Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 4 AL 381/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 717/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 5. Februar 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von höherem Arbeitslosengeld I (Alg) streitig.
Die 1982 geborene Klägerin absolvierte in der Zeit vom 01.09.1999 bis 31.01.2003 erfolgreich eine Ausbildung zur Kauffrau im Einzelhandel. Seit 01.05.2005 ist die Klägerin bei der Firma L Deutschland GmbH (künftig L.) als Außendienstmitarbeiterin beschäftigt. Sie steht in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis. Die Klägerin erzielte im Abrechnungszeitraum der letzten 12 Monate von Mai 2008 bis April 2009 ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt i.H.v. 31.398,11 EUR. Vom 16.05.2009 bis 24.08.2009 befand sich die Klägerin in Mutterschutz wegen ihres am 29.06.2009 geborenen Kindes. Sie bezog in dieser Zeit Mutterschaftsgeld. Ab dem 25.08.2009 bis 28.06.2012 befand sich die Klägerin in Elternzeit. Während dieser Zeit wurde ihr Arbeitsverhältnis bei der L. ruhend gestellt. Von der L-Bank wurde der Klägerin mit Bescheid vom 10.09.2009 Elterngeld für die Zeit vom 29.06.2009 bis 28.08.2009 i.H.v. 130,99 EUR und ab 29.08.2009 bis 28.08.2010 i.H.v. jeweils monatlich 1015,15 EUR bewilligt.
Die Klägerin meldete sich am 02.08.2010 bei der Agentur für Arbeit arbeitslos und beantragte Alg. Diesen Antrag lehnte die Agentur für Arbeit E. (AA) mit Bescheid vom 30.08.2010 ab, da wegen fehlender Kinderbetreuung keine Verfügbarkeit vorliege.
Die Klägerin meldete sich am 16.11.2011 erneut arbeitslos und beantragte Alg. Mit Bescheiden vom 09.12.2011 und Änderungsbescheid vom 12.12.2011 bewilligte die AA der Klägerin Alg ab 16.11.2011 in Höhe von täglich 25,55 EUR mit einer Anspruchsdauer von 360 Tagen.
Gegen diese Bescheide legte die Klägerin (durch ihre Prozessbevollmächtigten) am 16.12.2011 Widerspruch ein, mit dem sie sich gegen die Höhe des bewilligten Alg wandte.
Mit Änderungsbescheid vom 28.12.2011 bewilligte die AA der Klägerin ab 16.11.2011 Alg in Höhe von täglich 28,69 EUR mit einer Anspruchsdauer von 360 Tagen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.12.2011 wies die AA den Widerspruch der Klägerin vom 16.12.2011 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, im erweiterten Bemessungsrahmen vom 16.11.2009 bis 15.11.2011 seien keine 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt festzustellen, weshalb als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt nach der Qualifikationsgruppe 3 zugrunde zu legen sei. Es ergebe sich ein tägliches Bemessungsentgelt i.H.v. 68,13 EUR. Da die Klägerin statt der durchschnittlich auf die Woche entfallende Zahl von Arbeitsstunden (39 Stunden) nur bereit bzw. in der Lage sei, 35 Stunden wöchentlich zu arbeiten, vermindere sich das Bemessungsentgelt auf täglich 61,14 EUR. Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Abzüge ergebe sich ein Leistungsentgelt i.H.v. 42,82 EUR und nach dem erhöhten Leistungssatz von 67 % ein Anspruch auf Alg von täglich 28,69 EUR.
Hiergegen erhob die Klägerin am 18.01.2012 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG). Sie machte geltend, ihr Anspruch auf Alg sei von ihrem letzten Arbeitseinkommen bei der L. zu berechnen. Der Bezug von Elterngeld könne nicht dazu führen, dass das Alg nach einem fiktiven Einkommen berechnet werde, da sonst die Elternteile benachteiligt würden, die Elterngeld in Anspruch nähmen. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei nicht zutreffend. Es liege ein Verstoß gegen das europäische Gemeinschaftsrecht vor. Sie werde letztlich finanziell benachteiligt, weil sie sich dazu entschlossen habe, sich als Alleinerziehende um ihr Kind zu kümmern.
Die Beklagte trat unter Bezug auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts der Klage entgegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 05.02.2013 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alg lägen bei der Klägerin dem Grunde nach vor. Bei der Klägerin sei ein fiktives Arbeitsentgelt als Bemessungsentgelt zugrunde zu legen. Das Bundessozialgericht habe in seinem Urteil vom 25.08.2011 (B 11 AL 19/10 R) festgestellt, dass die fiktive Bemessung des Alg nach Qualifikationsgruppen nicht gegen Verfassungs- oder Gemeinschaftsrecht verstoße, wenn der Bemessungszeitraum infolge von Erziehungszeiten keine 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthalte und habe damit seine Rechtsprechung aus dem Jahr 2008 bestätigt. Dieser Rechtsauffassung schließe sich das Gericht an. Es sei damit nicht fehlerhaft, bei der Bemessung ein fiktives Arbeitsentgelt nach der Qualifikationsgruppe 3 zugrunde zu legen. Fehler in der Berechnung seien nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen. Der Klägerin stehe kein höherer Anspruch auf Alg zu.
Gegen den den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 08.02.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigten am 19.02.2013 Berufung eingelegt. Sie hat zur Begründung vorgetragen, die vom SG herangezogene Entscheidung des Bundessozialgerichts berücksichtige ihren vorliegenden Fall nicht. Insbesondere werde ausgeführt, dass das Alg nicht in voller Äquivalenz zu den geleisteten Beiträgen festgesetzt werden könne, dem Arbeitslosen könne nicht die Aufrechterhaltung des früheren Lebensstandards ermöglicht werden. Davon sei sie zu keinem Zeitpunkt ausgegangen. Sie erwarte lediglich, dass das Alg nach den Einkünften bemessen werde, welches Sie bei ihrem früheren Arbeitgeber erzielt habe. Der Bezug von Elterngeld dürfe nicht dazu führen, dass die Beklagte hierdurch entlastet werde. Wenn von der sinnvollen Möglichkeit des Bezugs von Elterngeld Gebrauch gemacht werde, trete eine Bestrafung des Elterngeldempfängers dadurch ein, dass das Alg nicht nach dem früheren Einkommen, sondern nach irgendeinem fiktiven Einkommen berechnet werde, was nicht rechtmäßig sei. Das Elterngeld sei nicht deshalb eingeführt worden, um die Kassen der Beklagten zu schonen. Es liege eine Diskriminierung vor. Gegen die Richtlinie 79/7/EWG vom 19.12.1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit werde verstoßen. Die von der Beklagten angewandte Regelung sei sachlich nicht gerechtfertigt, da es letztlich nur darum gehe, Sozialkassen zulasten von Alleinerziehenden zu entlasten. Sie werde ungerechtfertigt finanziell benachteiligt, weil sie sich dazu entschlossen habe, sich als Alleinerziehende in der Elternzeit um ihr Kind zu kümmern.
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 5. Februar 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 9. Dezember 2011 und 12. Dezember 2011 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 28. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Dezember 2011 zu verurteilen, ihr höheres Arbeitslosengeld I auf der Grundlage des zuletzt abgerechneten Arbeitsentgelts bei der Firma L. Deutschland GmbH in Höhe von 31.398,11 EUR zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Die Berufungsbegründung enthalte keine Ausführungen, die eine andere Entscheidung in der Sache rechtfertigten. Die fiktive Bemessung des Alg entspreche der geltenden Rechtslage. Es liege weder eine Bestrafung der Elterngeldbezieher noch eine Entlastung der Bundesagentur für Arbeit vor.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie einen Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Sie ist aber unbegründet. Die streitgegenständlichen Bescheide vom 09.12.2011, 12.12.2011 und 28.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.12.2011 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Klägerin steht ein Anspruch auf höheres Alg nicht zu. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids die für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits maßgeblichen Rechtsvorschriften vollständig und zutreffend dargestellt. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug. Das SG hat weiter mit zutreffender Begründung entschieden, dass die Voraussetzungen für einen Anspruch der Klägerin auf Alg (dem Grunde nach) erfüllt sind. Es hat auch zutreffend entschieden, dass bei der Berechnung des Alg-Anspruches ein fiktives Arbeitsentgelt nach der Qualifikationsgruppe 3 als Bemessungsentgelt zugrunde zu legen ist. Ferner, dass Fehler bei der Berechnung der Höhe des Alg-Anspruches nicht ersichtlich sind und der Klägerin kein höherer Anspruch auf Alg zusteht. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zum selben Ergebnis. Er macht sich auch diese Ausführungen des SG zur Begründung seiner eigenen Entscheidung zu Eigen, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen ebenfalls Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Klägerin bleibt auszuführen.
