Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KA 1437/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 3777/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22.7.2011 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 10.172,33 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Rückforderung von Vertragsarzthonorar für die Quartale 1/2002 bis 4/2002 in Höhe von 10.172,33 EUR im Wege der sachlich-rechnerischen Berichtigung (Streichung der Gebührennummern - Geb.-Nrn. - 850 und 851 EBM neben der Geb.-Nr. 202 EBM).
Der Kläger nimmt als Facharzt für Allgemeinmedizin mit Sitz in L. an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Er behandelt Opiatabhängige und führt Substitutionsbehandlungen durch.
Die hier maßgeblichen Geb.-Nrn. des im Jahr 2002 geltenden EBM (im Folgenden nur EBM) hatten folgenden Wortlaut:
Geb.-Nr. 202 Substitutionsbehandlung Opiatabhängiger nach den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen, je Behandlungstag 80 Punkte
Neben der Leistung nach Nr. 202 sind die Leistungen nach den Nrn. 1, 2, 5, 6, 10, 11, 17, 18, 21, 165, 180, 190, 850, 851 und 1180 nicht berechnungsfähig.
Geb.-Nr. 204 Zuschlag zu der Leistung nach Nr. 202 für das therapeutische Gespräch, ggf. einschl. Beratung und Instruktion der Bezugsperson(en), ggf. In mehreren Sitzungen, Dauer mindestens 10 Minuten, höchstens viermal im Behandlungsfall 300 Punkte
Geb.-Nr. 850: Differenzialdiagnostische Klärung psychosomatischer Zustände mit schriftlichem Vermerk über die ätiologischen Zusammenhänge, einschl. Beratung, bis zu zweimal im Behandlungsfall 250 Punkte
Geb.-Nr. 851 Verbale Intervention bei psychosomatischen Krankheitszuständen unter systematischer Nutzung der Arzt-Patienten-Interaktion, je Sitzung (Dauer mindestens 15 Minuten) 450 Punkte
Die Geb.-Nrn. 202 ff. EBM befinden sich in Teil B des EBM 1999 (Grundleistungen, Prävention, Sonstige Hilfen) und dort in Kapitel XI. "Leistungen bei Substitutionsbehandlung der Drogenabhängigkeit". Gemäß Satz 2 und 3 der Vorbemerkungen zu Kapitel XI EBM umfasst der Leistungsbedarf, welcher der "Substitutionsbehandlung" zuzuordnen ist, ausschließlich die Leistungen nach Nrn. 202 bis 204. Werden darüber hinaus bei denselben Patienten weitere Leistungen notwendig, sind diese dem übrigen kurativen Leistungsbereich zuzurechnen.
Auf den zur Honorarabrechnung eingereichten Abrechnungsscheinen des Klägers für die Quartale 1/2002 bis 4/2002 hatte der Kläger (soweit hier von Belang) neben Leistungen (u.a.) nach Geb.-Nr. 202 EBM Leistungen nach den Geb.-Nrn. 850 und 851 EBM abgerechnet und hierfür im Diagnosefeld angegeben: "F11.2 Abhängigkeitssyndrom bei Gebrauch von Opioiden". Das Honorar wurde dem Kläger mit den Honorarabrechnungsbescheiden für diese Quartale entsprechend seinen Anforderungen ausgezahlt. Das genaue Datum der Honorarabrechnungsbescheide konnte die Beklagte nicht mehr ermitteln; Versanddatum für die Honorarabrechnung des Quartals 1/2002 war der 05.08.2002.
Auf Veranlassung des Prüfungsausschusses Baden-Württemberg - Kammer Behandlungsweise -, der am 1.2.2006 eine Wirtschaftlichkeitsprüfung (offenbar ohne Beanstandungen) durchgeführt hatte, nahm die Beklagte eine sachlich-rechnerische Berichtigung der Honorarabrechnungen des Klägers für die Quartale 1/2002 bis 4/2002 vor.
Mit Bescheid vom 7.6.2006 forderte die Beklagte für die Quartale 1/2002 bis 4/2002 Honorar i.H.v. 10.172,33 EUR zurück. Gestrichen wurden Abrechnungen der Geb.-Nrn. 850 EBM (1mal) und 851 EBM (471mal), soweit der Kläger diese Geb.-Nrn. neben der Geb.-Nr. 202 EBM abgerechnet hatte. Zur Begründung führte die Beklagte aus, man habe die vom Kläger abgerechneten Leistungskombinationen unter Beibehaltung der bislang (zur Leistungslegende - Allgemeine Bestimmungen - der Geb.-Nr. 202 EBM) vertretenen (differenzierenden) Auffassung beurteilt, wonach (zusätzliche) Leistungen (etwa nach Geb.-Nrn. 850 und 851 EBM) neben der Substitutionsbehandlung (nach Geb.-Nr. 202 EBM) abgerechnet werden dürften, wenn die Behandlung entsprechender Krankheitsbilder erforderlich sei und die einschlägigen ambulant kurativen Diagnosen auf dem Abrechnungsschein dokumentiert würden. Bei erneuter einzelfallbezogener Durchsicht der Abrechnungsunterlagen sei aufgefallen, dass der Kläger Leistungen nach Geb.-Nr. 850 EBM in einem Fall und Leistungen nach Geb.-Nr. 851 EBM in zahlreichen Fällen nicht bzw. nicht ausreichend durch Diagnosen dokumentiert habe. Man habe die Abrechnungen daher wie folgt berichtigt: Quartal 1/2002
Geb.-Nr. Anzahl der berichtigten Leistungen Punktzahl Gesamtpunktzahl EUR-Betrag 850 1 250 250 12,36 851 134 450 63.300 2.980,66 Gesamt 2.933,02
Quartal 2/2002
Geb.-Nr. Anzahl der berichtigten Leistungen Punktzahl Gesamtpunktzahl EUR-Betrag 851 120 450 54.000 2.664,86 Gesamt 2.664,86
Quartal 3/2002
Geb.-Nr. Anzahl der berichtigten Leistungen Punktzahl Gesamtpunktzahl EUR-Betrag 851 107 450 48.150 2.091,99 Gesamt 2.091,99
Quartal 4/2002
Geb.-Nr. Anzahl der berichtigten Leistungen Punktzahl Gesamtpunktzahl EUR-Betrag 851 110 450 49.500 2.422,46 Gesamt 2.422,46
Unter Ansatz der jeweils einschlägigen Punktwerte ergebe sich der Gesamtrückforderungsbetrag von 10.172,33 EUR.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug der Kläger vor, die in den beanstandeten Fällen auf den Abrechnungsscheinen jeweils angegebene Diagnose "Abhängigkeitssyndrom F 11.2 beim Gebrauch von Opioiden" umfasse per Definitionem die Merkmale der physischen und psychischen Abhängigkeit. Hierzu gehörten bei chronisch kranken Patienten zu 100 % Affektstörungen, zu 100 % Antriebs- und psychosomatische Störungen, zu 44 % Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen, die jeweils Leistungen im Rahmen der psychosomatischen Grundversorgung erforderlich machten. Weiterer psychosomatischer Behandlungsbedarf ergebe sich durch die Behandlung (mit Interferon) und Betreuung an chronischer Hepatitis C erkrankter Patienten. Die beanstandeten Fälle beträfen ausschließlich chronisch suchtkranke Patienten, die einen suchtkranken Beziehungs- und Lebenspartner hätten, der im günstigeren Fall ebenfalls in seiner Praxis behandelt werde. Weiterhin würden in seiner Praxis die abhängigen Beziehungen der weiteren Familienmitglieder bearbeitet und in das Therapiekonzept aufgenommen, also in seiner Praxis mit beraten. Außerdem ergebe sich ein zusätzlicher Beratungs- und Therapiebedarf bei den Vätern und Müttern. Auch hier werde ein ganzheitlicher Ansatz praktiziert. So würden die Kleinkinder in die Praxis mitgebracht, um Störungen früh erkennen und behandeln zu können. Unter den beanstandeten Fällen befänden sich 18 Kinder aus unterschiedlichen Beziehungen, meist Kinder mit einem weiteren abhängigen Elternteil. Er könne eine hohe Haltequote, einen geringen Beikonsum und eine hohe Erwerbstätigenrate verzeichnen. Mit der Honorarrückforderung entziehe man ihm die Arbeitsgrundlage für eine qualitätsorientierte Suchttherapie.
