L 4 P 3839/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 4 P 1768/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 P 3839/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 29. Juni 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt Pflegegeld nach der Pflegestufe I ab 1. Dezember 2004.

Der am 2003 geborene Kläger, der über seinen Vater bei der Beklagten familienpflegepflichtversichert ist, erlitt bei der Geburt eine Asphyxie (Atemstillstand mit konsekutivem Herz-Kreislauf-Stillstand). Er litt an einer statomotorischen Entwicklungsverzögerung und psychomotorischen Retardierung und leidet nach wie vor unter einem disproportionierten Kleinwuchs mit großem Kopf und einer Sprachentwicklungsstörung. Sein Grad der Behinderung beträgt 100 seit 20. Dezember 2004. Außerdem sind die Merkzeichen G, B und H zuerkannt (Bescheid des Landratsamts R.-N.-Kreis vom 29. Februar 2012). Der Kläger besuchte ab Februar 2007 bis zu einem am 17. Dezember 2008 im Kindergarten erlittenen Unfall beim Spielen, der einen doppelten Bruch des linken Oberschenkels zur Folge hatte, und erneut ab September 2009 regelmäßig einen kommunalen Kindergarten. Hierbei nahm er ab 1. September 2007 im Kindergarten und in der Zeit, als er infolge des Beinbruchs den Kindergarten nicht besuchen konnte, zuhause Eingliederungshilfe (Übernahme der Kosten heilpädagogischer oder pädagogischer Maßnahmen) für drei Stunden in der Woche in Anspruch. Seit September 2010 besucht der Kläger eine Regelschule. Pädagogische oder begleitende Hilfen erhält er nicht mehr. Jeweils ausweislich der Auskünfte der behandelnden Therapeuten und teilweise der von der Beklagten vorgelegten Heilmittelverordnungen erhielt der Kläger vom 7. Januar bis 11. März 2005 und vom 10. Juni bis 12. August 2005 insgesamt 20 und vom 27. November 2007 bis 7. Februar 2008 weitere zehn krankengymnastische Behandlungen durch die Physiotherapeutin S. in deren Physiotherapiepraxis in W ... Die Behandlungszeit betrug jeweils 45 Minuten. 22 weitere 40 Minuten dauernde krankengymnastische Behandlungen fanden in der Zeit vom 29. April bis 15. Dezember 2008 in der physiotherapeutischen Praxis der Physiotherapeutin L.-B. ebenfalls in W. statt. Bei den Behandlungen war die Mutter des Klägers jeweils anwesend, da sie während der Therapiezeiten in der Durchführung von Übungen zu Hause angeleitet wurde. Vom 26. Januar bis 26. Februar 2009 führte Physiotherapeut K. krankengymnastische Behandlungen im Rahmen eines Hausbesuches und vom 3. März bis 12. Juni 2009 28-mal in seiner Praxis in H. durch, wobei eine Behandlung hierbei ca. 30 Minuten dauerte. Während der im Rahmen der Hausbesuche durchgeführten Behandlungen durch den Physiotherapeuten K. war die Anwesenheit eines Elternteils wegen der Immobilität des Klägers jeweils erforderlich. In der Praxis war die Anwesenheit der Eltern nicht zwingend notwendig. Zwischen dem 19. Dezember 2006 und 5. Dezember 2008 und vom 21. September 2009 bis 27. Januar 2011 erhielt der Kläger des Weiteren 113 bzw. 44 Therapieeinheiten Logopädie durch die Logopädin J. in deren logopädischer Praxis in He., wobei eine Behandlung 45 Minuten dauerte. Während der logopädischen Behandlung wartete ein Elternteil im Wartezimmer. Am Ende der Therapiesitzungen wurden die Therapieinhalte mit den Eltern besprochen. Seit 14. Juni 2012 erhält der Kläger ausweislich des von der Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin und Fachärztin für Öffentliches Gesundheitswesen Dr. M. erstatteten Gutachtens vom 26. November 2012 und der Bescheinigung der Logopädin Kr. vom 18. Oktober 2012 wieder einmal wöchentlich in L. bei einer auf Schulkinder spezialisierten Logopädin eine Sprachtherapie. Die Therapiezeit beläuft sich auf 45 Minuten. Zur Therapie wird der Kläger von seiner Mutter begleitet. Vom 10. Mai 2007 bis 16. Dezember 2008 wurde außerdem noch Ergotherapie ebenfalls in einer Praxis in He. durchgeführt. Es fanden in diesem Zeitraum 62 Behandlungen mit einer reinen Behandlungszeit von 45 Minuten und 15 Minuten Vor- bzw. Nachbereitungszeit statt. Bei der ergotherapeutischen Behandlung war ein Elternteil nicht regelmäßig anwesend.

Am 8. Dezember 2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten Leistungen der Pflegeversicherung in Form von Geldleistungen. Pflegefachkraft E., Medizinischer Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK), nannte in ihrem Gutachten vom 3. März 2005 aufgrund einer Untersuchung des Klägers am 13. Januar 2005 als pflegebegründende Diagnosen: Ehemaliges hypotrophes Neugeborenes, Zustand nach Asphyxie unter der Geburt. Sie schätzte den durchschnittlichen täglichen Zeitaufwand für die Verrichtungen der Grundpflege aufgrund der einmal wöchentlich notwendigen Fahrt zur Krankengymnastik auf vier Minuten pro Tag und führte im Übrigen aus, dieser notwendige Hilfebedarf sei ausschließlich der Mehrbedarf im Vergleich zu einem gleichaltrigen gesunden Kind. Dem Kläger sei, wenn auch sehr unsicher, freies Sitzen möglich. Er robbe sich mit dem linken Arm vorwärts, Greifen sei gut möglich. Spastiken in Armen und Beinen bestünden nicht. Die Beklagte lehnte, gestützt hierauf, den Antrag auf Bewilligung von Pflegegeld mit dem an den Vater des Klägers gerichteten Bescheid vom 7. März 2005 ab.

Der Vater des Klägers erhob hiergegen Widerspruch. Er legte ein ärztliches Attest der Fachärztin für Kinderheilkunde Dr. Ko. vom 13. April 2005, wonach auf Befunde der Universitätskinderklinik He. gewartet werde, das die Zeit vom 20. bis 26. Juni 2005 betreffende Pflege-Tagebuch, in dem jeweils ein Hilfebedarf sowohl im Bereich der Körperpflege als auch der Ernährung, Mobilität und hauswirtschaftlichen Versorgung angegeben wurde, und den Arztbrief von Dr. R.-R., Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin, He., vom 17. Juli 2005 (Diagnosen: Reifes Neugeborenes, perinatale Asphyxie, Zustand nach Pneumonie durch RSV [respiratorischer Synzytialvirus], Makrocephalie, Adipositas, Achondroplasie, statomotorische Entwicklungsverzögerung, psychomotorische Retardierung; körperliche Entwicklung sei in der Zwischenzeit ganz regelmäßig gewesen) vor. Die Beklagte veranlasste sodann das Gutachten von Ärztin Dr. We ... Diese nannte im Gutachten vom 26. Oktober 2005 aufgrund einer Untersuchung des Klägers am 29. September 2005 als pflegebegründende Diagnosen Hydrocephalus internus, Achondroplasie, leichte psychomotorische Retardierung, chronische rezidivierende Bronchitis sowie Zustand nach perinataler Asphyxie und schätzte den durchschnittlichen täglichen Zeitaufwand für die Verrichtungen der Grundpflege auf 14 Minuten (Ernährung fünf Minuten, Mobilität neun Minuten). Sie berücksichtigte hierbei einen Hilfebedarf der vollen Übernahme der Aufnahme der Nahrung, da es immer wieder zu Schluckproblemen komme, der vollen Übernahme des Ankleidens eines Schutzhelms, da der Kläger wegen der Achondroplasie und des Megacephalus mit Hydrocephalus internus einen Schutzhelm tragen müsse, den er nicht toleriere und der mehrmals täglich an- und wiederausgezogen werden müsse, sowie beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung wegen einmal wöchentlicher Krankengymnastik außer Haus. Insgesamt sei der Kläger bis auf eine leichte Einschränkung der Psychomotorik für sein Alter gut entwickelt. Er könne frei stehen und gehen sowie gezielt greifen und sei insgesamt ein lebhaftes, aktives Kind. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies hierauf den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 2. Mai 2006 zurück. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anerkennung der Pflegestufe I, wonach für den pflegerischen Aufwand mehr als 45 Minuten täglich anfallen müssten, lägen nach den vorliegenden Gutachten nicht vor. Auch im erneuten Gutachten sei nur ein Hilfebedarf von täglich 14 Minuten ermittelt worden.

