L 19 AS 179/13

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 80 AS 2597/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 179/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 16.11.2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Höhe der dem Kläger für den Zeitraum vom 01.12.2006 bis 31.05.2007 zustehenden Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).

Nach vorherigem Bezug von Arbeitslosengeld I nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung (SGB III) bis zum 23.06.2006 i.H.v. 25,40 täglich beantragte der Kläger am 31.05.2006 erstmals und sodann am 30.10.2006 für den hier streitigen am 01.11.2006 beginnenden Zeitraum Leistungen nach dem SGB II.

Er bewohnte eine im Haus der Eltern gelegene Wohnung, für die eine Warmmiete i.H.v. 250,00 EUR monatlich unter Einschluss der Kosten der Warmwasserbereitung zu zahlen war. Für seine freiwillige gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung zahlte der Kläger im Jahr 2006 einen Beitrag von 113,11 EUR monatlich und im Jahr 2007 einen Beitrag von 118,83 EUR monatlich. Für seine private Haftpflichtversicherung hatte der Kläger ab dem 01.07.2006 einen Jahresbeitrag von 85,04 EUR zu entrichten.

Aus einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung erhielt der Kläger 702,50 EUR im Dezember 2006 und 703,60 EUR monatlich ab Januar 2007.

Ab dem 01.11.2006 bezog der Kläger zudem Wohngeld i.H.v. 28,00 EUR monatlich. Im Dezember 2006 wurden nach den vorgelegten Kontoauszügen die Wohngeldzahlungen für November und Dezember 2006 in einer Summe verbucht, in den Folgemonaten monatlich.

Mit Bescheid vom 14.12.2006 lehnte der Rechtsvorgänger des Beklagten (im Folgenden einheitlich: Beklagter) den Antrag vom 30.10.2006 zunächst ab. Über den hiergegen eingelegten Widerspruch entschied der Beklagte im Hinblick auf das anhängige Klageverfahren S 29 AS 74/07 zunächst nicht.

Zum 01.06.2007 nahm der Kläger eine Erwerbstätigkeit auf.

Nach Abschluss des Klageverfahrens S 29 AS 74/07 bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 29.01.2010 dem Kläger für die Zeit vom 01.11.2006 bis 31.05.2007 einen Zuschuss zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung i.H.v. 1,39 EUR monatlich für November und Dezember 2006 sowie i.H.v. 7,11 EUR monatlich für den Folgezeitraum. Den hiergegen mit Schreiben vom 01.03.2010 eingelegten Widerspruch wies der Hochsauerlandkreis mit Bescheid vom 05.05.2010 zurück. Am 07.06.2010 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht erhoben und die Berücksichtigung sowohl des Grundfreibetrages i.H.v. 100,00 EUR gemäß § 11 Abs. 2 SGB II als auch des Erwerbstätigenfreibetrages nach § 30 SGB II als Abzugsbeträge von seinen Einkünften aus privater Berufsunfähigkeitsversicherung begehrt. Andernfalls werde er schlechter gestellt im Verhältnis zu jemandem, der keine private Vorsorge betrieben habe. Aus demselben Grunde seien auch die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung zu übernehmen.

Vor dem Sozialgericht hat der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Bescheides vom 14.12.2006 in der Fassung des Bescheides vom 29.01.2010, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.05.2010 den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger für den Zeitraum vom 01.12.2006 bis 31.05.2007 Leistungen nach dem SGB II i.H.v. 79,00 EUR monatlich zu bewilligen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 16.11.2012 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keine weiteren Ansprüche nach dem SGB II als die bereits (zu hoch) bewilligten Zuschüsse zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung nach § 26 Abs. III SGB II. Von den Einkünften des Klägers aus der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung sei lediglich ein Pauschbetrag von 30,00 EUR monatlich, nicht dagegen die bei Erwerbseinkünften anstehenden Absetzungen vorzunehmen. Denn für die Erzielung der Einkünfte aus privater Berufsunfähigkeitsversicherung habe der Kläger keine erhöhten Aufwendungen, wie sie bei Ausübung einer Erwerbstätigkeit anfallen würden. Auf die weitere Begründung des Urteils wird Bezug genommen.

