L 2 U 236/11

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 33 U 5062/09
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 236/11
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zu den Voraussetzungen, unter denen der Betrieb einer auf dem Dach eines landwirtschaftlichen Betriebsgebäudes installieren Photovoltaikanlage als Nebenunternehmen im Sinne des § 131 SGB VII im Verhältnis zum landwirtschaftlichen Unternehmen angesehen werden kann.
I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts München vom 05.04.2011 und der Bescheid der Beklagten vom 12.02.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2009 aufgehoben und festgestellt, dass das Ereignis vom 30.09.2008 ein landwirtschaftlicher Arbeitsunfall war.

II. Die Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


Die Beteiligten streiten darüber, ob der Unfall des Klägers vom 30.09.2008 im Rahmen des landwirtschaftlichen Betriebs seiner Mutter erfolgte und damit als Arbeitsunfall im Sinne des § 8 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) zu qualifizieren ist, oder ob der Unfall im Rahmen des eigenwirtschaftlichen Betriebs einer Photovoltaikanlage erfolgte.

Der 1969 geborene Kläger ist selbstständiger Elektromeister und hilft gelegentlich auf dem Anwesen seiner Mutter A. mit, die als Betriebsunternehmerin mit land- und forstwirtschaftlichen Flächen Mitglied bei der Beklagten ist.

Am 30.09.2008 gegen 08:30 Uhr erlitt der Kläger einen Unfall, als er mit einer Leiter vom Dach eines Geräteschuppens auf dem Hof seiner Mutter abrutschte und zu Boden herunterfiel. Dabei erlitt er einen LWK-1-Berstungsbruch mit inkompletter Querschnittslähmung. Die Mutter fand den Kläger erst circa eine Stunde nach dem Unfall hilflos auf dem Boden liegend vor. Sie verständigte den Rettungsdienst, der dann den Abtransport per Hubschrauber zum Krankenhaus T. veranlasste. In dem Geräteschuppen waren Werkzeuge und Maschinen gelagert, die für die Forstwirtschaft eingesetzt wurden.

Nach der Ereignismeldung der Polizeiinspektion B. an die Staatsanwaltschaft T. wurde der Kläger bei Eintreffen der Streife durch den Notarzt Dr. F. erstversorgt mit dem Rettungshubschrauber ins Klinikum T. verbracht. Die polizeilichen Ermittlungen am Unfallort hätten ergeben, dass der Kläger über eine Leiter auf das Schuppendach steigen wollte, um nach einer dort montierten Photovoltaikanlage zu schauen. Nach bisherigen Erkenntnissen sei die Leiter dabei nach hinten gekippt, und der Kläger sei vermutlich mit dem Rücken auf die gegenüberliegende Dachkante gefallen. Die Absturzhöhe betrage rund 4 m. Die beim Eintreffen am Unfallort gemachten Fotos lagen dem Bericht an. Als Ereigniszeit wurde 10.15 Uhr angegeben.

Am 09.10.2008 informierte die Mutter des Klägers die Beklagte darüber, dass ihr Sohn am 30.09.2008 beim Entfernen von Laub vom Dach gestürzt sei und schwer verletzt im Krankenhaus T. liege.

Mit Schreiben vom 15.10.2008 schilderte der Kläger der Beklagten das Unfallgeschehen dahingehend, dass er in der Woche bis zum 25.09.2008 durch Windbruch geschädigte Bäume am Weg zum Grundstück und hinter dem Grundstück beseitigt habe. Hinter dem Geräteschuppen hätten einige Bäume gefällt werden müssen, bei denen die Gefahr bestanden habe, dass diese umfielen und Gebäudeschäden verursachten. Bis zum Einbruch der Dunkelheit habe der Kläger die Baumstämme beseitigen können, für Rest- und Feinarbeiten sei aber keine Zeit mehr gewesen. In der Zeit vom 26.09.2008 bis 29.09.2008 sei der Kläger auf Montage gewesen. Ab dem 30.09.2008 habe er einige Tage frei gehabt und nun auch Laub und Geäst neben und auf dem Dach des Geräteschuppens beseitigen wollen. Mittels einer Leiter sei er auf das Dach des Geräteschuppens gestiegen und habe darauf gefallenes Geäst und Laub, unter anderem auch aus der Regenrinne und dem Auslauftrichter des Fallrohres, beseitigt. Beim Verlassen des Daches sei er mit der Leiter abgerutscht und auf den Boden gestürzt. Seine Mutter habe ihn circa eine Stunde nach dem Unfall auf dem Boden liegend vorgefunden und die Rettung alarmiert, die dann den Abtransport per Hubschrauber ins Krankenhaus T. veranlasst habe. Die Annahme, der Unfall sei bei der Montage der Photovoltaikanlage passiert, treffe nicht zu. Diese Anlage sei bereits am 14.09.2008 fertig gestellt gewesen und habe bereits ab dem 15.09.2008 Strom ins Netz gespeist. Beigefügt war dem Schreiben die Kopie eines ärztlichen Erstberichts zu einer privaten Unfallversicherung vom 08.10.2008 von Prof. Dr. K. sowie eine Bestätigung über die Inbetriebnahme der Photovoltaikanlage am 15.09.2008. Im Fragebogen der Beklagten, bei dieser eingegangen am 28.10.2008, gab der Kläger ergänzend an, dass ihm die Leiter beim Verlassen des Daches weggekippt und er so heruntergefallen sei, dass er auf der unteren Sprosse der weggekippten Leiter mit dem Lendenwirbel aufgeschlagen sei. Der Boden an der Unfallstelle sei feucht und uneben gewesen.

Die Beklagte nahm am 31.10.2008 telefonisch Kontakt mit dem Oberarzt des Kreiskrankenhauses T., Dr. H., auf (siehe Vermerk Bl. 48 Behördenakte). Dieser schilderte, er habe den Verletzten bei der Aufnahme im Krankenhaus gefragt, ob es sich um einen landwirtschaftlichen Arbeitsunfall gehandelt habe, als er von der Leiter gefallen sei. Der Verletzte habe dies verneint und angegeben, dass es sich um einen privaten Unfall beim Reinigen der Photovoltaikanlage gehandelt habe. Der Verletzte habe unter Schmerzmitteleinfluss gestanden, sei aber allseits orientiert und nicht verwirrt gewesen. Diese Aussage wurde von Dr. H. am 02.02.2009 schriftlich bestätigt. Dr. H. gab wörtlich an, er habe dem Verletzten die Aussage, dass es sich um einen landwirtschaftlichen Arbeitsunfall handeln könnte, sogar "in den Mund gelegt". Daraufhin habe Frau K., die Sekretärin von Prof. K. bei der Beklagten angerufen und gefragt, ob Unfälle mit einer Photovoltaikanlage als landwirtschaftliche Arbeitsunfälle anerkannt würden, was von dort verneint worden sei. Dr. G., der ebenfalls am 31.10.2008 telefonisch kontaktierte, diensthabende Arzt der Notaufnahme, gab der Beklagten an, dass er selbst mit dem Kläger nicht über den Unfallhergang gesprochen habe, da der Notarzt ihm gesagt habe, dass sich der Unfall bei der Installation oder so was ähnlichem einer Photovoltaikanlage ereignet habe. Ein Nachfragen beim Kläger sei für ihn nicht mehr notwendig gewesen.

Mit Bescheid vom 12.02.2009 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 30.09.2008 als Arbeitsunfall ab, da der Unfall nicht in Zusammenhang mit der Bewirtschaftung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes stünde, sondern dem persönlichen Lebensbereich zuzuordnen sei. Im Rahmen ihrer Ermittlungen hätten die bei der Aufnahme des Klägers im Krankenhaus T. beteiligten Ärzte Dr. H. und Dr. G. unabhängig voneinander mitgeteilt, dass sich der Unfall nach den eigenen Angaben des Klägers in Zusammenhang mit dem Betrieb der Photovoltaikanlage ereignet habe. Dr. H. habe sogar angegeben, dass er nochmals beim Kläger nachgefragt habe, ob es sich um einen landwirtschaftlichen Unfall gehandelt habe. Dies habe der Kläger verneint und angegeben, dass es sich um einen privaten Unfall beim Reinigen der Photovoltaikanlage gehandelt habe. Diese Aussage würde auch durch die polizeilichen Ermittlungen bestätigt. Es sei zu betonen, dass den Erstangaben eine höhere Beweiskraft zukomme als Angaben, die zu einem späteren Zeitpunkt gemacht würden. Der Einlassung des Klägers, es sei zu Missverständnissen gekommen, weil er immer angegeben habe, dass sich der Unfall bei der Photovoltaikanlage ereignet habe, stehe die Aussage Dr. H. entgegen, dass sich der "Unfall bei Reinigungsarbeiten der Photovoltaikanlage" ereignet habe. Der Kläger habe das Dach vorrangig gereinigt, um die Photovoltaikanlage von Verschattungen zu reinigen. Das Reinigen der Dachrinne sei nebenher und eher zufällig auch zu landwirtschaftlichen Zwecken erfolgt.

Der Kläger legte hiergegen mit Schreiben vom 13.03.2009 Widerspruch ein. Die eventuell missverständliche Aussage des Klägers könne ihm nicht angelastet werden, da er sich zu diesem Zeitpunkt in einem Schockzustand befunden habe. Die Aufnahmen der Polizei stellten allenfalls eine Momentaufnahme dar, ohne den tatsächlichen Sachverhalt wiederzugeben. Die Beseitigung des Laubs und Geästs habe einzig der Reinigung des Geräteschuppens gedient.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 23.07.2009 als unbegründet zurückgewiesen, da eine versicherte Tätigkeit nicht nachgewiesen sei. Seitens des Klinikums T. sei keine Behandlung zu Lasten des Unfallversicherungsträgers eingeleitet worden. Der Unfall sei vielmehr der privaten Unfallversicherung des Klägers angezeigt worden. Die Unfallmeldung sei bei der BG dagegen erst am 09.10.2008 eingegangen. Auch sei der Einwand des Klägers, dass er sich in einem Schockzustand befunden habe, nicht nachweisbar, da ärztlicherseits bestätigt worden sei, dass der Kläger bei vollem Bewusstsein, allseits orientiert, ansprechbar und kreislaufstabil gewesen sei. Auch dem Ermittlungsergebnis der Polizei müsse der gebührende Beweiswert zuerkannt werden.

Mit seiner am 03.08.2009 beim Sozialgericht (SG) München erhobenen Klage hat der Kläger weiterhin die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall begehrt. Die Reinigungsarbeiten hätten ausschließlich dem landwirtschaftlichen Betrieb gedient. Die Photovoltaikanlage sei zum 15.09.2008 komplett fertig gestellt gewesen und habe keinerlei Wartung oder Überprüfung bedurft. Die Angabe im Polizeibericht, wonach der Kläger über eine Leiter auf das Schuppendach habe steigen wollen, um nach einer dort montierten Photovoltaikanlage zu schauen, sei spekulativ. Die Photovoltaikanlage habe sich rein zufällig auf dem Dach befunden.

Am 19.05.2010 hat der Bereich Prävention der Beklagten den Unfallort besichtigt und die Ergebnisse in einem Gutachten vom 10.06.2010 zusammengefasst. Demnach geschah der Unfall vermutlich dadurch, dass sich der Kläger mit einem Besen auf der Leiter stehend so weit von der Leiter wegbeugte, dass diese im weichen Grund einsank und seitlich wegkippte. Im Fallen habe der Verletzte noch versucht, sich an der Dachrinne festzuhalten (Dachrinnenhöhe 4m), sei aber dann auf den Wiesenboden so unglücklich mit dem Rücken auf die umgefallene Leiter gestürzt, dass er sich eine LK1-Fraktur zugezogen habe. Seit dem Frühjahr seien auf dem Anwesen der Familie des Klägers verschiedene Fäll- und Rodungsarbeiten durchgeführt worden. Die südlich des Hauses des Verletzten und seiner Mutter bereits im Frühjahr 2008 durchgeführten Rodungsarbeiten, die vor allem Fichten mit einem BHD (Brusthöhendurchmesser) von 20 cm und eine starke Esche mit einem BHD von 80 cm betroffen hätten, hätten dem Zweck gedient, eine bessere Freisicht ins Tal zu erhalten und eine Verschattung der Photovoltaikanlage zu verhindern. Außerdem seien die Zufahrtswege freigeschnitten worden. In der Woche bis zum 25.09.2009 sei der nördlich hinter dem Geräteschuppen angrenzende Waldrand lediglich ausgelichtet beziehungsweise zurückgeschnitten worden. Hierbei seien auch einzelne Bäume mit einem maximalen Durchmesser von 15 cm mit der Motorsäge gefällt worden. Nach Angaben des Verletzten, der über keine Fachkenntnisse bezüglich Fällarbeiten mit der Motorsäge verfüge, habe er die Bäume und Sträucher oberhalb des Geräteschuppens aufgrund des Randwuchses (Hänger mit ausladenden Ästen) nur hangabwärts auf das Blechdach des Schuppens schneiden können. Ihm seien die längeren Bäume mit ihren Wipfeln über den Giebel des Schuppens gefallen. Hierbei seien auf dem Dach einige Äste und Laubwerk liegen geblieben, die der Kläger beseitigen wollte und dabei verunglückte. Gefahr durch Windbruch oder umfallende Bäume hätte nur im weiter hinten gelagerten Bereich des Hochwaldes (Mischbestand) bestanden. In diesem Bereich seien aber keine Bäume gefällt worden. Die gefällten Bäume und Sträucher des an den Geräteschuppen angrenzenden Waldrandes seien so geringfügig gewesen, dass sie keinen Schaden am Schuppen hätten anrichten können und man sie deshalb duldhaft auf das Dach des Schuppens fallen ließ. Die bis zum 25.09.2008 hinter dem Schuppen gefällten Bäume und Sträucher hätten zu keiner Verschattungen der Photovoltaikanlage geführt. Die bereits im Frühjahr 2008 gefällten Bäume, vor allem südlich des Grundstückes, hätten dagegen zu einer Verschattung der Photovoltaik-Anlagen hauptsächlich auf dem Wohnhaus des Klägers beigetragen. Wenn man der Aussage des Klägers Glauben schenken dürfe, könne es möglich gewesen sein, dass durch die unfachmännisch zu Fall gebrachten Bäume auf dem Dach des Schuppens zum Unfallzeitpunkt (fünf Tage nach den Fällarbeiten) noch etwas Laub und Geäst vor allem auf der hinteren Dachhälfte und in den Dachrinnen vorhanden war.

In der mündlichen Verhandlung vom 05.04.2011 hat der Kläger erklärt, dass er die Fragen von Arzt und Notarzt, ob es sich um einen Arbeitsunfall gehandelt habe, deswegen verneint habe, weil er die Fragen auf seinen Beruf als Elektromonteurmeister bezogen habe. Die Aussage, dass sich der Unfall bei der Photovoltaikanlage ereignet habe, sei räumlich darauf bezogen gewesen, dass sich der Unfall bei dem Schuppen mit der Photovoltaikanlage ereignet habe. Er sei mehrfach auf die Leiter hinaufgestiegen, habe das Geäst heruntergezogen, die Leiter versetzt und sei wieder auf das Dach hinaufgestiegen. Das Geäst, das er vom Dach heruntergezogen habe, habe er immer sofort zur Seite getragen, den Weg entlang Richtung Westen. Meist habe er mit den Händen gearbeitet, nur gelegentlich mit dem Besen. Hilfsweise werde darauf hingewiesen, dass es sich zumindest um eine gemischte Tätigkeit gehandelt habe, die auch Versicherungsschutz begründe.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12.02.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 23.07.2009 zu verurteilen, den Unfall vom 30.09.2008 als Arbeitsunfall anzuerkennen.

