L 1 KR 110/12

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 38 KR 1402/10
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KR 110/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 25. September 2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Krankengeld für die Zeit vom 22. November 2009 bis 29. Juni 2010.

Die 1967 geborene Klägerin arbeitete nach einem abgebrochen Jurastudium von 2001 bis Ende 2007 als Köchin und Küchenhilfe, konnte diese Tätigkeit wegen Schulterbeschwerden aber nicht mehr weiter ausüben. In der Folgezeit bezog sie zunächst Krankengeld und sodann während einer von der Bundesagentur für Arbeit geförderten Umschulungsmaßnahme Arbeitslosengeld. Im März 2009 brach die Klägerin diese Maßnahme wegen gesundheitlicher Probleme ab und bezog sodann vom 5. Juni bis 31. Juli 2009 wieder Krankengeld und im Anschluss daran bis zum 14. September 2009 Arbeitslosengeld. Für die Zeit ab 15. September 2009 attestierte ihr behandelnder Orthopäde R. ihr mit Bescheinigungen vom 15. September und 13. Oktober 2009 erneut Arbeitsunfähigkeit, zunächst bis zum 10. November 2009. Auf Anfrage der Beklagten teilte er unter dem 3. November 2009 mit, die Arbeitsunfähigkeit bestehe bis auf weiteres, und zwar aufgrund der Diagnosen M47.22G (Sonstige Spondylose mit Radikukopathie), M53.1G (Zervikobrachial-Syndrom) und M50.2G (Sonstige zervikale Bandscheibenverlagerung).

Unter dem 18.11.2009 kam der von der Beklagten beauftrage Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) N. nach Auswertung der vorliegenden Befundberichte der behandelnden Ärzte zu dem Ergebnis, dass ein Leistungsvermögen für leichte vollschichtige Tätigkeiten gegeben sei. Die Beklagte teilte der Klägerin daraufhin mit Bescheid vom 19. November 2009 mit, dass Krankengeld nur noch bis zum Zugang des Bescheides, längstens bis zum 26. November 2009 gezahlt werde. Der Bescheid wurde der Klägerin am 21. November 2009 zugestellt und Krankengeld wurde ihr bis zu diesem Tag ausgezahlt.

Auf den Widerspruch der Klägerin wurde erneut der MDK eingeschaltet, der in seinem Gutachten vom 25. Februar 2010 daran festhielt, dass Arbeitsunfähigkeit nicht mehr vorliege, sondern ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Arbeiten gegeben sei.

Die Beklagte wies den Widerspruch daraufhin mit Widerspruchsbescheid vom 1. September 2010 zurück. Mit ihrer dagegen erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, sie sei weiterhin arbeitsunfähig, denn sie habe Kalkschultern, Morbus Bechterew sowie Arthrose im oberen Halswirbelbereich und eine Fibromyalgie.

Das Sozialgericht hat Befundberichte der behandelnden Ärzte der Klägerin eingeholt und sodann die Ärztin für Psychiatrie und Neurologie B.B. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Diese hat in ihrem Gutachten vom 7. April 2011 festgestellt, dass bei der Klägerin seit dem 15. September 2009 eine Somatisierungsstörung im Sinne einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung bestehe, mit der aber ein vollschichtiges Leistungsvermögen für mittelschwere Tätigkeiten ohne sehr hohen Zeitdruck gegeben sei. Eine wesentliche depressive Begleitsymptomatik sei nicht gegeben.

Das Sozialgericht hat außerdem aus dem Rentenverfahren (S 11 R 500/10) ein Gutachten des Orthopäden Frank S. vom 30. November 2011 beigezogen, der zu dem Ergebnis gekommen ist, dass bei der Klägerin ein Fibromyalgiesyndrom vorliege, das heutzutage als Schmerzverarbeitungsstörung eingeordnet werde, da typischerweise keine wesentlichen pathologischen Veränderungen im Bereich der Gelenkfunktion festgestellt werden könne. Aus diesem Grund könnten zwar keine schweren körperlichen Tätigkeiten und keine Tätigkeiten mit erhöhter Konzentration an laufenden Maschinen oder gefährdeten Arbeitsplätzen mehr verrichtet werden. Ansonsten könnten aber leichte bis mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig verrichtet werden.

