Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 70 AL 2154/12
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AL 115/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. April 2013 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob der Klägerin ab 1. Januar 2012 (höheres) Arbeitslosengeld (Alg) für die Dauer von 360 Tagen zusteht.
Die 1964 geborene Klägerin stand bis zum 31. Dezember 2011 in einem Arbeitsverhältnis beim J - das aufgrund eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs (Arbeitsgericht Berlin - 24 Ca 17285/11 -) gegen Zahlung einer Abfindung i.H.v. 8.760,- EUR endete. Sie hatte sich im Oktober 2011 per Internet und am 4. November 2011 telefonisch bei der Beklagten Arbeit suchend gemeldet. Den Beratungstermin am 14. Dezember 2011 sagte die Beklagte ab. Am 11. Januar 2012 meldete sich die Klägerin, die in der Zeit vom 13. April 2010 bis 15. Juli 2011 Krankengeld bezogen hatte, bei der Beklagten persönlich arbeitslos.
Mit Bescheid vom 16. Januar 2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 20. Januar 2012 bewilligte die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 11. Januar 2012 bis 9. Januar 2013 Alg für 360 Tage i.H. eines Leistungsbetrages von zuletzt 38,60 EUR täglich (Bemessungsentgelt = 103,82 EUR täglich). Die Widersprüche gegen Beginn und Höhe des Alg wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 15. März 2012 zurück. Die Klägerin habe sich erst am 11. Januar 2012 persönlich arbeitslos gemeldet. Die Höhe des Alg sei zutreffend berechnet. Die Abfindung habe nicht berücksichtigt werden können. Maßgebend seien wegen des Krankengeldbezugs nur die Entgeltabrechnungszeiträume vom 16. Juli 2011 bis 31. Januar 2011 (169 Tage) im Bemessungsrahmen vom 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2011. Nach Maßgabe der Arbeitsbescheinigung vom 19. Dezember 2011 ergebe sich daher ausgehend vom erzielten Gesamtentgelt i.H.v. 17.545,05 EUR ein durchschnittliches tägliches Arbeitsentgelt i.H.v. 103,82 EUR. Ausgehend von der Lohnsteuerklasse I errechne sich unter Berücksichtigung der Sozialversicherungspauschale und der Abzüge für Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag ein tägliches Leistungsentgelt i.H.v. 64,34 EUR.
Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die auf Gewährung von (höherem) Alg bereits ab 1. Januar 2012 gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 26. April 2013). Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Mangels vorheriger persönlicher Arbeitslosmeldung, die auch nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs fingiert werden könne, komme eine Gewährung von Alg vor dem 11. Januar 2012 nicht in Betracht. Auch die Höhe des Alg habe die Beklagte zutreffend berechnet. Auf den diesbezüglichen Widerspruchsbescheid werde gemäß § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug genommen.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt vor: Aufgrund des Krankengeldbezuges sei das zuvor erzielte Monatsbruttoentgelt i.H.v. 3.503,92 EUR und auch das zuvor gezahlte Weihnachtsgeld i.H.v. 1.846,16 EUR bei der Alg-Bemessung zu berücksichtigen. Die Beklagte habe auch keine "Sperrzeit" bis zum 10. Januar 2012 verhängen dürfen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. April 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 16. Januar 2012 in der Fassung des Bescheides vom 20. Januar 2012 und in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 15. März 2012 zu verurteilen, ihr ab 1. Januar 2012 höheres Arbeitslosengeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Leistungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG die Berufung durch Beschluss zurückweisen können, weil er dieses Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).
Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Ihr steht für die Zeit vom 1. Januar 2012 bis 10. Januar 2012 kein Alg-Anspruch und für die Zeit ab 11. Januar 2012 kein höherer Alg-Anspruch als der von der Beklagten mit dem Bescheid vom 20. Januar 2012 zuletzt verlautbarte zu.