Das SG hat mit Urteil vom 05.04.2011 (Az. S 33 U 5062/09) die Klage gegen den Bescheid vom 12.02.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2009 abgewiesen. In den Gründen des Urteils hat das SG ausgeführt, die Kammer sehe es nicht als erwiesen an, dass sich der Unfall am 30.09.2008 bei einer versicherten Tätigkeit ereignet habe. Eine versicherte Tätigkeit läge nur vor, wenn diese im Zusammenhang mit der Bewirtschaftung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes stünde. Nicht versichert seien dagegen Tätigkeiten, die sich zwar in dem landwirtschaftlichen Betrieb ereigneten, mit denen der Verletzte aber keine betriebsnützige, sondern eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit verfolge. Die Kammer habe erhebliche Zweifel an der Darstellung des Klägers, dass er sich zum Reinigen der Dachrinne und des Fallrohrs auf der Leiter am Geräteschuppen befunden habe. Diese Zweifel gründeten sich vor allem auf die von der Polizei gefertigten Lichtbildaufnahmen vom Unfallort am 30.09.2008, insbesondere Lichtbild 1 und Lichtbild 2. Auf den Fotos seien im Hintergrund u. a. Notarzt und Sanitäter zu erkennen, so dass die Aufnahmen offensichtlich zeitnah nach Eintreffen der Polizei am Unfallort (gegen 10:20 Uhr) angefertigt worden seien und den damals aktuellen Zustand des Unfallortes widerspiegelten. Unterstelle man die Aussagen des Klägers zum Unfallgeschehen als korrekt, so wäre er am Unfalltag im Zeitraum ab halb sechs bis zum Unfall gegen 8:30 Uhr, also gut drei Stunden, damit beschäftigt gewesen, Laub und Geäst vom Dach des Geräteschuppens zu entfernen. Dieses hätte er größtenteils mit den Händen, zum Teil auch mit einem Besen heruntergezogen. Das Laub und Geäst habe er nach dem Herunterziehen immer sofort zur Seite getragen, den Weg entlang Richtung Westen, bevor er dann die Leiter versetzt hätte und wieder auf das Dach hinaufgestiegen wäre.
Auf diesen beiden Lichtbildern 1 und 2, auf denen der Geräteschuppen der gesamten Länge nach abgebildet ist, seien jedoch keinerlei Geäst und allenfalls wenige Blätter Laub zu sehen. Es erscheine nicht glaubhaft, dass bei rund drei Stunden dauernden Arbeiten, bei denen der Kläger rund 2/3 des Daches von Geäst und Laub befreit habe, kein einziger Zweig auf dem Boden liege und allenfalls wenige Blätter. Dies gelte auch dann, wenn man davon ausgehe, dass der Kläger tatsächlich das ganze vom Dach heruntergezogene Laub und Geäst immer sofort den Weg entlang Richtung Westen zur Seite getragen habe, bevor er die Leiter versetzt und wieder auf das Dach hinauf geklettert sei. Da er nach seinen Angaben keinerlei Hilfsmittel wie eine Schubkarre, Eimer oder Laubsack verwendet habe, widerspreche es der Lebenserfahrung, dass nicht ein einziger Ast oder einiges Blattwerk auf dem Weg zur Ablegestelle liegengeblieben sei. Zumindest müsse das Laub bzw. Geäst, das der Kläger unmittelbar vor seinem Sturz vom Dach gezogen habe, auf dem Boden zu sehen sein, da er insoweit überhaupt nicht die Gelegenheit gehabt habe, dieses wegzuräumen. Erstaunlich sei darüber hinaus, dass der, wenn auch nur gelegentlich, verwendete Besen nicht auf dem Bild zu sehen sei. Auch insoweit widerspreche es der Lebenserfahrung, dass das verwendete Arbeitsgerät nicht in der Nähe des Arbeitsortes abgestellt oder abgelegt worden sei. Außerdem müsse der Kläger die Strecke am Geräteschuppen mehrfach entlang gegangen sein. Da es am Unfalltag geregnet habe und der Boden feucht gewesen sei, müsste man auf dem Gras entsprechende Laufspuren sehen. Dies insbesondere auch dann, wenn man berücksichtige, dass die hinter dem Geräteschuppen gefällten Bäume zumindest teilweise immerhin einen Durchmesser von 20 cm gehabt hätten und damit auch größere Zweige auf dem Dach hätten liegen müssen. Der Kläger dürfe also zumindest zum Teil größeres Gewicht getragen haben. Der Kammer erscheine es insgesamt nicht schlüssig, dass nach dreistündigen, also durchaus umfangreichen Arbeiten mit Laub und Geäst keinerlei Spuren von diesen Tätigkeiten auf den Lichtbildern zu sehen waren. Die Kammer sehe es daher schon nicht als erwiesen an, dass der Kläger überhaupt Laub und Geäst vom Dach des Geräteschuppens bzw. aus der Dachrinne und dem Fallrohr heruntergeholt habe.
Weiter spreche aus Sicht der Kammer gegen die Schilderung des Klägers, dass er mit Reinigungsarbeiten von Dachrinne und Fallrohr beschäftigt war, dass er gegenüber mehreren Personen angegeben habe, dass sich der Unfall in Zusammenhang mit der Photovoltaikanlage ereignet habe. Gegenüber dem Oberarzt des Kreiskrankenhauses T., Dr. H., habe der Kläger auf dessen Frage erklärt, dass es sich bei dem Unfall nicht um einen landwirtschaftlichen Arbeitsunfall gehandelt habe, als er von der Leiter gefallen sei, sondern um einen privaten Unfall beim Reinigen der Photovoltaikanlage. Nach Aussage des diensthabenden Arztes der Notaufnahme, Dr. G., habe der Notarzt ihm mitgeteilt, dass der Kläger ihm gesagt habe, dass sich der Unfall bei der Installation oder so was Ähnlichem einer Photovoltaikanlage ereignet habe. Der Kläger habe auch eingeräumt, dass er gegenüber Dr. H. und dem Notarzt die Frage nach einem Arbeitsunfall verneint habe, so dass eine Zeugeneinvernahme durch das Gericht verzichtbar erscheine. Nicht glaubhaft erscheine die Erklärung des Klägers hierzu, dass er die Frage von Arzt und Notarzt, ob es sich um einen Arbeitsunfall gehandelt habe, deswegen verneint habe, weil er die Frage auf seinen Beruf als Elektromonteurmeister bezogen habe. Denn auch im polizeilichen Ermittlungsbericht des Polizeihauptmeisters D. sei festgehalten, dass nach dem Ergebnis der polizeilichen Ermittlungen am Unfallort der Kläger über eine Leiter auf das Schuppendach habe steigen wollen, um nach einer dort montierten Photovoltaikanlage zu schauen. Es sei wenig glaubhaft, dass drei verschiedene Personen unabhängig voneinander den Kläger falsch verstanden haben sollen. Gegen die Einlassung des Klägers, er habe immer gesagt, dass sich der Unfall (räumlich) bei der Photovoltaikanlage ereignet habe, weswegen jeder gedacht habe, dass er wegen der Photovoltaikanlage auf das Dach gestiegen sei, spreche, dass alle drei Personen die Aussage des Klägers mit einer Tätigkeit verknüpft hätten. Dr. H. habe den Kläger dahingehend zitiert, dass dieser mit dem "Reinigen" der Photovoltaikanlage beschäftigt gewesen sei. Über den Notarzt sei berichtet worden, dass der Kläger bei der "Installation oder so was Ähnlichem einer Photovoltaikanlage" den Unfall erlitten habe. Im Polizeibericht werde wiederum erwähnt, dass der Kläger nach einer "montierten Photovoltaikanlage" habe schauen wollen. Dr. H. habe sogar ausgesagt, dass er den Kläger ausdrücklich danach gefragt habe, ob es sich um einen landwirtschaftlichen Arbeitsunfall gehandelt habe, worauf der Kläger dies nicht nur verneint, sondern erklärt habe, dass es sich um einen privaten Unfall beim Reinigen der Photovoltaikanlage gehandelt habe. Selbst wenn man einbeziehe, dass der Kläger unter dem Eindruck des Unfalls und unter Schmerzmitteleinfluss stand, so sei er nach den Angaben im Bericht des Prof. Dr. K. vom 28.10.2008 allseits orientiert, wach, ansprechbar und kreislaufstabil gewesen, so dass seine Aussagen nicht in Zweifel zu ziehen seien.
In das Bild, dass der Kläger selbst von einem reinen privaten Unfall ausging, passe schließlich auch, dass der Unfall - zunächst - nur der privaten Unfallversicherung angezeigt worden sei und erst einige Zeit später, am 09.10.2008, der Beklagten, auch wenn man berücksichtige, dass der Kläger in Anbetracht der Schwere des Unfalls und u. a. eines dreitägigen Aufenthalts auf der Intensivstation für bürokratische Dinge zunächst "keinen Kopf" hatte.
Der Kläger habe im Zeitpunkt des Unfalls auch keine gemischte Tätigkeit verrichtet, die sowohl im eigenen Interesse als auch im Interesse des landwirtschaftlichen Betriebs erbracht worden wäre. Denn es fehle schon am Nachweis, dass im Zeitpunkt des Unfalls überhaupt Laub und Geäst vom Dach des Geräteschuppens bzw. aus der Regenrinne und dem Fallrohr heruntergeholt wurden.

