Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 19 AS 1182/12
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 774/12 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Zur Beteiligtenanhörung
Im sozialgerichtlichen Verfahren ist eine Parteilvernehmung kein zugelassenes Beweismittel
Im sozialgerichtlichen Verfahren ist eine Parteilvernehmung kein zugelassenes Beweismittel
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom
24. September 2012 - S 19 AS 1182/12 - wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Die Beschwerdeführer wenden sich gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Verfahren vor dem Sozialgericht München mit dem Aktenzeichen S 19 AS 1182/12. In diesem begehren sie aufgrund eines Überprüfungsantrages höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung (KdU) im Zeitraum 01.03.2010 bis 30.06.2010.
Der 1970 geborene Beschwerdeführer und die am 29.04.1973 geborene Beschwerdeführerin erhielten seit dem Jahr 2007 bis zu ihrem Umzug nach A-Stadt am 01.07.2010 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Beklagten. Mit Bescheid vom 19.02.2010, geändert am 27.05.2010 hatte dieser für den Zeitraum 01.03.2010 bis 31.08.2010 die nachgewiesenen Nebenkosten in Höhe von monatlich 158,58 EUR bewilligt. Für die Heizkosten bewilligte er monatlich 51,33 EUR. Die Beschwerdeführer hatten dazu keine Belege eingereicht. Miete haben die Beschwerdeführer in diesem Zeitraum nicht bezahlt. Eine bereits zuvor beantragte Eilentscheidung mit dem Ziel, höhere Heizkosten zu erhalten, war erfolglos (Sozialgericht Detmold, Beschluss vom 01.02.2010, S 11 AS 146/10 ER). Der Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 19.02.2010 wurde am 31.05.2010 zurückgewiesen. Die dagegen erhobene Klage wurde zurückgenommen.
Am 30.12.2011 ließen die Beschwerdeführer eine Überprüfung des Bewilligungsbescheides vom 19.02.2010 beantragen. Mit Bescheid vom 03.01.2012 lehnte der Beklagte eine Neufeststellung ab. Im Widerspruchsbescheid vom 12.04.2012 führt er aus, höhere KdU hätten im maßgeblichen Zeitraum nicht zugestanden. Die Beschwerdeführer hätten keine Belege über ihre Heizkosten vorgelegt. Eine Schätzung dieser Kosten könne nicht erfolgen.
Im Klageverfahren ließen die Beschwerdeführer vortragen, Belege über die Heizkosten könnten sie weiterhin nicht vorlegen. Sie hätten das Brennholz "schwarz" erworben und dafür monatlich mindestens 100,- EUR, vermutlich sogar mehr ausgegeben.
Das Sozialgericht lehnte mit Beschluss vom 24.09.2012 den Antrag auf Bewilligung von PKH ab. Erfolgsaussichten lägen nicht vor. Die Beschwerdeführer hätten in keiner Weise einen höheren Bedarf für Heizkosten nachgewiesen. Diesen könnten sie auch nicht führen. Wenn sie das Heizmaterial ohne Rechnung erworben hätten, müssten sie auch den daraus entstehenden Nachteil tragen. Es wäre im Sinne der Einheit der Rechtsordnung unerträglich, müsse der Staat über die Sozialhilfe einem gesetzwidrigen Verhalten auch noch durch Erstattung dort getätigter Zahlungen die Billigung aussprechen.
Im Beschwerdeverfahren lassen die Beschwerdeführer vortragen, Beweis über die Entstehung der Kosten könne auch durch ihre Parteieinvernahme erbracht werden. Sie seien gezwungen gewesen, ihr Heizmaterial kostengünstig ohne Rechnung zu erwerben. Dadurch würden auch die öffentlichen Kassen entlastet werden. Ein Bedarf existiere nicht nur dann, wenn er in Papierform belegt sei.
Dem Beschwerdegericht teilten die Beschwerdeführer am 13.03.2013 mit, sie könnten weder Kaufbelege vorweisen noch Namen der Bezugsquellen nennen, da sie sich an die Einzelheiten nicht mehr erinnerten. Es sei nicht einfach gewesen, über den Winter zu kommen. Es habe sogar Tage gegeben, an denen sie gefroren hätten.