Die sachlich-rechnerische Berichtigung sei nur deswegen erfolgt, weil er in einigen Fällen die Diagnosen auf den Abrechnungsscheinen nicht ausreichend dokumentiert habe. Die Beklagte habe dies bislang nicht beanstandet. Wegen fehlender Diagnoseangaben allein dürfe ihm eine Falschabrechnung nicht vorgeworfen werden. Er habe die Leistungen ordnungsgemäß erbracht und auch ordnungsgemäß abgerechnet. Er erbringe seit 1993 im Rahmen der Suchttherapie begleitende psychiatrische und/oder psychotherapeutische Behandlungs- oder psychosoziale Betreuungsmaßnahmen. Unter der auf den Abrechnungsscheinen angegebenen Diagnose "Abhängigkeitssyndrom" habe er die überwiegend bestehenden Partnerschaftsbeziehungsstörungen, Persönlichkeitsstörungen, depressiven Episoden im Bereich des Substitutionsverlaufs, Störungen des Affektes und mögliche Anpassungsstörungen zusammengefasst. Die Geb.-Nr. 851 EBM sei nur bei entsprechend umfangreichen therapeutischen Gesprächen (Dauer mindestens 15 Minuten) abgerechnet worden. Zusätzlicher Gesprächsbedarf der Patienten ergebe sich auch aus der Diagnose einer chronischen Hepatitis C, die bei geeigneten Patienten mit Interferon behandelt werde. In der Regel komme es auch hierbei zu erheblichen psychischen Belastungen. Man habe ihm bislang nie mitgeteilt, wie eine entsprechende ordnungsgemäße (Abrechnungs-)Dokumentation auszusehen habe, seine Abrechnungen in der Vergangenheit vielmehr akzeptiert. Künftig werde er bei Suchtbehandlungen neben der "Dauerdiagnose" die "Unterdiagnosen" (wie depressive Verstimmung, Partnerschaftsbeziehungsstörung und Störung des Affektes u.a.) auf den Abrechnungsscheinen zusätzlich angeben. Auf dem Krankenblatt habe er eine entsprechende Dokumentation schon immer vorgenommen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.1.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie ergänzend aus, nach den Erläuterungen zur Vordruckvereinbarung - "Abrechnungsschein für ambulante/belegärztliche Behandlung (Muster 5)" - müssten im Diagnosefeld die Diagnosen, ggf. auch andere Begründungen, in angemessener Kürze, aber so präzise angegeben werden, dass sich daraus die Plausibilität der abgerechneten Leistungen erkennen lasse. Daran habe es in den beanstandeten Fällen gefehlt.
Am 15.2.2008 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Stuttgart. Er trug ergänzend vor, regelmäßig bestehe bei der Suchtbehandlung neben der Verabreichung eines Substitutionspräparates weiterer Behandlungsbedarf hinsichtlich psychischer Erkrankungen (Stellungnahme Dr. R. - Chefärztin der Klinik für Suchttherapie und Entwöhnung im Psychiatrischen Zentrum N. - vom 3.11.2008); die reine Substitutionsbehandlung stelle keine geeignete Behandlungsmaßnahme bei Abhängigkeitssyndromen dar. Er habe bei der Abrechnung regelmäßig und seit Jahren unbeanstandet nur die (umfassende) Diagnose "Abhängigkeitssyndrom", nicht jedoch die neben dem Abhängigkeitssyndrom durch Leistungen nach den Geb.-Nrn. 850 und 851 EBM (mit-)behandelten (Begleit-)Erkrankungen angegeben. Der Begriff "Abhängigkeitssyndrom" stelle einen zusammenfassenden Ober- und Allgemeinbegriff dar, der neben der konkreten Suchtbehandlung durch das Substitutionspräparat auch die psychiatrische bzw. psychotherapeutische Behandlung habe mit umfassen sollen. Da Gesprächsleistungen zur Behandlung psychiatrischer bzw. psychosomatischer Begleiterkrankungen notwendiger Bestandteil der Suchttherapie seien, würden sie von der Diagnose "Abhängigkeitssyndrom vom Opiattyp F 11 2" mit umfasst. Die Beklagte habe die von ihm seit vielen Jahren praktizierte Abrechnungsweise in der Vergangenheit nicht gerügt, weshalb ihm Vertrauensschutz zukomme (vgl. etwa BSG, Urt. v. 30.6.2004, - B 6 KA 34/03 R -; LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 13.12.2007, - L 1 KR 39/06 -). Die Beklagte hätte ihn auf die ihrer Ansicht nach unzureichende Diagnoseangabe auf den Abrechnungsscheinen hinweisen müssen. Er hätte dann die Diagnoseangaben ohne weiteres vervollständigen können. Er betreibe im Raum H./V. die einzige Praxis, die Suchttherapie anbiete, und sei darauf angewiesen, dass die im Rahmen der Suchttherapie erbrachten Komplementärleistungen abgerechnet werden dürften. Mittlerweile erstelle er die Abrechnungen nach den Vorgaben der Beklagten. Man dürfe ihm die Vergütung der in den streitigen Quartalen tatsächlich erbrachten (Gesprächs-)Leistungen nicht aus formalen Gründen versagen.
Die Beklagte trug vor, Leistungen nach Geb.-Nr. 851 EBM dürften neben Leistungen nach Geb.-Nr. 202 EBM abgerechnet werden, wenn die Behandlung entsprechender Krankheitsbilder neben der reinen Substitutionsbehandlung erforderlich sei und die einschlägigen ambulant kurativen Diagnosen auf dem Abrechnungsschein dokumentiert würden. Allerdings rechtfertige die Diagnose "Abhängigkeitssyndrom" für sich allein den Ansatz der Geb.-Nr. 851 EBM nicht. Diese Diagnose beinhalte nicht zwingend eine Indikation für psychosomatische Leistungen. Das folge schon aus der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zur substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger. Darin heiße es unter Nr. 2, oberstes Ziel der Behandlung sei die Suchtmittelfreiheit. Könne dieses Ziel nicht unmittelbar und zeitnah erreicht werden, sei im Rahmen eines umfassenden Therapiekonzeptes, das auch, soweit erforderlich, begleitende psychiatrische und/oder psychotherapeutische Behandlungs- oder psychosoziale Betreuungsmaßnahmen mit einbeziehe, eine Substitution zulässig. Eine Leistungspflicht der Krankenkassen für die begleitende psychiatrische und/oder psychotherapeutische Betreuung bestehe nur insoweit, als diese zur Krankenbehandlung erforderlich sei. In § 3 Abs. 4 Nr. 6d der genannten Richtlinien sei vorgesehen, dass das umfassende Therapiekonzept die im Einzelfall erforderlichen psychosozialen Betreuungsmaßnahmen und/oder ggf. psychiatrische und psychotherapeutische Behandlungsmaßnahmen beinhalte. Die Richtlinien gingen daher nicht davon aus, dass jeder Suchtpatient stets und ohne Ausnahme einer psychiatrischen, psychotherapeutischen oder psychosomatischen Betreuung bedürfe. Ihre Forderung nach genauer Diagnoseangabe auf dem Abrechnungsschein sei daher berechtigt. Dafür spreche auch die Vielzahl der vom Kläger selbst angegebenen möglichen psychosomatischen Krankheitsbilder, die Persönlichkeitsstörungen, Depressionen oder Partnerschaftskonflikte umfassten. Nach den bundesmantelvertraglichen Vorschriften müsse der Kläger im Diagnosefeld des Abrechnungsscheins die Diagnosen so angeben, dass die Plausibilität der abgerechneten Leistungen erkennbar sei. Die Angabe der Diagnose "Abhängigkeitssyndrom" werde dem nicht gerecht.
Auf Vertrauensschutz könne sich der Kläger nicht berufen. Zwar habe sie eine Prüfung im Hinblick auf die in Rede stehende Abrechnungsweise für die Quartale 1/2001 und 2/2001 durchgeführt. Diese Prüfung habe jedoch erst im Jahr 2004 stattgefunden. Vertrauensschutz für die Abrechnung in den Quartalen des Jahres 2002 komme daher von vornherein nicht in Betracht. Davon abgesehen habe sie zu keiner Zeit die Auffassung vertreten, dass die Diagnoseangabe "Abhängigkeitssyndrom" für die Abrechnung der Geb.-Nr. 851 EBM neben der Geb.-Nr. 202 EBM genüge.
Mit Urteil vom 22.7.2011 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig; die Beklagte habe das Honorar des Klägers für die streitigen Quartale zu Recht sachlich-rechnerisch berichtigt. Nach der Leistungslegende (Allgemeine Bestimmungen) der Geb.-Nr. 202 EBM könnten Leistungen nach Geb.-Nrn. 850 und 851 EBM neben Leistungen nach Geb.-Nr. 202 EBM nicht abgerechnet werden. Mit den Geb.-Nrn. 202 bis 204 EBM seien die Leistungen zur Substitutionsbehandlung Drogenabhängiger abschließend beschrieben. Im Einzelfall erforderliche Behandlungsleistungen für Angehörige würden mit der Geb.-Nr. 204 EBM (Zuschlag zu der Leistung nach Geb.-Nr. 202 EBM für das therapeutische Gespräch, ggf. einschließlich Beratung und Instruktion der Bezugspersonen) abgegolten; der Kläger habe diese Geb.-Nr. auch regelmäßig bis zur Höchstgrenze (viermal im Behandlungsfall) abgerechnet. Im Hinblick auf die Leistungslegende (Allgemeine Bestimmungen) der Geb.-Nr. 202 EBM sei zweifelhaft, ob - was die Beklagte freilich zugestehe - Leistungen nach den Geb.-Nrn. 850 und 851 EBM zusätzlich zu Leistungen nach Geb.-Nr. 202 EBM abgerechnet werden dürften, wenn sie neben der Substitutionsbehandlung zur Behandlung anderer Krankheitsbilder erbracht und entsprechende Diagnosen auf den Abrechnungsscheinen dokumentiert würden. Hierfür könne immerhin auf die Vorbemerkung zu Abschnitt B XI EBM (Leistungen bei Substitutionsbehandlung der Drogenabhängigkeit) abgestellt werden, wonach der Leistungsbedarf, welcher der Substitutionsbehandlung zuzuordnen sei, ausschließlich die Leistungen nach Geb.-Nrn. 202 bis 204 EBM umfasse; darüber hinaus erforderliche Leistungen wären dann dem übrigen Leistungsbereich zuzuordnen. In jedem Fall müssten aber die den zusätzlich abgerechneten Leistungen zugrundeliegenden Diagnosen auf den Abrechnungsscheinen angegeben sein. Die Diagnose "Abhängigkeitssyndrom" genüge hierfür nicht. Damit würden Art und Umfang der weiteren Behandlungsleistungen schon wegen der Vielfalt möglicher zusätzlicher Krankheitsbilder (wie Persönlichkeitsstörungen, Depressionen, Partnerschaftskonflikte u.a.) nicht hinreichend belegt. Die Angabe konkreter Diagnosen auf dem Abrechnungsschein sei keine bloße Förmlichkeit, sondern ein zwingendes Erfordernis für den Nachweis der erbrachten Leistungen und deren korrekte Abrechnung. Das folge auch aus § 295 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V: Pflicht zur Aufzeichnung erbrachter Leistungen in den Abrechnungsunterlagen mit Diagnosen) und der Pflicht des Vertragsarztes zur peinlich genauen Abrechnung. Die Angabe einer umfassenden "Auffangdiagnose" werde dem nicht gerecht, vielmehr müssten die die erbrachten Leistungen rechtfertigenden Diagnosen genau und umfassend benannt werden. Fehle es daran - wie hier - sei die Abrechnung sachlich-rechnerisch zu berichtigen.
