Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
27
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 188 R 1474/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 27 R 448/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. April 2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist der Beginn und damit auch die Höhe des Zugangsfaktors der der Klägerin von der Beklagten bewilligten Regelaltersrente streitig.
Die 1941 geborene Klägerin war zuletzt im Jahre 1976 unter einer Anschrift in M für die Beklagte postalisch erreichbar. Ein im September 1987 an die Klägerin abgesandtes Schreiben der Beklagten kam jedoch mit dem Vermerk "unbekannt verzogen" zurück. Auf ein Auskunftsersuchen beim Einwohnermeldeamt M teilte dieses der Beklagten eine Abmeldung der Klägerin nach "R" in Saudi-Arabien mit.
Die Klägerin beantragte am 15. Mai 2008 durch ihre Prozessbevollmächtigten bei der Beklagten die Gewährung einer Regelaltersrente ab dem 1. Juni 2006. Im Rentenantragsformular "R100 PDF V016 - 06.09.2007" war keine Anschrift der Klägerin und als Tag der Antragstellung der 30. April 2007 angegeben. Die auf den 9. Mai 2008 datierte Unterschrift der Klägerin findet sich auf einem weiteren "R100 PDF V015 - 11.04.2007". In einer dem Rentenantrag beigefügten Kopie des Passes der Klägerin war als Wohnanschrift "C/Portugal" vermerkt. Weiterhin war dem Rentenantrag ein Formular "R990 PDF V006 - 31.01.2008" mit einem Stempel der Prozessbevollmächtigten der Klägerin beigefügt. Mit Schreiben vom 1. Juli 2008 bat die Beklagte die Prozessbevollmächtigten der Klägerin um einen Nachweis der aktuellen Anschrift der Klägerin. Dem kamen die Prozessbevollmächtigten am 4. September 2008 nach. Zuvor war in den Stammdaten der Klägerin die Anschrift der Beklagten als Anschrift mit dem Zusatz "Anschriftenstatus unzutreffend, unbekannt ins Ausland verzogen" vermerkt. Aus den Verwaltungsdaten des Versicherungskontos der Klägerin bei der Beklagten ist darüber hinaus ersichtlich, dass – neben dem unzustellbaren Schreiben vom September 1987 – im Januar 1999 ein Versicherungsverlauf mit einem Aufklärungsersuchen sowie im April 1999 eine diesbezügliche Erinnerung und am 3. Mai 2006 ein Anschreiben nach § 115 Absatz 6 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) an die Klägerin abgesandt worden sind. Weiter ergibt sich aus diesen Daten eine Anschriftenberichtigung der Klägerin am 11. Mai 2006 in die Adresse der Beklagten sowie zuvor als Anschrift "C/Portugal" mit dem Zusatz "Anschriftenstatus unzutreffend". Bis November 1980 wies das Versicherungskonto der Klägerin 248 Monate mit Beitrags-, Kindererziehungs- und Ersatzzeiten auf.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 10. November 2008 ab dem 1. Mai 2008 eine Regelaltersrente, der sie einen Zugangsfaktor von 1,115 zugrunde legte, weil die Klägerin die Rente wegen Alters trotz erfüllter Wartezeit nach Erreichen der Regelaltersgrenze 23 Monate nicht in Anspruch genommen habe. Die Rente werde ab Beginn des Antragsmonats geleistet, weil der Antrag erst nach Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats gestellt worden sei, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt waren. Gegen den Rentenbescheid legte die Klägerin am 27. November 2008 Widerspruch ein mit dem Ziel der Gewährung einer Regelaltersrente im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ab dem 1. Juni 2006 unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0. Zur Begründung verwies die Klägerin darauf, dass die Beklagte die Hinweispflicht des § 115 Absatz 6 Satz 1 SGB VI verletzt habe, so dass sie so zu stellen sei, wie sie stünde, wenn sie die Regelaltersrente rechtzeitig beantragt hätte.