II.
Die gemäß § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 173 SGG fristgerecht eingelegte Beschwerde ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat im Ergebnis zutreffend PKH abgelehnt, weil eine hinreichende Erfolgsaussicht für das Klageverfahren nicht besteht.
Nach § 73a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 114 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die Prüfung der Erfolgsaussicht reicht es aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (BSG, Urteil vom 17.02.1998, B 13 RJ 83/97 R).
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Erfolgsaussicht ist der Zeitpunkt der Entscheidungsreife, auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung kommt es nicht an. Entscheidungsreife tritt ein, wenn der vollständige Antrag auf PKH eingereicht wurde, dem Prozessgegner angemessene Zeit zur Stellungnahme gegeben worden ist und gegebenenfalls das Gericht den Beteiligten Gelegenheit gegeben hat, ihre tatsächlichen Behauptungen glaubhaft zu machen (vgl. BayLSG, Beschluss vom 19.03.2009, L 7 AS 64/09 B PKH).
PKH war somit zu bewilligen, wenn der Rechtsstandpunkt der Beschwerdeführer aufgrund ihrer Sachverhaltsschilderung zumindest vertretbar war und in tatsächlicher Hinsicht auch die Möglichkeit der Beweisführung bestand (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 10. Auflage, 2012, § 73 a Rn. 7a). Zutreffend hat der Bevollmächtigte der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass bereits dann, wenn Veranlassung zu weiteren Ermittlungen besteht, eine Erfolgsaussicht nicht verneint werden kann.
Solche Ermittlungen mit dem Ziel einer Beweisführung kommen vorliegend nur durch eine persönliche Anhörung der Beschwerdeführer in Betracht. Sie haben im Beschwerdeverfahren wiederholt, dass sie keine Belege über ihre Ausgaben für Brennholz vorlegen und auch keine Zeugen, wie zum Beispiel die Verkäufer, benennen können.
Nach der Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts vom 08.07.2010 (L 14 R 676/09) stellt die Parteivernehmung im sozialgerichtlichen Verfahren kein Mittel der Sachaufklärung dar, mit dem ein Vollbeweis für eine behauptete Tatsache erbracht werden könnte. Dies ergäbe sich daraus, dass § 118 Abs. 1 SGG nicht auf die Bestimmungen der §§ 445 ff. ZPO, die die Parteivernehmung regeln, verweist. Die Parteivernehmung stelle damit im sozialgerichtlichen Verfahren kein Mittel der Sachaufklärung dar.
Auch nach herrschender Meinung in der Literatur (z. B. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, aaO., § 118, Rn. 8) und Rechtsprechung (z. B. BSG, Urteile vom 28.11.2007, B 11a/7a AL 14/07 R und vom 03.06.2004, B 11 AL 71/03 R) ist die Parteivernehmung im sozialgerichtlichen Verfahren kein förmliches Beweismittel. Es wird allerdings angezweifelt, ob daraus zwingend geschlossen werden kann, dass die Aussage einer Partei nicht als Beweis ausreichen kann (vgl. Dr. Stephan Gutzler: Die persönliche Parteianhörung - verkanntes Beweismittel im sozialgerichtlichen Prozess?, SGb 2009, Seite 73-79). Aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist dies nicht eindeutig erkennbar. Es wurde sowohl dargestellt, das Ergebnis einer Beteiligtenanhörung habe nicht Funktion und Rang eines Beweismittels (Urteil vom 06.12.1966, 9 RV 86/94) andererseits wurde aber betont, dass Erklärungen der Beteiligten Grundlage des Urteils sein können (Urteil vom 19.07.1961, 11 RV 796/59). Auch sei das Tatsachengericht verpflichtet, Angaben eines Beteiligten hinsichtlich ihrer Glaubwürdigkeit zu prüfen und bei der Überzeugungsbildung zu berücksichtigen, insbesondere dann, wenn andere Beweismittel nicht zur Verfügung stehen (Urteil vom 25.03.1964, 2 RU 43/59). Aus diesem Grund könne es auch geboten sein, den Beteiligten in geeigneten Fällen persönlich anzuhören (BSG, Beschluss vom
14. 04.2009, B 5 R 206/08 B).
Im vorliegenden Rechtsstreit muss nicht geklärt werden, welchen Beweiswert die Aussage eines Beteiligten haben kann und wann bei Fehlen anderer Beweismittel bereits aufgrund der Möglichkeit der Parteianhörung eine für das PKH-Verfahren hinreichende Erfolgsaussicht anzunehmen ist. Denn aufgrund des Sachvortrags der Beschwerdeführer, deren Ergänzungen und Konkretisierung das Beschwerdegericht nochmals angeregt hat, ergibt sich keine Notwendigkeit, sie persönlich anzuhören.
Nach § 44 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt, der sich als rechtswidrig erweist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Gemäß § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X sind Sozialleistungen längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme zu erbringen. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, ist bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, der Antragseingang maßgeblich. Für Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende wurde diese Vorschrift in Art. 2 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.03.2011 (BGBl. I, 453) modifiziert.
Nach § 40 Abs. 1 SGB II in der seit dem 01.01.2011 geltenden Fassung gilt § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X mit der Maßgabe, dass anstelle des Zeitraums von vier Jahren ein Zeitraum von einem Jahr tritt. Diese Regelung ist gemäß § 77 Abs.13 SGB II anzuwenden auf Anträge nach § 44 SGB X, die nach dem 31.03.2011 gestellt worden sind. Wenn der Überprüfungsantrag, wie im angefochtenen Beschluss des Sozialgerichts und im Widerspruchsbescheid dargestellt, erst am 02.01.2012 gestellt worden wäre, hätten die Beschwerdeführer allenfalls die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, nicht aber die Bewilligung höherer Leistung erreichen können. An diesem Tag ging das entsprechende Schreiben des Prozessbevollmächtigten beim Beklagten ein. Dasselbe Schreiben war jedoch bereits zuvor per Telefax versandt worden und ist ausweislich der Angabe im angefochtenen Bescheid noch vor dem Jahreswechsel beim Beklagten eingegangen. Damit liegt für die Klage ein Rechtsschutzbedürfnis vor, denn rückwirkende Leistungen könnten im Fall des Vorliegens der Leistungsvoraussetzungen noch für den hier streitgegenständlichen Zeitraum gewährt werden.
Nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II sind Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu erbringen, soweit diese angemessen sind. Die Beschwerdeführer haben ihre nachgewiesenen Nebenkosten erhalten, weitere Aufwendungen für Miete und die sogenannten kalten Nebenkosten sind ihnen nach ihren eigenen Angaben damals nicht entstanden. Streitig ist allein noch, ob sie ihre Heizkosten vollständig erhalten haben. Zahlungen an Vermieter oder Energieversorger haben die Beschwerdeführer im maßgeblichen Zeitraum nicht erbracht. Sie haben ausschließlich mit selbst beschafftem Holz geheizt. In einem solchen Fall ist dann, wenn keine monatlich gleich bleibenden Aufwendungen entstehen, darauf abzustellen, wann und in welcher Höhe Verbindlichkeiten für die Anschaffung des Heizmaterials im Außenverhältnis entstehen (BSG, Urteil vom 16.05.2007, B 7 b AS 40/06 R). Für bereits zuvor beschaffte und bezahlte Brennmaterialien können keine Leistung mehr gewährt werden (BSG, Urteil vom 19.09.2008, B 14 AS 54/07 R).
Damit besteht eine Erfolgsaussicht für die Klage dann, wenn nach dem Vortrag der Kläger Ermittlungen dazu angezeigt sind, dass ihre Ausgaben für Holz in den Monaten März bis einschließlich Juni 2010 zumindest in einem Monat höher waren als der vom Beklagten erstattete Betrag in Höhe von 51,33 EUR.
Die Beschwerdeführer haben vorgetragen, sie hätten das Brennholz auf verschiedene Weise erworben und mit geliehenem Geld oder in Raten bezahlt. Quittungen seien nicht erstellt worden. Durchschnittlich hätten sie mindestens 166,40 EUR monatlich für Holz benötigt. An Einzelheiten dazu, wann und von wem sie das Holz erworben haben und wann die Zahlung erfolgte, erinnerten sie sich nicht.
