Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
31
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 31 R 3460/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine in Bezug auf einen Forderungsbescheid erteilte nicht ordnungsgemäße vollstreckbare Ausfertigung im Sinne des § 66 Abs. 4 S. 3 SGB 10 kann nicht Grundlage einer Verrechnung nach den §§ 52, 51 SGB 1 sein. Denn es würde einen Wertungswiderspruch darstellen, wenn eine vollstreckbare Ausfertigung, aus der die Zwangsvollstreckung gemäß § 66 Abs. 4 SGB 10 in Verbindung mit den Vorschriften der ZPO in zulässiger Weise nicht betrieben werden kann, stattdessen Grundlage einer Verrechnung gemäß §§ 52, 51 SGB 1 werden könn-te und hierauf ein entsprechender Verrechnungsbescheid gestützt werden dürfte.
Der Bescheid der Beklagten vom 25. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juni 2009 wird aufgehoben. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen die Beklagte und die Bei-geladene jeweils zur Hälfte.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen die Verrechnung einer von der Beigeladenen gegen ihn geltend gemachten Forderung wegen rückständiger Gesamtsozialversicherungsbeiträge mit der ihm von der Beklagten gewährten Regelaltersrente.
Der 1940 geborene Kläger war vom 1. Mai 1993 bis 31. Mai 1995 mit einem Fotosatzstudio selbständig tätig und hatte als Arbeitgeber bei der Beigeladenen Versicherte beschäftigt. Die Arbeitgebertätigkeit des Klägers endete wegen Insolvenz des Unternehmens. Im Zeitraum vom 1. November 1994 bis 31. Januar 1995 leistete die seinerzeitige Bundesanstalt für Arbeit Konkursausfallgeld beziehungsweise Insolvenzgeld.
Mit an den Kläger unter der Anschrift K.Str. in Berlin gerichtetem Schreiben vom 9. Mai 1995 teilte ihm die Beigeladene als Einzugsstelle mit, dass noch Gesamtsozialversicherungsbeiträge für den Zeitraum von Februar 1994 bis Januar 1995 einschließlich Nebenkosten und Säumniszuschlägen in einer Gesamthöhe von 16.239,40 DM zur Zahlung durch den Kläger offenstünden. Insoweit seien unter anderem die offenstehenden Beiträge für die letzten drei Monate der bei dem Kläger bestehenden Beschäftigungsverhältnisse wegen Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 141n des bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) mit der Bundesanstalt für Arbeit abgerechnet worden. Als Einzugsstelle habe die Beigeladene die Ansprüche gegen den Kläger als Arbeitgeber jedoch weiterhin geltend zu machen und bei Zahlung dem Arbeitsamt zu erstatten. Insoweit mache die Beigeladene die bestehenden Rückstände gegen den Kläger als persönlich haftenden Gesellschafter geltend. Sofern er den offenstehenden Betrag nicht innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt des Schreibens begleiche, werde sie den bestehenden Rückstand im Wege der Zwangsvollstreckung einziehen lassen.
Ausweislich des von der Beigeladenen im Klageverfahren eingereichten Protokolls der nichtöffentlichen Sitzung des Amtsgerichts Wedding vom 19. Juli 1995 erfolgte dort zunächst in der Zwangsvollstreckungssache eines anderen Gläubigers zum Az ... nach Vorführung des Klägers mit Haftbefehl vom 29. Mai 1995 die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung, bei welcher der Kläger angab, unter der Adresse K.Str. wohnhaft zu sein und dort Grundeigentum an einer Gewerbeetage zu besitzen.
In einem als "Vollstreckungsauftrag" bezeichneten Schriftstück vom 17. Januar 1996 machte die Beigeladene als Gläubigerin gegen den Kläger als Beitragsschuldner "aus dem Verwaltungsakt vom 23.03.94, 25.04.94, 23.05.94, 23.06.94, 25.07.94, 23.08.94, 24.10.94, 23.11.94, 23.12.94, 17.01.95, 15.02.95" Ansprüche aus Sozialversicherungsbeiträgen für die Zeiträume von Februar 1994 bis Juli 1994 und September 1994 bis Januar 1995 in Höhe von 15.451,40 DM zuzüglich eines Säumniszuschlages ab dem 16. Februar 1996 in Höhe von 1.592,00 DM sowie Mahn- und Portokosten in Höhe von 24,00 DM geltend. Die Gesamthöhe der geltend gemachten Ansprüche betrug 17.071,40 DM. Unter der Überschrift "Vollstreckungsanord-nung" hieß es in dem Schriftstück des Weiteren: "Vorstehende Ausfertigung wird der Techniker Krankenkasse gemäß § 66 Absatz 4 Satz 3 SGB X zum Zwecke der Zwangsvollstreckung erteilt". Der "Vollstreckungsauftrag" wurde zwecks Durchführung der Zwangsvollstreckung an den Obergerichtsvollzieher beim Amtsgericht Wedding J. P. zum dortigen Aktenzeichen weitergeleitet. Ausweislich der von der Beigeladenen im Gerichtsverfahren eingereichten Kopie der entsprechenden Zustellungsurkunde übergab der beauftragte Gerichtsvollzieher am 20. Februar 1997 das Schriftstück der Ehefrau des Klägers unter der Adresse O.Damm in Berlin. Mit Schreiben vom 21. Februar 1997 teilte der Gerichtsvollzieher der Beigeladenen sodann mit, dass die durchgeführte Vollstreckung fruchtlos verlaufen sei, da pfändbare Gegenstände nicht vorgefunden worden seien.
Mit Schreiben vom 19. Juni 2002 erteilte die Beigeladene der Beklagten eine Ermächtigung zur Verrechnung von Geldleistungen gemäß § 52 in Verbindung mit § 51 Abs. 2 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB I). Insoweit teilte sie der Beklagten mit, dass ihr der Kläger Sozialversicherungsbeiträge einschließlich Nebenkosten in Höhe von insgesamt 12.982,87 Euro schulde. Diese öffentlich-rechtliche Forderung habe im Wege der Zwangsvollstreckung bisher nicht realisiert werden können. Für zukünftig eingehende Leistungsanträge bitte die Beigeladene die Beklagte um Vormerkung. Sollte einer Verrechnungsmöglichkeit gemäß §§ 52, 51 Abs. 2 SGB I bestehen, ermächtige die Beigeladene die Beklagte, ihre Beitragsansprüche aufzurechnen und an sie zu überweisen. Am 30. Dezember 2004 beantrage der Kläger bei der Beklagten eine Regelaltersrente, welche ihm die Beklagte mit Rentenbescheid vom 13. April 2005 ab dem 1. April 2005 gewährte. Nach Neuberechnung der Regelaltersrente mit Bescheid vom 25. April 2005 ergab sich ein monatlicher Zahlbetrag ab dem 1. April 2005 in Höhe von 591,60 Euro.
Mit Schreiben vom 11. Mai 2005 teilte die Beigeladene der Beklagten unter Bezugnahme auf ihr Verrechnungsersuchen vom 19. Juni 2002 mit, dass bei ihr weiterhin Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Nebenforderungen in Höhe von 12.982,87 Euro offen seien. Nachdem ein weiteres, an die Beklagte gerichtetes, Verrechnungsersuchen der Bundesagentur für Arbeit wegen des seinerzeit geleisteten Insolvenzgeldes nach einem Vergleichsschluss mit dem Kläger von der Bundesagentur für Arbeit mit Schreiben vom 4. Januar 2007 zurückgenommen worden war, bat die Beklagte die Beigeladene mit Schreiben vom 26. Februar 2007 um Konkretisierung der gegen den Kläger von ihr geltend gemachten und zur Verrechnung gestellten Forderung im Hinblick auf Rechtsgrund, Höhe, Entstehungszeitraum, Fälligkeit sowie rechtskräftiger Feststellung und bat um Übersendung des entsprechenden Forderungsbescheides. Hierauf teilte die Beigeladene der Beklagten mit Schreiben vom 8. März 2007 mit, dass es sich um einen Beitragsanspruch in Höhe von 12.982,87 Euro handele, der zwischen Februar 1994 und Oktober 1995 und im Januar 1995 entstanden und "ab 15.03.94" bestands- beziehungsweise rechtskräftig festgestellt worden und fällig sei.
Mit Schreiben vom 19. März 2007 hörte die Beklagte den Kläger gemäß § 24 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) dahingehend an, dass sie beabsichtige, einen Bescheid zu erteilen, der in seiner Rechte eingreife, weil ein Betrag in Höhe von 12.982,87 Euro aus einem gegen ihn von der Beigeladenen geltend gemachten Beitragsanspruch gegen die ihm geleistete Altersrente aufgerechnet werden solle. Diesbezüglich beabsichtige die Beklagte, gemäß § 52 in Verbindung mit § 51 Abs. 2 SGB I einen Betrag in Höhe von monatlich 293,36 Euro von seiner Rente einzubehalten und an die Beigeladene zur Tilgung von deren Forderung zu überweisen. Hierauf teilte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten nach erfolgter Akteneinsicht mit, dass ein Bescheid der Beigeladenen, woraus sich ergebe, dass die gegen ihn geltend gemachte Forderung voll wirksam, entstanden und fällig sei, nicht vorliege. Darüber hinaus reichte der Kläger eine Bescheinigung des Bezirksamts Reinickendorf von Berlin als dem für ihn zuständigen Grundsicherungsträger vom 25. Juni 2007 ein, wonach das anzurechnende Einkommen des Klägers aus seiner Altersrente den für ihn ab dem 1. Juli 2007 geltenden Grundsicherungsbedarf in Höhe von 577,85 Euro lediglich um 16,70 Euro überschreite, so dass ein Einbehalt der dem Kläger gewährten Altersrente durch den Rentenversicherungsträger maximal in dieser Höhe möglich sei, weil der Kläger anderenfalls hilfebedürftig werden würde.
