Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 4 R 895/08
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 R 29/13 WA
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 9. Juni 2011 und der Bescheid der Beklagten vom 16. Juli 2008 aufgehoben. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin Nachversicherungsbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zugunsten der Beigeladenen zu entrichten hat oder ob der Anspruch verjährt ist.
Die am xxxxx 1946 geborene Beigeladene war nach Erlangung des Abiturs und absolviertem Lehrerstudium zunächst vom 10. August bis 30. September 1970 versicherungspflichtig beschäftigt. Danach trat sie am 1. Oktober 1970 als Beamtin auf Widerruf –Studienreferendarin – in den Dienst der Klägerin. Während dieser Tätigkeit wurde am 16. August 1972 ihr erster Sohn geboren. Am 31. Januar 1973 schied die Beigeladene aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf aus. In der Zeit vom 1. April bis 30. Juni 1973 übte sie eine versicherungspflichtige Tätigkeit als Erzieherin aus. Ab dem 22. Oktober 1973 war die Beigeladene dann zunächst bis 31. Juli 1976, dann wieder ab 1. August 1978 erneut versicherungspflichtig beschäftigt. In ihrem von der Beklagten geführten Versichertenkonto sind Pflichtbeiträge ab dem 22. Oktober 1973 gespeichert. Eine versicherungsfreie Beschäftigung nahm sie nachfolgend nicht auf.
Die Klägerin hatte ab etwa Mitte 1973 – zunächst wegen unzutreffender Anschrift vergeblich – versucht, von der Beigeladenen Auskunft zu der von dieser ausgeübten Beschäftigung zu erlangen. Im Mai 1974 teilte die Beigeladene mit, sie habe nach Ausscheiden aus dem Dienst bei der Klägerin in der Zeit vom 1. April bis 1. Juli 1973 eine versicherungspflichtige Tätigkeit als Erzieherin ausgeübt und sei ab 22. Oktober 1973 als "Lehrerin zur Ausbildung" beim Landesschulamt S. beschäftigt. Daraufhin erstellte die Klägerin am 15. Mai 1974 eine so genannte Aufschubbescheinigung, in der sie unter Angabe, die Beigeladene sei seit dem 22. Oktober 1973 beim Landesschulamt (neuer Arbeitgeber) als "Lehrerin z. A." (neue Dienstbezeichnung/Art der neuen Beschäftigung) beschäftigt, ausführte, dass die Nachentrichtung der Beiträge für die Zeit des Dienstes der Beigeladenen bei der Klägerin vom 1. Oktober 1970 bis 31. Januar 1973 nach § 125 Abs. 1 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) aufgeschoben werde, weil die Beigeladene zwar nicht unmittelbar, aber spätestens ein Jahr nach dem Ausscheiden in eine andere in der Rentenversicherung der Arbeiter oder der Angestellten versicherungsfreie Beschäftigung übergetreten sei. Die an die Beklagte und die Beigeladene versandte Aufschubbescheinigung wurde am 2. Juli 1974 bei der Beklagten bearbeitet; Beiträge zugunsten der Beigeladenen für deren Dienst bei der Klägerin forderte die Beklagte auch nachfolgend nicht an und wurden von der Klägerin nicht entrichtet.
Im Rahmen eines von der Beigeladenen im Januar 2008 beantragten Kontenklärungsverfahrens fragte die Beklagte bei der Beigeladenen an, ob sie bereits aus dem Beamtenverhältnis ausgeschieden oder seit dem 22. Oktober 1973 bis laufend als Lehrerin versicherungsfrei im Land S. beschäftigt sei. Nachdem ihr mitgeteilt worden war, dass die Beigeladene am 22. Oktober 1973 keine versicherungsfreie Tätigkeit angetreten hatte und nur versicherungspflichtig beschäftigt war, wandte sich die Beklagte an die Klägerin und forderte ausstehende Beiträge. Die Klägerin antwortete daraufhin, dass unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen für eine Nachversicherung Verjährung eingetreten sei.
Mit Bescheid vom 16. Juli 2008 forderte die Beklagte Nachversicherungsbeiträge von der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Oktober 1979 bis versehentlich zunächst 31. März 1973, was später auf den 31. Januar 1973 berichtigt wurde. Zur Begründung führte sie aus, die Nachversicherungsvoraussetzungen seien bereits mit dem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis eingetreten. Trotzdem seien Beiträge nicht gezahlt worden. Die Erhebung der Verjährungseinrede durch die Klägerin verstoße gegen Treu und Glauben und stelle unter dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht aus dem Beamtenverhältnis eine unzulässige Rechtsausübung dar. Mit ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Klage hat sich die Klägerin weiter auf die von ihr erhobene Einrede der Verjährung der Nachversicherungsbeiträge berufen. Die Beiträge seien am 1. Februar 1973 fällig geworden und nach den noch anzuwendenden Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) nach Ablauf von zwei Jahren am 31. Dezember 1975 verjährt. Eine absichtliche Hinterziehung von Beiträgen liege nicht vor. Aber selbst die dreißigjährige Verjährungsfrist wäre längst abgelaufen. Es sei ihr – der Klägerin – auch nicht verwehrt, sich auf Verjährung zu berufen. Die vermeintliche Verletzung der Fürsorgepflicht gegenüber dem ausgeschiedenen Beamten sei in dem Verhältnis zur Beklagten nicht zu prüfen. Sie – die Klägerin – sei ihren sich aus den gesetzlichen Vorschriften ergebenden Pflichten zur Prüfung von Aufschubgründen und Erstellung der Aufschubbescheinigung nachgekommen. Die Beklagte sei an diese Entscheidung nicht gebunden gewesen und hätte Beiträge durch rechtsmittelfähigen Bescheid von ihr – der Klägerin – fordern können, soweit sie einen Aufschubgrund nicht als gegeben gesehen habe. Die Beklagte hat demgegenüber die Auffassung vertreten, die Erhebung der Einrede der Verjährung durch die Klägerin verstoße gegen Treu und Glauben und stelle eine unzulässige Rechtsausübung dar. Die Einrede sei immer dann unzulässig, wenn der Schuldner (die Klägerin) den Gläubiger (die Beklagte) von verjährungshemmenden Tatsachen abgehalten habe. Ein solches Handeln sei der Klägerin insoweit vorzuwerfen, als sie die Aufschubbescheinigung nach unzureichender Prüfung der Angaben der Beigeladenen ausgestellt und darin auch noch die Angabe der Beigeladenen "Lehrerin zur Ausbildung" in "Lehrerin z.A." verfälscht habe. Aufgrund dieser Angaben habe sie – die Beklagte – keine Veranlassung für eine weitere Sachprüfung gehabt. Sowohl die Führung des Versichertenkontos als auch der Versand von Renteninformationen erfolge vollautomatisch ohne Einschaltung der Sachbearbeitung. Deshalb habe sie erst aufgrund des Antrages auf Kontenklärung im Januar 2008 erfahren, dass zum 22. Oktober 1973 kein versicherungsfreies Beschäftigungsverhältnis aufgenommen worden ist.
