L 13 AS 4339/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AS 2281/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 4339/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 9. September 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten für das Berufungsverfahren sind nicht zu erstatten. Im Übrigen verbleibt es bei der Kostenentscheidung erster Instanz.

Tatbestand:

Im Streit ist die Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeiten vom 1. Mai bis 31. Juli 2010 und vom 1. August 2010 bis 31. Januar 2011.

Der 1977 geborene Kläger wohnte im streitgegenständlichen Zeitraum in einem Haus in Li., das seinen Eltern (bzw. seinem Vater) gehört. Seine Eltern wohnen ebenfalls dort. Zunächst lebte im Haushalt des Klägers noch seine Ehefrau und später der 2004 geborene Sohn. Bei seinem Erstantrag vom 27. September 2004 legte der Kläger den Mietvertrag vom 26. März 2004 zwischen sich und seinem Vater über eine 3-Zimmerwohnung mit 72 m2 zu einer monatlichen Kaltmiete von 420,00 EUR zuzüglich Nebenkosten (für Müll, Wasser, Abwasser, Heizkosten) in Höhe von 120,00 vor. Als Mietbeginn wird der 1. April 2004 aufgeführt.

In dem Haus des Vaters des Klägers gibt es drei Wohnungen: Im Erdgeschoss befindet sich eine Mietwohnung, im ersten Stock wohnt der Hauseigentümer mit seiner Ehefrau und im zweiten Stock wohnt der Kläger. Zur Wohnung des Klägers gehörte zunächst noch ein Zimmer im Dachgeschoss, das er mit seiner Ehefrau als Schlafzimmer benutzte. Nach dem Auszug der Ehefrau mit dem gemeinsamen Sohn im Jahr 2008 wurde das Dachgeschosszimmer in zwei Zimmer aufgeteilt und steht - den Angaben des Klägers zufolge - inzwischen leer.

Der Beklagte bewilligte dem Kläger und der damals mit ihm zusammen im Haushalt lebenden Ehefrau und dem Sohn Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung von Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 527,00 EUR (vgl. Bescheide vom 17. Juni und 3. November 2005).

Nach dem Aktenvermerk vom 10. Juli 2006 (Bl. 111 der Verwaltungsakten) liefen die Zahlungen für und vom Kläger über das Konto seiner Mutter, da er selbst kein Konto bekommen habe. Die Mutter verfügte außerdem für ihre eigenen Angelegenheiten über ein separates Konto.

Mit Schreiben vom 20. Juli 2006 forderte der Beklagte den Kläger auf, sich eine Wohnung mit einer günstigeren Wohnung zu suchen. Die ortsüblich angemessene Miete, die von der Beklagten anerkannt werden könne, betrage in Li. lediglich 340,00 EUR. Sollte der Kläger keine günstigere Wohnung finden, habe er regelmäßig mindestens zehn Nachweise pro Monat über seine Wohnungssuche einzureichen. Andernfalls werde ab 1. Februar 2007 nur noch die angemessene Höchstmiete in der Berechnung berücksichtigt werden.

Der Kläger legte im Januar 2007 der Beklagten Quittungen über Barzahlungen der Miete für die Monate September 2006 bis Januar 2007 vor.

Im Rahmen seines Weiterbewilligungsantrags vom 5. Januar 2010 legte der Kläger die Mietbescheinigung seines Vaters vom 18. Januar 2010 über eine 2-Zimmerwohnung (Wohnfläche 60 m2) mit einer monatlichen Kaltmiete von 245,00 EUR und Nebenkosten von 75,00 EUR vor. Hiervon seien 10,00 EUR für den Kabelanschluss. Außerdem legte der Kläger den Mietvertrag vom 15. März 2003 zwischen ihm und seinem Vater vor, in dem ein Beginn des Mietverhältnisses am 1. April 2003 und eine monatliche Kaltmiete von 245,00 EUR zuzüglich 75,00 EUR Betriebskostenvorauszahlung für eine 2-Zimmerwohnung (mit ca. 44 m2) angegeben wird.

Mit Schreiben vom 24. Februar 2010 erklärte der Vater des Klägers, er habe die Miete für Januar und Februar nicht erhalten.

Vom Kläger vorgelegt wurden Quittungen über Mietzahlungen in Höhe von 320,00 EUR für die Monate September 2009 bis einschließlich Dezember 2009 und die Mietbescheinigung vom 8. März 2010, in welcher die Kosten für Kabelanschluss mit 5,00 EUR monatlich (ansonsten unveränderte Angaben) aufgeführt werden. Weiterhin wurde (wie in den vorherigen Mietbescheinigungen) angegeben, die Miete werde bar entrichtet.

Der Cousin des Klägers, M. E., erklärte mit Schreiben vom 18. März 2010 (unter Vorlage der Mahnung der F. vom 12. Februar 2010 über eine Gesamtforderung in Höhe von 327,15 EUR), er habe das Gas (für den Kläger) über sich laufen lassen.