Auf die Bitte der Beklagten zur Stellungnahme zu den Einwendungen des Klägers gegen die von der Beigeladenen geltend gemachte Forderung übersandte diese der Beklagten mit Schreiben vom 19. März 2008 den "Vollstreckungsauftrag" vom 17. Januar 1996 als "vollstreckbaren Schuldtitel", aus dem der Rückstandszeitraum und die Rückstandshöhe der ausstehenden Beiträge hervorgehe. Ihre Forderung sei insoweit "tituliert und vollstreckbar und nicht mehr anzu-fechten". Hierauf teilte der Kläger mit Schriftsatz vom 17. April 2008 mit, dass mit dem von der Beigeladenen vorgelegten Vollstreckungsauftrag kein Nachweis darüber erbracht sei, dass die in dem Vollstreckungsauftrag genannten Verwaltungsakte gegenüber dem Kläger auch bestandskräftig geworden seien. Insbesondere belege dieser nicht, dass die behaupteten Forderungen gegenüber dem Kläger in der gehörigen Art und Weise bekannt gemacht und festgesetzt worden seien. Die Beigeladene möge Nachweis über die Grundlage des Vollstreckungsauftrags erbringen. Hierauf bezeichnete die Beigeladene die weiteren Einwände des Klägers mit Schreiben vom 24. April 2008 als unverständlich und wies lediglich darauf hin, dass es sich um öffentlich-rechtliche Forderungen in Form rückständiger Sozialversicherungsbeiträge handele, welche gegen den Kläger aus seiner Eigenschaft als Arbeitgeber resultierten.
Nachdem die Beklagte die Altersrente des Klägers mit Rentenbescheid vom 12. Juni 2008 neu berechnet hatte, wonach sich ein monatlicher Zahlbetrag ab dem 1. Juli 2008 in Höhe von 594,73 Euro ergeben hatte, ordnete sie mit Bescheid vom 25. Juni 2008 die Verrechnung der von der Beigeladenen gegen den Kläger geltend gemachten Ansprüche in Höhe von 12.982,87 Euro mit der von ihr dem Kläger bewilligten Altersrente ab dem 1. Oktober 2008 mit einem monatlichen Betrag von 16,88 Euro an. Die Verrechnung sei gemäß § 52 SGB I zulässig. In-soweit handele es sich bei der Forderung der Beigeladenen um Beitragsansprüche. Das Verrechnungsersuchen der Beigeladenen habe auch alle Angaben enthalten, die für eine Durchführung der Verrechnung erforderlich seien. Die Verrechnung sei bis zur Hälfte der laufenden Geldleistung zulässig, sofern nicht nachgewiesen werde, dass hierdurch Hilfebedürftigkeit im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB XII) über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) über die Grundsicherung für Arbeitsuchende eintrete. Nach dem vorgelegten Schreiben des Bezirksamtes Reinickendorf von Berlin bestehe für den Kläger ein individueller Bedarf in Höhe von 577,85 Euro. Demnach erfolge ab dem 1. Oktober 2008 eine monatliche Verrechnung der Rente in Höhe von 16,88 Euro. Hiergegen legte der Kläger am 24. Juli 2008 Widerspruch ein, den er jedoch zunächst nicht weiter begründete. Mit Schreiben vom 24. März 2009 bat der Kläger die Beigeladene um eine Aufstellung der von ihr gegen ihn geltend gemachten Forderung, weil er beabsichtige, das Regelinsolvenzverfahren zu beantragen. Hierauf teilte ihm die Beigeladene mit Schreiben vom 8. April 2009 mit, dass sich ihre Gesamtforderung in Höhe von 12.982,87 Euro aus 7.899,97 Euro Sozialversicherungsbeiträgen für den Zeitraum vom 1. Februar 1994 bis 1. Januar 1995, Säumniszuschlägen in Höhe von 4.986,01 Euro und Kosten in Höhe von 96,89 Euro zusammensetze.
Auf den zwischenzeitlich vom Kläger am 30. März 2009 gestellten Antrag auf Bewilligung eines Beitragszuschusses zur Krankenversicherung berechnete die Beklagte die Altersrente des Klägers unter Bewilligung des beantragten Zuschusses ab dem 1. April 2009 mit einem monatlichen Zahlbetrag in Höhe von 709,44 Euro neu.
Mit auf den 8. Juni 2009 datiertem Widerspruchsbescheid wies die Beklagte sodann auf der Sitzung ihrer Widerspruchsstelle vom 23. Juni 2009 den Widerspruch des Klägers gegen den Verrechnungsbescheid vom 25. Juni 2008 zurück. Der Widerspruch sei nicht begründet wor-den. Insoweit habe der Widerspruchsausschuss nach Aktenlage nicht zu erkennen vermocht, wodurch und in welchem Umfang sich der Kläger durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten verletzt gefühlt habe. Der Bescheid sei dennoch geprüft worden. Er sei jedoch unter Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen erteilt worden und deshalb nicht zu beanstanden. Am 24. Juni 2009 ging sodann bei der Beklagten die Widerspruchsbegründung des Klägers ein, mit der er geltend machte, dass die von der Beigeladenen überreichte Kopie des Vollstreckungsauftrags vom 17. Januar 1996 keinen gegen ihn gerichteten Titel darstelle. Das Vorliegen von bestandskräftigen beziehungsweise vollstreckungsfähigen Titeln sei von der Beigela-denen bisher weder behauptet noch dargelegt worden. Mangels durchsetzbarer Forderung der Beigeladenen dürfe eine Verrechnung durch die Beklagte nicht vorgenommen werden.
Am 20. Juli 2009 hat der Kläger sodann gegen den Bescheid der Beklagten vom 25. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juni 2009 Klage zum Sozialgericht Berlin erhoben. Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, dass die von der Beklagten angeordnete Verrechnung nicht zulässig sei, weil die Voraussetzungen für eine Verrechnung nicht gegeben seien. Insoweit sei die von der Beigeladenen geltend gemachte und zur Verrechnung gestellte Gegenforderung nicht wirksam entstanden und fällig. Einen Nachweis über das Bestehen dieser Forderung habe die Beigeladene nicht erbracht. Bei dem vorgelegten Vollstreckungsauftrag handele es sich nicht um einen Schuldtitel. Auch einen Nachweis darüber, dass die dem Vollstreckungsauftrag zu Grunde liegenden Verwaltungsakte bestehen würden und dem Kläger gegenüber bestandskräftig geworden seien, habe die Beigeladene nicht erbracht. Insoweit be-streite er auch den ordnungsgemäßen Zugang dieser Verwaltungsakte und dass diese ihm gegenüber bestandskräftig geworden seien. Insbesondere sei dem Kläger auch das von der Beigeladenen vorgelegte Mahnschreiben vom 9. Mai 1995, mit dem ihn die Beigeladene aufgefordert habe, die aufgelaufenen Rückstände zu begleichen, nicht zugegangen. Insoweit sei der Kläger unter der in dem Schreiben genannten Anschrift K.Str. in Berlin seit Januar 1994 nicht mehr aufhältlich gewesen. Zu dem Zeitpunkt des Schreibens habe er dort weder Wohn- noch Gewerberaum angemietet gehabt. Die Beklagte habe das Bestehen der geltend gemachten Forderung als Voraussetzung für die Verrechnung überhaupt nicht geprüft. Höchst vorsorglich mache er die Verjährung der Forderung der Beigeladenen geltend.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 25. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbe-scheides vom 8. Juni 2009 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladene beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig und verweist auf deren Inhalt. Die Beigeladene macht geltend, dass die dem Verrechnungsersuchen zu Grunde liegende Forderung bestehe und auch bestandskräftig festgestellt worden sei. Sie habe den Kläger mit "Bescheid" vom 9. Mai 1995 seinerzeit aufgefordert, den bis dahin aufgelaufenen Gesamtrückstand zu begleichen. Nachdem keine Zahlung erfolgt sei, habe sie mit dem Vollstreckungsauftrag vom 17. Januar 1996 den Gerichtsvollzieher beauftragt, die Forderung beizutreiben. Dem Vollstreckungsauftrag hätten die Mahnungen an den Kläger für die jeweils offenen Monate der Beitragszahlung zu Grunde gelegen. Die Höhe der jeweiligen Forderungen ergab sich aus den vom Kläger selbst eingereichten Beitragsnachweisen, welche gemäß § 28f Abs. 3 S. 3 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IV) als Leistungsbescheid für die Vollstreckung gelten würden. Der Vollstreckungsauftrag sei seinerzeit der Ehefrau des Klägers ordnungsgemäß zugestellt worden. Es handele sich hierbei um eine vollstreckbare Ausfertigung im Sinne des § 60 SGB X. Der Kläger habe hiergegen auch kein Rechtsmittel eingelegt, so dass der Bescheid rechtskräftig geworden sei. Zudem sei auch davon auszugehen, dass den Kläger das Schreiben vom 9. Mai 1995 entgegen seines Vortrags sehr wohl erreicht habe. Denn das Schreiben sei seinerzeit nicht als unzustellbar zurückgekommen. Auch habe der Kläger anlässlich der Abnahme der eidesstattlichen Versicherung vor dem Amtsgericht Wedding am 19. Juli 1995 angegeben, unter der Adresse K.Str. wohnhaft zu sein und dort Grundeigentum an einer Gewerbeetage zu besitzen. Insofern dürfte es sich bei dem Bestreiten des Zugangs des Schreibens vom 9. Mai 1995 lediglich um eine Schutzbehauptung des Klägers handeln. Unabhängig davon habe der Kläger jedoch spätestens durch die Zwangsvollstreckung durch den Obergerichtsvollzieher P. am 20. Februar 1997 Kenntnis von der Forderung der Beigeladenen er-halten, so dass diese auch nicht verjährt sei.