Gegen das am 31.12.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30.01.2013 die vom Sozialgericht zugelassene Berufung eingelegt.

Es sei gleichheitswidrig, dem Kläger die Absetzung der bei Einkünften aus Erwerbstätigkeit gewährten Freibeträge von den Zahlungen seiner privaten Berufsunfähigkeitsversicherung zu verweigern. Das Argument, Erwerbstätigenfreibeträge würden gewährt, um einen Anreiz für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu bieten, gelte für den Kläger nicht, weil er aus Gesundheitsgründen ohnehin nicht habe arbeiten können. Der Zweck der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II werde verfehlt, wenn die Einkünfte aus der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung des Klägers ohne weitere Abzüge als bedarfsmindernd angesehen werden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 16.11.2012 zu ändern und den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 14.12.2006 und des Widerspruchsbescheides vom 05.05.2010 zu verurteilen, ihm für den Zeitraum vom 01.12.2006 bis zum 31.05.2007 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 79,00 Euro zu bewilligen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zu weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und beigezogenen Akten Bezug genommen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung des Senats gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Richtiger Beklagter ist das Jobcenter der Stadt S (S.). Diese ist Rechtsträgerin der Leistungen nach dem SGB II. Nach § 6 Abs. 2 S. 1 SGB II i.V.m. § 5 Abs. 2 u. 3 des Gesetzes zur Ausführung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für das Land Nordrhein-Westfalen (AG-SGB II NRW) i.d.F. vom 29.12.2004, GV NRW 821 und § 5 der Kreisordnung für das Land Nordrhein-Westfalen - KrO NW i.d.F. vom 14.07.1994, GV NRW 646) hat der Hochsauerlandkreis durch § 1 Abs. 1 der Satzung über die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem II. Buch Sozialgesetzbuch im Hochsauerlandkreis vom 13.12.2004 (Durchführungssatzung SGB II) der kreisangehörigen Stadt S. die Durchführung der ihm als Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende obliegenden Aufgaben, bis auf die in § 2 der Satzung vorbehaltenen Aufgaben, im eigenen Namen übertragen. Bei der Durchführung der Aufgaben nach § 1 der Durchführungssatzung SGB II wird die Stadt S. mithin für den Hochsauerlandkreis tätig, da hier auch keiner der Aufgabenvorbehalte in § 2 der Durchführungssatzung SGB II einschlägig ist.

Die zugelassenen kommunalen Träger nach § 6a SGB II führen nach § 6d SGB II die Bezeichnung "Jobcenter". Der Beklagte wird im Verfahren durch den Hochsauerlandkreis nach § 73 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 SGG vertreten, da sich dieser als kommunaler Träger i.S.v. § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB II in § 2 Ziffer b der Durchführungssatzung SGB II vorbehalten hat, die Verfahren vor den Sozialgerichten durchzuführen (vgl. bereits das die Stadt Marsberg betreffende Urteil des Senats - L 19 AS 1845/10 vom 28.03.2011 zur Rechtslage vor Einführung der "Jobcenter").

Streitig ist die Leistungshöhe für den Zeitraum vom 01.12.2006 bis 31.05.2007, über den der Beklagte mit Bescheiden vom 14.12.2006 und 29.01.2010, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.05.2010, entschieden hat.

Höhere als die bereits zuerkannten Ansprüche stehen dem Kläger für den streitigen Zeitraum nicht zu.

Zwar erfüllte der Kläger die Anspruchsvoraussetzungen für Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II, insofern er im streitigen Zeitraum sein 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht sowie seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik gehabt hat (§ 7 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1, 4 SGB II). Auch sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Kläger im streitigen Zeitraum nicht in der Lage gewesen sein könnte, eine Erwerbstätigkeit mit einer Dauer von mindestens drei Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes nachzugehen (§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 8 SGB II). Hierfür besteht insbesondere kein Anhalt unter Berücksichtigung der vom Kläger bezogenen Berufsunfähigkeitsrente, die dem Kläger gewährt worden ist, weil er aus Gesundheitsgründen nicht mehr in der Lage war, in seinem angestammten Berufsfeld zu arbeiten. Entgegen den in der Berufungsbegründung aufzufindenden Annahme steht Berufsunfähigkeit der Erwerbsunfähigkeit nach der vorgenannten gesetzlichen Definition des § 8 Abs. 1 SGB II nicht gleich.