Mit Bescheid vom 24. März 2010 bewilligte der Beklagte Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 575,10 EUR für den Zeitraum vom 5. Januar 2010 bis 31. Januar 2010 sowie 639 EUR monatlich für Februar bis Juli 2010. Hierbei wurden 280 EUR Kosten der Unterkunft (KdU) monatlich anerkannt. Der Beklagte veranlasste eine Überprüfung der Wohnverhältnisse durch ihren Außendienstmitarbeiter. Nach dessen Bericht vom 26. März 2010 (Bl. 556 der Verwaltungsakten) erschien am 25. März 2010 auf sein Klingeln der Kläger an der Haustür und erklärte, die Wohnung im Erdgeschoss zu bewohnen. Für die Inaugenscheinnahme habe dieser erst einen Schlüssel holen müssen. Die 2-Zimmerwohnung im Erdgeschoss sei offensichtlich unbewohnt und es würden Renovierungsarbeiten durchgeführt werden. Einrichtungsgegenstände seien nicht vorhanden gewesen. Der Kläger habe erklärt, noch vor wenigen Tagen hier gewohnt zu haben. Nach dem Aktenvermerk vom 25. März 2010 (Bl. 555 der Verwaltungsakten) teilte der Kläger einem Mitarbeiter des Beklagten mit, er sei beim Besuch des Außendienstmitarbeiters in Panik geraten, weil er gedacht habe, es sei der Gerichtsvollzieher. Er habe ihm daraufhin die falsche Wohnung gezeigt. Er wohne im dritten Stock. Laut Aktenvermerk vom 7. April 2012 hat er gegenüber der Mitarbeiterin des Beklagten angegeben, er wohne im zweiten Stock. Seit dem Einzug 2003 wohne er schon immer im zweiten Stock.

Mit Änderungsbescheid vom 8. April 2010 hob der Beklagte den Bescheid über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 24. März 2010 für die Zeit vom 1. Mai 2010 bis 31. Juli 2010 teilweise auf; KdU seien nicht anzuerkennen. Der Kläger habe zu seinen Mietkosten widersprüchliche Unterlagen vorgelegt. Ob Mietkosten tatsächlich und in welcher Höhe anfielen, könne nicht ermittelt werden. Für den genannten Zeitraum werde nur noch die Regelleistung in Höhe von monatlich 359,00 EUR bewilligt.

Hiergegen wandte sich der Kläger mit seinem Widerspruch vom 15. April 2010. Er gab zu seinem Verhalten bei der Außendienstprüfung an, er habe gedacht, es handele sich um einen Mitarbeiter einer Inkassofirma bzw. den Gerichtsvollzieher, da er seit Januar finanzielle Probleme habe. Im Mietvertrag über seine Wohnung sei zwar der dritte Stock angegeben, in der Türkei gebe es jedoch kein Erdgeschoss, sondern dieses werde gleich als erster Stock gezählt. In der vorgelegten Bescheinigung seines Vaters vom 14. April 2010 wird ausgeführt, "sein Vermieter H. A." wohne schon seit mehreren Jahren (ca. sechs Jahre) in seinem Haus im dritten Stock und zahle regelmäßig seine Miete.

Am 28. April 2010 teilte der Kläger einem Mitarbeiter des Beklagten fernmündlich mit, er sei mit Zahlungen schon deutlich in Verzug. Sein Vermieter drohe mit Wohnungskündigung und der Energieversorger mit Abschaltung.

Als Ergebnis einer zweiten Außendienstprüfung des Beklagten wurde im Bericht vom 17. Juni 2010 (Bl. 581 der Verwaltungsakten) festgehalten: Die vom Kläger im zweiten Stock bewohnte Wohnung bestehe aus einem Wohn-/Schlafzimmer; einem Ankleidezimmer sowie Küche, Bad und Toilette. Zwei weitere Zimmer im Dachgeschoss befänden sich im Sanierungszustand. Durch eine bauliche Änderung im Treppenhaus erfolge der Zutritt zu den Zimmern jetzt über die Wohnung des Klägers und nicht mehr über das Treppenhaus. Der Kläger habe jedoch bestritten, dass die Zimmer zu seiner Wohnung gehören würden. Der Vater würde diese als Abstellräume nutzen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2010 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, hinsichtlich der Berücksichtigung von Unterkunftskosten sei der Bescheid vom 24. März 2010 nach § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) für die Zeit ab 1. Mai 2010 aufzuheben gewesen. Die verschiedenen Mietbescheinigungen und Mietverträge sowie die getätigten Angaben widersprächen sich in großem Maße hinsichtlich des tatsächlichen Einzugs, der Größe der Wohnung und des Mietzinses. Entsprechende Barabhebungen (für Mietzahlungen) auf dem Konto des Klägers seien nicht ersichtlich. Aufgrund dessen sei davon auszugehen, dass der Kläger keiner tatsächlichen Mietzinsforderung ausgesetzt sei. Nachweise (Kontoauszüge, Quittungen etc.) über die Entrichtung von Gas-Abschlägen seien ebenfalls nicht erbracht worden. Vielmehr würden die Abschläge nach Aktenlage von dritten Personen beglichen. Ein Nachweis darüber, dass der Kläger den monatlichen Abschlag jeweils an die dritten Personen leiste, sei nicht erbracht worden.

