Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 13 KR 378/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe freiwilliger Beiträge vom 16.07.2010 bis 28.02.2011, insbesondere die Berücksichtigung eines im Februar 2010 erzielten Erlöses aus dem Verkauf einer Immobilie als beitragspflichtige Einnahme.
Der 0000 geborene Kläger war vom 17.01.2009 bis 15.07.2010 als Empfänger von Arbeitslosengeld versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten in der Krankenversicherung der Arbeitslosen. Seit dem 16.07.2010 ist er bei der Beklagten freiwillig versichert. Auf der Grundlage der mit Schreiben vom 08.09. bzw. 08.11.2010 vorgelegten Einkommensangaben und –unterlagen setzte die Beklagte – zugleich im Namen der Pflegekasse – durch Bescheid vom 15.11.2010 die Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung (KV) und Pflegeversicherung (PV) ab 16.07.2010 nach monatlichen Einnahmen von 1.220,18 EUR fest, und zwar den Beitrag zur KV in Höhe von 174,69 EUR, den Beitrag zur PV in Höhe von 26,84 EUR, insgesamt 201,33 EUR.
Am 13.12.2011 erhielt der Kläger den Einkommensteuer-(ESt-)bescheid für 2010 vom 12.12.2011. Aus diesem ergaben sich für 2010 Bruttoeinkünfte aus Veräußerungsgewinn von 719.879,00 EUR, aus Kapitalvermögen von 13.256,00 EUR und aus Vermietung/Verpachtung von 4.847,00 EUR. Mit Schreiben vom 01./10.12.2012 übersandte der Kläger den ESt-Bescheid an die Beklagte.
Diese setzte daraufhin – zugleich im Namen der Pflegekasse – durch Bescheid vom 21.02.2012 die Beiträge ab 01.01.2012 nach der Beitragsbemessungsgrenze (BBG) – 3.825,00 EUR – fest, zur KV in Höhe von 569,93 EUR, zur PV in Höhe von 84,15 EUR, insgesamt 654,08 EUR. Zur Begründung verwies sie auf die "Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler" (BVSzGs); danach seien alle Einnahmen, auch Veräußerungsgewinne, als beitragspflichtige Einnahmen zu beurteilen; einmalige beitragspflichtige Einnahmen seien ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt ihrer Entstehung oder des Zuflusses dem jeweiligen Beitragsmonat mit 1/12 des zu erwartenden Betrags für zwölf Monate zuzuordnen. Da der ESt-Bescheid am 12.12.2011 ausgestellt worden sei, müssten die Einnahmen ab dem 01. Januar 2012 für zwölf Monate berücksichtigt werden.
Dagegen erhob der Kläger am 19.03.2012 Widerspruch. Er meinte, der Veräußerungsgewinn, welcher 2010 entstanden sei, dürfe nicht in die Bemessung der Beiträge eingerechnet werden. Er sei erst seit Juli 2010 freiwilliges Mitglied; der Verkauf der Immobilie sei aber bereits im Februar 2010 erfolgt. Der Kläger wies die Veräußerung der Immobilie durch Vorlage des Grundbucheintrags vom 12.02.2010 und Zahlung des Kaufpreises im Februar 2010 in Höhe von 843.647,10 EUR nach.
Daraufhin berechnete die Beklagte – zugleich im Namen der Pflegekasse – durch Bescheid vom 11.05.2012 die Beiträge des Klägers ab 16.07.2010 neu. Sie wies daraufhin, dass der Veräußerungsgewinn grundsätzlich für zwölf Monate der Beitragsberechnung zu Grunde zu legen sei; ausgehend von dem Veräußerungsmonat Februar 2010 gelte ab dem Folgemonat der 12-Monate Zeitraum vom 01.03.2010 bis 28.02.2011; Beiträge würden jedoch erst ab Beginn der freiwilligen Mitgliedschaft, d.h. ab 16.07.2010 in Höhe der BBG erhoben. Diese liege 2010 bei 3.750,00 EUR, 2011 bei 3.712,50 EUR. Dementsprechend bemaß die Beklagte die Beiträge des Klägers wie folgt: 16.07. bis 31.07.2010 (anteilig) KV 286,00 EUR PV 44,00 EUR 330,00 EUR ab 01.08.2010 KV 536,25 EUR PV 82,50 EUR 618,75 EUR ab 01.01.2011 KV 553,16 EUR PV 81,68 EUR 634,84 EUR Ab 01.03.2011 erhob die Beklagte wieder – wie bereits früher festgesetzt – die Beiträge nach monatlichen Einnahmen von 1.220,18 EUR, d.h. zur KV 181,81 EUR, zur PV 26,84 EUR, insgesamt 208,65 EUR. Ab 01.01.2012 setzte sie die Beiträge auf der Grundlage der im ESt-Bescheid für 2010 aufgelisteten Einnahmen die Beiträge nach monatlichen Einnahmen von 1.504,34 EUR fest, d.h. zur KV 224,15 EUR, zur PV 33,10 EUR, insgesamt 257,10 EUR. Abschließend stellte sie in einer Konto-/Beitragsübersicht für die Zeit von Juli 2010 bis Mai 2012 einen Beitragsrückstand in Höhe von 1.574,69 EUR fest.
Dagegen erhob der Kläger am 29.05.2012 Widerspruch.
Die Beklagte wies den Widerspruch – zugleich im Namen der Pflegekasse – durch Widerspruchsbescheid vom 23.11.2012, zugestellt am 27.11.2012 als unbegründet zurück.
Dagegen hat der Kläger am 27.12.2012 Klage erhoben. Er hält die Beitragsfestsetzung für den Zeitraum vom 16.07.2010 bis 28.02.2011 für rechtswidrig; die Einnahme aus dem Verkauf der Immobilie könne nicht zur Beitragsbemessung herangezogen werden; sie stelle keine beitragspflichtige Einnahme dar. Am 02.02.2010 – dem Tag des Verkaufs – sei er kein freiwilliges, sondern Pflichtmitglied gewesen und den Regelungen des § 5 BVSzGs nicht unterworfen. Der Kläger meint, dass die Bestimmungen in Abs. 3 dieser Regelung nur Anwendung fänden, wenn zum Zeitpunkt des Zuflusses der einmaligen Einnahme bereits eine freiwillige Mitgliedschaft bestanden habe.
Der Kläger beantragt,
die Bescheide der Beklagten vom 21.02.2012 und 11.05.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.11.2012 insoweit aufzuheben, als da- durch monatliche Beiträge für die Zeit vom 16.07.2010 bis 28.02.2011 von mehr als 181,81 EUR zur Krankenversicherung und mehr 26,84 EUR zur Pflegeversicherung, insgesamt mehr als 208,65 EUR monatlich erhoben und ein Beitragsrückstand von 1.574,79 EUR festgestellt worden ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verbleibt bei ihrer in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Rechtsauffassung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Zurecht hat die Beklagte für den streitbefangenen Zeitraum vom 16.07.2010 bis 28.02.2011 der Bemessung der Beiträge zur KV und – zugleich im Namen der Pflegekasse (vgl. § 46 Abs. 2 Satz 4 Elftes Buch Sozialgesetzbuch – SGB XI) – zur PV im Hinblick auf die im Februar 2010 zugeflossene Einnahme aus der Veräußerung einer Immobilie in Höhe von 843.647,10 EUR die Beitragsbemessungsgrenze (BBG) zugrunde gelegt, d.h. den Höchstbeitrag erhoben.
Gem. § 240 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) wird die Beitragsbemessung einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) geregelt (Satz 1). Dabei ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt (Satz 2). In Ausführung von § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V hat der GKV-Spitzenverband die "Einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwillig Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von den Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträgen" (Beitragsverfahrensgrundsätze-Selbstzahler/BVSzGs) erlassen. Diese sind als untergesetzliche Normen für sich genommen eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Beitragsfestsetzung gegenüber freiwillig Versicherten (BSG, Urteil vom 19.12.2012 – B 12 KR 20/11 R). Als beitragspflichtige Einnahme gilt nach § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V und § 3 Abs. 3 BVSzGs für den Kalendertag mindestens der 90. Teil der monatlichen Bezugsgröße; diese betrug im streitigen Zeitraum 851,67 EUR. Nach § 23 Abs. 3 i.V.m. § 240 Abs. 2 Satz 4 SGB V und § 3 Abs. 2 BVSzGs gilt für jeden Kalendertag der Mitgliedschaft maximal ein Betrag in Höhe von 1/30 der monatlichen BBG als beitragspflichtige Einnahme; die BBG betrug 2010 monatlich 3.750,00 EUR, 2011 monatlich 3.712,50 EUR. Diese Bemessungsgrundlagen gelten entsprechend auch für die Beitragsbemessung in der sozialen Pflegeversicherung (§ 57 Abs. 4 Satz 1 SGB XI und § 1 Abs. 2 BVSzGs).
Als beitragspflichtige Einnahmen sind das Arbeitsentgelt, das Arbeitseinkommen, der Zahlbetrag einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, der Zahlbetrag von Versorgungsbezügen sowie alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden können, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung zugrunde zu legen (§ 3 Abs. 1 Satz 1 BVSzGs). Der Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf einer Immobilie ist also grundsätzlich eine beitragspflichtige Einnahme. Die Zuordnung der beitragspflichtigen Einnahmen regelt § 5 BVSzGs. Zunächst sind die beitragspflichtigen Einnahmen jeweils dem Monat der Mitgliedschaft, für den Beiträge zu zahlen sind, zuzuordnen (§ 5 Abs. 1 BVSzGs). Für einmalige Einnahmen bestimmt § 5 Abs. 3 Satz 1 BVSzGs, dass diese ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt ihrer Entstehung oder ihres Zuflusses dem jeweiligen Beitragsmonat mit 1/12 des zu erwartenden Betrags für zwölf Monate zuzuordnen sind. Für einmalige beitragspflichtige Einnahmen, die – wie hier der Erlös aus der Veräußerung einer Immobilie – nicht im Voraus zu erwarten sind, bestimmt § 5 Abs. 3 Satz 3 BVSzGs, das diese "vom Zeitpunkt ihres Zuflusses dem jeweiligen Beitragsmonat mit 1/12 des Betrages für zwölf Monate zuzuordnen" sind.
Ausgehend davon, dass der Veräußerungserlös in Höhe von 843.647,10 EUR dem Kläger im Februar 2010 zugeflossen ist, hat die Beklagte den 12-Monate-Zeitraum des § 5 Abs. 3 BVSzGs zutreffend für die Zeit vom 01.03.2010 bis 28.11.2011 bestimmt. Dividiert durch zwölf entfallen auf jeden dieser Monate Einnahmen aus der Veräußerung in Höhe von 70.303,92 EUR. Da dieser Betrag über der BBG liegt, wird die Höhe des der Beitragsbemessung zu Grunde zu legenden Betrages durch die BBG begrenzt. Die sich aus dem Veräußerungserlös ergebende beitragspflichtige Einnahme war – begrenzt auf die BBG – jeweils dem Monat der Mitgliedschaft, für den Beiträge zu zahlen sind, zuzuordnen (§ 5 Abs. 1 BVSzGs), d.h. anteilig für Juli 2010 und in vollem Umfang für die Monate von August 2010 bis Februar 2011.
Für die Auffassung des Klägers, dass § 5 Abs. 3 BVSzGs nur Anwendung findet, wenn die betreffende einmalige Einnahme während des Zeitraums einer freiwilligen Mitgliedschaft zugeflossen ist, findet sich weder im SGB V noch in den BVSzGs eine Grundlage. Im Gegenteil, diese Vorschrift bestimmt ausdrücklich, dass einmalige beitragspflichtige Einnahmen "ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt ihrer Entstehung oder des Zuflusses" dem jeweiligen Beitragsmonat zuzuordnen sind. Genau dies hat die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden getan. Der Formulierung der Vorschrift kann nicht entnommen werden, dass eine Zuordnung in der genannten Weise nur vorzunehmen ist, wenn die einmalige Einnahme während der freiwilligen Mitgliedschaft zugeflossen ist. Auch § 5 Abs. 2 BVSzGs bestimmt in Satz 2, dass Arbeitseinkommen, d.h. der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch – SGB IV), dem jeweiligen Beitragsmonat mit 1/12 des dem vorliegenden aktuellen Einkommensteuerbescheid zu entnehmenden Jahresbetrages zuzuordnen ist. Daraus ergibt sich, dass auch solches Arbeitseinkommen mit 1/12 dem jeweiligen Beitragsmonat zuzuordnen ist, das außerhalb des Zeitraums einer freiwilligen Mitgliedschaft erzielt worden ist, sofern es jedenfalls in dem Jahr der freiwilligen Mitgliedschaft erzielt wurde.
Nach alledem hat die Beklagte die Beiträge zur KV und PV für den streitigen Zeitraum vom 16.07.2010 bis 18.02.2011 der Höhe nach richtig bemessen. Sie hat für die Beitragsmonate des Jahres 2010 (für den Beitragsmonat Juli anteilig) die BBG von 3.750,00 EUR und einen Beitragssatz zur KV von 14,3 % sowie zur PV von 2,2 % zugrundegelegt, für die Beitragsmonate Januar und Februar des Jahres 2011 die BBG von 3.712,50 EUR und einen Beitragssatz zur KV von 14,9 % sowie zur PV von 2,2 %. Die für den Kläger maßgeblichen Beitragssätze ergeben sich für die KV aus § 243 Satz 3 SGB V, für die PV aus § 55 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 SGB XI, jeweils in der 2010 bzw. 2011 geltenden Fassung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe freiwilliger Beiträge vom 16.07.2010 bis 28.02.2011, insbesondere die Berücksichtigung eines im Februar 2010 erzielten Erlöses aus dem Verkauf einer Immobilie als beitragspflichtige Einnahme.
Der 0000 geborene Kläger war vom 17.01.2009 bis 15.07.2010 als Empfänger von Arbeitslosengeld versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten in der Krankenversicherung der Arbeitslosen. Seit dem 16.07.2010 ist er bei der Beklagten freiwillig versichert. Auf der Grundlage der mit Schreiben vom 08.09. bzw. 08.11.2010 vorgelegten Einkommensangaben und –unterlagen setzte die Beklagte – zugleich im Namen der Pflegekasse – durch Bescheid vom 15.11.2010 die Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung (KV) und Pflegeversicherung (PV) ab 16.07.2010 nach monatlichen Einnahmen von 1.220,18 EUR fest, und zwar den Beitrag zur KV in Höhe von 174,69 EUR, den Beitrag zur PV in Höhe von 26,84 EUR, insgesamt 201,33 EUR.
Am 13.12.2011 erhielt der Kläger den Einkommensteuer-(ESt-)bescheid für 2010 vom 12.12.2011. Aus diesem ergaben sich für 2010 Bruttoeinkünfte aus Veräußerungsgewinn von 719.879,00 EUR, aus Kapitalvermögen von 13.256,00 EUR und aus Vermietung/Verpachtung von 4.847,00 EUR. Mit Schreiben vom 01./10.12.2012 übersandte der Kläger den ESt-Bescheid an die Beklagte.
