht- und Dienstplänen von Schichtarbeitern, Verkäuferinnen, Zugbegleitern oder Polizisten. Es treffe auch nicht zu, dass der Kreis der zu Befragenden nicht exakt, sondern nur der Art nach festgelegt sei. Vielmehr hätten alle Ein- und Aussteiger sowie alle Fahrgäste im Zug gezählt werden müssen. Es seien die Daten aus den Fahrscheinen der Reisenden zu erheben gewesen. In der Durchführung der Einsätze sei er nicht zeitlich weitgehend frei gewesen. Zu Unrecht werde angenommen, dass er Ausrüstung und Werkzeug selbst habe beschaffen müssen. Arbeitsmaterial, wie PC, Fax, Anrufbeantworter und Büro, seien nicht erforderlich gewesen. Die R.-GmbH habe ihm das gesamte Arbeitsmaterial zur Verfügung gestellt. Seine Weisungsgebundenheit ergebe sich aus dem RES-Leitfaden. Im Übrigen unterliege er der Kontrolle durch sogenannte Qualitätskontrolleure sowie durch Mitarbeiter der Deutschen Bahn.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Zwar sei die Art und Weise der Auftragserledigung durch den Kläger mittels entsprechenden RES-Leitfadens geregelt, der bis ins Einzelne gehende Anweisungen für die konkreten Abläufe bis hin zum Ausfüllen der Bearbeitungsblätter gebe, ohne wesentliche Entscheidungsspielräume für den Interviewer zu belassen. Jedoch sei eine gleichbleibende Qualität der Daten als Grundlage von statistischen Auswertungen auf andere Weise nicht zu erzielen. Entscheidend sei vor allem, dass der Kläger selbst bestimme, in welcher Zeit er Aufträge annehmen oder ablehnen wolle. Durch die Mitteilung der Verfügbarkeitszeiten entscheide er zunächst selbst, an welchen einzelnen Tagen innerhalb eines Monats sowie zu welchen jeweiligen Tageszeiten er überhaupt bereit sei, Aufträge anzunehmen. Er erhalte dann Einsatzvorschläge mit verschiedenen Wochenblöcken, die aus attraktiven und weniger attraktiven Zügen gemischt seien. Auch habe er zusätzlich die Möglichkeit, einen solchen vorgeschlagenen Wochenblock entweder komplett anzunehmen oder komplett zurückzugeben.

Mit Beschluss vom 21. Februar 2001 lud das SG die R.-GmbH, Beigeladene zu 1), die damalige Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, jetzt Deutsche Rentenversicherung Bund (DRVB), Beigeladene zu 2), die sich den Ausführungen der Beklagten anschloss, die damalige Bundesanstalt für Arbeit, jetzt Bundesagentur für Arbeit (BA), Beigeladene zu 3), und die Pflegekasse der Beklagten, Beigeladene zu 4), zu dem Verfahren bei. Mit Urteil vom 17. April 2002, das der Beklagten gegen Empfangsbekenntnis am 21. Mai 2002 zugestellt und an die Beigeladene zu 1) mit Übergabe-Einschreiben vom 21. Mai 2002 zwecks Zustellung zur Post gegeben wurde, hob das SG den Bescheid der Beklagten vom 23. Juli 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Januar 2000 auf und stellte fest, dass der Kläger im Zeitraum vom 10. Januar 1995 bis 31. Oktober 1999 versicherungspflichtig in allen Zweigen der Sozialversicherung gewesen sei und weiterhin seit dem 07. August 2000 versicherungspflichtig in allen Zweigen der Sozialversicherung sei. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte am 20. Juni 2002 mit Fernkopie Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Die Annahme der Versicherungspflicht durch das SG treffe nicht zu. Das SG habe seine Gesamtwürdigung auf der Grundlage der Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung getroffen. Dabei habe es eine Reihe von Aussagen gewürdigt, die unvollständig oder unzutreffend seien. Das Gesamtbild der Tätigkeit sei damit verzerrt beurteilt worden. Die Annahme des Gerichts, dass der Kläger über einen mehrmonatigen Zeitraum hinweg habe geschult werden müssen, so dass er seine