Am 29. Juni 2010 beantragte der Kläger die Weitergewährung von Leistungen nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 8. Juli 2010 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen für den Zeitraum vom 1. August 2010 bis 31. Januar 2011 weiterhin nur in Höhe der Regelleistung (359,00 EUR monatlich). Mit Bescheid vom 24. August 2010 hat der Beklagte Einkommen angerechnet und die Bewilligung von Leistungen für August 2010 teilweise aufgehoben und die Erstattung von 273,46 EUR verlangt. Der am 4. August 2010 gegen den Bescheid vom 8. Juli 2010 erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 2. September 2010 zurückgewiesen. Mit Bescheid vom 23. Dezember 2010 in der Gestalt des Bescheides vom 11. Januar 2011 hob der Beklagte die Bewilligung von Leistungen ab 13. Dezember 2010 auf, da der Kläger in Haft sei. Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 2. Februar 2011 verlangte der Beklagte die Erstattung von 574,40 EUR für die Zeit vom 13. Dezember 2010 bis 31. Januar 2011.

Am 13. Juli 2010 hat der Kläger gegen den Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2010 (Az.: S 3 AS 2281/10) und am 6. September 2010 gegen den Widerspruchsbescheid vom 2. September 2010 (Az.: S 3 AS 3100/10) Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Ferner hat er am 18. August 2010 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, mit dem Ziel, den Beklagten zu verpflichten, ab dem Tag der Antragstellung Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von insgesamt monatlich 667,53 EUR zu gewähren. Zur Begründung hat er vorgetragen, er habe, nachdem er über kein eigenes Konto verfüge, die Miete stets monatlich bar an den Vermieter bezahlt, nachdem sie zuvor vom Beklagten auf ein Guthabenskonto seiner Mutter ausbezahlt worden sei. Nachdem der Beklagte die Unterkunftskosten seit Mai 2010 nicht übernommen habe, bestehe derzeit ein Mietrückstand in Höhe von vier Monatsmieten. Der Vermieter habe bislang lediglich deshalb von einer Kündigung des Mietverhältnisses abgesehen, da er sein Vater sei. Auf die Dauer sei ihm dies jedoch wirtschaftlich nicht mehr möglich, weswegen bei weiterer Nichtzahlung die Kündigung und damit Wohnungslosigkeit drohe.

Zutreffend sei, dass er derzeit die Gasabschläge nicht selbst erbringe. Diese würden vielmehr seit Mai 2010 darlehenshalber von En. K. erbracht. Der Antragsteller hat vorgelegt: - Eine Bestätigung des En. K. (ohne Datum), dass er seit Mai 2010 die monatlichen Abschläge bei der F. für den Kläger darlehenshalber übernehme. - Eine Bestätigung des Vermieters, (ohne Datum), in welcher ausgeführt wird, der Kläger befinde sich derzeit mit vier Monatsmieten im Rückstand. Da er wirtschaftlich auf die Mieterlöse angewiesen sei, werde ihm die Fortführung des Mietverhältnisses im Falle weiteren Verzugs nicht möglich sein; er müsste das Mietverhältnis dann fristlos kündigen. - Quittungen über Mietzahlungen für die Monate September 2009 bis (durchgehend) April 2010 in Höhe von monatlich jeweils 320,00 EUR. Der Klägerbevollmächtigte hat für den Kläger unter dem 20. September 2010 an Eides statt versichert, dass der Kläger bis einschließlich April 2010 die Miete für seine Wohnung an den Vermieter entrichtet habe.

Das SG hat von Frau De. und Herrn He. von der F. telefonische Auskünfte eingeholt (vom 13. Oktober 2010 und 14. Oktober 2010). Außerdem hat das Gericht die schriftliche Auskunft des Herrn Sp. und des Herrn Wa. von der F. vom 14. Oktober 2010 eingeholt. Vom Finanzamt Reutlingen ist mit Schreiben vom 19. Oktober 2010 erklärt worden, der Vater des Klägers habe in seiner Einkommensteuererklärung für 2009 keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung angegeben.

Am 21. Oktober 2010 hat in den Verfahren S 3 AS 2944/10 ER, S 3 AS 2281/10 und S 3 AS 3100/10 ein Termin zur Erörterung des Sachverhalts mit Beweisaufnahme beim SG stattgefunden. En. K. und Ah. A. sind als Zeugen vernommen worden. Außerdem ist der Kläger angehört worden. Wegen deren Angaben wird auf das Protokoll verwiesen.

Der in diesem Termin von den Beteiligten geschlossene Vergleich, ist innerhalb der vereinbarten Widerrufsfrist von dem Beklagten widerrufen worden.

