Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 7 R 4435/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 R 64/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 20. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe einer Altersrente.
Der Kläger ist 1934 geboren worden. Er war vom 1. Oktober 1956 bis zum 31. August 1967 und vom 1. Juli 1968 bis zum 31. Januar 1990 in das Sonderversorgungssystem des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR (im Folgenden: MfS) einbezogen. Vom 4. September 1967 bis zum 12. Juli 1968 nahm er am Lehrgang der Bezirksparteischule Eberswalde der Sozialistischen Einheitspartei der DDR teil.
Auf den Antrag des Klägers hin bewilligte ihm die Beklagte ab 1. Januar 1995 durch bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 5. April 1995 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit auf der Grundlage von 32,9686 Entgeltpunkten (Ost). Nachdem das Bundesverwaltungsamt als Träger der Sonderversorgung des MfS im November 1995 Daten nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) bestandskräftig festgestellt hatte, berechnete die Beklagte die Rente durch ebenfalls bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 17. April 1996 von Beginn an auf der Grundlage von 35,0254 Entgeltpunkten (Ost) neu. Als Arbeitsentgelte für alle Zeiträume der Zugehörigkeit zur Sonderversorgung berücksichtigte sie dabei die vom Bundesverwaltungsamt als "Entgelt nach AAÜG" mitgeteilten Werte, die - teils anteilig - den Jahreshöchstverdiensten nach Anlage 6 zum AAÜG in der Fassung des Rentenüberleitungsgesetzes vom 25. Juli 1991 (BGBl. I S. 1606) entsprachen.
Als Folge von geänderten Feststellungen des Versorgungsträgers (Bescheid vom 20. Oktober 1999) stellte die Beklagte die Altersrente ab 1. Mai 1999 durch Bescheid vom 16. Februar 2000 nochmals neu fest. Den monatlichen Höchstwert des Rechts auf Rente berechnete sie unter Anwendung der besonderen Beitragsbemessungsgrenze nach § 7 i. V. mit Anlage 6 AAÜG in der Fassung des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes (vom 27. Juli 2001, BGBl. I S. 1939; im folgenden: n.F.) nun auf der Grundlage von 45,6407 Entgeltpunkten Ost. Seinen Widerspruch gegen den Bescheid, mit dem er eine Neuberechnung ab Rentenbeginn geltend machte, nahm der Kläger im Juli 2000 zurück.
Ein Rechtsstreit des Klägers, mit dem er gegen den Träger der Sonderversorgung die Wirkung des geänderten Entgeltbescheides vom 20. Oktober 1999 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2002) für die Zeit vor dem 1. Mai 1999 anstrebte, endete - nach klageabweisendem Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. Mai 2003 (Az. S 38 RA 3696/02) - 2005 durch Erledigungserklärung des Klägers (Az. LSG Berlin L 8 RA 37/03).
Den im Mai 2010 gestellten Antrag des Klägers, den Bescheid vom 16. Februar 2000 zu überprüfen und den Höchstwert des monatlichen Rechts auf Rente ohne die Begrenzung der Entgeltpunkte nach der besonderen Beitragsbemessungsgrenze zu gewähren, lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 10. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. August 2010 ab. Die Bescheide entsprächen der einfachgesetzlichen Rechtslage, an die die Beklagte gebunden sei.
Mit seiner Klage gegen diesen Bescheid hat der Kläger - wie bereits im Widerspruchsverfahren - die Verfassungswidrigkeit des § 7 AAÜG i. V. mit Anlage 6 zum AAÜG n.F. gerügt und sich auf ein Gutachten des Brandenburgischen Institutes für Arbeitsmarkt- und Beschäftigungsentwicklung e.V. (Prof. Dr. W und Dr. M) bezogen. Die gesetzliche Regelung verstoße gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Es treffe zwar zu, dass die Durchschnittseinkommen im Bereich des MfS über denen des zivilen Sektors lägen (im Jahr 1988 um 59 %). Über dem Niveau der Volkswirtschaft liegende Einkommen seien aber für den gesamten militärischen Bereich typisch. Außerdem lägen die Zuwachsraten der Einkommen in der Volkswirtschaft im Zeitraum 1965 bis 1988 mit 193 % erheblich über denen im MfS mit 173 %. Unter den militärischen Diensten wiesen die Einkommen bei der NVA die höchsten Steigerungsraten auf, entsprechend habe sich der Abstand zu den Einkommen beim MfS verringert. Politisch gesetzte Disparitäten fänden sich auch im zivilen Sektor der Volkswirtschaft wie die unterdurchschnittlichen Einkommen in der Textilindustrie (im Vergleich zur Industrie insgesamt) oder des produzierenden Handwerks (im Vergleich zur Volkswirtschaft insgesamt) zeigten. Es gebe keinen Beleg für eine Selbstprivilegierung des MfS. Die gesetzliche Regelung verletze aber auch das Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG), weil es in Ansprüche und Anwartschaften eingreife, die als Rechtsposition in der gesamtdeutschen Rechtsordnung anerkannt worden seien.