Auf Vertrauensschutz könne sich der Kläger nicht berufen. Hierfür genüge es nicht, dass seine Abrechnungen in Vorquartalen unbeanstandet geblieben seien (vgl. etwa BSG, Urt. v. 8.2.2006, - B 6 KA 12/05 R -; Urt. v. 14.12.2005, - B 6 KA 17/05 R -). Die vom BSG in seinem Urteil vom 20.6.2004 (- B 6 KA 34/03 R -) aufgestellten Rechtsgrundsätze zur Anwendung der (Vertrauensschutz-)Vorschriften des § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) im vertragsärztlichen Vergütungsrecht seien hier nicht einschlägig, da (allein) die nachträgliche Berichtigung einer unrichtigen Anwendung des Gebührenrechts in Rede stehe und hierfür die Vorschriften über die sachlich-rechnerische Berichtigung Vorrang hätten; Vertrauensschutz komme in solchen Fällen erst nach Ablauf von 4 Jahren seit Ergehen des Honorarbescheids in Betracht (BSG, Urt. v. 8.2.2006, a. a. O.).
Die vom Kläger außerdem erhobenen Feststellungsklagen (Feststellung der Rechtmäßigkeit seines bisherigen Abrechnungsverhaltens) seien unzulässig und auch unbegründet.
Auf das ihm am 1.8.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 1.9.2011 Berufung eingelegt. Er wiederholt sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, er habe die gestrichenen Leistungen, die jeweils erforderlich gewesen seien, tatsächlich erbracht. Die Honorarkürzung beruhe letztendlich nur auf formalen Defiziten der Leistungsabrechnung, wobei die Beklagte seine Abrechnungsweise seit etwa 10 Jahren bei mehrfachen Prüfungen nicht beanstandet habe. Deshalb sei es nicht gerechtfertigt, im Nachhinein Honorar zurückzufordern. Er habe seine Abrechnungsweise geändert und den Vorgaben der Beklagten angepasst. Für die Vergangenheit müsse aber wegen des Vertrauensschutzes (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 13.12.2007, - L 1 KR 39/06 - zur Vergütung von Krankenhausleistungen (auch) ohne Vertrag nach dem Geriatrie-Leitfaden aus Vertrauensschutzgesichtspunkten - oder LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 25.2.2011, - L 1 KR 229/08 - zur Verwirkung einer Beitragsrückforderung) anderes gelten, zumal er mit der Suchttherapie auf einem schwierigen und eher seltenen Tätigkeitsfeld arbeite. Er behandele (Sucht-)Patienten, bei denen neben der medikamentösen Substitution zusätzlich psychische Erkrankungen therapiert werden müssten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22.7.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 7.6.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.1.2008 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt ihr bisheriges Vorbringen. Der Kläger könne insbesondere Vertrauensschutz nicht beanspruchen. Sie habe zu keiner Zeit die Auffassung vertreten, dass die Angabe der Diagnose "Abhängigkeitssyndrom" auf den Abrechnungsscheinen zur Abrechnung auch von Leistungen nach Geb.-Nrn. 850 und 851 EBM ausreiche. Eine entsprechende Prüfung habe erst im Jahr 2004, also nach dem hier streitigen Jahr 2002, stattgefunden. Die vom Kläger angeführte Rechtsprechung des LSG Niedersachsen-Bremen und des LSG Berlin-Brandenburg sei nicht einschlägig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat Vertragsarzthonorar für die Quartale 1/2002 bis 4/2002 in Höhe von 10.172,33 EUR zu Recht im Wege sachlich-rechnerischer Berichtigung zurückgefordert.
I. Rechtsgrundlage für die sachlich-rechnerische Berichtigung von Vertragsarztabrechnungen bzw. die Aufhebung bereits ergangener Honorarbescheide und die Rückforderung von Vertragsarzthonorar ist § 106a SGB V (i. V. m. § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X); ergänzende Regelungen enthalten § 45 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) und § 34 Bundesmantelvertrag Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä).
Gem. § 106a Abs. 1 SGB V prüfen die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenkassen die Rechtmäßigkeit und Plausibilität der Abrechnungen in der vertragsärztlichen Versorgung. Die Kassenärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität und die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V). Nach den im Wesentlichen gleichlautenden Vorschriften in § 45 Abs. 2 Satz 1 BMV-Ä und § 34 Abs. 4 Satz 2 EKV-Ä obliegt der Kassenärztlichen Vereinigung die Prüfung der von den Vertragsärzten vorgelegten Abrechnungen ihrer vertragsärztlichen Leistungen hinsichtlich der sachlich-rechnerischen Richtigkeit. Das gilt insbesondere für die Anwendung des Regelwerks. Die Kassenärztliche Vereinigung berichtigt die Honorarforderung des Vertragsarztes bei Fehlern hinsichtlich der sachlich-rechnerischen Richtigkeit (§ 45 Abs. 1 und 2 Satz 1 BMV-Ä bzw. § 34 Abs. 4 EKV-Ä).
Die sachlich-rechnerische Berichtigung kann sowohl vor wie nach Erlass des Honorarbescheids erfolgen. Die Berichtigung bereits erlassener Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung) stellt im Umfang der vorgenommenen Korrekturen zugleich eine teilweise Rücknahme des Honorarbescheids dar und bewirkt, dass überzahltes Honorar gem. § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X zurückzuzahlen ist.
Das Recht (und die Pflicht) der Kassenärztlichen Vereinigung zur Berichtigung bereits erlassener Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung) unterliegt nicht der Verjährung. Allerdings gilt für die nachgehende Richtigstellung eine (an das Verjährungsrecht angelehnte) Ausschlussfrist von 4 Jahren (vgl. etwa BSG, Urt. v. 5.5.2010, - B 6 KA 5/09 R - m. w. N.); für ihren Beginn ist der Erlass des Honorarbescheids maßgeblich (BSG, Urt. v. 12.12.2012, - B 6 KA 35/12 R -). Vertrauensschutz kann der Vertragsarzt gegen die nachgehende Richtigstellung von Honorarbescheiden regelmäßig nicht einwenden. Besonderer Vertrauensschutz gem. § 45 SGB X ist für den Anwendungsbereich der §§ 106a SGB V, 45 BMV-Ä, 34 Abs. 4 EKV-Ä ausgeschlossen, da diese Bestimmungen als Sonderregelungen i. S. d. § 37 Satz 1 SGB I das allgemeine Sozialverwaltungsrecht verdrängen (vgl. etwa BSG, Urt. v. 14.12.2005, - B 6 KA 17/05 R -; auch Urt. v. 23.6.2010, - B 6 KA 12/09 R -). Nur außerhalb des Anwendungsbereichs der Berichtigungsvorschriften kommt Vertrauensschutz gem. § 45 SGB X in Betracht. Das ist nach der Rechtsprechung des BSG der Fall, wenn die Ausschlussfrist für nachgehende Richtigstellungen von 4 Jahren abgelaufen oder die Befugnis zur nachgehenden Richtigstellung "verbraucht" ist, etwa, indem die Kassenärztliche Vereinigung die Honorarforderung in einem der Honorarverteilung nachfolgenden Verfahren auf ihre sachlich-rechnerische Richtigkeit überprüft und vorbehaltlos bestätigt hat. Dann wird die jedem Honorarbescheid innewohnende Vorläufigkeit im Verhältnis zum Vertragsarzt aufgehoben, und die Kassenärztliche Vereinigung kann einen Honorarbescheid wegen anfänglicher Fehlerhaftigkeit nur noch unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X zurücknehmen (vgl. BSG, Beschl. v. 3.2.2010, - B 6 KA 22/09 B -; auch Urt. v. 14.12.2005, - B 6 KA 17/05 R -; Urt. v. 8.12.2006, - B 6 KA 12/05 R -). Allgemeiner (rechtsstaatlicher) Vertrauensschutz ist sowohl innerhalb wie außerhalb des Anwendungsbereichs der Berichtigungsvorschriften in (seltenen) Ausnahmefällen möglich. Ein solcher Ausnahmefall kann etwa angenommen werden, wenn die Kassenärztliche Vereinigung bei Erlass des Honorarbescheids auf ihr bekannte Ungewissheiten hinsichtlich der Grundlagen der Honorarverteilung nicht hingewiesen und dadurch schutzwertes Vertrauen bei den Vertragsärzten hervorgerufen hat, oder wenn die Fehlerhaftigkeit des Honorarbescheids aus Umständen herrührt, die die besonderen Funktionsbedingungen des Systems vertragsärztlicher Honorierung nicht konkret berühren (Senatsurteil vom 29.8.2012, - L 5 KA 2439/10 - m w. N. ; auch BSG, Urt. v. 30.6.2004, - B 6 KA 34/03 R -).
II. Davon ausgehend hat die Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden Honorar für die Quartale 1/2002 bis 4/2002 zu Recht zurückgefordert. Sie hat die Ansätze der Geb.-Nrn. 850 und 851 EBM neben der Geb.-Nr. 202 EBM zu Recht gestrichen.
Der Senat teilt die Rechtsauffassung des Sozialgerichts und nimmt deswegen auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist anzumerken:
Auch der Senat kann offen lassen, ob (psychosomatische) Leistungen nach den Geb.-Nrn. 850 und 851 EBM neben Leistungen nach Geb.-Nr. 202 EBM abgerechnet werden können, wenn sie neben der Substitutionsbehandlung Opiatabhängiger zur Behandlung von mit der Suchterkrankung zusammenhängenden (psychischen) Begleiterkrankungen erbracht werden. Die Beklagte kann sich für ihre dies bejahende Auffassung - wie das Sozialgericht ebenfalls zutreffend dargelegt hat - jedenfalls auf die (allgemeinen) Bestimmungen in Teil B XI Satz 2 und 3 EBM stützen. Darin wird hinsichtlich der Leistungen bei Substitutionsbehandlung der Drogenabhängigkeit zwischen dem der Substitutionsbehandlung zuzuordnenden Leistungsbedarf und den bei denselben Patienten darüber hinaus notwendig werdenden Leistungen unterschieden. Nur der erstgenannte Leistungsbedarf wird ausschließlich nach den Geb.-Nrn. 202 bis 204 EBM vergütet, während die letztgenannten Leistungen dem übrigen kurativen Leistungsbereich zugeordnet und nach den dort ggf. einschlägigen Geb.-Nrn. vergütet werden. Unbeschadet der (besonderen) Ausschlussklausel in der Leistungslegende (Allgemeine Bestimmungen) der Geb.-Nr. 202 EBM, wonach neben der Leistung nach Geb.-Nr. 202 EBM Leistungen (u.a.) nach Geb.-Nrn. 850 und 851 EBM nicht berechnungsfähig sind, kann damit die Möglichkeit eröffnet werden, neben der Substitutionsbehandlung erforderliche psychosomatische Behandlungsleistungen nach Geb.-Nrn. 850 und 851 EBM abzurechnen. Eine abschließende Klärung dieser (Abrechnungs-)Frage ist indessen nicht notwendig, da der Kläger die hier streitigen psychosomatischen Behandlungsleistungen jedenfalls nicht ordnungsgemäß - unter Wahrung der hierfür geltenden Vorschriften - abgerechnet hat.
Gem. § 44 Abs. 4 BMV-Ä/§ 34 Abs. 10 EKV-Ä (auch in der im Jahr 2002 maßgeblichen Fassung) können Abrechnungen nur vergütet werden, wenn die in § 303 Abs. 3 SGB V geforderten Daten in dem jeweils zugelassenen Umfang maschinenlesbar oder auf maschinell verwertbaren Datenträgern angegeben oder übermittelt worden sind. § 303 Abs. 3 SGB V nimmt für die zu übermittelnden Daten (u.a.) auf § 295 Abs. 1 SGB V Bezug. Diese Vorschrift regelt die Abrechnung ärztlicher Leistungen. Gem. § 295 Abs. 1 Nr. 2 SGB V sind die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte verpflichtet, in den Abrechnungsunterlagen für die vertragsärztlichen Leistungen die von ihnen erbrachten Leistungen einschließlich des Tages der Behandlung, bei ärztlicher Behandlung mit Diagnosen, aufzuzeichnen und zu übermitteln. Die Einzelheiten sind in der Vordruckvereinbarung (als Teil der Bundesmantelverträge) "Abrechnungsschein für ambulante/belegärztliche Behandlung (Muster 5)" festgelegt (zur Bedeutung der Vordruckvereinbarung BSG, Urt. v. 20.1.1999, - B 6 KA 1/98 R -). Danach müssen im Diagnosefeld des Abrechnungsscheins die Diagnosen, ggf. auch andere Begründungen, in angemessener Kürze, aber so präzise angegeben werden, dass sich daraus die Plausibilität der abgerechneten Leistungen erkennen lässt.
Mit den zur Honorarabrechnung eingereichten Abrechnungsscheinen begründet der Vertragsarzt seinen Honoraranspruch; er macht geltend, dass er eine Leistung erbracht hat, die der Versicherte nach § 12 Abs. 1 SGB V beanspruchen konnte und zu deren Erbringung er berechtigt und verpflichtet war (BSG, Urt. v. 4.5.1994 - 6 RKa 37/92 -). Das setzt (u.a.) die hinreichend genaue Angabe der Diagnose voraus. Diese ist für die ordnungsgemäße Abwicklung des Vergütungsverkehrs zwischen Arzt, Kassenärztlicher Vereinigung und Krankenkasse von wesentlicher Bedeutung und daher ein zwingendes Abrechnungserfordernis und keine bloße Förmlichkeit. Ohne ausreichende Kenntnis der Diagnose können die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenkassen ihre Aufgaben bei der Vergütung vertragsärztlicher Leistungen nicht erfüllen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen benötigen vollständige Leistungsbeschreibungen einschließlich der Diagnosen zur Prüfung der Rechtmäßigkeit der Abrechnung und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung, die Krankenkassen benötigen die genannten Angaben zur Prüfung ihrer Leistungspflicht. Die Angabe der jeweiligen Geb.-Nr. des EBM genügt nicht. Damit wird nur dargetan, dass eine Behandlung der bezeichneten Art überhaupt stattgefunden, nicht aber, ob sie auch den gesetzlichen Vorgaben für eine vorschriftsmäßige ärztliche Versorgung genügt hat (BSG, Urt. v. 4.5.1994 - 6 RKa 37/92 -; SG Marburg, Urt. v. 20.3.2013, - S 12 KA 83/12 u.a. -). Eine Vergütungspflicht für die von einem Vertragsarzt ohne Angabe der Diagnose abgerechneten Leistungen besteht nicht (BSG, Urt. v. 4.5.1994, a, a, O.). Entsprechendes gilt, wenn die Diagnose nicht genau genug angegeben wird; pauschale Umschreibungen oder allgemein gehaltene "Auffangdiagnosen" genügen nicht. Nach Maßgabe dessen ungenügende Angaben auf den Abrechnungsscheinen sind im Gerichtsverfahren nicht (etwa) durch Beiziehung anderer Behandlungsunterlagen zu vervollständigen.
Mit der Angabe der Diagnose "Abhängigkeitssyndrom beim Gebrauch von Opiaten" hat der Kläger die von ihm offenbar in allen Behandlungsfällen (ebenfalls) diagnostizierten und mit Leistungen nach den Geb.-Nrn. 850 und 851 EBM behandelten psychischen (Begleit-)Erkrankungen der Suchtpatienten nicht hinreichend konkret benannt. Daran ändert es nichts, dass psychische Erkrankungen bei Suchtpatienten vielfach, freilich nicht zwingend immer, vorliegen werden. Die Beklagte hat insoweit zu Recht (bspw.) auf § 4 Abs. 4 Nr. 6d der BUB-Richtlinien vom 28.10.2002 hingewiesen, wonach das umfassende Therapiekonzept bei der substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger die "im Einzelfall erforderlichen psychosozialen Betreuungsmaßnahmen und/oder ggf. psychiatrische und psychotherapeutische Behandlungsmaßnahmen" beinhaltet. Das zeigt, dass hinsichtlich der Behandlung psychischer Begleiterkrankungen von Suchtpatienten eine Einzelfallprüfung notwendig ist und das Vorliegen psychischer Erkrankungen nicht pauschal unterstellt werden darf. Davon abgesehen kommen von Patient zu Patient unterschiedliche psychische Begleiterkrankungen in Betracht, weswegen zur ordnungsgemäßen Leistungserbringung eine differenzierte Diagnostik und zur ordnungsgemäßen Leistungsabrechnung eine differenzierte Diagnoseangabe unumgänglich ist. Der Kläger stellt das der Sache nach auch nicht (mehr) in Abrede und hat sein Abrechnungsverhalten entsprechend geändert.
Vertrauensschutz kann der Kläger nicht beanspruchen. Die von ihm hierfür angeführte Rechtsprechung des LSG Niedersachsen-Bremen und des LSG Berlin-Brandenburg betrifft andere Fallgestaltungen und ist hier nicht einschlägig. Dass die Abrechnungsweise des Klägers vor dem Jahr 2002 nicht beanstandet worden ist, begründet keinen Vertrauensschutz (BSG, Urt. v. 8.2.2006, - B 6 KA 12/05 R -), zumal eine entsprechende Prüfung erst im Jahr 2004 stattgefunden hat. Die (an das Verjährungsrecht angelehnte) Ausschlussfrist von 4 Jahren für (nachgehende) sachlich-rechnerische Berichtigungen ist bei Ergehen des Bescheids vom 7.6.2006 noch nicht abgelaufen gewesen, auch nicht für den Honorarbescheid des Quartals 1/2002, der erst am 05.08.2002 zum Versand gekommen ist. Für allgemeinen (rechtsstaatlichen) Vertrauensschutz ist ebenfalls kein Raum; dass der Kläger in der Suchttherapie als einem schwierigen Feld ärztlicher Tätigkeit arbeitet, genügt hierfür nicht.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 3 GKG. Die weiteren Anträge, die zu einem höheren Streitwert in erster Instanz geführt haben, sind im Berufungsverfahren nicht mehr gestellt worden.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 10.172,33 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Rückforderung von Vertragsarzthonorar für die Quartale 1/2002 bis 4/2002 in Höhe von 10.172,33 EUR im Wege der sachlich-rechnerischen Berichtigung (Streichung der Gebührennummern - Geb.-Nrn. - 850 und 851 EBM neben der Geb.-Nr. 202 EBM).
