L 2 AL 77/13 B

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 AL 328/09
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 AL 77/13 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Beschwerde gegen die Verhängung von Orndungsgeld wegen Abwesenheit des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung.
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 18. Januar 2013 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.
Die Beschwerde richtet sich gegen die Verhängung von Ordnungsgeld.
In dem Klageverfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg ist der Bescheid der beklagten Bundesagentur für Arbeit vom 28. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 2009 streitig, mit dem diese einen Antrag des Klägers und Beschwerdeführers (im Folgenden: Bf.) auf Erteilung einer EU-Arbeitsberechtigung ablehnte.
Das Sozialgericht hat den Bf. zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 18. Dezember 2012 geladen und das persönliche Erscheinen des Bf. angeordnet. Die Ladung ist dem Bf. mit Zustellungsurkunde am 4. Dezember 2012 unter Einlegung in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten in A-Stadt zugegangen. Sie war mit dem Hinweis versehen, dass gegen ihn ein Ordnungsgeld bis zu 1.000.- EUR festgesetzt werden kann, falls er ohne genügende Entschuldigung nicht erscheint. Im Termin war der Bf. nicht anwesend.
Das Sozialgericht hat sich die Verhängung eines Ordnungsgeldes für den Fall, dass der Bf. sein Ausbleiben beim Termin nicht ausreichend entschuldigt, vorbehalten und den Termin vertagt.
Auf schriftliche Anfrage des Gerichts hat der Bf. mit Schreiben vom 11. Januar 2013 mitgeteilt, dass er nicht rechtzeitig über den Termin informiert worden sei. Er arbeite im Bundesgebiet auf Montage und komme nur einmal alle sechs bis acht Wochen nach Hause. Meist halte er sich in einer Mietunterkunft in A. (B-W.) auf. Er sei in A-Stadt nur am 10. und 11. November 2012 und erst wieder am 4. bis 6. Januar 2013 gewesen. Die Ladung habe er erst am 4. Januar 2013 erhalten. Er lebe allein.
Mit Beschluss vom 18. Januar 2013 hat das Sozialgericht ohne mündliche Verhandlung ein Ordnungsgeld in Höhe von 250,00 EUR festgesetzt. Die Voraussetzungen des § 111 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit §§ 141 Abs. 3, 380, 381 Zivilprozessordnung (ZPO) seien erfüllt. Es lägen keine Gründe vor, die das Ausbleiben ausreichend entschuldigen könnten. Vor allem sei der Bf. gehalten gewesen, für seine postalische Erreichbarkeit Sorge zu tragen. Dies gelte erst recht, wenn - wie vorliegend - der Bf. selbst bereits mehrfach eine Terminierung angemahnt hatte. Gerade wenn er seine Wohnung wie nun angegeben nur alle 6 bis 8 Wochen einmal aufsuche, hätte er entsprechende Vorkehrungen zu treffen gehabt, um sicherzustellen, dass die an ihn adressierten Schreiben ihn auch zeitnah erreichen. Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände hat das Sozialgericht ein Ordnungsgeld in Höhe von 250.- EUR für angemessen gehalten. Der Beschluss ist dem Bf. am 23. Januar 2013 zugestellt worden.
Zur Begründung der am Sonntag, den 24. Februar 2013 per Fax hiergegen eingelegten Beschwerde hat der Bf. vorgebracht, das Verfahren sei seit 2009 anhängig. Es sei erstaunlich, mit welcher Eile die Sache plötzlich behandelt werde, nachdem sie jahrelang bei Gericht gelegen hätte. Im Übrigen hat er sein Vorbringen zur häufigen Abwesenheit von der Wohnung in A-Stadt wiederholt. Bislang sei er auf keine praktische Möglichkeit gekommen, für eine postalische Erreichbarkeit mehr Sorge zu tragen als bisher. Über die konkreten Möglichkeiten schweige der Beschluss. Eine Ladung vier statt zwei Wochen vor dem Termin wäre vernünftig und menschlich gewesen.