Einer Parteianhörung bedarf es allenfalls dann, wenn - das bisherige Vorbringen als wahr unterstellt - die glaubhafte Bestätigung in der mündlichen Verhandlung tatsächlich zu einer günstigeren Rechtsfolge führen würde. Für die Anhörung des Beteiligten gilt insofern nichts anderes, als für die Beweiserhebung durch die Vernehmung von Zeugen. Auch diese ist nicht erforderlich, wenn das Gericht die Angaben des Zeugen, deren Richtigkeit unterstellt, nicht ausreichend für eine Beweisführung hält. Dies gilt zum Beispiel dann, wenn der Zeuge die Tatsache nicht sicher bekundet hat und eine Präzisierung nicht möglich erscheint (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 157, Rn. 2 d).
So ist es hier. Die vom Prozessbevollmächtigten angeregte Anhörung der Beschwerdeführer verspricht keine weitere Aufklärung. Nach ihrem schriftlichem Vortrag könnten sie auch in der mündlichen Verhandlung nicht darstellen, dass sie in den streitgegenständlichen Monaten März bis einschließlich Juni 2010 jeweils mehr als die bereits bewilligten 51,33 EUR für Brennholz gezahlt haben. Die Bekräftigung, durchschnittlich im Jahr 2010 mehr für die Heizung ausgegeben zu haben, reicht nicht aus. Auf einen konkreten Nachweis kann nicht verzichtet werden. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass die Kläger noch in den hier streitgegenständlichen Monaten einen höheren als den erhaltenen Betrag für Holz ausgegeben haben. Wahrscheinlicher ist es aber, dass der Holzkauf noch in den kalten Wintermonaten erfolgt ist und in den streitgegenständlichen Frühjahrsmonaten kein oder nur noch wenig Holz neu beschafft werden musste. Nach den Aufzeichnungen des Deutschen Wetterdienstes (www.dwd.de) war das Frühjahr 2010 überdurchschnittlich mild.
Eine hinreichende Erfolgsaussicht für das Klageverfahren besteht daher nicht, das Sozialgericht musste keine PKH bewilligen.
Eine Kostenentscheidung unterbleibt gemäß § 73 a Abs. 1 S. 1 SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
24. September 2012 - S 19 AS 1182/12 - wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Die Beschwerdeführer wenden sich gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Verfahren vor dem Sozialgericht München mit dem Aktenzeichen S 19 AS 1182/12. In diesem begehren sie aufgrund eines Überprüfungsantrages höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung (KdU) im Zeitraum 01.03.2010 bis 30.06.2010.
Der 1970 geborene Beschwerdeführer und die am 29.04.1973 geborene Beschwerdeführerin erhielten seit dem Jahr 2007 bis zu ihrem Umzug nach A-Stadt am 01.07.2010 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Beklagten. Mit Bescheid vom 19.02.2010, geändert am 27.05.2010 hatte dieser für den Zeitraum 01.03.2010 bis 31.08.2010 die nachgewiesenen Nebenkosten in Höhe von monatlich 158,58 EUR bewilligt. Für die Heizkosten bewilligte er monatlich 51,33 EUR. Die Beschwerdeführer hatten dazu keine Belege eingereicht. Miete haben die Beschwerdeführer in diesem Zeitraum nicht bezahlt. Eine bereits zuvor beantragte Eilentscheidung mit dem Ziel, höhere Heizkosten zu erhalten, war erfolglos (Sozialgericht Detmold, Beschluss vom 01.02.2010, S 11 AS 146/10 ER). Der Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 19.02.2010 wurde am 31.05.2010 zurückgewiesen. Die dagegen erhobene Klage wurde zurückgenommen.
Am 30.12.2011 ließen die Beschwerdeführer eine Überprüfung des Bewilligungsbescheides vom 19.02.2010 beantragen. Mit Bescheid vom 03.01.2012 lehnte der Beklagte eine Neufeststellung ab. Im Widerspruchsbescheid vom 12.04.2012 führt er aus, höhere KdU hätten im maßgeblichen Zeitraum nicht zugestanden. Die Beschwerdeführer hätten keine Belege über ihre Heizkosten vorgelegt. Eine Schätzung dieser Kosten könne nicht erfolgen.
