L 4 KR 434/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KR 2090/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 434/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 17. Januar 2013 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitgegenstand ist die Kostenerstattung für Blutzuckerteststreifen in Höhe von EUR 36,62.

Der am 1953 geborene Kläger ist pflichtversichertes Mitglied bei der Beklagten. Er leidet unter einem nicht insulinpflichtigen Diabetes Typ II, der mit einem Sulfonyl-Harnstoffpräparat behandelt wird.

Er beantragte mit Schreiben vom 18. Mai 2011, 10. und 20. Juni 2011 bei der Beklagten die Übernahme des "Mehrbedarfs" an Blutzuckerteststreifen gemäß der (beigefügten) privatärztlichen Verordnung des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. H. vom 13. Mai 2011 über 50 Contour Sensoren Bayer TTR Blutzuckerteststreifen. Er bekomme als Typ II-Diabetiker mit instabiler Stoffwechsellage nur 50 Teststreifen pro Quartal über die Krankenkasse, sein Hausarzt dürfe nicht mehr verordnen. Die medizinische Notwendigkeit der weiteren 50 Teststreifen ergebe sich daraus, dass der Arzt diese auf ein "grünes Rezept" verordnet habe. Die genannte Verordnung hatte der Kläger am 16. Mai 2011 für EUR 36,62 in der Ostrachtal-Apotheke eingelöst. Der von der Beklagten um Stellungnahme gebetene Medizinische Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK), Dr. St., stellte am 30. Mai 2011 fest, Vertragsärzte könnten Blutzuckerteststreifen verordnen, wenn eine instabile Blutzuckerlage vorliege. Blutzuckerschwankungen könnten beim Hinzutreten anderer Krankheiten oder bei neuer Einstellung auf bestimmte orale Antidiabetika auftreten, wenn vorübergehend häufigere Kontrollen des Blutzuckerspiegels sinnvoll seien. Dieses Ergebnis wurde dem Kläger mit der Bemerkung, er möge mit seinem Arzt besprechen, ob die Voraussetzungen für eine Verordnung auf Kassenrezept vorlägen, mit Schreiben vom 7. und 14. Juni 2011 mitgeteilt.

Mit Bescheid vom 4. Juli 2011 lehnte die Beklagte (sinngemäß) die Kostenerstattung ab. Eine Genehmigung von Arzneimittelverordnungen durch die Krankenkasse sei gemäß § 29 Abs. 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) unzulässig. Die Verordnung liege in der Verantwortung des Vertragsarztes. Den Widerspruch vom 7. Juli 2011 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 2011 als "unbegründet" zurück. Der Widerspruch sei nicht statthaft, denn ein ablehnender Bescheid sei als Entscheidung über die Genehmigung eines Arzneimittels rechtlich unzulässig.

Der Kläger erhob am 2. August 2011 Klage zum SG. Er leide an Diabetes II a, einer koronaren Herzerkrankung und anderen Krankheiten. Ihm sei ein Stent implantiert worden. Daher benötige er die Blutzuckerteststreifen zur Vorbeugung einer arteriellen Gefäßverengung. Da seine Krankheit unbestritten von einer fett- und zuckerreichen Ernährung komme und er zusätzlich Medikamente wegen Stoffwechselstörung und arterieller Erkrankung einnehme, sei festzustellen, dass die Krankheit sich ohne die für die Messung erforderlichen Teststreifen verschlimmere. Die Gefäßverengung könne einen Herzinfarkt auslösen. Dr. H. teilte in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 2. November 2011 Nüchternblutzuckerwerte zwischen 116 und 178 mg% und HbA1c-Werte, zuletzt von 6,5% mit. Da zu keiner Zeit eine behandlungsbedürftige Hypoglykämie vorgelegen habe und keine Infekthäufung mit stark schwankenden Blutzuckerwerten vorgelegen habe, sei die Verordnung von 50 Blutzuckerteststreifen ausreichend gewesen. Vor dem Hintergrund der Diskussion über die Wirtschaftlichkeit der Verordnung von Teststreifen und angesichts der Befundlage sei die Verordnung nicht auf Kassenrezept erfolgt. Beigefügt war ein Artikel aus dem KVBW Verordnungsforum. Das SG wies die Klage mit Urteil vom 17. Januar 2013 ab. Es könne offen bleiben, ob ein Anspruch auf Versorgung mit den Teststreifen als Sachleistung bestanden habe. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Kostenerstattung, weil er vor Selbstbeschaffung keinen Kontakt zur Beklagten aufgenommen habe.

Gegen das ihm am 25. Januar 2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29. Januar 2013 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt, ohne diese zu begründen.

Der Kläger beantragt (sachgerecht gefasst),

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 17. Januar 2013 und den Bescheid vom 4. Juli 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juli 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Kosten für Blutzuckerteststreifen in Höhe von EUR 36,62 zu erstatten.

Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.

Die Berichterstatterin hat die Beteiligten mit Verfügung vom 18. März 2013 auf die Unzulässigkeit der Berufung und die Absicht des Senats, diese durch Beschluss nach § 158 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu verwerfen, hingewiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und den Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen.

II.

Der Senat weist die Berufung des Klägers durch Beschluss nach § 158 SGG zurück, weil sie bereits unstatthaft ist.

Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, EUR 750,00 nicht übersteigt.

Das SG hat in der Rechtsmittelbelehrung des Urteils vom 17. Januar 2013 zutreffend darauf hingewiesen, dass die Berufung nur zulässig ist, wenn sie nachträglich zugelassen wird. Weder das SG noch der Senat haben die Berufung gegen die angegriffene Entscheidung zugelassen. Der Wert des Beschwerdegegenstands der auf Kostenerstattung in Höhe von EUR 36,62 gerichteten Klage übersteigt auch nicht EUR 750,00.

Bei einer Klage auf Gewährung einer Geldleistung ist der Wert des Beschwerdegegenstandes im Berufungsverfahren (§ 144 Abs. 1 SGG) lediglich nach dem Geldbetrag zu berechnen, um den unmittelbar gestritten wird. Rechtliche oder wirtschaftliche Folgewirkungen der Entscheidung über den eingeklagten Anspruch bleiben außer Ansatz (BSG, Beschluss vom 6. Februar 1997 - 14/10 BKg 14/96 -, veröffentlicht in Juris mit Nachweis).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved