Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 8 AL 5906/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 1746/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11. März 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme einer Bewilligung und die Rückforderung von Arbeitslosengeld und Überbrückungsgeld.
Der 1975 geborene Kläger ist gelernter Gas-, Wasser- und Heizungsinstallateur. Bis zum 30.06.2005 war er bei der Total Walther GmbH, Köln, in seinem Beruf beschäftigt. Ab 01.03.2005 war der Kläger krank und bezog ab 05.04.2005 bis 01.07.2005 Krankengeld. Das Beschäftigungsverhältnis endete durch betriebsbedingte Kündigung des Arbeitgebers.
Am 30.05.2005 beantragte der Kläger bei der Beklagten Arbeitslosengeld. Hierbei bestätigte er unterschriftlich, das Merkblatt Nr. 1 für Arbeitslose erhalten und seinen Inhalt zur Kenntnis genommen zu haben. Der Formantrag enthielt unter anderem die Angabe, der Kläger übe keine Beschäftigung oder Tätigkeit als Arbeitnehmer oder Selbständiger aus. Mit Bescheid vom 15.07.2005 bewilligte die Beklagte Arbeitslosengeld ab dem 02.07.2005 mit einem täglichen Leistungsbetrag von 54,86 EUR für 360 Tage.
Am 24.01.2006 stellte der Kläger einen Antrag auf Gewährung von Überbrückungsgeld zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit. Dabei erklärte er, er werde am 01.05.2006 eine selbständige, hauptberufliche Tätigkeit als Gastwirt in Schwäbisch Gmünd im Hotel Einhorn aufnehmen. Das Hotel sei die vergangenen 12 Monate allein von dem Zeugen S. D. (S.D.) gepachtet und betrieben worden. Das Haus solle einen zweiten, gleichberechtigten Inhaber mit großem technischem Verständnis erhalten, um insbesondere die Technik des Hotels, die Standards betreffend Ambiente und Service des Hauses auf Vordermann zu bringen und das stetig ansteigende Geschäftsvolumen täglich aktiv zu gestalten und weiter auszubauen. Der Zeuge S.D. plane ähnlich attraktive Hotelprojekte zu übernehmen und beabsichtige auch aus diesem Grund, die Leitung und Verantwortung mit ihm, dem Kläger, aufzuteilen. Auf den weiteren Inhalt der Antragsunterlagen wird Bezug genommen.
Daraufhin bewilligte die Beklagte Überbrückungsgeld für die Zeit ab 01.05.2006 bis 31.10.2006 in Höhe von monatlich 2.789,63 EUR (Bescheid vom 16.05.2006).
Am 13.04.2006 teilte das Hauptzollamt Ulm mit, dass ein Ermittlungsverfahren gegen den Kläger laufe, und bat die Beklagte um Auskunft. Am 22.08.2006 erfuhr die Beklagte durch das Hauptzollamt Ulm von dem Vorwurf, der Kläger habe die Gaststätte seit 01.03.2005 in Vollzeit geleitet. Am 15.01.2007 ging sodann bei der Beklagten der Ermittlungsbericht des Hauptzollamts Ulm vom 11.01.2007 nebst Vernehmungsniederschriften der ehemaligen Mitarbeiter des Hotels Einhorn, der Zeugen A. K. (A.K.) und S. A. (S.A.), einem Ausdruck von der Homepage des Hotels Einhorn und einer Seite aus dem Hotelprospekt ein. In dem Bericht ist ausgeführt, der Kläger habe in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit seinem Partner S.D. seit März 2005 das Hotel E. geführt. Im Rahmen einer Außenprüfung im besagten Hotel am 06.04.2006 sei der Kläger dort durch die prüfenden Beamten angetroffen worden. Die am Empfang beschäftigte Mitarbeiterin sei gebeten worden, einen Geschäftsführer zu informieren und habe daraufhin den Kläger beigerufen. Im weiteren Verlauf habe dieser eine Mappe mit Stundenaufzeichnungen der Beschäftigten vorgelegt, deren frühesten Eintragungen vom März 2005 gewesen seien. Diese Eintragungen seien regelmäßig vom Kläger mit seinem Namenszeichen versehen, woraus ersichtlich sei, dass er aktiv im Hotel gearbeitet habe. Gemäß einer Zeugenaussage habe der Kläger als Direktor des Hotels die Rezeption betreut, das Frühstück bereitet und die Lohnzahlungen an die türkischen Mitarbeiter vorgenommen. Außerdem habe der Zeuge bestätigt, dass es sich bei den Unterschriften auf den Stundenlisten tatsächlich um die des Klägers gehandelt habe. Auf der Internetseite des Hotels E. seien bis zum 12.04.2006 als Inhaber der Kläger und S.D. genannt worden. Diese Seite sei am Folgetag geändert worden, so dass nur noch S.D. als Inhaber erschienen sei. Ganz offensichtlich sollten auch durch diese Änderung der Homepage, die kurz nach Prüfung und Einleitung des Ermittlungsverfahrens erfolgt sei, die tatsächlichen Verhältnisse im Hotel verschleiert werden. Ein weiteres Indiz für eine bereits zum 01.03.2005 bestehende Inhaberschaft und damit Arbeitgebereigenschaft des Klägers ergebe sich auch aus der Firmierung in der Gewerbeanmeldung vom 01.03.2005. Diese sei zwar nur auf den Namen des S.D. erfolgt, jedoch gebe dieser als Firmierung die Bezeichnung "AkinDa Hotelmanagement und Marketing Ltd. in Gründung" an. Offensichtlich handele es sich bei dem Kürzel AkinDa um ein aus Akin und D. zusammengesetztes Kunstwort. Diese Umstände begründeten den Verdacht, dass der Kläger in seiner Eigenschaft als Mitinhaber eines Hotels und somit selbst Arbeitgeber seit März 2005 unrechtmäßige Leistungen der Agentur für Arbeit bezogen habe. Dem Bericht beigefügt waren auszugsweise Stundenlisten für Angestellte des Hotels für die Zeit ab 14.03.2005 bis 10.07.2005. Diese trugen überwiegend in der Spalte "Arbeitgeber Unterschrift" den Namen des Klägers, gelegentlich auch den Namen D ... In der Vernehmungsniederschrift vom 30.06.2006 gab der Zeuge A.K. an, er habe bis 26.12.2005 als selbständiger Koch im Hotel E. gearbeitet. Er kenne den Kläger seit etwa Sommer 2005. Seine Aufträge habe er vom Kläger und S.D. erhalten. Der Kläger sei der Direktor des Hotels mit 19 Zimmern gewesen. Die Lohnauszahlungen an die türkischen Mitarbeiter habe der Kläger übernommen. Inhaber des Hotels sei S.D. gewesen. In der Vernehmungsniederschrift vom 28.07.2006 gab die Zeugin S.A. an, vom Kläger und S.D. als Putzhilfe eingestellt worden zu sein. Sie glaube, die Vorgenannten seien im Hotel gleichgestellt gewesen. Arbeitsanweisungen habe sie vom Kläger und S.D. erhalten, je nachdem wer gerade dagewesen sei. Sie habe ihre Tätigkeit im März 2006 im Hotel E. aufgenommen. Auf den weiteren Inhalt der Aussagen wird Bezug genommen.
Auf der beigefügten Kopie des Hotelprospekts waren der Kläger und der Zeuge S.D., die Figur eines E.s haltend, abgebildet.
Nach Anhörung vom 16.01.2007, auf die der Kläger nicht reagierte, nahm die Beklagte mit Bescheid vom 06.03.2007 die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab 02.07.2005 insgesamt zurück und forderte das gezahlte Arbeitslosengeld in Höhe von 16.458,00 EUR nebst gezahlter Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von zusammen 4.587,84 EUR zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, die fehlerhafte Bewilligung von Arbeitslosengeld sei erfolgt, weil der Kläger in seinem Antrag vom 30.05.2005 zumindest grob fahrlässig falsche Angaben gemacht habe (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X)). Der Kläger übe seit dem 02.07.2005 eine selbständige Tätigkeit aus, deren zeitlicher Umfang mindestens 15 Stunden wöchentlich betrage, so dass Arbeitslosigkeit nicht bestanden habe.
Nach Anhörung des Klägers vom 16.01.2007, der sich nicht äußerte, hob die Beklagte mit weiterem Bescheid vom 06.03.2007 auch die Bewilligung von Überbrückungsgeld für die Zeit vom 01.05. bis 31.10.2006 auf und forderte die Erstattung von überzahltem Überbrückungsgeld in Höhe von 16.737,78 EUR. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger übe die selbständige Tätigkeit bereits seit dem 01.03.2005 aus, weshalb kein Anspruch auf Arbeitslosengeld und somit auch kein Anspruch auf Überbrückungsgeld bestanden habe. Die fehlerhafte Bewilligung sei aufgrund der zumindest grob fahrlässig erfolgten falschen Angaben des Klägers bei Antragstellung erfolgt (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X).
Der Kläger legte gegen die Bescheide Widerspruch ein und trug vor, ihm sei zum 30.06.2005 gekündigt worden, weshalb er sich beruflich habe umorientieren müssen. Vom 18. bis 22.07.2005 habe er an einer Maßnahme der Beklagten teilgenommen und sich während dieser Zeit auch bei verschiedenen Unternehmen beworben. Ferner habe er sich vom 21.09. bis 26.09.2005 einer Therapie unterzogen. In der Zeit vom 20.10. bis 05.11.2005 sei er nicht in Schwäbisch Gmünd gewesen, sondern zuhause, da seine Ehefrau das dritte Kind erwartet habe. Zu seiner Abbildung auf dem Hausprospekt des Hotels E. teilte der Kläger mit, er sei am 16.08.2005, als die Besprechung mit der Firma CCK-Print Media GmbH (CCK) stattgefunden habe, zu Besuch bei S.D. gewesen. Er sei zu dem Gespräch eingeladen worden, um einmal ein Verhandlungsgespräch mit einem "Lieferanten" mitzubekommen. Während des in lockerer Atmosphäre verlaufenen Gesprächs habe S.D. erwähnt, er plane, den Kläger in das Hotelgewerbe einzuführen. Nachdem die Firma CCK mitgeteilt habe, sie benötige für das Bildmaterial Statisten, habe S.D. ihn, den Kläger, gebeten, sich auf der Broschüre ablichten zu lassen. Fälschlicherweise habe dann die Firma CCK ihn als Mitarbeiter mit in den Prospekt aufgenommen. Die Broschüre, die vom Hauptzollamt im März 2006 mitgenommen worden sei, sei eine Vorabversion mit zahlreichen noch zu korrigierenden Fehlern gewesen. Die offizielle Hotelbroschüre habe S.D. erst im Mai 2006 erhalten, was sich durch Lieferscheine und Rechnungen nachweisen lasse. Die Webpage sei als reine Info-Präsenz gedacht gewesen und sei von ihm, dem Kläger, in seiner Freizeit und als Freundschaftsdienst erstellt worden. Dabei sei voreilig sein Name innerhalb des Impressums mit aufgeladen worden. Es habe sich ebenfalls um eine provisorische Webpage gehandelt, die sodann durch eine neue und endgültige Webpage ersetzt worden sei. Hinsichtlich der Zeugenaussage von S.A. teilte der Kläger mit, der Inhaber des Hotels S.D. habe ihn im Rahmen eines Freundschaftsdienstes gebeten, der Zeugin ab und zu mit Ratschlägen bzw. notwendigen Anweisungen zur Seite zu stehen. Hierbei habe er stets mit seinem Laptop an seinen Aufzeichnungen und Bewerbungsunterlagen weitergearbeitet. Aus freundschaftlichen Gründen habe er nach Dienstende für S.D. Schlüssel von Aushilfen entgegengenommen. Er bestreite nicht, dass er des Öfteren im Hotel gewesen sei, er habe jedoch dort nicht gearbeitet. Der Name AkinDa sei von S.D. aus Motivationsgründen zugunsten des Klägers gewählt worden. Die Unterschriften auf den Stundennachweisen seien ebenfalls Folge eines Freundschaftsdienstes für S.D. gewesen.
Die Beklagte, die die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Ellwangen beizog, wies die Widersprüche mit den Widerspruchsbescheiden vom 26.11.2007 und 29.11.2007 zurück. Auf den Inhalt der Widerspruchsbescheide wird Bezug genommen.
Am 12.12.2007 hat der Kläger gegen beide Entscheidungen Klage erhoben (S 8 AL 5906/07 und S 8 AL 5924/07), die mit Beschluss vom 21.07.2008 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden wurden. Zur Begründung hat der Kläger im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen wiederholt.
Das SG hat einen Verhandlungstermin durchgeführt und in dem Termin den Kläger befragt sowie als Zeugen S.D., die Putzhilfe M. P. (M.P.) und A.K. gehört. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 11.03.2009 Bezug genommen.
