Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
13
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 5 SB 255/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 13 SB 159/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 2. Juni 2010 geändert und der Bescheid des Beklagten vom 16. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 2006 insoweit aufgehoben, als der Beklagte den bei dem Kläger im Jahre 1999 festgestellten Grad der Behinderung im Jahr 2006 auf einen Grad der Behinderung von weniger als 50 herabsetzte. Der Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des gesamten Verfahrens zu 1/4 zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Herabsetzung des Grades der Behinderung (GdB).
Der Beklagte hatte bei dem 1949 geborenen Kläger, der wegen eines Darmkarzinoms operiert worden war, mit Bescheid vom 9. Februar 1999 für die Behinderungen
a) Teilentfernung des Dickdarms, Beckenvenenthrombose – in Heilungsbewährung – (80), b) Bluthochdruck (10).
einen GdB von 80 festgestellt.
Anfang 2003 leitete der Beklagte das Nachprüfungsverfahren ein. Nach versorgungsärztlicher Auswertung der eingeholten medizinischen Unterlagen setzte er mit Bescheid vom 16. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 2006 den GdB auf 40 herab. Dieser Entscheidung legte er zuletzt folgende (verwaltungsintern mit den aus den Klammerzusätzen ersichtlichen Einzel-GdB bewertete) Funktionsbeeinträchtigungen zugrunde:
a) Teilverlust des Dickdarms, postthrombotisches Syndrom des linken Beines (20), b) Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Wirbelgleiten (20), c) Nierenfunktionseinschränkung (20), d) psychosomatische Störungen (20), e) Bluthochdruck (10), f) chronische Magenschleimhautentzündung (10), g) chronisches Ekzem (10).
Mit der Klage bei dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) hat der Kläger einen GdB von mindestens 50 begehrt. Neben Befundberichten der den Kläger behandelnden Ärzte hat das Sozialgericht das Gutachten der Arbeitsmedizinerin Dr. F vom 14. September 2007 eingeholt, die als weitere Behinderung eine mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewertende Afterschließmuskelschwäche festgestellt, den Gesamt-GdB ab Dezember 2004 jedoch weiterhin mit 40 eingeschätzt hat. Das Sozialgericht hat, den Bewertungen der Gutachterin folgend, die Klage mit Urteil vom 2. Juni 2010 abgewiesen.
Mit der Berufung wendet der Kläger sich gegen diese Entscheidung.
Auf den Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat den Psychiater Dr. U gehört, der im Gutachten vom 12. März 2012 – bezogen auf September 2006 – die Bewertung des Gesamt-GdB mit 40 bestätigt hat.
Auf den Vorschlag des Gutachters hat der Senat Beweis erhoben durch Einholung eines internistisch-angiologischen Gutachtens des Internisten Dr. S vom 23. September 2012. Der Sachverständige hat unter Verweis auf die Schwierigkeiten einer retrospektiven Einschätzung ausgeführt, dass bei dem Kläger im September 2006 ein postthrombotisches Syndrom mit chronisch-venöser Insuffizienz links sowie eine Claudicatio intermissens venosa vorgelegen hätten, die mit einem Einzel-GdB von 30 bzw. 40 zu bewerten seien. Insgesamt hat der Gutachter für die Behinderungen auf seinem Fachgebiet einen GdB von 40 vorgeschlagen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 14. März 2013 hat der Kläger erklärt, die Absenkung des GdB nur noch insoweit anzugreifen, als ein GdB unterhalb von 50 festgesetzt wurde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 2. Juni 2010 aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 16. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 2006 insoweit aufzuheben, als der Beklagte den bei ihm festgestellten GdB auf weniger als 50 herabgesetzt hat.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, soweit der Rechtsstreit nicht erledigt ist.
Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten, den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist – soweit sie aufrecht erhalten wird – begründet.
Da der Kläger sich gegen die Herabsetzung des bei ihm ursprünglich mit Bescheid vom 9. Februar 1999 festgestellten GdB von 80 auf einen GdB von weniger als 50 wendet, handelt es sich um eine Anfechtungsklage, bei welcher allein auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, also hier auf die bei ihm im September 2006 bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen, abzustellen ist. Spätere Änderungen des Gesundheitszustandes können hiermit nicht verfolgt werden.