Die Beigeladene hat sich während des Klageverfahrens nicht geäußert.
Durch Urteil vom 9. Juni 2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zwischen den Beteiligten sei zu Recht unstreitig, dass die geltend gemachte Nachversicherungsschuld nach den wegen des Ausscheidens der Beigeladenen aus dem Beamtenverhältnis vor dem 1. Januar 1992 weiter anzuwendenden Regelungen des AVG (vgl. § 233 Abs. 1 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung –) entstanden ist. Ebenfalls zu Recht sei unstreitig, dass die Klägerin als dafür zuständige Stelle zwar eine Aufschubbescheinigung erstellt habe und diese der Beklagten auch zugegangen sei, diese Aufschubbescheinigung jedoch wegen des Fehlens eines materiell-rechtlichen Aufschubgrundes von vornherein unrichtig gewesen ist. Letztlich sei auch zu Recht zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die geltend gemachten Nachversicherungsbeiträge zum Zeitpunkt der ersten Geltendmachung durch die Beklagte im Jahre 2008 bereits verjährt waren, weil sie nach § 29 Abs. 1 RVO, da sie nicht absichtlich hinterzogen worden seien, bereits mit Ablauf des 31. Dezember 1975 verjährt sind. Allerdings stehe die Verjährung des Nachversicherungsanspruchs der Geltendmachung der Nachversicherungsbeiträge nicht entgegen, weil der Klägerin eine Berufung auf die Einrede der Verjährung nach Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch) verwehrt sei. Es sei anerkannt, dass der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung der Verjährungseinrede dann entgegenstehe, wenn der Schuldner den Gläubiger von verjährungsunterbrechenden oder –hemmenden Handlungen abgehalten habe. Ein solches Handeln sei der Klägerin vorzuwerfen, weil sie mit der ausgestellten Aufschubbescheinigung bestätigt habe, den Aufschubtatbestand geprüft zu haben. Erschwerend komme hinzu, dass die Klägerin die Angaben der Beigeladenen nicht wörtlich in die Aufschubbescheinigung übernommen habe. Zwar treffe die Verpflichtung zur Prüfung, ob ein Aufschubgrund bestehe, die Beklagte, da sich die Aufschubentscheidung auf die Mitteilung beschränke, dass und weshalb der Arbeitgeber meint, Nachversicherungsbeiträge an den Rentenversicherungsträger noch nicht zahlen zu müssen. Dem Träger der Rentenversicherung obliege es dann, die Aufschubbescheinigung auf ihre Schlüssigkeit zu prüfen. Jedoch habe die Klägerin als gegenüber privaten Arbeitgebern privilegierter Dienstherr, dem es gestattet ist, in eigener Zuständigkeit das Vorliegen eines Nachversicherungsfalles und auch zu prüfen, ob die Fälligkeit von Nachversicherungsbeiträgen und damit deren Entrichtung hinausgeschoben werden kann, nicht nur das Recht, sondern auch die Verpflichtung zu einer ordnungsgemäßen Prüfung. Dies beinhalte auch die Verpflichtung zur weiteren Sachaufklärung, wenn die Angaben des unversorgt Ausgeschiedenen nicht eindeutig sind. Indem die Klägerin die Angabe der Beigeladenen, als Lehrerin zur Ausbildung beim Landesschulamt S. zu arbeiten, dahingehend verändert habe, dass sie in der Aufschubbescheinigung "Lehrerin z.A." angegeben hat, sei für die Beklagte – der andere Unterlagen nicht vorgelegen hätten – nicht mehr erkennbar gewesen, dass es sich gegebenenfalls um eine versicherungspflichtige Beschäftigung handeln könnte. Auch die in der Aufschubbescheinigung von der Klägerin weiter übernommene Verpflichtung, Beiträge dann zu entrichten, sobald die Beigeladene aus der aufgenommenen bzw. den Folgebeschäftigungen unversorgt ausgeschieden sei, habe der Beklagten keinen Anlass gegeben, an den Aufschubgründen zu zweifeln. Daher habe die Klägerin mit der falschen Aufschubbescheinigung die Beklagte von verjährungsunterbrechenden oder –hemmenden Handlungen abgehalten. Darüber hinaus sei das Verhalten der Klägerin auch mit Blick darauf treuwidrig, dass die eingetretene Verjährung sich zu Lasten der Beigeladenen auswirke, obwohl diese keine Schuld an der pflichtwidrig unterbliebenen Nachversicherung treffe. Durch die Aufschubbescheinigung sei auch bei ihr der Eindruck erweckt worden, man habe aufgrund der von ihr mitgeteilten Beschäftigung die Beitragsentrichtung geprüft und entschieden, sie später durchzuführen. Das Unterlassen einer Nachversicherung stelle einen Verstoß gegen die fortwirkende Fürsorgepflicht gegenüber dem ausgeschiedenen Beamten dar, wenn dem Versicherten aus dem Unterbleiben der Nachversicherung Nachteile entstehen, weil wie im vorliegenden Fall seine Rente geringer ausfällt. Soweit sich die Klägerin weiterhin auf ihr Recht zur Erhebung der Einrede der Verjährung berufe, entstehe der Beigeladenen ein konkreter Nachteil in Form einer etwa 10 Prozent niedrigeren Rente. Der Anspruch der Beklagten auf Nachentrichtung der Beiträge sei auch unter keinem Gesichtspunkt verwirkt.