Die Beklagte hat weiter die Auffassung vertreten, dass die anzuwendenden Vorschriften verfassungsgemäß seien. Verfassungsbeschwerden seien mehrfach vom BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen worden. Das vom Kläger zur Unterstützung seiner Auffassung herangezogene Gutachten verändere nicht die Grundlagen, welche den bisherigen Entscheidungen des BVerfG zugrunde gelegen hätten.
Durch Gerichtsbescheid vom 20. Dezember 2010 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die anzuwendenden Vorschriften des einfachen Rechts seien mit dem Grundgesetz vereinbar. Das BVerfG habe 1999 lediglich die Begrenzung der berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelte auf 70 % des jeweiligen Durchschnittsentgelts im Beitrittsgebiet als mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 GG nicht vereinbar angesehen. Im Übrigen habe es bindend entschieden, dass eine Absenkung auf die Durchschnittsentgelte Grundrechte nicht verletze. Der Gesetzgeber habe berechtigt annehmen können, dass die Entgelte für Mitarbeiter des MfS deutlich überhöht gewesen seien. In dem Beschluss vom 22. Juni 2004 - 1 BvR 1070/02 (SozR 4-8570 § 7 Nr. 2) habe das BVerfG eine erneute verfassungsrechtliche Prüfung des § 7 AAÜG i. V. mit Anlage 6 zum AAÜG nur als zulässig angesehen, sofern neue rechtserhebliche Tatsachen gegen die tragenden Feststellungen seiner früheren Entscheidung vorlägen. Das vom Kläger zu seinen Gunsten herangezogene Gutachten führe nicht zu diesem Ergebnis. Es fehle bereits an einer Datengrundlage aufgrund neuerer Erkenntnisse. Die Gutachter selbst machten insoweit zahlreiche Einschränkungen. Das Gutachten bestätige außerdem, dass das Durchschnittseinkommen im MfS von 1950 bis 1988 deutlich über dem in der Volkswirtschaft gelegen habe. Die von den Gutachtern hierfür genannten Ursachen überzeugten nicht. Vielmehr bestätige sich, dass die Einkommensdifferenzierungen auf einer politischen Grundsatzentscheidung beruhten. Eine Verfassungswidrigkeit ergebe sich selbst bei einem Vergleich innerhalb des sogenannten "X-Bereichs" (MfS, Ministerium des Innern und NVA) nicht. Es fehle zum einen auch insoweit an einer validen Datengrundlage. Zum anderen bestätige das Gutachten selbst auf der vorhandenen Datenbasis, dass die Verdienste beim MfS aufgrund einer politisch gewollten Differenzierung weit überdurchschnittlich gewesen seien.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Anliegen mit der Begründung aus dem erstinstanzlichen Verfahren weiter. Er beantragt der Sache nach
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 20. Dezember 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 10. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. August 2010 aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 16. Februar 2002 zu ändern und ihm ab dem 1. Mai 1999 höhere Altersrente zu gewähren unter Berücksichtigung der vom Versorgungsträger für Versicherungszeiten vom 1. Oktober 1956 bis zum 31. August 1967 und vom 1. Juli 1968 bis zum 31. Januar 1990 ausgewiesenen Jahresbruttoentgelte, vervielfältigt mit den Werten der Anlage 10 zum Sechsten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB VI), bis höchstens zur allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze (§ 260 SGB VI).
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung und ihre Bescheide für zutreffend.
Die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten lagen dem Senat bei seiner Entscheidung vor. Wegen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Aktenstücke Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung über die Berufung entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, den Bescheid vom 16. Februar 2000 teilweise zurückzunehmen und dem Kläger eine höhere Rente zu gewähren.
Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.