Das Sozialgericht hat die Klage, soweit der Kläger sich noch mit seiner Berufung hiergegen wendet, zu Unrecht abgewiesen, da der angegriffene Herabsetzungsbescheid vom 16. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 2006 insoweit rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt.
Rechtsgrundlage für die Aufhebung des Bewilligungsbescheides ist § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X), wonach ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei dessen Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben ist. Hierbei sind die zum Zeitpunkt der Aufhebung bestehenden tatsächlichen Verhältnisse mit jenen, die zum Zeitpunkt der letzten Leistungsbewilligung vorhanden gewesen sind, zu vergleichen.
Die von dem Beklagten mit dem hier angefochtenen Bescheid aufgehobene Feststellung eines GdB von 80 ist als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung zu qualifizieren. Die im Zeitpunkt des ursprünglichen Bescheides vom 9. Februar 1999 bestehenden Verhältnisse haben sich wesentlich geändert. Denn bis September 2006 hat sich gegenüber dem Vorzustand eine maßgebliche Verbesserung eingestellt, da während der Heilungsbewährung kein Rezidiv des Karzinoms aufgetreten ist.
Allerdings ist die in dem angefochtenen Bescheid vorgenommene Herabsetzung des GdB auf 40 nicht rechtmäßig, denn bei dem Kläger war im maßgeblichen Zeitpunkt ein GdB von 50 festzustellen.
Nach den §§ 2 Abs. 1, 69 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch (SGB IX) sind die Auswirkungen der länger als sechs Monate anhaltenden Funktionsstörungen nach Zehnergraden abgestuft entsprechend den Maßstäben des § 30 Bundesversorgungsgesetz zu bewerten. Hierbei sind als antizipierte Sachverständigengutachten die vom Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung herausgegebenen Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit (AHP) heranzuziehen, und zwar entsprechend dem hier maßgeblichen Zeitpunkt in der Fassung von 2005.
Nach den vorliegenden gutachterlichen Feststellungen bestanden bei dem Kläger im September 2006 als Behinderungen, die jeweils mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten sind, der Teilverlust des Dickdarms, eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Wirbelgleiten, eine Nierenfunktionseinschränkung und psychosomatische Störungen sowie als Behinderungen, die jeweils mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewerten sind, ein Bluthochdruck, eine chronische Magenschleimhautentzündung, ein chronisches Ekzem und eine Afterschließmuskelschwäche. Der Senat folgt insoweit den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils vom 2. Juni 2010 und sieht nach § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Hinsichtlich der Bewertung der Leiden auf internistisch-angiologischem Fachgebiet schließt sich der Senat dem Sachverständigen Dr. S an, der in dem Gutachten vom 23. September 2012 für das postthrombotisches Syndrom mit chronisch-venöser Insuffizienz links und die Claudicatio intermissens venosa zusammenfassend einen GdB von 40 vorgeschlagen hat. Hierbei kann offen bleiben, ob die einseitige chronisch-venöser Insuffizienz am oberen oder unteren Rand des in Nr. 26.9 (S. 75) der AHP 2005 vorgegebenen Rahmens von einem Einzel-GdB von 20 bis 30 anzusiedeln ist. Denn jedenfalls bedingt bereits die bei dem Kläger bestehende Claudicatio intermissens venosa mit einer schmerzfreien Gehstrecke über 100 m nach den gutachterlichen Feststellungen einen Einzel-GdB von 40. Hierbei sind die Maßstäbe, die in Nr. 26.9 (S. 73) der AHP 2005 für die aufgrund von arteriellen Durchblutungsstörungen bestehende Claudicatio intermissens aufgestellt sind, entsprechend heranzuziehen, da – wie der Sachverständige überzeugend dargelegt hat – die Beschwerden bei beiden Formen ähnlich sind, wobei die Erholungsphase die Claudicatio intermissens venosa zum Teil noch verzögert ist.
Liegen – wie hier – mehrere Beeinträchtigungen am Leben in der Gesellschaft vor, ist der GdB gemäß § 69 Abs. 3 SGB IX nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen. Nach Nr. 19 Abs. 2 (S. 25) der AHP 2005 ist bei der Beurteilung des Gesamt-GdB von der Funktionsstörung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt, und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird. Der GdB für den internistisch-angiologischen Komplex von 40 erhöht sich mit Rücksicht auf die Darmfunktionsstörungen nach Dickdarmteilverlust um 10 auf 50.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie folgt dem Grad des gegenseitigen Unterliegens.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Herabsetzung des Grades der Behinderung (GdB).