hierbei detailliert erworbenen Kenntnisse nicht auf dem Markt als "selbstständiger Interviewer" habe anbieten können, treffe nicht zu. Tatsächlich sei lediglich eine eintägige Einführungsveranstaltung angeboten worden. Im Übrigen sei der Kläger schon vor Januar 1995 im RES-Projekt für die Forschungsgruppe Hagen eingesetzt gewesen. Er habe nicht an einer Schulung der Beigeladenen zu 1) teilgenommen. Der Kläger sei auf dem Markt von Interviewern anderweitig einsetzbar gewesen. Die detaillierten Vorgaben des RES-Projekts hätten es nicht ausgeschlossen, dass der Kläger seine selbstständige Tätigkeit auf einem entsprechenden Markt bei verschiedenen Anbietern hätte nutzen können. Es gebe durchaus einen Markt für selbstständige Interviewer bei der Marktforschung im Verkehrsbereich. Zwar habe es für den Kläger detaillierte Vorgaben für die Durchführung der Zählung in den jeweiligen Wagen gegeben. Diese Vorgaben seien jedoch durch die statistische Methode begründet gewesen und beschrieben lediglich die Qualität sowie die Vollständigkeit der durchzuführenden Arbeiten. Aus Gründen der statistischen Qualitätsanforderungen sei zwingend vorgeschrieben gewesen, zu welchen Zeiten sich der Kläger als Interviewer in dem ihm zugewiesenen Wagen habe aufhalten müssen. Dies habe vor allem für die Zeit des Ein- und Aussteigens gegolten, da Änderungen in der Zahl der Reisenden im zugewiesenen Wagen hätten erfasst werden müssen. Dem Kläger sei es möglich gewesen, bei Fernreisen die ihm zugewiesenen Wagen zwischen zwei weit auseinander liegenden Zwischenbahnhöfen zu verlassen, um beispielsweise Erfrischungen zu sich zu nehmen oder die Toilette aufzusuchen. Stichprobenkontrollen, die durch Interviewer-Betreuer durchgeführt worden seien, entsprächen einer Vorgabe der Deutschen Bahn im RES-Projekt, die zur Qualitätssicherung verlangt werde. Derartige Überprüfungen könnten nicht als Kontrolle der Arbeit eines abhängig Beschäftigten angesehen werden. Die Interviewer-Kontrolleure hätten im Übrigen keinerlei Weisungsbefugnis im Sinne einer Vorgesetztenstellung gehabt. Ob und in welchem Umfang der Kläger tätig gewesen sei, sei im Wesentlichen allein von der Mitteilung seiner Verfügbarkeitszeiten an die Beigeladene zu 1) abhängig gewesen. Es habe keinen Mindestumfang von monatlichen Verfügbarkeitszeiten gegeben. Die Zuweisung von Einsatzvorschlägen habe allein darauf beruht, dass eine derartige Verfügungbarkeit zuvor mitgeteilt worden sei. Er habe es in der Hand gehabt, eine hohe Zahl von Verfügbarkeitszeiten mitzuteilen. Die zeitliche Disposition über seine Tätigkeit sei eine andere gewesen als bei abhängig Beschäftigten. Die hohen Verfügbarkeitszeiten des Klägers, um somit seinen Lebensunterhalt allein durch die Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) zu bestreiten, begründeten keine abhängige Beschäftigung. Es habe die Möglichkeit bestanden, Verfügbarkeitszeiten zu ändern oder Einsatzvorschläge abzulehnen. Diese erheblichen zeitlichen Dispositionsmöglichkeiten seien völlig untypisch für eine abhängige Beschäftigung.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 17. April 2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Mit Fernkopie vom 24. Juni 2002, einem Montag, hat die Beigeladene zu 1) ebenfalls Berufung eingelegt. Sie trägt unter Vorlage verschiedener Unterlagen vor, die Annahmen des SG träfen nicht zu. Eine mehrmonatige Schulung des Klägers sei nicht erforderlich gewesen. Der RES-Leitfaden sei lediglich als Nachschlagewerk konzipiert worden, das dem Interviewer eine Hilfestellung zur Ausführung seiner Tätigkeit habe geben sollen. Der Leitfaden enthalte Vorgaben der