Der Bescheid vom 16. Februar 2000 ist nicht rechtswidrig. Der nach dem Rechtszustand vom 1. Januar 1995, jedoch unter Berücksichtigung der geänderten Feststellungen des Trägers der Sonderversorgung ab 1. Mai 1999 aufgrund der ab dann geltenden Rechtslage im AAÜG (Art. 11 und 13 Abs. 1 2. AAÜG-Änderungsgesetz) festzustellende monatliche Höchstwert des Rechts auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit (§ 38 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI] in der bis 31. Juli 1996 geltenden Fassung - im folgenden ohne Zusatz zitiert) berechnet sich - da sie ausschließlich auf Versicherungszeiten des Klägers im Beitrittsgebiet beruht -, indem für den Zeitpunkt des Rentenbeginns die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors (§ 77 SGB VI) ermittelten persönlichen Entgeltpunkte Ost (§§ 66, 254d SGB VI), der Rentenartfaktor (§ 67 SGB VI) und der aktuelle Rentenwert Ost (§ 255a SGB VI) mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden (§§ 63 Abs. 6, 64 SGB VI). Bei der Ermittlung der Entgeltpunkte (Ost) hat die Beklagte dabei gemäß § 259b Abs. 1 SGB VI die besonderen Beitragsbemessungsgrenzen nach § 7 AAÜG i. V. mit Anlage 6 zum AAÜG anzuwenden, soweit die tatsächlichen Voraussetzungen für deren Vorliegen vom Träger der Sonderversorgung - wie hier - (bestandskräftig) festgestellt worden sind (s. stellvertretend BSG, Urteil vom 14. Dezember 2011 - B 5 R 2/10 R - SozR 4-8570 § 7 Nr. 3 m.w.Nachw.).
Die Beklagte hat diese sogenannte Rentenformel zutreffend angewendet, was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist. Eine für den Kläger günstige Entscheidung auf der Grundlage des einfachen Rechts kommt danach nicht in Betracht. Die Gerichte sind von Verfassungs wegen an Recht und Gesetz gebunden (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz [GG]). Sie müssen deshalb grundsätzlich auf der Grundlage des geltenden einfachen Gesetzesrechts - gegebenenfalls nach Auslegung nach anerkannten Methoden der Rechtswissenschaft - entscheiden. Lediglich dann, wenn das Gericht von der Verfassungswidrigkeit einer anzuwendenden Rechtsvorschrift überzeugt ist, muss es das Verfahren aussetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einholen (Art. 100 Abs. 1 GG). Weil § 7 AAÜG i. V. mit Anlage 6 zum AAÜG n.F. die Vorgaben des BVerfG aus dem für das Gericht bindenden Urteil vom 28. April 1999 - 1 BvL 11/94 u. a. - BVerfGE 100, 138 - keine Begrenzung der berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelte auf niedrigere Werte als die Durchschnittseinkünfte im Beitrittsgebiet - einhält, ist eine erneute Vorlage nur dann zulässig, wenn sie ausgehend von der Begründung der früheren Entscheidung tatsächliche oder rechtliche Veränderungen darlegt, die die Grundlage der früheren Entscheidung berühren und deren Überprüfung nahelegen (s. auch BSG SozR 4-8570 § 7 Nr. 3).
Der Senat hat nach diesem Maßstab keinen Anlass, eine Vorlage an das BVerfG nochmals ernsthaft zu prüfen (s. bereits die rechtskräftig gewordenen Beschlüsse des Senats vom 12. Februar 2013 - L 8 R 1214/09 - und vom 19. Februar 2013 - L 8 R 976/11). Um Wiederholungen zu vermeiden, nimmt er auf die Ausführungen des Sozialgerichts in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils (§ 153 Abs. 2 SGG) sowie ergänzend auf die Begründung des BSG in SozR 4-8570 § 7 Nr. 3 Bezug. Abschließend weist er darauf hin, dass das BVerfG bereits im Jahr 2010 (Beschluss vom 6. Juli 2010 - 1 BvR 9/06 u. a. - BVerfGE 126, 233) einschränkungslos wiederholt hatte, dass "der Gesetzgeber im Bestreben, überhöhte Anwartschaften abzubauen, wegen der Sonderstellung des MfS die Mitarbeiter der Staatssicherheit mit der Begrenzungsregelung des § 7 AAÜG unterschiedslos ohne Differenzierung nach der ausgeübten Tätigkeit erfassen konnte" (Abs. 71 der Gründe; zu den Folgen für die Verfassungsmäßigkeit des § 6 Abs. 2 AAÜG in der Fassung des 1. AAÜG-Änderungsgesetzes Abs. 68ff der Gründe).