Das Gericht hat am 21. Januar 2013 eine erweiterte Meldeauskunft aus dem Melderegister des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten eingeholt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des schriftsätzlichen Vor-bringens der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der vom Gericht beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten zum Aktenzeichen ... Bezug genommen, die jeweils Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung der Kammer gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Klage des Klägers ist zulässig und begründet.
I.
Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig. Insbesondere ist sie fristgerecht erhoben worden. Der den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 25. Juni 2008 zurückweisende Widerspruchsbescheid ist zwar mit dem Datum des 8. Juni 2009 versehen, ausweislich der Verwaltungsakte der Beklagten ist er jedoch erst in der Sitzung der Widerspruchsstelle der Beklagten am 23. Juni 2009 beraten und beschlossen worden. Gemäß dem aus der Verwaltungsakte der Beklagten ersichtlichen Abvermerk ist der Widerspruchsbescheid dem Bevollmächtigen des Klägers am selben Tag mit einfacher Post übersandt worden. Dort ist er ausweislich des auf der mit der Klageschrift übersandten Kopie des Widerspruchsbescheides befindlichen Eingangsstempels am 29. Juni 2009 eingegangen. Zwar gilt gemäß § 37 Abs. 2 S. 1 SGB X ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, grundsätzlich am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, so dass nach dieser gesetzlichen Zugangsfiktion der am 23. Juni 2009 von der Beklagten abgesandte Widerspruchsbescheid dem Kläger am 26. Juni 2009 als bekannt gegeben gelten würde. Gemäß § 37 Abs. 2 S. 2 SGB X gilt die Zugangsfiktion jedoch dann nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist, wobei im Zweifel die Behörde den Zugang und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen hat. Vorliegend hat der Klägerbevollmächtigte in der am 20. Juli 2009 eingegangenen Klageschrift vom 14. Juli 2009 – insoweit unwiderleglich – vorgetragen, der Widerspruchsbescheid sei ihm am 29. Juni 2009 zugegangen, was sich mit dem Eingangsstempel der Kanzlei auf der übersandten Kopie des Widerspruchsbescheides deckt. Demnach ist hier von einer Bekanntgabe des am 23. Juni 2009 erlassenen und – wohl versehentlich – mit dem Datum des 8. Juni 2009 versehenen Widerspruchsbescheides gegenüber dem Klägerbevollmächtigten gemäß § 37 Abs. 1 S. 2 SGB X am 29. Juni 2009 auszugehen. Die hiesige Klageerhebung ist mit Posteingang bei Gericht am 20. Juli 2009 somit innerhalb der Monatsfrist zur Klageerhebung nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides gemäß § 87 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 SGG erfolgt.
II.
Die Klage ist auch begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 25. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juni 2009 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Demnach war der Bescheid der Beklagten vom 25. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juni 2009 – erlassen erst am 23. Juni 2009 – gemäß § 54 Abs. 1 S. 1 SGG aufzuheben. Die in den angefochtenen Bescheiden von der Beklagten angeordnete Verrechnung der von der Beigeladenen gegen den Kläger geltend gemachten Forderung in Höhe von 12.782,87 Euro mit der dem Kläger gewährten Regelaltersrente ist nicht zulässig. Insoweit sind die Voraussetzungen für eine Verrechnung der geltend gemachten Forderung gemäß § 52 in Verbindung mit § 51 SGB I nicht erfüllt. Denn es fehlt an einer nachweislich bestehenden Forderung der Beige-ladenen gegen den Kläger in der genannten Höhe.
Gemäß § 52 SGB I kann der für eine Geldleistung zuständige Leistungsträger mit Ermächtigung eines anderen Leistungsträgers dessen Ansprüche gegen den Berechtigten mit der ihm obliegenden Geldleistung verrechnen, soweit nach § 51 SGB I die Aufrechnung zulässig ist. Gemäß § 51 Abs. 2 SGB I kann der zuständige Leistungsträger mit Ansprüchen auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen und mit Beitragsansprüchen nach diesem Gesetzbuch gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er hierdurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch wird. Vorliegend hat die Beigeladene gegen den Kläger Ansprüche auf Gesamtsozialversicherungsbeiträge nebst Nebenforderungen geltend gemacht und die Beklagte mit Schreiben vom 19. Juni 2002 ermächtigt, diese Ansprüche mit von der Beklagten an Kläger gewährten Geldleistungen zu verrechnen.
Zwar durfte und musste die Beklagte die Verrechnung gemäß § 52 SGB I einseitig durch Verwaltungsakt regeln, ohne dass es hierfür einer über diese Bestimmung hinausgehende gesetzliche Ermächtigung für den Erlass eines derartigen Verwaltungsakts bedurft hätte (so klarstellend Bundessozialgericht (BSG), Großer Senat, Beschluss vom 31. August 2011, Az. GS 2/10, BSGE 109, 81; dem nachfolgend BSG, Urteile vom 7. Februar 2012, Az. B 13 R 85/09 R, SozR 4-1200 § 52 Nr. 5, Rdnr. 39 ff. und B 13 R 109/11 R, Rdnr. 15 ff. – jeweils zitiert nach juris). Vorliegend fehlt es jedoch an den Voraussetzungen für eine solche Verrechnung in Form der hierfür erforderlichen Verrechnungslage.
Entsprechend § 387 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) muss eine Verrechnungslage bestehen. Eine solche ist dann gegeben, wenn der zur Verrechnung ermächtigende Leistungsträger die ihm gebührende Geldzahlung fordern und wenn der die Verrechnung erklärende Träger die ihm obliegende Geldzahlung bewirken kann. Die Forderung, mit der verrechnet wird (hier: die Forderung der Beigeladenen gegen den Kläger), muss entstanden und fällig sein; die gleichartige Forderung, gegen die (durch Einbehaltung mittels Verwaltungsakts) verrechnet werden soll (hier: Zahlungsanspruch des Klägers aus der Regelaltersrente gegen die Beklagte), muss zwar nicht fällig, aber entstanden und erfüllbar sein (vgl. BSG, Urteil vom 7. Februar 2012, Az. B 13 R 85/09 R, SozR 4-1200 § 52 Nr. 5, Rdnr. 55 – zitiert nach juris). Hinsichtlich der Forderung, mit der verrechnet werden soll, berühmt sich die Beigeladene gemäß ihrer Auskunft an den Kläger vom 8. April 2009 eines gegen ihn bestehenden Anspruches auf rückständige Beiträge zur Sozialversicherung, die er als Arbeitgeber für bei der Beigeladenen versicherte Arbeitnehmer hätte entrichten müssen, in Höhe von 15.451,40 DM (= 7.899,97 Euro) nebst Nebenforderungen in Form von Säumniszuschlägen in Höhe von 4.986,01 Euro und Kosten in Höhe von 96,89 Euro. Die Beigeladene konnte jedoch bereits das Bestehen des Anspruchs auf die rückständigen Beiträge zur Sozialversicherung in der genannten Höhe nicht nachweisen. Denn insoweit konnte sie keine Unterlagen vorlegen, aus denen sich das bestandskräftige Bestehen einer Forderung gegen den Kläger in dieser Höhe nachvollziehbar ergibt.
Hinsichtlich der Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen eines Arbeitgebers gilt grundsätzlich das Folgende: Gemäß § 28f Abs. 3 S. 1 SGB IV hat der Arbeitgeber der Einzugsstelle einen Beitragsnachweis zwei Arbeitstage vor Fälligkeit der Beiträge durch Datenübertragung zu übermitteln. Gemäß § 28f Abs. 3 S. 3 SGB IV gilt der Beitragsnachweis für die Vollstreckung als Leistungsbescheid der Einzugstelle und im Insolvenzverfahren als Dokument zur Glaubhaftmachung der Forderungen der Einzugsstelle. Derartige, als Leistungsbescheide der Einzugstelle fungierende, Beitragsnachweise hat die Beigeladene für den Zeitraum der von ihr geltend gemachten Beitragsforderungen von Februar 1994 bis Januar 1995 nicht vorgelegt und kann diese auch nach Auskunft ihrer Sitzungsvertreterin in der mündlichen Verhandlung vom 23. Januar 2013 nicht mehr beibringen, weil diese nicht mehr vorhanden seien.
Sofern die Beigeladene mit Schriftsatz vom 4. Mai 2010 darauf abstellt, dass der Kläger bereits mit "Bescheid" vom 9. Mai 1995 aufgefordert worden sei, Sozialversicherungsbeiträge einschließlich Nebenkosten und Säumniszuschlägen in Höhe von 16.239,40 DM zu zahlen, ist – ungeachtet der Frage, ob es sich hierbei überhaupt um einen die genannte Forderung feststellenden Verwaltungsakt im Sinne des § 31 S. 1 SGB X gehandelt hat oder nicht vielmehr lediglich um eine Mahnung zur Zahlung einer offenen Forderung – dieser Bescheid dem Kläger nicht nachgewiesenermaßen gemäß § 37 Abs. 1 S. 1 SGB X bekannt gegeben worden. Denn insoweit wird vom Kläger bestritten, dieses Schreiben je erhalten zu haben. Auch wenn seine Einlassung, er sei zum Zeitpunkt des Schreibens am 9. Mai 1995 nicht mehr unter der dort adressierten Anschrift K.Str. wohnhaft gewesen und hätte bereits deshalb das Schriftstück nicht erhalten können, nicht trägt, weil der Kläger ausweislich der vom Gericht eingeholten Auskunft aus dem Melderegister des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten vom 21. Januar 2013 im Zeitraum vom 16. September 1994 bis 31. August 1995 unter der genannten Adresse als Haupt- beziehungsweise alleinige Wohnung gemeldet war, hat die Beigeladene gemäß § 37 Abs. 2 S. 2 SGB X bei der Übermittlung eines schriftlichen Verwaltungsakts im Inland durch die Post im Zweifel den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen. Dies ist ihr vorliegend jedoch nicht möglich.