Das Sozialgericht hat sodann die Klage mit Urteil vom 25. September 2012 unter Bezugnahme auf die vorliegenden Gutachten abgewiesen und ausgeführt, dass sich auch aus den vorliegenden Befundunterlagen nichts anderes ergebe. Der Orthopäde R. habe der Klägerin zwar Arbeitsunfähigkeit bescheinigt, auf Nachfrage des Gerichts aber diese Einschätzung nicht wiederholt, sondern auf die Einholung eines unabhängigen Sachverständigengutachtens verwiesen. Der Internist und Rheumatologe Dr. H. habe in seinem Bericht vom 10. Dezember 2009, in dem er die Diagnose eines Fibromyalgie-Syndroms gestellt habe, festgehalten, dass er die Klägerin ausführlich über das Wesen einer solchen Erkrankung aufgeklärt und sie darauf hingewiesen habe, dass diese in aller Regel keine hinreichende Begründung für eine lang anhaltende Arbeitsunfähigkeit oder Berentung darstelle.

Mit ihrer am 25. Oktober 2012 eingelegten Berufung hält die Klägerin daran fest, dass sie auch in der Zeit vom 22. November 2009 bis 29. Juni 2010 arbeitsunfähig gewesen sei, wie es ihr behandelnder Arzt auch bescheinigt habe. Auch für Dr. H. sei die Arbeitsunfähigkeit durchaus durch die Fibromyalgie begründet gewesen, sein Anliegen sei nur die zeitliche Dauer gewesen. Die gerichtlichen Gutachten seien demgegenüber nicht aussagekräftig, da sie erst nach Beendigung des streitigen Zeitraums erstellt worden seien.

Die Klägerin beantragt nach ihrem Vorbringen,

das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 25. September 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19. November 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. September 2010 zu verpflichten, ihr Krankengeld für die Zeit vom 22. November 2009 bis 29. Juni 2010 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Entscheidung konnte allein durch die Berichterstatterin ergehen, da sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 155 Abs. 3 und 4, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch sonst zulässige Berufung (§§ 143, 151 SGG) ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat vielmehr zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen wird, festgestellt, dass die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Krankengeld gemäß § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) über den 21. November 2009 hinaus nicht erfüllt sind, da die Klägerin nicht arbeitsunfähig war.

Die Klägerin hat im Berufungsverfahren keine Umstände vorgebracht, die zu einer abweichenden Beurteilung führen könnten. Soweit sie bemängelt, dass die Gutachten der medizinischen Sachverständigen Braun und S. erst nach Ablauf des hier streitigen Zeitraums erstellt wurden, trifft dies zwar zu und ist bei einer gerichtlichen Überprüfung zurückliegender Zeiträume auch nicht anders möglich. Die Gutachter haben jedoch die Befundberichte der seinerzeit behandelnden Ärzte berücksichtigt und ausgewertet und ihre Beurteilung maßgeblich hierauf gestützt.

Soweit sich die Klägerin erneut darauf beruft, dass ihr behandelnder Orthopäde R. ihr weiterhin Arbeitsunfähigkeit bescheinigt habe, hat bereits das Sozialgericht zutreffend ausgeführt, dass dieser in seinem Befundbericht vom 22. November 2010 selbst vorgeschlagen hat, ein unabhängiges Sachverständigengutachten einzuholen, nachdem das Sozialgericht ihn darauf hingewiesen hatte, dass Maßstab für die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt waren. Ebenso zutreffend hat das Sozialgericht festgestellt, dass der behandelnde Rheumatologe der Klägerin, Dr. H., sie nach eigenen Angaben darüber aufgeklärt hat, dass ein Fibromyalgie-Syndrom in der Regel keine lang anhaltende Arbeitsunfähigkeit begründe. Wenn die Klägerin dagegen einwendet, dass er damit aber gerade das Bestehen von Arbeitsunfähigkeit bestätigt habe, nur eben nicht für eine lange Zeitdauer, ist anzumerken, dass die Arbeitsunfähigkeit für die Zeit vom 15. September bis zum 21. November 2009 von der Beklagten auch anerkannt wurde und somit nicht streitig ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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