Diese setzte daraufhin – zugleich im Namen der Pflegekasse – durch Bescheid vom 21.02.2012 die Beiträge ab 01.01.2012 nach der Beitragsbemessungsgrenze (BBG) – 3.825,00 EUR – fest, zur KV in Höhe von 569,93 EUR, zur PV in Höhe von 84,15 EUR, insgesamt 654,08 EUR. Zur Begründung verwies sie auf die "Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler" (BVSzGs); danach seien alle Einnahmen, auch Veräußerungsgewinne, als beitragspflichtige Einnahmen zu beurteilen; einmalige beitragspflichtige Einnahmen seien ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt ihrer Entstehung oder des Zuflusses dem jeweiligen Beitragsmonat mit 1/12 des zu erwartenden Betrags für zwölf Monate zuzuordnen. Da der ESt-Bescheid am 12.12.2011 ausgestellt worden sei, müssten die Einnahmen ab dem 01. Januar 2012 für zwölf Monate berücksichtigt werden.
Dagegen erhob der Kläger am 19.03.2012 Widerspruch. Er meinte, der Veräußerungsgewinn, welcher 2010 entstanden sei, dürfe nicht in die Bemessung der Beiträge eingerechnet werden. Er sei erst seit Juli 2010 freiwilliges Mitglied; der Verkauf der Immobilie sei aber bereits im Februar 2010 erfolgt. Der Kläger wies die Veräußerung der Immobilie durch Vorlage des Grundbucheintrags vom 12.02.2010 und Zahlung des Kaufpreises im Februar 2010 in Höhe von 843.647,10 EUR nach.
Daraufhin berechnete die Beklagte – zugleich im Namen der Pflegekasse – durch Bescheid vom 11.05.2012 die Beiträge des Klägers ab 16.07.2010 neu. Sie wies daraufhin, dass der Veräußerungsgewinn grundsätzlich für zwölf Monate der Beitragsberechnung zu Grunde zu legen sei; ausgehend von dem Veräußerungsmonat Februar 2010 gelte ab dem Folgemonat der 12-Monate Zeitraum vom 01.03.2010 bis 28.02.2011; Beiträge würden jedoch erst ab Beginn der freiwilligen Mitgliedschaft, d.h. ab 16.07.2010 in Höhe der BBG erhoben. Diese liege 2010 bei 3.750,00 EUR, 2011 bei 3.712,50 EUR. Dementsprechend bemaß die Beklagte die Beiträge des Klägers wie folgt: 16.07. bis 31.07.2010 (anteilig) KV 286,00 EUR PV 44,00 EUR 330,00 EUR ab 01.08.2010 KV 536,25 EUR PV 82,50 EUR 618,75 EUR ab 01.01.2011 KV 553,16 EUR PV 81,68 EUR 634,84 EUR Ab 01.03.2011 erhob die Beklagte wieder – wie bereits früher festgesetzt – die Beiträge nach monatlichen Einnahmen von 1.220,18 EUR, d.h. zur KV 181,81 EUR, zur PV 26,84 EUR, insgesamt 208,65 EUR. Ab 01.01.2012 setzte sie die Beiträge auf der Grundlage der im ESt-Bescheid für 2010 aufgelisteten Einnahmen die Beiträge nach monatlichen Einnahmen von 1.504,34 EUR fest, d.h. zur KV 224,15 EUR, zur PV 33,10 EUR, insgesamt 257,10 EUR. Abschließend stellte sie in einer Konto-/Beitragsübersicht für die Zeit von Juli 2010 bis Mai 2012 einen Beitragsrückstand in Höhe von 1.574,69 EUR fest.
Dagegen erhob der Kläger am 29.05.2012 Widerspruch.
Die Beklagte wies den Widerspruch – zugleich im Namen der Pflegekasse – durch Widerspruchsbescheid vom 23.11.2012, zugestellt am 27.11.2012 als unbegründet zurück.
Dagegen hat der Kläger am 27.12.2012 Klage erhoben. Er hält die Beitragsfestsetzung für den Zeitraum vom 16.07.2010 bis 28.02.2011 für rechtswidrig; die Einnahme aus dem Verkauf der Immobilie könne nicht zur Beitragsbemessung herangezogen werden; sie stelle keine beitragspflichtige Einnahme dar. Am 02.02.2010 – dem Tag des Verkaufs – sei er kein freiwilliges, sondern Pflichtmitglied gewesen und den Regelungen des § 5 BVSzGs nicht unterworfen. Der Kläger meint, dass die Bestimmungen in Abs. 3 dieser Regelung nur Anwendung fänden, wenn zum Zeitpunkt des Zuflusses der einmaligen Einnahme bereits eine freiwillige Mitgliedschaft bestanden habe.