Gegen das der Klägerin am 28. September 2011 zugestellte Urteil hat diese am 11. Oktober 2011 Berufung eingelegt, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 9. Juni 2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16. Juli 2008 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, das Sozialgericht habe die Klage zu Recht und mit zutreffenden Gründen abgewiesen.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag und hat sich auch im Berufungsverfahren nicht geäußert.
Auf Antrag der Beteiligten hat der Senat das Verfahren im Hinblick auf das beim Bundessozialgericht (BSG) anhängige Verfahren B 5 R 88/11 R zum Ruhen gebracht. Mit am 8. Februar 2013 eingegangenem Schriftsatz ist es von der Beklagten im Nachgang zu der vom BSG am 27. Juni 2012 insoweit getroffenen Entscheidung wieder aufgenommen worden. Die Beklagte fühlt sich in ihrer Auffassung durch diese Entscheidung bestätigt. Die Erhebung der Verjährungseinrede durch einen Nachversicherungsschuldner sei rechtsmissbräuchlich, wenn der Rentenversicherungsträger von der rechtzeitigen Geltendmachung seines Beitragsanspruches durch pflichtwidriges Verhalten des Nachversicherungsschuldners abgehalten worden sei. Dies gelte insbesondere dann, wenn allein dieses objektiv pflichtwidrige Verhalten ursächlich dafür sei, dass der Rentenversicherungsträger keine Kenntnis von seinem Anspruch erlangt habe.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der in der Sitzungsniederschrift vom 14. Mai 2013 aufgeführten Akten und Unterlagen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündli-chen Verhandlung und Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist auch begründet. Das Sozialgericht hat die auf Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 16. Juli 2008 gerichtete Klage zu Unrecht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtswidrig. Entgegen ihrer Auffassung hat die Beklagte keinen Anspruch (mehr) auf Nachentrichtung von Beiträgen zugunsten der Beigeladenen.
Zwar ist die Beklagte als zuständiger Rentenversicherungsträger grundsätzlich befugt, gegenüber der Klägerin als öffentlich-rechtlichem Arbeitgeber (Dienstherr) die Entrichtung der Nachversicherungsbeiträge zugunsten der Beigeladenen durch Verwaltungsakt einzufordern, d.h. die Beitragspflicht und Beitragshöhe verbindlich festzustellen. Sie kann von der Klägerin jedoch für die Zeit vom 1. Oktober 1970 bis 31. Januar 1973 zugunsten der Beigeladenen nicht (mehr) die Nachentrichtung von Beiträgen verlangen.
Zutreffend hat das Sozialgericht in seiner angefochtenen Entscheidung unter vollständiger Darstellung der Sach- und Rechtslage und unter Beachtung der einschlägigen Rechtsprechung des BSG dargelegt, dass die geltend gemachte Nachversicherungsschuld entstanden, der Anspruch der Beklagten auf Nachentrichtung allerdings verjährt ist. Ebenfalls zutreffend hat es ausgeführt, dass die von der Klägerin unter dem 15. Mai 1974 ausgestellte und sowohl der Beklagten als auch der Beigeladenen zugegangene Aufschubbescheinigung von Anfang an falsch war, weil objektiv ein Aufschubgrund nicht vorlag.
Zu Recht hat das Sozialgericht auch darauf hingewiesen, dass die Einrede der Verjährung dann unzulässig ist, wenn der Schuldner den Gläubiger von der rechtzeitigen Geltendmachung eines Rechts abgehalten, insbesondere ihn von verjährungsunterbrechenden oder –hemmenden Handlungen abgehalten hat. Dies gilt nach der Entscheidung des BSG vom 27. Juni 2012 – B 5 R 88/11 R – auch, wenn der Schuldner den Gläubiger durch pflichtwidriges Unterlassen von der Geltendmachung seines Beitragsanspruchs abgehalten hat.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts liegen diese Voraussetzungen für die Missbräuchlichkeit und damit Unzulässigkeit der Verjährungseinrede jedoch gerade nicht vor. Zwar war die von der Klägerin ausgestellte Aufschubbescheinigung objektiv falsch, weil es mit Blick darauf, dass die Beigeladene eine versicherungsfreie Tätigkeit nicht wieder aufgenommen hat, an einem Aufschubgrund fehlt. Jedoch folgt hieraus noch nicht die Rechtsmissbräuchlichkeit der Berufung auf die Einrede der Verjährung. Zutreffend hat nämlich bereits das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urt. vom 11. September 1980 – 1 RA 81/79 –) allein der Rentenversicherungsträger entscheidet, ob die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für einen Aufschub der Nachversicherung gegeben sind. Dieser Rechtsprechung folgt der erkennende Senat. Die Ausstellung der Aufschubbescheinigung durch die Klägerin beschränkt sich danach letztlich auf die Mitteilung, dass und weshalb der Arbeitgeber meint, Nachversicherungsbeiträge an den Rentenversicherungsträger (noch) nicht zahlen zu müssen. Zu den Pflichten des ehemaligen Arbeitgebers gehört es danach, im Falle des Ausscheidens eines Beschäftigten eine Entscheidung darüber zu treffen, ob Nachversicherungsbeiträge gezahlt werden sollen oder nicht (= Aufschubentscheidung) und gegebenenfalls die Beiträge nachzuentrichten bzw. bei Annahme eines Aufschubgrundes eine Aufschubbescheinigung zu erteilen. Ist der Arbeitgeber wie hier die Klägerin diesen Pflichten nachgekommen, so ist es nunmehr die alleinige Aufgabe des Rentenversicherungsträgers zu prüfen, ob eine Aufschubentscheidung des Dienstherrn vorliegt und ein materiell-rechtlicher Aufschubgrund tatsächlich besteht bzw. anderenfalls die Beitragsnachentrichtung durch Bescheid für die Beteiligten verbindlich festzustellen (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen vom 16. Dezember 2009 – L 3 R 106/09 – m.w.N.).