Deutschen Bahn AG. Es liege in der Natur der Sache, dass jeder im Rahmen eines Marktforschungsprojekts eingesetzte Interviewer sich mit dem Projekt vertraut machen müsse. Dazu habe es eine eintägige Schulungsveranstaltung gegeben, an der der Kläger jedoch nicht teilgenommen habe. Die Aufgaben im Rahmen des RES seien bei weitem nicht so komplex gewesen, wie es in der Urteilsbegründung unterstellt werde. Die Tätigkeit umfasse im Wesentlichen folgende Punkte: Platzangebot am Wagen ablesen und im Erhebungsbogen eintragen, Fahrgäste zählen (Besetzung, Einsteiger, Aussteiger), bestimmte Daten vom Fahrschein des Fahrgastes abschreiben und anschließend der entsprechenden Codierung aus der Codierliste zuordnen, den Fahrverlauf des Reisenden (von wo nach wo) erfragen, die Antwort des Reisenden auf Fragen zu Reiseanlass und Dauer eintragen, Alter und Geschlecht des Reisenden nach Augenschein feststellen und erfassen. Der Kläger habe keine Spezialkenntnisse erworben. Vielmehr habe er seine Kenntnisse auf dem Markt als selbstständiger Interviewer einsetzen können. Nicht nur die Deutsche Bahn, sondern auch andere Auftraggeber, wie Verkehrsverbünde und Privatbahnen, gäben Studien in Auftrag, weshalb es eine Vielzahl von Verkehrsuntersuchungen mit vergleichbaren Erhebungsmethoden durch andere Institute gebe. Auch die Annahme des SG, dass der Kläger zur Erzielung seines Lebensunterhalts allein von den Einnahmen aus der Tätigkeit als selbstständiger Interviewer abhängig gewesen sei, da er über 300 Stunden pro Monat im Einsatz habe sein müssen, gehe an der Realität vorbei. Die Vergabe der Aufträge an die selbstständigen Interviewer sei nicht geeignet gewesen, diesen eine Existenzgrundlage zu verschaffen. Für den Kläger hätten keinerlei Vorgaben hinsichtlich eines Mindestumfangs des Verfügbarkeitsfensters bestanden. Im Übrigen habe er auch angebotene Wochenblöcke komplett ablehnen oder einzelne Züge beispielsweise wegen kurzfristiger privater Verhinderung aus dem Einsatzblock streichen können. Rund 20 vom Hundert (v.H.) der Einsatzvorschläge würden von den Interviewern abgelehnt werden. Bei Ablehnung sei nicht mit Sanktionen zu rechnen gewesen. Der Kläger selbst habe einige Male Einsatzangebote abgelehnt oder Änderungen geltend gemacht. Es habe in seinem Verantwortungsbereich gelegen, zu überprüfen, ob die angebotenen Fahrten von ihm tatsächlich hätten erreicht werden können und keine Überschneidungen zwischen den Fahrten vorgelegen hätten. Der Interviewer habe auch die Möglichkeit gehabt, über die Zahlung eines zusätzlichen Honorars, beispielsweise eines Zuschusses zu Fahrkosten oder eines Zusatzhonorars für sehr ungünstige Einsätze, zu verhandeln und hiervon seine Entscheidung, einen Einsatz zu übernehmen, abhängig zu machen. Von dieser Möglichkeit habe der Kläger wiederholt Gebrauch gemacht. Der Interviewer sei auch nicht verpflichtet gewesen, eine Begründung dafür zu liefern, weshalb er bestimmte Einsätze nicht übernehmen oder einzelne Züge aus dem Einsatzblock streichen wolle. Der Kläger habe keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung einreichen müssen, wenn er einen Einsatz krankheitsbedingt nicht habe übernehmen können. Der Nachweis der Erkrankung habe lediglich im Zusammenhang mit der Bonuszahlung zum Honorar eine Rolle gespielt. Es habe weiter lediglich die Erwartung bestanden, dass der Interviewer angemessene Kleidung zu tragen gehabt habe. Nur dann, wenn der Interviewer einen Auftrag angenommen habe, habe es in der Natur der Sache gelegen, dass er sich im Einsatzzug habe aufhalten müssen, da er andernfalls die Zählungen und Befragungen nicht habe durchführen können. Die