L 11 Ka 10/97

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 2 Ka 115/95
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 Ka 10/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Auswirkungen eines Verzichtes auf die Zulassung.
Ein bisher zugelassener Kassen-Vertragszahnarzt, der freiwillig auf seine Zulassung / Ermächtigung verzichtet hat, kann auch keine Bezahlung kieferorthopädischer Behandlungen mehr durch die gesetzlichen Krankenkassen beanspruchen. Er kann als Leistungserbringer keine Rechte aus den Bewilligungen kieferorthopädischer Behandlungen herleiten, welche die Krankenkassen ihren Versicherten, also den Leistungsberechtigten, erteilt haben. Durch diese Bewilligungen wird nur die Behandlung durch einen bestimmten, in das System der gesetzlichen Krankenversicherung einbezogenen Zahnarzt zugesprochen. Ein Vergütungsanspruch als Nichtvertrags-Zahnarzt besteht nur für Sofortmaßnahmen bis zum Einsetzen der regulären ärztlichen Versorgung. Ein Vergütungsanspruch wegen sog. Systemversagens scheidet nach Treu und Glauben aus, da der bisher zugelassene Vertragsarzt freiwillig auf seine Zulassung/Ermächtigung verzichtet hat.

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von den Beklagten die Bezahlung kieferorthopädischer Behandlungen in der Zeit vom 01.07. bis 31.12.1993 bei deren Versicherten bzw. Hilfeempfängern nach dem Bundessozialhilfegesetz.

Der Kläger war durch Vertrag mit der Beklagten zu 1) vom 01.02.1985 auf der Grundlage von § 10a BMV-Z zur Durchführung kieferorthopädischer Behandlungen ermächtigt. Mit Wirkung vom 16.01.1985 war der Kläger auch an der vertragsärztlichen kieferorthopädischen Versorgung im Ersatzkassenbereich beteiligt.

Im Jahre 1992 entfaltete der Kläger umfangreiche Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des Gesundheitsstrukturgesetzes zum 01.01.1993 mit dem Ziel, kieferorthopädische Behandlung in seiner Praxis auf privatzahnärztlicher Grundlage durchzuführen und Kostenerstattung durch die Krankenkassen zu erreichen. In diesem Zusammenhang verzichtete er auf die Beteiligung im Ersatzkassenbereich mit Wirkung zum 31.03.1993. Mit Bescheiden vom 22.04.1993 und 05.05.1993 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16.05.1993 stellte die Beklagte zu 1) fest, daß der Ermächtigungsvertrag durch ein Schreiben des Klägers vom 02.04.1993 wirksam gekündigt worden sei, so daß die Ermächtigung zum 30.06.1993 ende. Die hiergegen eingelegten Rechtsbehelfe des Klägers blieben erfolglos (Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 18.08.1993 - S 22 Ka 73/93 -, Senatsurteil vom 12.10.1994 - L 11 Ka 130/93 - und Beschluss des BSG vom 12.12.1995 - 6 BKa 49/94 -).

Nach dem 30.06.1993 hat der Kläger Patienten weiterbehandelt, soweit die Behandlung nicht von anderen Kieferorthopäden übernommen werden konnte. Für die in der Zeit vom 01.07. bis 31.12.1993 durchgeführten kieferorthopädischen Behandlungen verlangt der Kläger die streitige Summe von 199.362,64 DM von der Beklagten zu 1) und von den übrigen Beklagten jeweils als Gesamtschuldner mit der Beklagten zu 1) wegen bestimmter Teilbeträge für ihre jeweiligen Versicherten. Auf die Klageschrift mit Anlagen wird Bezug genommen. Diese bestehen aus den jeweiligen Rechnungen nach der Gebührenordnung für Zahnärzte, die nicht gegenüber den Patienten oder Erziehungsberechtigten geltend gemacht worden sind. Die Beklagte zu 1) hat eine Abrechnung verweigert. Die entsprechende Klage für den Zeitraum vom 01.01.1994 bis 30.06.1994 ist vor dem Sozialgericht Münster unter dem Az.: S 2 Ka 250/96 anhängig.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, daß die von ihm ab dem 30.06.1993 durchgeführten kieferorthopädischen Behandlungen Notfallbehandlungen gewesen und deshalb von den Beklagten zu bezahlen seien. Von seinen Anfang des Jahres 1993 ca. 1.200 Patienten seien ab Mitte 1993 ca. 50 Patienten monatlich aus seiner Behandlung ausgeschieden. Wegen der schlechten Versorgungslage in K. seien die Patienten nach und nach aufgrund seiner und der Initiative von Erziehungsberechtigten in anderweitige kieferorthopädische Behandlung vermittelt worden. Bis dahin hätten die angefangenen kieferorthopädischen Behandlungen dringend fortgesetzt werden müssen.

Der Kläger hat beantragt,

Sie haben ihre Zahlungsverpflichtung verneint, weil es sich nicht um Notfallbehandlungen gehandelt habe und der Kläger im streitigen Zeitraum nicht mehr zur vertragszahnärztlichen Versorgung ermächtigt gewesen sei.

Mit Urteil vom 28.11.1996 hat das Sozialgericht Münster die Klage abgewiesen. Der Kläger sei im streitigen Zeitraum kein zugelassener oder ermächtigter Vertragszahnarzt gewesen und habe die Leistungen nicht erbringen und abrechnen dürfen. Der frühere Status als ermächtigter Zahnarzt sei nicht unter dem Gesichtspunkt einer aufschiebenden Wirkung aufrechterhalten worden. Um Notfallbehandlungen im Sinne des § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V habe es sich in allen vorliegenden Fällen nicht gehandelt. Ein Vergütungsanspruch des Klägers sei auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Systemversagens gegeben.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Er trägt vor, sein Status als ermächtigter Vertragszahnarzt sei auch über den 30.06.1993 wegen der aufschiebenden Wirkung gemäß § 96 Abs. 4 Satz 2 SGB V seiner Rechtsbehelfe aufrechterhalten geblieben. Jedenfalls bei einem Streit über die Wirksamkeit eines Verzichts müsse die Anrufung im Rechtsbehelfsverfahren auch gegenüber feststellenden Verwaltungsakten Aufschub bewirken. Die aufschiebende Wirkung ergebe sich auch aus § 97 Abs. 1 Nr. 4 SGG. Zulassungssachen im Sinne dieser Vorschrift seien auch die Ermächtigungen, zumindest in entsprechender Anwendung. Im übrigen habe ein Verzicht gemäß § 28 Ärzte-ZV erst zum 30.09.1993 wirksam werden können. Der Senat habe es im Urteil vom 12.10.1994 zu Unrecht offen gelassen, ob in den Erklärungen des Klägers eine Kündigung gemäß § 4 Ziffer 3 des Vertrages oder die Erklärung des Verzichtes nach §§ 28, 31 Abs. 2 Zahnärzte-ZV und § 10a Abs. 2 Bundesmantelvertrag-Zahnärzte gelegen habe. Sachlich sei der Zahlungsanspruch des Klägers unter dem Gesichtspunkt der Notfallversorgung aus § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V begründet. Die Notwendigkeit der weiteren medizinischen Versorgung durch einen Vertragszahnarzt habe in allen Behandlungsfällen vorgelegen. Diese Beurteilung könne nicht ohne Betrachtung der Versorgungslage abgegeben werden. Der Kläger sei damals der einzige zugelassene Kieferorthopäde in K. gewesen. Eine rechtzeitige Behandlungsübernahme aller Patienten durch andere Kieferorthopäden habe trotz Bemühungen und Gesprächen mit vielen Instanzen nicht erreicht werden können. Für die Zeit der weiteren Behandlung durch den Kläger sei der Anspruch unter dem Gesichtspunkt des Versorgungsnotstandes und Systemversagens begründet. Letztlich wird ein Zahlungsanspruch aus § 95b SGB V hergeleitet.

Der Kläger beantragt,

Die übrigen Beklagten beantragen,

Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten, auch des Vorbringens der Beteiligten, wird auf die vom Kläger vorgelegten Unterlagen, insbesondere ein Karton Rechnungen, auf die Prozeßakten und auf die beigezogenen Prozeßakten S 22 Ka 73/93 Sozialgericht Dortmund und S 2 Ka 250/96 Sozialgericht Münster Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 28.11.1996 ist statthaft und zulässig, aber unbegründet.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch weder gegenüber der Beklagten zu 1) noch gegenüber den übrigen Beklagten zu. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die insofern zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen.

Das Berufungsvorbringen führt zu keinem anderen Ergebnis.