Die Klägerin hat am 19. März 2009 Untätigkeitsklage vor dem Sozialgericht Berlin erhoben. Nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2009, mit dem die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurückwies, angesichts der unvollständigen bzw. unbekannten Adresse der Klägerin im Zeitpunkt der Vollendung des 65. Lebensjahres lägen die Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht vor, hat die Klägerin die Klage am 8. Mai 2009 geändert und nunmehr die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer Regelaltersrente ab dem 1. Juni 2006 unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0 geltend gemacht. Zur Begründung stellte die Klägerin darauf ab, dass die Beklagte Kenntnis von dem Auslandsaufenthalt der Klägerin gehabt, es jedoch trotzdem unterlassen habe, über die Auslandsvertretung der Bundesrepublik Deutschland zu ermitteln, ob der Klägerin Ausweispapiere ausgestellt wurden. Die Beklagte könne sich daher nicht darauf berufen, dass eine Adressermittlung seit 1987 zu keinem Zeitpunkt möglich gewesen sei.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 24. April 2012 abgewiesen und der Beklagten - angesichts des erfolgreichen Untätigkeitsbegehrens – ein Drittel der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin auferlegt. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass die Beklagte den Rentenbeginn zutreffend ermittelt habe. Die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs mit der Folge einer Vorverlegung des Rentenbeginns lägen nicht vor. Es fehle bereits an einer Pflichtverletzung der Beklagten, weil kein geeigneter Fall im Sinne von § 115 Absatz 6 Satz 1 SGB VI vorgelegen habe. Ein solcher sei nur gegeben, wenn der Hinweis auf die Möglichkeit der Beantragung einer Regelaltersrente mit Erreichen der Altergrenze aufgrund der Erfüllung der allgemeinen Wartezeit ohne weitere Ermittlungen aufgrund des gespeicherten Datenbestandes des Rentenversicherungsträgers möglich ist. Die Beklagte sei aufgrund der Speicherung einer nur unvollständigen Adresse der Klägerin nicht verpflichtet gewesen, Ermittlungen nach der zutreffenden Adresse aufzunehmen.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 11. Mai 2012 zugestellte Urteil am 23. Mai 2012 Berufung zum Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt. Dabei vertritt die Klägerin die Auffassung, die Beklagte sei verpflichtet gewesen, angesichts der Kenntnis des Aufenthaltsortes der Klägerin in Portugal die genaue Auslandsanschrift der Klägerin zu ermitteln. Entgegen dieser Verpflichtung habe die Beklagte jedoch noch nicht einmal den Versuch einer Adressermittlung unternommen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. April 2012 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 10. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2009 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ab dem 1. Juni 2006 eine Regelaltersrente unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0 anstelle der bisher bewilligten Regelaltersrente ab dem 1. Mai 2008 unter Zugrundlegung eines Zugangsfaktors von 1,115 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend und vertritt die Ansicht, dass keine Pflichtverletzung ihrerseits vorliege, da es ihr ausweislich eines Merkblattes der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Lissabon objektiv nicht möglich gewesen sei, eine Adresse in Portugal zu ermitteln, weil es dort keine dem deutschen Meldesystem vergleichbare Einrichtung gäbe und die Anschriftenermittlung nicht zum gesetzlichen Auftrag des Auswärtigen Dienstes zähle. Soweit eine Auslandsvertretung im Zusammenhang mit einer Beantragung von Personaldokumenten Kenntnis von Anschriften von im Ausland lebenden Deutschen erhalte, dürften datenschutzrechtliche Bestimmungen einer Weitergabe der Daten an die Beklagte entgegen stehen. Schließlich habe die Klägerin auch nach Bevollmächtigung ihrer Prozessbevollmächtigten am 18. September 2007 nicht sofort, sondern erst im Mai 2008 einen Rentenantrag gestellt, so dass selbst bei einem erfolgten Hinweis auf die Notwendigkeit der Rentenantragstellung bis zum Ablauf von drei Monaten nach Vollendung des 65. Lebensjahres keine rechtzeitige Antragstellung durch die Klägerin unterstellt werden könne.
