Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KA 1846/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 3299/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.06.2012 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten auch des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert wird endgültig auf 4.874,11 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen eine Honorarkürzung in den Quartalen 1/2010 und 2/2010 wegen Verletzung der Fortbildungspflicht.
Der 1942 geborene Kläger war bis zum 30.06.2012 als Arzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe mit Sitz in F. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Mit Bescheid vom 29.06.2009 verlängerte die Beklagte auf Antrag des Klägers die zum 30.06.2009 laufende Frist zum Nachweis der Erfüllung seiner Fortbildungsverpflichtung bis zum 31.10.2009. Die Verlängerung erfolgte um vier Monate aufgrund einer durch Attest des Hausarztes Dr. J. belegten Arbeitsunfähigkeit vom 15.08.2007 bis 20.12.2007 als anerkennungsfähige Fehlzeit.
Mit Honorarbescheid vom 15.07.2010 für das Quartal 1/2010 nahm die Beklagte wegen des fehlenden Nachweises der Erfüllung der Fortbildungspflicht gemäß § 95d SGB V eine Honorarkürzung in Höhe von 10% (2.401,49 EUR) vor. Mit Honorarbescheid vom 15.10.2010 für das Quartal 2/2010 nahm die Beklagte aus denselben Gründen erneut eine Honorarkürzung um 10% (2.472,62 EUR) vor.
Mit seinen hiergegen erhobenen Widersprüchen machte der Kläger geltend, er habe bis einschließlich des Jahres 2007 insgesamt 130 Fortbildungspunkte erworben. Die noch fehlenden 120 Punkte habe er wegen einer seitdem bestehenden schweren Herzerkrankung und einer im Jahr 2008 hinzugekommenen systemischen onkologischen Erkrankung (Plasmozytom) nicht erbringen können. Infolge der erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen habe er seine Praxistätigkeit stark einschränken müssen und deswegen auswärtige Fortbildungsveranstaltungen nicht mehr wahrnehmen können. Wegen noch bestehender Bankverbindlichkeiten müsse er seine freiberufliche Praxistätigkeit weiterhin ausüben, zumal die Nachfolgefrage und die damit verbundene Praxisveräußerung ungelöst sei. Er legte ein Attest des Arztes für Innere Medizin Dr. J. vor, in welchem dieser ausführte, aufgrund zahlreicher Erkrankungen (koronare Herzerkrankung, Plasmozytom u.a.) sei es dem Kläger nicht mehr möglich, an Abenden oder Wochenenden an für ihn anstrengenden auswärtigen Fortbildungen teilzunehmen.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 10.03.2011 und vom 20.05.2011 wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Zur Begründung führte sie aus, Vertragsärzte, die am 30.06.2004 bereits zugelassen gewesen seien, seien gesetzlich verpflichtet, erstmals bis zum 30.06.2009 einen Nachweis zu erbringen, dass sie in dem zurückliegenden Fünfjahreszeitraum ihrer Fortbildungsverpflichtung nachgekommen seien (§ 95d SGB V). Die Erfüllung dieser Verpflichtung sei durch ein Fortbildungszertifikat mit mindestens 250 Punkten nach der Fortbildungsordnung der LÄK BW vom 29.09.2004 nachzuweisen. Auch bis zum 31.10.2009 habe der Kläger keinen Fortbildungsnachweis vorgelegt. Deshalb sei nach der gesetzlichen Anordnung das vertragsärztliche Honorar um 10 % gekürzt worden.
Hiergegen erhob der Kläger am 25.03.2011 (Quartal 1/2010) und am 10.06.2011 (Quartal 2/2010) Klage zum Sozialgericht Stuttgart. Mit Beschluss vom 14.06.2012 wurden die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Der Kläger machte geltend, die bestehenden Erkrankungen würden medikamentös behandelt. Damit einher gingen körperliche Beeinträchtigungen, die ihn in der altersbedingt ohnehin eingeschränkten beruflichen Tätigkeit nicht beeinträchtigen würden, ihn jedoch an der Teilnahme an auswärtigen Fortbildungsveranstaltungen, mit denen in der Regel nächtliche PKW-Fahrten oder An-/Abreisen verbunden seien, hindern würden. Eine Abgabe der Praxis sei bislang gescheitert. Aus wirtschaftlichen Gründen sei er darauf angewiesen, die Praxis bis zu einem eventuellen Verkauf weiterzuführen. Die Honorarbescheide würden uneingeschränkt in seine Rechte eingreifen, ohne seine berufliche Stellung, sein Alter und seine körperlichen Behinderungen zu berücksichtigen. Die Bescheide und die zugrunde liegende gesetzliche Vorschrift des § 95d SGB V stünden im rechtlichen Widerspruch zur Berufsfreiheit nach Artikel 12 Grundgesetz (GG) und zum Verbot der Benachteiligung eines Menschen wegen seines Alters, wegen seiner Behinderung nach Artikel 3 Abs. 3 GG und nach § 1 AGG.
Mit Urteil vom 14.06.2012 wies das Sozialgericht die Klagen ab. Rechtsgrundlage für die von der Beklagten vorgenommene Honorarkürzung sei § 95d Abs. 3 Satz 4 SGB V in der Fassung vom 28.05.2008. Mit dieser Regelung habe der Gesetzgeber eine eigenständige Ermächtigungsgrundlage für die Durchführung einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung bei Verletzung der Fortbildungsverpflichtung geschaffen, die den sonstigen Bestimmungen vorgehe. Der Gesetzgeber habe hierbei in nicht zu beanstandender Weise die Voraussetzungen einer pauschalierten, der Höhe nach zeitlich gestaffelten Honorarkürzung vorgegeben. Der Vertragsarzt sei verpflichtet, sich in dem Umfang fachlich fortzubilden, wie es zur Erhaltung und Fortentwicklung der zu seiner Berufsausübung in der vertragsärztlichen Versorgung erforderlichen Fachkenntnisse notwendig sei (§ 95d Abs. 1 Satz 1 SGB V), und habe alle fünf Jahre gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung den Nachweis zu erbringen, dass er in dem zurückliegenden Fünfjahreszeitraum seiner Fortbildungspflicht nach Absatz 1 nachgekommen sei. Vertragsärzte, die am 30.06.2004 bereits zugelassen seien, hätten den Nachweis erstmals bis zum 30.06.2009 zu erbringen (§ 95d Abs. 3 Satz 1 bis 3 SGB V). Erbringe ein Vertragsarzt den Fortbildungsnachweis nicht oder nicht vollständig, sei die Kassenärztliche Vereinigung verpflichtet, das an ihn zu zahlende Honorar aus der Vergütung vertragsärztlicher Tätigkeit für die ersten vier Quartale, die auf den Fünfjahreszeitraum folgen, um 10 vom Hundert zu kürzen, ab dem darauf folgenden Quartal um 25 vom Hundert (§ 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V). Der Kläger sei verpflichtet gewesen, den Fortbildungsnachweis innerhalb der ihm bis zum 31.10.2009 verlängerten Frist zu erbringen. Anhaltspunkte für eine weitere Verlängerung hätten nicht bestanden. Nach § 95d Abs. 5 Satz 3 SGB V habe die Kassenärztliche Vereinigung bei angestellten Ärzten auf Antrag den Fünfjahreszeitraum um Fehlzeiten zu verlängern. Diese Regelung finde auf niedergelassene Ärzte aus Gründen der Gleichbehandlung entsprechende Anwendung. Über den von der Beklagten bereits berücksichtigten Zeitraum hinaus habe der Kläger keine weiteren Arbeitsunfähigkeitszeiten geltend gemacht. Wenn der Kläger weiterhin an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen wolle, müsse er auch die hierzu gehörende Fortbildungspflicht erfüllen. Darauf, dass er aus finanziellen Gründen seine Tätigkeit noch nicht vollumfänglich aufgeben könne, komme es nicht an. Die Erfüllung der Fortbildungsverpflichtung sei ihm auch zumutbar. Der Kläger hätte seine Fortbildungsverpflichtung entweder durch Selbststudium und interaktive Fortbildung erfüllen können, oder seine Teilnahme an auswärtigen Fortbildungsveranstaltungen so planen können, dass eine An- und Abreise tagsüber - am Vor- oder Folgetag - hätte erfolgen können. Dies sei ihm auch unter Berücksichtigung seines Alters zumutbar gewesen. Die Beklagte sei damit zur pauschalierten Honorarkürzung nach § 95d Abs. 3 Satz 4 SGB V befugt gewesen. Diese gesetzliche Regelung sei verfassungsgemäß. Soweit der Kläger eine Verletzung der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) rüge, sei der Gesetzgeber befugt, die Berufsausübung nach Art. 12 Abs. 1 GG zu regeln. Dies habe er mit der Regelung des § 95d SGB V in maßvoller Weise getan. Der Umfang der Fortbildungsverpflichtung sei nicht unverhältnismäßig (vgl. auch SG Marburg, Urteil vom 23.03.2011, S 12 KA 695/10); auch der damit verfolgte Zweck der Qualitätssicherung der ambulanten Behandlung der Versicherten sei legitim. Der Einführung der Fortbildungspflicht hätten somit wichtige Gründe des Gemeinwohls zugrunde gelegen. Auch das an die Nichterfüllung anknüpfende, gestufte Sanktionssystem unterliege keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken (ebenso SG Marburg, Urteil vom 23.03.2011 - S 12 KA 695/10 - in Juris). Die vom Kläger gerügte Altersdiskriminierung liege nicht vor. Eine unmittelbare Benachteiligung des Klägers scheide bereits deshalb aus, weil er gerade nicht anders behandelt werde, als die übrigen Vertragsärzte. Auch zu einer mittelbaren Benachteiligung sei es nicht gekommen. Selbst wenn der Kläger aufgrund seiner Erkrankungen durch die Regelungen über die Fortbildungspflicht stärker beeinträchtigt wäre als andere Vertragsärzte, wäre diese Beeinträchtigung durch ein rechtmäßiges Ziel, nämlich die Qualitätssicherung der ambulanten Behandlung der Versicherten gerechtfertigt.