Mit Urteil vom 11.03.2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, der Kläger sei bereits zum Zeitpunkt der Beantragung von Arbeitslosengeld am 30.05.2005 und danach fortlaufend einer selbständigen Tätigkeit als Mit-Geschäftsführer des Hotels E. im zeitlichen Umfang von mehr als 15 Stunden wöchentlich nachgegangen, weshalb er mit Verneinung der Frage nach der Ausübung einer selbständigen Tätigkeit im Leistungsantrag vom 30.05.2005 zumindest grob fahrlässig falsche Angaben gemacht habe. Dasselbe gelte für die Angabe im Antrag auf Überbrückungsgeld vom 05.05.2006, in welchem er behauptet habe, erst zum 01.05.2006 eine selbständige Tätigkeit als Gastwirt aufzunehmen. Seine Überzeugung, so das SG, gründe sich auf eine Vielzahl von Indizien. So sei das Hotel gemäß Pachtvertrag vom 10.02.2005 von der AkinDa Hotelmanagement und Marketing Ltd. gepachtet worden. Dabei handele es sich um eine Zusammenfügung des Nachnamens des Klägers mit den ersten beiden Buchstaben des Nachnamens des Zeugen S.D. Ein weiteres erhebliches Indiz für eine Geschäftsbeteiligung des Klägers an dem Hotel sei der Umstand, dass dieser am 07.02.2005 die Hälfte der Kaution von insgesamt 10.000,00 EUR an die Verpächter des Hotelgebäudes überwiesen habe. Dafür, dass es sich um einen geliehenen Betrag gehandelt haben sollte, gebe es keine Anhaltspunkte. Auch die Verfügungsberechtigung, die der Zeuge S.D. dem Kläger für mehrere Geschäftskonten eingeräumt habe, stelle ein erhebliches Indiz für eine Tätigkeit als Mit-Geschäftsführer seit der Aufbauphase im März 2005 dar. Die Behauptung des Zeugen S.D., der Kläger sei bis zur offiziellen Anmeldung des selbständigen Gewerbes ab dem 01.05.2006 lediglich freundschaftlich mit ihm verbunden gewesen, habe manchmal im Hotel ausgeholfen und ansonsten die Abläufe im Betrieb kennengelernt, sei mit diesen Fakten kaum in Übereinstimmung zu bringen. Auch wenn die Aussage des Zeugen A.K. von Belastungseifer gegenüber dem Kläger geprägt gewesen sei, sei dessen Aussage, dass der Kläger gemeinsam mit dem Zeugen S.D. als "Gastgeber und Inhaber" gegenüber Dritten firmiert habe, glaubhaft. Dies werde durch die vom Zeugen A.K. zu den Akten gereichte Einladung zu einer Weihnachtsfeier am 14.12.2005 belegt. Ein wesentliches Indiz für eine selbständige Tätigkeit als Mit-Geschäftsführer des Hotels stelle auch die Angabe der Zeugin M.P. dar, wonach der Kläger bei der Entscheidung über ihre Einstellung als Putzhilfe anwesend gewesen sei und ihren Lohn aus der Kasse der Rezeption beglichen habe. Zudem habe der Kläger auch das Arbeitsergebnis bezüglich der Putztätigkeit der Zeugin M.P. überprüft und habe als Ansprechpartner bei Problemen regelmäßig zur Verfügung gestanden. Auch der Zeuge S.D. habe insoweit eingeräumt, dass der Kläger spätestens ab Sommer 2005 die gesäuberten Räume "gecheckt" und damit wesentliche Kontrolltätigkeiten im Ablauf des Hotelbetriebes übernommen habe. Auch sei zu berücksichtigen, dass der Kläger spätestens ab April 2005 regelmäßig die Stundenlisten von Putzhilfen des Hotels in der Spalte "Arbeitgeber Unterschrift" abgezeichnet habe. Ein weiteres Indiz für eine jedenfalls annähernd gleichberechtigte Stellung des Klägers als Mit-Geschäftsführer des Hotels E. stelle das am 30.08.2005 gefertigte Bild vom Kläger und dem Zeugen S.D. dar, das beide - mit einem Anzug bekleidet - ein E. haltend zeige.
Der Kläger hat gegen das am 30.03.2009 zugestellte Urteil am 16.04.2009 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Er trägt ergänzend vor, der Zeuge S.D. habe den Betrag von 5.000,00 EUR in 3 Zahlungen an ihn in bar zurückgegeben. Das vom Zeugen A.K. vorgelegte Einladungsschreiben zur Weihnachtsfeier sei weder von ihm noch vom Zeugen S.D. verfasst und auch nicht von diesem unterzeichnet worden. Auch habe er gegenüber der Zeugin M.P. keinerlei Abrechnungen erstellt. Diese seien vom Zeugen S.D. gefertigt worden. Die Zeugin M.P. sei mehrfach auf ihn, den Kläger zugegangen und habe um Vorschusszahlungen gebeten, die er - um seine Ruhe zu haben - in Höhe von 50,00 EUR bis 100,00 EUR gewährt habe. Die Stundenlisten seien von ihm nachträglich ausgefüllt worden. Er habe sich lediglich als Statist für das Bild auf dem Hotelprospekt zur Verfügung gestellt. Ferner hat der Kläger 3 Quittungen vorgelegt, wonach ihm der Zeuge S.D. am 13.05.2005 2.000,00 EUR und am 16. und 29.06.2005 jeweils 1.500,00 EUR zur Rückzahlung des Darlehens übergeben habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11. März 2009 und die Bescheide der Beklagten vom 06. März 2007 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 26. November 2007 und 29. November 2007 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil und ihre Entscheidungen. Die Anzahl der Beweise und Indizien für eine mehr als 15-stündige Beschäftigung des Klägers im streitgegenständlichen Zeitraum sei erdrückend.
Der Senat hat die Verpächter des Hotels Dr. Peter Holzrichter (P.H.) und Dr. Erich Zimmermann (E.Z.) sowie den Ersteller der Homepage, Heinz Bolz (H.B.) als Zeugen schriftlich gehört und Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen S.D. in der nichtöffentlichen Sitzung vom 17.08.2011 und durch Vernehmung der Zeuginnen Camile Akin (C.A.), der Ehefrau des Klägers, und Maria Luise D. (M.D.), der Mutter des S.D. in der mündlichen Verhandlung vom 18.09.2013. Wegen des Ergebnisses der Vernehmungen wird auf die schriftlichen Aussagen vom 12.11.2009, 13.11.2009 und 29.01.2010 sowie auf das Protokoll der nichtöffentlichen Sitzung am 17.08.2011 und der mündlichen Verhandlung am 18.09.2013 verwiesen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten, die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Ellwangen sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) ist auch im Übrigen zulässig, sachlich aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Anfechtungsklagen gegen die angegriffenen Bescheide der Beklagten abgewiesen.
Die Beklagte durfte die Bewilligung von Arbeitslosgengeld sowie von Überbrückungsgeld für die gesamten Bezugszeiträume zurücknehmen, die Überzahlung zurückfordern und die Erstattung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung verlangen. Hinsichtlich der Darstellung der gesetzlichen Vorschriften wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Gründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Ferner hat das SG die Gesichtspunkte, die für eine selbständige Tätigkeit des Klägers ab März 2005 sprechen, zutreffend dargelegt. Der Senat nimmt auch insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Ausführungen Bezug.
Lediglich ergänzend führt der Senat mit Blick auf das im Termin zur mündlichen Verhandlung am 18.09.2013 mehrfach von der Zeugin C.A. wiederholte Vorbringen, es habe sich bei der Tätigkeit ihres Ehemannes um eine reine Gefälligkeit gehandelt, aus, dass es sich insoweit um eine bloße Schutzbehauptung handelt mit dem Ziel, eine die Arbeitslosigkeit ausschließende selbständige Tätigkeit zu widerlegen. Der Kläger selbst und seine Ehefrau, die Zeugin C.A., haben in der Verhandlung am 18.09.2013 angegeben, aufgrund der gesundheitlichen Probleme des Klägers im erlernten Beruf eine berufliche Perspektive im Hotelgewerbe gesehen zu haben. Vor diesem Hintergrund wurde auch das Überbrückungsgeld für eine selbständige Tätigkeit beantragt. Schon dies spricht gegen ein Gefälligkeitsverhältnis. Auch die Angabe der Zeuginnen C.A. und M.D., der Kläger habe für seine Tätigkeit kein Geld vom Zeugen S. D. erhalten, spricht nicht gegen eine selbständige Tätigkeit. Die selbständige Tätigkeit ist definiert als eine auf Dauer angelegte, in persönlicher Unabhängigkeit berufsmäßig zu Erwerbszwecken ausgeübte Tätigkeit (BSG, Urteil vom 03.06.2009 - B 12 AL 1/08 R - juris). Die Entgeltlichkeit gehört - ebenso wie bei einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis - nicht dazu (BSG, Urteil vom 09.02.2006 - B 7a AL 58/05 R - juris).
Zur Überzeugung des Senats steht nach den Beweiserhebungen im Ermittlungs-, Klage- und Berufungsverfahren ferner fest, dass der Kläger ab 02.07.2005, dem Beginn des Arbeitslosengeldbezuges, und auch schon davor, die selbständige Tätigkeit in einem Umfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich ausgeübt hat. Für die Zeit ab Oktober 2005 ergibt sich dies bereits aus den Angaben des Zeugen S.D. in der nicht öffentlichen Sitzung am 17.08.2011, er habe den Kläger ab September bzw. Oktober 2005 intensiv gecoacht und der Kläger sei ab Ende Oktober 2005 regelmäßig im Hotel gewesen. Auch der Zeuge A.K. bestätigte mit seiner Aussage vor dem SG, der Kläger sei von A bis Z zuständig gewesen, er habe renoviert, bedient, das Frühstück gemacht, die Beleuchtung gerichtet und sei einkaufen gefahren, eine Tätigkeit, die mindestens 15 Stunden wöchentlich betrug. Darüber hinaus belegen die vom Kläger abgezeichneten und im Urkundenbeweis verwertbaren Stundenlisten der Putzhilfen, dass er von Juni bis September 2005 bis auf wenige Ausnahmen einer die Grenze von 15 Stunden wöchentlich deutlich übersteigende Tätigkeit nachgegangen ist. Dass die mit den Handzeichen des Klägers versehenen Stundenaufstellungen seine tatsächliche Anwesenheit im Hotel dokumentieren, ergibt sich daraus, dass er eigenen Angaben zu Folge vom 18. bis 22.07.2005 an einer Maßnahme der Beklagten teilgenommen und vom 21.09. bis 26.09.2005 sich einer Therapie unterzogen habe sowie im Oktober/November 2005 wegen der Geburt seines dritten Kindes für zwei Wochen zuhause gewesen sei. Insoweit weisen die Unterschriftslisten in diesen Zeiträumen tatsächlich jeweils Lücken auf. Der Einlassung des Klägers, es handele sich bei den Listen um eine nachträgliche Übertragung von Stundenzetteln der Putzkräfte zur Vorlage beim Steuerberater hält der Senat mit dem SG für eine bloße Schutzbehauptung. Die unterschiedlichen Schriftzüge der jeweiligen Eintragungen sprechen dafür, dass der Kläger sie an dem jeweiligen Tag vorgenommen hat und nicht - wie er glauben machen möchte - nachträglich an einem Tag. Anhand der vom Kläger abgezeichneten Listen lässt sich im Zeitraum von Juni bis September 2005 nachstehende Stundenanzahl pro Woche feststellen:
01.06. (Mi.) bis 05.06. (So.) 21,25 Stunden 01.08. bis 07.08. 15,50 Stunden 06.06. bis 12.06. 22 Stunden 08.08. bis 14.08. 5,75 Stunden 13.06. bis 19.06. 17,45 Stunden 15.08. bis 21.08. 12,75 Stunden 20.06. bis 26.06 16,25 Stunden 22.08. bis 28.08. 4 Stunden 27.06. bis 03.07. 27 Stunden 29.08. bis 04.09. 19,25 Stunden 04.07. bis 10.07. 18,50 Stunden 05.09. bis 11.09. 11,75 Stunden 11.07. bis 17.07. 11,50 Stunden 12.09. bis 18.09. 24,75 Stunden 18.07. bis 24.07. 10,25 Stunden 19.09. bis 25.09. 4,50 Stunden 25.07. bis 31.07. 18,50 Stunden 26.09. bis 02.10. 17,25 Stunden
Soweit sich aus den Stundenlisten für die Zeit vom 11.07. bis 17.07., vom 18.07. bis 24.07., vom 08.08. bis 28.08., vom 05.09. bis 11.09. und vom 19.09. bis 25.09. weniger als 15 Stunden ergeben, ist dies ohne rechtliche Bedeutung. Denn es reicht schon aus, dass der Kläger bis 10.07.2005 einer selbständigen Tätigkeit im Umfang von mehr als 15 Stunden wöchentlich nachgegangen ist, weil die Wirkung der persönlichen Arbeitslosmeldung des Klägers am 30.05.2005 gemäß § 122 Abs. 2 Nr. 2 SGB III durch die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit erloschen ist und somit eine der Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld nicht bestanden hat.
Die Angaben der Zeuginnen M.D. und C.A. zum zeitlichen Umfang der Tätigkeit des Klägers waren wenig ergiebig und nicht überzeugend. Soweit sie bekundet haben, der Kläger sei lediglich ein bis zwei Mal die Woche im Hotel gewesen, steht dies nicht nur in Widerspruch zu den Angaben des Zeugen S.D. über ein intensives Coaching im September und einer regelmäßigen Anwesenheit ab Ende Oktober 2005, sondern auch zu den Stundenlisten der Putzhilfen, die für die Zeit vor Oktober 2005 immer wieder eine fast tägliche Anwesenheit belegen.
Der Kläger hat somit im Antrag auf Arbeitslosengeld vom 30.05.2005 grob fahrlässig falsche Angaben gemacht, als er die Frage nach einer Beschäftigung verneinte. Auch war er durch das Merkblatt Nr. 1 für Arbeitslose, das er bei Antragstellung erhalten hatte, darüber informiert, dass jegliche Nebentätigkeit anzugeben ist, auch eine ggf. nicht entlohnte Tätigkeit. Dieser Obliegenheit ist er nicht nachgekommen. Gleichermaßen grob fahrlässig falsch waren die Angaben im Antrag auf Überbrückungsgeld, er nehme eine selbständige Tätigkeit erst zum 01.05.2006 auf.
Die relevanten Fristen, sowohl die Frist von zehn Jahren ab Bekanntgabe der zurückgenommenen Entscheidung (§ 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X), als auch die Jahresfrist ab Kenntnis der Beklagten von den für die Rücknahme relevanten Umständen (§ 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X) hat die Beklagte eingehalten. Unabhängig davon, ob die Jahresfrist erst nach erfolgter Anhörung des Betroffenen zu den die Rücknahme- bzw. Aufhebungsentscheidung rechtfertigenden Tatsachen beginnt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 27.07.2000, B 7 AL 88/99 R - juris, Rn. 22 ff.), konnte bei der Beklagten die Kenntnis frühestens ab Eingang des Schreibens des Hauptzollamtes am 13.04.2006 eingetreten sein. Die Jahresfrist ist damit in jedem Fall gewahrt.
Eine Ermessenentscheidung war von der Beklagten wegen § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III nicht zu treffen.
Die Höhe des Erstattungsbetrages ist zutreffend berechnet.
Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung am 18.09.2013 angeregt hat, die Arbeitsvermittlerin Frau Fuchs zum Vortrag des Klägers, diese sei über seine Tätigkeit informiert gewesen, zu hören, handelt es sich nicht um einen förmlichen Beweisantrag, sondern - wie der Prozessbevollmächtigte ausdrücklich erklärt hat - nur um eine Beweisanregung (vgl. zur Abgrenzung BSG, Beschluss vom 16.01.2013, B 1 KR 25/12 B - juris). In Anbetracht der gesamten Sachaufklärung sah der Senat auch keinen Anlass, dieser Beweisanregung selbst nachzukommen, zumal die maßgeblichen Gespräche nach Angaben des Klägers im September 2005 und damit erst nach dem hier rechtlich relevanten Zeitraum stattgefunden haben sollen.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme einer Bewilligung und die Rückforderung von Arbeitslosengeld und Überbrückungsgeld.
Der 1975 geborene Kläger ist gelernter Gas-, Wasser- und Heizungsinstallateur. Bis zum 30.06.2005 war er bei der Total Walther GmbH, Köln, in seinem Beruf beschäftigt. Ab 01.03.2005 war der Kläger krank und bezog ab 05.04.2005 bis 01.07.2005 Krankengeld. Das Beschäftigungsverhältnis endete durch betriebsbedingte Kündigung des Arbeitgebers.
Am 30.05.2005 beantragte der Kläger bei der Beklagten Arbeitslosengeld. Hierbei bestätigte er unterschriftlich, das Merkblatt Nr. 1 für Arbeitslose erhalten und seinen Inhalt zur Kenntnis genommen zu haben. Der Formantrag enthielt unter anderem die Angabe, der Kläger übe keine Beschäftigung oder Tätigkeit als Arbeitnehmer oder Selbständiger aus. Mit Bescheid vom 15.07.2005 bewilligte die Beklagte Arbeitslosengeld ab dem 02.07.2005 mit einem täglichen Leistungsbetrag von 54,86 EUR für 360 Tage.
Am 24.01.2006 stellte der Kläger einen Antrag auf Gewährung von Überbrückungsgeld zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit. Dabei erklärte er, er werde am 01.05.2006 eine selbständige, hauptberufliche Tätigkeit als Gastwirt in Schwäbisch Gmünd im Hotel Einhorn aufnehmen. Das Hotel sei die vergangenen 12 Monate allein von dem Zeugen S. D. (S.D.) gepachtet und betrieben worden. Das Haus solle einen zweiten, gleichberechtigten Inhaber mit großem technischem Verständnis erhalten, um insbesondere die Technik des Hotels, die Standards betreffend Ambiente und Service des Hauses auf Vordermann zu bringen und das stetig ansteigende Geschäftsvolumen täglich aktiv zu gestalten und weiter auszubauen. Der Zeuge S.D. plane ähnlich attraktive Hotelprojekte zu übernehmen und beabsichtige auch aus diesem Grund, die Leitung und Verantwortung mit ihm, dem Kläger, aufzuteilen. Auf den weiteren Inhalt der Antragsunterlagen wird Bezug genommen.
Daraufhin bewilligte die Beklagte Überbrückungsgeld für die Zeit ab 01.05.2006 bis 31.10.2006 in Höhe von monatlich 2.789,63 EUR (Bescheid vom 16.05.2006).
Am 13.04.2006 teilte das Hauptzollamt Ulm mit, dass ein Ermittlungsverfahren gegen den Kläger laufe, und bat die Beklagte um Auskunft. Am 22.08.2006 erfuhr die Beklagte durch das Hauptzollamt Ulm von dem Vorwurf, der Kläger habe die Gaststätte seit 01.03.2005 in Vollzeit geleitet. Am 15.01.2007 ging sodann bei der Beklagten der Ermittlungsbericht des Hauptzollamts Ulm vom 11.01.2007 nebst Vernehmungsniederschriften der ehemaligen Mitarbeiter des Hotels Einhorn, der Zeugen A. K. (A.K.) und S. A. (S.A.), einem Ausdruck von der Homepage des Hotels Einhorn und einer Seite aus dem Hotelprospekt ein. In dem Bericht ist ausgeführt, der Kläger habe in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit seinem Partner S.D. seit März 2005 das Hotel E. geführt. Im Rahmen einer Außenprüfung im besagten Hotel am 06.04.2006 sei der Kläger dort durch die prüfenden Beamten angetroffen worden. Die am Empfang beschäftigte Mitarbeiterin sei gebeten worden, einen Geschäftsführer zu informieren und habe daraufhin den Kläger beigerufen. Im weiteren Verlauf habe dieser eine Mappe mit Stundenaufzeichnungen der Beschäftigten vorgelegt, deren frühesten Eintragungen vom März 2005 gewesen seien. Diese Eintragungen seien regelmäßig vom Kläger mit seinem Namenszeichen versehen, woraus ersichtlich sei, dass er aktiv im Hotel gearbeitet habe. Gemäß einer Zeugenaussage habe der Kläger als Direktor des Hotels die Rezeption betreut, das Frühstück bereitet und die Lohnzahlungen an die türkischen Mitarbeiter vorgenommen. Außerdem habe der Zeuge bestätigt, dass es sich bei den Unterschriften auf den Stundenlisten tatsächlich um die des Klägers gehandelt habe. Auf der Internetseite des Hotels E. seien bis zum 12.04.2006 als Inhaber der Kläger und S.D. genannt worden. Diese Seite sei am Folgetag geändert worden, so dass nur noch S.D. als Inhaber erschienen sei. Ganz offensichtlich sollten auch durch diese Änderung der Homepage, die kurz nach Prüfung und Einleitung des Ermittlungsverfahrens erfolgt sei, die tatsächlichen Verhältnisse im Hotel verschleiert werden. Ein weiteres Indiz für eine bereits zum 01.03.2005 bestehende Inhaberschaft und damit Arbeitgebereigenschaft des Klägers ergebe sich auch aus der Firmierung in der Gewerbeanmeldung vom 01.03.2005. Diese sei zwar nur auf den Namen des S.D. erfolgt, jedoch gebe dieser als Firmierung die Bezeichnung "AkinDa Hotelmanagement und Marketing Ltd. in Gründung" an. Offensichtlich handele es sich bei dem Kürzel AkinDa um ein aus Akin und D. zusammengesetztes Kunstwort. Diese Umstände begründeten den Verdacht, dass der Kläger in seiner Eigenschaft als Mitinhaber eines Hotels und somit selbst Arbeitgeber seit März 2005 unrechtmäßige Leistungen der Agentur für Arbeit bezogen habe. Dem Bericht beigefügt waren auszugsweise Stundenlisten für Angestellte des Hotels für die Zeit ab 14.03.2005 bis 10.07.2005. Diese trugen überwiegend in der Spalte "Arbeitgeber Unterschrift" den Namen des Klägers, gelegentlich auch den Namen D ... In der Vernehmungsniederschrift vom 30.06.2006 gab der Zeuge A.K. an, er habe bis 26.12.2005 als selbständiger Koch im Hotel E. gearbeitet. Er kenne den Kläger seit etwa Sommer 2005. Seine Aufträge habe er vom Kläger und S.D. erhalten. Der Kläger sei der Direktor des Hotels mit 19 Zimmern gewesen. Die Lohnauszahlungen an die türkischen Mitarbeiter habe der Kläger übernommen. Inhaber des Hotels sei S.D. gewesen. In der Vernehmungsniederschrift vom 28.07.2006 gab die Zeugin S.A. an, vom Kläger und S.D. als Putzhilfe eingestellt worden zu sein. Sie glaube, die Vorgenannten seien im Hotel gleichgestellt gewesen. Arbeitsanweisungen habe sie vom Kläger und S.D. erhalten, je nachdem wer gerade dagewesen sei. Sie habe ihre Tätigkeit im März 2006 im Hotel E. aufgenommen. Auf den weiteren Inhalt der Aussagen wird Bezug genommen.
Auf der beigefügten Kopie des Hotelprospekts waren der Kläger und der Zeuge S.D., die Figur eines E.s haltend, abgebildet.