Der Kläger hat gegen das Urteil des SG, das ihm am 23.05.2011 zugestellt worden ist, am 27.05.2011 Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Zur Begründung seiner Berufung beharrt der Kläger darauf, dass er zum Zeitpunkt des Unfalls mit der Beseitigung von Laub und Geäst auf dem Gebäudedach nach Baumfällarbeiten beschäftigt gewesen sei. Nur hilfsweise werde vorgetragen, dass die Tätigkeit zumindest nach den Grundsätzen der gemischten Tätigkeit als Arbeitsunfall anzuerkennen sei. Denn selbst wenn man davon ausginge, dass der Kläger zum Unfallzeitpunkt eine eigenwirtschaftliche, nicht versicherte Tätigkeit verrichtete, hätte diese auch wesentlich dem landwirtschaftlichen Unternehmen gedient.

Das LSG hat im Erörterungstermin vom 11.01.2012 die Verlobte des Klägers, A. F., und seine Mutter, A., als Zeuginnen vernommen. Die Verlobte hat ausgesagt, dass sie am Unfalltag um 7.45 Uhr gegangen sei, und dass der Unfall bei ihrer Rückkehr bereits geschehen gewesen sei. Die Photovoltaikanlage sei zum Unfallzeitpunkt schon in Betrieb gewesen und habe schon Strom geliefert. Sie habe keine Äste auf dem Dach des Schuppens gesehen. Aus der Regenrinne hätten Äste geragt, man habe die Stecken herausragen sehen. Bei den Fällarbeiten seien viele Äste auf das Dach gefallen. Die Zeugin wisse nicht, wer die Dachrinne nach dem Unfall gereinigt habe. Die Stämme seien auf der anderen Seite des Schuppens gelagert worden, die nicht auf dem Foto abgebildet sei. Von dort seien die Stämme im Sommer weggeräumt worden. Am Boden neben der Leiter hätten Äste gelegen. Sie und ihre Schwiegermutter hätten die kleinen Äste bereits weggeräumt. Am Abend vor dem Unglück habe der Kläger angekündigt, dass er Äste vom Dach herunter holen wollte.

Die Mutter des Klägers hat ausgesagt, dass sich der Kläger, als sie ihn aufgefunden habe, von der Unfallstelle vorgerobbt habe. An der Stelle, an der er gearbeitet habe, seien Äste am Boden gelegen. Vor dem Unfall habe sie Gestrüpp in der Dachrinne und Äste auf dem Dach gesehen. Jeden Herbst fänden an unterschiedlichen Stellen am Hof Baumfällarbeiten statt. Es werde um das Haus herum aufgeräumt. Dies diene auch dazu, Schäden vom Haus abzuhalten. Die Stämme über dem Schuppen seien über den Winter liegen geblieben, denn sie seien ihr und ihrer Schwiegertochter zu schwer gewesen. Bezüglich der weiteren Aussagen der Mutter und der Verlobten des Klägers wird auf die Sitzungsniederschrift des Erörterungstermins vom 11.01.2012 verwiesen.

Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass es nicht lebensnah sei, Sträucher und Bäume mit einem Durchmesser von bis zu 20 cm so zu fällen, dass diese auf ein Dach fallen, auf dem eine neue Photovoltaikanlage montiert sei. Ebenso widerspreche es der Lebenserfahrung, dass der Kläger Geäst, das er vom Dach des Schuppens herunterzog, auf der anderen Seite des Schuppens lagerte. Widersprüchlich sei, dass der Kläger im Fragebogen vom 27.10.2008 angegeben habe, dass die Arbeiten wegen Gefahr im Verzug dringlich gewesen seien, weil bei Regen Dachrinnen und Fallrohr hätten verstopfen können, aber die Zeugin F. nicht mehr sagen konnte, wer die Dachrinne nach dem Unfall gereinigt hatte.

Der Kläger hat entgegnet, die Stämme und das Geäst seien später von Verwandten des Klägers, und C., weggeräumt und verarbeitet worden. Hierzu benenne er beide als Zeugen. Der Kläger sei am Abend vor dem Unfall spät nach Hause gekommen und habe nicht mehr mit seiner Verlobten gesprochen.

Die Beklagte hat als widersprüchlich gerügt, dass der Kläger mit Schriftsatz vom 12.03.2012 behauptet, am Vorabend nicht mit der Zeugin F. gesprochen zu haben, während diese am 11.01.2012 ausgesagt habe, der Kläger habe am Vorabend angekündigt, dass er die Äste vom Dach herunterholen wolle.

Auf Anforderung des Gerichts hat der Kläger die Berechnung des Gewinns aus dem Betrieb der Photovoltaikanlage für die Jahre 2008 und 2009 vorgelegt. Im Jahr 2008 sei abzüglich der Ausgaben, insbesondere der Abschreibungen, im Zeitraum vom 15.09.2008 bis zum 31.12.2008 ein Verlust von 2.075,89 EUR und im Jahr 2009 ein Gewinn von 817,04 EUR erzielt worden. Diese Einnahmen liefen auf seinen Namen und würden von ihm versteuert. Er habe die Anlage auch allein finanziert. Dagegen laufe der forstwirtschaftliche Betrieb auf den Namen seiner Mutter, die jedoch seit 2003 keine Einnahmen mehr erziele. In Zukunft seien aber wieder Einnahmen zu erwarten, da der vor ca. 20 Jahren gepflanzte Wald allmählich Holz liefern werde, das man verkaufen könne.

In der mündlichen Verhandlung vom 12.06.2013 hat der Senat den Kläger sowie die Zeugen und C. vernommen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vom 12.06.2013 auf Frage des Gerichts den Unfallhergang dahingehend präzisiert, dass er nicht - wie im Polizeibericht vermutet - mit der Leiter nach hinten gekippt und auf die Dachkante seines Wohnhauses aufgeschlagen sei, sondern dass die Leiter eher seitlich und dann nach hinten weggerutscht sei, als er sich oben auf der Leiter stehend etwas zu weit zur Seite gelehnt habe, um das Fallrohr von Ästen zu befreien. Er sei dann mit dem Rücken auf die Leiter gefallen, und zwar so, dass der gebrochene Lendenwirbelkörper genau auf die zweite Sprosse von unten getroffen sei, bei der man auf den Fotos auch einen leichten Knick erkennen könne. Die Leiter sei nicht so liegen geblieben, wie auf den Polizeifotos dargestellt, vielmehr müsse sie jemand von den Helfern gegen die Dachkante des gegenüberliegenden Wohnhauses gelehnt haben. Der Unfall sei auch nicht genau dort passiert, wo die Leiter auf den Polizeifotos stehe, sondern auf der Höhe des Fallrohres der Dachrinne. Er habe sich von Osten nach Westen bei der Reinigung des Daches vorgearbeitet. Er sei bei der Arbeit immer oben auf der Leiter gestanden. Er habe die Photovoltaikanlage und die Dachrinne von Laub und Stecken gereinigt und das enfernte Material beim Verrücken der Leiter sofort nach unten und dann auf einen Haufen westlich des Schuppens gebracht. Er sei ein sorgfältiger Arbeiter und räume immer alles sofort auf. Die Stecken und Äste habe er auch immer sofort kleingeschnitten. Die Polizeifotos seien in östliche und nicht in westliche Richtung aufgenommen worden, deshalb sehe man die Stelle nicht, wo er im Westen das Material abgelegt habe. Wo der Besen gestanden habe, könne er nicht mehr sagen. Es sei auch möglich, dass noch Äste herumgelegen und von jemand weggeräumt worden seien. Er könne sich erinnern, dass bei seiner Rettung jemand über einen Ast gestolpert sei. Die Photovoltaikanlage habe er nicht selbst installiert, sondern von einem Unternehmen installieren lassen. Der jährliche Gewinn aus dem Betrieb der Photovoltaikanlage liege inzwischen etwas höher als noch 2008 und 2009, nämlich zwischen 1.500 und 2.000 EUR.

Der Zeuge C. hat ausgesagt, dass er ein entfernter Verwandter des Klägers sei. Er habe den Kläger zusammen mit seinem Sohn, dem Zeugen C., über Silvester 2008/09 besucht. Zweck des Besuchs sei gewesen, dem Kläger eine Rampe zu bauen. Gleichzeitig habe man festgestellt, dass Holz herumliege, das geschnitten und ordentlich gelagert gehörte, um nicht zu verderben. Sehr viel Holz sei östlich des Schuppens und etwas weniger westlich gelegen, und einige Stangen auch zwischen dem Schuppen und dem Wohnhaus des Klägers. Das Holz westlich des Schuppens sei etwas jünger gewesen. Die eigentlichen Holzarbeiten habe man im Juni oder Juli 2009 vorgenommen, das Holz westlich des Schuppens sei damals weniger als ein Jahr alt gewesen.

Der Zeuge C. konnte sich an Holz westlich des Schuppens nicht erinnern, sondern an das Holz zwischen dem Schuppen und dem Wohnhaus der Mutter des Klägers und einige Stämme nördlich des Schuppens. Er habe sich am Silvester 2008/09 hauptsächlich mit dem Aufbau der Rampe und nicht mit dem Holz beschäftigt. Außerdem sei er in Begleitung seiner Freundin gewesen.

Der Kläger hat hierzu erklärt, dass an Silvester 2008/09 das westlich des Schuppens lagernde Holz von Schnee bedeckt war.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 05.04.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 12.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2009 aufzuheben und festzustellen, dass der Unfall vom 30.09.2008 ein landwirtschaftlicher Arbeitsunfall war.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogene Akte der Beklagten verwiesen.



Entscheidungsgründe:


Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Die Berufung bedarf gemäß § 144 SGG keiner Zulassung.

Die Berufung ist auch begründet. Zu Unrecht hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage gegen die ablehnenden Bescheide mit dem Ziel der Feststellung des Arbeitsunfalls ist zulässig und begründet. Die Statthaftigkeit als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage ergibt sich aus § 54 Abs. 1 Satz 1 und § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG (BSGE 108, 274, Rdnr. 12 bei Juris). Die Klage ist begründet, weil der Unfall des Klägers vom 30.09.2008 einen Arbeitsunfall im Sinne des § 8 SGB VII darstellte. Anspruchsgrundlage des hierauf gerichteten Feststellungsanspruchs ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts § 102 SGB VII (BSGE 108, 274, Rdnr. 15 bei Juris).

Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Als der Kläger am 30.09.2008 von der an die Dachrinne des Geräteschuppens gelehnten Leiter fiel, übte er eine gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b SGB VII versicherte Tätigkeit aus. Nach dieser Vorschrift sind in landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehende Familienangehörige kraft Gesetzes versichert, wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist. Der Kläger ging im Zeitpunkt seines Unfalls jedenfalls einer sog. gemischten Tätigkeit nach: Auf der Leiter stehend, die er schrittweise von Osten nach Westen weiterschob, holte er auf die südliche Dachhälfte gefallene Äste, Zweige und Laub sowohl von der Photovoltaikanlage als auch aus der Dachrinne und aus dem dazu gehörigen Fallrohr.

1. Der Senat sieht es durch die umfangreiche eigene Aussage des Klägers sowie die Zeugenaussagen der Verlobten und der Mutter des Klägers als erwiesen an, dass der Kläger in der Woche bis zum 25.09.2008 verschiedene Bäume am Hang an der Nordseite des Schuppens gefällt hatte, die dann auf das Dach des Schuppens gefallen waren. Indirekt gestützt wird diese Feststellung durch den Bericht des Bereich Prävention der Beklagten vom 10.06.2010 sowie die Aussagen der Zeugen und C ... Sowohl der Kläger als auch die Zeugen, so wie sie vor dem Senat aufgetreten sind, haben auf den Senat einen glaubwürdigen Eindruck gemacht. Bei den von der früheren Berichterstatterin allein vernommenen Zeuginnen, der Verlobten und der Mutter des Klägers, ergibt sich die Glaubhaftigkeit der Aussagen aus ihrer Kohärenz mit den übrigen Feststellungen. Geringfügige Unstimmigkeiten zwischen den Aussagen beeinträchtigen nicht, sondern bestärken insgesamt betrachtet deren Glaubhaftigkeit. Sie zeigen nämlich, dass der Kläger sich mit den Zeugen nicht abgesprochen hat. Die Unstimmigkeiten betreffen Details, bei denen schwer erwartet werden kann, dass sie von einem Zeugen noch Jahre nach dem Ereignis abgerufen werden können, wenn sie nicht von vornherein für den Zeugen als rechtlich relevant erkennbar waren. In diesem Zusammenhang ist insbesondere die von der Beklagten gerügte Unstimmigkeit zu sehen, dass die Verlobte des Klägers ausgesagt habe, dieser habe am Abend vor dem Unfall angekündigt habe, am nächsten Tag die Dachrinne zu reinigen, währen in einem klägerischen Schriftsatz davon die Rede war, dass der Kläger am Vorabend mit seiner Verlobten nicht mehr gesprochen habe. Ebensowenig widerlegt die Aussage des Zeugen C., er habe an Silvester 2008/09 westlich des Schuppens keine Baumstämme liegen sehen, nicht die Aussage des Klägers, er habe die am Unfalltag vom Dach geholten Stämme und Zweige westlich des Schuppens gelagert, wo sie bis zum Abtransport im folgenden Sommer durch den Zeugen C. liegen geblieben seien, was auch der Zeuge C. bestätigt hat. Denn der Zeuge C. war nach der übereinstimmenden Aussage des Klägers und der Zeugen und C. mit dem Aufräumen des Holzes an Silvester 2008/09 nicht befasst, sondern widmete sich in erster Linie dem Bau der Rampe. Bedenkt man zudem, dass die Holzstämme westlich des Schuppens - die ja auch von wesentlich geringerem Umfang als das Holz östlich des Schuppens waren - von Schnee bedeckt waren, erscheint es nachvollziehbar, dass sich der Zeuge an dieses Holz nicht mehr erinnern kann, zumal die einzelne Verteilung des herumliegenden Holzes für ihn damals von keiner Relevanz war. Im Gegenteil, zeigt diese an sich für den Kläger belastende Aussage eindrucksvoll, dass Absprachen zwischen Kläger und Zeugen nicht bestanden. Andernfalls hätte der Zeuge S. nämlich gewusst, dass er vor allem auf den Holzstapel westlich des Schuppens hätte hinweisen müssen, um die Argumentation des Klägers, er habe alles Holz nach Westen gebracht, wo es von den Polizeifotos nicht erfasst werden konnte, zu stützen. Insgesamt wirkten die Aussagen der Zeugen und C. etwas ungeschliffen und gerade dadurch authentisch, ebenso wie auch die Aussagen des Klägers selbst. Glaubhaft war sogar die auf Nachfragen des Gerichts bekräftigte Aussage sowohl des Zeugen als auch des Zeugen C., dass man an Silvester 2008/09 über die Details des Unfalls nicht gesprochen habe. Es ist nachvollziehbar, dass die Zeugen ihr Mitgefühl durch tatkräftige Hilfe in Form von schwerer und technisch anspruchsvoller Arbeit (Bau der Rampe, Aufarbeiten des Holzes) zeigten, aber - nicht aus Desinteresse, sondern einem von ihnen so verstandenen Taktgefühl - den Kläger nicht mit Gesprächen über Einzelheiten des Unfalls aufwühlen wollten, ganz davon abgesehen, dass die jetzt für die Entscheidung erhebliche Detailfrage, ob der Kläger neben der Photovoltaikanlage auch die Dachrinne reinigen wollte, aus damaliger Sicht für die Zeugen ohne jede Bedeutung war.

2. Auch unter Würdigung der sehr sorgfältigen Begründung des erstinstanzlichen Urteils sind die darin aufgeführten Gründe nach der umfangreichen neuen Beweisaufnahme nicht in der Lage, die Überzeugung des Senats, dass der Kläger neben der Photovoltaikanlage auch die Dachrinne und das Fallrohr des Schuppens gereinigt hat, zu erschüttern.

a. Die Aussagen des Klägers gegenüber dem Notarzt sowie gegenüber dem Oberarzt des Kreiskrankenhauses T. stehen zu den Feststellungen des Senats nicht in Widerspruch. Soweit der Kläger gegenüber dem Oberarzt des Kreiskrankenhauses Dr. H. die Aussage getroffen hat, dass der Unfall beim Reinigen einer Photovoltaikanlage geschehen sei, steht diese Aussage in vollem Einklang mit den hiesigen Feststellungen. Denn der Kläger hat ja unbestritten die Äste und Zweige auch von der Photovoltaikanlage entfernt. Dadurch stützt diese Aussage die Version des Klägers sogar. Lebensfremd wäre nämlich die Vorstellung, dass der Kläger die Zweige nur von der Photovoltaikanlage, aber nicht gleichzeitig aus der Dachrinne und dem Fallrohr entfernt hätte, wenn er ohnehin auf der Leiter arbeitete, die an der Dachrinne lehnte.