Gleiches gilt auch für den Zugang der im "Vollstreckungsauftrag" vom 17. Januar 1996 genannten "Verwaltungsakte" vom 23. März 1994, 25. April 1994, 23. Mai 1994, 23. Juni 1994, 25. Juli 1994, 23. August 1994, 24. Oktober 1994, 23. November 1994, 23. Dezember 1994, 17. Januar 1995 und 15. Februar 1995, mit denen die Beigeladene gegen den Kläger Ansprüche aus Sozialversicherungsbeiträgen geltend gemacht haben will. Ungeachtet der Frage, ob es sich bei den genannten Schreiben überhaupt um Beitragsansprüche feststellende Verwaltungsakte gehandelt hatte und nicht vielmehr lediglich um Mahnungen – wie die Beigeladene mit Schriftsatz vom 4. Mai 2010 selbst angegeben hat –, konnte weder der Inhalt dieser Bescheide noch deren Zugang beim Kläger nachgewiesen werden.
Schließlich kann entgegen der Auffassung der Beigeladenen das für das Vorliegen der Verrechnungslage erforderliche Bestehen der von ihr zur Verrechnung gestellten Forderung auch nicht auf den "Vollstreckungsauftrag" vom 17. Januar 1996 gestützt werden. Denn insoweit hat es sich bei diesem nicht um einen ordnungsgemäßen Vollstreckungstitel im Sinne des § 66 Abs. 4 SGB X gehandelt. Gemäß § 66 SGB X stehen einer Behörde im Sozialrecht zwei Voll-streckungsmöglichkeiten zur Verfügung: Gemäß § 66 Abs. 1 SGB X kann sie zum einen die Vollstreckung nach den jeweils einschlägigen Verwaltungsvollstreckungsgesetzen des Bundes und der Länder vornehmen. Zum anderen kann gemäß § 66 Abs. 4 S. 1 SGB X die Zwangsvollstreckung aus einem Verwaltungsakt auch in entsprechender Anwendung der Zivilprozessordnung (ZPO) stattfinden. Gemäß § 66 Abs. 4 S. 3 SGB X erteilt in diesem Fall die voll-streckbare Ausfertigung der Behördenleiter, sein allgemeiner Vertreter oder ein anderer auf Antrag eines Leistungsträgers von der Aufsichtsbehörde ermächtigter Angehöriger des öffentlichen Dienstes. Vorliegend hat die Beigeladene mit dem "Vollstreckungsauftrag" vom 17. Januar 1996 den Gerichtsvollzieher mit der Durchführung der Vollstreckung beauftragt und auf dem "Vollstreckungsauftrag" vermerkt, dass die vorstehende Ausfertigung der Beigeladenen gemäß § 66 Abs. 4 S. 3 SGB X zum Zwecke der Zwangsvollstreckung erteilt werde.
Sofern sich demnach die Behörde – wie hier die Beigeladene – dafür entscheidet, einen Verwaltungsakt gemäß § 66 Abs. 4 SGB X in entsprechender Anwendung der Zivilprozessord-nung zu vollstrecken, gelten für die Durchführung der Zwangsvollstreckung die §§ 704 ff. ZPO (vgl. Roos, in: Von Wulffen, SGB X, Kommentar, 7. Aufl. 2010, § 66 Rdnr. 12). Vorausset-zung der Zwangsvollstreckung ist hierbei die Vorlage der mit einer Vollstreckungsklausel versehenen vollstreckbaren Ausfertigung des zu vollstreckenden Verwaltungsakts. Vollstre-ckungstitel kann insoweit nur der Verwaltungsakt selbst sein, eine abgekürzte oder auszugsweise Widergabe genügt hierbei nicht (Roos, in: Von Wulffen, SGB X, § 66 Rdnr. 17). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) – für Einwendungen gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung ist die ordent-liche Gerichtsbarkeit auch dann zuständig, wenn der Gläubiger eine Behörde ist und gemäß § 66 Abs. 4 SGB X die Zwangsvollstreckung betreibt – setzt die Durchführung der Zwangsvollstreckung gemäß § 66 Abs. 4 SGB X in Verbindung mit §§ 704 ff. ZPO voraus, "dass die vollstreckbare Ausfertigung des Leistungsbescheids (§ 724 ZPO analog) mit einer Vollstre-ckungsklausel nach § 725 ZPO versehen wird. Bei der Ausfertigung muss es sich um eine richtig wiedergegebene Abschrift der Urschrift handeln, die dazu bestimmt ist, die Urschrift im Rechtsverkehr zu vertreten" (BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2007, Az. I ZB 19/07, Rdnr. 9 – zitiert nach juris). Diesen Anforderungen genügt jedoch der "Vollstreckungsauftrag" vom 17. Januar 1996 nicht. Denn dieser nimmt seinem Inhalt nach lediglich Bezug auf angeblich zuvor ergangene Verwaltungsakte, welche bestimmte Beitragsansprüche gegen den Kläger festgestellt hätten. Vollständige Abschriften der Urschriften dieser Bescheide, welche mit dem "Vollstreckungsauftrag" vollstreckt werden sollten, waren diesem nicht an- oder beigefügt und mit einer entsprechenden Vollstreckungsklausel versehen. Dementsprechend ist die Zwangsvollstreckung gemäß § 60 Abs. 4 SGB X in Verbindung mit den Vorschriften der ZPO aus den dem "Vollstreckungsauftrag" zu Grunde liegenden Verwaltungsakten mangels ordnungsgemäßen Vollstreckungstitels unzulässig. Der Gerichtsvollzieher hätte seinerzeit die Durchführung der – mangels pfändbarer Gegenstände im Ergebnis fruchtlos verlaufenen – Zwangsvollstreckung gegenüber der Beigeladenen als Vollstreckungsgläubigerin bereits aus diesem Grund ablehnen müssen.
Da es sich bei dem von der Beigeladenen erteilten "Vollstreckungsauftrag" um keinen ordnungsgemäßen Vollstreckungstitel handelt, aus dem die Zwangsvollstreckung gemäß § 66 Abs. 4 SGB X in Verbindung mit den Vorschriften der Zivilprozessordnung zulässigerweise betrieben werden könnte, würde es nach Auffassung der erkennenden Kammer jedoch einen Wertungswiderspruch darstellen, wenn ein solcher Vollstreckungsauftrag stattdessen als Grundlage einer Verrechnung gemäß §§ 52, 51 Abs. 2 SGB I dienen könnte und die Beklagte hierauf zulässigerweise einen Verrechnungsbescheid stützen dürfte. Denn insofern regeln die §§ 51, 52 SGB I mit der Aufrechnung und der Verrechnung Erfüllungssurrogate, die zur Befriedigung des Anspruchs führen (so Seewald, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungs-recht, Loseblatt, Stand: 75. Ergänzungslieferung 2012, Vorbemerkung zu §§ 48-59 SGB I Rdnr. 1, Stand der Einzelkommentierung: 67. Ergänzungslieferung Oktober 2010). Sie stellen damit eine Form der Selbsthilfe der Behörde zur Durchsetzung eines Anspruchs dar, ohne dass es hierfür einer förmlichen Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der Verwaltungsvollstreckungsgesetze oder der Zivilprozessordnung bedarf. Dieses Selbsthilferecht kann jedoch hinsichtlich der Anforderungen an den Nachweis des Bestehens der durchzusetzenden Forderung nicht weiter reichen als dies bei einer Zwangsvollstreckung nach § 66 Abs. 4 SGB X möglich wäre. Von daher darf auf Grund eines nicht ordnungsgemäßen Vollstreckungstitels, aus dem die Zwangsvollstreckung gemäß § 66 Abs. 4 SGB X zulässigerweise nicht möglich wäre, auch nicht eine Befriedigung der Forderung über das Erfüllungssurrogat der Verrech-nung nach den §§ 52, 51 SGB I möglich sein. Dies muss ungeachtet des Umstands gelten, dass die vollstreckbare Ausfertigung gemäß § 66 Abs. 4 S. 3 SGB X möglicherweise ihrerseits ein Verwaltungsakt darstellt, der mit Widerspruch und Klage angefochten werden kann (so Krasney, in: Kasseler Kommentar, § 66 SGB I Rdnr. 28, Stand der Einzelkommentierung: 48. Er-gänzungslieferung September 2005). Denn der dargestellte Wertungswiderspruch bliebe beste-hen, wenn die Verrechnung einer mit einer gemäß § 66 Abs. 4 SGB X nicht ordnungsgemäßen vollstreckbaren Ausfertigung "titulierten" Forderung allein deshalb möglich werden würde, weil diese Ausfertigung als Verwaltungsakt ihrerseits bestandskräftig geworden wäre und als solcher nunmehr zulässigerweise Grundlage einer Verrechnung sein dürfte.
Mangels nachgewiesener bestehender zu verrechnender Forderung der Beigeladenen gegen den Kläger und somit fehlender Verrechnungslage war die von der Beklagten angeordnete Verrechnung unzulässig und ihr diesbezüglicher Bescheid vom 25. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juni 2009 rechtswidrig.
Demnach war der Klage stattzugeben und die angefochtenen Bescheide aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S. 1 SGG und folgt dem Ergebnis der Hauptsache. Nach Auffassung der Kammer entsprach es hier billigem Ermessen, dass die Beklagte und die Beigeladene die dem Kläger entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten jeweils zur Hälfte zu erstatten haben. Denn insoweit hat zwar die Beklagte die hier angefochtenen rechtswidrigen Bescheide erlassen, jedoch lag das Hauptinteresse des Ausgangs des hiesigen Verfahrens bei der Beigeladenen, weil es im Ergebnis um die Durchsetzung ihrer Forderung ging. Das Bestehen der von ihr gegen den Kläger geltend gemachten und zur Verrechnung gestellten Forderung konnte sie jedoch nicht nachweisen. Insofern kann im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 193 Abs. 1 S. 1 SGG nach den Rechtsgedanken der §§ 197a Abs. 2 S. 1 SGG und 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auch der Beigeladene als Verfahrensbeteiligter im Sinne des § 69 SGG Kostenschuldner sein (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 10. Aufl. 2012, § 193 Rdnr. 11).