Der Kläger war im Dezember 2006 nicht hilfebedürftig, im Zeitraum vom 01.01.2007 bis 31.05.2007 in geringerem als dem vom Beklagten und vom Sozialgericht angenommenem Umfang.

Nach § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 9 SGB II in der im streitigen Zeitraum und bis zum 31.12.2010 anzuwendenden Gesetzesfassung war hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern konnte und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhielt.

Im Dezember 2006 war der Kläger nicht hilfebedürftig, weil er über bedarfsdeckendes Einkommen verfügte. Bei einem Regelbedarf nach § 20 SGB II von seinerzeit 345,00 EUR monatlich und berücksichtigungsfähigen Kosten der Unterkunft i.H.v. 243,78 EUR (250,00 EUR Warmmiete abzgl. der in dieser enthaltenen Kosten der Warmwasserbereitung von 6,22 EUR, vgl. Urteil des BSG vom 27.02.2008 - B 14/11b AS 15/07 R) belief sich der monatliche Bedarf des Klägers auf 588,78 EUR.

Ein ggf. seinerzeit dem Kläger noch zustehender Zuschlag nach § 24 SGB II im Hinblick auf den vorherigen Bezug von Arbeitslosengeld I ist nicht bedarfserhöhend zu berücksichtigen, sondern stellt einen Mehrbedarf für den dar, der Arbeitslosengeld II (ohnehin) erhält (Urteil des BSG vom 31.10.2007 - B 14/11b AS 59/08 R).

Dem i.H.v. 588,78 EUR zu ermittelnden Bedarf standen im Dezember 2006 Einkünfte in Gestalt des für Dezember 2006 gezahlten Wohngeldes i.H.v. 56,00 EUR sowie Einkünfte des Klägers aus seiner privaten Berufsunfähigkeitsversicherung i.H.v. 702,50 EUR, insgesamt also 758,50 EUR gegenüber.

An der Anrechenbarkeit der Einkünfte des Klägers aus seiner privaten Berufsunfähigkeitsversicherung im Rahmen der Ermittlung bedarfsdeckenden Einkommens bestehen keine Zweifel; insbesondere handelt es sich nicht um eine "zweckbestimmte Einnahme" im Sinne der im streitigen Zeitraum noch anwendbaren Vorschrift des § 11 Abs.3 Nr.1 a) SGB II.

Das BSG hat bereits mehrfach entschieden (Zusammenfassung im Urteil vom 17.03.2009 - B 14 AS 15/08 R), dass die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt privilegiertes Einkommen i.S. des § 11 SGB II darstellt (angedeutet zunächst in: Urteil vom 29. März 2007 - B 7b AS 2/06 R = SozR 4-4200 § 7 Nr 4; sodann Urteil vom 5. September 2007 - B 11b AS 15/06 R = SozR 4-4200 § 11 Nr 5; Urteil vom 6. Dezember 2007 - B 14/7b AS 62/06 R)

Die gegen das Urteil des BSG vom 6. Dezember 2007 - B 14/7b AS 62/06 R eingelegte Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG mit Kammerbeschluss vom 16.03. 2011 - 1 BvR 591/08 nicht zur Entscheidung angenommen. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann auf den Inhalt dieser Entscheidungen verwiesen werden, in denen im Einzelnen begründet wird, wieso eine Privilegierung der Verletztenrente sowohl gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II als auch gemäß § 11 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 SGB II ausscheidet und weshalb der Gleichheitssatz hierbei nicht verletzt wird.

