Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Nordhausen (FST)
Aktenzeichen
S 5 R 4038/09
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 R 878/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 31. Mai 2010 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte zu Recht die Bewilligung von Übergangsrente ab dem 1. September 2009 aufgehoben hat.
Der 1947 geborene Kläger bezog von der Beklagten eine Übergangsrente nach der Versorgungsordnung der Nationalen Volksarmee der DDR. Mit Bescheid vom 15. Juli 2009 setzte die Beklagte die Höhe der Übergangsrente ab 1. Juli 2009 auf 239,57 EUR monatlich fest.
Die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV-Bund) bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 3. August 2009 ab dem 1. September 2009 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wobei der Zugangsfaktor bei der Berechnung der Rente wegen vorzeitiger Inanspruchnahme um 0,018 reduziert war. Die Beklagten hob daraufhin mit Bescheid vom 14. August 2009 die Bewilligung der Übergangsrente ab 1. September 2009 unter Hinweis auf § 11 Abs. 3 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) auf und wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 3. September 2009 zurück. Das Sozialgericht Nordhausen hat die Klage mit Urteil vom 31. Mai 2010 abgewiesen.
Im Rahmen des Berufungsverfahrens begehrt der Kläger weiterhin die Zahlung der Übergangsrente über den 1. September 2009 hinaus. Er ist der Meinung, dass § 11 Abs. 3 AAÜG hier nicht einschlägig sei. Die Einstellung der Übergangsrente könne nur erfolgen, wenn die Altersrente ohne Abschläge bezogen werde. Dies entspreche auch der Arbeitsanweisung der Deutschen Rentenversicherung.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Nordhausen vom 31. Mai 2010 den Bescheid vom 14. August 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. September 2009 aufzuheben und dem Kläger ab dem 1. September 2009 die bewilligte Übergangsrente weiter zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Meinung, dass nach der eindeutigen Regelung des § 11 Abs. 3 AAÜG bei Bezug einer Rente wegen Alters die Übergangsrente aufzuheben sei.
Der Senat hat durch seinen Berichterstatter am 16. Juli 2012 einen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage durchgeführt. Zum genauen Inhalt wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der geheimen Beratung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte aufgrund des ausdrücklich erklärten Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)).
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Der streitgegenständliche Aufhebungsbescheid vom 14. August 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. September 2009 ist rechtmäßig.
Rechtsgrundlage für die Aufhebung ist § 48 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X). Die Vorschrift bestimmt, dass, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben ist. Die Voraussetzungen liegen vor. Bei dem aufgehobenen Bescheid vom 15. Juli 2009 über die Bewilligung einer Übergangsrente handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Nach Erlass des Bescheides ist eine wesentliche Änderung eingetreten. Durch den Bezug der Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 1. September 2009 hat der Kläger keinen Anspruch mehr auf die Übergangsrente. Dies ergibt sich aus § 11 Abs. 3 AAÜG (vgl. zur Frage, ob sich die Aufhebung ohne Rückgriff auf § 48 SGB X unmittelbar aus § 11 Abs. 3 AAÜG ergibt: Sächsisches Landessozialgerichts (LSG), Urteil vom 24. November 1999 - Az.: L 1 RA 201/97 WB, nach juris Rn. 31 ff.). Danach entfällt der Anspruch auf Versorgungsleistungen mit Beginn einer Rente wegen Alters oder einer ähnlichen Leistung öffentlich-rechtlicher Art, spätestens zum Ende des Monats, der dem Monat vorangeht, in dem erstmals eine dieser Leistungen ohne Minderung wegen vorzeitiger Inanspruchnahme bezogen werden kann. Entgegen der Auffassung des Klägers und wohl auch der Arbeitsanweisung der Deutschen Rentenversicherung liegen die Voraussetzungen vor, § 11 Abs. 3 AAÜG ist auch dann anwendbar, wenn tatsächlich eine geminderte Altersrente bezogen wird.
Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. Hierin ist festgelegt, dass der Anspruch auf Versorgungsleistungen mit Beginn einer Rente wegen Alters entfällt, ohne dass es darauf ankommt, ob die Rente gemindert ist oder nicht. Der zweite Teil der Regelung betrifft den Fall, das tatsächlich keine Rente bezogen wird, obwohl dies ungemindert möglich wäre. Beide Konstellationen sind voneinander unabhängig.
Auch die Systematik der Regelung stützt dieses Verständnis. Wäre die Auffassung des Klägers richtig, dass nur ein ungeminderter Bezug von Altersrente zum Entfallen der der Übergangsrente führt, wäre der erste Teil der Regelung ohne Anwendungsbereich. Es hätte dann der zweite Teil ausgereicht, denn bei der Möglichkeit der ungeminderten Altersrente entfällt die Übergangsrente auf jeden Fall, ob sie tatsächlich bezogen wird oder nicht. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber eine Tatbestandsalternative ohne Anwendungsbereich gewollt hat.
Die historische Auslegung spricht ebenfalls gegen die Auffassung des Klägers. Die Regelung dient der Vermeidung von Doppelleistungen aus öffentlichen Kassen für die Zeit nach Überführung von Ansprüchen und Anwartschaften aus Sonderversorgungssystemen in die Rentenversicherung (vgl. amtliche Begründung BR-Drs. 197/91). Die Auffassung des Klägers würde dazu führen, dass eine Doppelleistung von Übergangsrente und Altersrente zumindest zeitweise möglich wäre. Letztlich sprechen auch Sinn und Zweck der Vorschrift und der Übergangsrente gegen die Ansicht des Klägers. Die Übergangsrente soll nur der Überbrückung bis zum Eingreifen des Systems der Alterssicherung dienen. Daher soll diese Leistung mit dem tatsächlichen Bezug der Altersrente entfallen, auch wenn sie gemindert ist, denn eine geminderte Rente dient ebenfalls der Altersicherung. Der zweite Teil der Vorschrift dient lediglich dazu, den unbegrenzten Weiterbezug der Übergangsrente durch Nichtinanspruchnahme der Altersrente zu vermeiden. Dem Versicherten ist es in diesem Fall zuzumuten, auf die Übergangsrente zu verzichten, weil er die Möglichkeit der ungeminderten Inanspruchnahme der Altersrente hat.
Eine Verfassungswidrigkeit des § 11 Abs. 3 AAÜG wird von den Beteiligten nicht geltend gemacht und ist auch im Übrigen nicht erkennbar (vgl. LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 28. April 1998 - Az.: L 4 An 76/96; Sächsisches LSG, Urteil vom 24. November 1999 - Az.: L 1 RA 201/97 WB, jeweils nach juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte zu Recht die Bewilligung von Übergangsrente ab dem 1. September 2009 aufgehoben hat.
Der 1947 geborene Kläger bezog von der Beklagten eine Übergangsrente nach der Versorgungsordnung der Nationalen Volksarmee der DDR. Mit Bescheid vom 15. Juli 2009 setzte die Beklagte die Höhe der Übergangsrente ab 1. Juli 2009 auf 239,57 EUR monatlich fest.
Die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV-Bund) bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 3. August 2009 ab dem 1. September 2009 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wobei der Zugangsfaktor bei der Berechnung der Rente wegen vorzeitiger Inanspruchnahme um 0,018 reduziert war. Die Beklagten hob daraufhin mit Bescheid vom 14. August 2009 die Bewilligung der Übergangsrente ab 1. September 2009 unter Hinweis auf § 11 Abs. 3 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) auf und wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 3. September 2009 zurück. Das Sozialgericht Nordhausen hat die Klage mit Urteil vom 31. Mai 2010 abgewiesen.
Im Rahmen des Berufungsverfahrens begehrt der Kläger weiterhin die Zahlung der Übergangsrente über den 1. September 2009 hinaus. Er ist der Meinung, dass § 11 Abs. 3 AAÜG hier nicht einschlägig sei. Die Einstellung der Übergangsrente könne nur erfolgen, wenn die Altersrente ohne Abschläge bezogen werde. Dies entspreche auch der Arbeitsanweisung der Deutschen Rentenversicherung.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Nordhausen vom 31. Mai 2010 den Bescheid vom 14. August 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. September 2009 aufzuheben und dem Kläger ab dem 1. September 2009 die bewilligte Übergangsrente weiter zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Meinung, dass nach der eindeutigen Regelung des § 11 Abs. 3 AAÜG bei Bezug einer Rente wegen Alters die Übergangsrente aufzuheben sei.
Der Senat hat durch seinen Berichterstatter am 16. Juli 2012 einen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage durchgeführt. Zum genauen Inhalt wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der geheimen Beratung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte aufgrund des ausdrücklich erklärten Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)).