Dass eine versicherungsfreie Beschäftigung in Wahrheit gar nicht vorlag, hätte die Beklagte auch nur nicht erkennen können, sondern als für die Führung des Versicherungskontos zuständiger Träger auch erkennen müssen. Denn bereits ab dem 22. Oktober 1973 waren Pflichtbeiträge auf dem Versichertenkonto der Beigeladenen eingegangen. Bei der am 2. Juli 1974 erfolgten Verarbeitung der Aufschubbescheinigung hätte der Beklagten bei einem Blick in das Konto auffallen müssen, dass der in der Aufschubbescheinigung genannte Aufschubgrund "seit 22.10.73 beim Landesschulamt S. als Lehrerin z.A. beschäftigt" so nicht richtig sein konnte, weil er im Widerspruch zum Versicherungsverlauf stand. Der Hinweis der Beklagten, dass die Beitragsentrichtung wie auch die Versendung von Versicherungsverläufen usw. voll maschinell ohne Einschaltung der Sachbearbeitung erfolgt, vermag die Beklagte nicht in der Weise zu entlasten, als nunmehr die Klägerin die Folgen des Versäumnisses hinsichtlich der Prüfung des Aufschubgrundes zu tragen hätte und an der Erhebung der Einrede der Verjährung gehindert wäre. Vielmehr hätte es der Beklagten oblegen, dafür Sorge zu tragen, dass allein bei ihr vorhandene Kenntnisse des Versicherungsverlaufs zur Prüfung der eingereichten Aufschubbescheinigung fruchtbar gemacht werden.
An diesem Ergebnis vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, dass die Klägerin die Mitteilung der Beigeladenen "Lehrerin zur Ausbildung" in der Aufschubbescheinigung in "Lehrerin z.A." geändert bzw. abgekürzt hat. Denn die Klägerin hat durch die verwendete Abkürzung in der Aufschubbescheinigung keine Angaben gemacht, die die Beklagte von der Überprüfung der Aufschubbescheinigung und in deren Folge von der Geltendmachung der Beiträge hätte abhalten dürfen. Überdies wäre auch ohne die verwendete Abkürzung die Angabe der Beigeladenen dahingehend zu verstehen gewesen, dass diese am 22. Oktober 1973 – wiederum – in einem versicherungsfreien Beschäftigungsverhältnis steht. Zwar wird das Kürzel "z.A." in der Regel dahingehend verstanden, dass ein Probebeamtenverhältnis, also ein versicherungsfreies Beschäftigungsverhältnis besteht. Jedoch gilt im Ergebnis nichts anderes für die Angabe "Lehrerin zur Ausbildung". Nach dem Sprachgebrauch kann damit nur eine Studienreferendarin gemeint sein, also – zumindest nach der Handhabung in den siebziger Jahren – eine Beamtin auf Widerruf, die gleichfalls versicherungsfrei beschäftigt ist. Zu dieser Auslegung des von der Beigeladenen in ihrer Antwort an die Klägerin benutzten Begriffs passt, dass die Beigeladene ihre in Hamburg absolvierte Referendarzeit nach Aktenlage nicht mit dem 2. Staatsexamen abgeschlossen hat. Eine andere Definition der Angabe "Lehrerin zur Ausbildung" ist für den Senat nicht ersichtlich. Hiermit hat die Beigeladene gegenüber ihrem ehemaligen Dienstherrn den Eindruck erweckt, es sei das in seinem Zuständigkeitsbereich abgebrochene Referendariat in der Folgezeit in S. fortgesetzt worden. Diese Information hat die Klägerin lediglich an die Beklagte weitergegeben. Zu einer weiteren Prüfung hatte die Klägerin auch weder Möglichkeit noch Anlass, weil ihr die aus dem Versicherungskonto ersichtlichen – abweichenden – Informationen gerade nicht vorlagen.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts vermag auch die fortwirkende Fürsorgepflicht gegenüber dem ausgeschiedenen Beamten (hier der Beigeladenen) die Zulässigkeit der von der Klägerin erhobenen Einrede der Verjährung nicht zu berühren. Abgesehen davon, dass die Beigeladene mit der Mitteilung, sie sei ab 22.10.73 "Lehrerin zur Ausbildung" beim Landesschulamt S. ganz wesentlich zum Irrtum der Klägerin und Beklagten hinsichtlich des Aufschubgrundes beigetragen hat, ist sie als aus dem öffentlichen Dienst Ausgeschiedene auch bei einer pflichtwidrig unterbliebenen Nachversicherung nicht rechtlos gestellt; denn sie hatte innerhalb der Verjährungsfristen die Möglichkeit, ihren ehemaligen Dienstherrn auf Entrichtung der Nachversicherungsbeiträge in Anspruch zu nehmen (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O). Entgegen den Ausführungen des Sozialgerichts bestand für die Beigeladene bis zu dem Zeitpunkt, als die Beklagte nachfragte, ob sie noch als Lehrerin im Beamtenverhältnis tätig ist, sehr wohl Anlass, an der Zusage der Klägerin aus der Aufschubbescheinigung, die Nachversicherung später durchzuführen, zu zweifeln. Zum einen hatte die Beigeladene die unrichtige Aufschubbescheinigung nicht nur durch ihre Angaben herbeigeführt, sie war auch diejenige, die als erste und am einfachsten die Unrichtigkeit der auch ihr zugesandten Aufschubbescheinigung feststellen konnte. Sie wusste im Gegensatz zu den übrigen Beteiligten, dass sie nicht versicherungsfrei, wie in der Aufschubbescheinigung behauptet, sondern versicherungspflichtig beschäftigt war. Darüber hinaus sind ihr im Laufe der Zeit mehrfach Renteninformationen in Verbindung mit Versicherungsverläufen von der Beklagten zugegangen, denen sie ohne Weiteres entnehmen konnte, dass die Nachversicherung nicht erfolgt war. Warum sie darauf nicht reagiert hat, ist nicht nachzuvollziehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache. Hierbei hat der Senat davon abgesehen, außergerichtliche Kosten der Beigeladenen gemäß § 197a SGG in Verbindung mit § 162 Abs. 3 VwGO der unterliegenden Beklagten oder der Staatskasse aufzuerlegen, weil dies mit Blick auf den Ausgang des Verfahrens nicht der Billigkeit entsprochen hätte.
Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin Nachversicherungsbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zugunsten der Beigeladenen zu entrichten hat oder ob der Anspruch verjährt ist.
Die am xxxxx 1946 geborene Beigeladene war nach Erlangung des Abiturs und absolviertem Lehrerstudium zunächst vom 10. August bis 30. September 1970 versicherungspflichtig beschäftigt. Danach trat sie am 1. Oktober 1970 als Beamtin auf Widerruf –Studienreferendarin – in den Dienst der Klägerin. Während dieser Tätigkeit wurde am 16. August 1972 ihr erster Sohn geboren. Am 31. Januar 1973 schied die Beigeladene aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf aus. In der Zeit vom 1. April bis 30. Juni 1973 übte sie eine versicherungspflichtige Tätigkeit als Erzieherin aus. Ab dem 22. Oktober 1973 war die Beigeladene dann zunächst bis 31. Juli 1976, dann wieder ab 1. August 1978 erneut versicherungspflichtig beschäftigt. In ihrem von der Beklagten geführten Versichertenkonto sind Pflichtbeiträge ab dem 22. Oktober 1973 gespeichert. Eine versicherungsfreie Beschäftigung nahm sie nachfolgend nicht auf.
Die Klägerin hatte ab etwa Mitte 1973 – zunächst wegen unzutreffender Anschrift vergeblich – versucht, von der Beigeladenen Auskunft zu der von dieser ausgeübten Beschäftigung zu erlangen. Im Mai 1974 teilte die Beigeladene mit, sie habe nach Ausscheiden aus dem Dienst bei der Klägerin in der Zeit vom 1. April bis 1. Juli 1973 eine versicherungspflichtige Tätigkeit als Erzieherin ausgeübt und sei ab 22. Oktober 1973 als "Lehrerin zur Ausbildung" beim Landesschulamt S. beschäftigt. Daraufhin erstellte die Klägerin am 15. Mai 1974 eine so genannte Aufschubbescheinigung, in der sie unter Angabe, die Beigeladene sei seit dem 22. Oktober 1973 beim Landesschulamt (neuer Arbeitgeber) als "Lehrerin z. A." (neue Dienstbezeichnung/Art der neuen Beschäftigung) beschäftigt, ausführte, dass die Nachentrichtung der Beiträge für die Zeit des Dienstes der Beigeladenen bei der Klägerin vom 1. Oktober 1970 bis 31. Januar 1973 nach § 125 Abs. 1 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) aufgeschoben werde, weil die Beigeladene zwar nicht unmittelbar, aber spätestens ein Jahr nach dem Ausscheiden in eine andere in der Rentenversicherung der Arbeiter oder der Angestellten versicherungsfreie Beschäftigung übergetreten sei. Die an die Beklagte und die Beigeladene versandte Aufschubbescheinigung wurde am 2. Juli 1974 bei der Beklagten bearbeitet; Beiträge zugunsten der Beigeladenen für deren Dienst bei der Klägerin forderte die Beklagte auch nachfolgend nicht an und wurden von der Klägerin nicht entrichtet.
Im Rahmen eines von der Beigeladenen im Januar 2008 beantragten Kontenklärungsverfahrens fragte die Beklagte bei der Beigeladenen an, ob sie bereits aus dem Beamtenverhältnis ausgeschieden oder seit dem 22. Oktober 1973 bis laufend als Lehrerin versicherungsfrei im Land S. beschäftigt sei. Nachdem ihr mitgeteilt worden war, dass die Beigeladene am 22. Oktober 1973 keine versicherungsfreie Tätigkeit angetreten hatte und nur versicherungspflichtig beschäftigt war, wandte sich die Beklagte an die Klägerin und forderte ausstehende Beiträge. Die Klägerin antwortete daraufhin, dass unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen für eine Nachversicherung Verjährung eingetreten sei.
Mit Bescheid vom 16. Juli 2008 forderte die Beklagte Nachversicherungsbeiträge von der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Oktober 1979 bis versehentlich zunächst 31. März 1973, was später auf den 31. Januar 1973 berichtigt wurde. Zur Begründung führte sie aus, die Nachversicherungsvoraussetzungen seien bereits mit dem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis eingetreten. Trotzdem seien Beiträge nicht gezahlt worden. Die Erhebung der Verjährungseinrede durch die Klägerin verstoße gegen Treu und Glauben und stelle unter dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht aus dem Beamtenverhältnis eine unzulässige Rechtsausübung dar. Mit ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Klage hat sich die Klägerin weiter auf die von ihr erhobene Einrede der Verjährung der Nachversicherungsbeiträge berufen. Die Beiträge seien am 1. Februar 1973 fällig geworden und nach den noch anzuwendenden Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) nach Ablauf von zwei Jahren am 31. Dezember 1975 verjährt. Eine absichtliche Hinterziehung von Beiträgen liege nicht vor. Aber selbst die dreißigjährige Verjährungsfrist wäre längst abgelaufen. Es sei ihr – der Klägerin – auch nicht verwehrt, sich auf Verjährung zu berufen. Die vermeintliche Verletzung der Fürsorgepflicht gegenüber dem ausgeschiedenen Beamten sei in dem Verhältnis zur Beklagten nicht zu prüfen. Sie – die Klägerin – sei ihren sich aus den gesetzlichen Vorschriften ergebenden Pflichten zur Prüfung von Aufschubgründen und Erstellung der Aufschubbescheinigung nachgekommen. Die Beklagte sei an diese Entscheidung nicht gebunden gewesen und hätte Beiträge durch rechtsmittelfähigen Bescheid von ihr – der Klägerin – fordern können, soweit sie einen Aufschubgrund nicht als gegeben gesehen habe. Die Beklagte hat demgegenüber die Auffassung vertreten, die Erhebung der Einrede der Verjährung durch die Klägerin verstoße gegen Treu und Glauben und stelle eine unzulässige Rechtsausübung dar. Die Einrede sei immer dann unzulässig, wenn der Schuldner (die Klägerin) den Gläubiger (die Beklagte) von verjährungshemmenden Tatsachen abgehalten habe. Ein solches Handeln sei der Klägerin insoweit vorzuwerfen, als sie die Aufschubbescheinigung nach unzureichender Prüfung der Angaben der Beigeladenen ausgestellt und darin auch noch die Angabe der Beigeladenen "Lehrerin zur Ausbildung" in "Lehrerin z.A." verfälscht habe. Aufgrund dieser Angaben habe sie – die Beklagte – keine Veranlassung für eine weitere Sachprüfung gehabt. Sowohl die Führung des Versichertenkontos als auch der Versand von Renteninformationen erfolge vollautomatisch ohne Einschaltung der Sachbearbeitung. Deshalb habe sie erst aufgrund des Antrages auf Kontenklärung im Januar 2008 erfahren, dass zum 22. Oktober 1973 kein versicherungsfreies Beschäftigungsverhältnis aufgenommen worden ist.