Nach Anhörung vom 16.01.2007, auf die der Kläger nicht reagierte, nahm die Beklagte mit Bescheid vom 06.03.2007 die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab 02.07.2005 insgesamt zurück und forderte das gezahlte Arbeitslosengeld in Höhe von 16.458,00 EUR nebst gezahlter Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von zusammen 4.587,84 EUR zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, die fehlerhafte Bewilligung von Arbeitslosengeld sei erfolgt, weil der Kläger in seinem Antrag vom 30.05.2005 zumindest grob fahrlässig falsche Angaben gemacht habe (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X)). Der Kläger übe seit dem 02.07.2005 eine selbständige Tätigkeit aus, deren zeitlicher Umfang mindestens 15 Stunden wöchentlich betrage, so dass Arbeitslosigkeit nicht bestanden habe.
Nach Anhörung des Klägers vom 16.01.2007, der sich nicht äußerte, hob die Beklagte mit weiterem Bescheid vom 06.03.2007 auch die Bewilligung von Überbrückungsgeld für die Zeit vom 01.05. bis 31.10.2006 auf und forderte die Erstattung von überzahltem Überbrückungsgeld in Höhe von 16.737,78 EUR. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger übe die selbständige Tätigkeit bereits seit dem 01.03.2005 aus, weshalb kein Anspruch auf Arbeitslosengeld und somit auch kein Anspruch auf Überbrückungsgeld bestanden habe. Die fehlerhafte Bewilligung sei aufgrund der zumindest grob fahrlässig erfolgten falschen Angaben des Klägers bei Antragstellung erfolgt (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X).
Der Kläger legte gegen die Bescheide Widerspruch ein und trug vor, ihm sei zum 30.06.2005 gekündigt worden, weshalb er sich beruflich habe umorientieren müssen. Vom 18. bis 22.07.2005 habe er an einer Maßnahme der Beklagten teilgenommen und sich während dieser Zeit auch bei verschiedenen Unternehmen beworben. Ferner habe er sich vom 21.09. bis 26.09.2005 einer Therapie unterzogen. In der Zeit vom 20.10. bis 05.11.2005 sei er nicht in Schwäbisch Gmünd gewesen, sondern zuhause, da seine Ehefrau das dritte Kind erwartet habe. Zu seiner Abbildung auf dem Hausprospekt des Hotels E. teilte der Kläger mit, er sei am 16.08.2005, als die Besprechung mit der Firma CCK-Print Media GmbH (CCK) stattgefunden habe, zu Besuch bei S.D. gewesen. Er sei zu dem Gespräch eingeladen worden, um einmal ein Verhandlungsgespräch mit einem "Lieferanten" mitzubekommen. Während des in lockerer Atmosphäre verlaufenen Gesprächs habe S.D. erwähnt, er plane, den Kläger in das Hotelgewerbe einzuführen. Nachdem die Firma CCK mitgeteilt habe, sie benötige für das Bildmaterial Statisten, habe S.D. ihn, den Kläger, gebeten, sich auf der Broschüre ablichten zu lassen. Fälschlicherweise habe dann die Firma CCK ihn als Mitarbeiter mit in den Prospekt aufgenommen. Die Broschüre, die vom Hauptzollamt im März 2006 mitgenommen worden sei, sei eine Vorabversion mit zahlreichen noch zu korrigierenden Fehlern gewesen. Die offizielle Hotelbroschüre habe S.D. erst im Mai 2006 erhalten, was sich durch Lieferscheine und Rechnungen nachweisen lasse. Die Webpage sei als reine Info-Präsenz gedacht gewesen und sei von ihm, dem Kläger, in seiner Freizeit und als Freundschaftsdienst erstellt worden. Dabei sei voreilig sein Name innerhalb des Impressums mit aufgeladen worden. Es habe sich ebenfalls um eine provisorische Webpage gehandelt, die sodann durch eine neue und endgültige Webpage ersetzt worden sei. Hinsichtlich der Zeugenaussage von S.A. teilte der Kläger mit, der Inhaber des Hotels S.D. habe ihn im Rahmen eines Freundschaftsdienstes gebeten, der Zeugin ab und zu mit Ratschlägen bzw. notwendigen Anweisungen zur Seite zu stehen. Hierbei habe er stets mit seinem Laptop an seinen Aufzeichnungen und Bewerbungsunterlagen weitergearbeitet. Aus freundschaftlichen Gründen habe er nach Dienstende für S.D. Schlüssel von Aushilfen entgegengenommen. Er bestreite nicht, dass er des Öfteren im Hotel gewesen sei, er habe jedoch dort nicht gearbeitet. Der Name AkinDa sei von S.D. aus Motivationsgründen zugunsten des Klägers gewählt worden. Die Unterschriften auf den Stundennachweisen seien ebenfalls Folge eines Freundschaftsdienstes für S.D. gewesen.
Die Beklagte, die die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Ellwangen beizog, wies die Widersprüche mit den Widerspruchsbescheiden vom 26.11.2007 und 29.11.2007 zurück. Auf den Inhalt der Widerspruchsbescheide wird Bezug genommen.
Am 12.12.2007 hat der Kläger gegen beide Entscheidungen Klage erhoben (S 8 AL 5906/07 und S 8 AL 5924/07), die mit Beschluss vom 21.07.2008 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden wurden. Zur Begründung hat der Kläger im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen wiederholt.
Das SG hat einen Verhandlungstermin durchgeführt und in dem Termin den Kläger befragt sowie als Zeugen S.D., die Putzhilfe M. P. (M.P.) und A.K. gehört. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 11.03.2009 Bezug genommen.
Mit Urteil vom 11.03.2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, der Kläger sei bereits zum Zeitpunkt der Beantragung von Arbeitslosengeld am 30.05.2005 und danach fortlaufend einer selbständigen Tätigkeit als Mit-Geschäftsführer des Hotels E. im zeitlichen Umfang von mehr als 15 Stunden wöchentlich nachgegangen, weshalb er mit Verneinung der Frage nach der Ausübung einer selbständigen Tätigkeit im Leistungsantrag vom 30.05.2005 zumindest grob fahrlässig falsche Angaben gemacht habe. Dasselbe gelte für die Angabe im Antrag auf Überbrückungsgeld vom 05.05.2006, in welchem er behauptet habe, erst zum 01.05.2006 eine selbständige Tätigkeit als Gastwirt aufzunehmen. Seine Überzeugung, so das SG, gründe sich auf eine Vielzahl von Indizien. So sei das Hotel gemäß Pachtvertrag vom 10.02.2005 von der AkinDa Hotelmanagement und Marketing Ltd. gepachtet worden. Dabei handele es sich um eine Zusammenfügung des Nachnamens des Klägers mit den ersten beiden Buchstaben des Nachnamens des Zeugen S.D. Ein weiteres erhebliches Indiz für eine Geschäftsbeteiligung des Klägers an dem Hotel sei der Umstand, dass dieser am 07.02.2005 die Hälfte der Kaution von insgesamt 10.000,00 EUR an die Verpächter des Hotelgebäudes überwiesen habe. Dafür, dass es sich um einen geliehenen Betrag gehandelt haben sollte, gebe es keine Anhaltspunkte. Auch die Verfügungsberechtigung, die der Zeuge S.D. dem Kläger für mehrere Geschäftskonten eingeräumt habe, stelle ein erhebliches Indiz für eine Tätigkeit als Mit-Geschäftsführer seit der Aufbauphase im März 2005 dar. Die Behauptung des Zeugen S.D., der Kläger sei bis zur offiziellen Anmeldung des selbständigen Gewerbes ab dem 01.05.2006 lediglich freundschaftlich mit ihm verbunden gewesen, habe manchmal im Hotel ausgeholfen und ansonsten die Abläufe im Betrieb kennengelernt, sei mit diesen Fakten kaum in Übereinstimmung zu bringen. Auch wenn die Aussage des Zeugen A.K. von Belastungseifer gegenüber dem Kläger geprägt gewesen sei, sei dessen Aussage, dass der Kläger gemeinsam mit dem Zeugen S.D. als "Gastgeber und Inhaber" gegenüber Dritten firmiert habe, glaubhaft. Dies werde durch die vom Zeugen A.K. zu den Akten gereichte Einladung zu einer Weihnachtsfeier am 14.12.2005 belegt. Ein wesentliches Indiz für eine selbständige Tätigkeit als Mit-Geschäftsführer des Hotels stelle auch die Angabe der Zeugin M.P. dar, wonach der Kläger bei der Entscheidung über ihre Einstellung als Putzhilfe anwesend gewesen sei und ihren Lohn aus der Kasse der Rezeption beglichen habe. Zudem habe der Kläger auch das Arbeitsergebnis bezüglich der Putztätigkeit der Zeugin M.P. überprüft und habe als Ansprechpartner bei Problemen regelmäßig zur Verfügung gestanden. Auch der Zeuge S.D. habe insoweit eingeräumt, dass der Kläger spätestens ab Sommer 2005 die gesäuberten Räume "gecheckt" und damit wesentliche Kontrolltätigkeiten im Ablauf des Hotelbetriebes übernommen habe. Auch sei zu berücksichtigen, dass der Kläger spätestens ab April 2005 regelmäßig die Stundenlisten von Putzhilfen des Hotels in der Spalte "Arbeitgeber Unterschrift" abgezeichnet habe. Ein weiteres Indiz für eine jedenfalls annähernd gleichberechtigte Stellung des Klägers als Mit-Geschäftsführer des Hotels E. stelle das am 30.08.2005 gefertigte Bild vom Kläger und dem Zeugen S.D. dar, das beide - mit einem Anzug bekleidet - ein E. haltend zeige.
Der Kläger hat gegen das am 30.03.2009 zugestellte Urteil am 16.04.2009 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Er trägt ergänzend vor, der Zeuge S.D. habe den Betrag von 5.000,00 EUR in 3 Zahlungen an ihn in bar zurückgegeben. Das vom Zeugen A.K. vorgelegte Einladungsschreiben zur Weihnachtsfeier sei weder von ihm noch vom Zeugen S.D. verfasst und auch nicht von diesem unterzeichnet worden. Auch habe er gegenüber der Zeugin M.P. keinerlei Abrechnungen erstellt. Diese seien vom Zeugen S.D. gefertigt worden. Die Zeugin M.P. sei mehrfach auf ihn, den Kläger zugegangen und habe um Vorschusszahlungen gebeten, die er - um seine Ruhe zu haben - in Höhe von 50,00 EUR bis 100,00 EUR gewährt habe. Die Stundenlisten seien von ihm nachträglich ausgefüllt worden. Er habe sich lediglich als Statist für das Bild auf dem Hotelprospekt zur Verfügung gestellt. Ferner hat der Kläger 3 Quittungen vorgelegt, wonach ihm der Zeuge S.D. am 13.05.2005 2.000,00 EUR und am 16. und 29.06.2005 jeweils 1.500,00 EUR zur Rückzahlung des Darlehens übergeben habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11. März 2009 und die Bescheide der Beklagten vom 06. März 2007 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 26. November 2007 und 29. November 2007 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil und ihre Entscheidungen. Die Anzahl der Beweise und Indizien für eine mehr als 15-stündige Beschäftigung des Klägers im streitgegenständlichen Zeitraum sei erdrückend.
Der Senat hat die Verpächter des Hotels Dr. Peter Holzrichter (P.H.) und Dr. Erich Zimmermann (E.Z.) sowie den Ersteller der Homepage, Heinz Bolz (H.B.) als Zeugen schriftlich gehört und Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen S.D. in der nichtöffentlichen Sitzung vom 17.08.2011 und durch Vernehmung der Zeuginnen Camile Akin (C.A.), der Ehefrau des Klägers, und Maria Luise D. (M.D.), der Mutter des S.D. in der mündlichen Verhandlung vom 18.09.2013. Wegen des Ergebnisses der Vernehmungen wird auf die schriftlichen Aussagen vom 12.11.2009, 13.11.2009 und 29.01.2010 sowie auf das Protokoll der nichtöffentlichen Sitzung am 17.08.2011 und der mündlichen Verhandlung am 18.09.2013 verwiesen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten, die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Ellwangen sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) ist auch im Übrigen zulässig, sachlich aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Anfechtungsklagen gegen die angegriffenen Bescheide der Beklagten abgewiesen.
Die Beklagte durfte die Bewilligung von Arbeitslosgengeld sowie von Überbrückungsgeld für die gesamten Bezugszeiträume zurücknehmen, die Überzahlung zurückfordern und die Erstattung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung verlangen. Hinsichtlich der Darstellung der gesetzlichen Vorschriften wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Gründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Ferner hat das SG die Gesichtspunkte, die für eine selbständige Tätigkeit des Klägers ab März 2005 sprechen, zutreffend dargelegt. Der Senat nimmt auch insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Ausführungen Bezug.
Lediglich ergänzend führt der Senat mit Blick auf das im Termin zur mündlichen Verhandlung am 18.09.2013 mehrfach von der Zeugin C.A. wiederholte Vorbringen, es habe sich bei der Tätigkeit ihres Ehemannes um eine reine Gefälligkeit gehandelt, aus, dass es sich insoweit um eine bloße Schutzbehauptung handelt mit dem Ziel, eine die Arbeitslosigkeit ausschließende selbständige Tätigkeit zu widerlegen. Der Kläger selbst und seine Ehefrau, die Zeugin C.A., haben in der Verhandlung am 18.09.2013 angegeben, aufgrund der gesundheitlichen Probleme des Klägers im erlernten Beruf eine berufliche Perspektive im Hotelgewerbe gesehen zu haben. Vor diesem Hintergrund wurde auch das Überbrückungsgeld für eine selbständige Tätigkeit beantragt. Schon dies spricht gegen ein Gefälligkeitsverhältnis. Auch die Angabe der Zeuginnen C.A. und M.D., der Kläger habe für seine Tätigkeit kein Geld vom Zeugen S. D. erhalten, spricht nicht gegen eine selbständige Tätigkeit. Die selbständige Tätigkeit ist definiert als eine auf Dauer angelegte, in persönlicher Unabhängigkeit berufsmäßig zu Erwerbszwecken ausgeübte Tätigkeit (BSG, Urteil vom 03.06.2009 - B 12 AL 1/08 R - juris). Die Entgeltlichkeit gehört - ebenso wie bei einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis - nicht dazu (BSG, Urteil vom 09.02.2006 - B 7a AL 58/05 R - juris).