Der Klägerin steht ein Alg-Anspruch (erst) ab 11. Januar 2012 zu. Sie hat sich, was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist, erst am 11. Januar 2012 persönlich arbeitslos gemeldet (§ 118 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2, § 122 Abs. 1 SGB Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III) i.d. bis 31. März 2012 geltenden und hier anwendbaren Fassungen - a.F. -) und war ab diesem Zeitpunkt arbeitslos i.S. der §§ 118 Abs. 1 Nr. 1, 119 bis 121 SGB III a.F ... Eine persönliche Arbeitslosmeldung m.W.v. 1. Januar 2012 kann auch nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs fingiert werden. Denn dieser Herstellungsanspruch kann insoweit ungeachtet dessen, ob ein Beratungsfehler der Beklagten oder eines anderen Trägers überhaupt ersichtlich ist, nicht Platz greifen, weil es sich bei der Arbeitslosmeldung um eine - nicht im Wege der Fiktion ersetzbare - Tatsachenerklärung als Voraussetzung für einen Alg-Anspruch handelt (st Rspr des BSG, vgl. BSG SozR 4100 § 105 Nr. 2; BSG SozR 1300 § 28 Nr. 1; BSG, Urteil vom 7. Mai 2009 - B 11 AL 72/08 R - juris).
Die Klägerin hat auch die Anwartschaftszeit erfüllt (§ 118 Abs. 1 Nr3 SGB III a.F.). Maßgebend sind insoweit die §§ 123, 124 SGB III a.F ... Danach hat die Anwartschaftszeit erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat (§ 123 Satz 1 Nr. 1 SGB III a.F.), hier wegen eines Beschäftigungsverhältnisses bzw. wegen des Bezugs von Krankengeld (18./19. Februar 2010; 13. April 2010 bis 15. Juli 2011). Nach § 124 Abs. 1 SGB III a.F. beträgt die Rahmenfrist zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg; sie läuft vorliegend vom 10. Januar 2012 bis 11. Januar 2010.
Der Klägerin steht Alg ab 11. Januar 2012 nach einem täglichen Bemessungsentgelt von 103,82 EUR zu.
Die Bemessung des der Klägerin zustehenden Alg richtet sich nach § 129 SGB III in der seit 1. August 2001 bis 31. März 2012 geltenden Fassung durch das Gesetz vom 16. Februar 2001 (BGBl I 266) sowie nach §§ 130 bis 132 SGB III a.F., die durch das Gesetz vom 23. Dezember 2003 (BGBl I 2848) mit Wirkung ab 1. Januar 2005 neu gefasst worden waren. Eine Übergangsregelung im Hinblick auf die Leistungsbemessung hatte der Gesetzgeber nur getroffen, soweit es um die Neufestsetzung des Bemessungsentgelts bei vor dem 1. Januar 2005 entstandenen Ansprüchen auf Alg geht (§ 434j Abs. 5 SGB III aF). Für den am 11. Juli 2012 entstandenen Anspruch der Klägerin auf Alg spielt diese Übergangsregelung keine Rolle.
Nach § 129 Nr. 1 SGB III a.F. beträgt das Alg für Arbeitslose, die - wie die Klägerin - kein Kind i.S. des § 32 Abs 1, 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes haben, 60 % (allgemeiner Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Nach § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F. in der seit dem 1. Januar 2005 geltenden Fassung umfasst der Bemessungszeitraum die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Nach näherer Maßgabe von § 130 Abs 2 SGB III a.F. bleiben bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums bestimmte Zeiten außer Betracht. Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (§ 130 Abs. 1 Satz 2 SGB III a ...F). Der Bemessungsrahmen wird auf zwei Jahre erweitert, wenn (u.a.) der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält (§ 130 Abs. 3 Nr. 1 SGB III a.F.). Kann ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens (ebenfalls) nicht festgestellt werden, ist als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen (§ 132 Abs. 1 SGB III in der vom 1. Januar 2005 bis 31. Juli 2009 geltenden Fassung).
Vorliegend ist daher von einem Bemessungsrahmen vom 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2011 auszugehen. Das Ende des Bemessungsrahmens bildet der letzte Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (§ 130 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 SGB III a.F.), hier das Ende des Beschäftigungsverhältnisses m.W.v. 31. Dezember 2011. Die Heranziehung eines erweiterten Bemessungsrahmens kommt nicht in Betracht, weil sich auf der Grundlage des genannten Bemessungsrahmens vom 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2011 Entgeltabrechnungszeiträume für die versicherungspflichtige Beschäftigung der Klägerin vom 16. Juli 2011 bis 31. Dezember 2011 und damit ein entsprechender Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen, nämlich 169 Tagen, ergibt. Entgeltabrechnungszeiträume versicherungspflichtiger Beschäftigungen, die nach § 131 Abs. 1 i.V.m. § 130 Abs. 1 SGB III a.F. eigentlich zu berücksichtigen wären, in denen aber die in § 130 Abs. 2 SGB II a.F. aufgeführten Tatbestände verwirklicht sind, liegen bei der Klägerin in der Zeit vom 16. Juli 2011 bis 31. Dezember 2011 nicht vor. Insbesondere war die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf Grund einer Teilzeitvereinbarung nicht auf weniger als 80% der durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit einer vergleichbaren Vollzeitbeschäftigung, mindestens um fünf Stunden wöchentlich, vermindert (vgl. § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB III a.F.); die Klägerin war vielmehr im Umfang von 40 Wochenstunden vollzeitbeschäftigt. Eine Erweiterung des Bemessungsrahmens scheidet daher aus. Das von der Beklagten in dem Bescheid vom 20. Januar 2012 angesetzte Bemessungsentgelt von 103,82 EUR täglich ist zutreffend berechnet. Bemessungsentgelt ist das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (vgl. § 131 Abs. 1 SGB II a.F.), hier also vom 16. Juli 2011 bis 31. Dezember 2011. Ausweislich der Arbeitsbescheinigung des früheren Arbeitgebers hatte die Klägerin im Bemessungszeitraum von 169 Tagen ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt i.H.v. insgesamt 17.545,05 EUR erzielt, woraus sich das tägliche Bemessungsentgelt i.H.v. 103,82 EUR errechnet. Die wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlte Abfindung ist nicht zu berücksichtigen (vgl. § 131 Abs. 2 Nr. 1 SGB III a.F.). Auch die von der Klägerin in Bezug genommenen und nicht in den Bemessungszeitraum fallenden Entgelte aus dem Jahr 2010 können - wie dargelegt - nicht herangezogen werden. Die Klägerin erhält auch nicht - wie sie zuletzt in ihrem Schriftsatz vom 19. August 2012 vorgetragen hat - deshalb ein niedrigeres Alg, weil sie zuvor Krankengeld bezogen hat. Denn der Bemessungszeitraum umfasst seit 1. Januar 2005 nur noch Zeiten einer versicherungspflichtigen Beschäftigung, nicht aber Zeiten anderer Versicherungspflichtverhältnisse, zu denen der Krankengeldbezug zählt. Auch die weiteren Berechnungen der Beklagten zur Höhe des täglichen Leistungsentgelts von 64,34 EUR entsprechen den Bestimmungen des § 133 SGB III in der ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung, wonach zur Ermittlung des Leistungsentgelts i.S. des § 129 SGB III a.F. eine Sozialversicherungspauschale in Höhe von 21 v.H. des Bemessungsentgelts (= 21,80 EUR), die Lohnsteuer nach der Lohnsteuerklasse, die zu Beginn des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, auf der Lohnsteuerkarte des Arbeitslosen eingetragen war (hier bei der Klägerin die Lohnsteuerklasse I; 16,76 EUR), und der Solidaritätszuschlag (0,92 EUR) vom Bemessungsentgelt abzuziehen sind. Aus dem Leistungsentgelt von 64,34 EUR ergibt sich der tägliche Leistungssatz (60%) von 38,60 EUR. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob der Klägerin ab 1. Januar 2012 (höheres) Arbeitslosengeld (Alg) für die Dauer von 360 Tagen zusteht.
Die 1964 geborene Klägerin stand bis zum 31. Dezember 2011 in einem Arbeitsverhältnis beim J - das aufgrund eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs (Arbeitsgericht Berlin - 24 Ca 17285/11 -) gegen Zahlung einer Abfindung i.H.v. 8.760,- EUR endete. Sie hatte sich im Oktober 2011 per Internet und am 4. November 2011 telefonisch bei der Beklagten Arbeit suchend gemeldet. Den Beratungstermin am 14. Dezember 2011 sagte die Beklagte ab. Am 11. Januar 2012 meldete sich die Klägerin, die in der Zeit vom 13. April 2010 bis 15. Juli 2011 Krankengeld bezogen hatte, bei der Beklagten persönlich arbeitslos.
Mit Bescheid vom 16. Januar 2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 20. Januar 2012 bewilligte die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 11. Januar 2012 bis 9. Januar 2013 Alg für 360 Tage i.H. eines Leistungsbetrages von zuletzt 38,60 EUR täglich (Bemessungsentgelt = 103,82 EUR täglich). Die Widersprüche gegen Beginn und Höhe des Alg wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 15. März 2012 zurück. Die Klägerin habe sich erst am 11. Januar 2012 persönlich arbeitslos gemeldet. Die Höhe des Alg sei zutreffend berechnet. Die Abfindung habe nicht berücksichtigt werden können. Maßgebend seien wegen des Krankengeldbezugs nur die Entgeltabrechnungszeiträume vom 16. Juli 2011 bis 31. Januar 2011 (169 Tage) im Bemessungsrahmen vom 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2011. Nach Maßgabe der Arbeitsbescheinigung vom 19. Dezember 2011 ergebe sich daher ausgehend vom erzielten Gesamtentgelt i.H.v. 17.545,05 EUR ein durchschnittliches tägliches Arbeitsentgelt i.H.v. 103,82 EUR. Ausgehend von der Lohnsteuerklasse I errechne sich unter Berücksichtigung der Sozialversicherungspauschale und der Abzüge für Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag ein tägliches Leistungsentgelt i.H.v. 64,34 EUR.
Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die auf Gewährung von (höherem) Alg bereits ab 1. Januar 2012 gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 26. April 2013). Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Mangels vorheriger persönlicher Arbeitslosmeldung, die auch nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs fingiert werden könne, komme eine Gewährung von Alg vor dem 11. Januar 2012 nicht in Betracht. Auch die Höhe des Alg habe die Beklagte zutreffend berechnet. Auf den diesbezüglichen Widerspruchsbescheid werde gemäß § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug genommen.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt vor: Aufgrund des Krankengeldbezuges sei das zuvor erzielte Monatsbruttoentgelt i.H.v. 3.503,92 EUR und auch das zuvor gezahlte Weihnachtsgeld i.H.v. 1.846,16 EUR bei der Alg-Bemessung zu berücksichtigen. Die Beklagte habe auch keine "Sperrzeit" bis zum 10. Januar 2012 verhängen dürfen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. April 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 16. Januar 2012 in der Fassung des Bescheides vom 20. Januar 2012 und in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 15. März 2012 zu verurteilen, ihr ab 1. Januar 2012 höheres Arbeitslosengeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Leistungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG die Berufung durch Beschluss zurückweisen können, weil er dieses Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).
Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Ihr steht für die Zeit vom 1. Januar 2012 bis 10. Januar 2012 kein Alg-Anspruch und für die Zeit ab 11. Januar 2012 kein höherer Alg-Anspruch als der von der Beklagten mit dem Bescheid vom 20. Januar 2012 zuletzt verlautbarte zu.
Der Klägerin steht ein Alg-Anspruch (erst) ab 11. Januar 2012 zu. Sie hat sich, was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist, erst am 11. Januar 2012 persönlich arbeitslos gemeldet (§ 118 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2, § 122 Abs. 1 SGB Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III) i.d. bis 31. März 2012 geltenden und hier anwendbaren Fassungen - a.F. -) und war ab diesem Zeitpunkt arbeitslos i.S. der §§ 118 Abs. 1 Nr. 1, 119 bis 121 SGB III a.F ... Eine persönliche Arbeitslosmeldung m.W.v. 1. Januar 2012 kann auch nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs fingiert werden. Denn dieser Herstellungsanspruch kann insoweit ungeachtet dessen, ob ein Beratungsfehler der Beklagten oder eines anderen Trägers überhaupt ersichtlich ist, nicht Platz greifen, weil es sich bei der Arbeitslosmeldung um eine - nicht im Wege der Fiktion ersetzbare - Tatsachenerklärung als Voraussetzung für einen Alg-Anspruch handelt (st Rspr des BSG, vgl. BSG SozR 4100 § 105 Nr. 2; BSG SozR 1300 § 28 Nr. 1; BSG, Urteil vom 7. Mai 2009 - B 11 AL 72/08 R - juris).
Die Klägerin hat auch die Anwartschaftszeit erfüllt (§ 118 Abs. 1 Nr3 SGB III a.F.). Maßgebend sind insoweit die §§ 123, 124 SGB III a.F ... Danach hat die Anwartschaftszeit erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat (§ 123 Satz 1 Nr. 1 SGB III a.F.), hier wegen eines Beschäftigungsverhältnisses bzw. wegen des Bezugs von Krankengeld (18./19. Februar 2010; 13. April 2010 bis 15. Juli 2011). Nach § 124 Abs. 1 SGB III a.F. beträgt die Rahmenfrist zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg; sie läuft vorliegend vom 10. Januar 2012 bis 11. Januar 2010.
Der Klägerin steht Alg ab 11. Januar 2012 nach einem täglichen Bemessungsentgelt von 103,82 EUR zu.
Die Bemessung des der Klägerin zustehenden Alg richtet sich nach § 129 SGB III in der seit 1. August 2001 bis 31. März 2012 geltenden Fassung durch das Gesetz vom 16. Februar 2001 (BGBl I 266) sowie nach §§ 130 bis 132 SGB III a.F., die durch das Gesetz vom 23. Dezember 2003 (BGBl I 2848) mit Wirkung ab 1. Januar 2005 neu gefasst worden waren. Eine Übergangsregelung im Hinblick auf die Leistungsbemessung hatte der Gesetzgeber nur getroffen, soweit es um die Neufestsetzung des Bemessungsentgelts bei vor dem 1. Januar 2005 entstandenen Ansprüchen auf Alg geht (§ 434j Abs. 5 SGB III aF). Für den am 11. Juli 2012 entstandenen Anspruch der Klägerin auf Alg spielt diese Übergangsregelung keine Rolle.
Nach § 129 Nr. 1 SGB III a.F. beträgt das Alg für Arbeitslose, die - wie die Klägerin - kein Kind i.S. des § 32 Abs 1, 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes haben, 60 % (allgemeiner Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Nach § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F. in der seit dem 1. Januar 2005 geltenden Fassung umfasst der Bemessungszeitraum die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Nach näherer Maßgabe von § 130 Abs 2 SGB III a.F. bleiben bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums bestimmte Zeiten außer Betracht. Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (§ 130 Abs. 1 Satz 2 SGB III a ...F). Der Bemessungsrahmen wird auf zwei Jahre erweitert, wenn (u.a.) der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält (§ 130 Abs. 3 Nr. 1 SGB III a.F.). Kann ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens (ebenfalls) nicht festgestellt werden, ist als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen (§ 132 Abs. 1 SGB III in der vom 1. Januar 2005 bis 31. Juli 2009 geltenden Fassung).