Die Beigeladene hat sich während des Klageverfahrens nicht geäußert.
Durch Urteil vom 9. Juni 2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zwischen den Beteiligten sei zu Recht unstreitig, dass die geltend gemachte Nachversicherungsschuld nach den wegen des Ausscheidens der Beigeladenen aus dem Beamtenverhältnis vor dem 1. Januar 1992 weiter anzuwendenden Regelungen des AVG (vgl. § 233 Abs. 1 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung –) entstanden ist. Ebenfalls zu Recht sei unstreitig, dass die Klägerin als dafür zuständige Stelle zwar eine Aufschubbescheinigung erstellt habe und diese der Beklagten auch zugegangen sei, diese Aufschubbescheinigung jedoch wegen des Fehlens eines materiell-rechtlichen Aufschubgrundes von vornherein unrichtig gewesen ist. Letztlich sei auch zu Recht zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die geltend gemachten Nachversicherungsbeiträge zum Zeitpunkt der ersten Geltendmachung durch die Beklagte im Jahre 2008 bereits verjährt waren, weil sie nach § 29 Abs. 1 RVO, da sie nicht absichtlich hinterzogen worden seien, bereits mit Ablauf des 31. Dezember 1975 verjährt sind. Allerdings stehe die Verjährung des Nachversicherungsanspruchs der Geltendmachung der Nachversicherungsbeiträge nicht entgegen, weil der Klägerin eine Berufung auf die Einrede der Verjährung nach Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch) verwehrt sei. Es sei anerkannt, dass der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung der Verjährungseinrede dann entgegenstehe, wenn der Schuldner den Gläubiger von verjährungsunterbrechenden oder –hemmenden Handlungen abgehalten habe. Ein solches Handeln sei der Klägerin vorzuwerfen, weil sie mit der ausgestellten Aufschubbescheinigung bestätigt habe, den Aufschubtatbestand geprüft zu haben. Erschwerend komme hinzu, dass die Klägerin die Angaben der Beigeladenen nicht wörtlich in die Aufschubbescheinigung übernommen habe. Zwar treffe die Verpflichtung zur Prüfung, ob ein Aufschubgrund bestehe, die Beklagte, da sich die Aufschubentscheidung auf die Mitteilung beschränke, dass und weshalb der Arbeitgeber meint, Nachversicherungsbeiträge an den Rentenversicherungsträger noch nicht zahlen zu müssen. Dem Träger der Rentenversicherung obliege es dann, die Aufschubbescheinigung auf ihre Schlüssigkeit zu prüfen. Jedoch habe die Klägerin als gegenüber privaten Arbeitgebern privilegierter Dienstherr, dem es gestattet ist, in eigener Zuständigkeit das Vorliegen eines Nachversicherungsfalles und auch zu prüfen, ob die Fälligkeit von Nachversicherungsbeiträgen und damit deren Entrichtung hinausgeschoben werden kann, nicht nur das Recht, sondern auch die Verpflichtung zu einer ordnungsgemäßen Prüfung. Dies beinhalte auch die Verpflichtung zur weiteren Sachaufklärung, wenn die Angaben des unversorgt Ausgeschiedenen nicht eindeutig sind. Indem die Klägerin die Angabe der Beigeladenen, als Lehrerin zur Ausbildung beim Landesschulamt S. zu arbeiten, dahingehend verändert habe, dass sie in der Aufschubbescheinigung "Lehrerin z.A." angegeben hat, sei für die Beklagte – der andere Unterlagen nicht vorgelegen hätten – nicht mehr erkennbar gewesen, dass es sich gegebenenfalls um eine versicherungspflichtige Beschäftigung handeln könnte. Auch die in der Aufschubbescheinigung von der Klägerin weiter übernommene Verpflichtung, Beiträge dann zu entrichten, sobald die Beigeladene aus der aufgenommenen bzw. den Folgebeschäftigungen unversorgt ausgeschieden sei, habe der Beklagten keinen Anlass gegeben, an den Aufschubgründen zu zweifeln. Daher habe die Klägerin mit der falschen Aufschubbescheinigung die Beklagte von verjährungsunterbrechenden oder –hemmenden Handlungen abgehalten. Darüber hinaus sei das Verhalten der Klägerin auch mit Blick darauf treuwidrig, dass die eingetretene Verjährung sich zu Lasten der Beigeladenen auswirke, obwohl diese keine Schuld an der pflichtwidrig unterbliebenen Nachversicherung treffe. Durch die Aufschubbescheinigung sei auch bei ihr der Eindruck erweckt worden, man habe aufgrund der von ihr mitgeteilten Beschäftigung die Beitragsentrichtung geprüft und entschieden, sie später durchzuführen. Das Unterlassen einer Nachversicherung stelle einen Verstoß gegen die fortwirkende Fürsorgepflicht gegenüber dem ausgeschiedenen Beamten dar, wenn dem Versicherten aus dem Unterbleiben der Nachversicherung Nachteile entstehen, weil wie im vorliegenden Fall seine Rente geringer ausfällt. Soweit sich die Klägerin weiterhin auf ihr Recht zur Erhebung der Einrede der Verjährung berufe, entstehe der Beigeladenen ein konkreter Nachteil in Form einer etwa 10 Prozent niedrigeren Rente. Der Anspruch der Beklagten auf Nachentrichtung der Beiträge sei auch unter keinem Gesichtspunkt verwirkt.