Der Beklagte hatte bei dem 1949 geborenen Kläger, der wegen eines Darmkarzinoms operiert worden war, mit Bescheid vom 9. Februar 1999 für die Behinderungen
a) Teilentfernung des Dickdarms, Beckenvenenthrombose – in Heilungsbewährung – (80), b) Bluthochdruck (10).
einen GdB von 80 festgestellt.
Anfang 2003 leitete der Beklagte das Nachprüfungsverfahren ein. Nach versorgungsärztlicher Auswertung der eingeholten medizinischen Unterlagen setzte er mit Bescheid vom 16. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 2006 den GdB auf 40 herab. Dieser Entscheidung legte er zuletzt folgende (verwaltungsintern mit den aus den Klammerzusätzen ersichtlichen Einzel-GdB bewertete) Funktionsbeeinträchtigungen zugrunde:
a) Teilverlust des Dickdarms, postthrombotisches Syndrom des linken Beines (20), b) Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Wirbelgleiten (20), c) Nierenfunktionseinschränkung (20), d) psychosomatische Störungen (20), e) Bluthochdruck (10), f) chronische Magenschleimhautentzündung (10), g) chronisches Ekzem (10).
Mit der Klage bei dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) hat der Kläger einen GdB von mindestens 50 begehrt. Neben Befundberichten der den Kläger behandelnden Ärzte hat das Sozialgericht das Gutachten der Arbeitsmedizinerin Dr. F vom 14. September 2007 eingeholt, die als weitere Behinderung eine mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewertende Afterschließmuskelschwäche festgestellt, den Gesamt-GdB ab Dezember 2004 jedoch weiterhin mit 40 eingeschätzt hat. Das Sozialgericht hat, den Bewertungen der Gutachterin folgend, die Klage mit Urteil vom 2. Juni 2010 abgewiesen.
Mit der Berufung wendet der Kläger sich gegen diese Entscheidung.
Auf den Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat den Psychiater Dr. U gehört, der im Gutachten vom 12. März 2012 – bezogen auf September 2006 – die Bewertung des Gesamt-GdB mit 40 bestätigt hat.
Auf den Vorschlag des Gutachters hat der Senat Beweis erhoben durch Einholung eines internistisch-angiologischen Gutachtens des Internisten Dr. S vom 23. September 2012. Der Sachverständige hat unter Verweis auf die Schwierigkeiten einer retrospektiven Einschätzung ausgeführt, dass bei dem Kläger im September 2006 ein postthrombotisches Syndrom mit chronisch-venöser Insuffizienz links sowie eine Claudicatio intermissens venosa vorgelegen hätten, die mit einem Einzel-GdB von 30 bzw. 40 zu bewerten seien. Insgesamt hat der Gutachter für die Behinderungen auf seinem Fachgebiet einen GdB von 40 vorgeschlagen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 14. März 2013 hat der Kläger erklärt, die Absenkung des GdB nur noch insoweit anzugreifen, als ein GdB unterhalb von 50 festgesetzt wurde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 2. Juni 2010 aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 16. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 2006 insoweit aufzuheben, als der Beklagte den bei ihm festgestellten GdB auf weniger als 50 herabgesetzt hat.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, soweit der Rechtsstreit nicht erledigt ist.
Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten, den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist – soweit sie aufrecht erhalten wird – begründet.
Da der Kläger sich gegen die Herabsetzung des bei ihm ursprünglich mit Bescheid vom 9. Februar 1999 festgestellten GdB von 80 auf einen GdB von weniger als 50 wendet, handelt es sich um eine Anfechtungsklage, bei welcher allein auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, also hier auf die bei ihm im September 2006 bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen, abzustellen ist. Spätere Änderungen des Gesundheitszustandes können hiermit nicht verfolgt werden.
Das Sozialgericht hat die Klage, soweit der Kläger sich noch mit seiner Berufung hiergegen wendet, zu Unrecht abgewiesen, da der angegriffene Herabsetzungsbescheid vom 16. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 2006 insoweit rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt.