Diese Einkünfte sind zu mindern um den Pauschbetrag von 30,00 EUR nach § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II (hier anzuwenden i.d.F. des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt v. 24.12.2003 - BGBl I 2954) i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG II-VO sowie um die Beiträge des Klägers zu seiner freiwilligen gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung von im Dezember 2012 113,11 EUR nach § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB II. Hiernach sind vom Einkommen abzusetzen Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind. Hierzu gehören Beiträge (u.a.) zur Vorsorge für den Fall der Krankheit und der Pflegebedürftigkeit für Personen, die in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht versicherungspflichtig sind, soweit die Beiträge nicht nach § 26 SGB II bezuschusst werden.

Auch das so bereinigte Einkommen des Klägers von 615,39 EUR (758,50 EUR - 30 EUR - 113,11 EUR) übersteigt seinen Bedarf von 588,78 EUR, so dass im Dezember 2006 keine Bedürftigkeit und damit auch kein Anspruch auf Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II bestand.

Für den Zeitraum vom 01.01. bis 30.05.2007, in dem die Höhe der monatlich vom Kläger bezogenen Berufsunfähigkeitsrente auf 703,60 EUR und sein monatlicher Beitrag zur freiwilligen gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung auf 118,83 EUR angewachsen war, liegt eine geringfügige Unterdeckung des Bedarfes vor, die alleine auf den Aufwendungen für die freiwillige gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung beruht und daher als Zuschuss nach § 26 Abs. 3 SGB II zu übernehmen ist.

Im genannten Zeitraum stehen einem hinsichtlich des Anspruchs auf Regelleistungen nach § 20 SGB II und der Kosten für Unterkunft und Heizung des Klägers nach § 22 SGB II unveränderten monatlichen Bedarf von 588,78 EUR monatliche Einkünfte i.H.v. 701,60 EUR (703,60 EUR Rente + 28,00 EUR Wohngeld - 30,00 EUR Pauschale) gegenüber.

Bedürftigkeit des Klägers entsteht erst bei Berücksichtigung der monatlich von ihm zu entrichtenden 118,83 EUR an Beiträgen für seine freiwillige gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung. Denn bei einem Gesamtbedarf von 707,61 EUR (588,78 EUR + 118,83 EUR) und berücksichtigungsfähigen Einkünften von 701,60 EUR besteht dann eine Unterdeckung von monatlich 6,01 EUR bzw. - nach Rundung entsprechend § 41 Abs. 2 SGB II a.F. - 6,00 EUR. In dieser Höhe besteht ein Anspruch des Klägers nach § 26 Abs. 3 SGB II, eingeführt durch das Gesetz v. 20.07.2006 (BGBl I 1706).

Nach dieser Norm übernimmt die Bundesagentur auf Antrag im erforderlichen Umfang die Aufwendungen für die angemessene Kranken- und Pflegeversicherung, soweit Personen alleine durch diese Aufwendungen hilfebedürftig werden.

Der Anspruch des Klägers in dieser Höhe ist nach Aktenlage (mehr als) erfüllt worden.

Entgegen der Meinung des Klägers sind von seinem Einkommen aus der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung keine weiteren Absetzungen vorzunehmen, insbesondere finden Normen über die Erwerbstätigenfreibeträge nach § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 6, § 30 SGB II und § 11 Abs. 2, Satz 2 SGB II keine Anwendung, weil der Kläger im streitigen Zeitraum nicht erwerbstätig war bzw. sein Einkommen nicht aus Erwerbstätigkeit erzielte. Unter Erwerbseinkommen werden dabei Einnahmen verstanden, die der Leistungsberechtigte unter Einsatz und Verwertung seiner Arbeitskraft erzielt. Auf den arbeitsrechtlichen Status der Tätigkeit oder die Bezeichnung in einem Vertrag kommt es nicht an (z.B. Geiger in LPK SGB II, 4. Aufl. zur Nachfolgeregelung in § 11b SGB II Rn 36).