Anweisungen zu Art und Weise der Durchführung der Zählungen und Befragungen hätten sich aus statistisch-methodischen Erhebungserfordernissen im Bereich der Reisendenerfassung ergeben; zu deren Einhaltung habe sie sich gegenüber ihrer Auftraggeberin verpflichten müssen. Das RES-Projekt basiere auf einem statistischen Gutachten des Instituts für angewandte Verkehrs- und Tourismusforschung in Heilbronn. Ständige Kontrollen durch Interviewer-Betreuer und Zugbegleiter seien nicht durchgeführt worden. Die genannten Betreuer seien nicht zu Kontrollzwecken eingesetzt worden; vielmehr hätten sie den Interviewern vor Ort bei sachlichen Fragen und Problemen Hilfestellungen geben sollen. Es seien für über 800 Interviewer nur 13 Betreuer tätig. Durchschnittlich werde ein Interviewer 5,7 mal im Jahr betreut. Dieser Leitfaden werde von sämtlichen an diesem Projekt beteiligten Marktforschungsinstituten verwendet, zumal für externe RES-Erhebungen nicht ausschließlich sie zuständig sei. Das Zählen und Befragen von Fahrgästen sei im Übrigen keine Aufgabe, die hauptberuflich oder in Vollzeittätigkeit im Rahmen eines Anstellungsverhältnisses durch die Zugbegleiter der Deutschen Bahn AG ausgeübt werde.

Die Beigeladene zu 1) beantragt ebenfalls,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 17. April 2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Er hält das angegriffene Urteil für zutreffend. Er hat vor allem zum mehrmonatigen Schulungsaufwand, zur fehlenden Eignung zum Auftritt am Markt als selbstständiger Interviewer aufgrund der bei der Beigeladenen zu 1) erworbenen Spezialkenntnisse, zu seiner Tätigkeit mit vollem zeitlichen Einsatz als Existenzgrundlage, zu seiner Weisungsabhängigkeit sowie zu ständigen Kontrollen durch Interviewer-Betreuer und Zugbegleiter Ausführungen gemacht. Insoweit wird auf die Schriftsätze seiner Prozessbevollmächtigten vom 12. Mai 2003, vom 03. August 2004, vom 02. Mai 2005 sowie vom 01. Juli 2005 Bezug genommen.

Die vom Berichterstatter des Senats mit Beschluss vom 27. Oktober 2001 zu dem Verfahren weiter beigeladene DRVBW hat keinen Antrag gestellt, sich jedoch den Ausführungen des Klägers angeschlossen. Sie hat ferner die den Kläger betreffende Rentenakte vorgelegt.

Die übrigen Beigeladenen haben sich im Berufungsverfahren nicht geäußert und auch keinen Antrag gestellt.

Der Berichterstatter des Senats hat vom ArbG München die Akten 20 Ca 18084/99 und 23 Ca 14885/02 beigezogen.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten des ArbG München, der von der Beklagten und der Beigeladenen zu 5) vorgelegten Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegten Berufungen der Beklagten und (i.V.m. § 64 Abs. 3 SGG) der Beigeladenen zu 1) sind statthaft und zulässig. Sie sind jedoch nicht begründet, denn der Bescheid der Beklagten vom 23. Juli 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Januar 2000 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Dass der Kläger in der Zeit vom 10. Januar 1995 bis 31. Oktober 1999 sowie ab 07. August 2000 bei der Beigeladenen zu 1) versicherungspflichtig in allen Zweigen der Sozialversicherung beschäftigt war, hat das SG zutreffend entschieden. Da die festzustellende versicherungspflichtige Beschäftigung des Klägers jedoch im Verlaufe des Berufungsverfahrens am 31. August 2002 geendet hat, wie sich aus der beigezogenen Akte des ArbG München 23 Ca 14885/02 und dem dort abgeschlossenen gerichtlichen Vergleich vom 17. Juni 2004 ergibt und zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist, waren die Berufungen mit der dieses Ende der Beschäftigung klarstellenden Maßgabe zurückzuweisen.

Der Senat verweist zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils. Ergänzend ist Folgendes auszuführen: Der Senat gelangt aufgrund einer Würdigung der Verfahrensergebnisse zu der Beurteilung, dass nach dem Gesamtbild der Tätigkeit des Klägers diejenigen Umstände, die für eine abhängige Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1) im Rahmen des RES-Projekts sprechen, überwiegen. Bei der Abwägung der Umstände kommt es nicht darauf an, dass der Kläger bereits vor 1995 für die Firma Hagen tätig war, weshalb es ab 10. Januar 1995 entgegen der Annahme des SG einer mehrmonatigen Schulung des Klägers durch die Beigeladene zu 1) im Hinblick auf die Vorgaben des RES-Leitfadens überhaupt nicht bedurfte und diese auch nicht stattgefunden hat. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Kläger, was die Beigeladene zu 1) bestritten hat, außer der Aushändigung des RES-Leitfadens an einer eintägigen Einweisung nicht teilgenommen hat. Auch ist es für die Beurteilung der konkreten Tätigkeit des Klägers nicht entscheidend, ob es einen Markt für selbstständige Interviewer im Verkehrsbereich in der streitigen Zeit gegeben hat. Entscheidend für die Bejahung einer abhängigen Beschäftigung ist für den Senat, dass der Kläger bei Durchführung der ihm in Wochenblöcken im Rahmen der angegebenen erreichbaren Bahnhöfe sowie seiner grundsätzlichen und der aktuellen Verfügbarkeitszeiten erteilten Aufträge keinerlei Spielraum hinsichtlich Ort, Zeit und Art der Tätigkeit verblieb. Dies wird durch den RES-Leitfaden belegt sowie auch durch die von der Beigeladenen zu 1) eingereichten Auftragsangebote an den Kläger. Bei der Tätigkeit als Zähler und Befrager von Reisenden in Zügen der DB, wobei sich die Befragung als solche nur auf wenige Fragen zu Reiseanlass und Dauer bezog und auch aus den Fahrkarten der Reisenden nur wenige Angaben zu entnehmen waren, war der Kläger jeweils strikt gehalten, diese Tätigkeit nur an einem bestimmten Ort und innerhalb einer bestimmten Zeit, nämlich in einem bestimmten Wagen eines genau festgelegten Zuges, auszuführen. Der Zug und Wagen, in dem die Zählung und Befragung durchgeführt werden musste, war in dem Auftrag jeweils mit Einstiegs- und Ausstiegsbahnhof sowie mit Abfahrts- und Ankunftszeit aufgeführt. Ferner musste die Tätigkeit unter Berücksichtigung des RES-Leitfadens ausgeführt werden. Weiter spricht für eine abhängige Beschäftigung, dass dem Kläger durch die Beigeladene zu 1) die notwendigen Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt wurden, d.h. Ausrüstung und Werkzeuge (vgl. RES-Leitfaden S. 26). Zu berücksichtigen ist weiter, dass der Kläger bei der Ausübung seiner Tätigkeit auch der Kontrolle von Interviewer-Betreuern der Beigeladenen zu 1) unterlag, die ihm gegenüber weisungsbefugt waren (vgl. RES-Leitfaden S. 16/17). Dabei kommt es nicht darauf an, wie häufig tatsächlich derartige Kontrollen des Klägers durch Interviewer-Betreuer der Beigeladenen zu 1) pro Monat oder pro Jahr durchgeführt wurden. Die Entlohnung des Klägers erfolgte hinsichtlich der jeweiligen Einsatzzeiten im vorgegebenen Zug nach einem Stundensatz, also nicht nach einem Stücksatz pro durchgeführter Befragung bzw. Zählung. Damit war die Entlohnung nicht erfolgsabhängig, d.h. es wurde nicht die Ablieferung einer bestimmten Zahl von ausgefüllten Kodierkarten verlangt. Daraus ergibt sich auch, dass der Kläger für den Fall der Durchführung von im Wochenblock angebotenen Aufträgen keinerlei