Am 01.08.2012 hat der Kläger Berufung gegen das seinem Bevollmächtigten am 06.07.2012 zugestellte Urteil des Sozialgerichts eingelegt. Er beanstandet die gesetzliche Regelung des § 95 d SGB V als verfehlt, weil darin keine inhaltlichen Vorgaben für die zu absolvierende Fortbildung gemacht worden seien. Der Zweck der Qualitätssicherung werde dadurch nicht erreicht, denn ein Facharzt könne seine Fortbildungspflicht auch durch Teilnahme an völlig fachfremden Veranstaltungen erfüllen. Demjenigen, der sich nicht fachspezifisch fortbilde, würden keine Sanktionen auferlegt. Darin liege eine Ungleichbehandlung ihm gegenüber, der aus gesundheitlichen Gründen seiner Fortbildungspflicht nicht habe nachkommen können. Das Sozialgericht habe seine persönlichen Beeinträchtigungen nur unzureichend gewürdigt und außer Betracht gelassen, dass er über Jahrzehnte hinweg erfolgreich seinen Beruf als Gynäkologe ausgeübt habe. Zu Unrecht habe das Sozialgericht ihn auf die Möglichkeit der online-Fortbildung verwiesen. Er habe keinen PC und keinen online-Anschluss und sei auch nicht verpflichtet, einen solchen vorzuhalten. Mit der Beendigung seiner Tätigkeit zum 30.06.2012 sei der Schutzzweck des § 95 d SGB V entfallen, so dass die Kürzungen in den angefochtenen Bescheiden aufzuheben seien. Gegen die Honorarbescheide der nachfolgenden Quartale habe er jeweils Widerspruch eingelegt.
Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.06.2012 aufzuheben und
den Honorarbescheid der Beklagten vom 15.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.03.2011 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, ihm ein weiteres Honorar in Höhe von 2.401,49 EUR zu zahlen,
sowie den Honorarbescheid der Beklagten vom 15.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.05.2011 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, ihm ein weiteres Honorar in Höhe von 2.472,62 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Die angegriffenen Honorarkürzungen seien zu Recht erfolgt. Der Kläger verkenne, dass zu den vertragsärztlichen Pflichten nach der ausdrücklichen Regelung des § 95d SGB V auch die Pflicht gehöre, sich in dem Umfang fortzubilden, wie es zur Erhaltung und Fortentwicklung der zur Berufsausübung in der vertragsärztlichen Versorgung erforderlichen Fachkenntnisse notwendig sei. Das Sozialgericht habe ihn auch zu Recht auf die Möglichkeiten der interaktiven Fortbildung über Online-Medien verwiesen. Eine entsprechende Ausrüstung gehöre zum Grundstandart einer ärztlichen Praxis, da die Vertragsärzte eine solche schon allein für Abrechnungszwecke vorzuhalten hätten. Die Beklagte teilte auch die Auffassung des Sozialgerichts, dass die Wahrnehmung der Fortbildungspflicht dem Kläger zumutbar gewesen sei, da er die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen organisatorisch so hätte planen können, dass eine An- und Abreise tagsüber hätte erfolgen können. Wegen der Beendigung der vertragsärztlichen Tätigkeit zum 30.06.2012 sei fraglich, ob überhaupt noch ein Rechtsschutzbedürfnis für das Berufungsverfahren bestehe, da der Kläger keine weitergehenden Sanktionen (bis hin zur Zulassungsentziehung) zu befürchten habe und die Weiterbildungsverpflichtung mit dem Ausscheiden aus der vertragsärztlichen Versorgung entfallen sei.
Am 06.03.2013 hat die Berichterstatterin einen Erörterungstermin in dieser Sache durchgeführt. Der Kläger hat darin erneut geltend gemacht, dass er die gesetzliche Regelung im Hinblick auf die Gewährleistung einer fachspezifischen Fortbildung für verfehlt halte. Zudem habe der Gesetzgeber keinen Spielraum zur Berücksichtigung von Einzelfällen wie dem des Klägers vorgesehen.
Mit Schriftsätzen vom 03.04.2013 und vom 10.04.2013 haben die Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat verzichtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gerichtsakten des Sozialgerichts und der Berufungsakten des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Berufung des Klägers ist statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 Abs. 1 SGG liegt nicht vor. Im Streit steht eine Honorarkürzung für die Quartale 1/2010 und 2/2010 in Höhe von insgesamt 4.874,11 EUR, so dass der Beschwerdewert von 750 EUR deutlich überschritten ist.
Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere besteht ungeachtet der Beendigung der vertragsärztlichen Tätigkeit des Kläger zum 30.06.2012 ein Rechtsschutzbedürfnis für das Berufungsverfahren, da die Honorarkürzungen als belastende Verwaltungsakte den Honoraranspruch des Klägers betreffen, der für zurückliegende Quartale ungeachtet der zwischenzeitlichen Beendigung der Tätigkeit besteht.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Kürzungen in den Honorarbescheiden vom 15.07.2010 und 15.10.2010 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Das Sozialgericht hat die Klagen gegen die Honorarbescheide zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf ein ungekürztes Honorar in den streitgegenständlichen Quartalen 1/2010 und 2/2010.
Rechtsgrundlage für die Honorarkürzungen ist § 95d Abs. 3 Satz 4 SGB V. Erbringt ein Vertragsarzt den Fortbildungsnachweis nicht oder nicht vollständig, ist die Kassenärztliche Vereinigung verpflichtet, das an ihn zu zahlende Honorar aus der Vergütung vertragsärztlicher Tätigkeit für die ersten vier Quartale, die auf den Fünfjahreszeitraum folgen, um 10 vom Hundert zu kürzen, ab dem darauf folgenden Quartal um 25 vom Hundert. Ein Vertragsarzt kann die für den Fünfjahreszeitraum festgelegte Fortbildung binnen zwei Jahren ganz oder teilweise nachholen; die nachgeholte Fortbildung wird auf den folgenden Fünfjahreszeitraum nicht angerechnet. Die Honorarkürzung endet nach Ablauf des Quartals, in dem der vollständige Fortbildungsnachweis erbracht wird (§ 95d Abs. 3 Satz 4 bis 6 SGB V). Der Vertragsarzt ist verpflichtet, sich in dem Umfang fachlich fortzubilden, wie es zur Erhaltung und Fortentwicklung der zu seiner Berufsausübung in der vertragsärztlichen Versorgung erforderlichen Fachkenntnisse notwendig ist (§ 95d Abs. 1 Satz 1 SGB V). Ein Vertragsarzt hat alle fünf Jahre gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung den Nachweis zu erbringen, dass er in dem zurückliegenden Fünfjahreszeitraum seiner Fortbildungspflicht nach Absatz 1 nachgekommen ist; für die Zeit des Ruhens der Zulassung ist die Frist unterbrochen. Endet die bisherige Zulassung infolge Wegzugs des Vertragsarztes aus dem Bezirk seines Vertragsarztsitzes, läuft die bisherige Frist weiter. Vertragsärzte, die am 30.06.2004 bereits zugelassen sind, haben den Nachweis nach Satz 1 erstmals bis zum 30.06.2009 zu erbringen (§ 95d Abs. 3 Satz 1 bis 3 SGB V).