Lediglich die angeblich vom Kläger gegenüber dem Notarzt gemachte Aussage, der Unfall sei "bei der Installation oder so was Ähnlichem einer Photovoltaikanlage" geschehen, würde die Darstellung des Klägers, er habe auch die Dachrinne und das Fallrohr reinigen wollen, ausschließen. Dass sich der Kläger in dieser Weise gegenüber dem Notarzt geäußert hat, ist aber völlig unsicher. Es liegt keine belastbare Zeugenaussage hierüber vor. Lediglich indirekt will der diensthabende Arzt der Notaufnahme des Krankenhauses T. vom Notarzt bei der Übergabe des Patienten von dieser angeblichen Aussage erfahren haben. Es handelte sich um eine lebensbedrohliche Situation, in der man sich mit solchen Einzelheiten nicht aufhalten konnte. Bereits die Formulierung "oder so was Ähnlichem" macht deutlich, dass der Kläger allenfalls sicher die Photovoltaikanlage erwähnte, dass es sich aber bei der "Installation" genauso um einen Zusatz handeln könnte, der einer naheliegenden Assoziation Notarztes oder des Dr. G. entsprungen war. Der Kläger hat nämlich nachgewiesen, dass die Anlage bereits am 15.09.2008 am Netz war. Er hat weiter erklärt, dass er die Anlage gar nicht selbst installiert hat. Alle Vermutungen, dass der Kläger eine Reparatur der Photovoltaikanlage vornehmen wollte, sind rein spekulativ und können durch nichts belegt werden.

Keinen entscheidenden Beweiswert misst der Senat der Aussage im Bericht der Polizeiinspektion B. zu, wonach die polizeilichen Ermittlungen am Unfallort ergeben hätten, dass der Kläger über eine Leiter auf das Schuppendach habe steigen wollen, um nach einer dort montierten Photovoltaikanlage zu schauen. Denn diese polizeilichen Ermittlungen sind insgesamt von solchen Mängeln geprägt, dass auch der Aussage bezüglich des Unfallanlasses kein Glauben zu schenken ist. So ist die Feststellung der Polizei zum Unfallhergang, die Leiter sei nach hinten gekippt, und der Kläger sei vermutlich mit dem Rücken auf die gegenüberliegende Dachkante gefallen, nachweislich falsch. Der Polizeibeamte, der erst um 10.20 Uhr an die Unfallstelle gekommen war, also eine Stunde, nachdem der Kläger von seiner Mutter aufgefunden worden war, hatte die Leiter gegen die gegenüberliegende Dachkante gelehnt vorgefunden und war davon ausgegangen, dass sie so nach hinten gefallen war. Auch die angefertigten Fotografien legen dies nahe. Der Polizeibeamte hat offenbar keine umfassenden Ermittlungen bezüglich des Unfallhergangs angestellt und unkritisch die vorgefundene Situation als mit der Unfallsituation identisch angesehen. Der Polizeibericht in Verbindung mit den beigefügten Fotos erweckte den Eindruck, als sei der Unfall an der Stelle geschehen, wo die Leiter lehnte, also etwa in der Mitte der Dachrinne und nicht an ihrem westlichen Ende, wo sich auch das Fallrohr befand. Dieser Eindruck wurde verstärkt durch die Großaufnahme der Leiter an der Stelle, an der sie auf der Dachkante auflag und auf der noch dazu rote Flecken zu sehen waren, die auf dem Foto wie Blut aussahen, in Wirklichkeit jedoch Farbflecken waren. Der Polizeibeamte hat als Unfallzeitpunkt 10.15 Uhr angegeben, also den Zeitpunkt, zu dem der Notruf der Mutter bei ihm eingegangen war, und explizit den Inhalt des Anrufs so wiedergegeben, dass die Mutter des Klägers mitgeteilt habe, dass dieser "soeben" vom Dach gestürzt sei, während der Unfall in Wirklichkeit bereits zwei Stunden früher passiert war. Insgesamt wurde von dem für die Staatsanwaltschaft bestimmten Polizeibericht ein völlig falsches Bild von dem Unfallhergang vermittelt. Das SG hat versucht, durch konkrete Fragen weitere Detailangaben von der Polizei zu erhalten, die jedoch durch den Hinweis, dass über den Bericht hinaus keine Angaben gemacht werden könnten, abgewehrt wurden. Angesichts dieser im Verhältnis zur Schwere des Unfalls völlig unzureichenden Ermittlungsqualität der Polizei kann auch der Feststellung des Polizeibeamten, der Kläger habe vermutlich nach der Photovoltaikanlage schauen wollen, kein Beweiswert zugemessen werden, der die Aussage des Klägers entkräften könnte.

Soweit sich die Beklagte und auch das angefochtene Urteil auf einen angeblichen Erfahrungssatz berufen, dass Erstaussagen nach dem Unfall ein höherer Beweiswert zukomme als späteren Aussagen, ist festzuhalten, dass dieser Erfahrungssatz von der Überlegung ausgeht, dass Erstaussagen spontan und deshalb frei von taktischen Überlegungen erfolgen, während spätere Aussagen oft von taktischen Überlegen geprägt sind, bedingt durch die im Laufe des Verfahrens erworbene Kenntnis von den Umständen, auf die es in rechtlicher Hinsicht ankommt, um ein für den Kläger günstiges Ergebnis zu erreichen. In diesem Sinne sind jedoch auch die Unfallmeldung der Mutter des Klägers vom 09.10.2008 und die ausführliche Unfallschilderung durch den Kläger in dessen Schreiben vom 15.10.2008 noch als "Erstaussagen" zu werten, denn beide erfolgten angesichts der Tatsache, dass der schwerstverletzte Kläger im Krankenhaus und dort zunächst in der Intensivstation lag, immer noch sehr zeitnah und enthielten bereits die vollständige und widerspruchsfreie Darstellung des Klägers hinsichtlich der Beseitigung von Laub und Geäst auf dem Dach des Schuppens unter anderem aus der Regenrinne und dem Auslauftrichter des Fallrohres.

b. Dass die Meldung des Unfalls bei der Beklagten erst später als die Meldung zur privaten Unfallversicherung erfolgte, kann nicht als Indiz gegen den oben festgestellten Sachverhalt gewertet werden. Die Meldung an die gesetzliche Unfallversicherung erfolgte durch die Mutter des Klägers bereits am 09.10.2008, also noch während des Klinikaufenthalts des Klägers und nur neun Tage nach dem Unfall. Dass bereits wenige Tage zuvor eine Meldung an die private Unfallversicherung erfolgt war, stellte ein normales und vernünftiges Verhalten dar. Welche Versicherung zuständig sein würde, war weder für den Kläger noch für seine Mutter vorhersehbar. Es entsprach ihren Obliegenheiten, möglichst frühzeitig den Unfall allen in Betracht kommenden Versicherungsträgern anzuzeigen. Hieraus ein Argument gegen den Kläger abzuleiten, ist wenig überzeugend. Auch das SG hat dieses Argument nur zur Abrundung seiner bereits anderweitig begründeten Zweifel benannt.

c. Damit verbleiben als einziges möglicherweise tragfähiges Argument die von der Polizei bei ihrem Eintreffen am Unfallort gemachten Fotografien, auf denen an denen weder herumliegende Äste oder Stämme noch der angeblich eingesetzte Besen zu erkennen sind. Es ist zuzugeben, dass diese Fotografien, die eine geradezu peinlich aufgeräumte Wiese zwischen Schuppen und dem gegenüber liegenden Wohnhaus des Klägers zeigen, auf den ersten Blick die Angaben des Klägers, er habe bis zu dem Unfall seit drei Stunden Dach und Dachrinne von Laub und Geäst gereinigt, in Frage stellen. Trotzdem waren auch diese Fotos nicht geeignet, die Überzeugung des Senats, dass der Kläger vor dem Unfall zumindest auch mit der Reinigung von Dachrinne und Fallrohr beschäftigt war, zu erschüttern, aufgrund folgender Überlegungen:

aa. Bei den Fotos an sich handelt es sich bereits um sehr trügerische Beweisstücke. Deutlich wird dies vor allem an der Argumentation des SG, man hätte nach einer dreistündigen Arbeit in dem nassen, aufgeweichten Boden auch Spuren von dieser Arbeit im Gras erkennen müssen. Dieses Argument relativiert sich sehr schnell, wenn man bedenkt, dass auch von dem Sturz (bedingt durch seitliches Einsinken der Leiter in den aufgeweichten Boden), von den Bewegungen des eine Stunde verletzt am Boden liegenden Klägers, der sich Richtung Osten robbte, und von den Rettern, die sich alle auf dem schmalen Grasstreifen zwischen Schuppen und Wohnhaus des Klägers bewegten, keine einzige Spur auf dem Foto zu sehen ist. Offensichtlich ist es so, dass sich das nasse Gras sehr schnell wieder aufgerichtet hat. Möglicherweise tragen auch Blickrichtung und Lichtverhältnisse zu Täuschungen bei. Allein dieses Beispiel zeigt, dass Fotos die Wirklichkeit sehr ungenau darstellen und nicht immer einen persönlichen Eindruck vor Ort ersetzen können, besonders wenn sie nicht von vornherein zu den Zwecken aufgenommen wurden, zu denen sie später ausgewertet werden.