Der Kläger hat im Folgenden noch mitgeteilt, das Haus seines Vaters sei schuldenfrei. Seine Mutter habe zwar früher als Nebengewerbe einen Imbissstand auf Supermarktparkplätzen betrieben. Dieses Nebengewerbe habe sie jedoch aufgrund einer Brustkrebserkrankung weitestgehend aufgeben müssen. Nach seiner Kenntnis sei der Imbiss im Jahr 2010 lediglich an insgesamt zwei Tagen geöffnet gewesen. Von nennenswerten Einkünften aus einer selbständigen Tätigkeit könne somit keine Rede sein. Rechtlich vollkommen irrelevant sei, wer zu welchem Zeitpunkt die Wohnung im Erdgeschoss des Anwesens E. Straße XX/X bewohnt habe bzw. dort gemeldet gewesen sei und wer zu welchem Zeitpunkt die Wohnung der Eltern des Klägers im ersten Stock mit bewohnt habe.

Im Termin zur Beweisaufnahme habe der Vermieter - so der Kläger - glaubhaft ausgesagt, dass er vom Kläger eine monatliche Miete verlange und zumindest bis April 2010 auch erhalten habe. Zu berücksichtigen sei ferner, dass sein Gasanschluss unstreitig wegen Zahlungsverzugs gesperrt worden sei.

Der Beklagte hat an ihrem Standpunkt festgehalten. Sie hat weiterhin einen Nachweis darüber, dass der Kläger tatsächlich einer wirksamen Mietzinsforderung ausgesetzt sei, als nicht erbracht angesehen. So stünden die vorgelegten Quittungen bezüglich der angeblich erhaltenen Mietzahlungen für Januar und Februar 2010 in Widerspruch zu der schriftlichen Bescheinigung des Vaters vom 24. Februar 2010. Auch könnten die angeblich erfolgten Mietzahlungen in bar auf den vorgelegten Kontoauszügen nicht nachvollzogen werden.

Mit Beschluss des SG vom 13. Dezember 2010 im Verfahren Az. S 3 AS 2944/10 ER ist der Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet worden, vorläufig dem Kläger für die Zeit vom 1. Oktober 2010 bis zum 31. Januar 2011, längstens jedoch bis zur Bestandskraft oder Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache, pro vollem Monat 65 EUR für Heizung (Abschlagszahlungen für Gas an die F. GmbH) abzüglich der Warmwasserpauschale von 6,47 EUR pro vollem Monat zu gewähren. Im Übrigen wurde der Antrag abgelehnt. Die hiergegen vom Kläger zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (Az. L 12 AS 5820/10 ER-B) eingelegte Beschwerde wurde mit Beschluss vom 27. Januar 2011 zurückgewiesen.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 5. Mai 2011 bzw. 1. Juni sind die Beteiligten auf eine beabsichtigte Entscheidung durch Gerichtsbescheid hingewiesen worden und es ist ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Im Folgenden hat der Kläger eine erneute Vernehmung seines Vaters als Zeuge beantragt.

Mit Beschluss vom 8. September 2011 sind die Rechtsstreitigkeiten S 3 AS 2281/10 und S 3 AS 3100/10 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Az. S 3 AS 2281/10 verbunden worden. Mit Gerichtsbescheid vom 9. September 2011 hat das SG den Beklagten verurteilt, dem Kläger vom 1. Oktober 2010 bis 12. Dezember 2010 für den vollen Monat 58,53 EUR Kosten für die Heizung zu gewähren; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es Folgendes ausgeführt:

"Nach erneuter Prüfung der Sach- und Rechtslage im Klageverfahren hält das Gericht die im Verfahren auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz Az. S 3 AS 2944/10 getroffene Entscheidung vom 13.12.2010 auch für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Klageverfahren für zutreffend. Der Bescheid vom 08.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.07.2010 erweist sich als rechtsfehlerfrei; die Klage war daher insoweit abzuweisen. Die Klage gegen den Bescheid vom 08.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.09.2010 ist nur insoweit begründet, als die Beklagte zu verurteilen war, dem Kläger für die Zeit vom 01.10.2010 bis zum 12.12.2010 pro vollem Monat 65.- EUR für Heizung (Abschlagszahlungen für Gas an die F. GmbH) abzüglich der Warmwasserpauschale von 6,47 EUR pro vollem Monat zu gewähren. Im Übrigen erweist sich der Bescheid vom 08.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.09.2010 als rechtsfehlerfrei und war die Klage insoweit abzuweisen.

Gemäß § 45 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Voraussetzungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden.

Nach Absazt 2 der Vorschrift darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist (Satz 1).

Nach Absatz 2 Satz 3 kann sich der Begünstigte auf Vertrauen nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (Nr. 2) oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (Nr. 3).

Die Voraussetzungen für eine teilweise Rücknahme des Bescheides vom 24.03.2010 sind hier gemäß § 45 Abs. 1 und 2 Nr. 3 SGB X erfüllt. Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 24.03.2010 Leistungen für die Zeit vom 05.01. bis 31.07.2010 zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 575,10 EUR für die Zeit vom 05. bis 31.01.2010 und 639.- EUR monatlich für die Monate Februar bis einschließlich Juli 2010. Hierbei berücksichtigte die Beklagte monatliche Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 280 EUR.