Der Kläger nimmt als Facharzt für Allgemeinmedizin mit Sitz in L. an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Er behandelt Opiatabhängige und führt Substitutionsbehandlungen durch.
Die hier maßgeblichen Geb.-Nrn. des im Jahr 2002 geltenden EBM (im Folgenden nur EBM) hatten folgenden Wortlaut:
Geb.-Nr. 202 Substitutionsbehandlung Opiatabhängiger nach den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen, je Behandlungstag 80 Punkte
Neben der Leistung nach Nr. 202 sind die Leistungen nach den Nrn. 1, 2, 5, 6, 10, 11, 17, 18, 21, 165, 180, 190, 850, 851 und 1180 nicht berechnungsfähig.
Geb.-Nr. 204 Zuschlag zu der Leistung nach Nr. 202 für das therapeutische Gespräch, ggf. einschl. Beratung und Instruktion der Bezugsperson(en), ggf. In mehreren Sitzungen, Dauer mindestens 10 Minuten, höchstens viermal im Behandlungsfall 300 Punkte
Geb.-Nr. 850: Differenzialdiagnostische Klärung psychosomatischer Zustände mit schriftlichem Vermerk über die ätiologischen Zusammenhänge, einschl. Beratung, bis zu zweimal im Behandlungsfall 250 Punkte
Geb.-Nr. 851 Verbale Intervention bei psychosomatischen Krankheitszuständen unter systematischer Nutzung der Arzt-Patienten-Interaktion, je Sitzung (Dauer mindestens 15 Minuten) 450 Punkte
Die Geb.-Nrn. 202 ff. EBM befinden sich in Teil B des EBM 1999 (Grundleistungen, Prävention, Sonstige Hilfen) und dort in Kapitel XI. "Leistungen bei Substitutionsbehandlung der Drogenabhängigkeit". Gemäß Satz 2 und 3 der Vorbemerkungen zu Kapitel XI EBM umfasst der Leistungsbedarf, welcher der "Substitutionsbehandlung" zuzuordnen ist, ausschließlich die Leistungen nach Nrn. 202 bis 204. Werden darüber hinaus bei denselben Patienten weitere Leistungen notwendig, sind diese dem übrigen kurativen Leistungsbereich zuzurechnen.
Auf den zur Honorarabrechnung eingereichten Abrechnungsscheinen des Klägers für die Quartale 1/2002 bis 4/2002 hatte der Kläger (soweit hier von Belang) neben Leistungen (u.a.) nach Geb.-Nr. 202 EBM Leistungen nach den Geb.-Nrn. 850 und 851 EBM abgerechnet und hierfür im Diagnosefeld angegeben: "F11.2 Abhängigkeitssyndrom bei Gebrauch von Opioiden". Das Honorar wurde dem Kläger mit den Honorarabrechnungsbescheiden für diese Quartale entsprechend seinen Anforderungen ausgezahlt. Das genaue Datum der Honorarabrechnungsbescheide konnte die Beklagte nicht mehr ermitteln; Versanddatum für die Honorarabrechnung des Quartals 1/2002 war der 05.08.2002.
Auf Veranlassung des Prüfungsausschusses Baden-Württemberg - Kammer Behandlungsweise -, der am 1.2.2006 eine Wirtschaftlichkeitsprüfung (offenbar ohne Beanstandungen) durchgeführt hatte, nahm die Beklagte eine sachlich-rechnerische Berichtigung der Honorarabrechnungen des Klägers für die Quartale 1/2002 bis 4/2002 vor.
Mit Bescheid vom 7.6.2006 forderte die Beklagte für die Quartale 1/2002 bis 4/2002 Honorar i.H.v. 10.172,33 EUR zurück. Gestrichen wurden Abrechnungen der Geb.-Nrn. 850 EBM (1mal) und 851 EBM (471mal), soweit der Kläger diese Geb.-Nrn. neben der Geb.-Nr. 202 EBM abgerechnet hatte. Zur Begründung führte die Beklagte aus, man habe die vom Kläger abgerechneten Leistungskombinationen unter Beibehaltung der bislang (zur Leistungslegende - Allgemeine Bestimmungen - der Geb.-Nr. 202 EBM) vertretenen (differenzierenden) Auffassung beurteilt, wonach (zusätzliche) Leistungen (etwa nach Geb.-Nrn. 850 und 851 EBM) neben der Substitutionsbehandlung (nach Geb.-Nr. 202 EBM) abgerechnet werden dürften, wenn die Behandlung entsprechender Krankheitsbilder erforderlich sei und die einschlägigen ambulant kurativen Diagnosen auf dem Abrechnungsschein dokumentiert würden. Bei erneuter einzelfallbezogener Durchsicht der Abrechnungsunterlagen sei aufgefallen, dass der Kläger Leistungen nach Geb.-Nr. 850 EBM in einem Fall und Leistungen nach Geb.-Nr. 851 EBM in zahlreichen Fällen nicht bzw. nicht ausreichend durch Diagnosen dokumentiert habe. Man habe die Abrechnungen daher wie folgt berichtigt: Quartal 1/2002
Geb.-Nr. Anzahl der berichtigten Leistungen Punktzahl Gesamtpunktzahl EUR-Betrag 850 1 250 250 12,36 851 134 450 63.300 2.980,66 Gesamt 2.933,02
Quartal 2/2002
Geb.-Nr. Anzahl der berichtigten Leistungen Punktzahl Gesamtpunktzahl EUR-Betrag 851 120 450 54.000 2.664,86 Gesamt 2.664,86
Quartal 3/2002
Geb.-Nr. Anzahl der berichtigten Leistungen Punktzahl Gesamtpunktzahl EUR-Betrag 851 107 450 48.150 2.091,99 Gesamt 2.091,99
Quartal 4/2002
Geb.-Nr. Anzahl der berichtigten Leistungen Punktzahl Gesamtpunktzahl EUR-Betrag 851 110 450 49.500 2.422,46 Gesamt 2.422,46
Unter Ansatz der jeweils einschlägigen Punktwerte ergebe sich der Gesamtrückforderungsbetrag von 10.172,33 EUR.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug der Kläger vor, die in den beanstandeten Fällen auf den Abrechnungsscheinen jeweils angegebene Diagnose "Abhängigkeitssyndrom F 11.2 beim Gebrauch von Opioiden" umfasse per Definitionem die Merkmale der physischen und psychischen Abhängigkeit. Hierzu gehörten bei chronisch kranken Patienten zu 100 % Affektstörungen, zu 100 % Antriebs- und psychosomatische Störungen, zu 44 % Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen, die jeweils Leistungen im Rahmen der psychosomatischen Grundversorgung erforderlich machten. Weiterer psychosomatischer Behandlungsbedarf ergebe sich durch die Behandlung (mit Interferon) und Betreuung an chronischer Hepatitis C erkrankter Patienten. Die beanstandeten Fälle beträfen ausschließlich chronisch suchtkranke Patienten, die einen suchtkranken Beziehungs- und Lebenspartner hätten, der im günstigeren Fall ebenfalls in seiner Praxis behandelt werde. Weiterhin würden in seiner Praxis die abhängigen Beziehungen der weiteren Familienmitglieder bearbeitet und in das Therapiekonzept aufgenommen, also in seiner Praxis mit beraten. Außerdem ergebe sich ein zusätzlicher Beratungs- und Therapiebedarf bei den Vätern und Müttern. Auch hier werde ein ganzheitlicher Ansatz praktiziert. So würden die Kleinkinder in die Praxis mitgebracht, um Störungen früh erkennen und behandeln zu können. Unter den beanstandeten Fällen befänden sich 18 Kinder aus unterschiedlichen Beziehungen, meist Kinder mit einem weiteren abhängigen Elternteil. Er könne eine hohe Haltequote, einen geringen Beikonsum und eine hohe Erwerbstätigenrate verzeichnen. Mit der Honorarrückforderung entziehe man ihm die Arbeitsgrundlage für eine qualitätsorientierte Suchttherapie.
Die sachlich-rechnerische Berichtigung sei nur deswegen erfolgt, weil er in einigen Fällen die Diagnosen auf den Abrechnungsscheinen nicht ausreichend dokumentiert habe. Die Beklagte habe dies bislang nicht beanstandet. Wegen fehlender Diagnoseangaben allein dürfe ihm eine Falschabrechnung nicht vorgeworfen werden. Er habe die Leistungen ordnungsgemäß erbracht und auch ordnungsgemäß abgerechnet. Er erbringe seit 1993 im Rahmen der Suchttherapie begleitende psychiatrische und/oder psychotherapeutische Behandlungs- oder psychosoziale Betreuungsmaßnahmen. Unter der auf den Abrechnungsscheinen angegebenen Diagnose "Abhängigkeitssyndrom" habe er die überwiegend bestehenden Partnerschaftsbeziehungsstörungen, Persönlichkeitsstörungen, depressiven Episoden im Bereich des Substitutionsverlaufs, Störungen des Affektes und mögliche Anpassungsstörungen zusammengefasst. Die Geb.-Nr. 851 EBM sei nur bei entsprechend umfangreichen therapeutischen Gesprächen (Dauer mindestens 15 Minuten) abgerechnet worden. Zusätzlicher Gesprächsbedarf der Patienten ergebe sich auch aus der Diagnose einer chronischen Hepatitis C, die bei geeigneten Patienten mit Interferon behandelt werde. In der Regel komme es auch hierbei zu erheblichen psychischen Belastungen. Man habe ihm bislang nie mitgeteilt, wie eine entsprechende ordnungsgemäße (Abrechnungs-)Dokumentation auszusehen habe, seine Abrechnungen in der Vergangenheit vielmehr akzeptiert. Künftig werde er bei Suchtbehandlungen neben der "Dauerdiagnose" die "Unterdiagnosen" (wie depressive Verstimmung, Partnerschaftsbeziehungsstörung und Störung des Affektes u.a.) auf den Abrechnungsscheinen zusätzlich angeben. Auf dem Krankenblatt habe er eine entsprechende Dokumentation schon immer vorgenommen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.1.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie ergänzend aus, nach den Erläuterungen zur Vordruckvereinbarung - "Abrechnungsschein für ambulante/belegärztliche Behandlung (Muster 5)" - müssten im Diagnosefeld die Diagnosen, ggf. auch andere Begründungen, in angemessener Kürze, aber so präzise angegeben werden, dass sich daraus die Plausibilität der abgerechneten Leistungen erkennen lasse. Daran habe es in den beanstandeten Fällen gefehlt.
Am 15.2.2008 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Stuttgart. Er trug ergänzend vor, regelmäßig bestehe bei der Suchtbehandlung neben der Verabreichung eines Substitutionspräparates weiterer Behandlungsbedarf hinsichtlich psychischer Erkrankungen (Stellungnahme Dr. R. - Chefärztin der Klinik für Suchttherapie und Entwöhnung im Psychiatrischen Zentrum N. - vom 3.11.2008); die reine Substitutionsbehandlung stelle keine geeignete Behandlungsmaßnahme bei Abhängigkeitssyndromen dar. Er habe bei der Abrechnung regelmäßig und seit Jahren unbeanstandet nur die (umfassende) Diagnose "Abhängigkeitssyndrom", nicht jedoch die neben dem Abhängigkeitssyndrom durch Leistungen nach den Geb.-Nrn. 850 und 851 EBM (mit-)behandelten (Begleit-)Erkrankungen angegeben. Der Begriff "Abhängigkeitssyndrom" stelle einen zusammenfassenden Ober- und Allgemeinbegriff dar, der neben der konkreten Suchtbehandlung durch das Substitutionspräparat auch die psychiatrische bzw. psychotherapeutische Behandlung habe mit umfassen sollen. Da Gesprächsleistungen zur Behandlung psychiatrischer bzw. psychosomatischer Begleiterkrankungen notwendiger Bestandteil der Suchttherapie seien, würden sie von der Diagnose "Abhängigkeitssyndrom vom Opiattyp F 11 2" mit umfasst. Die Beklagte habe die von ihm seit vielen Jahren praktizierte Abrechnungsweise in der Vergangenheit nicht gerügt, weshalb ihm Vertrauensschutz zukomme (vgl. etwa BSG, Urt. v. 30.6.2004, - B 6 KA 34/03 R -; LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 13.12.2007, - L 1 KR 39/06 -). Die Beklagte hätte ihn auf die ihrer Ansicht nach unzureichende Diagnoseangabe auf den Abrechnungsscheinen hinweisen müssen. Er hätte dann die Diagnoseangaben ohne weiteres vervollständigen können. Er betreibe im Raum H./V. die einzige Praxis, die Suchttherapie anbiete, und sei darauf angewiesen, dass die im Rahmen der Suchttherapie erbrachten Komplementärleistungen abgerechnet werden dürften. Mittlerweile erstelle er die Abrechnungen nach den Vorgaben der Beklagten. Man dürfe ihm die Vergütung der in den streitigen Quartalen tatsächlich erbrachten (Gesprächs-)Leistungen nicht aus formalen Gründen versagen.
Die Beklagte trug vor, Leistungen nach Geb.-Nr. 851 EBM dürften neben Leistungen nach Geb.-Nr. 202 EBM abgerechnet werden, wenn die Behandlung entsprechender Krankheitsbilder neben der reinen Substitutionsbehandlung erforderlich sei und die einschlägigen ambulant kurativen Diagnosen auf dem Abrechnungsschein dokumentiert würden. Allerdings rechtfertige die Diagnose "Abhängigkeitssyndrom" für sich allein den Ansatz der Geb.-Nr. 851 EBM nicht. Diese Diagnose beinhalte nicht zwingend eine Indikation für psychosomatische Leistungen. Das folge schon aus der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zur substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger. Darin heiße es unter Nr. 2, oberstes Ziel der Behandlung sei die Suchtmittelfreiheit. Könne dieses Ziel nicht unmittelbar und zeitnah erreicht werden, sei im Rahmen eines umfassenden Therapiekonzeptes, das auch, soweit erforderlich, begleitende psychiatrische und/oder psychotherapeutische Behandlungs- oder psychosoziale Betreuungsmaßnahmen mit einbeziehe, eine Substitution zulässig. Eine Leistungspflicht der Krankenkassen für die begleitende psychiatrische und/oder psychotherapeutische Betreuung bestehe nur insoweit, als diese zur Krankenbehandlung erforderlich sei. In § 3 Abs. 4 Nr. 6d der genannten Richtlinien sei vorgesehen, dass das umfassende Therapiekonzept die im Einzelfall erforderlichen psychosozialen Betreuungsmaßnahmen und/oder ggf. psychiatrische und psychotherapeutische Behandlungsmaßnahmen beinhalte. Die Richtlinien gingen daher nicht davon aus, dass jeder Suchtpatient stets und ohne Ausnahme einer psychiatrischen, psychotherapeutischen oder psychosomatischen Betreuung bedürfe. Ihre Forderung nach genauer Diagnoseangabe auf dem Abrechnungsschein sei daher berechtigt. Dafür spreche auch die Vielzahl der vom Kläger selbst angegebenen möglichen psychosomatischen Krankheitsbilder, die Persönlichkeitsstörungen, Depressionen oder Partnerschaftskonflikte umfassten. Nach den bundesmantelvertraglichen Vorschriften müsse der Kläger im Diagnosefeld des Abrechnungsscheins die Diagnosen so angeben, dass die Plausibilität der abgerechneten Leistungen erkennbar sei. Die Angabe der Diagnose "Abhängigkeitssyndrom" werde dem nicht gerecht.
Auf Vertrauensschutz könne sich der Kläger nicht berufen. Zwar habe sie eine Prüfung im Hinblick auf die in Rede stehende Abrechnungsweise für die Quartale 1/2001 und 2/2001 durchgeführt. Diese Prüfung habe jedoch erst im Jahr 2004 stattgefunden. Vertrauensschutz für die Abrechnung in den Quartalen des Jahres 2002 komme daher von vornherein nicht in Betracht. Davon abgesehen habe sie zu keiner Zeit die Auffassung vertreten, dass die Diagnoseangabe "Abhängigkeitssyndrom" für die Abrechnung der Geb.-Nr. 851 EBM neben der Geb.-Nr. 202 EBM genüge.
Mit Urteil vom 22.7.2011 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig; die Beklagte habe das Honorar des Klägers für die streitigen Quartale zu Recht sachlich-rechnerisch berichtigt. Nach der Leistungslegende (Allgemeine Bestimmungen) der Geb.-Nr. 202 EBM könnten Leistungen nach Geb.-Nrn. 850 und 851 EBM neben Leistungen nach Geb.-Nr. 202 EBM nicht abgerechnet werden. Mit den Geb.-Nrn. 202 bis 204 EBM seien die Leistungen zur Substitutionsbehandlung Drogenabhängiger abschließend beschrieben. Im Einzelfall erforderliche Behandlungsleistungen für Angehörige würden mit der Geb.-Nr. 204 EBM (Zuschlag zu der Leistung nach Geb.-Nr. 202 EBM für das therapeutische Gespräch, ggf. einschließlich Beratung und Instruktion der Bezugspersonen) abgegolten; der Kläger habe diese Geb.-Nr. auch regelmäßig bis zur Höchstgrenze (viermal im Behandlungsfall) abgerechnet. Im Hinblick auf die Leistungslegende (Allgemeine Bestimmungen) der Geb.-Nr. 202 EBM sei zweifelhaft, ob - was die Beklagte freilich zugestehe - Leistungen nach den Geb.-Nrn. 850 und 851 EBM zusätzlich zu Leistungen nach Geb.-Nr. 202 EBM abgerechnet werden dürften, wenn sie neben der Substitutionsbehandlung zur Behandlung anderer Krankheitsbilder erbracht und entsprechende Diagnosen auf den Abrechnungsscheinen dokumentiert würden. Hierfür könne immerhin auf die Vorbemerkung zu Abschnitt B XI EBM (Leistungen bei Substitutionsbehandlung der Drogenabhängigkeit) abgestellt werden, wonach der Leistungsbedarf, welcher der Substitutionsbehandlung zuzuordnen sei, ausschließlich die Leistungen nach Geb.-Nrn. 202 bis 204 EBM umfasse; darüber hinaus erforderliche Leistungen wären dann dem übrigen Leistungsbereich zuzuordnen. In jedem Fall müssten aber die den zusätzlich abgerechneten Leistungen zugrundeliegenden Diagnosen auf den Abrechnungsscheinen angegeben sein. Die Diagnose "Abhängigkeitssyndrom" genüge hierfür nicht. Damit würden Art und Umfang der weiteren Behandlungsleistungen schon wegen der Vielfalt möglicher zusätzlicher Krankheitsbilder (wie Persönlichkeitsstörungen, Depressionen, Partnerschaftskonflikte u.a.) nicht hinreichend belegt. Die Angabe konkreter Diagnosen auf dem Abrechnungsschein sei keine bloße Förmlichkeit, sondern ein zwingendes Erfordernis für den Nachweis der erbrachten Leistungen und deren korrekte Abrechnung. Das folge auch aus § 295 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V: Pflicht zur Aufzeichnung erbrachter Leistungen in den Abrechnungsunterlagen mit Diagnosen) und der Pflicht des Vertragsarztes zur peinlich genauen Abrechnung. Die Angabe einer umfassenden "Auffangdiagnose" werde dem nicht gerecht, vielmehr müssten die die erbrachten Leistungen rechtfertigenden Diagnosen genau und umfassend benannt werden. Fehle es daran - wie hier - sei die Abrechnung sachlich-rechnerisch zu berichtigen.
Auf Vertrauensschutz könne sich der Kläger nicht berufen. Hierfür genüge es nicht, dass seine Abrechnungen in Vorquartalen unbeanstandet geblieben seien (vgl. etwa BSG, Urt. v. 8.2.2006, - B 6 KA 12/05 R -; Urt. v. 14.12.2005, - B 6 KA 17/05 R -). Die vom BSG in seinem Urteil vom 20.6.2004 (- B 6 KA 34/03 R -) aufgestellten Rechtsgrundsätze zur Anwendung der (Vertrauensschutz-)Vorschriften des § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) im vertragsärztlichen Vergütungsrecht seien hier nicht einschlägig, da (allein) die nachträgliche Berichtigung einer unrichtigen Anwendung des Gebührenrechts in Rede stehe und hierfür die Vorschriften über die sachlich-rechnerische Berichtigung Vorrang hätten; Vertrauensschutz komme in solchen Fällen erst nach Ablauf von 4 Jahren seit Ergehen des Honorarbescheids in Betracht (BSG, Urt. v. 8.2.2006, a. a. O.).
Die vom Kläger außerdem erhobenen Feststellungsklagen (Feststellung der Rechtmäßigkeit seines bisherigen Abrechnungsverhaltens) seien unzulässig und auch unbegründet.
Auf das ihm am 1.8.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 1.9.2011 Berufung eingelegt. Er wiederholt sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, er habe die gestrichenen Leistungen, die jeweils erforderlich gewesen seien, tatsächlich erbracht. Die Honorarkürzung beruhe letztendlich nur auf formalen Defiziten der Leistungsabrechnung, wobei die Beklagte seine Abrechnungsweise seit etwa 10 Jahren bei mehrfachen Prüfungen nicht beanstandet habe. Deshalb sei es nicht gerechtfertigt, im Nachhinein Honorar zurückzufordern. Er habe seine Abrechnungsweise geändert und den Vorgaben der Beklagten angepasst. Für die Vergangenheit müsse aber wegen des Vertrauensschutzes (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 13.12.2007, - L 1 KR 39/06 - zur Vergütung von Krankenhausleistungen (auch) ohne Vertrag nach dem Geriatrie-Leitfaden aus Vertrauensschutzgesichtspunkten - oder LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 25.2.2011, - L 1 KR 229/08 - zur Verwirkung einer Beitragsrückforderung) anderes gelten, zumal er mit der Suchttherapie auf einem schwierigen und eher seltenen Tätigkeitsfeld arbeite. Er behandele (Sucht-)Patienten, bei denen neben der medikamentösen Substitution zusätzlich psychische Erkrankungen therapiert werden müssten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22.7.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 7.6.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.1.2008 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt ihr bisheriges Vorbringen. Der Kläger könne insbesondere Vertrauensschutz nicht beanspruchen. Sie habe zu keiner Zeit die Auffassung vertreten, dass die Angabe der Diagnose "Abhängigkeitssyndrom" auf den Abrechnungsscheinen zur Abrechnung auch von Leistungen nach Geb.-Nrn. 850 und 851 EBM ausreiche. Eine entsprechende Prüfung habe erst im Jahr 2004, also nach dem hier streitigen Jahr 2002, stattgefunden. Die vom Kläger angeführte Rechtsprechung des LSG Niedersachsen-Bremen und des LSG Berlin-Brandenburg sei nicht einschlägig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat Vertragsarzthonorar für die Quartale 1/2002 bis 4/2002 in Höhe von 10.172,33 EUR zu Recht im Wege sachlich-rechnerischer Berichtigung zurückgefordert.
I. Rechtsgrundlage für die sachlich-rechnerische Berichtigung von Vertragsarztabrechnungen bzw. die Aufhebung bereits ergangener Honorarbescheide und die Rückforderung von Vertragsarzthonorar ist § 106a SGB V (i. V. m. § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X); ergänzende Regelungen enthalten § 45 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) und § 34 Bundesmantelvertrag Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä).
Gem. § 106a Abs. 1 SGB V prüfen die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenkassen die Rechtmäßigkeit und Plausibilität der Abrechnungen in der vertragsärztlichen Versorgung. Die Kassenärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität und die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V). Nach den im Wesentlichen gleichlautenden Vorschriften in § 45 Abs. 2 Satz 1 BMV-Ä und § 34 Abs. 4 Satz 2 EKV-Ä obliegt der Kassenärztlichen Vereinigung die Prüfung der von den Vertragsärzten vorgelegten Abrechnungen ihrer vertragsärztlichen Leistungen hinsichtlich der sachlich-rechnerischen Richtigkeit. Das gilt insbesondere für die Anwendung des Regelwerks. Die Kassenärztliche Vereinigung berichtigt die Honorarforderung des Vertragsarztes bei Fehlern hinsichtlich der sachlich-rechnerischen Richtigkeit (§ 45 Abs. 1 und 2 Satz 1 BMV-Ä bzw. § 34 Abs. 4 EKV-Ä).
Die sachlich-rechnerische Berichtigung kann sowohl vor wie nach Erlass des Honorarbescheids erfolgen. Die Berichtigung bereits erlassener Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung) stellt im Umfang der vorgenommenen Korrekturen zugleich eine teilweise Rücknahme des Honorarbescheids dar und bewirkt, dass überzahltes Honorar gem. § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X zurückzuzahlen ist.
Das Recht (und die Pflicht) der Kassenärztlichen Vereinigung zur Berichtigung bereits erlassener Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung) unterliegt nicht der Verjährung. Allerdings gilt für die nachgehende Richtigstellung eine (an das Verjährungsrecht angelehnte) Ausschlussfrist von 4 Jahren (vgl. etwa BSG, Urt. v. 5.5.2010, - B 6 KA 5/09 R - m. w. N.); für ihren Beginn ist der Erlass des Honorarbescheids maßgeblich (BSG, Urt. v. 12.12.2012, - B 6 KA 35/12 R -). Vertrauensschutz kann der Vertragsarzt gegen die nachgehende Richtigstellung von Honorarbescheiden regelmäßig nicht einwenden. Besonderer Vertrauensschutz gem. § 45 SGB X ist für den Anwendungsbereich der §§ 106a SGB V, 45 BMV-Ä, 34 Abs. 4 EKV-Ä ausgeschlossen, da diese Bestimmungen als Sonderregelungen i. S. d. § 37 Satz 1 SGB I das allgemeine Sozialverwaltungsrecht verdrängen (vgl. etwa BSG, Urt. v. 14.12.2005, - B 6 KA 17/05 R -; auch Urt. v. 23.6.2010, - B 6 KA 12/09 R -). Nur außerhalb des Anwendungsbereichs der Berichtigungsvorschriften kommt Vertrauensschutz gem. § 45 SGB X in Betracht. Das ist nach der Rechtsprechung des BSG der Fall, wenn die Ausschlussfrist für nachgehende Richtigstellungen von 4 Jahren abgelaufen oder die Befugnis zur nachgehenden Richtigstellung "verbraucht" ist, etwa, indem die Kassenärztliche Vereinigung die Honorarforderung in einem der Honorarverteilung nachfolgenden Verfahren auf ihre sachlich-rechnerische Richtigkeit überprüft und vorbehaltlos bestätigt hat. Dann wird die jedem Honorarbescheid innewohnende Vorläufigkeit im Verhältnis zum Vertragsarzt aufgehoben, und die Kassenärztliche Vereinigung kann einen Honorarbescheid wegen anfänglicher Fehlerhaftigkeit nur noch unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X zurücknehmen (vgl. BSG, Beschl. v. 3.2.2010, - B 6 KA 22/09 B -; auch Urt. v. 14.12.2005, - B 6 KA 17/05 R -; Urt. v. 8.12.2006, - B 6 KA 12/05 R -). Allgemeiner (rechtsstaatlicher) Vertrauensschutz ist sowohl innerhalb wie außerhalb des Anwendungsbereichs der Berichtigungsvorschriften in (seltenen) Ausnahmefällen möglich. Ein solcher Ausnahmefall kann etwa angenommen werden, wenn die Kassenärztliche Vereinigung bei Erlass des Honorarbescheids auf ihr bekannte Ungewissheiten hinsichtlich der Grundlagen der Honorarverteilung nicht hingewiesen und dadurch schutzwertes Vertrauen bei den Vertragsärzten hervorgerufen hat, oder wenn die Fehlerhaftigkeit des Honorarbescheids aus Umständen herrührt, die die besonderen Funktionsbedingungen des Systems vertragsärztlicher Honorierung nicht konkret berühren (Senatsurteil vom 29.8.2012, - L 5 KA 2439/10 - m w. N. ; auch BSG, Urt. v. 30.6.2004, - B 6 KA 34/03 R -).