Im Klageverfahren ließen die Beschwerdeführer vortragen, Belege über die Heizkosten könnten sie weiterhin nicht vorlegen. Sie hätten das Brennholz "schwarz" erworben und dafür monatlich mindestens 100,- EUR, vermutlich sogar mehr ausgegeben.
Das Sozialgericht lehnte mit Beschluss vom 24.09.2012 den Antrag auf Bewilligung von PKH ab. Erfolgsaussichten lägen nicht vor. Die Beschwerdeführer hätten in keiner Weise einen höheren Bedarf für Heizkosten nachgewiesen. Diesen könnten sie auch nicht führen. Wenn sie das Heizmaterial ohne Rechnung erworben hätten, müssten sie auch den daraus entstehenden Nachteil tragen. Es wäre im Sinne der Einheit der Rechtsordnung unerträglich, müsse der Staat über die Sozialhilfe einem gesetzwidrigen Verhalten auch noch durch Erstattung dort getätigter Zahlungen die Billigung aussprechen.
Im Beschwerdeverfahren lassen die Beschwerdeführer vortragen, Beweis über die Entstehung der Kosten könne auch durch ihre Parteieinvernahme erbracht werden. Sie seien gezwungen gewesen, ihr Heizmaterial kostengünstig ohne Rechnung zu erwerben. Dadurch würden auch die öffentlichen Kassen entlastet werden. Ein Bedarf existiere nicht nur dann, wenn er in Papierform belegt sei.
Dem Beschwerdegericht teilten die Beschwerdeführer am 13.03.2013 mit, sie könnten weder Kaufbelege vorweisen noch Namen der Bezugsquellen nennen, da sie sich an die Einzelheiten nicht mehr erinnerten. Es sei nicht einfach gewesen, über den Winter zu kommen. Es habe sogar Tage gegeben, an denen sie gefroren hätten.
II.
Die gemäß § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 173 SGG fristgerecht eingelegte Beschwerde ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat im Ergebnis zutreffend PKH abgelehnt, weil eine hinreichende Erfolgsaussicht für das Klageverfahren nicht besteht.
Nach § 73a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 114 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die Prüfung der Erfolgsaussicht reicht es aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (BSG, Urteil vom 17.02.1998, B 13 RJ 83/97 R).
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Erfolgsaussicht ist der Zeitpunkt der Entscheidungsreife, auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung kommt es nicht an. Entscheidungsreife tritt ein, wenn der vollständige Antrag auf PKH eingereicht wurde, dem Prozessgegner angemessene Zeit zur Stellungnahme gegeben worden ist und gegebenenfalls das Gericht den Beteiligten Gelegenheit gegeben hat, ihre tatsächlichen Behauptungen glaubhaft zu machen (vgl. BayLSG, Beschluss vom 19.03.2009, L 7 AS 64/09 B PKH).
PKH war somit zu bewilligen, wenn der Rechtsstandpunkt der Beschwerdeführer aufgrund ihrer Sachverhaltsschilderung zumindest vertretbar war und in tatsächlicher Hinsicht auch die Möglichkeit der Beweisführung bestand (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 10. Auflage, 2012, § 73 a Rn. 7a). Zutreffend hat der Bevollmächtigte der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass bereits dann, wenn Veranlassung zu weiteren Ermittlungen besteht, eine Erfolgsaussicht nicht verneint werden kann.
Solche Ermittlungen mit dem Ziel einer Beweisführung kommen vorliegend nur durch eine persönliche Anhörung der Beschwerdeführer in Betracht. Sie haben im Beschwerdeverfahren wiederholt, dass sie keine Belege über ihre Ausgaben für Brennholz vorlegen und auch keine Zeugen, wie zum Beispiel die Verkäufer, benennen können.
Nach der Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts vom 08.07.2010 (L 14 R 676/09) stellt die Parteivernehmung im sozialgerichtlichen Verfahren kein Mittel der Sachaufklärung dar, mit dem ein Vollbeweis für eine behauptete Tatsache erbracht werden könnte. Dies ergäbe sich daraus, dass § 118 Abs. 1 SGG nicht auf die Bestimmungen der §§ 445 ff. ZPO, die die Parteivernehmung regeln, verweist. Die Parteivernehmung stelle damit im sozialgerichtlichen Verfahren kein Mittel der Sachaufklärung dar.
