S 7 AS 793/10

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Kassel (HES)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 7 AS 793/10
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AS 379/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Seit Geltung des § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) ist anders als noch bei der bis 31.12.2008 geltenden Vorgängerregelung des § 8 WoGG zur Bemessung der Angemessenheit der Kosten der Unterkunft ein Sicherheitszuschlag zu den Werten des § 12 WoGG nicht mehr vorzunehmen, sofern ein schlüssiges Konzept des Grundsicherungsträgers zur Angemessenheit dieser Kosten fehlt.
1) Die Klage wird abgewiesen.

2) Die Beklagte hat den Klägern 2/5 ihrer Kosten zu erstatten.

3) Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Bewilligung der vollständigen Kosten der Unterkunft und Heizung vom 01.03. bis 31.08.2010.

Die 1951 geborene Kläger stehen seit geraumer Zeit in Bezug von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II; vor in Krafttreten des SGB II bezogen sie bereits Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz. Nach der vorgelegten Mietbescheinigung (zuletzt vom 26.09.2009) betrug die Grundmiete ihrer Wohnung 383,75 Euro monatlich zzgl. Betriebskosten in Höhe von 71,25 Euro monatlich. Die Heizkosten betrugen als Vorauszahlung 120,00 Euro monatlich seit dem 01.01.2009. Die Grundmiete war unverändert seit dem 01.06.2004, die Betriebskosten wurden angepasst zum 01.01.2009. Die Wohnfläche der Wohnung beträgt 97 qm; sie wird von den Klägern alleine bewohnt. Auf den Antrag der Kläger vom 10.02.2010 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 16.02.2010 zunächst für den Zeitraum vom 01.03. bis 31.08.2010 Kosten der Unterkunft in Höhe von 250,80 Euro zzgl. Betriebskosten in Höhe von 65,00 Euro und Kosten der Heizung von 46,05 Euro. Hiergegen erhoben die Kläger mit Schreiben vom 18.03.2010 Widerspruch. Mit Bescheid vom 18.06.2010 änderte die Beklagte ihre Leistungsbewilligung für den Streitzeitraum vom 01.03. bis 31.08.2010 und bewilligte die Kosten der Unterkunft nunmehr (nach Stufe 1 im Rahmen von § 12 Wohngeldgesetz -WoGG -) in Höhe von 352,00 Euro monatlich zzgl. 69,50 Euro Kosten der Heizung. Die Kosten der Heizung von 69,50 Euro bemaß die Beklagte nach dem bundesweit verfügbaren Heizspiegel. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.06.2010 wies die Beklagte im Übrigen den Widerspruch als unbegründet zurück, da den Klägern weder höhere Kosten der Unterkunft noch höhere Kosten der Heizung zustünden.

Hiergegen richtet sich die am 15.07.2010 beim Sozialgericht Kassel erhobene Klage.

Die Kläger sind der Auffassung, die Beklagte habe ihnen die tatsächlichen Kosten der Unterkunft in Höhe von 383,75 Euro monatlich zzgl. Betriebskosten von 71,25 Euro monatlich zu gewähren. Die Kosten der Unterkunft seien in Höhe der Vorauszahlung von 120,00 Euro monatlich zu bewilligen. Insgesamt befände sich die Wohnung in einem schlechten energetischen Zustand, der hohe Heizkosten verursache. Sofern die Beklagte Kosten der Unterkunft nach § 12 WoGG bewillige, habe sie einen Sicherheitszuschlag von 10 % nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes anzunehmen; ein schlüssiges Konzept zur Miethöhe in ihrem Einzugsbereich bestünde nicht. Hinsichtlich der Kosten der Heizung seien die von der Beklagten zugrunde gelegten Heizspiegelwerte wegen des schlechten energetischen Zustandes zu gering, wobei die Kläger berücksichtigten, dass ein Warmwasserkostenanteil von 11,64 Euro von den Heizkostenvorauszahlungen noch abzuziehen sei. Übermäßige Verbrauchkosten der Heizung sei bei den Klägern nicht zu verzeichnen. Schließlich habe die Beklagte auch keine Kostensenkungsaufforderung erteilt, weder hinsichtlich der Kosten der Unterkunft noch hinsichtlich der Kosten der Heizung. Schließlich sei eine solche Kostensenkungsaufforderung auch spätestens für die Zeit ab dem 01.03.2010 für eine erneute Übergangsfrist erforderlich, da in der Zeit vor dem 01.03.2010 wegen einer Beschäftigung der Kläger zeitweilig kein Arbeitslosengeld II-Bezug bestanden habe.

