Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 18 KR 92/13 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 250/13 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 7. August 2013 wird zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe:
Der Beschwerde vom 26. August 2013 muss Erfolg versagt bleiben.
Das Sozialgericht Cottbus hat dem Eilantrag zu Recht stattgegeben. Der Senat verweist zum Sachverhalt sowie zur Rechtslage zur Vermeidung bloßer Wiederholungen auf die zutreffende Begründung im genannten Beschluss und macht sich diese zu Eigen (§ 142 Abs. 2 S. 3 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Das Beschwerdevorbringen gibt zu einer anderen rechtlichen Bewertung keinen Anlass:
Gemäß § 86 b Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (sog. Regelungsanordnung). Hierfür sind grundsätzlich das Bestehen eines Anordnungsanspruches und das Vorliegen eines Anordnungsgrundes erforderlich. Der Anordnungsanspruch bezieht sich dabei auf den geltend gemachten materiellen Anspruch, für den vorläufiger Rechtschutz begehrt wird, die erforderliche Dringlichkeit betrifft den Anordnungsgrund. Die Tatsachen, die den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch begründen sollen, sind darzulegen und glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 S. 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Entscheidungen dürfen dabei grundsätzlich sowohl auf eine Folgenabwägung als auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden. Drohen ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, dürfen sich die Gerichte nur an den Erfolgsaussichten orientieren, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist. Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (ständige Rechtsprechung des Senats, siehe auch Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 596/05 -).
Hier ist nach der im Eilverfahren alleine möglichen und gebotenen summarischen Prüfung von einem Anordnungsanspruch auszugehen. Es ist hinreichend wahrscheinlich, dass der Antragsteller mit seinem Begehren in der Hauptsache auf Versorgung mit orthopädischen Maßschuhen (Straßenschuh) Erfolg haben wird: Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Dabei besteht ein Anspruch auf Versorgung im Hinblick auf die "Erforderlichkeit im Einzelfall" nur, soweit das begehrte Hilfsmittel geeignet, ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich ist und das Maß des notwendigen nicht überschreitet; darüber hinausgehende Leistungen darf die Krankenkasse gemäß § 12 Abs. 1 SGB V nicht bewilligen. Die begehrten speziellen Schuhe sind im Hilfmittelverzeichnis gelistet. Auch eine der dort aufgeführten Indikationen ("Nach dem derzeitigen medizinisch/wissenschaftlichen Kenntnisstand sind orthopädische Maßschuhe in Verbindung von Form- oder Funktionsveränderungen mit folgenden Krankheitsbildern indiziert", vgl. https://hilfsmittel.gkv-spitzenverband.de /produktgruppeAnzeigen input.action?gruppeId=31), nämlich die Nr. 9 (Ausgeprägte angeborene oder erworbene Veränderungen des Fußes [auch der Zehen], bei denen aufgrund der Breite oder der Höhe des Fußes eine anderweitige Versorgung nicht mehr möglich ist) ist wohl gegeben. Die verordnende Behandlerin Vattestiert, dass der Antragsteller seit längerem unter Mal perforans (diabetisches Fußsyndrom) leidet mit Verdacht auf eine Osteolyse (Knochenabbau). Die Versorgung mit (Konfektions-)Schutzschuhen samt diabetischer Fußbettung habe - so die Behandlerin - das rezidierende Mal perforans nicht verhindert, so dass nunmehr Maßschuhe erforderlich seien. Überdies ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) weder die vertragsärztliche Verordnung (§ 73 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 SGB V) des begehrten Hilfsmittels noch dessen Listung im Hilfsmittelverzeichnis der GKV (§ 139 SGB V) verbindlich für die Leistungspflicht der Krankenkasse (zuletzt BSG, Urteil v. 15. März 2012 - B 3 KR 2/11 R Rdnr. 14 mit Bezug auf Urt. 18. Mai 2011 - B 3 KR 12/10 R - Rdnr 8 m. w. N.).
Die attestierte Notwendigkeit der Maßschuhe ist auch nicht hinreichend durch die sozialmedizinischen Gutachten des Medizinischen Diensts der Krankenkassen Berlin-Brandenburg (MDK) widerlegt. In der zeitlich jüngsten Stellungnahme vom 13. September 2013 heißt es vielmehr, es werde im vorliegenden Fall der Kasse aktuell empfohlen, zunächst ein Paar orthopädische Maßschuhe zur Verfügung zu stellen, wenngleich eine explizite Indikation hierfür weiterhin nicht eindeutig zu erkennen sei (Seite 4).
Dass diese Empfehlung nur im Hinblick auf die zwischenzeitliche gerichtliche Verpflichtung ausgesprochen sein könnte, wie die Antragsgegnerin behauptet, lässt sich dem Gutachten danach nicht entnehmen. Vielmehr heißt es dort sogar ferner, "eigentlich" müssten konfektionierte Spezialschuhe ausreichend sein. Es sollten Spezialschuhe mit größere Weite bzw. Überweiten "ausprobiert" werden. Die Beschränkung der Hilfsmittelversorgung auf das wirtschaftlich Notwendige führt jedoch nicht dazu, dass das Recht auf eine ausreichende Versorgung auf ein Recht auf eine nur möglicherweise ausreichende reduziert ist.
Zu Recht geht das SG auch von einem Anordnungsgrund aus. Gleichzeitig führte auch eine reine Folgenabwägung zum selben Ergebnis.
§ 86b Abs. 2 S. 4 SGG i. V. m. § 929 Abs. 2 ZPO steht einem Fortbestand der einstweiligen Anordnung des SG nicht entgegen. Auch wenn die dort normierte Beschränkung der Vollziehbarkeit auf den Zeitraum von einem Monat nach Zustellung nach vorherrschender Auffassung auch im SGG-Verfahren galt, setzt dies jedenfalls Vollstreckbarkeit des gerichtlichen Ausspruches voraus (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer § 86b SGG Rdnr. 46 mit Rechtsprechungsnachweisen). Daran fehlt es hier, da nur eine Kostenübernahmeverpflichtung dem Grunde nach beantragt und ausgesprochen wurde. Nur ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die Verweisung (auch) auf § 929 Abs. 2 ZPO mit Wirkung von Morgen, 25. Oktober 2013, aufgehoben sein wird (vgl. Art. 7 Nr. 8 und Art. 17 Abs. 1 des Gesetzes zur Neuorganisation der bundesunmittelbaren Unfallkassen zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und zur Änderung anderer Gesetze [BUK-Neuorganisationsgesetz - BUK-NOG] vom 19. Oktober 2013, BGBl I Nr. 63 vom heutigen Tag, S. 3836 ).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG und entspricht dem Sachergebnis.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
Der Beschwerde vom 26. August 2013 muss Erfolg versagt bleiben.
Das Sozialgericht Cottbus hat dem Eilantrag zu Recht stattgegeben. Der Senat verweist zum Sachverhalt sowie zur Rechtslage zur Vermeidung bloßer Wiederholungen auf die zutreffende Begründung im genannten Beschluss und macht sich diese zu Eigen (§ 142 Abs. 2 S. 3 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Das Beschwerdevorbringen gibt zu einer anderen rechtlichen Bewertung keinen Anlass:
Gemäß § 86 b Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (sog. Regelungsanordnung). Hierfür sind grundsätzlich das Bestehen eines Anordnungsanspruches und das Vorliegen eines Anordnungsgrundes erforderlich. Der Anordnungsanspruch bezieht sich dabei auf den geltend gemachten materiellen Anspruch, für den vorläufiger Rechtschutz begehrt wird, die erforderliche Dringlichkeit betrifft den Anordnungsgrund. Die Tatsachen, die den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch begründen sollen, sind darzulegen und glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 S. 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Entscheidungen dürfen dabei grundsätzlich sowohl auf eine Folgenabwägung als auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden. Drohen ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, dürfen sich die Gerichte nur an den Erfolgsaussichten orientieren, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist. Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (ständige Rechtsprechung des Senats, siehe auch Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 596/05 -).
Hier ist nach der im Eilverfahren alleine möglichen und gebotenen summarischen Prüfung von einem Anordnungsanspruch auszugehen. Es ist hinreichend wahrscheinlich, dass der Antragsteller mit seinem Begehren in der Hauptsache auf Versorgung mit orthopädischen Maßschuhen (Straßenschuh) Erfolg haben wird: Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Dabei besteht ein Anspruch auf Versorgung im Hinblick auf die "Erforderlichkeit im Einzelfall" nur, soweit das begehrte Hilfsmittel geeignet, ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich ist und das Maß des notwendigen nicht überschreitet; darüber hinausgehende Leistungen darf die Krankenkasse gemäß § 12 Abs. 1 SGB V nicht bewilligen. Die begehrten speziellen Schuhe sind im Hilfmittelverzeichnis gelistet. Auch eine der dort aufgeführten Indikationen ("Nach dem derzeitigen medizinisch/wissenschaftlichen Kenntnisstand sind orthopädische Maßschuhe in Verbindung von Form- oder Funktionsveränderungen mit folgenden Krankheitsbildern indiziert", vgl. https://hilfsmittel.gkv-spitzenverband.de /produktgruppeAnzeigen input.action?gruppeId=31), nämlich die Nr. 9 (Ausgeprägte angeborene oder erworbene Veränderungen des Fußes [auch der Zehen], bei denen aufgrund der Breite oder der Höhe des Fußes eine anderweitige Versorgung nicht mehr möglich ist) ist wohl gegeben. Die verordnende Behandlerin Vattestiert, dass der Antragsteller seit längerem unter Mal perforans (diabetisches Fußsyndrom) leidet mit Verdacht auf eine Osteolyse (Knochenabbau). Die Versorgung mit (Konfektions-)Schutzschuhen samt diabetischer Fußbettung habe - so die Behandlerin - das rezidierende Mal perforans nicht verhindert, so dass nunmehr Maßschuhe erforderlich seien. Überdies ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) weder die vertragsärztliche Verordnung (§ 73 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 SGB V) des begehrten Hilfsmittels noch dessen Listung im Hilfsmittelverzeichnis der GKV (§ 139 SGB V) verbindlich für die Leistungspflicht der Krankenkasse (zuletzt BSG, Urteil v. 15. März 2012 - B 3 KR 2/11 R Rdnr. 14 mit Bezug auf Urt. 18. Mai 2011 - B 3 KR 12/10 R - Rdnr 8 m. w. N.).
Die attestierte Notwendigkeit der Maßschuhe ist auch nicht hinreichend durch die sozialmedizinischen Gutachten des Medizinischen Diensts der Krankenkassen Berlin-Brandenburg (MDK) widerlegt. In der zeitlich jüngsten Stellungnahme vom 13. September 2013 heißt es vielmehr, es werde im vorliegenden Fall der Kasse aktuell empfohlen, zunächst ein Paar orthopädische Maßschuhe zur Verfügung zu stellen, wenngleich eine explizite Indikation hierfür weiterhin nicht eindeutig zu erkennen sei (Seite 4).
Dass diese Empfehlung nur im Hinblick auf die zwischenzeitliche gerichtliche Verpflichtung ausgesprochen sein könnte, wie die Antragsgegnerin behauptet, lässt sich dem Gutachten danach nicht entnehmen. Vielmehr heißt es dort sogar ferner, "eigentlich" müssten konfektionierte Spezialschuhe ausreichend sein. Es sollten Spezialschuhe mit größere Weite bzw. Überweiten "ausprobiert" werden. Die Beschränkung der Hilfsmittelversorgung auf das wirtschaftlich Notwendige führt jedoch nicht dazu, dass das Recht auf eine ausreichende Versorgung auf ein Recht auf eine nur möglicherweise ausreichende reduziert ist.
Zu Recht geht das SG auch von einem Anordnungsgrund aus. Gleichzeitig führte auch eine reine Folgenabwägung zum selben Ergebnis.
§ 86b Abs. 2 S. 4 SGG i. V. m. § 929 Abs. 2 ZPO steht einem Fortbestand der einstweiligen Anordnung des SG nicht entgegen. Auch wenn die dort normierte Beschränkung der Vollziehbarkeit auf den Zeitraum von einem Monat nach Zustellung nach vorherrschender Auffassung auch im SGG-Verfahren galt, setzt dies jedenfalls Vollstreckbarkeit des gerichtlichen Ausspruches voraus (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer § 86b SGG Rdnr. 46 mit Rechtsprechungsnachweisen). Daran fehlt es hier, da nur eine Kostenübernahmeverpflichtung dem Grunde nach beantragt und ausgesprochen wurde. Nur ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die Verweisung (auch) auf § 929 Abs. 2 ZPO mit Wirkung von Morgen, 25. Oktober 2013, aufgehoben sein wird (vgl. Art. 7 Nr. 8 und Art. 17 Abs. 1 des Gesetzes zur Neuorganisation der bundesunmittelbaren Unfallkassen zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und zur Änderung anderer Gesetze [BUK-Neuorganisationsgesetz - BUK-NOG] vom 19. Oktober 2013, BGBl I Nr. 63 vom heutigen Tag, S. 3836 ).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG und entspricht dem Sachergebnis.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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