Gegen den seinen Prozessbevollmächtigten am 6. Mai 2006 zugestellten Widerspruchsbescheid erhob der Vater des Klägers am 6. Juni 2006 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) und begehrte für den Kläger Leistungen der Pflegeversicherung nach Pflegestufe I ab 1. Dezember 2004. Die Ablehnung der beantragten Anerkennung der Pflegestufe I sei zu Unrecht erfolgt. Gegen die in den Gutachten des MDK erfolgten Einschätzungen bestünden erhebliche Bedenken, weil sie sich nicht mit den bei ihm (dem Kläger) vorliegenden Behinderungen auseinandergesetzt hätten. Aus dem vorgelegten Pflege-Tagebuch ergebe sich eindeutig, dass täglich ein Hilfebedarf von weit mehr als eineinhalb Stunden für Pflegetätigkeiten aus den Bereichen Körperpflege, Ernährung oder Mobilität bestehe und mehrmals in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung notwendig sei. Aufgrund der bei ihm (dem Kläger) vorliegenden Erkrankungen in Form einer Achondroplasie, Pseudo-Achondroplasie, Hypochondroplasie, Schlafapnoe, Bronchopneumonie, Makrocephalie, statomotorischen Entwicklungsverzögerungen und psychomotorischer Retardierung habe er (der Kläger) sich im Zeitraum vom 11. Dezember 2003 bis Ende Januar 2006 allein 15-mal in ambulanter bzw. stationärer Behandlung entweder in der Universitäts-Kinderklinik in He. oder in der dortigen Hals-Nasen-Ohrenklinik befunden. Außerdem sei er zwischen dem 29. Dezember 2003 und 23. Juni 2006 52-mal durch Dr. Ko. und vom 2. September 2005 bis 7. April 2006 achtmal durch die Kinderärztin Pf. behandelt worden. Der Kläger legte die Dokumentation der Dr. Ko. über die Vorstellungen und Aufenthalte in der Kinderklinik und in ihrer Praxis, den Laufzettel der Kinderärztin Pf. und die Bescheinigung von Dr. Ko., wonach regelmäßige Vorstellungen des Klägers in ihrer Praxis, in der Entwicklungsneurologischen Ambulanz der Universitäts-Kinderklinik He. und in der Pädaudiologischen Ambulanz und der Universitäts-HNO-Klinik He. sowie stationäre Klinikaufenthalte erforderlich seien, jeweils vom 29. Juni 2006 sowie erneut den Arztbrief der Dr. R.-R. vom 17. Juli 2005 vor.

Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf die MDK-Gutachten entgegen. Es werde nicht bestritten, dass der Kläger sehr schwer krank sei, wodurch sowohl ambulante als auch stationäre Behandlungen in nicht geringem Umfang anfielen. Jedoch sei zu beachten, dass nicht die Schwere der Krankheit für die Ermittlung der Voraussetzungen einer Pflegebedürftigkeit maßgebend sei, sondern der jeweilige Hilfebedarf in dem vom Gesetzgeber definierten Umfang. Auch die Angaben im Pflege-Tagebuch seien insoweit zu relativieren, dass bereits für ein gesundes Kind im Alter von ein- bis eineinhalb Jahren ein Pflegeaufwand in den Bereichen Körperpflege, Ernährung und Mobilität von insgesamt 216 bis 222 Minuten bestehe. Im Übrigen seien die Zeitangaben im Pflege-Tagebuch unrealistisch und könnten so nicht akzeptiert werden.

Internist Bu. erstattete im Auftrag des SG das Gutachten vom 26. März 2007. Er nannte als Krankheiten und Behinderungen eine Achondroplasie, einen Hydrocephalus internus, einen Zustand nach perinataler Asphyxie, eine leichte psychomotorische Retardierung mit verzögerter Sprachentwicklung sowie eine Schluckstörung, konnte Hinweise auf eine wesentliche geistige Behinderung oder Verhaltensauffälligkeiten während der Begutachtung nicht finden und schätzte einen Zeitaufwand von 23 Minuten als krankheits- bzw. behinderungsbedingten Mehraufwand gegenüber einem gleichaltrigen gesunden Kind. Hierbei berücksichtigte er einen Mehraufwand von fünf Minuten im Bereich der Ernährung für das gelegentliche Eingreifen beim Verschlucken, von einer Minute im täglichen Durchschnitt für das An- und Ausziehen des (nur außerhalb der Wohnung getragenen) Schutzhelmes anlässlich der zweimal wöchentlich stattfindenden Besuche in einer Logopädischen Praxis in He. und von 17 Minuten für das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung im Zusammenhang mit der zweimal wöchentlich stattfindenden logopädischen Behandlung, wobei er für den Hin- und Rückweg einen Zeitaufwand von jeweils einer Stunde berücksichtigte. Die Wartezeit der Mutter in der Praxis sei nicht miteinzubeziehen, da dies aus pflegerischen Gründen nicht zwingend erforderlich erscheine.

Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 29. Juni 2007, in dessen Rubrum es den Kläger als solchen bezeichnete, ab. Der Kläger erreiche zurzeit noch nicht den für die Pflegestufe I erforderlichen Zeitaufwand der Grundpflege von mindestens 46 Minuten. Dies ergebe sich aus den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen Bu ...