Das Gericht konnte sich nicht davon überzeugen, dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum einer wirksamen Mietzinsverpflichtung seitens seines Vaters ausgesetzt war. Dies folgt aus der Gesamtwürdigung der vorliegenden Unterlagen und den Angaben des Klägers und der Zeugen im Erörterungs- und Beweisaufnahmetermin vom 21.10.2010.

Nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Bereits aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt sich, dass nur solche Kosten vom. Grundsicherungsträger zu übernehmen sind, die dem Hilfebedürftigen tatsächlich entstanden sind und für deren Deckung ein Bedarf besteht. In erster Linie werden dies Kosten sein, die durch Mietvertrag entstanden sind, wie auch hier vom Kläger geltend gemacht wird. "Tatsächliche Aufwendungen" für eine Wohnung liegen allerdings nicht nur bei tatsächlicher Zahlung der Miete durch den Hilfebedürftigen vor. Ausreichend ist vielmehr, dass dieser im jeweiligen Leistungszeitraum einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung ausgesetzt ist (vgl. Urteil des BSG vom 07.05.2009, B 14 AS 31/07 R und vom 03.03.2009, B 4 AS 37/08 R, beide Juris-doc). Zweck der Regelung über die Erstattung der Kosten für die Unterkunft ist es, existenzielle Notlagen zu beseitigen und den Eintritt von Wohnungslosigkeit zu verhindern. Hierbei kann ein Mietvertrag über Wohnraum wie grundsätzlich alle schuldrechtlichen Verträge wirksam formfrei abgeschlossen werden; entscheidend ist der entsprechende rechtliche Bindungswille der Beteiligten Vertragsparteien. So ist ein Mietverhältnis auch dann anzunehmen, wenn nur eine geringfügige "Gefälligkeitsmiete" vereinbart ist oder wenn der Mieter lediglich die Betriebskosten oder sonstige Lasten zu tragen hat (vgl. BSG-Urteil vom 07.05.2009 a.a.O. unter Hinweis auf Blank in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 9. Aufl. 2007, vor § 535 BGB Rdnr. 8).

Bei der Beurteilung, ob eine wirksame Mietzinsverpflichtung des Hilfebedürftigen vorliegt, sind nicht die Kriterien des BFH zum Fremdvergleich anzuwenden (vgl. Urteil des BSG vom 07.05.2009, a.a.O.). Bei der Gesamtwürdigung der Umstände kann allerdings auch im Falle der Grundsicherung der vom BFH in seiner Rechtsprechung zum Fremdvergleich herangezogene Gesichtspunkt eine Rolle spielen, dass für die Auslegung der Vereinbarungen die spätere tatsächliche Übung der Parteien, mithin der tatsächliche Vollzug des Vertragsinhalts, berücksichtigt werden kann (Urteil des BSG vom 07.05.2009, a.a.O., unter Hinweis auf Urteil des BFH vom 31.07.2007 - IX R 8/07 - BFH/NV 2008, 350).

Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Grundlagen sieht das Gericht hier nicht den Nachweis als erbracht an, dass der Kläger in den streitgegenständlichen Zeiträumen einer echten Forderung seines Vaters für Kaltmiete und Nebenkostenvorauszahlung für die von ihm bewohnte Wohnung ausgesetzt war. Lediglich hinsichtlich der Abschlagszahlungen für Gas an die Fair Energie GmbH ist von Kosten von Unterkunft und Heizung des Klägers auszugehen, für die dieser selbst aufkommen musste.

Zwar sind vom Kläger, der seinen ersten Antrag auf Gewährung von SGB II-Leistungen am 27.09.2004 bei der Beklagten stellte, stets Mietverträge über die von ihm (zunächst noch mit seiner Ehefrau und dem gemeinsamen Kind) bewohnte Wohnung vorgelegt worden. Die Angaben in diesen Mietverträgen bzw. in den vom Vater des Klägers unterzeichneten Mietbescheinigungen weichen jedoch in verschiedenen Punkten voneinander ab. So wird im Mietvertrag vom 26.03.2004 ein Beginn des Mietverhältnisses am 01.04.2004 angegeben, wohingegen in der Mietbescheinigung vom 18.01.2010 ein Einzug des Klägers am 01.04.2003 angegeben wird. Auch die Gesamtfläche der vermieteten Wohnung wird in der Mietbescheinigung vom 18.01.2010 mit 60 m2, in der Mietbescheinigung vom 08.03.2010 dagegen mit 44 m2 (nach Durchstreichen der Angabe 60 m2) angegeben. Nicht nachvollzogen werden kann, weshalb der Vater des Klägers unterschriftlich mit Schreiben vom 24.02.2010 erklärte, er habe die Miete für Januar und Februar nicht erhalten (nach Aufforderung durch Schreiben der Beklagten vom 24.02.2010, Nachweise über Mietzahlungen von Oktober bis Februar vorzulegen). Demgegenüber sind im Verfahren auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz vom Vater des Klägers (neben weiteren Quittungen) die Quittung vom 13.01.2010 über den Erhalt der Miete für Januar 2010 und vom 08.02.2010 über den Erhalt der Miete für Februar 2010 vorgelegt worden. Hieraus folgt, dass entweder die Erklärung vom 24.02.2010 oder die Angaben in den vorgelegten Quittungen nicht zutreffend sind.