II.
Die Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 SGG), aber unbegründet.
Nach §§ 111, 202 SGG i.V.m. § 141 ZPO kann das persönliche Erscheinen eines Beteiligten zur mündlichen Verhandlung angeordnet und derjenige, der der Anordnung nicht Folge leistet, mit Ordnungsgeld wie ein im Vernehmungstermin nicht erschienener Zeuge belegt werden. Ob der Vorsitzende eine Anordnung nach § 111 SGG treffen will, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Hält er für die Entscheidung der Kammer eine persönliche Erörterung für notwendig, so kann er hierzu das persönliche Erscheinen eines Beteiligten anordnen. Nach § 141 Abs. 1 S. 1 ZPO ist die Anordnung des persönlichen Erscheinens eines Beteiligten dann ermessensfehlerfrei, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Im sozialgerichtlichen Verfahren ist dabei der Ermessensspielraum weit. Ein Ermessensfehler ist hierbei nicht erkennbar und nicht vorgebracht.
Der Bf. war ordnungsgemäß geladen. Die Ladungsfrist beträgt grundsätzlich zwei Wochen (§ 110 Abs. 1 S. 1 SGG); die Ladungsfrist wurde eingehalten.
Da der Bf. zum Sitzungstermin nicht erschienen ist, sind die Voraussetzungen des § 111 SGG i.V.m. §§ 141 Abs. 3, 380, 381 ZPO erfüllt.
Die Verhängung von Ordnungsgeld kann in Ausnahmefällen auch im Bürowege, d.h. außerhalb der mündlichen Verhandlung erfolgen. Eine solche Verfahrensweise kann z.B. dann geboten sein, wenn dem säumigen Beteiligten - wie hier ausweislich der Sitzungsniederschrift - zuvor rechtliches Gehör gewährt werden soll (s.a. z.B. Beschl. des Senats vom 02.02.2010, Az.: L 2 KA 25/09 B). Bei dem im Büroweg ergehenden Beschluss sind Mitwirkungsrechte von an der Sitzung teilnehmenden ehrenamtlichen Richtern nicht berührt und ein Verstoß gegen § 129 SGG nicht gegeben (s.a. Beschl. des Senats vom 12.09.2011, Az.: L 2 AL 220/11 B).
Dabei wurde das Ausbleiben auch nicht genügend entschuldigt im Sinne des § 381 Abs. 1 S. 1 ZPO. § 381 ZPO nennt die Gründe, nach denen die Auferlegung eines Ordnungsgeldes zu unterbleiben hat bzw. nachträglich aufzuheben ist. Dies ist dann der Fall, wenn der Beteiligte sein Ausbleiben genügend entschuldigen kann. Entschuldigt er sein Fernbleiben rechtzeitig, d.h. so rechtzeitig, dass der Termin aufgehoben und die übrigen Beteiligten hiervon noch unterrichtet werden können, so hat die Festsetzung eines Ordnungsgeldes zu unterbleiben. Erfolgt die Entschuldigung wie vorliegend nicht rechtzeitig, so entfällt die Festsetzung eines Ordnungsgeldes nur dann, wenn glaubhaft gemacht wird, dass den Betroffenen an der Verspätung der Entschuldigung kein Verschulden trifft und die Entschuldigung hinreichend ist, § 381 Abs. 1 S. 3 i.V.m. S. 2 ZPO.
Kein hinreichender Entschuldigungsgrund stellt die lange Verfahrensdauer dar. Während der gesamten Dauer eines anhängigen Verfahrens ist dafür Sorge zu tragen, dass vom Gericht übermittelte Schriftstücke zugehen können.
Zutreffend erfolgte die Zustellung der Ladung an die am 4. Juni 2010 mitgeteilte Adresse in A-Stadt. Der Bf. hat es unterlassen, das Gericht über eine abweichende ladungsfähige Anschrift - z.B. die Mietwohnung in A. (B-W.) - zu informieren. Bei einer länger dauernden Abwesenheit, die über den z.B. urlaubsbedingt üblichen Rahmen von zwei bis drei Wochen hinausgeht, ist für eine Nachsendung der Post oder eine Durchsicht und Benachrichtigung durch Dritte zu sorgen.
Die Höhe des Ordnungsgeldes richtet sich nach Art. 6 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch (EGStGB). Danach ist ein Rahmen von 5,00 EUR bis 1.000,00 EUR vorgegeben, innerhalb dessen sich das Ordnungsgeld bewegen kann. Bei der Zumessung hat das Gericht die Umstände, die für oder gegen den Bf. sprechen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist auf das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art des Verstoßes und dessen schuldhafte Auswirkungen, auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Bf. sowie auf das Verhalten nach dem Ordnungsverstoß abzustellen. Einwendungen zur Höhe des Ordnungsgeldes wurden vom Bf. nicht vorgetragen. In der Regel bedarf es keiner eingehenden Begründung dieser Ermessensentscheidung, wenn sich das Ordnungsgeld im unteren Mittel des vorgegebenen Rahmens bewegt. Dies ist hier bei der Festsetzung von Ordnungsgeld in Höhe von 250.- EUR der Fall.

Die Kostenentscheidung erfolgt analog § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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