Der Kläger beantragt,
die Bescheide der Beklagten vom 21.02.2012 und 11.05.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.11.2012 insoweit aufzuheben, als da- durch monatliche Beiträge für die Zeit vom 16.07.2010 bis 28.02.2011 von mehr als 181,81 EUR zur Krankenversicherung und mehr 26,84 EUR zur Pflegeversicherung, insgesamt mehr als 208,65 EUR monatlich erhoben und ein Beitragsrückstand von 1.574,79 EUR festgestellt worden ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verbleibt bei ihrer in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Rechtsauffassung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Zurecht hat die Beklagte für den streitbefangenen Zeitraum vom 16.07.2010 bis 28.02.2011 der Bemessung der Beiträge zur KV und – zugleich im Namen der Pflegekasse (vgl. § 46 Abs. 2 Satz 4 Elftes Buch Sozialgesetzbuch – SGB XI) – zur PV im Hinblick auf die im Februar 2010 zugeflossene Einnahme aus der Veräußerung einer Immobilie in Höhe von 843.647,10 EUR die Beitragsbemessungsgrenze (BBG) zugrunde gelegt, d.h. den Höchstbeitrag erhoben.
Gem. § 240 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) wird die Beitragsbemessung einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) geregelt (Satz 1). Dabei ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt (Satz 2). In Ausführung von § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V hat der GKV-Spitzenverband die "Einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwillig Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von den Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträgen" (Beitragsverfahrensgrundsätze-Selbstzahler/BVSzGs) erlassen. Diese sind als untergesetzliche Normen für sich genommen eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Beitragsfestsetzung gegenüber freiwillig Versicherten (BSG, Urteil vom 19.12.2012 – B 12 KR 20/11 R). Als beitragspflichtige Einnahme gilt nach § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V und § 3 Abs. 3 BVSzGs für den Kalendertag mindestens der 90. Teil der monatlichen Bezugsgröße; diese betrug im streitigen Zeitraum 851,67 EUR. Nach § 23 Abs. 3 i.V.m. § 240 Abs. 2 Satz 4 SGB V und § 3 Abs. 2 BVSzGs gilt für jeden Kalendertag der Mitgliedschaft maximal ein Betrag in Höhe von 1/30 der monatlichen BBG als beitragspflichtige Einnahme; die BBG betrug 2010 monatlich 3.750,00 EUR, 2011 monatlich 3.712,50 EUR. Diese Bemessungsgrundlagen gelten entsprechend auch für die Beitragsbemessung in der sozialen Pflegeversicherung (§ 57 Abs. 4 Satz 1 SGB XI und § 1 Abs. 2 BVSzGs).
Als beitragspflichtige Einnahmen sind das Arbeitsentgelt, das Arbeitseinkommen, der Zahlbetrag einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, der Zahlbetrag von Versorgungsbezügen sowie alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden können, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung zugrunde zu legen (§ 3 Abs. 1 Satz 1 BVSzGs). Der Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf einer Immobilie ist also grundsätzlich eine beitragspflichtige Einnahme. Die Zuordnung der beitragspflichtigen Einnahmen regelt § 5 BVSzGs. Zunächst sind die beitragspflichtigen Einnahmen jeweils dem Monat der Mitgliedschaft, für den Beiträge zu zahlen sind, zuzuordnen (§ 5 Abs. 1 BVSzGs). Für einmalige Einnahmen bestimmt § 5 Abs. 3 Satz 1 BVSzGs, dass diese ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt ihrer Entstehung oder ihres Zuflusses dem jeweiligen Beitragsmonat mit 1/12 des zu erwartenden Betrags für zwölf Monate zuzuordnen sind. Für einmalige beitragspflichtige Einnahmen, die – wie hier der Erlös aus der Veräußerung einer Immobilie – nicht im Voraus zu erwarten sind, bestimmt § 5 Abs. 3 Satz 3 BVSzGs, das diese "vom Zeitpunkt ihres Zuflusses dem jeweiligen Beitragsmonat mit 1/12 des Betrages für zwölf Monate zuzuordnen" sind.