Die Absetzbeträge vom Erwerbseinkommen nach § 11 SGB II stellen das Erwerbseinkommen von Aufwendungen frei, die mit der Ausübung der Erwerbstätigkeit und der Erzielung von Einkommen verbunden sind. Sie bezwecken, einen Anreiz zur Aufnahme oder Weiterführung einer Erwerbstätigkeit zu bieten, damit der Leistungsbezieher mittelfristig aus eigenen Mitteln in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG Urteil vom 27.09.2011 - B 4 AS 180/10 R = juris Rn 43; Urteil des Senats vom 30.01.2012 - L 19 AS 1543/11, juris).

Aus Wortlaut, Entstehungsgeschichte, systematischem Zusammenhang sowie Sinn und Zweck der Regelung folgt, dass der Erwerbstätigenfreibetrag nur vom Erwerbseinkommen und nicht von einer Entgeltersatzleistung in Abzug zu bringen ist.

Das BSG hat betreffend den Bezug von Krankengeld ausgeführt (Urteil vom 27.09.2011 - B 4 AS 180/10 R = juris Rn 16 ff.):

"Der Wortlaut des § 30 Halbs 1 SGB II knüpft den Freibetrag an Einkommen, das aus der Ausübung einer Erwerbstätigkeit gezogen wird (vgl zur Anknüpfung an die Erwerbstätigkeit in § 11 Abs 2 Satz 2 SGB II: BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 57/07 R, SozR 4-4200 § 11 Nr 16). Beim Krankengeld handelt es sich jedoch nicht um Erwerbseinkommen, sondern eine Entgeltersatzleistung, ( )

Auch nach der Zielsetzung der Freibetragsregelung, wie sie sich aus der Begründung zum Entwurf des Freibetragsneuregelungsgesetzes ergibt, war die Freistellung eines Teils des Krankengeldes vor der Berücksichtigung bei der Berechnung des Alg II nicht mit § 30 SGB II intendiert. Ziel sollte vielmehr sein, Hilfebedürftigen stärkere Anreize als bislang zur Aufnahme oder Weiterführung einer Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu bieten, damit diese mittelfristig aus eigenen Kräften und möglichst ohne Unterstützung der Grundsicherung für Arbeitsuchende in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten (BT-Drucks 15/5446, S 1). Diese Zielsetzung geht bei Bezug von Entgeltersatzleistungen jedoch ins Leere. Die Absetzung von Freibeträgen und damit die Minderung des zu berücksichtigenden Einkommens oder umgekehrt, die Erhöhung des Teils der Entgeltersatzleistung, der zur Lebensunterhaltssicherung neben dem Alg II verbleiben würde, setzte den gegenteiligen Anreiz.

( ) Der Erwerbstätigenfreibetrag setzt mithin erst oberhalb des Grundfreibetrags an, geht über ihn hinaus. Der Grundfreibetrag nach § 11 Abs 2 Satz 2 SGB II ersetzt zugleich die Freibeträge nach § 11 Abs 2 Satz 1 Nr 3 bis 5 SGB II, stellt also das Erwerbseinkommen von Aufwendungen frei, die mit der Ausübung der Erwerbstätigkeit und der Erzielung von Erwerbseinkommen verbunden sind. Aus diesem Zusammenspiel von §§ 11 Abs 2 Satz 2 und 30 Satz 2 Nr 1 SGB II wird zugleich deutlich , dass es bei der Absetzung nach § 30 SGB II nicht um die Abgeltung konkreter, mit der Erwerbstätigkeit und der Erzielung des Einkommens verbundener Aufwendungen (Fahrkosten, Altersvorsorgebeiträge, Beiträge zum Berufsverband etc) geht, sondern hier die sich bereits aus der Begründung zum Entwurf des Freibetragsneuregelungsgesetz ergebende abstrakte Anreizfunktion im Hinblick auf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit im Vordergrund steht. Bezweckt werden soll ua, gering entlohnte Arbeit auf dem regulären Arbeitsmarkt mit ergänzendem Bezug von Alg II attraktiver als die Beschäftigung in Arbeitsgelegenheiten zu machen (BT-Drucks 15/5446, S 4). Insoweit stellt § 30 SGB II im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin keine systematische Ergänzung des § 11 Abs 2 SGB II dar, sondern ein Förderinstrument eigener Art, das auch eigenen Regeln unterliegt. ( )