Außerdem ist aus den vorgelegten Kontoauszügen über das Konto der Mutter des Klägers, das von diesem ausschließlich genutzt wird, kein Hinweis dafür ersichtlich, dass dieser tatsächlich, wie mietvertraglich vereinbart, Zahlungen an den Vater erbringt. Das Gericht beschränkt sich hierbei auf die Kontoauszüge ab Bl. 597 der Verwaltungsakten (d.h. für die Zeit ab 07.07.2009). Danach sind - über einen Zeitraum von mehreren Monaten - keine Überweisungen oder Barabhebungen ersichtlich, welche annähernd die Höhe der angegebenen Mietzahlung erreichen.

Die Kammer hält die Angaben des Klägers (im Termin zur Erörterung des Sachverhalts vom 21.10.2010), er habe jeweils zu Beginn jeden Monats einen größeren Betrag abgehoben, je nachdem, wie viel Geld er bereits in der Tasche gehabt habe, um die Miete zu bezahlen, nicht für glaubhaft. Zwar ist richtig, dass immer am Monatsanfang, nach Erhalt der Leistungen der Beklagten, ein größerer Betrag vom Kläger abgehoben wurde. Nicht nachvollziehbar ist jedoch, dass der Kläger so viel Geld "in der Tasche" gehabt habe, dass er mit den abgehobenen Beträgen (130,00 EUR, 200,00 EUR, 250,00 EUR, abgesehen vom 31.03.2010: 400,00 EUR) die Miete hätte bezahlen können. Dies erscheint bereits deshalb als nicht glaubhaft, weil der Kläger nach seinem eigenen Vortrag im März 2010 beim ersten Hausbesuch des Außendienstmitarbeiters der Beklagten, d.h. zu einem Zeitpunkt, als er auch noch Leistungen für Unterkunft und Heizung von der Beklagten bezog, meinte, es handele sich um einen Mitarbeiter einer Inkassofirma bzw. den Gerichtsvollzieher (und deshalb falsche Angaben machte). Offensichtlich war der Kläger zum damaligen Zeitpunkt verschuldet und hatte bereits Vollstreckungsmaßnahmen zu befürchten. Dass er in dieser Situation am Ende des jeweiligen Monats, d.h. vor Abheben eines größeren Betrages nach Überweisung der Leistungen durch die Beklagte, noch so viel Geld in der Tasche hatte, dass insgesamt ausreichende Mittel zur Mietzahlung vorhanden waren, erscheint nicht als nachvollziehbar.

Auch kann nicht nachvollzogen werden, dass eine Überweisung der Miete an den Vermieter mangels eines eigenen Kontos des Klägers nicht erfolgt ist. Offensichtlich steht das vom Kläger verwendete Konto, das auf seine Mutter angelegt wurde, diesem zu seiner alleinigen Verfügung offen und werden von ihm auch von diesem Konto Überweisungen getätigt.

Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Vater des Klägers seine beiden Neffen, Herrn E. und Herrn K., längere Zeit mietfrei in seiner Wohnung hat wohnen lassen. Auch die weitere Wohnung im Erdgeschoss stand nach den Angaben des Vaters des Klägers vor den jetzigen Mietern (- wohnhaft dort seit ca. sechs Monaten) ca. sechs Monate leer. Wenn die Mieteinnahmen (auch) aus dieser Wohnung wesentliches Mittel zum Bestreiten des Lebensunterhalts für den Vater des Klägers gewesen wären, so kann auch das Nichtvermieten einer Wohnung über ein halbes Jahr (selbst wenn Renovierungsarbeiten notwendig sind) nicht nachvollzogen werden.

Im Übrigen kann nicht unbeachtet bleiben, dass keinerlei Mieteinnahmen aus Vermietung von Wohnungen im Haus des Vaters des Klägers zur Steuerveranlagung beim Finanzamt gemeldet worden sind.

Gegen ein reguläres Mietverhältnis spricht zudem, dass der Vater des Klägers den nunmehr leer stehenden Wohnraum im Dachgeschoss, der nur über die Wohnung des Klägers erreicht werden kann, akzeptiert hat.

Nach Gesamtwürdigung der vorliegenden Unterlagen gelangt das Gericht zu dem Ergebnis, dass der Kläger keiner ernsthaften Mietzinsforderung, zumindest in der hier streitgegenständlichen Zeit, ausgesetzt war. Da der Kläger von diesem Umstand Kenntnis haben musste, ist auch der subjektive Tatbestand des § 45 Abs. 2 Nr. 3 SGB X erfüllt und kann sich der Kläger nicht auf Vertrauen in den Bestand des Bescheides vom 24.03.2010 berufen.