Unternehmerrisiko zu tragen hatte. Insbesondere hatte er dann nicht etwa Zeit, Mühe und Kapital einzusetzen, deren Entlohnung ungewiss war. Der Umstand, dass der Kläger nach dem Vorbringen der Beigeladenen zu 1) berechtigt war, einen Wochenblock oder sogar einzelne Züge daraus abzulehnen, und zwar bei unvorhergesehenen Terminen oder plötzlicher Erkrankung, gibt nicht den Ausschlag dafür, dass die Tätigkeit des Klägers als die eines Selbstständigen anzusehen war. Denn dabei muss auch berücksichtigt werden, dass der RES-Leitfaden die folgende Maßgabe enthielt: "Sollten Sie einzelne Einsätze eines Wochenblocks aufgrund unvorhergesehener privater Termine nicht durchführen können, möchten die anderen Fahrten aber gern übernehmen, so streichen Sie auch hier den betreffenden Einsatz und vermerken den Grund. Wir behalten uns allerdings in diesem Fall vor, den kompletten Wochenblock anderweitig zu vergeben" (S. 14). Im Übrigen wirkte sich auch die Anzahl der Ausfälle im Erhebungsmonat, nur so genannte nicht prämienrelevante Ausfälle ausgenommen, nach den Honorarrichtlinien auf die Zahlung einer Zusatzprämie zu dem nach Stundensätzen gezahlten Grundhonorar und ihre Höhe aus. Dass der Kläger mit der Beigeladenen zu 1) nach den Honorarrichtlinien in Ausnahmefällen für ungünstige Einsätze bestimmte Sonderkosten vereinbaren und ein so genanntes Antrittshonorar beanspruchen konnte, wenn er erst vor Ort festgestellt hatte, dass eine Zählung und Befragung entsprechend dem RES-Leitfaden nicht durchgeführt werden durfte, da die in der Einsatzverfügung und dem Platzgruppenblatt oder dem Zählzettel aufgedruckten Zugdaten nicht mit der Realität übereinstimmten (Stammdatenfehler) oder ersatzweise anders eingesetzt wurden (Schienenersatzverkehr), begründet auch keine Selbstständigkeit. Danach hatte das Gesamtbild der Tätigkeit des Klägers ein völlig anderes Gepräge, als das, welches das BSG im Urteil vom 12. Dezember 1974 (8 RU 266/73) beim "Ermittler (Interviewer)" beurteilt hatte, auf das sich die Beklagte und die Beigeladene zu 1) bezogen haben. Dem Kläger wurden keine Einzelbefragungsaufträge erteilt, wobei er auch nicht für jedes erfolgreich durchgeführte Interview einen festen Vergütungssatz erhielt. Ihm stand kein Dispositionsmöglichkeit hinsichtlich der Auswahl der Interviewpartner zu. Diese waren vielmehr für den Kläger, auch zwecks Zählens, als Einsteiger in einen ganz bestimmten Zug bzw. Wagen, auch bezogen auf bestimmte Bahnstationen, genau festgelegt. Es war ihm auch nicht freigestellt, wann und wo er bei einem übernommenen Auftrag die Zählung bzw. Befragung durchführen wollte. Im Hinblick auf die genannten Festlegungen trug der Kläger auch kein unternehmerisches Risiko, dass er beispielsweise Zeit hätte aufwenden müssen, um geeignete Interviewpartner, wie beispielsweise Betriebe, die nur nach Art und Größe bestimmt waren, hätte auswählen und aufsuchen müssen, jeweils aber nicht sicher gewesen wäre, ob er einen Befragungsauftrag anhand eines umfangreichen Fragenkatalogs überhaupt hätte durchführen können. Bei der Durchführung der Zählung und Befragung war dem Kläger jede eigene Dispositionsmöglichkeit praktisch verwehrt.

Danach war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, der hier in der bis zum 02. Januar 2002 gültig gewesenen Fassung anzuwenden war.

Gründe für eine Revisionszulassung liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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