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen die Verrechnung einer von der Beigeladenen gegen ihn geltend gemachten Forderung wegen rückständiger Gesamtsozialversicherungsbeiträge mit der ihm von der Beklagten gewährten Regelaltersrente.
Der 1940 geborene Kläger war vom 1. Mai 1993 bis 31. Mai 1995 mit einem Fotosatzstudio selbständig tätig und hatte als Arbeitgeber bei der Beigeladenen Versicherte beschäftigt. Die Arbeitgebertätigkeit des Klägers endete wegen Insolvenz des Unternehmens. Im Zeitraum vom 1. November 1994 bis 31. Januar 1995 leistete die seinerzeitige Bundesanstalt für Arbeit Konkursausfallgeld beziehungsweise Insolvenzgeld.
Mit an den Kläger unter der Anschrift K.Str. in Berlin gerichtetem Schreiben vom 9. Mai 1995 teilte ihm die Beigeladene als Einzugsstelle mit, dass noch Gesamtsozialversicherungsbeiträge für den Zeitraum von Februar 1994 bis Januar 1995 einschließlich Nebenkosten und Säumniszuschlägen in einer Gesamthöhe von 16.239,40 DM zur Zahlung durch den Kläger offenstünden. Insoweit seien unter anderem die offenstehenden Beiträge für die letzten drei Monate der bei dem Kläger bestehenden Beschäftigungsverhältnisse wegen Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 141n des bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) mit der Bundesanstalt für Arbeit abgerechnet worden. Als Einzugsstelle habe die Beigeladene die Ansprüche gegen den Kläger als Arbeitgeber jedoch weiterhin geltend zu machen und bei Zahlung dem Arbeitsamt zu erstatten. Insoweit mache die Beigeladene die bestehenden Rückstände gegen den Kläger als persönlich haftenden Gesellschafter geltend. Sofern er den offenstehenden Betrag nicht innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt des Schreibens begleiche, werde sie den bestehenden Rückstand im Wege der Zwangsvollstreckung einziehen lassen.
Ausweislich des von der Beigeladenen im Klageverfahren eingereichten Protokolls der nichtöffentlichen Sitzung des Amtsgerichts Wedding vom 19. Juli 1995 erfolgte dort zunächst in der Zwangsvollstreckungssache eines anderen Gläubigers zum Az ... nach Vorführung des Klägers mit Haftbefehl vom 29. Mai 1995 die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung, bei welcher der Kläger angab, unter der Adresse K.Str. wohnhaft zu sein und dort Grundeigentum an einer Gewerbeetage zu besitzen.
In einem als "Vollstreckungsauftrag" bezeichneten Schriftstück vom 17. Januar 1996 machte die Beigeladene als Gläubigerin gegen den Kläger als Beitragsschuldner "aus dem Verwaltungsakt vom 23.03.94, 25.04.94, 23.05.94, 23.06.94, 25.07.94, 23.08.94, 24.10.94, 23.11.94, 23.12.94, 17.01.95, 15.02.95" Ansprüche aus Sozialversicherungsbeiträgen für die Zeiträume von Februar 1994 bis Juli 1994 und September 1994 bis Januar 1995 in Höhe von 15.451,40 DM zuzüglich eines Säumniszuschlages ab dem 16. Februar 1996 in Höhe von 1.592,00 DM sowie Mahn- und Portokosten in Höhe von 24,00 DM geltend. Die Gesamthöhe der geltend gemachten Ansprüche betrug 17.071,40 DM. Unter der Überschrift "Vollstreckungsanord-nung" hieß es in dem Schriftstück des Weiteren: "Vorstehende Ausfertigung wird der Techniker Krankenkasse gemäß § 66 Absatz 4 Satz 3 SGB X zum Zwecke der Zwangsvollstreckung erteilt". Der "Vollstreckungsauftrag" wurde zwecks Durchführung der Zwangsvollstreckung an den Obergerichtsvollzieher beim Amtsgericht Wedding J. P. zum dortigen Aktenzeichen weitergeleitet. Ausweislich der von der Beigeladenen im Gerichtsverfahren eingereichten Kopie der entsprechenden Zustellungsurkunde übergab der beauftragte Gerichtsvollzieher am 20. Februar 1997 das Schriftstück der Ehefrau des Klägers unter der Adresse O.Damm in Berlin. Mit Schreiben vom 21. Februar 1997 teilte der Gerichtsvollzieher der Beigeladenen sodann mit, dass die durchgeführte Vollstreckung fruchtlos verlaufen sei, da pfändbare Gegenstände nicht vorgefunden worden seien.
Mit Schreiben vom 19. Juni 2002 erteilte die Beigeladene der Beklagten eine Ermächtigung zur Verrechnung von Geldleistungen gemäß § 52 in Verbindung mit § 51 Abs. 2 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB I). Insoweit teilte sie der Beklagten mit, dass ihr der Kläger Sozialversicherungsbeiträge einschließlich Nebenkosten in Höhe von insgesamt 12.982,87 Euro schulde. Diese öffentlich-rechtliche Forderung habe im Wege der Zwangsvollstreckung bisher nicht realisiert werden können. Für zukünftig eingehende Leistungsanträge bitte die Beigeladene die Beklagte um Vormerkung. Sollte einer Verrechnungsmöglichkeit gemäß §§ 52, 51 Abs. 2 SGB I bestehen, ermächtige die Beigeladene die Beklagte, ihre Beitragsansprüche aufzurechnen und an sie zu überweisen. Am 30. Dezember 2004 beantrage der Kläger bei der Beklagten eine Regelaltersrente, welche ihm die Beklagte mit Rentenbescheid vom 13. April 2005 ab dem 1. April 2005 gewährte. Nach Neuberechnung der Regelaltersrente mit Bescheid vom 25. April 2005 ergab sich ein monatlicher Zahlbetrag ab dem 1. April 2005 in Höhe von 591,60 Euro.
Mit Schreiben vom 11. Mai 2005 teilte die Beigeladene der Beklagten unter Bezugnahme auf ihr Verrechnungsersuchen vom 19. Juni 2002 mit, dass bei ihr weiterhin Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Nebenforderungen in Höhe von 12.982,87 Euro offen seien. Nachdem ein weiteres, an die Beklagte gerichtetes, Verrechnungsersuchen der Bundesagentur für Arbeit wegen des seinerzeit geleisteten Insolvenzgeldes nach einem Vergleichsschluss mit dem Kläger von der Bundesagentur für Arbeit mit Schreiben vom 4. Januar 2007 zurückgenommen worden war, bat die Beklagte die Beigeladene mit Schreiben vom 26. Februar 2007 um Konkretisierung der gegen den Kläger von ihr geltend gemachten und zur Verrechnung gestellten Forderung im Hinblick auf Rechtsgrund, Höhe, Entstehungszeitraum, Fälligkeit sowie rechtskräftiger Feststellung und bat um Übersendung des entsprechenden Forderungsbescheides. Hierauf teilte die Beigeladene der Beklagten mit Schreiben vom 8. März 2007 mit, dass es sich um einen Beitragsanspruch in Höhe von 12.982,87 Euro handele, der zwischen Februar 1994 und Oktober 1995 und im Januar 1995 entstanden und "ab 15.03.94" bestands- beziehungsweise rechtskräftig festgestellt worden und fällig sei.
Mit Schreiben vom 19. März 2007 hörte die Beklagte den Kläger gemäß § 24 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) dahingehend an, dass sie beabsichtige, einen Bescheid zu erteilen, der in seiner Rechte eingreife, weil ein Betrag in Höhe von 12.982,87 Euro aus einem gegen ihn von der Beigeladenen geltend gemachten Beitragsanspruch gegen die ihm geleistete Altersrente aufgerechnet werden solle. Diesbezüglich beabsichtige die Beklagte, gemäß § 52 in Verbindung mit § 51 Abs. 2 SGB I einen Betrag in Höhe von monatlich 293,36 Euro von seiner Rente einzubehalten und an die Beigeladene zur Tilgung von deren Forderung zu überweisen. Hierauf teilte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten nach erfolgter Akteneinsicht mit, dass ein Bescheid der Beigeladenen, woraus sich ergebe, dass die gegen ihn geltend gemachte Forderung voll wirksam, entstanden und fällig sei, nicht vorliege. Darüber hinaus reichte der Kläger eine Bescheinigung des Bezirksamts Reinickendorf von Berlin als dem für ihn zuständigen Grundsicherungsträger vom 25. Juni 2007 ein, wonach das anzurechnende Einkommen des Klägers aus seiner Altersrente den für ihn ab dem 1. Juli 2007 geltenden Grundsicherungsbedarf in Höhe von 577,85 Euro lediglich um 16,70 Euro überschreite, so dass ein Einbehalt der dem Kläger gewährten Altersrente durch den Rentenversicherungsträger maximal in dieser Höhe möglich sei, weil der Kläger anderenfalls hilfebedürftig werden würde.