Für die Erbringung des Nachweises enthält die Regelung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zur Fortbildungsverpflichtung der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten nach § 95d SGB vom 16.09.2004 (KBV-RL, Deutsches Ärzteblatt, Jg. 102, Heft 5, 04.02.2005, A 306), gültig ab 01.07.2004, die maßgeblichen Bestimmungen. Diese lauten: § 1 Angemessener Umfang der Fortbildungsverpflichtung (1) Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten, welche vor dem 30. Juni 2004 zugelassen waren, genügen ihrer Fortbildungsverpflichtung nach § 95d Abs. 1 SGB V, wenn sie innerhalb des im Gesetz vorgesehenen Fünfjahreszeitraums vom 1. Juli 2004 bis spätestens 30. Juni 2009 eine Fortbildung nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 durch ein Fortbildungszertifikat der Ärztekammer oder Psychotherapeutenkammer nachweisen. (2) Das Fortbildungszertifikat muss den Musterregelungen der Bundesärztekammer oder Bundespsychotherapeutenkammer für ein Fortbildungszertifikat entsprechen. (3) Innerhalb des gesetzlich vorgeschriebenen Fünf-Jahreszeitraums sind insgesamt mindestens 250 Fortbildungspunkte nachzuweisen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen können mit den Kammern auf Landesebene Vereinbarungen über die Prüfung, Bewertung und Verwaltung der Fortbildungspunkte – auch wenn sie über andere Fortbildungsnachweise oder sonstige Nachweise gemäß § 3 nachgewiesen werden – treffen.
( ...)
§ 2 Nachweis der Fortbildung (1) Die Fortbildung nach § 1 ist ohne Prüfung durch die Kassenärztliche Vereinigung nachgewiesen, wenn der Vertragsarzt oder der Vertragspsychotherapeut die Fortbildung durch ein Fortbildungszertifikat der Ärztekammer oder der Psychotherapeutenkammer nachweist. (2) Kann der Nachweis durch ein solches Fortbildungszertifikat nicht geführt werden, gilt § 3.
§ 3 Andere Fortbildungsnachweise (1) Stellt eine Berufskammer, welche für den Arzt oder Psychologischen Psychotherapeuten/Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten zuständig ist, Fortbildungszertifikate nicht aus, so kann der Vertragsarzt oder der Vertragspsychotherapeut seine Fortbildung, welche ihm nach § 95d Abs. 1 SGB V obliegt, für den maßgeblichen Fünfjahreszeitraum nach § 1 dieser Regelung auch durch Einzelnachweise belegen, welche in ihrer Summe, ihrer Struktur, ihrer Bewertung und den Bewertungsvoraussetzungen den Bewertungsmaßstäben entsprechen, welche von der Bundesärztekammer oder von der Bundespsychotherapeutenkammer in ihren Musterregelungen für ein auf einer fünfjährigen Fortbildung beruhendes Fortbildungszertifikat ausgewiesen worden sind. (2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Vertragsarzt oder Vertragspsychotherapeut ein Fortbildungszertifikat nicht vorlegen kann, weil die für ihn zuständige Kammer die Erteilung wegen Fehlens der Voraussetzungen abgelehnt hat. Absatz 4 bleibt unberührt. (3) Will der Vertragsarzt den Nachweis über die notwendige Fortbildung durch ein Zertifikat oder eine sonstige Bescheinigung führen, die nicht von einer Ärztekammer oder Psychotherapeutenkammer ausgestellt sind, jedoch die Feststellung enthalten, dass eine Fortbildung im Umfang des § 1 absolviert worden ist, kann dieser Nachweis nur anerkannt werden, wenn die zugrundeliegenden Fortbildungsmaßnahmen in ihrer Summe, ihrer Struktur, ihrer Bewertung und den Bewertungsvoraussetzungen den Anforderungen entsprechen, welche die Bundesärztekammer oder Bundespsychotherapeutenkammer in ihren Musterregelungen an die Vergabe eines Fortbildungszertifikats über eine Fortbildung für einen dreijährigen oder fünfjährigen Zeitraum stellen. Die Prüfung obliegt der Kassenärztlichen Vereinigung. Sie kann hierzu grundsätzlich eine gutachterliche Stellungnahme der Ärztekammer oder Psychotherapeutenkammer einholen. (4) In begründeten Ausnahmefällen kann die Kassenärztliche Vereinigung dem Vertragsarzt oder dem Vertragspsychotherapeuten den Nachweis seiner Fortbildung im Verfahren nach Absatz 1 gestatten.
(.)
§ 7 Übergangsregelung § 1 und § 2 sind für den ersten Fünfjahreszeitraum der Regelung wie folgt anzuwenden: War eine Fortbildung bereits vor dem 1. Juli 2004, jedoch nicht früher als vor dem 1. Januar 2002 begonnen worden und sind Fortbildungsmaßnahmen in diesem Zeitraum für die Erteilung eines Fortbildungszertifikats anrechnungsfähig, so können sie in den Gesamtzeitraum bis 30. Juni 2009 ohne Erweiterung des Umfangs der notwendigen Fortbildung einbezogen werden. § 1 Absatz 2 bleibt unberührt.
Der Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung hat am 31.03.2009 folgende Ergänzung der "Regelung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zur Fortbildungsverpflichtung der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten nach § 95d SGB V" (Deutsches Ärzteblatt, Jg. 106, Heft 17, 24.04.2009, A 844) beschlossen:
Tenor:
§ 7 (Übergangsregelung) wird wie folgt ergänzt: 1. Der bisherige Wortlaut des § 7 wird Absatz 1. 2. Folgender Absätze 2 und 3 werden angefügt: "(2) Am 30. Juni 2004 zugelassene Vertragsärzte sowie zu diesem Zeitpunkt in einem zugelassenen Medizinischen Versorgungszentrum oder bei einem Vertragsarzt angestellte Ärzte, deren Zulassung oder Anstellung nach § 95 Abs. 7 Satz 3 ff. und Abs. 9 Satz 4 i.V.m. Abs. 7 Satz 7, 1. Satzteil SGB V in der bis zum 30. September 2008 geltenden Fassung mit Vollendung des 68. Lebensjahres im Jahre 2008 geendet hätte und für welche gemäß § 95 Abs. 7 Satz 3 ff. sowie Abs. 9 Satz 4 i.V.m. Abs. 7 Sätze 3 bis 5 SGB V in der am 1. Oktober 2008 in Kraft getretenen Fassung des Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes diese Regelungen keine Anwendung mehr finden, können, soweit deren Zulassung und Anstellung fortgilt, wenn sie bis zum 30. Juni 2009 den Fortbildungsnachweis nicht führen können, die bis zum 30. Juni 2009 vorgeschriebene Fortbildung bis zum 30. September 2011 im noch erforderlichen Umfang nachholen. Die nachgeholte Fortbildung wird auf den folgenden Fünfjahreszeitraum, der für diese Ärzte bei nach dem 31. März 2009 fortbestehender Zulassung oder Anstellung zum 1. April 2009 beginnt, nicht angerechnet. Eine Honorarkürzung erfolgt während des Zeitraumes der nachholbaren Fortbildung nicht. (3) Absatz 2 gilt auch für Vertragspsychotherapeuten und angestellte Psychotherapeuten."
Nach diesen Regelungen war der seit 1980 zugelassene Kläger verpflichtet, den Fortbildungsnachweis erstmals bis zum 30.06.2009 zu erbringen. Die Beklagte hatte ihm mit Bescheid vom 29.06.2009 auf seinen Antrag Fristverlängerung bis zum 31.10.2009 gewährt und dabei die nachgewiesene Arbeitsunfähigkeitszeit vom 15.08.2007 bis zum 20.12.2007 berücksichtigt.
Nach § 95d Abs. 2 SGB V und §§ 1 und 2 KBV-RL wird die Fortbildung in der Regel durch Fortbildungszertifikate der Berufskammern nachgewiesen. Das Fortbildungszertifikat wird nach § 7 Abs. 1 FBO erteilt, wenn das Kammermitglied in einem vorgegebenen Antrag dokumentiert, dass es in einem Zeitraum von fünf Jahren 250 Fortbildungspunkte erworben hat.
Ein solches Fortbildungszertifikat hat der Kläger nicht vorgelegt. Er hat nach seinen Angaben bis einschließlich des Jahres 2007 nur 130 der erforderlichen 250 Fortbildungspunkte erworben und damit seine Fortbildungsverpflichtung nicht fristgerecht erfüllt. Darüber streiten die Beteiligten auch nicht.
Der Kläger wehrt sich vielmehr gegen die darauf folgende, von der Beklagten verhängte Sanktion der Honorarkürzung. Diese war aber nach § 95d Abs. 3 Satz 4 SGB V - unabhängig davon, dass der Kläger den Fortbildungsnachweis auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht nachgeholt hat - für die streitgegenständlichen Quartale 1/2010 und 2/2010 von der Beklagten vorzunehmen.
Auch die Höhe die Kürzung verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Kürzung erfolgt durch einen prozentualen Abzug (hier: 10%) vom Bruttohonorar für die Kassenleistungen. "Honorar" ist der Honoraranspruch des Vertragsarztes nach Durchführung der Honorarverteilung (§ 85 Abs. 4 SGB V), vor Abzug von Verwaltungs- oder sonstigen Kosten (vgl. Pawlita in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 95d SGB V, Rn. 38). Danach hätten sich hier die Kürzungsbeträge aus dem Bruttohonorar für das Quartal 1/2010 in Höhe von 24.712,29 EUR und für das Quartal 2/201 aus 25.514,24 EUR errechnet. Wenn die Beklagte mit den Abzügen in Höhe von 2.401,49 EUR und 2.472,62 EUR unter dem 10 %igen Kürzungsbetrag zurückgeblieben ist, beschwert dies den Kläger nicht.
Der Senat hat auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken in Bezug auf die Fortbildungsverpflichtung. Diese ist in ihrer konkreten Ausgestaltung nach Art und Umfang verhältnismäßig. Wie sich aus der Anlage zu § 4 FBO ergibt, werden zunächst 50 Punkte für das Selbststudium berücksichtigt. Daneben wird ein Punkt pro Fortbildungseinheit für strukturierte interaktive Fortbildung über Printmedien, Online-Medien und audiovisuelle Medien mit nachgewiesener Qualifizierung und Auswertung des Lernerfolgs in Schriftform vergeben. Im Übrigen werden z.B. für die Teilnahme an Kongressen pro Tag sechs Punkte anerkannt. Damit kann der Arzt zum Beispiel durch die jährliche Teilnahme an einem fünftägigen Kongress (insgesamt 150 Punkte), 10 strukturierte interaktive Fortbildungseinheiten pro Jahr (50 Punkte) sowie Selbststudium (insgesamt 50 Punkte) in einem Fünfjahreszeitraum seine Fortbildungsverpflichtung erfüllen. Der hiermit verbundene Zeitaufwand ist im Hinblick auf das damit verfolgte Ziel der Qualitätssicherung und -verbesserung der ärztlichen Versorgung nicht unverhältnismäßig (vgl. Urteil des Senats vom 24.10.2012 - L 5 KA 4085/11 - und den die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde verwerfenden Beschluss des BSG vom 03.01.2013 - B 6 KA 52/12 B).
Das Sozialgericht hat zu Recht auf die Möglichkeiten verwiesen, die dem Kläger zur Erfüllung seiner Fortbildungspflicht in zumutbarer Weise offen gestanden hätten. Darauf, dass er aus gesundheitlichen Gründen gehindert gewesen ist, seiner Fortbildungspflicht nachzukommen, kann sich der Kläger schon deshalb nicht berufen, weil er seiner vertragsärztlichen Verpflichtung aus dem vollen Versorgungsauftrag auch nach 2007 uneingeschränkt nachgekommen ist. So hat die Beklagte im Verwaltungsverfahren festgestellt, dass der Kläger im Zeitraum vom 1. Quartal 2007 bis zum 2. Quartal 2010 im Wesentlichen die gleichen Fallzahlen behandelt und ein vergleichbares Honorar erwirtschaftet hat. War der Kläger daher aufgrund seiner gesundheitlichen Situation in der Ausübung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit nicht maßgeblich eingeschränkt, so kann er die gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht der Erfüllung der Fortbildungspflicht entgegenhalten. Auch hält es der Senat im Übrigen für zumutbar, die Möglichkeiten der interaktiven Fortbildung durch Online-Medien zu nutzen. Mit seinem Argument, über keine entsprechende technische Ausstattung zu verfügen, kann der Kläger nicht durchdringen. Vielmehr hätte es sich vor dem Hintergrund, dass der Kläger die Teilnahme an auswärtigen Fortbildungsveranstaltungen als zu belastend empfunden hat, gerade aufgedrängt, derartige zeitlich und organisatorisch weniger belastende Möglichkeiten zu nutzen. Selbst wenn der Kläger über die erforderliche technische Ausstattung tatsächlich nicht verfügt haben sollte, was die Beklagte im Hinblick auf die notwendigen Abrechnungsformalitäten zu Recht bezweifelt, wäre es ihm sogar zumutbar gewesen, sich eine solche anzuschaffen, um die Vorgaben der Fortbildungspflicht zu erfüllen. Schließlich stimmt der Senat dem Sozialgericht auch darin zu, dass auch die Teilnahme an auswärtigen Fortbildungsveranstaltungen bei entsprechender Planung von An- und Abreise nicht unzumutbar gewesen wäre.
Der Kläger kann auch mit seiner Auffassung, die gesetzliche Regelung über die Fortbildungspflicht sei verfehlt, weil es an einer inhaltlichen Vorgabe für eine fachspezifische Fortbildung fehle, nicht durchdringen. Entgegen seiner Auffassung enthält § 95d Abs. 1 S. 1 SGB V eine solche inhaltliche Vorgabe. Die Fortbildungspflicht trifft den Vertragsarzt nach dieser Regelung in dem Umfang, wie es zur Erhaltung und Fortbildung der zu seiner Berufsausübung erforderlichen Fachkenntnisse notwendig ist. Damit ist der Bezug auf die konkrete, vom jeweiligen Vertragsarzt ausgeübte Tätigkeit in seinem Fachgebiet hergestellt und es nicht dem Belieben des Vertragsarztes überlassen, mit welcher Fortbildungsveranstaltung er die notwendigen Fortbildungspunkte erwirbt. Durch die Teilnahme an völlig fachfremden Fortbildungen, die allerdings schon deshalb nicht naheliegend sein dürfte, weil die Fortbildungskosten von den Vertragsärzten selbst zu tragen sind, würde die vertragsärztliche Verpflichtung gerade nicht erfüllt. Auch in diesen Fällen wären gegebenenfalls entsprechende Sanktionen zu ergreifen. Der Kläger kann sich daher nicht mit Erfolg auf eine Benachteiligung gegenüber denjenigen, die fachfremde Fortbildungen zum bloß formalen Erwerb der Fortbildungspunkte besuchen, berufen. Auch diese wären potentiell Sanktionen ausgesetzt. Nicht zuletzt verkennt der Kläger insoweit, dass es keine Gleichheit im Unrecht gibt.
Auch ohne weitergehende - über die Möglichkeiten zur Fristverlängerung und die getroffenen Übergangsregelungen hinausgehende - Ausnahmeregelungen sind die gesetzlichen Regelungen der Fortbildungspflicht entgegen der Auffassung des Klägers nicht unverhältnismäßig. Dem stehen der Grundsatz der Gleichbehandlung und der Zweck der Qualitätssicherung in der vertragsärztlichen Versorgung entgegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Höhe des Streitwerts folgt aus § 52 Abs. 3 GKG. Der Kläger wendet sich gegen bezifferte Honorarkürzungen; deren Wert bestimmt die Höhe des Streitwerts.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Der Kläger trägt die Kosten auch des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert wird endgültig auf 4.874,11 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen eine Honorarkürzung in den Quartalen 1/2010 und 2/2010 wegen Verletzung der Fortbildungspflicht.
Der 1942 geborene Kläger war bis zum 30.06.2012 als Arzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe mit Sitz in F. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Mit Bescheid vom 29.06.2009 verlängerte die Beklagte auf Antrag des Klägers die zum 30.06.2009 laufende Frist zum Nachweis der Erfüllung seiner Fortbildungsverpflichtung bis zum 31.10.2009. Die Verlängerung erfolgte um vier Monate aufgrund einer durch Attest des Hausarztes Dr. J. belegten Arbeitsunfähigkeit vom 15.08.2007 bis 20.12.2007 als anerkennungsfähige Fehlzeit.
Mit Honorarbescheid vom 15.07.2010 für das Quartal 1/2010 nahm die Beklagte wegen des fehlenden Nachweises der Erfüllung der Fortbildungspflicht gemäß § 95d SGB V eine Honorarkürzung in Höhe von 10% (2.401,49 EUR) vor. Mit Honorarbescheid vom 15.10.2010 für das Quartal 2/2010 nahm die Beklagte aus denselben Gründen erneut eine Honorarkürzung um 10% (2.472,62 EUR) vor.
Mit seinen hiergegen erhobenen Widersprüchen machte der Kläger geltend, er habe bis einschließlich des Jahres 2007 insgesamt 130 Fortbildungspunkte erworben. Die noch fehlenden 120 Punkte habe er wegen einer seitdem bestehenden schweren Herzerkrankung und einer im Jahr 2008 hinzugekommenen systemischen onkologischen Erkrankung (Plasmozytom) nicht erbringen können. Infolge der erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen habe er seine Praxistätigkeit stark einschränken müssen und deswegen auswärtige Fortbildungsveranstaltungen nicht mehr wahrnehmen können. Wegen noch bestehender Bankverbindlichkeiten müsse er seine freiberufliche Praxistätigkeit weiterhin ausüben, zumal die Nachfolgefrage und die damit verbundene Praxisveräußerung ungelöst sei. Er legte ein Attest des Arztes für Innere Medizin Dr. J. vor, in welchem dieser ausführte, aufgrund zahlreicher Erkrankungen (koronare Herzerkrankung, Plasmozytom u.a.) sei es dem Kläger nicht mehr möglich, an Abenden oder Wochenenden an für ihn anstrengenden auswärtigen Fortbildungen teilzunehmen.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 10.03.2011 und vom 20.05.2011 wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Zur Begründung führte sie aus, Vertragsärzte, die am 30.06.2004 bereits zugelassen gewesen seien, seien gesetzlich verpflichtet, erstmals bis zum 30.06.2009 einen Nachweis zu erbringen, dass sie in dem zurückliegenden Fünfjahreszeitraum ihrer Fortbildungsverpflichtung nachgekommen seien (§ 95d SGB V). Die Erfüllung dieser Verpflichtung sei durch ein Fortbildungszertifikat mit mindestens 250 Punkten nach der Fortbildungsordnung der LÄK BW vom 29.09.2004 nachzuweisen. Auch bis zum 31.10.2009 habe der Kläger keinen Fortbildungsnachweis vorgelegt. Deshalb sei nach der gesetzlichen Anordnung das vertragsärztliche Honorar um 10 % gekürzt worden.
Hiergegen erhob der Kläger am 25.03.2011 (Quartal 1/2010) und am 10.06.2011 (Quartal 2/2010) Klage zum Sozialgericht Stuttgart. Mit Beschluss vom 14.06.2012 wurden die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Der Kläger machte geltend, die bestehenden Erkrankungen würden medikamentös behandelt. Damit einher gingen körperliche Beeinträchtigungen, die ihn in der altersbedingt ohnehin eingeschränkten beruflichen Tätigkeit nicht beeinträchtigen würden, ihn jedoch an der Teilnahme an auswärtigen Fortbildungsveranstaltungen, mit denen in der Regel nächtliche PKW-Fahrten oder An-/Abreisen verbunden seien, hindern würden. Eine Abgabe der Praxis sei bislang gescheitert. Aus wirtschaftlichen Gründen sei er darauf angewiesen, die Praxis bis zu einem eventuellen Verkauf weiterzuführen. Die Honorarbescheide würden uneingeschränkt in seine Rechte eingreifen, ohne seine berufliche Stellung, sein Alter und seine körperlichen Behinderungen zu berücksichtigen. Die Bescheide und die zugrunde liegende gesetzliche Vorschrift des § 95d SGB V stünden im rechtlichen Widerspruch zur Berufsfreiheit nach Artikel 12 Grundgesetz (GG) und zum Verbot der Benachteiligung eines Menschen wegen seines Alters, wegen seiner Behinderung nach Artikel 3 Abs. 3 GG und nach § 1 AGG.
Mit Urteil vom 14.06.2012 wies das Sozialgericht die Klagen ab. Rechtsgrundlage für die von der Beklagten vorgenommene Honorarkürzung sei § 95d Abs. 3 Satz 4 SGB V in der Fassung vom 28.05.2008. Mit dieser Regelung habe der Gesetzgeber eine eigenständige Ermächtigungsgrundlage für die Durchführung einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung bei Verletzung der Fortbildungsverpflichtung geschaffen, die den sonstigen Bestimmungen vorgehe. Der Gesetzgeber habe hierbei in nicht zu beanstandender Weise die Voraussetzungen einer pauschalierten, der Höhe nach zeitlich gestaffelten Honorarkürzung vorgegeben. Der Vertragsarzt sei verpflichtet, sich in dem Umfang fachlich fortzubilden, wie es zur Erhaltung und Fortentwicklung der zu seiner Berufsausübung in der vertragsärztlichen Versorgung erforderlichen Fachkenntnisse notwendig sei (§ 95d Abs. 1 Satz 1 SGB V), und habe alle fünf Jahre gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung den Nachweis zu erbringen, dass er in dem zurückliegenden Fünfjahreszeitraum seiner Fortbildungspflicht nach Absatz 1 nachgekommen sei. Vertragsärzte, die am 30.06.2004 bereits zugelassen seien, hätten den Nachweis erstmals bis zum 30.06.2009 zu erbringen (§ 95d Abs. 3 Satz 1 bis 3 SGB V). Erbringe ein Vertragsarzt den Fortbildungsnachweis nicht oder nicht vollständig, sei die Kassenärztliche Vereinigung verpflichtet, das an ihn zu zahlende Honorar aus der Vergütung vertragsärztlicher Tätigkeit für die ersten vier Quartale, die auf den Fünfjahreszeitraum folgen, um 10 vom Hundert zu kürzen, ab dem darauf folgenden Quartal um 25 vom Hundert (§ 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V). Der Kläger sei verpflichtet gewesen, den Fortbildungsnachweis innerhalb der ihm bis zum 31.10.2009 verlängerten Frist zu erbringen. Anhaltspunkte für eine weitere Verlängerung hätten nicht bestanden. Nach § 95d Abs. 5 Satz 3 SGB V habe die Kassenärztliche Vereinigung bei angestellten Ärzten auf Antrag den Fünfjahreszeitraum um Fehlzeiten zu verlängern. Diese Regelung finde auf niedergelassene Ärzte aus Gründen der Gleichbehandlung entsprechende Anwendung. Über den von der Beklagten bereits berücksichtigten Zeitraum hinaus habe der Kläger keine weiteren Arbeitsunfähigkeitszeiten geltend gemacht. Wenn der Kläger weiterhin an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen wolle, müsse er auch die hierzu gehörende Fortbildungspflicht erfüllen. Darauf, dass er aus finanziellen Gründen seine Tätigkeit noch nicht vollumfänglich aufgeben könne, komme es nicht an. Die Erfüllung der Fortbildungsverpflichtung sei ihm auch zumutbar. Der Kläger hätte seine Fortbildungsverpflichtung entweder durch Selbststudium und interaktive Fortbildung erfüllen können, oder seine Teilnahme an auswärtigen Fortbildungsveranstaltungen so planen können, dass eine An- und Abreise tagsüber - am Vor- oder Folgetag - hätte erfolgen können. Dies sei ihm auch unter Berücksichtigung seines Alters zumutbar gewesen. Die Beklagte sei damit zur pauschalierten Honorarkürzung nach § 95d Abs. 3 Satz 4 SGB V befugt gewesen. Diese gesetzliche Regelung sei verfassungsgemäß. Soweit der Kläger eine Verletzung der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) rüge, sei der Gesetzgeber befugt, die Berufsausübung nach Art. 12 Abs. 1 GG zu regeln. Dies habe er mit der Regelung des § 95d SGB V in maßvoller Weise getan. Der Umfang der Fortbildungsverpflichtung sei nicht unverhältnismäßig (vgl. auch SG Marburg, Urteil vom 23.03.2011, S 12 KA 695/10); auch der damit verfolgte Zweck der Qualitätssicherung der ambulanten Behandlung der Versicherten sei legitim. Der Einführung der Fortbildungspflicht hätten somit wichtige Gründe des Gemeinwohls zugrunde gelegen. Auch das an die Nichterfüllung anknüpfende, gestufte Sanktionssystem unterliege keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken (ebenso SG Marburg, Urteil vom 23.03.2011 - S 12 KA 695/10 - in Juris). Die vom Kläger gerügte Altersdiskriminierung liege nicht vor. Eine unmittelbare Benachteiligung des Klägers scheide bereits deshalb aus, weil er gerade nicht anders behandelt werde, als die übrigen Vertragsärzte. Auch zu einer mittelbaren Benachteiligung sei es nicht gekommen. Selbst wenn der Kläger aufgrund seiner Erkrankungen durch die Regelungen über die Fortbildungspflicht stärker beeinträchtigt wäre als andere Vertragsärzte, wäre diese Beeinträchtigung durch ein rechtmäßiges Ziel, nämlich die Qualitätssicherung der ambulanten Behandlung der Versicherten gerechtfertigt.