1. Aus seinem früheren Status als ermächtigter Arzt kann der Kläger Zahlungsansprüche gegenüber der Beklagten zu 1) nicht mehr herleiten. Auf seine frühere Beteiligung an der vertragszahnärztlichen Versorgung von Versicherten der Ersatzkassen hat der Kläger mit Wirkung zum 31.03.1993 verzichtet. Das ist bereits im früheren Verfahren vor dem Senat nicht mehr umstritten gewesen, wie der Senat im Urteil vom 12.10.1994 festgestellt hat. Die Ermächtigung des Klägers als Kassen/Vertragszahnarzt hat spätestens am 30.06.1993 geendet. Das ergibt sich aus der Rechtskraft der Entscheidung des Senates vom 12.10.1994 im Verfahren L 11 Ka 130/93 gemäß § 141 SGG. Gerade die Frage der Wirksamkeit einer Verzichtserklärung zum 30.06.1993 war Gegenstand dieses früheren Verfahrens. Die Rechtskraft dieser Entscheidung zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) verbietet eine erneute Prüfung und anderweitige rechtliche Beurteilung dieser Frage.

Im übrigen würde der Senat nicht dem Berufungsvorbringen zu den denkbaren rechtlichen Möglichkeiten eines weiteren "Statuserhalt" über den 30.06.1993 hinaus folgen. Der Senat hat bereits entschieden, daß die Klage keine aufschiebende Wirkung gemäß §§ 97 Abs. 1 Nr. 4 SGG und 96 Abs. 4 Satz 2 SGB V hat, wenn sie sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, der die Beendigung einer (früheren) Beteiligung durch Verzicht feststellt (Beschluss vom 09.08.1989 - L 11 S(Ka) 18/89). Voraussetzung für den Eintritt der aufschiebenden Wirkung der Klage nach diesen Vorschriften ist, daß sie sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, der rechtsgestaltend in den Status des Kassenarztes bzw. im übrigen an der kassenärztlichen Versorgung beteiligten Arztes eingreift. An einer solchen vollziehbaren oder nichtvollziehbaren Entscheidung fehlt es aber in einem Streit über die Wirksamkeit einer Verzichtserklärung eines Arztes.

Auch über den Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Verzichts zum 30.06.1993 hat der Senat rechtskräftig (§ 141 SGG) entschieden. Dieser Zeitpunkt ist im früheren Verfahren auch nie streitig gewesen. Darin ging es nur darum, ob überhaupt in den Erklärungen des Klägers im Zusammenhang mit vorangegangenen und nachfolgenden Äußerungen ein "Verzicht" zu sehen sei. Der Zeitpunkt erklärt sich dadurch, daß (zugunsten des Klägers) die Feststellung der Beendigung zum 30.06.1993 getroffen worden ist, obwohl der Kläger nach der Vielzahl seiner Erklärungen selbst schon viel früher, nämlich nach der Erklärung vom 02.04.1993 zum 01.04.1993 hat verzichten wollen. Aus § 28 Zahnärzte-ZV kann der Kläger deswegen ein Wirksamwerden des Verzichts erst zum 30.09.1993 nicht herleiten.

Richtig ist, daß der Senat in der Entscheidung vom 12.10.1994 offengelassen hat, ob das maßgebliche Schreiben des Klägers rechtlich als Kündigung des Ermächtigungsvertrages oder als Verzicht auf die Ermächtigung zu werten ist. Der Senat hat die letztgenannte Annahme vorgezogen, dies aber im Ergebnis zu Recht dahingestellt sein lassen, weil die Streitfrage nur darum ging, ob die beklagte Kassenzahnärztliche Vereinigung noch richtiger Adressat für die Verzichtserklärung war. Das hat der Senat allerdings eindeutig bejaht und entschieden, daß § 28 Zahnärzte-ZV keine Anwendung findet, aus dem sich das Wirksamwerden des Verzichts erst zum 30.09.1993 herleiten lassen könnte. Diese Entscheidung beruht darauf, daß Altermächtigungen durch die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen weiter gelten, weil sie nicht (wie z.B. in Art. 65 GSG) übergeleitet worden sind und weil wegen § 31 Abs. 2 und Abs. 3 BMV-Z auch Neuermächtigungen durch Kassenzahnärztliche Vereinigungen rechtlich noch möglich sein sollen.

2. Aus den früheren Bewilligungen der kieferorthopädischen Behandlung ihrer jeweiligen Versicherten bzw. Leistungsberechtigten der Beklagten zu 2) bis 32) für die Behandlung durch den Kläger kann dieser weitere Rechte nicht mehr herleiten. Dabei bedarf es in diesem Zusammenhang keiner näheren Prüfung der Rechtsnatur und Bindungswirkung von Kostenübernahmeerklärungen der Beklagten zu 2) bis 32) gegenüber dem Kläger. Mit diesen ist nur die Behandlung durch einen bestimmten, in das System der Leistungserbringung der gesetzlichen Krankenversicherung einbezogenen Zahnarzt zugesprochen. Die Eigenschaft als zugelassener Vertragszahnarzt ist während einer schon fortgeschrittenen kieferorthopädischen Behandlung genauso erheblich wie zu deren Beginn. Auf die Rechtslage ausschließlich zu Beginn der Behandlung ist nicht abzustellen (zu alledem: BSG vom 18.01.1996 - 1 RKa 22/95 - SGb 1997, S. 123 ff).