Hinsichtlich der Kosten für Heizung ergibt sich aus den vorliegenden Unterlagen, dass die Kosten für das zum Heizen der Wohnung des Klägers verwendete Gas, bezogen von der F. GmbH, nicht vom Vermieter getragen wurden. Jede abgeschlossene Wohnung im Haus des Vermieters des Klägers verfügt über einen eigenen Gaszähler. Nach der von der F. GmbH eingeholten Auskunft vom 15.10.2010 war lediglich für die Zeit vom 01.07.2008 bis 21.09.2009 die Mutter des Klägers, danach jedoch dieser selbst oder waren seine Cousins als Vertragskunden gemeldet.

Zuletzt vor Stellung des Antrags auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz bei Gericht, bzw. Erhebung der Klagen und zwar ab 19.05.2010 (bis 30.09.2010) war En. Muhamed K. als Vertragskunde bei der F. gemeldet und entstanden im Abrechnungszeitraum Kosten in Höhe von 49,75 EUR. Für die Zeit ab 01.10.2010, d.h. nachdem der Kläger nun wieder Vertragskunde bei der F. geworden ist, hat die Beklagte die auf die Gaskosten zu entrichtenden Abschlagszahlungen zu leisten. Das Gericht orientiert sich hierbei an der aktuellsten Abschlagsforderung der F., die in den Verwaltungsakten vorhanden ist, nämlich der Abschlagsinformation vom 20.05.2010 (Bl. 596 der Verwaltungsakten), in welcher ein monatlicher Abschlag von 65,00 EUR festgesetzt ist. Von diesem Betrag ist noch der pauschale Abzug für Warmwasseraufbereitung, der bereits von der Regelleistung umfasst wird, einzubehalten.

Soweit der Kläger auch für den Zeitraum ab dem 13.12.2010 Leistungen für Unterkunft und Heizung begehrt, steht einem solchen Anspruch bereits entgegen, worauf das LSG Baden-Württemberg in seinem Beschluss vom 27.01.2011 hingewiesen hat, dass der Kläger wegen seiner Inhaftierung in der JVA Rottenburg wegen des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 4 SGB II keinen Leistungsanspruch mehr hat. Das Gericht macht sich insoweit die Ausführungen im Beschluss des LSG Baden-Württemberg zu eigen.

Eine mündliche Verhandlung und insbesondere eine - weitere - Beweisaufnahme war hier nicht erforderlich. Ausweislich der Niederschrift vom 21.10.2010 fand der Termin zur Erörterung des Sachverhalts mit Beweisaufnahme sowohl im Verfahren auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz S 3 AS 2944/10 ER als auch in dem Klageverfahren S 3 AS 2281/10 und S 3 AS 3100/10 statt. Der Kläger hat seinen Antrag auf erneute Vernehmung seines Vaters als Zeuge nicht schlüssig begründet. Insbesondere liegen keine neuen Umstände vor, welche es erforderlich machen, den Zeugen nochmals zu befragen. Bei der Gesamtwürdigung der vorliegenden Umstände war nicht nur auf die Aussage des Vaters des Klägers abzustellen, sondern auf die insgesamt vorliegenden Unterlagen und Erklärungen des Klägers und der Zeugen. Hiernach konnte sich das Gericht im Verfahren auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz - und dies gilt auch für das vorliegende Klageverfahren - nicht davon überzeugen, dass der Kläger seitens seines Vater einer ernsthaften Mietzins- und Nebenkostenforderung im streitgegenständlichen Zeitraum ausgesetzt war.

Aus den genannten Gründen war die Klage nur insoweit erfolgreich, als die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 08.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.09.2010 zu verurteilen war, dem Kläger für die Zeit vom 01.10.2010 bis 12.12.2010 Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 65.- EUR pro vollem Monat für Heizung (Abschlagszahlungen für Gas an die Fair Energie GmbH) abzüglich der Warmwasserpauschale von 6,47 EUR pro vollem Monat zu gewähren."

Gegen den dem Kläger am 16. September 2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 6. Oktober 2011 Berufung eingelegt. Es sei nicht zu verlangen, dass er die Miete bezahlt habe. Es reiche aus, dass eine Verpflichtung hierzu bestanden habe. Die Quittungen für die Monate Januar und Februar 2010 seien bedauerlicherweise zurückdatiert worden, aber der Widerspruch sei damit ausgeräumt. Im Rahmen familiärer Vertrauensbeziehungen werde oftmals erst dann eine Vereinbarung schriftlich fixiert, wenn eine Behörde solches anfordere. Dass hierbei versehentlich einmal eine falsche Wohnfläche oder ein falscher Mietbeginn angegeben werde, liege auf der Hand. Dass sein Vater von seinen Cousins keine Miete verlangt habe, liege daran, dass diese in der Wohnung des Vaters mit untergebracht worden seien. Der Vater habe möglicherweise aus sozialen Gesichtspunkten zu Gunsten seines Sohnes auf einen Mietzins für das Dachgeschoss verzichtet. Dass sein Vater die Mieteinnahmen nicht versteuert habe, besage nichts, da dieser auch die Einnahmen aus der Wohnung im Erdgeschoss nicht versteuert habe. Nachdem das SG die Angaben seines Vaters nicht als glaubwürdig erachtet habe, hätte es ihn nochmals vernehmen müssen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen abzuändern und den Bescheid des Beklagten vom 8. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juli 2010 aufzuheben sowie den Bescheid vom 8. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. September 2010 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Kosten der Unterkunft für die Zeit vom 1. August 2010 bis 31. Januar 2011 in Höhe von monatlich 320 EUR zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten S 3 AS 2281/10, S 3 AS 3100/10 und S 3 AS 2944/10 ER, insbesondere die Niederschrift über den Erörterungs- und Beweisaufnahmetermin vom 21.10.2010 sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihre Zustimmung hierzu erteilt haben (§ 124 Abs. 2 SGG).