Am 01.08.2012 hat der Kläger Berufung gegen das seinem Bevollmächtigten am 06.07.2012 zugestellte Urteil des Sozialgerichts eingelegt. Er beanstandet die gesetzliche Regelung des § 95 d SGB V als verfehlt, weil darin keine inhaltlichen Vorgaben für die zu absolvierende Fortbildung gemacht worden seien. Der Zweck der Qualitätssicherung werde dadurch nicht erreicht, denn ein Facharzt könne seine Fortbildungspflicht auch durch Teilnahme an völlig fachfremden Veranstaltungen erfüllen. Demjenigen, der sich nicht fachspezifisch fortbilde, würden keine Sanktionen auferlegt. Darin liege eine Ungleichbehandlung ihm gegenüber, der aus gesundheitlichen Gründen seiner Fortbildungspflicht nicht habe nachkommen können. Das Sozialgericht habe seine persönlichen Beeinträchtigungen nur unzureichend gewürdigt und außer Betracht gelassen, dass er über Jahrzehnte hinweg erfolgreich seinen Beruf als Gynäkologe ausgeübt habe. Zu Unrecht habe das Sozialgericht ihn auf die Möglichkeit der online-Fortbildung verwiesen. Er habe keinen PC und keinen online-Anschluss und sei auch nicht verpflichtet, einen solchen vorzuhalten. Mit der Beendigung seiner Tätigkeit zum 30.06.2012 sei der Schutzzweck des § 95 d SGB V entfallen, so dass die Kürzungen in den angefochtenen Bescheiden aufzuheben seien. Gegen die Honorarbescheide der nachfolgenden Quartale habe er jeweils Widerspruch eingelegt.
Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.06.2012 aufzuheben und
den Honorarbescheid der Beklagten vom 15.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.03.2011 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, ihm ein weiteres Honorar in Höhe von 2.401,49 EUR zu zahlen,
sowie den Honorarbescheid der Beklagten vom 15.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.05.2011 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, ihm ein weiteres Honorar in Höhe von 2.472,62 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Die angegriffenen Honorarkürzungen seien zu Recht erfolgt. Der Kläger verkenne, dass zu den vertragsärztlichen Pflichten nach der ausdrücklichen Regelung des § 95d SGB V auch die Pflicht gehöre, sich in dem Umfang fortzubilden, wie es zur Erhaltung und Fortentwicklung der zur Berufsausübung in der vertragsärztlichen Versorgung erforderlichen Fachkenntnisse notwendig sei. Das Sozialgericht habe ihn auch zu Recht auf die Möglichkeiten der interaktiven Fortbildung über Online-Medien verwiesen. Eine entsprechende Ausrüstung gehöre zum Grundstandart einer ärztlichen Praxis, da die Vertragsärzte eine solche schon allein für Abrechnungszwecke vorzuhalten hätten. Die Beklagte teilte auch die Auffassung des Sozialgerichts, dass die Wahrnehmung der Fortbildungspflicht dem Kläger zumutbar gewesen sei, da er die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen organisatorisch so hätte planen können, dass eine An- und Abreise tagsüber hätte erfolgen können. Wegen der Beendigung der vertragsärztlichen Tätigkeit zum 30.06.2012 sei fraglich, ob überhaupt noch ein Rechtsschutzbedürfnis für das Berufungsverfahren bestehe, da der Kläger keine weitergehenden Sanktionen (bis hin zur Zulassungsentziehung) zu befürchten habe und die Weiterbildungsverpflichtung mit dem Ausscheiden aus der vertragsärztlichen Versorgung entfallen sei.
Am 06.03.2013 hat die Berichterstatterin einen Erörterungstermin in dieser Sache durchgeführt. Der Kläger hat darin erneut geltend gemacht, dass er die gesetzliche Regelung im Hinblick auf die Gewährleistung einer fachspezifischen Fortbildung für verfehlt halte. Zudem habe der Gesetzgeber keinen Spielraum zur Berücksichtigung von Einzelfällen wie dem des Klägers vorgesehen.
Mit Schriftsätzen vom 03.04.2013 und vom 10.04.2013 haben die Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat verzichtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gerichtsakten des Sozialgerichts und der Berufungsakten des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Berufung des Klägers ist statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 Abs. 1 SGG liegt nicht vor. Im Streit steht eine Honorarkürzung für die Quartale 1/2010 und 2/2010 in Höhe von insgesamt 4.874,11 EUR, so dass der Beschwerdewert von 750 EUR deutlich überschritten ist.
Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere besteht ungeachtet der Beendigung der vertragsärztlichen Tätigkeit des Kläger zum 30.06.2012 ein Rechtsschutzbedürfnis für das Berufungsverfahren, da die Honorarkürzungen als belastende Verwaltungsakte den Honoraranspruch des Klägers betreffen, der für zurückliegende Quartale ungeachtet der zwischenzeitlichen Beendigung der Tätigkeit besteht.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Kürzungen in den Honorarbescheiden vom 15.07.2010 und 15.10.2010 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Das Sozialgericht hat die Klagen gegen die Honorarbescheide zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf ein ungekürztes Honorar in den streitgegenständlichen Quartalen 1/2010 und 2/2010.
Rechtsgrundlage für die Honorarkürzungen ist § 95d Abs. 3 Satz 4 SGB V. Erbringt ein Vertragsarzt den Fortbildungsnachweis nicht oder nicht vollständig, ist die Kassenärztliche Vereinigung verpflichtet, das an ihn zu zahlende Honorar aus der Vergütung vertragsärztlicher Tätigkeit für die ersten vier Quartale, die auf den Fünfjahreszeitraum folgen, um 10 vom Hundert zu kürzen, ab dem darauf folgenden Quartal um 25 vom Hundert. Ein Vertragsarzt kann die für den Fünfjahreszeitraum festgelegte Fortbildung binnen zwei Jahren ganz oder teilweise nachholen; die nachgeholte Fortbildung wird auf den folgenden Fünfjahreszeitraum nicht angerechnet. Die Honorarkürzung endet nach Ablauf des Quartals, in dem der vollständige Fortbildungsnachweis erbracht wird (§ 95d Abs. 3 Satz 4 bis 6 SGB V). Der Vertragsarzt ist verpflichtet, sich in dem Umfang fachlich fortzubilden, wie es zur Erhaltung und Fortentwicklung der zu seiner Berufsausübung in der vertragsärztlichen Versorgung erforderlichen Fachkenntnisse notwendig ist (§ 95d Abs. 1 Satz 1 SGB V). Ein Vertragsarzt hat alle fünf Jahre gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung den Nachweis zu erbringen, dass er in dem zurückliegenden Fünfjahreszeitraum seiner Fortbildungspflicht nach Absatz 1 nachgekommen ist; für die Zeit des Ruhens der Zulassung ist die Frist unterbrochen. Endet die bisherige Zulassung infolge Wegzugs des Vertragsarztes aus dem Bezirk seines Vertragsarztsitzes, läuft die bisherige Frist weiter. Vertragsärzte, die am 30.06.2004 bereits zugelassen sind, haben den Nachweis nach Satz 1 erstmals bis zum 30.06.2009 zu erbringen (§ 95d Abs. 3 Satz 1 bis 3 SGB V).