Gegen den seinen Prozessbevollmächtigten am 4. Juli 2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 6. August 2007, einem Montag, Berufung eingelegt. In der Berufungsbegründung vom 26. Oktober 2007 hat der Kläger vorgetragen, die Feststellungen des Sachverständigen Bu. würden die Entscheidung des SG nicht tragen. Bereits der Umfang der bisherigen ambulanten bzw. stationären Behandlungen mache deutlich, dass der Pflegeaufwand seiner Eltern täglich mehr als eineinhalb Stunden betrage. Auch im Alter von drei Jahren müsse er noch vollständig gewaschen und gebadet werden, selbiges gelte auch für die Zahnpflege, welche dadurch erschwert sei, dass er sich dagegen wehre. Zudem müsse er über Nacht noch mit einer Windel versorgt werden und tagsüber melde er sich nur stark unregelmäßig, wenn er Stuhldrang verspüre. Er zeige dies an, indem er eine neue Windel zu seiner Mutter bringe, welche sie ihm dann anlege, damit er sein Geschäft hinein verrichten könne, danach wehre er sich aber gegen das Ausziehen der Windel und behalte sie so lange an, bis der Stuhl hart und eingetrocknet sei. Dies habe zur Folge, dass ein erhöhter zeitlicher Aufwand im Rahmen der Intimreinigung notwendig sei. Auch die eigenständige Aufnahme der Nahrung bereite ihm weiterhin erhebliche Schwierigkeiten. Morgens erfordere es erhebliche Zeit, bis er aufstehe. Hierbei müsse ihm auch regelmäßig geholfen werden, sich den nachts gebildeten Schleim abzuhusten bzw. herunterzuschlucken. Auch abends benötige er erheblich mehr Zeit als andere Kinder seines Alters, um zur Ruhe zu kommen. Bei der Wohnungsreinigung falle ein erheblicher Mehraufwand an, da die Wohnung für ihn sehr warmgehalten werden müsse und durch Heizen und regelmäßiges Lüften erheblich mehr Staub anfalle. Zudem müsse von ihm erheblich mehr Wäsche als von einem vergleichbaren gesunden Dreijährigen gereinigt werden. Insgesamt belaufe sich der hierfür erforderliche Zeitaufwand auf 376 Minuten am Tag. Ziehe man hiervon den vom Sachverständigen Bu. für notwendig erachteten "normalen" Aufwand in Höhe von 155 Minuten ab, so ergebe sich ein täglicher Mehraufwand in Höhe von 221 Minuten pro Tag. Im Schriftsatz vom 30. März 2011 hat der Kläger ergänzend vorgetragen, dass darüber hinaus für die im ersten Lebensjahr erforderliche Versorgung mit einem Monitor wegen eines Krampfanfalls für das An- und Abklemmen ein Zeitaufwand von insgesamt neun Minuten täglich angefallen sei. Wegen seines kurzgliedrigen Minderwuchses sei bis heute ein Hilfebedarf bei der Verrichtung Baden/Duschen und Darm- Blasenentleerung erforderlich, denn er sei aufgrund seiner kurzen Arme nicht in der Lage, seinen gesamten Körper richtig zu reinigen. Der Hilfebedarf für das Umkleiden aufgrund des gelegentlichen Verschluckens und nachfolgenden Erbrechens sei erst seit dem siebten Lebensjahr entfallen. In der Summe ergebe sich für den Bereich der Grundpflege ein zeitlicher Bedarf von 52 Minuten täglich. Außerdem hat der Kläger in weiteren Schriftsätzen auf den zu berücksichtigenden Zeitaufwand für die wegen seiner Behinderung erforderlichen logopädischen, ergotherapeutischen und krankengymnastischen Behandlungen, was mit Busfahrten nach He. bzw. W.-S. verbunden sei, hingewiesen. Neben den Fahrtzeiten sei auch die Wartezeit seiner Mutter während der durchgeführten Behandlungen zu berücksichtigen (Verweis auf Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 6. August 1998, B 3 P 17/97, Urteil des BSG vom 28. Mai 2003 - B 3 P 6/02 -; jeweils in juris). Die Ergotherapie und die Logopädie seien aufgrund seiner allgemeinen Entwicklungs- und Sprachverzögerung, die Krankengymnastik sei zunächst zur motorischen Förderung und zur Kräftigung der Rumpfmuskulatur und später u.a. zur Korrektur des Gangbildes verordnet worden. Bezüglich der Behandlungen liege auch jeweils Regelmäßigkeit vor. Der Nichtanfall des Hilfebedarfs im Zusammenhang mit der Physiotherapie in der Zeit vom 19. bis 31. Mai 2008 und vom 24. November bis 7. Dezember 2008 sei unbeachtlich, da er in diesen Zeiträumen jeweils ergotherapeutisch bzw. auch logopädisch behandelt worden sei. In der Gesamtbetrachtung sei unter Verweis auf die "Pflegebedürftigkeitsrichtlinien der Spitzenverbände der Pflegekassen" (vorgelegt insoweit allerdings ein Auszug aus den Richtlinien der Spitzenverbände der Pflegekassen zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch - SGB XI - [Begutachtungs-Richtlinien]) ausreichend, wenn einmal wöchentlich berücksichtigungsfähige Maßnahmen anfielen. Da u.a. eine Urlaubsabwesenheit der Annahme einer Regelmäßigkeit des Hilfebedarfs ebenfalls nicht entgegenstehe, wenn in den übrigen Zeiträumen eine wöchentliche Behandlung stattgefunden habe, sei der Nichtanfall des Hilfebedarfs in dem Zeitraum vom 21. Juli bis Ende August 2008 während einer Türkeireise ebenfalls völlig unbeachtlich. Hieraus folge jeweils ohne Berücksichtigung des An- und Ausziehen des Helmes ein Hilfebedarf beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung für Therapien in der Zeit vom 3. Januar bis 13. März 2005 und vom 6. Juni bis 14. August 2005 von jeweils 20,71 Minuten, vom 18. Dezember 2006 bis 6. Mai 2007 von 15 Minuten, vom 7. Mai bis 25. November 2007 von 34,29 Minuten, vom 26. November 2007 bis 3. Februar 2008 von 55 Minuten, vom 4. Februar bis 10. Februar 2008 von 20,71 Minuten, vom 11. Februar bis 31. März 2008 von 34,29 Minuten, vom 7. April bis 20. April 2008 von 49,29 Minuten, vom 21. April bis 4. Mai 2008 von 34,29 Minuten, vom 5. Mai bis 18. Mai 2008 von 55,98 Minuten, vom 19. Mai bis 1. Juni 2008 von 34,29 Minuten, vom 2. Juni bis 27. Juni 2008 von 58,98 Minuten, vom 19. Mai bis 1. Juni 2008 von 34,29 Minuten, vom 2. Juni bis 27. Juni 2008 von 55,98 Minuten, vom 5. September bis 21. Dezember 2008 von 51,68 Minuten, vom 26. Januar 2009 bis 28. Februar 2009 von 8,58 Minuten, vom 2. März bis 14. Juni 2009 von 17,14 Minuten und vom 12. Oktober 2009 bis 30. Januar 2011 von 15 Minuten jeweils pro Tag. Bezüglich der Berechnung im Einzelnen wird auf Bl. 185-194 der LSG-Akte verwiesen. Zu erhöhen sei der Hilfebedarf aufgrund dieser Verrichtungen noch um den Zeitaufwand für das An- und Ausziehen des von ihm bis zum Eintritt in die Schule getragenen Helmes, welcher seitens des Sachverständigen Bu. jeweils mit einer Minute veranschlagt worden sei. Rechne man hierzu den von dem Sachverständigen Bu. angenommenen Zeitaufwand von 23 Minuten, werde der Grenzwert von mehr als 46 Minuten bis auf wenige Zeiträume allein hierdurch erreicht. Soweit der Grenzwert hierdurch alleine nicht erreicht werde, werde auf den aufgeführten Aufwand im Bereich der Körperpflege, Ernährung und Mobilität verwiesen. Im Schriftsatz vom 14. August 2012 hat der Kläger vorgetragen, dass er erneut einmal pro Woche Logopädie erhalte. Hierzu müsse seine Mutter mit ihm mit dem Bus nach L. fahren, was einen Gesamtzeitaufwand von vier Stunden in Anspruch nehme. Insgesamt belaufe sich der Mehrbedarf auf 85 Minuten gegenüber einem gesunden gleichaltrigen Kind. Bezüglich der Berechnung im Einzelnen wird auf Bl. 238-241 der LSG-Akte verwiesen. Bis heute sei eine ständige Beaufsichtigung und Anleitung bei den genannten Verrichtungen erforderlich. Überdies zu berücksichtigen sei bei seinem Hilfebedarf die häusliche Durchführung der physiotherapeutischen Übungen unter Anleitung und Aufsicht seiner Mutter. Hierfür sei im Durchschnitt von einem diesbezüglichen Hilfebedarf von 60 Minuten auszugehen, was einem zusätzlichen täglichen Mehrbedarf von 8,57 Minuten entspreche. Der Kläger hat den Zwischenbericht des Prof. Dr. Wes., Kinderchirurgie der Universitätsklinik M. vom 23. Dezember 2008 (Diagnose: Femurschaftspiralfraktur links; Therapie: geschlossene Reposition und Fixateur externa am 17. Dezember 2008), die Bescheide des Landratsamts R.-N.-Kreis vom 21. August 2007, 28. Oktober 2008 und 2. Juli 2009 über ihm gewährte Eingliederungshilfe für die Zeit vom 1. September 2007 bis 31. August 2010, Schriftverkehr zwischen dem Bü.meisteramt La. und seinen Eltern mit Blick auf den Kindergartenbesuch aus dem Jahr 2009, eine schulärztliche Bescheinigung ohne Datum, eine Bescheinigung der Orthopäden Rü., Ro. und Dr. Ba. vom 15. Juni 2009 und ein Attest von Dr. Ko. vom 23. Juni 2009, wonach jeweils eine Aufnahme des Klägers in einen Kindergarten mit Integrationsplatz empfohlen worden ist, sowie Kurzberichte von A. Bü., Praxis für Ergotherapie und Handrehabilitation He., vom 2. Dezember 2008 und 22. Januar 2009, Mitteilungen der Logopädin J. vom 23. April 2007, 14. März 2008 und 10. Mai 2010 sowie den Kurzbefund der Physiotherapeutin S., Befunddatum: 11. März 2005, vorgelegt. Ergänzend hat der Kläger außerdem auf Anforderung das kinderneuroradiologische fachärztliche Zusatzgutachten des Prof. Dr. U., St. J.-krankenhaus F., vom 4. Juli 2011 zu den Akten gereicht, wonach zusammenfassend beim Kläger sicher eine Schädigung des Gehirns durch einen Sauerstoffmangel in der Zeit um die Geburt herum vorliege.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 29. Juni 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 7. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Mai 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. Dezember 2004 Pflegegeld nach Pflegestufe I zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hat, nachdem der Kläger, ihr für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis 30. November 2010 unterbreitetes Angebot, vergleichsweise die Pflegestufe I zuzuerkennen, das sie, die Beklagte, damit begründet hat, dass insoweit, sofern der Senat den Ausführungen des Klägers hinsichtlich der Anrechnungszeiten im Bereich der Mobilität in vollem Umfang folge, "knapp" die Pflegestufe I erreicht sei, nicht aufrechterhalten. Sie, die Beklagte, hat weiter vorgetragen, dass für die Zeit bis 31. Dezember 2006 keine Pflegestufe anerkannt werden könne, da die Vergleichswerte bezüglich eines "gesunden Kindes" nicht erreicht würden. Da der Kläger keine hirnorganischen Schädigungen, sondern glücklicherweise nur leichte psychomotorische Retardierungen mit verzögerter Sprachentwicklung und Schluckstörungen habe, sei der Verrichtungskatalog des § 14 Abs. 4 SGB XI geeignet, den tatsächlich bestehenden Hilfebedarf und die hieraus resultierende Belastung der Pflegeperson im häuslichen Umfeld realitätsbezogen zu ermitteln. Der im Berufungsverfahren mitgeteilte tägliche zeitliche Aufwand für die einzelnen Verrichtungen sei absolut unrealistisch. Für die Zeit ab 1. Dezember 2010 seien selbst nach den Ausführungen des Klägers die Voraussetzungen für eine Pflegestufe nicht erkennbar. Ergänzend hat die Beklagte die ihr vorliegenden Verordnungen für Heilmittelanwendungen vorgelegt.