3. Ein Zahlungsanspruch aus § 95b SGB V scheidet aus. Eine Ausdehnung des Regelungsgehalts dieser Vorschrift auf den Fall des Verzichts eines einzelnen Arztes läßt die gesetzliche Regelung nicht zu (BSG vom 18.01.1996 - a.a.O.). Nach dem Vorbringen der Beteiligten, insbesondere des eigenen des Klägers, und den Feststellungen des Senates haben weitere Vertragszahnärzte letztlich nicht in einem mit dem Kläger abgestimmten Verfahren oder Verhalten wirksam auf ihre Zulassung als Vertragszahnarzt oder Ermächtigung als Kieferorthopäde verzichtet.

4. Für seine weiteren Erwägungen unterstellt der Senat ausdrücklich das eigene Vorbringen des Klägers und das seines Prozeßbevollmächtigten im Berufungsverfahren, insbesondere in dessen Schriftsatz vom 30.04.1997. Danach geht der Senat davon aus, daß bei jedem einzelnen der nach dem 30.06.1993 weiterbehandelten Patienten des Klägers die Fortführung dieser kieferorthopädischen Behandlung unaufschiebbar medizinisch zwingend notwendig und ohne wesentlichen Nachteil eine auch nur vorübergehende Unterbrechung zur Vermeidung von Gesundheitsschäden nicht zu verantworten war. Der Senat unterstellt auch die Richtigkeit der weiteren Behauptungen des Klägers, daß angesichts der angespannten kieferorthopädischen Versorgungslage im Bereich K. trotz eingehender Bemühungen des Klägers, der Versicherten bzw. Erziehungsberechtigten, der Beklagten zu 1) und der jeweiligen Krankenkasse jedenfalls bis zur Beendigung der Weiterbehandlung durch den Kläger während des streitigen Zeitraums in jedem einzelnen streitigen Behandlungsfall die Behandlung nicht durch einen geeigneten und behandlungsbereiten Kieferorthopäden oder kieferorthopädisch tätigen Zahnarzt übernommen werden konnte, auch wenn einige der Beklagten dem ausdrücklich entgegengetreten sind. Auf entsprechende konkrete Darlegungen des Klägers in allen Behandlungsfällen, zu denen der Senat dem Kläger bisher keine Gelegenheit gegeben hat, kommt es daher ebensowenig an wie auf die entsprechenden Beweisangebote und -anträge im Schriftsatz vom 30.04.1997, insbesondere Bl. 25 des Schriftsatzes. Damit legt der Kläger aber gerade nicht die Voraussetzungen für einen grundsätzlich denkbaren Vergütungsanspruch als Nicht-Vertragszahnarzt gegenüber der Beklagten zu 1) aus § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V (Notfallbehandlung) dar (zur Höhe z.B. BSG vom 08.04.1992 - 6 RKa 24/90 -). Denn ein Notfall im Sinne dieser Bestimmungen liegt nur vor, wenn aus medizinischen Gründen eine umgehende Behandlung des Patienten notwendig ist und ein Kassenarzt/Vertragsarzt nicht in der gebotenen Eile herbeigerufen oder aufgesucht werden kann (BSG vom 01.02.1995 - 6 RKa 9/94 - SozR 3-2500 § 76 Nr. 2; BSGE 19, 270, 272 - SozR Nr. 2 zu § 368 d RVO; BSGE 34, 172, 174 - SozR Nr. 6 zu § 368 a RVO; BSGE 82, 249, S. 1149). Eine Leistungsberechtigung und ein Vergütungsanspruch im Rahmen dieser "Erste-Hilfe-Leistungen" besteht nur für Sofortmaßnahmen bis zum Einsetzen der normalen ärztlichen Versorgung (BSG vom 19.10.1971 - 6 RKa 24/70 - NJW 72, 357; BSGE 33, 165 ff.). Mit dieser Regelung des § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V, früher § 368 d Abs. 1 Satz 2 RVO, hat der Gesetzgeber jedenfalls nicht den hier vorliegenden Sachverhalt gemeint, daß die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung zur Erbringung zahnärztlicher Sachleistungen und die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen zur Erfüllung ihres Sicherstellungsauftrages nur unzulänglich imstande sind und zwar in erster Linie deswegen, weil eine Gruppe geeigneter Zahnärzte bzw. Kieferorthopäden zur Mitwirkung an der Kassenzahnärztlichen Versorgung überhaupt nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen bereit ist. Diese Störung betrifft nicht den einzelnen Notfall, sondern das System der Kassenzahnärztlichen Versorgung (so schon BSG vom 20.10.1972 - 3 RKa 93/71 - BSGE 35, 10). Daraus kann sich vielmehr unter dem Gesichtspunkt des "Systemversagens" als Unterfall des § 13 Abs. 3 SGB V ausschließlich ein Kostenerstattungsanspruch des einzelnen Versicherten gegen seine Krankenkasse für außerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung beschaffte Leistungen ergeben, soweit ein zugelassener Leistungserbringer nicht rechtzeitig oder gar nicht zur Verfügung steht (BSG vom 16.12.1993 - 4 RK 5/92 - SozR 3-2500 § 13 Nr. 4 für Kostenerstattung für selbstbeschaffte krankengymnastische Behandlungen; BSG vom 11.10.1994 - 1 RK 26/92 - für selbst beschaffte nichtärztliche psychotherapeutische Behandlung; BSG vom 10.05.1995 - 1 RK 14/94 - SozR 3-2500 § 13 Nr. 7 für Leistungen eines nicht mehr zugelassenen Vertragszahnarztes; BSG vom 18.01.1996 - 1 RK 22/95 - a.a.O. - für kieferorthopädische Behandlung für einen nicht mehr zugelassen Vertragszahnarzt; BSG vom 23.10.1996 - 4 RK 2/96 - für stationäre Behandlung in einem nicht zugelassenen Vertragskrankenhaus).