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe einer Altersrente.
Der Kläger ist 1934 geboren worden. Er war vom 1. Oktober 1956 bis zum 31. August 1967 und vom 1. Juli 1968 bis zum 31. Januar 1990 in das Sonderversorgungssystem des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR (im Folgenden: MfS) einbezogen. Vom 4. September 1967 bis zum 12. Juli 1968 nahm er am Lehrgang der Bezirksparteischule Eberswalde der Sozialistischen Einheitspartei der DDR teil.
Auf den Antrag des Klägers hin bewilligte ihm die Beklagte ab 1. Januar 1995 durch bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 5. April 1995 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit auf der Grundlage von 32,9686 Entgeltpunkten (Ost). Nachdem das Bundesverwaltungsamt als Träger der Sonderversorgung des MfS im November 1995 Daten nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) bestandskräftig festgestellt hatte, berechnete die Beklagte die Rente durch ebenfalls bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 17. April 1996 von Beginn an auf der Grundlage von 35,0254 Entgeltpunkten (Ost) neu. Als Arbeitsentgelte für alle Zeiträume der Zugehörigkeit zur Sonderversorgung berücksichtigte sie dabei die vom Bundesverwaltungsamt als "Entgelt nach AAÜG" mitgeteilten Werte, die - teils anteilig - den Jahreshöchstverdiensten nach Anlage 6 zum AAÜG in der Fassung des Rentenüberleitungsgesetzes vom 25. Juli 1991 (BGBl. I S. 1606) entsprachen.
Als Folge von geänderten Feststellungen des Versorgungsträgers (Bescheid vom 20. Oktober 1999) stellte die Beklagte die Altersrente ab 1. Mai 1999 durch Bescheid vom 16. Februar 2000 nochmals neu fest. Den monatlichen Höchstwert des Rechts auf Rente berechnete sie unter Anwendung der besonderen Beitragsbemessungsgrenze nach § 7 i. V. mit Anlage 6 AAÜG in der Fassung des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes (vom 27. Juli 2001, BGBl. I S. 1939; im folgenden: n.F.) nun auf der Grundlage von 45,6407 Entgeltpunkten Ost. Seinen Widerspruch gegen den Bescheid, mit dem er eine Neuberechnung ab Rentenbeginn geltend machte, nahm der Kläger im Juli 2000 zurück.
Ein Rechtsstreit des Klägers, mit dem er gegen den Träger der Sonderversorgung die Wirkung des geänderten Entgeltbescheides vom 20. Oktober 1999 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2002) für die Zeit vor dem 1. Mai 1999 anstrebte, endete - nach klageabweisendem Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. Mai 2003 (Az. S 38 RA 3696/02) - 2005 durch Erledigungserklärung des Klägers (Az. LSG Berlin L 8 RA 37/03).
Den im Mai 2010 gestellten Antrag des Klägers, den Bescheid vom 16. Februar 2000 zu überprüfen und den Höchstwert des monatlichen Rechts auf Rente ohne die Begrenzung der Entgeltpunkte nach der besonderen Beitragsbemessungsgrenze zu gewähren, lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 10. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. August 2010 ab. Die Bescheide entsprächen der einfachgesetzlichen Rechtslage, an die die Beklagte gebunden sei.
Mit seiner Klage gegen diesen Bescheid hat der Kläger - wie bereits im Widerspruchsverfahren - die Verfassungswidrigkeit des § 7 AAÜG i. V. mit Anlage 6 zum AAÜG n.F. gerügt und sich auf ein Gutachten des Brandenburgischen Institutes für Arbeitsmarkt- und Beschäftigungsentwicklung e.V. (Prof. Dr. W und Dr. M) bezogen. Die gesetzliche Regelung verstoße gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Es treffe zwar zu, dass die Durchschnittseinkommen im Bereich des MfS über denen des zivilen Sektors lägen (im Jahr 1988 um 59 %). Über dem Niveau der Volkswirtschaft liegende Einkommen seien aber für den gesamten militärischen Bereich typisch. Außerdem lägen die Zuwachsraten der Einkommen in der Volkswirtschaft im Zeitraum 1965 bis 1988 mit 193 % erheblich über denen im MfS mit 173 %. Unter den militärischen Diensten wiesen die Einkommen bei der NVA die höchsten Steigerungsraten auf, entsprechend habe sich der Abstand zu den Einkommen beim MfS verringert. Politisch gesetzte Disparitäten fänden sich auch im zivilen Sektor der Volkswirtschaft wie die unterdurchschnittlichen Einkommen in der Textilindustrie (im Vergleich zur Industrie insgesamt) oder des produzierenden Handwerks (im Vergleich zur Volkswirtschaft insgesamt) zeigten. Es gebe keinen Beleg für eine Selbstprivilegierung des MfS. Die gesetzliche Regelung verletze aber auch das Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG), weil es in Ansprüche und Anwartschaften eingreife, die als Rechtsposition in der gesamtdeutschen Rechtsordnung anerkannt worden seien.