Der Senat hat die den Kläger betreffenden Entwicklungsberichte der Heilpädagogin Ne. vom 26. Juli 2008, 31. Mai und 20. Oktober 2009 sowie 28. Juli 2010 beigezogen. Heilpädagogin Ne. hat im Bericht vom 26. Juli 2008 ausgeführt, der Kläger sei sehr selbstständig, wenn er Hilfe benötige, so hole er sich diese bei den Erzieherinnen. Alltägliche Handlungen, wie frühstücken, Spiele holen und wieder zurücktragen, Stuhlkreis stellen, führe er eigenständig und eigenverantwortlich durch. Er gehe inzwischen alleine ohne Hilfsmittel auf die Toilette. Dabei ziehe er sich selbstständig die Hose aus und wieder an. Bei schwierigen Verschlüssen, z.B. Knöpfen, brauche er noch Hilfe. Einen Reißverschluss könne er alleine bedienen. Seine Schuhe ziehe er ebenfalls alleine an und aus. Bei den meisten T-Shirts und Pullis brauche er aufgrund seines großen Kopfes noch Hilfe bei der Kopföffnung. Im Entwicklungsbericht vom 31. Mai 2009 hat Heilpädagogin Ne. angegeben, dass eine grobmotorische Förderung des Klägers durch den schweren Beinbruch nicht möglich gewesen sei. Momentan könne er wieder gehen, jedoch sei sein Gang vorsichtig und bedacht. Bezüglich der Feinmotorik habe er gelernt, kleinere und schwierigere Bildformen mit normal festem Druck auszumalen und dabei die Randbegrenzung besser zu beachten. Perlen mit kleinen Öffnungen könne er mit Mühe auffädeln. Einfache Faltvorgänge mit geraden Linien würden ihm gelingen. Im Entwicklungsbericht vom 20. Oktober 2009 hat Heilpädagogin Ne. mitgeteilt, dass der Kläger eine altersentsprechende visuelle, taktile und auditive Wahrnehmung habe. Im Abschlussberichts vom 28. Juli 2010 hat Heilpädagogin Ne. schließlich ausgeführt, dass der Kläger nach seinem schweren Beinbruch wieder gelernt habe, sicher zu gehen, zu hüpfen und zu rennen. Er könne auf einer Linie auf dem Boden balancieren und das Gleichgewicht halten. Auf dem linken Bein könne er ca. neun Sekunden, auf dem rechten ca. elf Sekunden stehen. Der Kläger habe gelernt, Knoten und Schleifen zu binden. Er zeige in vielen Bereichen des alltäglichen Lebens eine große Selbstständigkeit. Handlungsplanung und -abläufe z. B. beim Händewaschen, Toilettengang, Frühstücken, An- und Ausziehen oder kleine Aufträge erledigen, gelängen ihm gut.

Des Weiteren hat der Senat eine Auskunft der Rektorin der S.-Schule G.-L. vom 19. September 2011, wonach der Kläger seit 18. September 2010 die Schule besuche und ab 12. September 2011 in der Klasse 2 sei und derzeit keine pädagogischen oder begleitenden Hilfen erhalte, eingeholt.

Beigezogen hat der Senat ferner die den Unfall des Klägers am 17. Dezember 2008 betreffende Akte der Unfallkasse Baden-Württemberg. Danach ist der Fixateur extern am linken Bein des Klägers am 06. März 2009 entfernt worden. Nach dem in der Akte befindlichen Zwischenbericht des Prof. Dr. Wes. vom 30. April 2009 sei das Gangbild des Klägers fast rund gewesen, klinisch habe sich kein Anhalt für eine Beinlängendifferenz von 0,5 cm ergeben. Aufgefallen sei eine dezente Rotationsfehlstellung mit verstärkter Innenrotation links ohne Konsequenz.

Als sachverständige Zeugen hat der Senat die den Kläger behandelnden Therapeuten, den ihn behandelnden Orthopäden Dr. Ba. und Dr. Ko. gehört.

Physiotherapeut K., H., hat unter dem 21. Dezember 2011 mitgeteilt, er habe den Kläger zwischen dem 26. Januar und 12. Juni 2009, zunächst bis 26. Februar 2009 im Rahmen von Hausbesuchen und anschließend ab 3. März 2009 in der Praxis behandelt. Die jeweilige Behandlung habe immer ca. 30 Minuten gedauert. Während des Hausbesuchs sei die Mutter anwesend gewesen. Dies sei auch notwendig gewesen, da der Kläger nicht mobil gewesen sei und ihm sehr viel habe geholfen werden müssen. Während der Behandlung in der Praxis sei dies nicht zwingend notwendig gewesen. Nach Ablauf der Behandlung sei der Kläger mobil gewesen und habe ohne große Einschränkungen entlassen werden können.

Physiotherapeutin L.-B., W., hat unter dem 22. Dezember 2011 ausgeführt, dass sie den Kläger zwischen dem 29. April und 15. Dezember 2008 insgesamt 22-mal jeweils 40 Minuten behandelt habe. Die Anwesenheit der Mutter sei erforderlich gewesen, um Übungen zuhause durchzuführen.

Physiotherapeutin S., W., hat bekundet (Auskunft vom 2. Januar 2012), dass in ihrer Praxis 20 physiotherapeutische Behandlungen zwischen dem 7. Januar und 12. August 2005 mit einer Pause zwischen dem 11. März und 10. Juni 2006 und zehn vom 27. November 2007 bis 7. Januar (richtig: Februar) 2008 jeweils 45 Minuten stattgefunden hätten. Die Anwesenheit der Mutter des Klägers während der Therapiezeiten sei notwendig gewesen, da sie in der Durchführung von Übungen zuhause angeleitet worden sei.