Dem Senat haben die Verwaltungsvorgänge der Beklagten vorgelegen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze, das Protokoll und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 144 Absatz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Zu Recht hat das Sozialgericht mit dem angegriffenen Urteil vom 24. April 2012 die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 10. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, soweit die Beklagte damit den Rentenbeginn auf den 1. Mai 2008 festgelegt und einen Zugangsfaktor von 1,115 zugrunde gelegt hat. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung einer Regelaltersrente ab dem 1. Juni 2006 unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0 unter Anrechnung der bisher gewährten Rentenleistungen. Der Senat nimmt insoweit auf die zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils Bezug, denen er folgt, und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Absatz 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass selbst bei einer Verletzung der aus § 115 Absatz 6 SGB VI folgenden Hinweispflicht durch die Beklagte – die neben der vom Sozialgericht zu Recht verneinten Frage der Verpflichtung überhaupt zum Eintritt in Ermittlungen auch noch voraussetzen würde, dass eine tatsächliche Möglichkeit der Ermittlung der Adresse der Klägerin, von der nur der Wohnort und das Land bekannt waren, bestanden hätte, woran der Senat, ohne dass dem weiter nachzugehen wäre, Zweifel hat, – noch nicht feststeht, dass die Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs vorliegen. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch setzt neben der Pflichtverletzung deren Kausalität für den eingetretenen Schaden voraus. Die Klägerin trägt insoweit die negative Feststellungslast dafür, dass sie, wenn sie ein Hinweisschreiben nach § 115 Absatz 6 SGB VI erhalten hätte, rechtzeitig den Antrag auf Gewährung der Regelaltersrente gestellt hätte (vgl. BSG, Urteil vom 26. Juli 2007 – B 13 R 4/06 R, Rn.25). Diese Feststellung lässt sich hier jedoch nicht treffen mit der Folge, dass die Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs auch aus diesem Grund nicht gegeben sind. Gegen die erforderliche Feststellung spricht, dass der im Mai 2008 bei der Beklagten eingegangene Rentenantrag der Klägerin auf verschiedenen Versionen des Vordrucks "R 100" – nämlich einer vom April 2007 und einer vom September 2007 – ausgefüllt wurde, wobei als Antragsdatum der 30. April 2007 angegeben worden ist. Weiterhin wurde von den – seit September 2007 bevollmächtigten – Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Übersicht über die Anlagen auf einer Version des Vordrucks "R 990" vom Januar 2008 eingereicht. Diese Umstände sprechen dafür, dass die Klägerin auch nach Erhalt eines Hinweises durch die Beklagte auf die Möglichkeit der Rentenbeantragung über einen längeren Zeitraum gewartet hätte, bis sie den Rentenantrag tatsächlich bei der Beklagten stellt. Jedenfalls steht damit zur Überzeugung des Senats nicht das Gegenteil fest.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Absatz 1 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe gemäß § 160 Absatz 2 SGG nicht gegeben sind.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist der Beginn und damit auch die Höhe des Zugangsfaktors der der Klägerin von der Beklagten bewilligten Regelaltersrente streitig.
Die 1941 geborene Klägerin war zuletzt im Jahre 1976 unter einer Anschrift in M für die Beklagte postalisch erreichbar. Ein im September 1987 an die Klägerin abgesandtes Schreiben der Beklagten kam jedoch mit dem Vermerk "unbekannt verzogen" zurück. Auf ein Auskunftsersuchen beim Einwohnermeldeamt M teilte dieses der Beklagten eine Abmeldung der Klägerin nach "R" in Saudi-Arabien mit.
Die Klägerin beantragte am 15. Mai 2008 durch ihre Prozessbevollmächtigten bei der Beklagten die Gewährung einer Regelaltersrente ab dem 1. Juni 2006. Im Rentenantragsformular "R100 PDF V016 - 06.09.2007" war keine Anschrift der Klägerin und als Tag der Antragstellung der 30. April 2007 angegeben. Die auf den 9. Mai 2008 datierte Unterschrift der Klägerin findet sich auf einem weiteren "R100 PDF V015 - 11.04.2007". In einer dem Rentenantrag beigefügten Kopie des Passes der Klägerin war als Wohnanschrift "C/Portugal" vermerkt. Weiterhin war dem Rentenantrag ein Formular "R990 PDF V006 - 31.01.2008" mit einem Stempel der Prozessbevollmächtigten der Klägerin beigefügt. Mit Schreiben vom 1. Juli 2008 bat die Beklagte die Prozessbevollmächtigten der Klägerin um einen Nachweis der aktuellen Anschrift der Klägerin. Dem kamen die Prozessbevollmächtigten am 4. September 2008 nach. Zuvor war in den Stammdaten der Klägerin die Anschrift der