Die Beklagte hat weiter die Auffassung vertreten, dass die anzuwendenden Vorschriften verfassungsgemäß seien. Verfassungsbeschwerden seien mehrfach vom BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen worden. Das vom Kläger zur Unterstützung seiner Auffassung herangezogene Gutachten verändere nicht die Grundlagen, welche den bisherigen Entscheidungen des BVerfG zugrunde gelegen hätten.
Durch Gerichtsbescheid vom 20. Dezember 2010 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die anzuwendenden Vorschriften des einfachen Rechts seien mit dem Grundgesetz vereinbar. Das BVerfG habe 1999 lediglich die Begrenzung der berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelte auf 70 % des jeweiligen Durchschnittsentgelts im Beitrittsgebiet als mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 GG nicht vereinbar angesehen. Im Übrigen habe es bindend entschieden, dass eine Absenkung auf die Durchschnittsentgelte Grundrechte nicht verletze. Der Gesetzgeber habe berechtigt annehmen können, dass die Entgelte für Mitarbeiter des MfS deutlich überhöht gewesen seien. In dem Beschluss vom 22. Juni 2004 - 1 BvR 1070/02 (SozR 4-8570 § 7 Nr. 2) habe das BVerfG eine erneute verfassungsrechtliche Prüfung des § 7 AAÜG i. V. mit Anlage 6 zum AAÜG nur als zulässig angesehen, sofern neue rechtserhebliche Tatsachen gegen die tragenden Feststellungen seiner früheren Entscheidung vorlägen. Das vom Kläger zu seinen Gunsten herangezogene Gutachten führe nicht zu diesem Ergebnis. Es fehle bereits an einer Datengrundlage aufgrund neuerer Erkenntnisse. Die Gutachter selbst machten insoweit zahlreiche Einschränkungen. Das Gutachten bestätige außerdem, dass das Durchschnittseinkommen im MfS von 1950 bis 1988 deutlich über dem in der Volkswirtschaft gelegen habe. Die von den Gutachtern hierfür genannten Ursachen überzeugten nicht. Vielmehr bestätige sich, dass die Einkommensdifferenzierungen auf einer politischen Grundsatzentscheidung beruhten. Eine Verfassungswidrigkeit ergebe sich selbst bei einem Vergleich innerhalb des sogenannten "X-Bereichs" (MfS, Ministerium des Innern und NVA) nicht. Es fehle zum einen auch insoweit an einer validen Datengrundlage. Zum anderen bestätige das Gutachten selbst auf der vorhandenen Datenbasis, dass die Verdienste beim MfS aufgrund einer politisch gewollten Differenzierung weit überdurchschnittlich gewesen seien.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Anliegen mit der Begründung aus dem erstinstanzlichen Verfahren weiter. Er beantragt der Sache nach
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 20. Dezember 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 10. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. August 2010 aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 16. Februar 2002 zu ändern und ihm ab dem 1. Mai 1999 höhere Altersrente zu gewähren unter Berücksichtigung der vom Versorgungsträger für Versicherungszeiten vom 1. Oktober 1956 bis zum 31. August 1967 und vom 1. Juli 1968 bis zum 31. Januar 1990 ausgewiesenen Jahresbruttoentgelte, vervielfältigt mit den Werten der Anlage 10 zum Sechsten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB VI), bis höchstens zur allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze (§ 260 SGB VI).
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung und ihre Bescheide für zutreffend.
Die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten lagen dem Senat bei seiner Entscheidung vor. Wegen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Aktenstücke Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung über die Berufung entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, den Bescheid vom 16. Februar 2000 teilweise zurückzunehmen und dem Kläger eine höhere Rente zu gewähren.
Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.