Zur Überzeugung des Senats steht nach den Beweiserhebungen im Ermittlungs-, Klage- und Berufungsverfahren ferner fest, dass der Kläger ab 02.07.2005, dem Beginn des Arbeitslosengeldbezuges, und auch schon davor, die selbständige Tätigkeit in einem Umfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich ausgeübt hat. Für die Zeit ab Oktober 2005 ergibt sich dies bereits aus den Angaben des Zeugen S.D. in der nicht öffentlichen Sitzung am 17.08.2011, er habe den Kläger ab September bzw. Oktober 2005 intensiv gecoacht und der Kläger sei ab Ende Oktober 2005 regelmäßig im Hotel gewesen. Auch der Zeuge A.K. bestätigte mit seiner Aussage vor dem SG, der Kläger sei von A bis Z zuständig gewesen, er habe renoviert, bedient, das Frühstück gemacht, die Beleuchtung gerichtet und sei einkaufen gefahren, eine Tätigkeit, die mindestens 15 Stunden wöchentlich betrug. Darüber hinaus belegen die vom Kläger abgezeichneten und im Urkundenbeweis verwertbaren Stundenlisten der Putzhilfen, dass er von Juni bis September 2005 bis auf wenige Ausnahmen einer die Grenze von 15 Stunden wöchentlich deutlich übersteigende Tätigkeit nachgegangen ist. Dass die mit den Handzeichen des Klägers versehenen Stundenaufstellungen seine tatsächliche Anwesenheit im Hotel dokumentieren, ergibt sich daraus, dass er eigenen Angaben zu Folge vom 18. bis 22.07.2005 an einer Maßnahme der Beklagten teilgenommen und vom 21.09. bis 26.09.2005 sich einer Therapie unterzogen habe sowie im Oktober/November 2005 wegen der Geburt seines dritten Kindes für zwei Wochen zuhause gewesen sei. Insoweit weisen die Unterschriftslisten in diesen Zeiträumen tatsächlich jeweils Lücken auf. Der Einlassung des Klägers, es handele sich bei den Listen um eine nachträgliche Übertragung von Stundenzetteln der Putzkräfte zur Vorlage beim Steuerberater hält der Senat mit dem SG für eine bloße Schutzbehauptung. Die unterschiedlichen Schriftzüge der jeweiligen Eintragungen sprechen dafür, dass der Kläger sie an dem jeweiligen Tag vorgenommen hat und nicht - wie er glauben machen möchte - nachträglich an einem Tag. Anhand der vom Kläger abgezeichneten Listen lässt sich im Zeitraum von Juni bis September 2005 nachstehende Stundenanzahl pro Woche feststellen:
01.06. (Mi.) bis 05.06. (So.) 21,25 Stunden 01.08. bis 07.08. 15,50 Stunden 06.06. bis 12.06. 22 Stunden 08.08. bis 14.08. 5,75 Stunden 13.06. bis 19.06. 17,45 Stunden 15.08. bis 21.08. 12,75 Stunden 20.06. bis 26.06 16,25 Stunden 22.08. bis 28.08. 4 Stunden 27.06. bis 03.07. 27 Stunden 29.08. bis 04.09. 19,25 Stunden 04.07. bis 10.07. 18,50 Stunden 05.09. bis 11.09. 11,75 Stunden 11.07. bis 17.07. 11,50 Stunden 12.09. bis 18.09. 24,75 Stunden 18.07. bis 24.07. 10,25 Stunden 19.09. bis 25.09. 4,50 Stunden 25.07. bis 31.07. 18,50 Stunden 26.09. bis 02.10. 17,25 Stunden
Soweit sich aus den Stundenlisten für die Zeit vom 11.07. bis 17.07., vom 18.07. bis 24.07., vom 08.08. bis 28.08., vom 05.09. bis 11.09. und vom 19.09. bis 25.09. weniger als 15 Stunden ergeben, ist dies ohne rechtliche Bedeutung. Denn es reicht schon aus, dass der Kläger bis 10.07.2005 einer selbständigen Tätigkeit im Umfang von mehr als 15 Stunden wöchentlich nachgegangen ist, weil die Wirkung der persönlichen Arbeitslosmeldung des Klägers am 30.05.2005 gemäß § 122 Abs. 2 Nr. 2 SGB III durch die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit erloschen ist und somit eine der Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld nicht bestanden hat.
Die Angaben der Zeuginnen M.D. und C.A. zum zeitlichen Umfang der Tätigkeit des Klägers waren wenig ergiebig und nicht überzeugend. Soweit sie bekundet haben, der Kläger sei lediglich ein bis zwei Mal die Woche im Hotel gewesen, steht dies nicht nur in Widerspruch zu den Angaben des Zeugen S.D. über ein intensives Coaching im September und einer regelmäßigen Anwesenheit ab Ende Oktober 2005, sondern auch zu den Stundenlisten der Putzhilfen, die für die Zeit vor Oktober 2005 immer wieder eine fast tägliche Anwesenheit belegen.
Der Kläger hat somit im Antrag auf Arbeitslosengeld vom 30.05.2005 grob fahrlässig falsche Angaben gemacht, als er die Frage nach einer Beschäftigung verneinte. Auch war er durch das Merkblatt Nr. 1 für Arbeitslose, das er bei Antragstellung erhalten hatte, darüber informiert, dass jegliche Nebentätigkeit anzugeben ist, auch eine ggf. nicht entlohnte Tätigkeit. Dieser Obliegenheit ist er nicht nachgekommen. Gleichermaßen grob fahrlässig falsch waren die Angaben im Antrag auf Überbrückungsgeld, er nehme eine selbständige Tätigkeit erst zum 01.05.2006 auf.
Die relevanten Fristen, sowohl die Frist von zehn Jahren ab Bekanntgabe der zurückgenommenen Entscheidung (§ 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X), als auch die Jahresfrist ab Kenntnis der Beklagten von den für die Rücknahme relevanten Umständen (§ 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X) hat die Beklagte eingehalten. Unabhängig davon, ob die Jahresfrist erst nach erfolgter Anhörung des Betroffenen zu den die Rücknahme- bzw. Aufhebungsentscheidung rechtfertigenden Tatsachen beginnt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 27.07.2000, B 7 AL 88/99 R - juris, Rn. 22 ff.), konnte bei der Beklagten die Kenntnis frühestens ab Eingang des Schreibens des Hauptzollamtes am 13.04.2006 eingetreten sein. Die Jahresfrist ist damit in jedem Fall gewahrt.
Eine Ermessenentscheidung war von der Beklagten wegen § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III nicht zu treffen.
Die Höhe des Erstattungsbetrages ist zutreffend berechnet.
Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung am 18.09.2013 angeregt hat, die Arbeitsvermittlerin Frau Fuchs zum Vortrag des Klägers, diese sei über seine Tätigkeit informiert gewesen, zu hören, handelt es sich nicht um einen förmlichen Beweisantrag, sondern - wie der Prozessbevollmächtigte ausdrücklich erklärt hat - nur um eine Beweisanregung (vgl. zur Abgrenzung BSG, Beschluss vom 16.01.2013, B 1 KR 25/12 B - juris). In Anbetracht der gesamten Sachaufklärung sah der Senat auch keinen Anlass, dieser Beweisanregung selbst nachzukommen, zumal die maßgeblichen Gespräche nach Angaben des Klägers im September 2005 und damit erst nach dem hier rechtlich relevanten Zeitraum stattgefunden haben sollen.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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