Ein Vergütungsanspruch des nicht mehr zugelassenen Leistungserbringers im System wegen Systemversagens verstieße auch gegen Treu und Glauben, wenn der bisher zugelassene Leistungserbringer auf seine Zulassung/Ermächtigung im System freiwillig verzichtet und gerade damit die alleinige Ursache des "Systemversagens" setzt. Der Kläger konkret verhält sich auch treuwidrig und widersprüchlich, weil er selbst in den von ihm herausgegebenen Patienteninformationen seine Patienten bzw. deren Erziehungsberechtigten auf den Kostenerstattungsanspruch nach (damals) § 13 Abs. 2 SGB V hingewiesen und verwiesen hat.

5. Solche (theoretisch allein denkbaren) Kostenerstattungsansprüche der Versicherten des Klägers gegen die jeweiligen Beklagten zu 2 ff. (in deren Rahmen das Verhalten des Vertragszahnarztes (insbesondere BSG vom 23.10.1996 - a.a.O. -), des Versicherten, der jeweiligen Krankenkasse und der Kassenzahnärztlichen Vereinigung zu prüfen und zu würdigen wäre) werden im Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und den Beklagten nicht geltend gemacht und sind nicht Streitgegenstand des anhängigen Verfahrens. Diese Ansprüche können vom Kläger auch mangels Aktivlegitimation nicht geltend gemacht werden, weil er nicht Anspruchsinhaber ist. Die Entscheidung über solche Ansprüche setzte eine Antragstellung der Versicherten bei der jeweiligen Krankenkassse und ein vorangegangenes Verwaltungsverfahren in diesem Rechtsverhältnis voraus.

6. Letztlich kann der Kläger einen Honoraranspruch gegen die Beklagte zu 1) oder einen sonstigen Vergütungsanspruch gegen die weiteren Beklagten nicht daraus ableiten, daß die von ihm erbrachten kieferorthopädischen Leistungen medizinisch notwendig waren und deshalb vergütet werden müßten. Dem steht entgegen, daß nach der ständigen Rechtsprechung des BSG im vertragsärztlichen System ein Vergütungsanspruch für gesetz- oder vertragswidrig erbrachte Leistungen nicht auf bereicherungsrechtliche Grundsätze mit dem Argument gestützt werden kann, diese Leistungen hätten ggfls. von anderen Ärzten oder Leistungserbringern erbracht und dann von der Kassenärztlichen Vereinigung und/oder den Krankenkassen ggfls. honoriert werden müssen (zuletzt BSG vom 29.01.1997 - 6 RKa 22/96 -).

Auf die nach wie vor fehlende ordnungsgemäße vertragszahnärztliche Abrechnung der Leistungen durch den Kläger und die Rechtzeitigkeit der Abrechnung gegenüber der Beklagten zu 1) kommt es nach alledem nicht mehr an.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 und 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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