Auf die Bitte der Beklagten zur Stellungnahme zu den Einwendungen des Klägers gegen die von der Beigeladenen geltend gemachte Forderung übersandte diese der Beklagten mit Schreiben vom 19. März 2008 den "Vollstreckungsauftrag" vom 17. Januar 1996 als "vollstreckbaren Schuldtitel", aus dem der Rückstandszeitraum und die Rückstandshöhe der ausstehenden Beiträge hervorgehe. Ihre Forderung sei insoweit "tituliert und vollstreckbar und nicht mehr anzu-fechten". Hierauf teilte der Kläger mit Schriftsatz vom 17. April 2008 mit, dass mit dem von der Beigeladenen vorgelegten Vollstreckungsauftrag kein Nachweis darüber erbracht sei, dass die in dem Vollstreckungsauftrag genannten Verwaltungsakte gegenüber dem Kläger auch bestandskräftig geworden seien. Insbesondere belege dieser nicht, dass die behaupteten Forderungen gegenüber dem Kläger in der gehörigen Art und Weise bekannt gemacht und festgesetzt worden seien. Die Beigeladene möge Nachweis über die Grundlage des Vollstreckungsauftrags erbringen. Hierauf bezeichnete die Beigeladene die weiteren Einwände des Klägers mit Schreiben vom 24. April 2008 als unverständlich und wies lediglich darauf hin, dass es sich um öffentlich-rechtliche Forderungen in Form rückständiger Sozialversicherungsbeiträge handele, welche gegen den Kläger aus seiner Eigenschaft als Arbeitgeber resultierten.
Nachdem die Beklagte die Altersrente des Klägers mit Rentenbescheid vom 12. Juni 2008 neu berechnet hatte, wonach sich ein monatlicher Zahlbetrag ab dem 1. Juli 2008 in Höhe von 594,73 Euro ergeben hatte, ordnete sie mit Bescheid vom 25. Juni 2008 die Verrechnung der von der Beigeladenen gegen den Kläger geltend gemachten Ansprüche in Höhe von 12.982,87 Euro mit der von ihr dem Kläger bewilligten Altersrente ab dem 1. Oktober 2008 mit einem monatlichen Betrag von 16,88 Euro an. Die Verrechnung sei gemäß § 52 SGB I zulässig. In-soweit handele es sich bei der Forderung der Beigeladenen um Beitragsansprüche. Das Verrechnungsersuchen der Beigeladenen habe auch alle Angaben enthalten, die für eine Durchführung der Verrechnung erforderlich seien. Die Verrechnung sei bis zur Hälfte der laufenden Geldleistung zulässig, sofern nicht nachgewiesen werde, dass hierdurch Hilfebedürftigkeit im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB XII) über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) über die Grundsicherung für Arbeitsuchende eintrete. Nach dem vorgelegten Schreiben des Bezirksamtes Reinickendorf von Berlin bestehe für den Kläger ein individueller Bedarf in Höhe von 577,85 Euro. Demnach erfolge ab dem 1. Oktober 2008 eine monatliche Verrechnung der Rente in Höhe von 16,88 Euro. Hiergegen legte der Kläger am 24. Juli 2008 Widerspruch ein, den er jedoch zunächst nicht weiter begründete. Mit Schreiben vom 24. März 2009 bat der Kläger die Beigeladene um eine Aufstellung der von ihr gegen ihn geltend gemachten Forderung, weil er beabsichtige, das Regelinsolvenzverfahren zu beantragen. Hierauf teilte ihm die Beigeladene mit Schreiben vom 8. April 2009 mit, dass sich ihre Gesamtforderung in Höhe von 12.982,87 Euro aus 7.899,97 Euro Sozialversicherungsbeiträgen für den Zeitraum vom 1. Februar 1994 bis 1. Januar 1995, Säumniszuschlägen in Höhe von 4.986,01 Euro und Kosten in Höhe von 96,89 Euro zusammensetze.
Auf den zwischenzeitlich vom Kläger am 30. März 2009 gestellten Antrag auf Bewilligung eines Beitragszuschusses zur Krankenversicherung berechnete die Beklagte die Altersrente des Klägers unter Bewilligung des beantragten Zuschusses ab dem 1. April 2009 mit einem monatlichen Zahlbetrag in Höhe von 709,44 Euro neu.
Mit auf den 8. Juni 2009 datiertem Widerspruchsbescheid wies die Beklagte sodann auf der Sitzung ihrer Widerspruchsstelle vom 23. Juni 2009 den Widerspruch des Klägers gegen den Verrechnungsbescheid vom 25. Juni 2008 zurück. Der Widerspruch sei nicht begründet wor-den. Insoweit habe der Widerspruchsausschuss nach Aktenlage nicht zu erkennen vermocht, wodurch und in welchem Umfang sich der Kläger durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten verletzt gefühlt habe. Der Bescheid sei dennoch geprüft worden. Er sei jedoch unter Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen erteilt worden und deshalb nicht zu beanstanden. Am 24. Juni 2009 ging sodann bei der Beklagten die Widerspruchsbegründung des Klägers ein, mit der er geltend machte, dass die von der Beigeladenen überreichte Kopie des Vollstreckungsauftrags vom 17. Januar 1996 keinen gegen ihn gerichteten Titel darstelle. Das Vorliegen von bestandskräftigen beziehungsweise vollstreckungsfähigen Titeln sei von der Beigela-denen bisher weder behauptet noch dargelegt worden. Mangels durchsetzbarer Forderung der Beigeladenen dürfe eine Verrechnung durch die Beklagte nicht vorgenommen werden.
Am 20. Juli 2009 hat der Kläger sodann gegen den Bescheid der Beklagten vom 25. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juni 2009 Klage zum Sozialgericht Berlin erhoben. Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, dass die von der Beklagten angeordnete Verrechnung nicht zulässig sei, weil die Voraussetzungen für eine Verrechnung nicht gegeben seien. Insoweit sei die von der Beigeladenen geltend gemachte und zur Verrechnung gestellte Gegenforderung nicht wirksam entstanden und fällig. Einen Nachweis über das Bestehen dieser Forderung habe die Beigeladene nicht erbracht. Bei dem vorgelegten Vollstreckungsauftrag handele es sich nicht um einen Schuldtitel. Auch einen Nachweis darüber, dass die dem Vollstreckungsauftrag zu Grunde liegenden Verwaltungsakte bestehen würden und dem Kläger gegenüber bestandskräftig geworden seien, habe die Beigeladene nicht erbracht. Insoweit be-streite er auch den ordnungsgemäßen Zugang dieser Verwaltungsakte und dass diese ihm gegenüber bestandskräftig geworden seien. Insbesondere sei dem Kläger auch das von der Beigeladenen vorgelegte Mahnschreiben vom 9. Mai 1995, mit dem ihn die Beigeladene aufgefordert habe, die aufgelaufenen Rückstände zu begleichen, nicht zugegangen. Insoweit sei der Kläger unter der in dem Schreiben genannten Anschrift K.Str. in Berlin seit Januar 1994 nicht mehr aufhältlich gewesen. Zu dem Zeitpunkt des Schreibens habe er dort weder Wohn- noch Gewerberaum angemietet gehabt. Die Beklagte habe das Bestehen der geltend gemachten Forderung als Voraussetzung für die Verrechnung überhaupt nicht geprüft. Höchst vorsorglich mache er die Verjährung der Forderung der Beigeladenen geltend.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 25. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbe-scheides vom 8. Juni 2009 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladene beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig und verweist auf deren Inhalt. Die Beigeladene macht geltend, dass die dem Verrechnungsersuchen zu Grunde liegende Forderung bestehe und auch bestandskräftig festgestellt worden sei. Sie habe den Kläger mit "Bescheid" vom 9. Mai 1995 seinerzeit aufgefordert, den bis dahin aufgelaufenen Gesamtrückstand zu begleichen. Nachdem keine Zahlung erfolgt sei, habe sie mit dem Vollstreckungsauftrag vom 17. Januar 1996 den Gerichtsvollzieher beauftragt, die Forderung beizutreiben. Dem Vollstreckungsauftrag hätten die Mahnungen an den Kläger für die jeweils offenen Monate der Beitragszahlung zu Grunde gelegen. Die Höhe der jeweiligen Forderungen ergab sich aus den vom Kläger selbst eingereichten Beitragsnachweisen, welche gemäß § 28f Abs. 3 S. 3 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IV) als Leistungsbescheid für die Vollstreckung gelten würden. Der Vollstreckungsauftrag sei seinerzeit der Ehefrau des Klägers ordnungsgemäß zugestellt worden. Es handele sich hierbei um eine vollstreckbare Ausfertigung im Sinne des § 60 SGB X. Der Kläger habe hiergegen auch kein Rechtsmittel eingelegt, so dass der Bescheid rechtskräftig geworden sei. Zudem sei auch davon auszugehen, dass den Kläger das Schreiben vom 9. Mai 1995 entgegen seines Vortrags sehr wohl erreicht habe. Denn das Schreiben sei seinerzeit nicht als unzustellbar zurückgekommen. Auch habe der Kläger anlässlich der Abnahme der eidesstattlichen Versicherung vor dem Amtsgericht Wedding am 19. Juli 1995 angegeben, unter der Adresse K.Str. wohnhaft zu sein und dort Grundeigentum an einer Gewerbeetage zu besitzen. Insofern dürfte es sich bei dem Bestreiten des Zugangs des Schreibens vom 9. Mai 1995 lediglich um eine Schutzbehauptung des Klägers handeln. Unabhängig davon habe der Kläger jedoch spätestens durch die Zwangsvollstreckung durch den Obergerichtsvollzieher P. am 20. Februar 1997 Kenntnis von der Forderung der Beigeladenen er-halten, so dass diese auch nicht verjährt sei.
Das Gericht hat am 21. Januar 2013 eine erweiterte Meldeauskunft aus dem Melderegister des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten eingeholt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des schriftsätzlichen Vor-bringens der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der vom Gericht beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten zum Aktenzeichen ... Bezug genommen, die jeweils Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung der Kammer gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Klage des Klägers ist zulässig und begründet.
I.
Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig. Insbesondere ist sie fristgerecht erhoben worden. Der den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 25. Juni 2008 zurückweisende Widerspruchsbescheid ist zwar mit dem Datum des 8. Juni 2009 versehen, ausweislich der Verwaltungsakte der Beklagten ist er jedoch erst in der Sitzung der Widerspruchsstelle der Beklagten am 23. Juni 2009 beraten und beschlossen worden. Gemäß dem aus der Verwaltungsakte der Beklagten ersichtlichen Abvermerk ist der Widerspruchsbescheid dem Bevollmächtigen des Klägers am selben Tag mit einfacher Post übersandt worden. Dort ist er ausweislich des auf der mit der Klageschrift übersandten Kopie des Widerspruchsbescheides befindlichen Eingangsstempels am 29. Juni 2009 eingegangen. Zwar gilt gemäß § 37 Abs. 2 S. 1 SGB X ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, grundsätzlich am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, so dass nach dieser gesetzlichen Zugangsfiktion der am 23. Juni 2009 von der Beklagten abgesandte Widerspruchsbescheid dem Kläger am 26. Juni 2009 als bekannt gegeben gelten würde. Gemäß § 37 Abs. 2 S. 2 SGB X gilt die Zugangsfiktion jedoch dann nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist, wobei im Zweifel die Behörde den Zugang und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen hat. Vorliegend hat der Klägerbevollmächtigte in der am 20. Juli 2009 eingegangenen Klageschrift vom 14. Juli 2009 – insoweit unwiderleglich – vorgetragen, der Widerspruchsbescheid sei ihm am 29. Juni 2009 zugegangen, was sich mit dem Eingangsstempel der Kanzlei auf der übersandten Kopie des Widerspruchsbescheides deckt. Demnach ist hier von einer Bekanntgabe des am 23. Juni 2009 erlassenen und – wohl versehentlich – mit dem Datum des 8. Juni 2009 versehenen Widerspruchsbescheides gegenüber dem Klägerbevollmächtigten gemäß § 37 Abs. 1 S. 2 SGB X am 29. Juni 2009 auszugehen. Die hiesige Klageerhebung ist mit Posteingang bei Gericht am 20. Juli 2009 somit innerhalb der Monatsfrist zur Klageerhebung nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides gemäß § 87 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 SGG erfolgt.
II.
Die Klage ist auch begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 25. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juni 2009 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Demnach war der Bescheid der Beklagten vom 25. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juni 2009 – erlassen erst am 23. Juni 2009 – gemäß § 54 Abs. 1 S. 1 SGG aufzuheben. Die in den angefochtenen Bescheiden von der Beklagten angeordnete Verrechnung der von der Beigeladenen gegen den Kläger geltend gemachten Forderung in Höhe von 12.782,87 Euro mit der dem Kläger gewährten Regelaltersrente ist nicht zulässig. Insoweit sind die Voraussetzungen für eine Verrechnung der geltend gemachten Forderung gemäß § 52 in Verbindung mit § 51 SGB I nicht erfüllt. Denn es fehlt an einer nachweislich bestehenden Forderung der Beige-ladenen gegen den Kläger in der genannten Höhe.
Gemäß § 52 SGB I kann der für eine Geldleistung zuständige Leistungsträger mit Ermächtigung eines anderen Leistungsträgers dessen Ansprüche gegen den Berechtigten mit der ihm obliegenden Geldleistung verrechnen, soweit nach § 51 SGB I die Aufrechnung zulässig ist. Gemäß § 51 Abs. 2 SGB I kann der zuständige Leistungsträger mit Ansprüchen auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen und mit Beitragsansprüchen nach diesem Gesetzbuch gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er hierdurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch wird. Vorliegend hat die Beigeladene gegen den Kläger Ansprüche auf Gesamtsozialversicherungsbeiträge nebst Nebenforderungen geltend gemacht und die Beklagte mit Schreiben vom 19. Juni 2002 ermächtigt, diese Ansprüche mit von der Beklagten an Kläger gewährten Geldleistungen zu verrechnen.
Zwar durfte und musste die Beklagte die Verrechnung gemäß § 52 SGB I einseitig durch Verwaltungsakt regeln, ohne dass es hierfür einer über diese Bestimmung hinausgehende gesetzliche Ermächtigung für den Erlass eines derartigen Verwaltungsakts bedurft hätte (so klarstellend Bundessozialgericht (BSG), Großer Senat, Beschluss vom 31. August 2011, Az. GS 2/10, BSGE 109, 81; dem nachfolgend BSG, Urteile vom 7. Februar 2012, Az. B 13 R 85/09 R, SozR 4-1200 § 52 Nr. 5, Rdnr. 39 ff. und B 13 R 109/11 R, Rdnr. 15 ff. – jeweils zitiert nach juris). Vorliegend fehlt es jedoch an den Voraussetzungen für eine solche Verrechnung in Form der hierfür erforderlichen Verrechnungslage.
Entsprechend § 387 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) muss eine Verrechnungslage bestehen. Eine solche ist dann gegeben, wenn der zur Verrechnung ermächtigende Leistungsträger die ihm gebührende Geldzahlung fordern und wenn der die Verrechnung erklärende Träger die ihm obliegende Geldzahlung bewirken kann. Die Forderung, mit der verrechnet wird (hier: die Forderung der Beigeladenen gegen den Kläger), muss entstanden und fällig sein; die gleichartige Forderung, gegen die (durch Einbehaltung mittels Verwaltungsakts) verrechnet werden soll (hier: Zahlungsanspruch des Klägers aus der Regelaltersrente gegen die Beklagte), muss zwar nicht fällig, aber entstanden und erfüllbar sein (vgl. BSG, Urteil vom 7. Februar 2012, Az. B 13 R 85/09 R, SozR 4-1200 § 52 Nr. 5, Rdnr. 55 – zitiert nach juris). Hinsichtlich der Forderung, mit der verrechnet werden soll, berühmt sich die Beigeladene gemäß ihrer Auskunft an den Kläger vom 8. April 2009 eines gegen ihn bestehenden Anspruches auf rückständige Beiträge zur Sozialversicherung, die er als Arbeitgeber für bei der Beigeladenen versicherte Arbeitnehmer hätte entrichten müssen, in Höhe von 15.451,40 DM (= 7.899,97 Euro) nebst Nebenforderungen in Form von Säumniszuschlägen in Höhe von 4.986,01 Euro und Kosten in Höhe von 96,89 Euro. Die Beigeladene konnte jedoch bereits das Bestehen des Anspruchs auf die rückständigen Beiträge zur Sozialversicherung in der genannten Höhe nicht nachweisen. Denn insoweit konnte sie keine Unterlagen vorlegen, aus denen sich das bestandskräftige Bestehen einer Forderung gegen den Kläger in dieser Höhe nachvollziehbar ergibt.
Hinsichtlich der Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen eines Arbeitgebers gilt grundsätzlich das Folgende: Gemäß § 28f Abs. 3 S. 1 SGB IV hat der Arbeitgeber der Einzugsstelle einen Beitragsnachweis zwei Arbeitstage vor Fälligkeit der Beiträge durch Datenübertragung zu übermitteln. Gemäß § 28f Abs. 3 S. 3 SGB IV gilt der Beitragsnachweis für die Vollstreckung als Leistungsbescheid der Einzugstelle und im Insolvenzverfahren als Dokument zur Glaubhaftmachung der Forderungen der Einzugsstelle. Derartige, als Leistungsbescheide der Einzugstelle fungierende, Beitragsnachweise hat die Beigeladene für den Zeitraum der von ihr geltend gemachten Beitragsforderungen von Februar 1994 bis Januar 1995 nicht vorgelegt und kann diese auch nach Auskunft ihrer Sitzungsvertreterin in der mündlichen Verhandlung vom 23. Januar 2013 nicht mehr beibringen, weil diese nicht mehr vorhanden seien.
Sofern die Beigeladene mit Schriftsatz vom 4. Mai 2010 darauf abstellt, dass der Kläger bereits mit "Bescheid" vom 9. Mai 1995 aufgefordert worden sei, Sozialversicherungsbeiträge einschließlich Nebenkosten und Säumniszuschlägen in Höhe von 16.239,40 DM zu zahlen, ist – ungeachtet der Frage, ob es sich hierbei überhaupt um einen die genannte Forderung feststellenden Verwaltungsakt im Sinne des § 31 S. 1 SGB X gehandelt hat oder nicht vielmehr lediglich um eine Mahnung zur Zahlung einer offenen Forderung – dieser Bescheid dem Kläger nicht nachgewiesenermaßen gemäß § 37 Abs. 1 S. 1 SGB X bekannt gegeben worden. Denn insoweit wird vom Kläger bestritten, dieses Schreiben je erhalten zu haben. Auch wenn seine Einlassung, er sei zum Zeitpunkt des Schreibens am 9. Mai 1995 nicht mehr unter der dort adressierten Anschrift K.Str. wohnhaft gewesen und hätte bereits deshalb das Schriftstück nicht erhalten können, nicht trägt, weil der Kläger ausweislich der vom Gericht eingeholten Auskunft aus dem Melderegister des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten vom 21. Januar 2013 im Zeitraum vom 16. September 1994 bis 31. August 1995 unter der genannten Adresse als Haupt- beziehungsweise alleinige Wohnung gemeldet war, hat die Beigeladene gemäß § 37 Abs. 2 S. 2 SGB X bei der Übermittlung eines schriftlichen Verwaltungsakts im Inland durch die Post im Zweifel den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen. Dies ist ihr vorliegend jedoch nicht möglich.