Der Bescheid vom 16. Februar 2000 ist nicht rechtswidrig. Der nach dem Rechtszustand vom 1. Januar 1995, jedoch unter Berücksichtigung der geänderten Feststellungen des Trägers der Sonderversorgung ab 1. Mai 1999 aufgrund der ab dann geltenden Rechtslage im AAÜG (Art. 11 und 13 Abs. 1 2. AAÜG-Änderungsgesetz) festzustellende monatliche Höchstwert des Rechts auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit (§ 38 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI] in der bis 31. Juli 1996 geltenden Fassung - im folgenden ohne Zusatz zitiert) berechnet sich - da sie ausschließlich auf Versicherungszeiten des Klägers im Beitrittsgebiet beruht -, indem für den Zeitpunkt des Rentenbeginns die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors (§ 77 SGB VI) ermittelten persönlichen Entgeltpunkte Ost (§§ 66, 254d SGB VI), der Rentenartfaktor (§ 67 SGB VI) und der aktuelle Rentenwert Ost (§ 255a SGB VI) mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden (§§ 63 Abs. 6, 64 SGB VI). Bei der Ermittlung der Entgeltpunkte (Ost) hat die Beklagte dabei gemäß § 259b Abs. 1 SGB VI die besonderen Beitragsbemessungsgrenzen nach § 7 AAÜG i. V. mit Anlage 6 zum AAÜG anzuwenden, soweit die tatsächlichen Voraussetzungen für deren Vorliegen vom Träger der Sonderversorgung - wie hier - (bestandskräftig) festgestellt worden sind (s. stellvertretend BSG, Urteil vom 14. Dezember 2011 - B 5 R 2/10 R - SozR 4-8570 § 7 Nr. 3 m.w.Nachw.).
Die Beklagte hat diese sogenannte Rentenformel zutreffend angewendet, was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist. Eine für den Kläger günstige Entscheidung auf der Grundlage des einfachen Rechts kommt danach nicht in Betracht. Die Gerichte sind von Verfassungs wegen an Recht und Gesetz gebunden (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz [GG]). Sie müssen deshalb grundsätzlich auf der Grundlage des geltenden einfachen Gesetzesrechts - gegebenenfalls nach Auslegung nach anerkannten Methoden der Rechtswissenschaft - entscheiden. Lediglich dann, wenn das Gericht von der Verfassungswidrigkeit einer anzuwendenden Rechtsvorschrift überzeugt ist, muss es das Verfahren aussetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einholen (Art. 100 Abs. 1 GG). Weil § 7 AAÜG i. V. mit Anlage 6 zum AAÜG n.F. die Vorgaben des BVerfG aus dem für das Gericht bindenden Urteil vom 28. April 1999 - 1 BvL 11/94 u. a. - BVerfGE 100, 138 - keine Begrenzung der berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelte auf niedrigere Werte als die Durchschnittseinkünfte im Beitrittsgebiet - einhält, ist eine erneute Vorlage nur dann zulässig, wenn sie ausgehend von der Begründung der früheren Entscheidung tatsächliche oder rechtliche Veränderungen darlegt, die die Grundlage der früheren Entscheidung berühren und deren Überprüfung nahelegen (s. auch BSG SozR 4-8570 § 7 Nr. 3).
Der Senat hat nach diesem Maßstab keinen Anlass, eine Vorlage an das BVerfG nochmals ernsthaft zu prüfen (s. bereits die rechtskräftig gewordenen Beschlüsse des Senats vom 12. Februar 2013 - L 8 R 1214/09 - und vom 19. Februar 2013 - L 8 R 976/11). Um Wiederholungen zu vermeiden, nimmt er auf die Ausführungen des Sozialgerichts in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils (§ 153 Abs. 2 SGG) sowie ergänzend auf die Begründung des BSG in SozR 4-8570 § 7 Nr. 3 Bezug. Abschließend weist er darauf hin, dass das BVerfG bereits im Jahr 2010 (Beschluss vom 6. Juli 2010 - 1 BvR 9/06 u. a. - BVerfGE 126, 233) einschränkungslos wiederholt hatte, dass "der Gesetzgeber im Bestreben, überhöhte Anwartschaften abzubauen, wegen der Sonderstellung des MfS die Mitarbeiter der Staatssicherheit mit der Begrenzungsregelung des § 7 AAÜG unterschiedslos ohne Differenzierung nach der ausgeübten Tätigkeit erfassen konnte" (Abs. 71 der Gründe; zu den Folgen für die Verfassungsmäßigkeit des § 6 Abs. 2 AAÜG in der Fassung des 1. AAÜG-Änderungsgesetzes Abs. 68ff der Gründe).
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
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