Gegen das der Klägerin am 28. September 2011 zugestellte Urteil hat diese am 11. Oktober 2011 Berufung eingelegt, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 9. Juni 2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16. Juli 2008 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, das Sozialgericht habe die Klage zu Recht und mit zutreffenden Gründen abgewiesen.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag und hat sich auch im Berufungsverfahren nicht geäußert.
Auf Antrag der Beteiligten hat der Senat das Verfahren im Hinblick auf das beim Bundessozialgericht (BSG) anhängige Verfahren B 5 R 88/11 R zum Ruhen gebracht. Mit am 8. Februar 2013 eingegangenem Schriftsatz ist es von der Beklagten im Nachgang zu der vom BSG am 27. Juni 2012 insoweit getroffenen Entscheidung wieder aufgenommen worden. Die Beklagte fühlt sich in ihrer Auffassung durch diese Entscheidung bestätigt. Die Erhebung der Verjährungseinrede durch einen Nachversicherungsschuldner sei rechtsmissbräuchlich, wenn der Rentenversicherungsträger von der rechtzeitigen Geltendmachung seines Beitragsanspruches durch pflichtwidriges Verhalten des Nachversicherungsschuldners abgehalten worden sei. Dies gelte insbesondere dann, wenn allein dieses objektiv pflichtwidrige Verhalten ursächlich dafür sei, dass der Rentenversicherungsträger keine Kenntnis von seinem Anspruch erlangt habe.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der in der Sitzungsniederschrift vom 14. Mai 2013 aufgeführten Akten und Unterlagen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündli-chen Verhandlung und Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist auch begründet. Das Sozialgericht hat die auf Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 16. Juli 2008 gerichtete Klage zu Unrecht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtswidrig. Entgegen ihrer Auffassung hat die Beklagte keinen Anspruch (mehr) auf Nachentrichtung von Beiträgen zugunsten der Beigeladenen.
Zwar ist die Beklagte als zuständiger Rentenversicherungsträger grundsätzlich befugt, gegenüber der Klägerin als öffentlich-rechtlichem Arbeitgeber (Dienstherr) die Entrichtung der Nachversicherungsbeiträge zugunsten der Beigeladenen durch Verwaltungsakt einzufordern, d.h. die Beitragspflicht und Beitragshöhe verbindlich festzustellen. Sie kann von der Klägerin jedoch für die Zeit vom 1. Oktober 1970 bis 31. Januar 1973 zugunsten der Beigeladenen nicht (mehr) die Nachentrichtung von Beiträgen verlangen.
Zutreffend hat das Sozialgericht in seiner angefochtenen Entscheidung unter vollständiger Darstellung der Sach- und Rechtslage und unter Beachtung der einschlägigen Rechtsprechung des BSG dargelegt, dass die geltend gemachte Nachversicherungsschuld entstanden, der Anspruch der Beklagten auf Nachentrichtung allerdings verjährt ist. Ebenfalls zutreffend hat es ausgeführt, dass die von der Klägerin unter dem 15. Mai 1974 ausgestellte und sowohl der Beklagten als auch der Beigeladenen zugegangene Aufschubbescheinigung von Anfang an falsch war, weil objektiv ein Aufschubgrund nicht vorlag.
Zu Recht hat das Sozialgericht auch darauf hingewiesen, dass die Einrede der Verjährung dann unzulässig ist, wenn der Schuldner den Gläubiger von der rechtzeitigen Geltendmachung eines Rechts abgehalten, insbesondere ihn von verjährungsunterbrechenden oder –hemmenden Handlungen abgehalten hat. Dies gilt nach der Entscheidung des BSG vom 27. Juni 2012 – B 5 R 88/11 R – auch, wenn der Schuldner den Gläubiger durch pflichtwidriges Unterlassen von der Geltendmachung seines Beitragsanspruchs abgehalten hat.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts liegen diese Voraussetzungen für die Missbräuchlichkeit und damit Unzulässigkeit der Verjährungseinrede jedoch gerade nicht vor. Zwar war die von der Klägerin ausgestellte Aufschubbescheinigung objektiv falsch, weil es mit Blick darauf, dass die Beigeladene eine versicherungsfreie Tätigkeit nicht wieder aufgenommen hat, an einem Aufschubgrund fehlt. Jedoch folgt hieraus noch nicht die Rechtsmissbräuchlichkeit der Berufung auf die Einrede der Verjährung. Zutreffend hat nämlich bereits das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urt. vom 11. September 1980 – 1 RA 81/79 –) allein der Rentenversicherungsträger entscheidet, ob die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für einen Aufschub der Nachversicherung gegeben sind. Dieser Rechtsprechung folgt der erkennende Senat. Die Ausstellung der Aufschubbescheinigung durch die Klägerin beschränkt sich danach letztlich auf die Mitteilung, dass und weshalb der Arbeitgeber meint, Nachversicherungsbeiträge an den Rentenversicherungsträger (noch) nicht zahlen zu müssen. Zu den Pflichten des ehemaligen Arbeitgebers gehört es danach, im Falle des Ausscheidens eines Beschäftigten eine Entscheidung darüber zu treffen, ob Nachversicherungsbeiträge gezahlt werden sollen oder nicht (= Aufschubentscheidung) und gegebenenfalls die Beiträge nachzuentrichten bzw. bei Annahme eines Aufschubgrundes eine Aufschubbescheinigung zu erteilen. Ist der Arbeitgeber wie hier die Klägerin diesen Pflichten nachgekommen, so ist es nunmehr die alleinige Aufgabe des Rentenversicherungsträgers zu prüfen, ob eine Aufschubentscheidung des Dienstherrn vorliegt und ein materiell-rechtlicher Aufschubgrund tatsächlich besteht bzw. anderenfalls die Beitragsnachentrichtung durch Bescheid für die Beteiligten verbindlich festzustellen (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen vom 16. Dezember 2009 – L 3 R 106/09 – m.w.N.).