Die Kläger beantragen,
die Bescheide der Beklagten vom 16.02.2010, 18.06.2010 und 07.12.2010 zu ändern, den Widerspruchsbescheid vom 18.06.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihnen in der Zeit vom 01.03.2010 bis 31.08.2010 die Kosten der Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe unter Anrechnung der bisher erbrachten Leistungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie hält an ihrer Auffassung fest, wonach über die Werte nach § 12 WoGG Kosten der Unterkunft nicht bewilligt werden könnten. Ein Sicherheitszuschlag sei nicht vorzunehmen. Dieses gelte nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes nur für die frühere Fassung der Wohngeldtabelle nach § 8 WoGG (Gesetzesfassung bis zum 31.12.2008), nicht jedoch für die neue Fassung nach § 12 WoGG, in dem sich bereits eine Erhöhung der Werte um 10 % im Verhältnis zum früheren § 8 WoGG wiederspiegele. Eine weitere Erhöhung um 10 % komme nicht in Betracht. Eine Kostensenkungsaufforderung im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II sei entbehrlich, auch hinsichtlich der Zeit ab dem 01.03.2010, da ein neuer Vertrauenstatbestand nicht geschaffen worden sei. Die Kläger hätten lediglich vom 01.09.2008 bis 28.02.2010 keine Leistungen nach dem SGB II bezogen, da sie einer von der Beklagten geförderten Beschäftigung nachgegangen seien und anschließend Arbeitslosengeld nach dem SGB III bezogen hätten. Im Übrigen sei den Klägern seit der Zeit, in der sie noch Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (bis 31.12.2004) bezogen hatten, bekannt, dass die von ihnen bewohnte Wohnung zu groß und die Kosten unangemessen seien. Die Übernahme der tatsächlichen Kosten komme daher weiterhin nicht in Betracht. Die Wohnung der Kläger sei deutlich zu groß bemessen sei, da die Kläger lediglich Anspruch auf eine 60 qm umfassende Wohnung hätten. Im Übrigen sei auch ein Mietpreisanstieg von 10 % im Wohnort der Kläger bzw. Einzugsbereich der Beklagten nicht zu verzeichnen, sodass ein Sicherheitszuschlag zu den Werten nach § 12 WoGG nicht vorzunehmen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten und Unterlagen und wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
Mit weiteren Bescheiden vom 07.12.2010 (Blatt 37 und 42 ff. Gerichtsakte) hat die Beklagte im Streitzeitraum unter Annahme der Mietenstufe II zu § 12 WoGG nunmehr Kosten der Unterkunft in Höhe von 380,00 Euro anerkannt und bewilligt; die Kosten der Heizung in Höhe von 69,50 Euro blieben unverändert. Das Gericht selbst hat ein Sachverständigengutachten über die Angemessenheit des Heizverhaltens der Kläger durch den Dipl.-Ing. Architekt A. angefordert, der sein Sachverständigengutachten vom 02.12.2011 am 03.01.2012 vorgelegt hat. Zusammengefasst gelangte der Sachverständige zu der Einschätzung, das Heizverhalten der Kläger für die 97 qm umfassende Wohnung sei nicht als unangemessen zu betrachten.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Kläger haben keinen höheren Anspruch auf Kosten der Unterkunft und Heizung als in Höhe der bereits bewilligten 380,00 Euro monatlich zzgl. 69,50 Euro monatlich an Kosten der Heizung für den Zeitraum vom 01.03. bis 31.08.2010. Die Beklagte hat – zuletzt mit ihren Änderungsbescheiden vom 07.02.2010 für den Streitzeitraum vom 01.03. – 31.08.2010 – zutreffend insgesamt 380,00 Euro monatlich an Kosten der Unterkunft und 69,50 Euro monatlich bewilligt. Ihre vorangegangenen Bescheide vom 16.02.2010 und 18.06.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2010 stellen sich angesichts der Änderung durch die Bescheide vom 07.12.2010 nicht mehr als rechtswidrig dar und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten.

Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der maßgebenden Gesetzesfassung). Der Begriff der Angemessenheit unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle. Zur Festlegung der abstrakt angemessenen Leistungen für die Unterkunft sind zunächst die angemessene Wohnungsgröße und der maßgebliche örtliche Vergleichsraum zu ermitteln. Angemessen ist eine Wohnung nur dann, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist, wobei es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (Bundessozialgericht, Urteil vom 11.12.2012, Az. B 4 AS 44/12 R mit Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes m.w.N., juris, RdNr. 13).

Für die Ermittlung der berücksichtigungsfähigen Wohnfläche kann nach dieser Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes abgestellt werden auf die Kriterien der Förderungswürdigkeit im sozialen Wohnungsbau nach den hierfür geltenden landesrechtlichen Vorschriften (Bundessozialgericht, Urteil vom 11.12.2012, B 4 AS 44/12 R, juris, RdNr. 13). Für das Land Hessen ergibt sich dies aus der Richtlinie zur sozialen Wohnraumförderung vom 20.02.2003 (Staatsanzeiger 13/2013, Seite 1346). Hiernach beträgt die angemessene Wohnraumgröße für einen Zwei-Personenhaushalt 60 qm. Damit ist die von den Klägern bewohnte qm-Anzahl von 97 qm unangemessen groß.

Dies ist den Klägern auch bereits seit den Zeiten des Bezuges von Sozialhilfe noch vor dem Jahre 2005, in dem das SGB II in Kraft trat, bekannt, sodass alleine aus ihrem Vortrag, es sei eine erneute Kostensenkungsaufforderung von Seiten der Beklagten erforderlich gewesen, nicht zur Berücksichtigung von höheren Kosten der Unterkunft und Heizung führen kann. § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II sieht lediglich vor, dass die Aufwendungen für die Unterkunft als Bedarf so lange zu berücksichtigen sind, wie es der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für 6 Monate, soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes kann dem Wortlaut dieser Norm das Erfordernis einer sogenannten "Kostensenkungsaufforderung" nicht entnommen werden; der Hinweis auf die Rechtslage hat hiermit allein Aufklärungs- und Warnfunktion, damit der Hilfebedürftige Klarheit über die aus Sicht des Leistungsträgers angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft und ggf. Heizung und einen Hinweis auf die Rechtslage erhält, der nicht mehr maßgebend ist, wenn dem Leistungsempfänger die maßgeblichen Gesichtspunkte bekannt sind; dann bedarf es nicht einmal der Aufklärung (Bundessozialgericht, Urteil vom 27.02.2008, B 14/7b AS 70/06 R, zitiert nach juris, RdNr. 13 m.w.N.). Damit hat der Beklagte im vorliegenden Verfahren auch keine weitere Aufklärungspflicht gegenüber den Klägern oblegen, denen die Umstände der unangemessen großen Wohnung, die nahezu 1/3 mehr als die nach den sozialen Wohnungsbauförderungskriterien angemessene qm-Größe von 60 qm aufweist, langjährig (insbesondere aus dem Bezug von Sozialhilfeleistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz) bekannt gewesen ist. Hier noch eine weitere Kostensenkungsaufforderung zu verlangen, erscheint der Kammer in Ansehung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes abwegig.

Ausgehend von der für den 2-Personenhaushalt der Kläger angemessenen Größe von 60 qm sind grundsätzlich die tatsächlichen Kosten der Unterkunft für eine derartige, den Kriterien der Rechtsprechung des BSG entsprechenden und damit einfachen Anforderungen genügenden Wohnung als angemessen zu berücksichtigen. Die Höhe dieser angemessenen Kosten der Unterkunft ist jedoch dem Gericht nicht bekannt.
Denn zur Höhe der angemessenen Kosten der Unterkunft existiert ein sogenanntes schlüssiges Konzept der Beklagten in ihrem Einzugsgebiet und mithin im Wohnort der Kläger im Sinne der Rechtssprechung des Bundessozialgerichtes nicht (vgl. hierzu nur BSGE 104, 192). Auch das Gericht selbst sieht keine hinreichenden Aufklärungsmöglichkeiten, um für den Wohnort der Kläger die angemessene Miethöhe für eine 60 qm Wohnung ermitteln zu können.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes ist daher ein Rückgriff mangels weiterer Erkenntnismöglichkeiten auf die Werte nach dem Wohngeldgesetz, insbesondere zu § 12 WoGG möglich. Denn angesichts der mangelnden Erkenntnismöglichkeiten und des Umstandes, dass es im Wesentlichen Sache der Grundsicherungsträger ist, für ihren Zuständigkeitsbereich ein schlüssiges Konzept zu ermitteln (Bundessozialgericht, Urteil vom 11.12.2012, Az. B 4 AS 44/12 R, juris, Rd.Nr. 18 mwN), sind daher für zurückliegende Zeiträume wie hier nicht unverhältnismäßig aufwendige Ermittlungen nachträglich durchzuführen. Insoweit ergeben sich für das Gericht keine Anhaltspunkte, um eine Grundlage für ein schlüssiges Konzept – das vorrangig der Beklagten obliegt – für den hier streitigen Vergangenheitszeitraum erkennen zu können.