Ergotherapeutin Haase, He., hat unter dem 3. Januar 2012 ausgeführt, dass der Kläger seinerzeit von ihrer Angestellten behandelt worden sei. Insgesamt hätten zwischen dem 10. Mai 2007 und 16. Dezember 2008 62 sensomotorisch-perzeptive Behandlungen mit 45 Minuten reiner Behandlungszeit + 15 Minuten Vor- bzw. Nachbereitungszeit stattgefunden. Die Mutter des Klägers sei während der Behandlungen nicht regelmäßig anwesend gewesen. Das Kind sei von ihr jedoch in die Praxis gebracht und vom Vater oder der Mutter abgeholt worden.

Logopädin J., He., hat unter dem 8. Januar 2012 die Auskunft erteilt, dass sie den Kläger zwischen dem 19. Dezember 2006 und 5. Dezember 2008 mit 114 Therapieeinheiten und vom 21. September 2009 bis 27. Januar 2011 mit 44 Therapieeinheiten à 45 Minuten behandelt habe. Ein Elternteil, mit dem sie am Ende der Sitzung die Therapieinhalte besprochen habe, habe im Wartezimmer gewartet.

Dr. Ba. hat mitgeteilt (Auskunft vom 22. Dezember 2011), dass er den Kläger am 13. Mai und 15. Juni 2009 behandelt und hierbei einen Sauerstoffmangel unter der Geburt, objektiv verkürzte Beine in Relation zum Rumpf und einen Zustand nach Femurschaftspiralfraktur links bei seitengleich beweglichen Hüften und Kniegelenken festgestellt habe.

Dr. Ko. hat unter dem 2. Januar 2012 angegeben, dass der Kläger unter einer Achondroplasie leide. Sie hat ihre gesamte Patientenkartei und die Auflistung der Verordnungen von Krankengymnastik, Logopädie und Ergotherapie beigefügt.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat Dr. M. aufgrund ambulanter Untersuchung des Klägers in dessen häuslicher Umgebung ihr Gutachten vom 26. November 2012 erstattet. Als pflegebegründende Diagnosen hat sie eine Hypochondroplasie, einen Zustand nach perinataler Asphyxie und eine Sprachentwicklungsstörung genannt. Sie hat den derzeitigen zeitlichen Hilfebedarf für die Verrichtungen der Grundpflege auf insgesamt 39 Minuten (Körperpflege fünf Minuten, Ernährung eine Minute, Mobilität 33 Minuten) geschätzt. Die punktuellen Hilfen in den Bereichen Körperpflege (Haarewaschen, Zahnpflege, Stuhlgang) und Ernährung (Hilfe beim Schneiden von Fleisch) gingen inzwischen nur geringgradig über das altersübliche Maß hinaus. Im Bereich Mobilität erfordere die seit Juni 2012 wieder aufgenommene Logopädie mit nach Angaben der Eltern langen Wege- und Wartezeiten (32 Minuten) einen relativ hohen Zeitaufwand. Außerdem halte sie einen zeitlichen Aufwand von einer Minute Mehraufwand gegenüber einem gleichaltrigen Kind für die Hilfe beim Aufstehen/Zu-Bett-Gehen für berücksichtigungsfähig. Rückblickend sei - wie aus den Gutachten vom 3. März und 26. Oktober 2005, auch wenn in beiden Gutachten der Zeitaufwand für den Bereich der Mobilität mit zu gering berechneten Wege- und Wartezeiten (elf Minuten statt vier Minuten) ermittelt worden sei, hervorgehe - auch in der Zeit von Dezember 2004 bis Dezember 2006 kein zeitlicher Mehraufwand von mindestens 46 Minuten für die Grundpflege erreicht worden. Von Januar 2007 bis zum Eintritt in die Grundschule Mitte September 2010 seien die Mindestvoraussetzungen zur Anerkennung der Pflegestufe I aber erfüllt gewesen. Ausgehend von einem verrichtungsbezogenen Pflegebedarf von 183 Minuten (Körperpflege 89 Minuten, Ernährung 31 Minuten, Mobilität 63 Minuten) habe abzüglich eines altersgemäßen Hilfebedarfs von 134 Minuten für ein Kind im Alter von 3 1/12 Jahren (Begutachtungs-Richtlinien) ein Mehraufwand von 49 Minuten pro Tag bestanden. Bis zur Einschulung Mitte September 2010 seien besonders die Wege- und Wartezeiten zu mehreren Therapien mit meist zweimal wöchentlichen Terminen besonders zeitaufwändig gewesen. Die Sachverständige hat ihrem Gutachten die Schulberichte der Grundschule S.-Schule La. vom 27. Juli 2011 und 25. Juli 2012 und den Bericht der Mitarbeiterin Kr. aus der logopädischen Praxis F., Hi., vom 18. Oktober 2012 beigefügt.

Der Kläger hat sich zu diesem Gutachten dahingehend geäußert, die Sachverständige Dr. M. komme zu Recht zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen zur Anerkennung der Pflegestufe I für ihn, den Kläger, in der Zeit vom 1. Januar 2007 bis 30. September 2010 erfüllt seien. Soweit die Sachverständige davon ausgehe, dass die Voraussetzungen zur Anerkennung der Pflegestufe I seit dem 1. Oktober 2010 nicht mehr erfüllt seien, könne dem zumindest bis zum 31. Januar 2011 nicht gefolgt werden. Bis einschließlich Januar 2011 habe er sich auch nach September 2010 in der Regel einmal pro Woche in logopädischer Behandlung bei Frau J. befunden. Seine Entwicklungsstörungen hätten wie auch aus der schulärztlichen Beurteilung hervorgehe, nach wie vor bestanden. Für diesen Zeitraum ergebe sich ein Mehraufwand von 46 Minuten täglich. Bezüglich der Berechnung im Einzelnen wird auf Bl. 282 der LSG-Akte verwiesen. Auch für das Jahr 2005 habe er Anspruch auf Anerkennung der Pflegestufe I. Die eingeholten Gutachten des MDK und des Sachverständigen Bu. seien fehlerhaft. Ausweislich des für diesen Zeitraum geführten Pflege-Tagebuchs habe der Mehraufwand mehr als 90 Minuten betragen. Ab Juni 2012 sei ihm ebenfalls die Pflegestufe I zuzuerkennen. Der von der Sachverständigen Dr. M. ermittelte Mehraufwand für die tägliche Grundpflege von 39 Minuten unterschreite die zeitliche Schnittstelle von mehr als 45 Minuten nur um wenige Minuten. Dies dürfe der Zuerkennung der Pflegestufe nicht entgegenstehen. Ungeachtet dessen könne dem von der Sachverständigen ermittelten Zeitaufwand zum Teil nicht gefolgt werden. Unter Berücksichtigung der weiter festgestellten Sehschwäche und der Verordnung von Einlagen im Dezember 2012 ergebe sich "derzeit" ein zeitlicher Mehrbedarf von 52,5 Minuten. Zur Berechnung im Einzelnen wird auf Bl. 284-286 der LSG-Akte verwiesen. Dem Vorbringen der Beklagten, wonach nur adäquate Wegezeiten zu einem Leistungserbringer vor Ort berücksichtigungsfähig seien, könne nicht gefolgt werden. Die Leistungserbringer seien nicht von ihm, sondern von seiner Kinderärztin Dr. Sau. aufgrund medizinischer Notwendigkeit ausgewählt worden. Auf das beigefügte ärztliche Attest von Dr. Sau. vom 10. Dezember 2012 bezüglich der Behandlung bei Frau F. in Hi. werde verwiesen. Ergänzend hat der Kläger auch noch die Sehhilfenverordnung der Augenärzte Dres. W./Br./Kö. vom 15. Januar 2013 vorgelegt.