Gleiches gilt auch für den Zugang der im "Vollstreckungsauftrag" vom 17. Januar 1996 genannten "Verwaltungsakte" vom 23. März 1994, 25. April 1994, 23. Mai 1994, 23. Juni 1994, 25. Juli 1994, 23. August 1994, 24. Oktober 1994, 23. November 1994, 23. Dezember 1994, 17. Januar 1995 und 15. Februar 1995, mit denen die Beigeladene gegen den Kläger Ansprüche aus Sozialversicherungsbeiträgen geltend gemacht haben will. Ungeachtet der Frage, ob es sich bei den genannten Schreiben überhaupt um Beitragsansprüche feststellende Verwaltungsakte gehandelt hatte und nicht vielmehr lediglich um Mahnungen – wie die Beigeladene mit Schriftsatz vom 4. Mai 2010 selbst angegeben hat –, konnte weder der Inhalt dieser Bescheide noch deren Zugang beim Kläger nachgewiesen werden.
Schließlich kann entgegen der Auffassung der Beigeladenen das für das Vorliegen der Verrechnungslage erforderliche Bestehen der von ihr zur Verrechnung gestellten Forderung auch nicht auf den "Vollstreckungsauftrag" vom 17. Januar 1996 gestützt werden. Denn insoweit hat es sich bei diesem nicht um einen ordnungsgemäßen Vollstreckungstitel im Sinne des § 66 Abs. 4 SGB X gehandelt. Gemäß § 66 SGB X stehen einer Behörde im Sozialrecht zwei Voll-streckungsmöglichkeiten zur Verfügung: Gemäß § 66 Abs. 1 SGB X kann sie zum einen die Vollstreckung nach den jeweils einschlägigen Verwaltungsvollstreckungsgesetzen des Bundes und der Länder vornehmen. Zum anderen kann gemäß § 66 Abs. 4 S. 1 SGB X die Zwangsvollstreckung aus einem Verwaltungsakt auch in entsprechender Anwendung der Zivilprozessordnung (ZPO) stattfinden. Gemäß § 66 Abs. 4 S. 3 SGB X erteilt in diesem Fall die voll-streckbare Ausfertigung der Behördenleiter, sein allgemeiner Vertreter oder ein anderer auf Antrag eines Leistungsträgers von der Aufsichtsbehörde ermächtigter Angehöriger des öffentlichen Dienstes. Vorliegend hat die Beigeladene mit dem "Vollstreckungsauftrag" vom 17. Januar 1996 den Gerichtsvollzieher mit der Durchführung der Vollstreckung beauftragt und auf dem "Vollstreckungsauftrag" vermerkt, dass die vorstehende Ausfertigung der Beigeladenen gemäß § 66 Abs. 4 S. 3 SGB X zum Zwecke der Zwangsvollstreckung erteilt werde.
Sofern sich demnach die Behörde – wie hier die Beigeladene – dafür entscheidet, einen Verwaltungsakt gemäß § 66 Abs. 4 SGB X in entsprechender Anwendung der Zivilprozessord-nung zu vollstrecken, gelten für die Durchführung der Zwangsvollstreckung die §§ 704 ff. ZPO (vgl. Roos, in: Von Wulffen, SGB X, Kommentar, 7. Aufl. 2010, § 66 Rdnr. 12). Vorausset-zung der Zwangsvollstreckung ist hierbei die Vorlage der mit einer Vollstreckungsklausel versehenen vollstreckbaren Ausfertigung des zu vollstreckenden Verwaltungsakts. Vollstre-ckungstitel kann insoweit nur der Verwaltungsakt selbst sein, eine abgekürzte oder auszugsweise Widergabe genügt hierbei nicht (Roos, in: Von Wulffen, SGB X, § 66 Rdnr. 17). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) – für Einwendungen gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung ist die ordent-liche Gerichtsbarkeit auch dann zuständig, wenn der Gläubiger eine Behörde ist und gemäß § 66 Abs. 4 SGB X die Zwangsvollstreckung betreibt – setzt die Durchführung der Zwangsvollstreckung gemäß § 66 Abs. 4 SGB X in Verbindung mit §§ 704 ff. ZPO voraus, "dass die vollstreckbare Ausfertigung des Leistungsbescheids (§ 724 ZPO analog) mit einer Vollstre-ckungsklausel nach § 725 ZPO versehen wird. Bei der Ausfertigung muss es sich um eine richtig wiedergegebene Abschrift der Urschrift handeln, die dazu bestimmt ist, die Urschrift im Rechtsverkehr zu vertreten" (BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2007, Az. I ZB 19/07, Rdnr. 9 – zitiert nach juris). Diesen Anforderungen genügt jedoch der "Vollstreckungsauftrag" vom 17. Januar 1996 nicht. Denn dieser nimmt seinem Inhalt nach lediglich Bezug auf angeblich zuvor ergangene Verwaltungsakte, welche bestimmte Beitragsansprüche gegen den Kläger festgestellt hätten. Vollständige Abschriften der Urschriften dieser Bescheide, welche mit dem "Vollstreckungsauftrag" vollstreckt werden sollten, waren diesem nicht an- oder beigefügt und mit einer entsprechenden Vollstreckungsklausel versehen. Dementsprechend ist die Zwangsvollstreckung gemäß § 60 Abs. 4 SGB X in Verbindung mit den Vorschriften der ZPO aus den dem "Vollstreckungsauftrag" zu Grunde liegenden Verwaltungsakten mangels ordnungsgemäßen Vollstreckungstitels unzulässig. Der Gerichtsvollzieher hätte seinerzeit die Durchführung der – mangels pfändbarer Gegenstände im Ergebnis fruchtlos verlaufenen – Zwangsvollstreckung gegenüber der Beigeladenen als Vollstreckungsgläubigerin bereits aus diesem Grund ablehnen müssen.
Da es sich bei dem von der Beigeladenen erteilten "Vollstreckungsauftrag" um keinen ordnungsgemäßen Vollstreckungstitel handelt, aus dem die Zwangsvollstreckung gemäß § 66 Abs. 4 SGB X in Verbindung mit den Vorschriften der Zivilprozessordnung zulässigerweise betrieben werden könnte, würde es nach Auffassung der erkennenden Kammer jedoch einen Wertungswiderspruch darstellen, wenn ein solcher Vollstreckungsauftrag stattdessen als Grundlage einer Verrechnung gemäß §§ 52, 51 Abs. 2 SGB I dienen könnte und die Beklagte hierauf zulässigerweise einen Verrechnungsbescheid stützen dürfte. Denn insofern regeln die §§ 51, 52 SGB I mit der Aufrechnung und der Verrechnung Erfüllungssurrogate, die zur Befriedigung des Anspruchs führen (so Seewald, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungs-recht, Loseblatt, Stand: 75. Ergänzungslieferung 2012, Vorbemerkung zu §§ 48-59 SGB I Rdnr. 1, Stand der Einzelkommentierung: 67. Ergänzungslieferung Oktober 2010). Sie stellen damit eine Form der Selbsthilfe der Behörde zur Durchsetzung eines Anspruchs dar, ohne dass es hierfür einer förmlichen Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der Verwaltungsvollstreckungsgesetze oder der Zivilprozessordnung bedarf. Dieses Selbsthilferecht kann jedoch hinsichtlich der Anforderungen an den Nachweis des Bestehens der durchzusetzenden Forderung nicht weiter reichen als dies bei einer Zwangsvollstreckung nach § 66 Abs. 4 SGB X möglich wäre. Von daher darf auf Grund eines nicht ordnungsgemäßen Vollstreckungstitels, aus dem die Zwangsvollstreckung gemäß § 66 Abs. 4 SGB X zulässigerweise nicht möglich wäre, auch nicht eine Befriedigung der Forderung über das Erfüllungssurrogat der Verrech-nung nach den §§ 52, 51 SGB I möglich sein. Dies muss ungeachtet des Umstands gelten, dass die vollstreckbare Ausfertigung gemäß § 66 Abs. 4 S. 3 SGB X möglicherweise ihrerseits ein Verwaltungsakt darstellt, der mit Widerspruch und Klage angefochten werden kann (so Krasney, in: Kasseler Kommentar, § 66 SGB I Rdnr. 28, Stand der Einzelkommentierung: 48. Er-gänzungslieferung September 2005). Denn der dargestellte Wertungswiderspruch bliebe beste-hen, wenn die Verrechnung einer mit einer gemäß § 66 Abs. 4 SGB X nicht ordnungsgemäßen vollstreckbaren Ausfertigung "titulierten" Forderung allein deshalb möglich werden würde, weil diese Ausfertigung als Verwaltungsakt ihrerseits bestandskräftig geworden wäre und als solcher nunmehr zulässigerweise Grundlage einer Verrechnung sein dürfte.
Mangels nachgewiesener bestehender zu verrechnender Forderung der Beigeladenen gegen den Kläger und somit fehlender Verrechnungslage war die von der Beklagten angeordnete Verrechnung unzulässig und ihr diesbezüglicher Bescheid vom 25. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juni 2009 rechtswidrig.
Demnach war der Klage stattzugeben und die angefochtenen Bescheide aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S. 1 SGG und folgt dem Ergebnis der Hauptsache. Nach Auffassung der Kammer entsprach es hier billigem Ermessen, dass die Beklagte und die Beigeladene die dem Kläger entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten jeweils zur Hälfte zu erstatten haben. Denn insoweit hat zwar die Beklagte die hier angefochtenen rechtswidrigen Bescheide erlassen, jedoch lag das Hauptinteresse des Ausgangs des hiesigen Verfahrens bei der Beigeladenen, weil es im Ergebnis um die Durchsetzung ihrer Forderung ging. Das Bestehen der von ihr gegen den Kläger geltend gemachten und zur Verrechnung gestellten Forderung konnte sie jedoch nicht nachweisen. Insofern kann im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 193 Abs. 1 S. 1 SGG nach den Rechtsgedanken der §§ 197a Abs. 2 S. 1 SGG und 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auch der Beigeladene als Verfahrensbeteiligter im Sinne des § 69 SGG Kostenschuldner sein (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 10. Aufl. 2012, § 193 Rdnr. 11).
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