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Der streitgegenständliche Aufhebungsbescheid vom 14. August 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. September 2009 ist rechtmäßig.
Rechtsgrundlage für die Aufhebung ist § 48 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X). Die Vorschrift bestimmt, dass, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben ist. Die Voraussetzungen liegen vor. Bei dem aufgehobenen Bescheid vom 15. Juli 2009 über die Bewilligung einer Übergangsrente handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Nach Erlass des Bescheides ist eine wesentliche Änderung eingetreten. Durch den Bezug der Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 1. September 2009 hat der Kläger keinen Anspruch mehr auf die Übergangsrente. Dies ergibt sich aus § 11 Abs. 3 AAÜG (vgl. zur Frage, ob sich die Aufhebung ohne Rückgriff auf § 48 SGB X unmittelbar aus § 11 Abs. 3 AAÜG ergibt: Sächsisches Landessozialgerichts (LSG), Urteil vom 24. November 1999 - Az.: L 1 RA 201/97 WB, nach juris Rn. 31 ff.). Danach entfällt der Anspruch auf Versorgungsleistungen mit Beginn einer Rente wegen Alters oder einer ähnlichen Leistung öffentlich-rechtlicher Art, spätestens zum Ende des Monats, der dem Monat vorangeht, in dem erstmals eine dieser Leistungen ohne Minderung wegen vorzeitiger Inanspruchnahme bezogen werden kann. Entgegen der Auffassung des Klägers und wohl auch der Arbeitsanweisung der Deutschen Rentenversicherung liegen die Voraussetzungen vor, § 11 Abs. 3 AAÜG ist auch dann anwendbar, wenn tatsächlich eine geminderte Altersrente bezogen wird.
Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. Hierin ist festgelegt, dass der Anspruch auf Versorgungsleistungen mit Beginn einer Rente wegen Alters entfällt, ohne dass es darauf ankommt, ob die Rente gemindert ist oder nicht. Der zweite Teil der Regelung betrifft den Fall, das tatsächlich keine Rente bezogen wird, obwohl dies ungemindert möglich wäre. Beide Konstellationen sind voneinander unabhängig.
Auch die Systematik der Regelung stützt dieses Verständnis. Wäre die Auffassung des Klägers richtig, dass nur ein ungeminderter Bezug von Altersrente zum Entfallen der der Übergangsrente führt, wäre der erste Teil der Regelung ohne Anwendungsbereich. Es hätte dann der zweite Teil ausgereicht, denn bei der Möglichkeit der ungeminderten Altersrente entfällt die Übergangsrente auf jeden Fall, ob sie tatsächlich bezogen wird oder nicht. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber eine Tatbestandsalternative ohne Anwendungsbereich gewollt hat.
Die historische Auslegung spricht ebenfalls gegen die Auffassung des Klägers. Die Regelung dient der Vermeidung von Doppelleistungen aus öffentlichen Kassen für die Zeit nach Überführung von Ansprüchen und Anwartschaften aus Sonderversorgungssystemen in die Rentenversicherung (vgl. amtliche Begründung BR-Drs. 197/91). Die Auffassung des Klägers würde dazu führen, dass eine Doppelleistung von Übergangsrente und Altersrente zumindest zeitweise möglich wäre. Letztlich sprechen auch Sinn und Zweck der Vorschrift und der Übergangsrente gegen die Ansicht des Klägers. Die Übergangsrente soll nur der Überbrückung bis zum Eingreifen des Systems der Alterssicherung dienen. Daher soll diese Leistung mit dem tatsächlichen Bezug der Altersrente entfallen, auch wenn sie gemindert ist, denn eine geminderte Rente dient ebenfalls der Altersicherung. Der zweite Teil der Vorschrift dient lediglich dazu, den unbegrenzten Weiterbezug der Übergangsrente durch Nichtinanspruchnahme der Altersrente zu vermeiden. Dem Versicherten ist es in diesem Fall zuzumuten, auf die Übergangsrente zu verzichten, weil er die Möglichkeit der ungeminderten Inanspruchnahme der Altersrente hat.
Eine Verfassungswidrigkeit des § 11 Abs. 3 AAÜG wird von den Beteiligten nicht geltend gemacht und ist auch im Übrigen nicht erkennbar (vgl. LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 28. April 1998 - Az.: L 4 An 76/96; Sächsisches LSG, Urteil vom 24. November 1999 - Az.: L 1 RA 201/97 WB, jeweils nach juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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