Ausgehend davon, dass der Veräußerungserlös in Höhe von 843.647,10 EUR dem Kläger im Februar 2010 zugeflossen ist, hat die Beklagte den 12-Monate-Zeitraum des § 5 Abs. 3 BVSzGs zutreffend für die Zeit vom 01.03.2010 bis 28.11.2011 bestimmt. Dividiert durch zwölf entfallen auf jeden dieser Monate Einnahmen aus der Veräußerung in Höhe von 70.303,92 EUR. Da dieser Betrag über der BBG liegt, wird die Höhe des der Beitragsbemessung zu Grunde zu legenden Betrages durch die BBG begrenzt. Die sich aus dem Veräußerungserlös ergebende beitragspflichtige Einnahme war – begrenzt auf die BBG – jeweils dem Monat der Mitgliedschaft, für den Beiträge zu zahlen sind, zuzuordnen (§ 5 Abs. 1 BVSzGs), d.h. anteilig für Juli 2010 und in vollem Umfang für die Monate von August 2010 bis Februar 2011.
Für die Auffassung des Klägers, dass § 5 Abs. 3 BVSzGs nur Anwendung findet, wenn die betreffende einmalige Einnahme während des Zeitraums einer freiwilligen Mitgliedschaft zugeflossen ist, findet sich weder im SGB V noch in den BVSzGs eine Grundlage. Im Gegenteil, diese Vorschrift bestimmt ausdrücklich, dass einmalige beitragspflichtige Einnahmen "ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt ihrer Entstehung oder des Zuflusses" dem jeweiligen Beitragsmonat zuzuordnen sind. Genau dies hat die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden getan. Der Formulierung der Vorschrift kann nicht entnommen werden, dass eine Zuordnung in der genannten Weise nur vorzunehmen ist, wenn die einmalige Einnahme während der freiwilligen Mitgliedschaft zugeflossen ist. Auch § 5 Abs. 2 BVSzGs bestimmt in Satz 2, dass Arbeitseinkommen, d.h. der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch – SGB IV), dem jeweiligen Beitragsmonat mit 1/12 des dem vorliegenden aktuellen Einkommensteuerbescheid zu entnehmenden Jahresbetrages zuzuordnen ist. Daraus ergibt sich, dass auch solches Arbeitseinkommen mit 1/12 dem jeweiligen Beitragsmonat zuzuordnen ist, das außerhalb des Zeitraums einer freiwilligen Mitgliedschaft erzielt worden ist, sofern es jedenfalls in dem Jahr der freiwilligen Mitgliedschaft erzielt wurde.
Nach alledem hat die Beklagte die Beiträge zur KV und PV für den streitigen Zeitraum vom 16.07.2010 bis 18.02.2011 der Höhe nach richtig bemessen. Sie hat für die Beitragsmonate des Jahres 2010 (für den Beitragsmonat Juli anteilig) die BBG von 3.750,00 EUR und einen Beitragssatz zur KV von 14,3 % sowie zur PV von 2,2 % zugrundegelegt, für die Beitragsmonate Januar und Februar des Jahres 2011 die BBG von 3.712,50 EUR und einen Beitragssatz zur KV von 14,9 % sowie zur PV von 2,2 %. Die für den Kläger maßgeblichen Beitragssätze ergeben sich für die KV aus § 243 Satz 3 SGB V, für die PV aus § 55 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 SGB XI, jeweils in der 2010 bzw. 2011 geltenden Fassung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
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