Auch nach herrschender Meinung in der Literatur (z. B. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, aaO., § 118, Rn. 8) und Rechtsprechung (z. B. BSG, Urteile vom 28.11.2007, B 11a/7a AL 14/07 R und vom 03.06.2004, B 11 AL 71/03 R) ist die Parteivernehmung im sozialgerichtlichen Verfahren kein förmliches Beweismittel. Es wird allerdings angezweifelt, ob daraus zwingend geschlossen werden kann, dass die Aussage einer Partei nicht als Beweis ausreichen kann (vgl. Dr. Stephan Gutzler: Die persönliche Parteianhörung - verkanntes Beweismittel im sozialgerichtlichen Prozess?, SGb 2009, Seite 73-79). Aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist dies nicht eindeutig erkennbar. Es wurde sowohl dargestellt, das Ergebnis einer Beteiligtenanhörung habe nicht Funktion und Rang eines Beweismittels (Urteil vom 06.12.1966, 9 RV 86/94) andererseits wurde aber betont, dass Erklärungen der Beteiligten Grundlage des Urteils sein können (Urteil vom 19.07.1961, 11 RV 796/59). Auch sei das Tatsachengericht verpflichtet, Angaben eines Beteiligten hinsichtlich ihrer Glaubwürdigkeit zu prüfen und bei der Überzeugungsbildung zu berücksichtigen, insbesondere dann, wenn andere Beweismittel nicht zur Verfügung stehen (Urteil vom 25.03.1964, 2 RU 43/59). Aus diesem Grund könne es auch geboten sein, den Beteiligten in geeigneten Fällen persönlich anzuhören (BSG, Beschluss vom
14. 04.2009, B 5 R 206/08 B).
Im vorliegenden Rechtsstreit muss nicht geklärt werden, welchen Beweiswert die Aussage eines Beteiligten haben kann und wann bei Fehlen anderer Beweismittel bereits aufgrund der Möglichkeit der Parteianhörung eine für das PKH-Verfahren hinreichende Erfolgsaussicht anzunehmen ist. Denn aufgrund des Sachvortrags der Beschwerdeführer, deren Ergänzungen und Konkretisierung das Beschwerdegericht nochmals angeregt hat, ergibt sich keine Notwendigkeit, sie persönlich anzuhören.
Nach § 44 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt, der sich als rechtswidrig erweist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Gemäß § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X sind Sozialleistungen längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme zu erbringen. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, ist bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, der Antragseingang maßgeblich. Für Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende wurde diese Vorschrift in Art. 2 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.03.2011 (BGBl. I, 453) modifiziert.
Nach § 40 Abs. 1 SGB II in der seit dem 01.01.2011 geltenden Fassung gilt § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X mit der Maßgabe, dass anstelle des Zeitraums von vier Jahren ein Zeitraum von einem Jahr tritt. Diese Regelung ist gemäß § 77 Abs.13 SGB II anzuwenden auf Anträge nach § 44 SGB X, die nach dem 31.03.2011 gestellt worden sind. Wenn der Überprüfungsantrag, wie im angefochtenen Beschluss des Sozialgerichts und im Widerspruchsbescheid dargestellt, erst am 02.01.2012 gestellt worden wäre, hätten die Beschwerdeführer allenfalls die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, nicht aber die Bewilligung höherer Leistung erreichen können. An diesem Tag ging das entsprechende Schreiben des Prozessbevollmächtigten beim Beklagten ein. Dasselbe Schreiben war jedoch bereits zuvor per Telefax versandt worden und ist ausweislich der Angabe im angefochtenen Bescheid noch vor dem Jahreswechsel beim Beklagten eingegangen. Damit liegt für die Klage ein Rechtsschutzbedürfnis vor, denn rückwirkende Leistungen könnten im Fall des Vorliegens der Leistungsvoraussetzungen noch für den hier streitgegenständlichen Zeitraum gewährt werden.
Nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II sind Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu erbringen, soweit diese angemessen sind. Die Beschwerdeführer haben ihre nachgewiesenen Nebenkosten erhalten, weitere Aufwendungen für Miete und die sogenannten kalten Nebenkosten sind ihnen nach ihren eigenen Angaben damals nicht entstanden. Streitig ist allein noch, ob sie ihre Heizkosten vollständig erhalten haben. Zahlungen an Vermieter oder Energieversorger haben die Beschwerdeführer im maßgeblichen Zeitraum nicht erbracht. Sie haben ausschließlich mit selbst beschafftem Holz geheizt. In einem solchen Fall ist dann, wenn keine monatlich gleich bleibenden Aufwendungen entstehen, darauf abzustellen, wann und in welcher Höhe Verbindlichkeiten für die Anschaffung des Heizmaterials im Außenverhältnis entstehen (BSG, Urteil vom 16.05.2007, B 7 b AS 40/06 R). Für bereits zuvor beschaffte und bezahlte Brennmaterialien können keine Leistung mehr gewährt werden (BSG, Urteil vom 19.09.2008, B 14 AS 54/07 R).
Damit besteht eine Erfolgsaussicht für die Klage dann, wenn nach dem Vortrag der Kläger Ermittlungen dazu angezeigt sind, dass ihre Ausgaben für Holz in den Monaten März bis einschließlich Juni 2010 zumindest in einem Monat höher waren als der vom Beklagten erstattete Betrag in Höhe von 51,33 EUR.
Die Beschwerdeführer haben vorgetragen, sie hätten das Brennholz auf verschiedene Weise erworben und mit geliehenem Geld oder in Raten bezahlt. Quittungen seien nicht erstellt worden. Durchschnittlich hätten sie mindestens 166,40 EUR monatlich für Holz benötigt. An Einzelheiten dazu, wann und von wem sie das Holz erworben haben und wann die Zahlung erfolgte, erinnerten sie sich nicht.
Einer Parteianhörung bedarf es allenfalls dann, wenn - das bisherige Vorbringen als wahr unterstellt - die glaubhafte Bestätigung in der mündlichen Verhandlung tatsächlich zu einer günstigeren Rechtsfolge führen würde. Für die Anhörung des Beteiligten gilt insofern nichts anderes, als für die Beweiserhebung durch die Vernehmung von Zeugen. Auch diese ist nicht erforderlich, wenn das Gericht die Angaben des Zeugen, deren Richtigkeit unterstellt, nicht ausreichend für eine Beweisführung hält. Dies gilt zum Beispiel dann, wenn der Zeuge die Tatsache nicht sicher bekundet hat und eine Präzisierung nicht möglich erscheint (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 157, Rn. 2 d).
So ist es hier. Die vom Prozessbevollmächtigten angeregte Anhörung der Beschwerdeführer verspricht keine weitere Aufklärung. Nach ihrem schriftlichem Vortrag könnten sie auch in der mündlichen Verhandlung nicht darstellen, dass sie in den streitgegenständlichen Monaten März bis einschließlich Juni 2010 jeweils mehr als die bereits bewilligten 51,33 EUR für Brennholz gezahlt haben. Die Bekräftigung, durchschnittlich im Jahr 2010 mehr für die Heizung ausgegeben zu haben, reicht nicht aus. Auf einen konkreten Nachweis kann nicht verzichtet werden. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass die Kläger noch in den hier streitgegenständlichen Monaten einen höheren als den erhaltenen Betrag für Holz ausgegeben haben. Wahrscheinlicher ist es aber, dass der Holzkauf noch in den kalten Wintermonaten erfolgt ist und in den streitgegenständlichen Frühjahrsmonaten kein oder nur noch wenig Holz neu beschafft werden musste. Nach den Aufzeichnungen des Deutschen Wetterdienstes (www.dwd.de) war das Frühjahr 2010 überdurchschnittlich mild.
Eine hinreichende Erfolgsaussicht für das Klageverfahren besteht daher nicht, das Sozialgericht musste keine PKH bewilligen.
Eine Kostenentscheidung unterbleibt gemäß § 73 a Abs. 1 S. 1 SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
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