Beklagten als Anschrift mit dem Zusatz "Anschriftenstatus unzutreffend, unbekannt ins Ausland verzogen" vermerkt. Aus den Verwaltungsdaten des Versicherungskontos der Klägerin bei der Beklagten ist darüber hinaus ersichtlich, dass – neben dem unzustellbaren Schreiben vom September 1987 – im Januar 1999 ein Versicherungsverlauf mit einem Aufklärungsersuchen sowie im April 1999 eine diesbezügliche Erinnerung und am 3. Mai 2006 ein Anschreiben nach § 115 Absatz 6 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) an die Klägerin abgesandt worden sind. Weiter ergibt sich aus diesen Daten eine Anschriftenberichtigung der Klägerin am 11. Mai 2006 in die Adresse der Beklagten sowie zuvor als Anschrift "C/Portugal" mit dem Zusatz "Anschriftenstatus unzutreffend". Bis November 1980 wies das Versicherungskonto der Klägerin 248 Monate mit Beitrags-, Kindererziehungs- und Ersatzzeiten auf.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 10. November 2008 ab dem 1. Mai 2008 eine Regelaltersrente, der sie einen Zugangsfaktor von 1,115 zugrunde legte, weil die Klägerin die Rente wegen Alters trotz erfüllter Wartezeit nach Erreichen der Regelaltersgrenze 23 Monate nicht in Anspruch genommen habe. Die Rente werde ab Beginn des Antragsmonats geleistet, weil der Antrag erst nach Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats gestellt worden sei, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt waren. Gegen den Rentenbescheid legte die Klägerin am 27. November 2008 Widerspruch ein mit dem Ziel der Gewährung einer Regelaltersrente im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ab dem 1. Juni 2006 unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0. Zur Begründung verwies die Klägerin darauf, dass die Beklagte die Hinweispflicht des § 115 Absatz 6 Satz 1 SGB VI verletzt habe, so dass sie so zu stellen sei, wie sie stünde, wenn sie die Regelaltersrente rechtzeitig beantragt hätte.
Die Klägerin hat am 19. März 2009 Untätigkeitsklage vor dem Sozialgericht Berlin erhoben. Nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2009, mit dem die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurückwies, angesichts der unvollständigen bzw. unbekannten Adresse der Klägerin im Zeitpunkt der Vollendung des 65. Lebensjahres lägen die Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht vor, hat die Klägerin die Klage am 8. Mai 2009 geändert und nunmehr die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer Regelaltersrente ab dem 1. Juni 2006 unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0 geltend gemacht. Zur Begründung stellte die Klägerin darauf ab, dass die Beklagte Kenntnis von dem Auslandsaufenthalt der Klägerin gehabt, es jedoch trotzdem unterlassen habe, über die Auslandsvertretung der Bundesrepublik Deutschland zu ermitteln, ob der Klägerin Ausweispapiere ausgestellt wurden. Die Beklagte könne sich daher nicht darauf berufen, dass eine Adressermittlung seit 1987 zu keinem Zeitpunkt möglich gewesen sei.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 24. April 2012 abgewiesen und der Beklagten - angesichts des erfolgreichen Untätigkeitsbegehrens – ein Drittel der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin auferlegt. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass die Beklagte den Rentenbeginn zutreffend ermittelt habe. Die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs mit der Folge einer Vorverlegung des Rentenbeginns lägen nicht vor. Es fehle bereits an einer Pflichtverletzung der Beklagten, weil kein geeigneter Fall im Sinne von § 115 Absatz 6 Satz 1 SGB VI vorgelegen habe. Ein solcher sei nur gegeben, wenn der Hinweis auf die Möglichkeit der Beantragung einer Regelaltersrente mit Erreichen der Altergrenze aufgrund der Erfüllung der allgemeinen Wartezeit ohne weitere Ermittlungen aufgrund des gespeicherten Datenbestandes des Rentenversicherungsträgers möglich ist. Die Beklagte sei aufgrund der Speicherung einer nur unvollständigen Adresse der Klägerin nicht verpflichtet gewesen, Ermittlungen nach der zutreffenden Adresse aufzunehmen.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 11. Mai 2012 zugestellte Urteil am 23. Mai 2012 Berufung zum Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt. Dabei vertritt die Klägerin die Auffassung, die Beklagte sei verpflichtet gewesen, angesichts der Kenntnis des Aufenthaltsortes der Klägerin in Portugal die genaue Auslandsanschrift der Klägerin zu ermitteln. Entgegen dieser Verpflichtung habe die Beklagte jedoch noch nicht einmal den Versuch einer Adressermittlung unternommen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. April 2012 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 10. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2009 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ab dem 1. Juni 2006 eine Regelaltersrente unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0 anstelle der bisher bewilligten Regelaltersrente ab dem 1. Mai 2008 unter Zugrundlegung eines Zugangsfaktors von 1,115 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend und vertritt die Ansicht, dass keine Pflichtverletzung ihrerseits vorliege, da es ihr ausweislich eines Merkblattes der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Lissabon objektiv nicht möglich gewesen sei, eine Adresse in Portugal zu ermitteln, weil es dort keine dem deutschen Meldesystem vergleichbare Einrichtung gäbe und die Anschriftenermittlung nicht zum gesetzlichen Auftrag des Auswärtigen Dienstes zähle. Soweit eine Auslandsvertretung im Zusammenhang mit einer Beantragung von Personaldokumenten Kenntnis von Anschriften von im Ausland lebenden Deutschen erhalte, dürften datenschutzrechtliche Bestimmungen einer Weitergabe der Daten an die Beklagte entgegen stehen. Schließlich habe die Klägerin auch nach Bevollmächtigung ihrer Prozessbevollmächtigten am 18. September 2007 nicht sofort, sondern erst im Mai 2008 einen Rentenantrag gestellt, so dass selbst bei einem erfolgten Hinweis auf die Notwendigkeit der Rentenantragstellung bis zum Ablauf von drei Monaten nach Vollendung des 65. Lebensjahres keine rechtzeitige Antragstellung durch die Klägerin unterstellt werden könne.
Dem Senat haben die Verwaltungsvorgänge der Beklagten vorgelegen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze, das Protokoll und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 144 Absatz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Zu Recht hat das Sozialgericht mit dem angegriffenen Urteil vom 24. April 2012 die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 10. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, soweit die Beklagte damit den Rentenbeginn auf den 1. Mai 2008 festgelegt und einen Zugangsfaktor von 1,115 zugrunde gelegt hat. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung einer Regelaltersrente ab dem 1. Juni 2006 unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0 unter Anrechnung der bisher gewährten Rentenleistungen. Der Senat nimmt insoweit auf die zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils Bezug, denen er folgt, und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Absatz 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass selbst bei einer Verletzung der aus § 115 Absatz 6 SGB VI folgenden Hinweispflicht durch die Beklagte – die neben der vom Sozialgericht zu Recht verneinten Frage der Verpflichtung überhaupt zum Eintritt in Ermittlungen auch noch voraussetzen würde, dass eine tatsächliche Möglichkeit der Ermittlung der Adresse der Klägerin, von der nur der Wohnort und das Land bekannt waren, bestanden hätte, woran der Senat, ohne dass dem weiter nachzugehen wäre, Zweifel hat, – noch nicht feststeht, dass die Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs vorliegen. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch setzt neben der Pflichtverletzung deren Kausalität für den eingetretenen Schaden voraus. Die Klägerin trägt insoweit die negative Feststellungslast dafür, dass sie, wenn sie ein Hinweisschreiben nach § 115 Absatz 6 SGB VI erhalten hätte, rechtzeitig den Antrag auf Gewährung der Regelaltersrente gestellt hätte (vgl. BSG, Urteil vom 26. Juli 2007 – B 13 R 4/06 R, Rn.25). Diese Feststellung lässt sich hier jedoch nicht treffen mit der Folge, dass die Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs auch aus diesem Grund nicht gegeben sind. Gegen die erforderliche Feststellung spricht, dass der im Mai 2008 bei der Beklagten eingegangene Rentenantrag der Klägerin auf verschiedenen Versionen des Vordrucks "R 100" – nämlich einer vom April 2007 und einer vom September 2007 – ausgefüllt wurde, wobei als Antragsdatum der 30. April 2007 angegeben worden ist. Weiterhin wurde von den – seit September 2007 bevollmächtigten – Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Übersicht über die Anlagen auf einer Version des Vordrucks "R 990" vom Januar 2008 eingereicht. Diese Umstände sprechen dafür, dass die Klägerin auch nach Erhalt eines Hinweises durch die Beklagte auf die Möglichkeit der Rentenbeantragung über einen längeren Zeitraum gewartet hätte, bis sie den Rentenantrag tatsächlich bei der Beklagten stellt. Jedenfalls steht damit zur Überzeugung des Senats nicht das Gegenteil fest.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Absatz 1 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe gemäß § 160 Absatz 2 SGG nicht gegeben sind.
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