Die Beschränkung der Absetzbarkeit des Erwerbstätigenfreibetrags auf Erwerbseinkommen entspricht auch der Rechtsprechung zur Vorgängerregelung des § 76 Abs 2a BSHG (vgl Niedersächsisches OVG Beschluss vom 12.2.2001 - 12 L 3959/00, FEVS 52, 431; VGH Baden-Württemberg Urteil vom 21.9.1998 - 7 S 913/98, FEVS 49, 414; BVerwG Urteil vom 21.7.1994 - 5 C 32/91, BVerwGE 96, 246), wobei der Senat nicht verkennt, dass die Ausgestaltungen der Regelungen im Einzelnen durchaus unterschiedlich sind (vgl zur Übertragbarkeit: Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 30 RdNr 2). Wie im Grundsicherungsrecht war in der sozialhilferechtlichen Rechtsprechung jedoch anerkannt, dass Erwerbstätiger nur jemand ist, der "eine wirtschaftlich verwertbare Leistung gegen Entgelt erbringt, um damit seinen Lebensunterhalt zu verdienen". Hieraus ist gefolgert worden, dass als Erwerbstätigkeit nur eine Tätigkeit angesehen werden könne, die zu Erträgen zur Bestreitung des Lebensunterhalts führe. Demnach sollte es darauf ankommen, dass der Hilfeempfänger tatsächlich einer Erwerbstätigkeit nachgeht und durch eigenes Erwerbseinkommen in der Lage ist, jedenfalls zu einem Teil für seine Lebensgrundlage aus eigenen Kräften zu sorgen. Nur so könnten die Absetzungsbeträge ihren Sinn und Zweck, einerseits einen pauschalierten Ausgleich für arbeitsbedingte Mehraufwendungen und andererseits einen Anreiz zur Stärkung des Arbeits- und Selbsthilfewillens zu bieten, erfüllen."

Der Senat teilt diese Rechtsauffassung. Zu seiner Überzeugung ist sie auf den Bezug der Lohnersatzleistung "private Berufsunfähigkeitsrente" uneingeschränkt übertragbar.

Gegenteiliges ergibt sich insbesondere nicht aus dem Umstand, dass die Lohnersatzleistung des Klägers nicht aus einer gesetzlichen Versicherung, vielmehr aus einem Versicherungsschutz stammt, den er selbst durch Beitragszahlung geschaffen und aufrechterhalten hat. Dieser Umstand ändert am Charakter der Lohnersatzleistung nichts (vgl. ebenso Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 10.01.2008 - L 28 AS 398/07). Es ist auch nicht gleichheitswidrig, dass es bei der Ausgestaltung bedarfsabhängiger Sozialleistungen im Grundsatz nicht auf die Herkunft bedarfsmindernder Mittel ankommt (BVerfG im Kammerbeschluss vom 16.03. 2011 - 1 BvR 591/08).

Zu Recht hat das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass bei dem Bezug einer privaten Berufsunfähigkeitsrente kein Anlass besteht, durch Gewährung von Freibeträgen einen Anreiz zu setzen. Dies widerspräche zur Überzeugung des Senats insbesondere auch im Falle des Klägers der Zielsetzung des SGB II, erwerbsfähige Hilfebedürftige in den Stand zu versetzen, ihren Lebensbedarf selbst zu decken. Das Eingliederungsziel des SGB II ist erst bei (vollständiger) Unabhängigkeit vom Bezug steuerfinanzierter Grundsicherungsleistungen erreicht. Die Leistungen des SGB II sollen dazu beitragen, dass die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und mit ihnen in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen ihren Lebensunterhalt unabhängig von der Grundsicherung aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten können (§ 1 Abs. 2 S. 1 SGB II). Solange dieses Eingliederungsziel nicht erreicht ist, unterfallen alle erwerbsfähigen Leistungsberechtigten dem in § 2 SGB II aufgestellten "Grundsatz des Forderns" und müssen alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen (zuletzt Beschluss des Senats vom 03.04.2013 - L 19 AS 330/13 B zum Fall einer sog. "Aufstockerin", zugänglich unter www.sozialgerichtsbarkeit.de).