Zu diesem Gutachten hat die Beklagte unter Beifügung einer Liste der in La. tätigen Krankengymnasten und Physiotherapeuten ausgeführt, dass es in La. diverse Anbieter für Physiotherapie/Krankengymnastik gebe. Sie bestätige den Grundsatz der freien Leistungserbringerwahl, klar sei aber auch, dass Mehrkosten, die in diesem Fall entstünden, dem Versicherten verblieben. Es könnten nur adäquate Wegzeiten zu einem Leistungserbringer vor Ort gewertet werden.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten, der Akten der Unfallkasse sowie der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund des § 144 Abs. 1 SGG ist nicht gegeben. Denn der Kläger begehrt wiederkehrende Leistungen für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Die Berufung ist nicht begründet

1. Die Klage des Klägers war zulässig. Insbesondere hat er und nicht sein Vater Klage erhoben. Zwar war in der Klageschrift vom 6. Juni 2006 der Vater des Klägers als solcher genannt, obwohl dieser als Stammversicherter nicht klagebefugt ist. Denn bei dem Anspruch auf Pflegegeld handelt es sich um eine Leistung an den Versicherten selbst, so dass der Versicherte alleine klagebefugt ist. Versicherter ist auch der Familienversicherte, da er eigene, vom Stammversicherten getrennte Ansprüche gegen die Pflegekasse hat. Der Kläger ist aber durch die sinngemäß erfolgte Berichtigung des Rubrums auf Klägerseite, wie dies durch das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid erfolgte, an die Stelle seines ursprünglich klagenden Vaters getreten. Es war von vornherein erkennbar, dass die Klage einen Anspruch des Klägers auf Pflegegeld betraf. Denn in dem in der Klageschrift vom 6. Juni 2006 angekündigten Antrag wurde ausdrücklich die "Feststellung" begehrt, dass die Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger die "Pflegestufe I zu gewähren". Die Bezeichnung des Vaters des Klägers als solcher in der Klageschrift lässt sich damit gerade noch als offenbare Unrichtigkeit erkennen, so dass das Rubrum berichtigt werden konnte.

2. Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB XI können Pflegebedürftige anstelle der häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld beantragen. Pflegebedürftig sind nach § 14 Abs. 1 SGB XI Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, die im Einzelnen in § 14 Abs. 4 SGB XI genannt sind, auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate in erheblichem oder höherem Maß (§ 15 SGB XI) der Hilfe bedürfen. Pflegebedürftige der Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI). Die Grundpflege umfasst die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen aus den Bereichen der Körperpflege (§ 14 Abs. 4 Nr. 1 SGB XI), der Ernährung (Nr. 2) und der Mobilität (Nr. 3). Zur Grundpflege zählt ein Hilfebedarf im Bereich der Körperpflege beim Waschen, Duschen, Baden, bei der Zahnpflege, beim Kämmen, Rasieren sowie bei der Darm- und Blasenentleerung, im Bereich der Ernährung beim mundgerechten Zubereiten und der Aufnahme der Nahrung sowie im Bereich der Mobilität beim selbstständigen Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, dem An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen und beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung. Das Ausmaß des Pflegebedarfs ist nach einem objektiven ("abstrakten") Maßstab zu beurteilen. Denn § 14 SGB XI stellt allein auf den "Bedarf" an Pflege und nicht auf die unterschiedliche Art der Deckung dieses Bedarfs bzw. die tatsächlich erbrachte Pflege ab (vgl. BSG, Urteil vom 21. Februar 2002 - B 3 P 12/01 R -, in juris). Bei der Bestimmung des erforderlichen Zeitbedarfs für die Grundpflege sind als Orientierungswerte die Zeitkorridore der Begutachtungs-Richtlinien zu berücksichtigen. Diese Zeitwerte sind zwar keine verbindlichen Vorgaben; es handelt sich jedoch um Zeitkorridore mit Leitfunktion (Abschnitt F Nr. 1 der Begutachtungs-Richtlinien; vgl. dazu BSG, Urteil vom 22. Juli 2004 - B 3 P 6/03 R -, in juris m.w.N.). Dabei beruhen die Zeitkorridore auf der vollständigen Übernahme der Verrichtungen durch eine Laienpflegekraft. Die Zeiten für den Hilfebedarf bei den einzelnen Verrichtungen beruhen regelmäßig auf Schätzungen, denen eine gewisse und auf wenige Minuten beschränkte Unschärfe nicht abgesprochen werden kann und die dennoch hinzunehmen sind (vgl. BSG, Urteil vom 10. März 2010 - B 3 P 10/08 R -, in juris).

Bei Kindern ist nach § 15 Abs. 2 SGB XI für die Zuordnung zu einer Pflegestufe nur der zusätzliche Hilfebedarf gegenüber einem gesunden gleichaltrigen Kind maßgebend. Damit wird klargestellt, dass der natürliche, altersentsprechende Pflegebedarf von Kindern, der jeweils vom Lebensalter der Betroffenen abhängt (vgl. dazu u.a. BSG, Urteil vom 29. April 1999 - B 3 P 13/98 R -, in juris), unberücksichtigt bleibt und allein auf den das altersübliche Maß übersteigenden Aufwand abzustellen ist (BSG, Urteil vom 26. November 1998 - B 3 P 20/97 R -, in juris). Der (zusätzliche) Hilfebedarf bei Kindern ist dabei nicht in einem zweistufigen Verfahren zu ermitteln, indem zunächst der Gesamtpflegeaufwand bei den maßgebenden berücksichtigungsfähigen Verrichtungen im konkreten Fall festgestellt wird und sodann der Pflegeaufwand für ein gleichaltriges gesundes Kind abzuziehen ist, wovon ersichtlich die Begutachtungs-Richtlinien in der bis 30. August 2006 geltenden Fassung ausgegangen sind. Es ist vielmehr im Hinblick auf die konkrete Erkrankung bzw. Behinderung auf den Mehraufwand bei den einzelnen Verrichtungen abzustellen (Urteil des Senats vom 17. September 2008 - L 4 P 2783/06 -, in juris). Dabei ist jedoch die Verwendung allgemeiner Erfahrungswerte zu der Frage, von welchem Alter an Verrichtungen der Grundpflege von gesunden Kindern eigenständig erbracht werden, sachgerecht (vgl. BSG, 26. November 1998 - B 3 P 20/97 R -, a.a.O.). Daran orientieren sich die Begutachtungs-Richtlinien in der ab 1. September 2006 geltenden Fassung unter Abschnitt D Nr. 4.0/III.9 mit der Hilfebedarfstabelle eines gesunden Kindes. Auf diese Erfahrungswerte bezüglich des Hilfebedarfs eines gesunden Kindes bei den einzelnen Verrichtungen der Körperpflege, der Ernährung und der Mobilität greift der Senat hier auch für die zu beurteilende Zeit vor dem 1. September 2006 zurück. Denn die genannten Zeitansätze geben Erfahrungswerte wieder, die auf Erkenntnissen aus der Zeit davor beruhen (vgl. BSG, Urteil vom 15. März 2012 - B 3 P 1/11 R - und Urteil des Senats vom 17. September 2008 - L 4 P 2783/06 -, beide in juris).

2.1 Beim Kläger bestehen die Folgen eines disproportionierten Kleinwuchses mit einem großen Kopf und Hydrocephalus internus und eine Sprachentwicklungsstörung. Außerdem bestand bis zur Einschulung im September 2010 eine statomotorische Entwicklungsverzögerung und eine psychomotorische Retardierung und im Kleinkindalter eine Schluckstörung. Dies ergibt sich aus den Gutachten der Pflegefachkraft E. und Dr. We. vom 3. März bzw. 26. Oktober 2005, den Gutachten der Sachverständigen Bu. und Dr. M. und dem Arztbrief von Dr. R.-R. vom 17. Juli 2005 sowie den Entwicklungsberichten der Heilpädagogin Ne. aus den Jahren 2008 bis 2010. Wegen des Hydrocephalus trug der Kläger einen Schutzhelm, zunächst ständig, jedenfalls ab März 2007 nur noch wenn er die Wohnung verließ, wie sich aus den Angaben der Eltern gegenüber dem Sachverständigen Bu. ergibt (S. 12 des Gutachtens).