Die angemessenen Kosten der Unterkunft im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind mangels anderer Erkenntnisse daher nach den Werten zu § 12 WoGG zu ermitteln. Dies hat die Beklagte mit ihrem während des Klageverfahrens ergangenen Änderungsbescheiden vom 07.12.2010 getan, indem sie die Kosten der Unterkunft in Höhe von 380,00 Euro monatlich für einen 2-Personenhaushalt am Wohnort der Kläger zugrunde gelegt und für den Zeitraum vom 01.03. bis 31.08.2010 bewilligt hat. Höhere Kosten stehen den Klägern nicht zu.

Hierbei hat das Gericht von einem Sicherheitszuschlag von 10 % auf die Werte nach § 12 WoGG abgesehen. Das Bundessozialgericht hat in seiner ständigen Rechtsprechung zu den Tabellenwerten zu § 8 WoGG (Geltung des Gesetzes bis zum 31.12.2008) entschieden, dass wegen der nur abstrakten, vom Einzelfall und den konkreten Umständen im Vergleichsraum losgelösten Begrenzung zur Bestimmung der angemessenen Netto-Kaltmiete zzgl. der kalten Betriebskosten bei § 8 WoGG auf den jeweiligen Höchstbetrag der Tabelle, also die rechte Spalte, zurückzugreifen und ein "Sicherheitszuschlag" einzubeziehen ist (vgl. statt aller: Bundessozialgericht, Urteil vom 11.12.2012, b 4 AS 44/12 R, juris, RdNr. 19). Hiernach ist der Sicherheitszuschlag im Interesse des Schutzes des elementaren Bedürfnisses des Leistungsberechtigten auf Sicherung des Wohnraumes erforderlich, denn es könne beim Fehlen eines schlüssigen Konzeptes nicht mit Sicherheit beurteilt werden, wie hoch die angemessene Referenzmiete tatsächlich sei. Hierbei sei ein Zuschlag in Höhe von 10 % zu den Werten der rechten Spalte der Tabelle zu § 8 WoGGangemessen und ausreichend (BSG, a.a.O., mit weiteren umfangreichen Nachweisen).

Diese Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung des Wohngeldgesetzes, insbesondere § 8 WoGG, ist auf die seit dem 01.01.2009 geltenden Fassung des Wohngeldgesetzes, hier § 12 WoGG, zur Überzeugung des Gerichtes nicht anzuwenden. Auch hier ergeben sich die angemessenen Kosten der Unterkunft aus der rechten Spalte unter Berücksichtigung der Mietenstufe nach der Wohngeldverordnung, wobei dies für die in Hessen lebenden Kläger die Mietpreisstufe 2 bedeutet, somit nach dem ab dem 01.01.2009 geltenden § 12 WoGG bei 2 Haushaltsmitgliedern in der Mietenstufe 2 ein Betrag von 380,00 Euro monatlich, wie von der Beklagten zuletzt mit Bescheiden vom 07.12.2010 gewährt. Die Entscheidungen des Bundessozialgerichts zu § 8 WoGG beruhten u.a. auf der Erwägung, dass zum einen ein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der Mietpreisobergrenzen der Beklagten gefehlt hatte und damit eine Schätzung der angemessenen Kosten der Unterkunft unter Anlehnung an die Werte der Wohngeldtabelle vorzunehmen war. Nunmehr ist festzustellen, dass seit dem 01.01.2009 die in § 8 WoGG alter Fassung geregelten Werte im neu geschaffenen § 12 WoGG bereits um 10 % angehoben worden sind. So war für die Kläger nach § 8 WoGG bis zum 31.12.2008 noch ein Betrag in Höhe von 345,00 Euro angemessen, seit dem 01.01.2009 ist es ein Betrag von 380,00 Euro; somit erfolgte bereits eine Erhöhung der Werte nach dem Wohngeldgesetz um ca. 10 %. Es ist für die Kammer nicht vertretbar, warum nochmals ein weiterer Sicherheitszuschlag von 10 % auf die nunmehr neu geltenden, bereits um 10 % erhöhten Werte des § 12 WoGG vorgenommen werden sollte. Denn die Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes gründet erkennbar in der Unsicherheit hinsichtlich der Anwendbarkeit von § 8 WoGG, einer Tabelle, die zum Zeitpunkt der erstmaligen Entscheidung des Bundessozialgerichtes einige Jahre unangepasst geblieben war. Diese Anpassung ist seit dem 01.01.2009 in Anwendung von § 12 WoGG erfolgt. § 12 WOGG – wie zuvor § 8 WOGG – stellt lediglich eine Behelfslösung dar, um die mangelnden Ermittlungsmöglichkeiten und Erkenntnisse hinsichtlich dem angemessenen Mietpreishöhe hinsichtlich der angemessenen Kosten der Unterkunft ausgleichen zu können.

Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Werte nach § 12 (zuvor § 8) WoGG zur Beurteilung der Angemessenheit einer auch nach der qm-Zahl angemessenen 2 Personen-Wohnung (hier 60 qm) herangezogen werden. Die Werte nach § 12 WoGG dienen jedoch nicht dazu, bei der Finanzierung unangemessen großer Wohnungen behilflich zu sein. Die Kammer ist zudem der Auffassung, dass der denkbaren Gefahr zu begegnen ist, dass eine weiträumige Anhebung von Mieten durch Wohnungsvermieter zu befürchten sein könnte, soweit durch staatliche Leistungen Mietpreise garantiert werden, die über die tatsächlichen Erfordernisse des Marktes hinausgehen. Letztlich ergeben sich jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass die maximal zu gewährenden Kosten für eine 60 qm Wohnung mit 380,00 Euro monatlich inklusive Betriebskosten, die sich aus § 12 WoGG ergeben, unangemessen niedrig sein könnten und die tatsächlichen Verhältnisse auf den Wohnungsmarkt für 2 Personen-Wohnungen bis zu 60 qm nicht wiedergäben.

Auch hinsichtlich der Kosten der Heizung in Höhe von 69,50 Euro monatlich für die Zeit vom 01.03. bis 31.08.2010 hat die Beklagte mit ihren schließlich im Laufe des Klageverfahrens erstellten Änderungsbescheiden vom 07.12.2010 die Höchstgrenze zu bewilligender Heizkosten nach dem anzuwendenden Heizspiegel angewendet. Höhere Kosten der Heizung stehen den Antragstellern nicht zu. Zwar hat das Bundessozialgericht entschieden, dass eine Begrenzung der Kosten der Heizung nicht nach dem sogenannten Flächenüberhangprinzip vorgenommen werden können, da sich aus der Größe der Wohnung alleine nicht der Schluss ziehen lasse, für die Wohnung aufgewandte Heizkosten seien unangemessen hoch. Denn den Hilfebedürftigen sei es grundsätzlich möglich, auch eine nach qm-Anzahl unangemessen große Wohnung, etwa durch sparsames Heizverhalten oder aufgrund der überdurchschnittlichen Energieeffizienz der Wohnung auch zu angemessenen Kosten zu beheizen. Deshalb komme es für die Angemessenheitsprüfung hinsichtlich der Heizkosten nicht darauf an, ob bezogen auf die konkret vom Hilfebedürftigen bewohnte Wohnung einzelne, für die Bewohnung angemessene Unterkunftskosten relevante Faktoren, wie die Wohnungsgröße, abstrakt unangemessen hoch sind (Bundessozialgericht, Urteil vom 02.07.2009, Az. B 14 AS 36/08 R, juris, RdNr. 20).