Rechtsgrundlage für die Aufhebung des Bewilligungsbescheides ist § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X), wonach ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei dessen Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben ist. Hierbei sind die zum Zeitpunkt der Aufhebung bestehenden tatsächlichen Verhältnisse mit jenen, die zum Zeitpunkt der letzten Leistungsbewilligung vorhanden gewesen sind, zu vergleichen.
Die von dem Beklagten mit dem hier angefochtenen Bescheid aufgehobene Feststellung eines GdB von 80 ist als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung zu qualifizieren. Die im Zeitpunkt des ursprünglichen Bescheides vom 9. Februar 1999 bestehenden Verhältnisse haben sich wesentlich geändert. Denn bis September 2006 hat sich gegenüber dem Vorzustand eine maßgebliche Verbesserung eingestellt, da während der Heilungsbewährung kein Rezidiv des Karzinoms aufgetreten ist.
Allerdings ist die in dem angefochtenen Bescheid vorgenommene Herabsetzung des GdB auf 40 nicht rechtmäßig, denn bei dem Kläger war im maßgeblichen Zeitpunkt ein GdB von 50 festzustellen.
Nach den §§ 2 Abs. 1, 69 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch (SGB IX) sind die Auswirkungen der länger als sechs Monate anhaltenden Funktionsstörungen nach Zehnergraden abgestuft entsprechend den Maßstäben des § 30 Bundesversorgungsgesetz zu bewerten. Hierbei sind als antizipierte Sachverständigengutachten die vom Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung herausgegebenen Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit (AHP) heranzuziehen, und zwar entsprechend dem hier maßgeblichen Zeitpunkt in der Fassung von 2005.
Nach den vorliegenden gutachterlichen Feststellungen bestanden bei dem Kläger im September 2006 als Behinderungen, die jeweils mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten sind, der Teilverlust des Dickdarms, eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Wirbelgleiten, eine Nierenfunktionseinschränkung und psychosomatische Störungen sowie als Behinderungen, die jeweils mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewerten sind, ein Bluthochdruck, eine chronische Magenschleimhautentzündung, ein chronisches Ekzem und eine Afterschließmuskelschwäche. Der Senat folgt insoweit den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils vom 2. Juni 2010 und sieht nach § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Hinsichtlich der Bewertung der Leiden auf internistisch-angiologischem Fachgebiet schließt sich der Senat dem Sachverständigen Dr. S an, der in dem Gutachten vom 23. September 2012 für das postthrombotisches Syndrom mit chronisch-venöser Insuffizienz links und die Claudicatio intermissens venosa zusammenfassend einen GdB von 40 vorgeschlagen hat. Hierbei kann offen bleiben, ob die einseitige chronisch-venöser Insuffizienz am oberen oder unteren Rand des in Nr. 26.9 (S. 75) der AHP 2005 vorgegebenen Rahmens von einem Einzel-GdB von 20 bis 30 anzusiedeln ist. Denn jedenfalls bedingt bereits die bei dem Kläger bestehende Claudicatio intermissens venosa mit einer schmerzfreien Gehstrecke über 100 m nach den gutachterlichen Feststellungen einen Einzel-GdB von 40. Hierbei sind die Maßstäbe, die in Nr. 26.9 (S. 73) der AHP 2005 für die aufgrund von arteriellen Durchblutungsstörungen bestehende Claudicatio intermissens aufgestellt sind, entsprechend heranzuziehen, da – wie der Sachverständige überzeugend dargelegt hat – die Beschwerden bei beiden Formen ähnlich sind, wobei die Erholungsphase die Claudicatio intermissens venosa zum Teil noch verzögert ist.
Liegen – wie hier – mehrere Beeinträchtigungen am Leben in der Gesellschaft vor, ist der GdB gemäß § 69 Abs. 3 SGB IX nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen. Nach Nr. 19 Abs. 2 (S. 25) der AHP 2005 ist bei der Beurteilung des Gesamt-GdB von der Funktionsstörung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt, und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird. Der GdB für den internistisch-angiologischen Komplex von 40 erhöht sich mit Rücksicht auf die Darmfunktionsstörungen nach Dickdarmteilverlust um 10 auf 50.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie folgt dem Grad des gegenseitigen Unterliegens.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.
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