Als gegenüber einem gesunden gleichaltrigen Kind zusätzlichen Hilfebedarf sieht der Senat - abgesehen von der Verrichtung des Verlassens und Wiederaufsuchens der Wohnung (dazu sogleich) - für die Zeit von Dezember 2004 bis Dezember 2006 der MDK-Gutachterin Dr. We. und dem Sachverständigen Bu. folgend einen Hilfebedarf von höchstens zehn Minuten beim An- und Ausziehen des Schutzhelmes sowie im Bereich der Nahrungsaufnahme beim gelegentlichen Eingreifen, wenn der Kläger sich verschluckte. Hierbei lässt der Senat dahingestellt, ob dies wöchentlich mindestens einmal auftrat. Nur dann läge eine regelmäßig wiederkehrende Verrichtung im Sinne des § 14 Abs. 1 SGB XI vor. Der für diese Verrichtungen notwendige Hilfebedarf kann mit jeweils fünf Minuten, mithin insgesamt zehn Minuten angesetzt werden. Weiteren Hilfebedarf jedenfalls für die ersten drei Lebensjahre, mithin bis Dezember 2006, vermag der Senat den genannten Gutachten folgend nicht festzustellen. Auch ein gesundes Kind im Alter zwischen 12 und 36 Monaten bedarf noch der umfassenden Hilfe im Bereich der Ernährung, der Körperpflege und der Mobilität. In diesem Lebensalter zeigte sich deshalb in diesen Bereichen noch kein Mehrbedarf im Vergleich zu einem gleichaltrigen gesunden Kind. Eine Bestätigung findet diese Einschätzung auch in dem von Dr. M. erstatteten Gutachten vom 26. November 2012. Das der Beklagten vorgelegte Pflege-Tagebuch für die Zeit vom 20. bis 26. Juni 2005 vermag deshalb einen berücksichtigungsfähigen Hilfebedarf nicht zu belegen.

Für die Zeit ab Januar 2007 ist nach Auffassung des Senats zusätzlich zu den genannten zehn Minuten ein weiterer Bedarf an Hilfe gegenüber einem gleichaltrigen gesunden Kind von neun Minuten plausibel, so dass sich ein Hilfebedarf von 19 Minuten ergibt. Der Senat stützt sich insoweit auf die beigezogenen Entwicklungsbericht der Heilpädagogin Ne ... Zwar wird die Entwicklung des Klägers in den Entwicklungsberichten der Heilpädagogin Ne. insoweit recht positiv geschildert, doch darf insoweit nicht außeracht gelassen werden, dass der Blickwinkel der Heilpädagogin nicht das gesunde, sondern ein behindertes Kind sein dürfte. So schildert sie in ihrem ersten Bericht vom 26. Juli 2008, dass der Kläger sehr selbstständig sei, weist aber gleichzeitig auch darauf hin, dass er - wenn er Hilfe benötige - diese bei den Erzieherinnen hole. Dies lässt den Schluss darauf zu, dass der Kläger noch der Hilfe bedurfte. Auch stellt sie heraus, dass er alleine ohne Hilfsmittel auf die Toilette gehe, dies gelingt ihm nach dem Bericht aber erst "inzwischen". Bei schwierigen Verschlüssen wie zum Beispiel Knöpfen bedürfe er der Hilfe. Außerdem braucht er nach dem Bericht der Hilfe bei den meisten T Shirts und Pullis wegen seines großen Kopfes. Der zweite Bericht vom 31. Mai 2009, der den Beinbruch berücksichtigt, belegt noch anhaltende Schwierigkeiten beim Gehen. Der Kläger muss nach dem Bericht erst wieder lernen, sein Gleichgewicht zu halten und auf einem Bein zu stehen. Mit in diesem Zeitpunkt viereinhalb Jahren könne er Perlen zwar auffädeln, es bereite ihm jedoch Mühe. Nach dem Entwicklungsbericht vom 20. Oktober 2009 mochte der Kläger feinmotorische Aufgaben weiterhin nicht so gerne, eine grobmotorische Förderung konnte nicht durchgeführt werden, der Hinweis hierauf durch Heilpädagogin Ne. lässt freilich den Schluss zu, dass eine solche erforderlich gewesen wäre. Nach dem Abschlussbericht vom 28. Juli 2010 zeigte der Kläger in Bereichen des alltäglichen Lebens eine große Selbstständigkeit, wobei dies nach den Ausführungen der Heilpädagogin Ne. eine Einschränkung dadurch erfährt, dass dies in "vielen", mithin nicht in "allen" Fällen der Fall sei. Dem entnimmt der Senat, dass der Kläger im Vergleich zu einem gesunden Kind wegen seiner statomotorischen Entwicklungsverzögerung und psychomotorischen Retardierung aber auch als Folge seiner kurzen Arme und seines großen Kopfes der zusätzlichen Hilfe beim An- und Ausziehen von Kleidungsstücken über den Kopf (zwei Minuten im Tagesdurchschnitt) sowie bei dem Öffnen und Schließen von schwierigen Verschlüssen (zwei Minuten im Tagesdurchschnitt), beim Kämmen (eine Minute im Tagesdurchschnitt), beim Waschen und Duschen des Rückens (zwei Minuten im Tagesdurchschnitt) und auch bei der Intimpflege (zwei Minuten im Tagesdurchschnitt), insgesamt neun Minuten bedurfte.

Dieser Hilfebedarf von 19 Minuten, der nicht wesentlich von dem von der Sachverständigen Dr. M. rückwirkend geschätzten Hilfebedarf für die Grundpflege mit Ausnahme des Verlassens und Wiederaufsuchens der Wohnung von 27 Minuten abweicht, lässt sich allerdings nur für die Zeit bis zum Beginn des Besuchs der Regelschule am 18. September 2010 annehmen. Pädagogische oder begleitende Hilfen erhielt und erhält der Kläger seither nicht mehr. Ab Eintritt in die Schule trägt der Kläger keinen Schutzhelm mehr, so dass der hierfür in der Vergangenheit angesetzte Zeitaufwand für das Auf- und Absetzen entfallen ist. Ausweislich des Abschlussberichts der Heilpädagogin Ne. vom 28. Juli 2010 zeigte der Kläger auch in vielen Bereichen des alltäglichen Lebens eine große Selbstständigkeit. Handlungsplanung und -abläufe z.B. Händewaschen, Toilettengang, Frühstücken, An- und Ausziehen gelängen ihm gut. Auch die Schulberichte belegen eine unauffällige Entwicklung.

Entfallen ist ferner nach dem eigenen Vortrag des Klägers seit dem siebten Lebensjahr, also ab Dezember 2010, auch der zusätzliche Hilfebedarf beim Verschlucken, den Dr. We. und der Sachverständige Bu. jeweils mit fünf Minuten schätzten.

2.2. Ein Hilfebedarf bei der Verrichtung des Verlassens und Wiederaufsuchens der Wohnung bestand nur im Zusammenhang mit den logopädischen Behandlungen vom 19. Dezember 2006 bis 5. Dezember 2008.

Hinsichtlich der Verrichtung des Verlassens und Wiederaufsuchens der Wohnung hat das BSG bereits mehrmals entschieden, dass Hilfeleistungen auf Wegen außerhalb der Wohnung nur in begrenztem Maße im Bereich der Mobilität zu berücksichtigen sind, weil sie in der Regel anderen Lebensbereichen zuzuordnen sind (BSG, Urteile vom 24. Juni 1998 - B 3 P 4/97 R -, vom 6. August 1998 - B 3 P 17/97 R -, vom 10. Oktober 2000 - B 3 P 15/99 R -, vom 21. Februar 2002 - B 3 P 12/01 R - und vom 28. Mai 2003 - B 3 P 6/02 R -, jeweils in juris sowie Beschluss vom 18. August 2011 - B 3 P 10/11 B -, nicht veröffentlicht). Hilfe im Bereich der Mobilität außerhalb der eigenen Wohnung bei der Verrichtung Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung ist als Pflegebedarf der sozialen Pflegeversicherung nur berücksichtigungsfähig, wenn sie erforderlich ist, um das Weiterleben in der eigenen Wohnung zu ermöglichen, also Krankenhausaufenthalte und die stationäre Pflege in einem Pflegeheim zu vermeiden (grundlegend dazu BSG, Urteile vom 24. Juni 1998 - B 3 P 4/97 R - und vom 6. August 1998 - B 3 P 17/97 R -, in juris m.w.N.). Diese Voraussetzung ist u.a. nur dann gegeben, wenn ein mindestens einmal wöchentlicher Hilfebedarf beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung für Arztbesuche oder das Aufsuchen ärztlich verordneter Behandlungen gegeben ist.