bb. Es wurde kein einziges Foto in Richtung nach Westen aufgenommen, wo man nach Angaben des Klägers die Stelle gesehen hätte, wo er das vom Dach entfernte Material gelagert hatte. Dies hängt zusammen mit der - bereits dargestellten - mangelhaften Qualität der polizeilichen Ermittlungen, die die Brauchbarkeit des gesamten Ermittlungsmaterials der Polizei in Frage stellt.

cc. Grundsätzlich erscheint die Darstellung des Klägers, dass er das vom Dach entfernte Material vor jedem Verschieben der Leiter an die Ablegestelle im Westen des Schuppens gebracht habe und dass er ein sehr sorgfältiger Arbeiter sei, der sofort immer alles Material aufräume und nichts auf dem Boden liegen lasse, glaubhaft. Seine Aussage, er habe an der Stelle im Westen des Schuppens die Stämme auch sofort entastet, wird gestützt durch die Aussage des Zeugen C., dass die an Silvester 2008/09 von ihm an dieser Stelle vorgefundenen Stämme bereits entastet waren. Dass der Kläger sämtliche vom Dach geholten Stämme und Äste jeweils sofort nach Westen verbracht und dort bereits entastet hat, erklärt auch die lange Arbeitsdauer von drei Stunden für die Reinigung des gesamten Daches.
Zum Argument des SG, jedenfalls die unmittelbar vor dem Sturz vom Dach oder aus der Dachrinne geholten Zweige und Stecken hätten am Boden zu sehen sein müssen, ist zu sagen, dass es erstens möglich ist, dass der Kläger unmittelbar vor dem Sturz erst die Leiter weitergerückt hatte und auf die Leiter gestiegen war, aber noch kein Material nach unten geworfen hatte. Der Kläger kann sich diesbezüglich an keine Details mehr erinnern, ebenso wenig wie er sagen kann, wo der Besen zu diesem Zeitpunkt stand. Dies ist angesichts seines nachfolgenden Schockzustands nachvollziehbar. Dass der Kläger seine Unfähigkeit, hierzu etwas zu sagen, offen zugibt und sich keine Geschichte "zusammenreimt", spricht insgesamt für seine Glaubwürdigkeit. Im Übrigen haben sowohl die Verlobte als auch die Mutter des Klägers ausgesagt, sie hätten an der Unfallstelle einzelne Stecken vorgefunden. Die Verlobte hat ausgesagt, diese weggeräumt zu haben. Auch wenn es zunächst unwahrscheinlich klingt, dass unmittelbar nach einem solchen Unfall Stecken aufgeräumt werden, wird eine solche Annahme plausibler, wenn man die Aussage des Klägers berücksichtigt, er könne sich erinnern, bei der Rettung gehört zu haben, dass jemand über einen Stecken oder Ast gestolpert sei. Es erscheint deshalb durchaus möglich, dass dies dazu führte, dass jemand die Stecken von der Unfallstelle entfernte, ebenso wie die herumliegende Leiter an die Dachkante des gegenüberliegenden Wohnhauses gelehnt wurde. Es ist zu berücksichtigen, dass die Polizeiaufnahmen erst eine Stunde später gemacht wurden, nachdem der Kläger von seiner Mutter aufgefunden worden war. Der Rettungshubschrauber war auch schon vor der Polizei eingetroffen.

Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass die von der Polizei bei ihrem Eintreffen am Unfallort gemachten Fotos zwar Anlass zu gewichtigen Fragen bezüglich des Unfallhergangs geben, jedoch keinesfalls den vom Kläger geschilderten Hergang ausschließen. Bei der Beweiswürdigung ist zu Lasten der Beklagten zu berücksichtigen, dass diese bis zum 19.05.2010 - also über eineinhalb Jahre später - den Unfallort nicht besichtigt hat. Zwar war es ihr nicht möglich, unmittelbar nach dem Unfall an der Unfallstelle zu sein, weil die Meldung der Mutter erst am 09.10.2008 erging. Auch hat die Beklagte die unzureichenden polizeilichen Ermittlungen nicht zu vertreten. Jedoch hätte die Beklagte bereits im Oktober 2008 Anlass gehabt, die Unfallstelle zu besichtigen, weil von Anfang an ein Streit um die Frage, welchen Zwecken die Tätigkeit unmittelbar vor dem Unfall diente, bestand. Eine unverzügliche Ortsbesichtigung war auch deshalb geboten, weil es sich um keinen Bagatellunfall, sondern um einen Unfall mit schwersten Folgen bei einem Menschen mittleren Lebensalters und damit auch langfristigen finanziellen Folgen handelte. Es wäre angesichts des noch vorhandenen frisch geschnittenen Materials zum damaligen Zeitpunkt noch wesentlich leichter gewesen, den Unfallhergang zu rekonstruieren als eineinhalb Jahre später. Dieses Ermittlungsdefizit, das nicht mehr nachzuholen ist, hat die Beklagte zu vertreten, und ist mit ein Grund, warum die ohnehin vagen Zweifel, die die polizeilichen Aufnahmen an der Darstellung des Klägers begründen, die aus den Aussagen des Klägers und der Zeugen gewonnene Überzeugung des Senats bezüglich der im Zeitpunkt des Unfalls vorgenommenen Tätigkeit nicht erschüttern.

Der Kläger übte also im Zeitpunkt des Unfalls insoweit eine versicherte Tätigkeit aus, als er die Dachrinne und deren Fallrohr von Laub und Geäst reinigen wollte, was erforderlich war, um die Funktionsfähigkeit des Geräteschuppens, der forstwirtschaftlichen Zwecken diente, zu erhalten. Ob die Grundfläche, auf der sich der Schuppen befand, bei der Beitragsberechnung berücksichtigt wurde, spielt für die Frage des Versicherungsschutzes, der gemäß § 2 SGB VII kraft Gesetzes eintritt, keine Rolle.