II. Davon ausgehend hat die Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden Honorar für die Quartale 1/2002 bis 4/2002 zu Recht zurückgefordert. Sie hat die Ansätze der Geb.-Nrn. 850 und 851 EBM neben der Geb.-Nr. 202 EBM zu Recht gestrichen.
Der Senat teilt die Rechtsauffassung des Sozialgerichts und nimmt deswegen auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist anzumerken:
Auch der Senat kann offen lassen, ob (psychosomatische) Leistungen nach den Geb.-Nrn. 850 und 851 EBM neben Leistungen nach Geb.-Nr. 202 EBM abgerechnet werden können, wenn sie neben der Substitutionsbehandlung Opiatabhängiger zur Behandlung von mit der Suchterkrankung zusammenhängenden (psychischen) Begleiterkrankungen erbracht werden. Die Beklagte kann sich für ihre dies bejahende Auffassung - wie das Sozialgericht ebenfalls zutreffend dargelegt hat - jedenfalls auf die (allgemeinen) Bestimmungen in Teil B XI Satz 2 und 3 EBM stützen. Darin wird hinsichtlich der Leistungen bei Substitutionsbehandlung der Drogenabhängigkeit zwischen dem der Substitutionsbehandlung zuzuordnenden Leistungsbedarf und den bei denselben Patienten darüber hinaus notwendig werdenden Leistungen unterschieden. Nur der erstgenannte Leistungsbedarf wird ausschließlich nach den Geb.-Nrn. 202 bis 204 EBM vergütet, während die letztgenannten Leistungen dem übrigen kurativen Leistungsbereich zugeordnet und nach den dort ggf. einschlägigen Geb.-Nrn. vergütet werden. Unbeschadet der (besonderen) Ausschlussklausel in der Leistungslegende (Allgemeine Bestimmungen) der Geb.-Nr. 202 EBM, wonach neben der Leistung nach Geb.-Nr. 202 EBM Leistungen (u.a.) nach Geb.-Nrn. 850 und 851 EBM nicht berechnungsfähig sind, kann damit die Möglichkeit eröffnet werden, neben der Substitutionsbehandlung erforderliche psychosomatische Behandlungsleistungen nach Geb.-Nrn. 850 und 851 EBM abzurechnen. Eine abschließende Klärung dieser (Abrechnungs-)Frage ist indessen nicht notwendig, da der Kläger die hier streitigen psychosomatischen Behandlungsleistungen jedenfalls nicht ordnungsgemäß - unter Wahrung der hierfür geltenden Vorschriften - abgerechnet hat.
Gem. § 44 Abs. 4 BMV-Ä/§ 34 Abs. 10 EKV-Ä (auch in der im Jahr 2002 maßgeblichen Fassung) können Abrechnungen nur vergütet werden, wenn die in § 303 Abs. 3 SGB V geforderten Daten in dem jeweils zugelassenen Umfang maschinenlesbar oder auf maschinell verwertbaren Datenträgern angegeben oder übermittelt worden sind. § 303 Abs. 3 SGB V nimmt für die zu übermittelnden Daten (u.a.) auf § 295 Abs. 1 SGB V Bezug. Diese Vorschrift regelt die Abrechnung ärztlicher Leistungen. Gem. § 295 Abs. 1 Nr. 2 SGB V sind die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte verpflichtet, in den Abrechnungsunterlagen für die vertragsärztlichen Leistungen die von ihnen erbrachten Leistungen einschließlich des Tages der Behandlung, bei ärztlicher Behandlung mit Diagnosen, aufzuzeichnen und zu übermitteln. Die Einzelheiten sind in der Vordruckvereinbarung (als Teil der Bundesmantelverträge) "Abrechnungsschein für ambulante/belegärztliche Behandlung (Muster 5)" festgelegt (zur Bedeutung der Vordruckvereinbarung BSG, Urt. v. 20.1.1999, - B 6 KA 1/98 R -). Danach müssen im Diagnosefeld des Abrechnungsscheins die Diagnosen, ggf. auch andere Begründungen, in angemessener Kürze, aber so präzise angegeben werden, dass sich daraus die Plausibilität der abgerechneten Leistungen erkennen lässt.
Mit den zur Honorarabrechnung eingereichten Abrechnungsscheinen begründet der Vertragsarzt seinen Honoraranspruch; er macht geltend, dass er eine Leistung erbracht hat, die der Versicherte nach § 12 Abs. 1 SGB V beanspruchen konnte und zu deren Erbringung er berechtigt und verpflichtet war (BSG, Urt. v. 4.5.1994 - 6 RKa 37/92 -). Das setzt (u.a.) die hinreichend genaue Angabe der Diagnose voraus. Diese ist für die ordnungsgemäße Abwicklung des Vergütungsverkehrs zwischen Arzt, Kassenärztlicher Vereinigung und Krankenkasse von wesentlicher Bedeutung und daher ein zwingendes Abrechnungserfordernis und keine bloße Förmlichkeit. Ohne ausreichende Kenntnis der Diagnose können die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenkassen ihre Aufgaben bei der Vergütung vertragsärztlicher Leistungen nicht erfüllen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen benötigen vollständige Leistungsbeschreibungen einschließlich der Diagnosen zur Prüfung der Rechtmäßigkeit der Abrechnung und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung, die Krankenkassen benötigen die genannten Angaben zur Prüfung ihrer Leistungspflicht. Die Angabe der jeweiligen Geb.-Nr. des EBM genügt nicht. Damit wird nur dargetan, dass eine Behandlung der bezeichneten Art überhaupt stattgefunden, nicht aber, ob sie auch den gesetzlichen Vorgaben für eine vorschriftsmäßige ärztliche Versorgung genügt hat (BSG, Urt. v. 4.5.1994 - 6 RKa 37/92 -; SG Marburg, Urt. v. 20.3.2013, - S 12 KA 83/12 u.a. -). Eine Vergütungspflicht für die von einem Vertragsarzt ohne Angabe der Diagnose abgerechneten Leistungen besteht nicht (BSG, Urt. v. 4.5.1994, a, a, O.). Entsprechendes gilt, wenn die Diagnose nicht genau genug angegeben wird; pauschale Umschreibungen oder allgemein gehaltene "Auffangdiagnosen" genügen nicht. Nach Maßgabe dessen ungenügende Angaben auf den Abrechnungsscheinen sind im Gerichtsverfahren nicht (etwa) durch Beiziehung anderer Behandlungsunterlagen zu vervollständigen.
Mit der Angabe der Diagnose "Abhängigkeitssyndrom beim Gebrauch von Opiaten" hat der Kläger die von ihm offenbar in allen Behandlungsfällen (ebenfalls) diagnostizierten und mit Leistungen nach den Geb.-Nrn. 850 und 851 EBM behandelten psychischen (Begleit-)Erkrankungen der Suchtpatienten nicht hinreichend konkret benannt. Daran ändert es nichts, dass psychische Erkrankungen bei Suchtpatienten vielfach, freilich nicht zwingend immer, vorliegen werden. Die Beklagte hat insoweit zu Recht (bspw.) auf § 4 Abs. 4 Nr. 6d der BUB-Richtlinien vom 28.10.2002 hingewiesen, wonach das umfassende Therapiekonzept bei der substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger die "im Einzelfall erforderlichen psychosozialen Betreuungsmaßnahmen und/oder ggf. psychiatrische und psychotherapeutische Behandlungsmaßnahmen" beinhaltet. Das zeigt, dass hinsichtlich der Behandlung psychischer Begleiterkrankungen von Suchtpatienten eine Einzelfallprüfung notwendig ist und das Vorliegen psychischer Erkrankungen nicht pauschal unterstellt werden darf. Davon abgesehen kommen von Patient zu Patient unterschiedliche psychische Begleiterkrankungen in Betracht, weswegen zur ordnungsgemäßen Leistungserbringung eine differenzierte Diagnostik und zur ordnungsgemäßen Leistungsabrechnung eine differenzierte Diagnoseangabe unumgänglich ist. Der Kläger stellt das der Sache nach auch nicht (mehr) in Abrede und hat sein Abrechnungsverhalten entsprechend geändert.
Vertrauensschutz kann der Kläger nicht beanspruchen. Die von ihm hierfür angeführte Rechtsprechung des LSG Niedersachsen-Bremen und des LSG Berlin-Brandenburg betrifft andere Fallgestaltungen und ist hier nicht einschlägig. Dass die Abrechnungsweise des Klägers vor dem Jahr 2002 nicht beanstandet worden ist, begründet keinen Vertrauensschutz (BSG, Urt. v. 8.2.2006, - B 6 KA 12/05 R -), zumal eine entsprechende Prüfung erst im Jahr 2004 stattgefunden hat. Die (an das Verjährungsrecht angelehnte) Ausschlussfrist von 4 Jahren für (nachgehende) sachlich-rechnerische Berichtigungen ist bei Ergehen des Bescheids vom 7.6.2006 noch nicht abgelaufen gewesen, auch nicht für den Honorarbescheid des Quartals 1/2002, der erst am 05.08.2002 zum Versand gekommen ist. Für allgemeinen (rechtsstaatlichen) Vertrauensschutz ist ebenfalls kein Raum; dass der Kläger in der Suchttherapie als einem schwierigen Feld ärztlicher Tätigkeit arbeitet, genügt hierfür nicht.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 3 GKG. Die weiteren Anträge, die zu einem höheren Streitwert in erster Instanz geführt haben, sind im Berufungsverfahren nicht mehr gestellt worden.
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