2.2.1. Der Kläger war zwar in der Zeit seit Dezember 2004 in zahlreichen ärztlichen Behandlungen. Allerdings erfolgten diese Behandlungen nicht wöchentlich. Die vom Kläger vorgelegten Aufstellungen der Dr. Ko. und Kinderärztin Pf. weisen Arztbesuche in einem solchen zeitlichen Umfang nicht aus.

2.2.2. Für den Monat Dezember 2004 ist ein Hilfebedarf bei der Verrichtung des Verlassens oder Wiederaufsuchen der Wohnung schon deshalb nicht gegeben, weil nach eigenem Vortrag des Klägers in diesem Monat noch keine krankengymnastischen, logopädischen und/oder ergotherapeutischen Behandlungen erfolgten.

2.2.3. Auch für die Zeit ab Januar 2005 ist wegen krankengymnastischer Behandlungen ein Zeitaufwand für das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung nicht zu berücksichtigen. Für das Jahr 2005 ist eine wöchentliche krankengymnastische Behandlung - unabhängig davon, ob sie überhaupt dem Grunde nach berücksichtigungsfähig ist - nicht festzustellen. Krankengymnastische Behandlungen erfolgten in den Zeiträumen vom 7. Januar bis 11. März 2005 und 10. Juni bis 12. August 2005, mithin für einen Zeitraum von etwas mehr als fünf Monaten. Im Jahre 2006 und bis 26. November 2007 erfolgten keine krankengymnastischen Behandlungen. Vom 26. November 2007 bis 12. Juni 2009 (81 Wochen) fanden insgesamt 60 krankengymnastischen Behandlungen bei verschiedenen Therapeuten. Dies entspricht 0,74 Behandlungen wöchentlich in diesem Zeitraum, mithin weniger als durchschnittlich einmal wöchentlich, unter Außerachtlassung der Tatsache, dass die Behandlungen zwischen dem 26. Januar und 26. Februar 2009 im Rahmen von Hausbesuchen stattfanden.

2.2.4. Zeitaufwand für das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung wegen ergotherapeutischer Behandlungen ist ab Januar 2005 ebenfalls nicht zu berücksichtigen. Ergotherapie erfolgte vom 10. Mai 2007 bis 16. Dezember 2008 62-mal. Der Zeitraum umfasst 84 Wochen. Dies entspricht 0,74 Behandlungen wöchentlich in diesem Zeitraum, mithin weniger als durchschnittlich einmal wöchentlich.

2.2.5. Logopädie erfolgte vom 19. Dezember 2006 bis 5. Dezember 2008 114-mal (erster Zeitraum), vom 21. September 2009 bis 19. Juli 2010 29-mal (zweiter Zeitraum), vom 27. September 2010 bis 27. Januar 2011 15-mal (dritter Zeitraum) und seit Juni 2012 nach Angaben des Klägers und der Sachverständigen Dr. M. wöchentlich (vierter Zeitraum).

Der erste Zeitraum umfasst 103 Wochen, so dass wöchentlich durchschnittlich 1,1 Behandlungen erfolgten. Insoweit kann eine Regelmäßigkeit im Sinne des § 14 Abs. 1 SGB XI angenommen werden. Die Wegezeit für Hin- und Rückweg betrug nach dem Vortrag des Klägers in Begleitung seiner Mutter 60 Minuten. Die Behandlung dauerte 45 Minuten. Wenn man insoweit die Wartezeit der Mutter als berücksichtigungsfähigen Zeitaufwand ansetzte, was zweifelhaft ist, ergäbe sich ein Zeitaufwand von 105 Minuten, was einem täglichen Zeitaufwand von 15 Minuten entspricht. Zusammen mit dem für die Zeit von Januar 2007 bis 15. September 2010 zu berücksichtigenden Zeitaufwand von 19 Minuten ergibt sich dann ein Zeitaufwand von 34 Minuten. Auch wenn man der Sachverständigen Dr. M. folgend für den Bedarf im Bereich der Ernährung, Körperpflege und Mobilität (ohne Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung) 27 Minuten annähme, ergäbe sich nur ein Zeitaufwand von 42 Minuten.

Der zweite Zeitraum umfasst 43 Wochen, so dass wöchentlich durchschnittlich 0,67 Behandlungen erfolgten. Der dritte Zeitraum umfasst 17 Wochen, so dass wöchentlich durchschnittlich 0,88 Behandlungen erfolgten, mithin in beiden Zeiträumen weniger als durchschnittlich einmal wöchentlich.

Ob seit Juni 2012 tatsächlich wöchentliche logopädische Behandlungen stattfinden, kann dahingestellt bleiben. Die Wegezeit für Hin- und Rückweg in Begleitung seiner Mutter beträgt nach den Angaben des Klägers gegenüber Dr. M. 180 Minuten, die Behandlung 45 Minuten. Unter Ansatz der Wartezeit der Mutter als berücksichtigungsfähigen Zeitaufwand, was - wie ausgeführt - zweifelhaft ist, ergäbe sich ein Zeitaufwand von 225 Minuten, was auf die Woche umgerechnet einen täglichen Zeitaufwand von 32,14 Minuten ergibt. Seit 18. September 2010 ist - wie ebenfalls bereits ausgeführt - jedoch kein weiterer Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege mehr berücksichtigungsfähig. Ein Grundpflegebedarf von 46 Minuten ergäbe sich auch nicht, wenn man dem Gutachten der Sachverständigen Dr. M. folgend für die Zeit ab 18. September 2010 noch einen Grundpflegebedarf im Bereich der Körperpflege, Ernährung und Mobilität ohne Verlassen/Aufsuchen der Wohnung von sieben Minuten annähme.

Da der für die Pflegestufe I notwendige Zeitaufwand von 46 Minuten nicht erreicht wird, braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob die Begleitung des Klägers zu den logopädischen Behandlungen durch die Mutter als Pflegekraft überhaupt einen in der sozialen Pflegeversicherung berücksichtigungsfähigen Hilfebedarf darstellt, was im Hinblick auf die Ausführungen des BSG im Urteil vom 26. November 1998 - B 3 P 13/97 R -, in juris zweifelhaft ist. Es kommt auch nicht darauf an, ob nur der Zeitaufwand für den Hilfebedarf beim nächsterreichbaren Behandler berücksichtigungsfähig ist (so der Senat im Urteil vom 3. August 2012 - L 4 P 5324/11 -, nicht veröffentlicht).

2.3. Soweit die Mutter des Klägers krankengymnastische, oder ergotherapeutische Behandlungen zuhause erbringt oder erbracht hat, lässt sich hieraus kein in der sozialen Pflegeversicherung berücksichtigungsfähiger Hilfebedarf ableiten. Denn diese Behandlungen können keiner der abschließend im Gesetz genannten Verrichtungen zugeordnet werden. Es ist auch nicht Ziel der sozialen Pflegeversicherung, jedweden Pflegebedarf lückenlos zu erfassen und bei der Leistungsbemessung zu berücksichtigen (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 1 SGB XI).

2.4. Die beim Kläger im Januar 2013 festgestellte Sehschwäche führt, abgesehen davon, dass sie durch eine Brille ausgeglichen ist, zu keinem Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege. Für den Wechsel der dem Kläger im Dezember 2012 verordneten Einlagen ist bei dem nunmehr neunjährigen Kläger, der sich selbstständig an- und auszieht, kein zusätzlicher Hilfebedarf anzusetzen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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