Dass eine versicherungsfreie Beschäftigung in Wahrheit gar nicht vorlag, hätte die Beklagte auch nur nicht erkennen können, sondern als für die Führung des Versicherungskontos zuständiger Träger auch erkennen müssen. Denn bereits ab dem 22. Oktober 1973 waren Pflichtbeiträge auf dem Versichertenkonto der Beigeladenen eingegangen. Bei der am 2. Juli 1974 erfolgten Verarbeitung der Aufschubbescheinigung hätte der Beklagten bei einem Blick in das Konto auffallen müssen, dass der in der Aufschubbescheinigung genannte Aufschubgrund "seit 22.10.73 beim Landesschulamt S. als Lehrerin z.A. beschäftigt" so nicht richtig sein konnte, weil er im Widerspruch zum Versicherungsverlauf stand. Der Hinweis der Beklagten, dass die Beitragsentrichtung wie auch die Versendung von Versicherungsverläufen usw. voll maschinell ohne Einschaltung der Sachbearbeitung erfolgt, vermag die Beklagte nicht in der Weise zu entlasten, als nunmehr die Klägerin die Folgen des Versäumnisses hinsichtlich der Prüfung des Aufschubgrundes zu tragen hätte und an der Erhebung der Einrede der Verjährung gehindert wäre. Vielmehr hätte es der Beklagten oblegen, dafür Sorge zu tragen, dass allein bei ihr vorhandene Kenntnisse des Versicherungsverlaufs zur Prüfung der eingereichten Aufschubbescheinigung fruchtbar gemacht werden.
An diesem Ergebnis vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, dass die Klägerin die Mitteilung der Beigeladenen "Lehrerin zur Ausbildung" in der Aufschubbescheinigung in "Lehrerin z.A." geändert bzw. abgekürzt hat. Denn die Klägerin hat durch die verwendete Abkürzung in der Aufschubbescheinigung keine Angaben gemacht, die die Beklagte von der Überprüfung der Aufschubbescheinigung und in deren Folge von der Geltendmachung der Beiträge hätte abhalten dürfen. Überdies wäre auch ohne die verwendete Abkürzung die Angabe der Beigeladenen dahingehend zu verstehen gewesen, dass diese am 22. Oktober 1973 – wiederum – in einem versicherungsfreien Beschäftigungsverhältnis steht. Zwar wird das Kürzel "z.A." in der Regel dahingehend verstanden, dass ein Probebeamtenverhältnis, also ein versicherungsfreies Beschäftigungsverhältnis besteht. Jedoch gilt im Ergebnis nichts anderes für die Angabe "Lehrerin zur Ausbildung". Nach dem Sprachgebrauch kann damit nur eine Studienreferendarin gemeint sein, also – zumindest nach der Handhabung in den siebziger Jahren – eine Beamtin auf Widerruf, die gleichfalls versicherungsfrei beschäftigt ist. Zu dieser Auslegung des von der Beigeladenen in ihrer Antwort an die Klägerin benutzten Begriffs passt, dass die Beigeladene ihre in Hamburg absolvierte Referendarzeit nach Aktenlage nicht mit dem 2. Staatsexamen abgeschlossen hat. Eine andere Definition der Angabe "Lehrerin zur Ausbildung" ist für den Senat nicht ersichtlich. Hiermit hat die Beigeladene gegenüber ihrem ehemaligen Dienstherrn den Eindruck erweckt, es sei das in seinem Zuständigkeitsbereich abgebrochene Referendariat in der Folgezeit in S. fortgesetzt worden. Diese Information hat die Klägerin lediglich an die Beklagte weitergegeben. Zu einer weiteren Prüfung hatte die Klägerin auch weder Möglichkeit noch Anlass, weil ihr die aus dem Versicherungskonto ersichtlichen – abweichenden – Informationen gerade nicht vorlagen.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts vermag auch die fortwirkende Fürsorgepflicht gegenüber dem ausgeschiedenen Beamten (hier der Beigeladenen) die Zulässigkeit der von der Klägerin erhobenen Einrede der Verjährung nicht zu berühren. Abgesehen davon, dass die Beigeladene mit der Mitteilung, sie sei ab 22.10.73 "Lehrerin zur Ausbildung" beim Landesschulamt S. ganz wesentlich zum Irrtum der Klägerin und Beklagten hinsichtlich des Aufschubgrundes beigetragen hat, ist sie als aus dem öffentlichen Dienst Ausgeschiedene auch bei einer pflichtwidrig unterbliebenen Nachversicherung nicht rechtlos gestellt; denn sie hatte innerhalb der Verjährungsfristen die Möglichkeit, ihren ehemaligen Dienstherrn auf Entrichtung der Nachversicherungsbeiträge in Anspruch zu nehmen (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O). Entgegen den Ausführungen des Sozialgerichts bestand für die Beigeladene bis zu dem Zeitpunkt, als die Beklagte nachfragte, ob sie noch als Lehrerin im Beamtenverhältnis tätig ist, sehr wohl Anlass, an der Zusage der Klägerin aus der Aufschubbescheinigung, die Nachversicherung später durchzuführen, zu zweifeln. Zum einen hatte die Beigeladene die unrichtige Aufschubbescheinigung nicht nur durch ihre Angaben herbeigeführt, sie war auch diejenige, die als erste und am einfachsten die Unrichtigkeit der auch ihr zugesandten Aufschubbescheinigung feststellen konnte. Sie wusste im Gegensatz zu den übrigen Beteiligten, dass sie nicht versicherungsfrei, wie in der Aufschubbescheinigung behauptet, sondern versicherungspflichtig beschäftigt war. Darüber hinaus sind ihr im Laufe der Zeit mehrfach Renteninformationen in Verbindung mit Versicherungsverläufen von der Beklagten zugegangen, denen sie ohne Weiteres entnehmen konnte, dass die Nachversicherung nicht erfolgt war. Warum sie darauf nicht reagiert hat, ist nicht nachzuvollziehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache. Hierbei hat der Senat davon abgesehen, außergerichtliche Kosten der Beigeladenen gemäß § 197a SGG in Verbindung mit § 162 Abs. 3 VwGO der unterliegenden Beklagten oder der Staatskasse aufzuerlegen, weil dies mit Blick auf den Ausgang des Verfahrens nicht der Billigkeit entsprochen hätte.
Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Login
HAM
Saved