Für die Erbringung des Nachweises enthält die Regelung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zur Fortbildungsverpflichtung der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten nach § 95d SGB vom 16.09.2004 (KBV-RL, Deutsches Ärzteblatt, Jg. 102, Heft 5, 04.02.2005, A 306), gültig ab 01.07.2004, die maßgeblichen Bestimmungen. Diese lauten: § 1 Angemessener Umfang der Fortbildungsverpflichtung (1) Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten, welche vor dem 30. Juni 2004 zugelassen waren, genügen ihrer Fortbildungsverpflichtung nach § 95d Abs. 1 SGB V, wenn sie innerhalb des im Gesetz vorgesehenen Fünfjahreszeitraums vom 1. Juli 2004 bis spätestens 30. Juni 2009 eine Fortbildung nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 durch ein Fortbildungszertifikat der Ärztekammer oder Psychotherapeutenkammer nachweisen. (2) Das Fortbildungszertifikat muss den Musterregelungen der Bundesärztekammer oder Bundespsychotherapeutenkammer für ein Fortbildungszertifikat entsprechen. (3) Innerhalb des gesetzlich vorgeschriebenen Fünf-Jahreszeitraums sind insgesamt mindestens 250 Fortbildungspunkte nachzuweisen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen können mit den Kammern auf Landesebene Vereinbarungen über die Prüfung, Bewertung und Verwaltung der Fortbildungspunkte – auch wenn sie über andere Fortbildungsnachweise oder sonstige Nachweise gemäß § 3 nachgewiesen werden – treffen.
( ...)
§ 2 Nachweis der Fortbildung (1) Die Fortbildung nach § 1 ist ohne Prüfung durch die Kassenärztliche Vereinigung nachgewiesen, wenn der Vertragsarzt oder der Vertragspsychotherapeut die Fortbildung durch ein Fortbildungszertifikat der Ärztekammer oder der Psychotherapeutenkammer nachweist. (2) Kann der Nachweis durch ein solches Fortbildungszertifikat nicht geführt werden, gilt § 3.
§ 3 Andere Fortbildungsnachweise (1) Stellt eine Berufskammer, welche für den Arzt oder Psychologischen Psychotherapeuten/Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten zuständig ist, Fortbildungszertifikate nicht aus, so kann der Vertragsarzt oder der Vertragspsychotherapeut seine Fortbildung, welche ihm nach § 95d Abs. 1 SGB V obliegt, für den maßgeblichen Fünfjahreszeitraum nach § 1 dieser Regelung auch durch Einzelnachweise belegen, welche in ihrer Summe, ihrer Struktur, ihrer Bewertung und den Bewertungsvoraussetzungen den Bewertungsmaßstäben entsprechen, welche von der Bundesärztekammer oder von der Bundespsychotherapeutenkammer in ihren Musterregelungen für ein auf einer fünfjährigen Fortbildung beruhendes Fortbildungszertifikat ausgewiesen worden sind. (2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Vertragsarzt oder Vertragspsychotherapeut ein Fortbildungszertifikat nicht vorlegen kann, weil die für ihn zuständige Kammer die Erteilung wegen Fehlens der Voraussetzungen abgelehnt hat. Absatz 4 bleibt unberührt. (3) Will der Vertragsarzt den Nachweis über die notwendige Fortbildung durch ein Zertifikat oder eine sonstige Bescheinigung führen, die nicht von einer Ärztekammer oder Psychotherapeutenkammer ausgestellt sind, jedoch die Feststellung enthalten, dass eine Fortbildung im Umfang des § 1 absolviert worden ist, kann dieser Nachweis nur anerkannt werden, wenn die zugrundeliegenden Fortbildungsmaßnahmen in ihrer Summe, ihrer Struktur, ihrer Bewertung und den Bewertungsvoraussetzungen den Anforderungen entsprechen, welche die Bundesärztekammer oder Bundespsychotherapeutenkammer in ihren Musterregelungen an die Vergabe eines Fortbildungszertifikats über eine Fortbildung für einen dreijährigen oder fünfjährigen Zeitraum stellen. Die Prüfung obliegt der Kassenärztlichen Vereinigung. Sie kann hierzu grundsätzlich eine gutachterliche Stellungnahme der Ärztekammer oder Psychotherapeutenkammer einholen. (4) In begründeten Ausnahmefällen kann die Kassenärztliche Vereinigung dem Vertragsarzt oder dem Vertragspsychotherapeuten den Nachweis seiner Fortbildung im Verfahren nach Absatz 1 gestatten.
(.)
§ 7 Übergangsregelung § 1 und § 2 sind für den ersten Fünfjahreszeitraum der Regelung wie folgt anzuwenden: War eine Fortbildung bereits vor dem 1. Juli 2004, jedoch nicht früher als vor dem 1. Januar 2002 begonnen worden und sind Fortbildungsmaßnahmen in diesem Zeitraum für die Erteilung eines Fortbildungszertifikats anrechnungsfähig, so können sie in den Gesamtzeitraum bis 30. Juni 2009 ohne Erweiterung des Umfangs der notwendigen Fortbildung einbezogen werden. § 1 Absatz 2 bleibt unberührt.
Der Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung hat am 31.03.2009 folgende Ergänzung der "Regelung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zur Fortbildungsverpflichtung der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten nach § 95d SGB V" (Deutsches Ärzteblatt, Jg. 106, Heft 17, 24.04.2009, A 844) beschlossen:
Tenor:
§ 7 (Übergangsregelung) wird wie folgt ergänzt: 1. Der bisherige Wortlaut des § 7 wird Absatz 1. 2. Folgender Absätze 2 und 3 werden angefügt: "(2) Am 30. Juni 2004 zugelassene Vertragsärzte sowie zu diesem Zeitpunkt in einem zugelassenen Medizinischen Versorgungszentrum oder bei einem Vertragsarzt angestellte Ärzte, deren Zulassung oder Anstellung nach § 95 Abs. 7 Satz 3 ff. und Abs. 9 Satz 4 i.V.m. Abs. 7 Satz 7, 1. Satzteil SGB V in der bis zum 30. September 2008 geltenden Fassung mit Vollendung des 68. Lebensjahres im Jahre 2008 geendet hätte und für welche gemäß § 95 Abs. 7 Satz 3 ff. sowie Abs. 9 Satz 4 i.V.m. Abs. 7 Sätze 3 bis 5 SGB V in der am 1. Oktober 2008 in Kraft getretenen Fassung des Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes diese Regelungen keine Anwendung mehr finden, können, soweit deren Zulassung und Anstellung fortgilt, wenn sie bis zum 30. Juni 2009 den Fortbildungsnachweis nicht führen können, die bis zum 30. Juni 2009 vorgeschriebene Fortbildung bis zum 30. September 2011 im noch erforderlichen Umfang nachholen. Die nachgeholte Fortbildung wird auf den folgenden Fünfjahreszeitraum, der für diese Ärzte bei nach dem 31. März 2009 fortbestehender Zulassung oder Anstellung zum 1. April 2009 beginnt, nicht angerechnet. Eine Honorarkürzung erfolgt während des Zeitraumes der nachholbaren Fortbildung nicht. (3) Absatz 2 gilt auch für Vertragspsychotherapeuten und angestellte Psychotherapeuten."
Nach diesen Regelungen war der seit 1980 zugelassene Kläger verpflichtet, den Fortbildungsnachweis erstmals bis zum 30.06.2009 zu erbringen. Die Beklagte hatte ihm mit Bescheid vom 29.06.2009 auf seinen Antrag Fristverlängerung bis zum 31.10.2009 gewährt und dabei die nachgewiesene Arbeitsunfähigkeitszeit vom 15.08.2007 bis zum 20.12.2007 berücksichtigt.