Zu Unrecht wendet der Kläger ein, die Anreizwirkung dürfe bei ihm nicht berücksichtigt werden, da er erwerbsunfähig sei. Diese Argumentation ist weder schlüssig noch zutreffend. Wäre der Kläger im streitigen Zeitraum erwerbsunfähig gewesen, hätte er keinen Leistungsanspruch auf die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen vorbehaltenen Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II. Nach § 8 Abs. 1 SGB II ist erwerbsfähig in diesem Sinne, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außer Stande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Der Sachverhalt bietet nach Aktenlage keinen Hinweis, dass diese Leistungsvoraussetzung beim Kläger im streitigen Zeitraum nicht erfüllt gewesen sein könnte. Der Bezug der privaten Berufsunfähigkeitsrente erfolgt wegen des Eintritts von Berufsunfähigkeit, also der gesundheitsbedingten Unfähigkeit, einen zuvor ausgeübten Beruf, bzw. je nach Vertragsgestaltung auch zumutbare Verweisungstätigkeiten auszuüben.

Die Annahme einer Benachteiligung des Klägers im Verhältnis zu Leistungsbeziehern nach dem SGB II, die keine private Vorsorge getroffen haben, beruht sowohl auf einem Fehlverständnis des Gleichheitssatzes als auch auf der Verkennung des Gesetzeszweckes der Grundsicherung nach dem SGB II.

Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht erst dann, wenn er bei Regelungen, die Personengruppen betreffen, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (vgl BVerfGE 102, 41, 54 = SozR 3-3100 § 84a Nr 3 S 18; st.Rspr.).

Eine Verletzung des Gleichheitssatzes bei der Gewährung von Freibeträgen besteht wegen der vorstehend ausgeführten Unterschiede zwischen Erwerbseinkünften einerseits und Lohnersatzleistungen andererseits nicht.

Die Festlegung hinsichtlich der Höhe der aus Steuermitteln zugewendeten Grundsicherungsleistung beruht auf der unterschiedlich ausgeprägten Bedürftigkeit von Personen mit Eigenmitteln und Personen ohne Eigenmittel.

Bei der Ausgestaltung von an die Bedürftigkeit des Empfängers anknüpfenden Sozialleistungen räumt auch das BVerfG dem Gesetzgeber einen weiten Spielraum ein (vgl BVerfG, 02.02.1999, 1 BvL 8/97, BVerfGE 100, 195 (205)) und prüft nicht, ob der Normgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (vgl BVerfG, 11.01.2005, 2 BvR 167/02, BVerfGE 112, 164 (175) BVerfG im Kammerbeschluss vom 16.03. 2011 - 1 BvR 591/08 = juris Rn 31)

Mit seiner Argumentation verkennt der Kläger den Regelungszweck der Grundsicherung nach dem SGB II, die nach dem Prinzip der Subsidiarität eben nur dann eintritt, wenn Eigenmittel nicht ausreichen bzw. aufgebraucht sind (für viele: Urteil des BSG vom 11.12.2012 - B 4 AS 29/12 R zur Verwertung einer Lebensversicherung).

Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG, das durch die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II einfach-rechtlich konkretisiert wird (vgl insoweit BVerfG, 09.02.2010 - 1 BvL 1/09, BVerfGE 125, 175 (222 ff)), gebietet es gerade nicht, dass Einnahmen, auf die der Hilfebedürftige tatsächlich zurückgreifen kann, von der Berücksichtigung als Einkommen ausgenommen werden. Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist es vielmehr notwendig, aber auch ausreichend, dass das Existenzminimum gedeckt werden kann, ohne dass es auf den Rechtsgrund der Einnahme oder die subjektive Verwendungsabsicht des Hilfebedürftigen ankäme (vgl BVerfG, 07.07.2010 - 1 BvR 2556/09, Kammerbeschluss vom 16.03.2011 - 1 BvR 591/08 = juris Rn 14).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Ein Anlass zur Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG besteht nicht.
Rechtskraft
Aus
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