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Der angefochtenen Gerichtsbescheid des SG hat die Klagen auf Gewährung von KdU -mit Ausnahme der vom SG zugesprochenen Heizkosten- zu Recht abgewiesen.

Streitgegenstand des Verfahrens ist im Wege der zulässigen Anfechtungsklage der Bescheid vom 8. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juli 2010, mit dessen Aufhebung der Bewilligungsbescheid vom 24. März 2010 auch für die Zeit vom 1. Mai 2010 bis 31. Juli 2010 wirksam wäre, wonach dem Kläger 639 EUR monatlich zustünden. Die darüber hinaus gehende Klage auf Gewährung von 667,53 EUR ist bereits unzulässig, da der Bewilligungsbescheid vom 24. März 2010 nicht mit Widerspruch angefochten, ein Vorverfahren nicht durchlaufen worden ist (§ 78 SGG). Die zulässige Anfechtungs- und Leistungsklage für den Zeitraum vom 1. August 2010 bis 31. Januar 2011 erfasst nur den Bescheid vom 8. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. September 2010, nicht auch der zu dem Bewilligungszeitraum ergangene Bescheid vom 23. Dezember 2010 in der Gestalt des Bescheides vom 11. Januar 2011, mit dem die Bewilligung der Regelleistung ab 13. Dezember 2010 wegen Haft aufgehoben worden ist. Nicht Gegenstand des auf die KdU beschränkten Widerspruchverfahrens (§ 86 SGG) ist auch der Bescheid vom 24. August 2010, der die Regelleistung für August 2010 teilweise wegen Einkommens aufhob und zurückforderte. Die Regelleistung ist ein von den KdU getrennter Streitgegenstand. Der Kläger hat diesen Bescheid weder mit Widerspruch angefochten noch in seinen Klageantrag aufgenommen noch inhaltlich Ausführungen gegen die Anrechnung des Einkommens gemacht, so dass dieser Bescheid nicht Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist.

Das SG hat zutreffend entschieden, dass der Kläger für den Zeitraum vom 1. Mai 2010 bis 31. Januar 2011 keinen Anspruch auf Gewährung von KdU -mit Ausnahme der vom SG zugesprochenen Heizkosten- hat, da eine Mietzinsforderung nicht bestanden hat. Der Senat sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend bleibt noch anzumerken, dass die vom Kläger behauptete und vom Vater bestätigte (s. Protokoll über seine Aussage vor dem SG) Steuerhinterziehung bezüglich der Einnahmen aus der Wohnung im Erdgeschoss wie auch die behauptete Zurückdatierung der Quittungen die Glaubwürdigkeit des Vaters des Klägers vollends zerstört, da damit eindrücklich erwiesen ist, dass er auch vor bewussten Falschangaben gegenüber Behörden nicht zurückschreckt. Dass der Kläger stets in bar bezahlt haben will, obwohl er über ein Konto verfügen konnte, ist nur damit erklärbar, dass der wirkliche Geldfluss absichtlich im Unklaren bleiben sollte. Der Beklagte hat auch detailliert im Schriftsatz vom 6. März 2012 die Widersprüchlichkeiten des Vaters des Klägers in den schriftlich abgegebenen Äußerungen aufgezeigt; hierauf verweist der Senat ergänzend (Blatt 49 ff. der Akten des Landessozialgerichtes). Daraus ergeben sich nicht nur verständliche vereinzelte Fehler, sondern derart viele Ungereimtheiten bzw. Widersprüche, dass die Behauptung, es habe eine Mietvereinbarung mit Rechtsbindungswille gegeben, widerlegt ist.

Eine erneute Vernehmung des Vaters des Klägers durch den Senat war von den Beteiligten nicht beantragt worden und drängte sich auch nicht auf. Der Senat weicht insbesondere nicht von der Beweiswürdigung des SG ab. Auch musste das SG den Zeugen nicht noch einmal vernehmen, nur weil es dessen Aussagen nicht gefolgt ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei war für den Senat im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens ausschlaggebend, dass die Rechtsverfolgung erstinstanzlich nur geringfügigen Erfolg hatte und die Berufung ohne Erfolg geblieben ist.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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