Die gleichzeitig vorgenommene Reinigung der Photovoltaikanlage stellte dagegen keine versicherte Tätigkeit dar. Vielmehr wurde insoweit der Kläger selbst unternehmerisch tätig und hatte hierzu weder bei der hierfür zuständigen BG ETEM eine freiwillige Versicherung abgeschlossen, noch bestand diesbezüglich bei der BG ETEM eine Pflichtversicherung kraft Satzung. Auch wird der Betrieb der Photovoltaikanlage auf dem Dach des Geräteschuppens nicht vom Versicherungsschutz der landwirtschaftlichen Unfallversicherung umfasst, weil die Photovoltaikanlage nicht als deren Nebenunternehmen im Sinne des
§ 131 SGB VII angesehen werden kann. Nach der seit dem 11.08.2010 geltenden Fassung des § 131 Abs. 1 Satz 1 SGB VII scheitert dessen Anwendbarkeit schon daran, dass das landwirtschaftliche Unternehmen von der Mutter des Klägers und die Photovoltaikanlage vom Kläger selbst betrieben werden und deshalb die möglicherweise verbundenen Unternehmen nicht demselben Rechtsträger angehören. Nach der im Zeitpunkt der Unfalls geltenden Fassung des § 131 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ergangenen Rechtsprechung war zwar eine rechtliche Identität in der Person des Unternehmers nicht Voraussetzung für die Bejahung eines Gesamtunternehmens im Sinne des 131 SGB VII (BSG, SozR 4-2700 § 136 Nr. 5 Ls. 2 und Rdnr. 38 bei Juris), jedoch mussten die Betriebsteile einer einheitlichen Leitung unterstehen und der Verfügungsgewalt desselben Unternehmers unterliegen (BSG, aaO. Rdnr. 37 f. bei Juris). Eine solche einheitliche Leitung und Verfügungsgewalt desselben Unternehmers trotz nicht bestehender rechtlicher Identität hat das BSG bejaht im Falle einer AG als Hauptunternehmerin und einer GmbH & Co. KG als Nebenunternehmerin, in dem die AG sowohl einzige Gesellschafterin der Komplementär-GmbH der KG als auch einzige Kommanditistin der KG war. Eine solche Verflechtung liegt aber zwischen dem Kläger und seiner Mutter nicht vor, vielmehr sind beide rechtlich voneinander unabhängige Unternehmer, insbesondere ist die Mutter am Betrieb der Photovoltaikanlagen nicht finanziell beteiligt. Weiter fehlt es an dem wirtschaftlichen und betriebstechnischen Zusammenhang, der erforderlich ist, um mehrere Unternehmen zu einem Gesamtunternehmen im Sinne des § 131 SGB VII zu verbinden (BSG, Urteil vom 07.11.2000 Az. B 2 U 42/99 R, Rdnr. 23 bei Juris und BSG, SozR 4-2700 § 136 Nr. 5, Rdnr. 37 bei Juris): Wirtschaftlich waren die Unternehmen unabhängig voneinander, und die einzige betriebstechnische Begründung bestand darin, dass ein Teil der Solarzellen auf Betriebsgebäuden des Forstbetriebs angebracht war. Dieser betriebstechnische Zusammenhang war aber zu gering, um ein Gesamtunternehmen zu begründen. Der Fall ist auch nicht vergleichbar mit dem vom BSG entschiedenen Fall einer Pferdepension, die das BSG als Nebenunternehmen zu einem landwirtschaftlichen Betrieb angesehen hat, und in dem die Weiden und Stallungen des landwirtschaftlichen Betriebs für die Pferde zur Verfügung standen und das Futter der Pferde weitgehend aus der Landwirtschaft gewonnen wurde (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2000 Az. B 2 U 42/99 R). Offenbleiben kann die Frage, ob in dem Fall, dass man die Photovoltaikanlage und die Landwirtschaft als Gesamtunternehmen betrachten würde, überhaupt die Landwirtschaft das Haupt- und die Photovoltaikanlage das Nebenunternehmen darstellen würde und nicht umgekehrt (wobei der umgekehrte Fall bedeuten würde, dass weder für den Betrieb der Photovoltaikanlage noch für den Betrieb der Landwirtschaft Versicherungsschutz bestehen würde): Zweifel bestehen diesbezüglich nämlich deshalb, weil die Photovoltaikanlage seit ihrer Inbetriebnahme im Jahr 2008 Gewinne erwirtschaftete - wenn auch nur in einer Größenordnung von 800 EUR im Jahr 2009 bis inzwischen knapp 2.000 EUR jährlich - während das landwirtschaftliche Unternehmen seit 2003 überhaupt keinen Gewinn mehr erwirtschaftet hat, weil kein Holz aus dem Wald mehr verkauft wurde.

Das BSG hat erstmals im Urteil vom 12.05.2009 (B 2 U 12/08 R), weiterentwickelt in seinem Urteil vom 09.11.2010 (Az. B 2 U 14/10 R - SozR 4-2700 3 8 Nr. 39 Rdrn. 22 f.), unterschieden zwischen
- einer gemischten Tätigkeit, die zumindest zwei gleichzeitig ausgeübte untrennbare Verrichtungen voraussetzt, von denen (wenigstens) eine im sachliche Zusammenhang mit einer versicherten Tätigkeit steht; eine Verrichtung ist nur ein konkretes, als auch räumlich und zeitlich bestimmtes Verhalten, das seiner Art nach von Dritten beobachtbar ist; und
- einer Verrichtung mit gespaltener Handlungstendenz bzw. mit gemischter Motivationslage, wenn jemand mit ein und derselben Verrichtung sowohl betriebliche als auch eigenwirtschaftliche oder private Zwecke verfolgt.
Konkret hat das BSG in dem Urteil vom 09.11.2010 eine Motorradfahrt, die sowohl betrieblichen als auch privaten Zwecken diente, als Verrichtung mit gespaltener Handlungstendenz und nicht als gemischte Tätigkeit beurteilt, weil das Motorradfahren aus Sicht eines einheitlichen Beobachters eine einzige einheitliche Verrichtung sei, selbst wenn sie unterschiedlichen Zwecken diene. Es könne nicht zwischen den Verrichtungen "Fahrt" und "Motorrad" unterschieden werden, weil eine "Fahrt" ohne Verkehrsmittel nicht möglich sei.

Der Kläger befand sich auf der Leiter, weil er Laub und Geäst von dem Dach und zugleich von der Photovoltaikanlage und außerdem aus der Dachrinne und dem Fallrohr beseitigen wollte. Während das Entfernen von Ästen und Laub von Dach, Dachrinne und Fallrohr eine versicherte landwirtschaftliche Verrichtung ist, ist das Entfernen von Laub und Geäst von der Photovoltaikanlage eine nicht versicherte Verrichtung.
Dabei handelt es sich um eine gemischte Tätigkeit. Denn aus Sicht eines objektiven Beobachters handelt es sich um zwei voneinander zu unterscheidende Verrichtungen, da es zwar nicht sinnvoll, aber möglich gewesen wäre, die Photovoltaikanlage ohne die Dachrinne bzw. das Fallrohr zu reinigen und umgekehrt. Somit lagen zwei gleichzeitig ausgeübte verschiedene Verrichtungen vor. Das BSG hat im Urteil vom 12.05.2009 (B 2 U 12/08 R - Jurist Rdnr. 16) dargelegt, dass sowohl im Fall einer gemischten Tätigkeit als auch im Fall einer gemischten Motivationslage für die Bejahung des inneren Zusammenhangs zur versicherten Tätigkeit entscheidend ist, ob die Verrichtung hypothetisch auch dann vorgenommen worden wäre, wenn die private Motivation des Handelns entfallen wäre (vgl. BSG vom 12.05.2009 a.a.O. m.w.N.). Denn dann ist die Verrichtung wesentlich dem versicherten Unternehmen zu dienen bestimmt (vgl. dazu BSG vom 12.04.2005 - B 2 U 11/04 R). Im Urteil vom 09.11.2010 (B 2 U 14/10 R) hat das BSG das Abgrenzungskriterium für Tätigkeiten mit gemischter Motivationslage/gespaltener Handlungstendenz weiter konkretisiert. Danach steht die Verrichtung in innerem bzw. sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit, wenn die konkrete Verrichtung hypothetisch auch dann vorgenommen worden wäre, wenn die private Motivation entfallen wäre, wenn also die Verrichtung nach den objektiven Umständen in ihrer konkreten, tatsächlichen Ausgestaltung ihren Grund in der betrieblichen Handlungstendenz findet (BSG, aaO., Rdnr 24). Insoweit ist nicht auf Vermutungen über hypothetische Geschehensabläufe außerhalb der konkreten Verrichtung selbst abzustellen. Es ist zu fragen, ob die Verrichtung, so wie sie durchgeführt wurde, objektiv die versicherungsbezogene Handlungstendenz erkennen lässt (BSG, aaO.). Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass der Kläger auch dann am Unfalltag zur gleichen Zeit die versicherte Tätigkeit des Ausräumens von Ästen und Zweigen aus der Dachrinne und dem Fallrohr vorgenommen hätte, wenn er nicht gleichzeitig die Photovoltaikanlage gereinigt hätte. Der Kläger hat diesbezüglich in der mündlichen Verhandlung am 12.06.2013 angegeben, dass für ihn die Arbeiten besonders deshalb dringlich waren, weil er verhindern wollte, dass die Dachrinne oder das Fallrohr bei Regen verstopften, unter anderem wegen seines bergab angrenzenden Wohnhauses. Diese Angabe ist glaubhaft, weil der Kläger bereits in dem am 28.10.2008 bei der Beklagten eingegangenen Fragebogen die Dringlichkeit der Arbeiten mit eben diesem Argument begründet hatte. Damit steht für den Senat fest, dass der Kläger auch unabhängig von dem Vorhandensein der Photovoltaikanlage am Unfalltag etwa zur selben Zeit die Arbeiten am Dach vorgenommen hätte. Damit war die Verrichtung zum Unfallzeitpunkt mit dem Aufenthalt auf der Leiter wesentlich dem versicherten landwirtschaftlichen Unternehmen zu dienen bestimmt und stand in sachlichem bzw. innerem Zusammenhang mit einer versicherten Tätigkeit als Landwirt.

Damit erwies sich die Klage als begründet, und der Berufung des Klägers war stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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