Vorliegend ist daher von einem Bemessungsrahmen vom 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2011 auszugehen. Das Ende des Bemessungsrahmens bildet der letzte Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (§ 130 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 SGB III a.F.), hier das Ende des Beschäftigungsverhältnisses m.W.v. 31. Dezember 2011. Die Heranziehung eines erweiterten Bemessungsrahmens kommt nicht in Betracht, weil sich auf der Grundlage des genannten Bemessungsrahmens vom 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2011 Entgeltabrechnungszeiträume für die versicherungspflichtige Beschäftigung der Klägerin vom 16. Juli 2011 bis 31. Dezember 2011 und damit ein entsprechender Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen, nämlich 169 Tagen, ergibt. Entgeltabrechnungszeiträume versicherungspflichtiger Beschäftigungen, die nach § 131 Abs. 1 i.V.m. § 130 Abs. 1 SGB III a.F. eigentlich zu berücksichtigen wären, in denen aber die in § 130 Abs. 2 SGB II a.F. aufgeführten Tatbestände verwirklicht sind, liegen bei der Klägerin in der Zeit vom 16. Juli 2011 bis 31. Dezember 2011 nicht vor. Insbesondere war die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf Grund einer Teilzeitvereinbarung nicht auf weniger als 80% der durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit einer vergleichbaren Vollzeitbeschäftigung, mindestens um fünf Stunden wöchentlich, vermindert (vgl. § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB III a.F.); die Klägerin war vielmehr im Umfang von 40 Wochenstunden vollzeitbeschäftigt. Eine Erweiterung des Bemessungsrahmens scheidet daher aus. Das von der Beklagten in dem Bescheid vom 20. Januar 2012 angesetzte Bemessungsentgelt von 103,82 EUR täglich ist zutreffend berechnet. Bemessungsentgelt ist das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (vgl. § 131 Abs. 1 SGB II a.F.), hier also vom 16. Juli 2011 bis 31. Dezember 2011. Ausweislich der Arbeitsbescheinigung des früheren Arbeitgebers hatte die Klägerin im Bemessungszeitraum von 169 Tagen ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt i.H.v. insgesamt 17.545,05 EUR erzielt, woraus sich das tägliche Bemessungsentgelt i.H.v. 103,82 EUR errechnet. Die wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlte Abfindung ist nicht zu berücksichtigen (vgl. § 131 Abs. 2 Nr. 1 SGB III a.F.). Auch die von der Klägerin in Bezug genommenen und nicht in den Bemessungszeitraum fallenden Entgelte aus dem Jahr 2010 können - wie dargelegt - nicht herangezogen werden. Die Klägerin erhält auch nicht - wie sie zuletzt in ihrem Schriftsatz vom 19. August 2012 vorgetragen hat - deshalb ein niedrigeres Alg, weil sie zuvor Krankengeld bezogen hat. Denn der Bemessungszeitraum umfasst seit 1. Januar 2005 nur noch Zeiten einer versicherungspflichtigen Beschäftigung, nicht aber Zeiten anderer Versicherungspflichtverhältnisse, zu denen der Krankengeldbezug zählt. Auch die weiteren Berechnungen der Beklagten zur Höhe des täglichen Leistungsentgelts von 64,34 EUR entsprechen den Bestimmungen des § 133 SGB III in der ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung, wonach zur Ermittlung des Leistungsentgelts i.S. des § 129 SGB III a.F. eine Sozialversicherungspauschale in Höhe von 21 v.H. des Bemessungsentgelts (= 21,80 EUR), die Lohnsteuer nach der Lohnsteuerklasse, die zu Beginn des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, auf der Lohnsteuerkarte des Arbeitslosen eingetragen war (hier bei der Klägerin die Lohnsteuerklasse I; 16,76 EUR), und der Solidaritätszuschlag (0,92 EUR) vom Bemessungsentgelt abzuziehen sind. Aus dem Leistungsentgelt von 64,34 EUR ergibt sich der tägliche Leistungssatz (60%) von 38,60 EUR. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
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