Damit ist es für die Höhe der Heizkosten ohne Bedeutung, dass die Wohnung der Kläger eigentlich nur eine Größe von 60 qm hätte haben dürfen. Zwar ist vorliegend aus dem eingeholten Heizgutachten des Dipl.-Ing. A. vom 30.12.2011 die vorstehende Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes im konkret hier vorliegenden Falle nicht anwendbar, da der Sachverständige aufgrund seiner Feststellungen gerade zu der Einschätzung gelangt ist, dass die von den Klägern bewohnte (zu große) Wohnung nicht so beheizt werden könnte, dass die Kläger die Kosten auf die Angemessenheitsgrenze für eine 60 qm Wohnung reduzieren könnten. Dennoch hat der Sachverständige zunächst einmal festgestellt, was für dieses Verfahren noch von gewisser Bedeutung ist, dass die Kläger kein unangemessenes Heizverhalten aufgewiesen haben.

Dennoch sind den Klägern über diejenigen Kosten, die über die Maximalbeträge des bundesweiten Heizspiegels hinausgehen, in Anbetracht der Kenntnis und in Anbetracht der tatsächlichen Unangemessenheit der Größe ihrer Wohnung keine weiteren Kosten der Heizung zu bewilligen. Denn bei der Frage der Beurteilung von Kosten der Heizung bedeutet das Bewohnen einer unangemessen großen Wohnung nicht, dass die Heizkosten in jedem Fall und in jeder Höhe zu übernehmen sind. Insofern stehen auch die Heizkosten gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II unter einem Leistungsvorbehalt der Angemessenheit. Anhaltspunkte dafür, dass die Heizkosten unangemessen hoch sind, können sich insbesondere daraus ergeben, dass die tatsächlich anfallenden Kosten die durchschnittlich aufgewandten Kosten aller Verbraucher für eine Wohnung der dem abstrakten Angemessenheitskriterien entsprechenden Größe signifikant überschreiten. Aus dem bundesweiten Heizspiegel, der auf bundesweit erhobenen Heizdaten von rund 63.000 zentral beheizten Wohngebäuden basiert, was hinreichend repräsentativ erscheint und der seit 2005 jährlich veröffentlicht wird, kann daher nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes Bezug genommen werden (Bundessozialgericht, Urteil vom 02.07.2009, Az. B 14 AS 36/08 R, juris, RdNrn. 21 f.). Da unstreitig die Wohnung der Kläger mit 97 qm zu groß ist und nach dem Sachverständigengutachten auch feststeht, dass bei dieser Wohnungsgröße selbst sparsames Heizverhalten nicht zu denjenigen Kosten führen kann, die für die Heizung einer angemessenen, nur 60 qm großen Wohnung entstünden, sind die tatsächlichen Kosten der Heizung für die 97 qm große Wohnung nur insoweit zu übernehmen, als sie sich aus der Anwendung des bundesweiten Heizspiegels für die maximal angemessene Wohnungsgröße von 60 qm ergeben. Dies macht - wie von der Beklagten zutreffend in ihren Bescheiden vom 07.12.2010 vorgenommen - einen Betrag von 69,50 Euro monatlich aus, ohne dass es hierbei auf ein "Herunterrechnen" der tatsächlich angefallenen Heizkostenvorauszahlungen von 120,00 Euro auf eine angemessene qm Zahl von 60 (60/97) noch ankäme, was nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes gerade ausgeschlossen ist.

Höhere Aufwendungen für die Heizung können die Kläger nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes zur Überzeugung der Kammer daher auch im vorliegenden Verfahren nicht verlangen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, wobei das Gericht berücksichtigt hat, dass die Beklagte mit ihren Änderungsbescheiden vom 18.06.2010 und 07.12.2010 im Verhältnis zu den ursprünglich gewährten Kosten der Unterkunft und Heizung (Bescheid vom 16.02.2010) in Höhe von 361,85 Euro schließlich Gesamtkosten in Höhe von 449,50 Euro (Änderungsbescheide vom 07.12.2010) anerkannt hat, die Kläger jedoch noch mit einem Großteil ihrer monatlichen Klageforderung (455,00 Euro Kosten der Unterkunft zzgl. 120,00 Euro Heizkostenvorauszahlungen und damit 575,00 Euro insgesamt) unterlegen sind.

Die Berufung bedurfte gemäß § 143, § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG der Zulassung, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 Euro nicht übersteigt. Gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG hat das Gericht jedoch wegen grundsätzlicher Bedeutung die Berufung zugelassen, da eine Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichtes zur Berücksichtigung eines Sicherheitszuschlages zu § 12 WoGG noch nicht ergangen ist.
Rechtskraft
Aus
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