Nach § 95d Abs. 2 SGB V und §§ 1 und 2 KBV-RL wird die Fortbildung in der Regel durch Fortbildungszertifikate der Berufskammern nachgewiesen. Das Fortbildungszertifikat wird nach § 7 Abs. 1 FBO erteilt, wenn das Kammermitglied in einem vorgegebenen Antrag dokumentiert, dass es in einem Zeitraum von fünf Jahren 250 Fortbildungspunkte erworben hat.
Ein solches Fortbildungszertifikat hat der Kläger nicht vorgelegt. Er hat nach seinen Angaben bis einschließlich des Jahres 2007 nur 130 der erforderlichen 250 Fortbildungspunkte erworben und damit seine Fortbildungsverpflichtung nicht fristgerecht erfüllt. Darüber streiten die Beteiligten auch nicht.
Der Kläger wehrt sich vielmehr gegen die darauf folgende, von der Beklagten verhängte Sanktion der Honorarkürzung. Diese war aber nach § 95d Abs. 3 Satz 4 SGB V - unabhängig davon, dass der Kläger den Fortbildungsnachweis auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht nachgeholt hat - für die streitgegenständlichen Quartale 1/2010 und 2/2010 von der Beklagten vorzunehmen.
Auch die Höhe die Kürzung verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Kürzung erfolgt durch einen prozentualen Abzug (hier: 10%) vom Bruttohonorar für die Kassenleistungen. "Honorar" ist der Honoraranspruch des Vertragsarztes nach Durchführung der Honorarverteilung (§ 85 Abs. 4 SGB V), vor Abzug von Verwaltungs- oder sonstigen Kosten (vgl. Pawlita in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 95d SGB V, Rn. 38). Danach hätten sich hier die Kürzungsbeträge aus dem Bruttohonorar für das Quartal 1/2010 in Höhe von 24.712,29 EUR und für das Quartal 2/201 aus 25.514,24 EUR errechnet. Wenn die Beklagte mit den Abzügen in Höhe von 2.401,49 EUR und 2.472,62 EUR unter dem 10 %igen Kürzungsbetrag zurückgeblieben ist, beschwert dies den Kläger nicht.
Der Senat hat auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken in Bezug auf die Fortbildungsverpflichtung. Diese ist in ihrer konkreten Ausgestaltung nach Art und Umfang verhältnismäßig. Wie sich aus der Anlage zu § 4 FBO ergibt, werden zunächst 50 Punkte für das Selbststudium berücksichtigt. Daneben wird ein Punkt pro Fortbildungseinheit für strukturierte interaktive Fortbildung über Printmedien, Online-Medien und audiovisuelle Medien mit nachgewiesener Qualifizierung und Auswertung des Lernerfolgs in Schriftform vergeben. Im Übrigen werden z.B. für die Teilnahme an Kongressen pro Tag sechs Punkte anerkannt. Damit kann der Arzt zum Beispiel durch die jährliche Teilnahme an einem fünftägigen Kongress (insgesamt 150 Punkte), 10 strukturierte interaktive Fortbildungseinheiten pro Jahr (50 Punkte) sowie Selbststudium (insgesamt 50 Punkte) in einem Fünfjahreszeitraum seine Fortbildungsverpflichtung erfüllen. Der hiermit verbundene Zeitaufwand ist im Hinblick auf das damit verfolgte Ziel der Qualitätssicherung und -verbesserung der ärztlichen Versorgung nicht unverhältnismäßig (vgl. Urteil des Senats vom 24.10.2012 - L 5 KA 4085/11 - und den die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde verwerfenden Beschluss des BSG vom 03.01.2013 - B 6 KA 52/12 B).
Das Sozialgericht hat zu Recht auf die Möglichkeiten verwiesen, die dem Kläger zur Erfüllung seiner Fortbildungspflicht in zumutbarer Weise offen gestanden hätten. Darauf, dass er aus gesundheitlichen Gründen gehindert gewesen ist, seiner Fortbildungspflicht nachzukommen, kann sich der Kläger schon deshalb nicht berufen, weil er seiner vertragsärztlichen Verpflichtung aus dem vollen Versorgungsauftrag auch nach 2007 uneingeschränkt nachgekommen ist. So hat die Beklagte im Verwaltungsverfahren festgestellt, dass der Kläger im Zeitraum vom 1. Quartal 2007 bis zum 2. Quartal 2010 im Wesentlichen die gleichen Fallzahlen behandelt und ein vergleichbares Honorar erwirtschaftet hat. War der Kläger daher aufgrund seiner gesundheitlichen Situation in der Ausübung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit nicht maßgeblich eingeschränkt, so kann er die gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht der Erfüllung der Fortbildungspflicht entgegenhalten. Auch hält es der Senat im Übrigen für zumutbar, die Möglichkeiten der interaktiven Fortbildung durch Online-Medien zu nutzen. Mit seinem Argument, über keine entsprechende technische Ausstattung zu verfügen, kann der Kläger nicht durchdringen. Vielmehr hätte es sich vor dem Hintergrund, dass der Kläger die Teilnahme an auswärtigen Fortbildungsveranstaltungen als zu belastend empfunden hat, gerade aufgedrängt, derartige zeitlich und organisatorisch weniger belastende Möglichkeiten zu nutzen. Selbst wenn der Kläger über die erforderliche technische Ausstattung tatsächlich nicht verfügt haben sollte, was die Beklagte im Hinblick auf die notwendigen Abrechnungsformalitäten zu Recht bezweifelt, wäre es ihm sogar zumutbar gewesen, sich eine solche anzuschaffen, um die Vorgaben der Fortbildungspflicht zu erfüllen. Schließlich stimmt der Senat dem Sozialgericht auch darin zu, dass auch die Teilnahme an auswärtigen Fortbildungsveranstaltungen bei entsprechender Planung von An- und Abreise nicht unzumutbar gewesen wäre.
Der Kläger kann auch mit seiner Auffassung, die gesetzliche Regelung über die Fortbildungspflicht sei verfehlt, weil es an einer inhaltlichen Vorgabe für eine fachspezifische Fortbildung fehle, nicht durchdringen. Entgegen seiner Auffassung enthält § 95d Abs. 1 S. 1 SGB V eine solche inhaltliche Vorgabe. Die Fortbildungspflicht trifft den Vertragsarzt nach dieser Regelung in dem Umfang, wie es zur Erhaltung und Fortbildung der zu seiner Berufsausübung erforderlichen Fachkenntnisse notwendig ist. Damit ist der Bezug auf die konkrete, vom jeweiligen Vertragsarzt ausgeübte Tätigkeit in seinem Fachgebiet hergestellt und es nicht dem Belieben des Vertragsarztes überlassen, mit welcher Fortbildungsveranstaltung er die notwendigen Fortbildungspunkte erwirbt. Durch die Teilnahme an völlig fachfremden Fortbildungen, die allerdings schon deshalb nicht naheliegend sein dürfte, weil die Fortbildungskosten von den Vertragsärzten selbst zu tragen sind, würde die vertragsärztliche Verpflichtung gerade nicht erfüllt. Auch in diesen Fällen wären gegebenenfalls entsprechende Sanktionen zu ergreifen. Der Kläger kann sich daher nicht mit Erfolg auf eine Benachteiligung gegenüber denjenigen, die fachfremde Fortbildungen zum bloß formalen Erwerb der Fortbildungspunkte besuchen, berufen. Auch diese wären potentiell Sanktionen ausgesetzt. Nicht zuletzt verkennt der Kläger insoweit, dass es keine Gleichheit im Unrecht gibt.
Auch ohne weitergehende - über die Möglichkeiten zur Fristverlängerung und die getroffenen Übergangsregelungen hinausgehende - Ausnahmeregelungen sind die gesetzlichen Regelungen der Fortbildungspflicht entgegen der Auffassung des Klägers nicht unverhältnismäßig. Dem stehen der Grundsatz der Gleichbehandlung und der Zweck der Qualitätssicherung in der vertragsärztlichen Versorgung entgegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Höhe des Streitwerts folgt aus § 52 Abs. 3 GKG. Der Kläger wendet sich gegen bezifferte Honorarkürzungen; deren Wert bestimmt die Höhe des Streitwerts.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
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