Bei der Klägerin sind in dem gemäß § 130 Abs. 3 Nr. 1 SGB III (in der bis 31.03.2012 geltenden Fassung) auf zwei Jahre verlängerten Bemessungsrahmen vom 16.11.2009 bis 15.11.2011 keine 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt gegeben, weshalb gemäß § 132 Abs. 1 SGB III (in der bis 31.03.2012 geltenden Fassung) ein fiktives Arbeitsentgelt der Berechnung des Alg-Anspruches zugrunde zu legen ist. Eine Erweiterung des Bemessungsrahmens über zwei Jahre hinaus, sieht das Gesetz nicht vor. Nach der Arbeitsbescheinigung der L. vom 23.08.2010 wurde bei der Klägerin zuletzt im April 2009 beitragspflichtiges Arbeitsentgelt abgerechnet. Dies wird von der Klägerin auch nicht bestritten. Entsprechendes gilt für die Zeit des Mutterschutzes der Klägerin vom 16.05.2009 bis 24.08.2009, weshalb selbst im Falle einer angenommenen Gleichstellung von Schutzfristen nach dem Mutterschutz-Gesetz mit Entgeltabrechnungszeiträumen dies nicht zur Feststellung eines wenigstens 150 Tage umfassenden Bemessungszeitraums führen würde.
Es entspricht der gefestigten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), dass die fiktive Bemessung des Alg nach Qualifikationsgruppen auch dann, wenn der Bemessungszeitraum infolge von Erziehungszeiten keine 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält, wie dies bei der Klägerin zutrifft, nicht gegen das Verfassungs- oder das Gemeinschaftsrecht, insbesondere auch nicht gegen die Richtlinie 79/7/EWG des Rats vom 19.12.1978, auf die sich die Klägerin beruft, oder sonstige europäische Richtlinien zur Verwirklichung der Gleichbehandlung verstößt (vgl. BSG Urteil vom 29.05.2008 - B 11a AL 23/07 R - und vom 25.08.2011 - B 11 AL 19/10 R -, auf das sich das SG gestützt hat, jeweils veröffentlicht in juris). Dem entspricht die ständige Rechtsprechung des erkennenden Senats (Urteil vom 27.08.2010 - L 8 AL 4455/09 - und Beschluss vom 08.12.2010 - L 8 AL 1238/10 -, jeweils nicht veröffentlicht).
Das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren gibt keinen Anlass von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Die Klägerin setzt ihre eigene Rechtsansicht gegen das geltende Recht. Daran ändert nichts, dass sich die Klägerin ungerecht finanziell benachteiligt sieht. Die Ausgestaltung der Rechte von Müttern in der Situation der Klägerin steht in der alleinigen Kompetenz des Gesetzgebers, der eine Regelung, wie sie der Klägerin vorschwebt, rechtsfehlerfrei nicht getroffen hat. Ein genereller und von der Dauer der Unterbrechung des Berufslebens unabhängiger Rückgriff auf das vor der Erziehung erzielte Entgelt als Bemessungsentgelt hat der Gesetzgeber nicht beabsichtigt (vgl. BSG, Urteil vom 29.05.2008, a.a.O.). Auch der Umstand, dass die Klägerin Alleinerziehende ist, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Eine Verpflichtung des Gesetzgebers, bei Müttern, die sich nach einer längeren Unterbrechungen ihres Berufslebens dem Arbeitsmarkt wieder zur Verfügung stellen, den Lohnersatz durch das Alg nicht fiktiv nach dem aktuell voraussichtlich erzielbaren Lohn zu bemessen, sondern nach dem vor der Kindererziehung erzielten Arbeitsentgelt, wie die Klägerin fordert, lässt sich nicht herleiten (vgl. BSG, Urteil vom 29.05.2008, a.a.O.). Dafür, dass die vorliegend anzuwendenden Vorschriften sachlich deshalb nicht gerechtfertigt seien, weil die Vorschriften das Ziel hätten, Sozialkassen zu Lasten von Alleinerziehenden zu entlasten, wie die Klägerin einwendet, gibt es keinen greifbaren Anhaltspunkt. Die fiktive Bemessung des Alg-Anspruches der Klägerin entspricht vielmehr der geltenden Rechtslage.
Die Einstufung der Klägerin in die Qualifikationsgruppe 3 gemäß § 132 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III (in der bis 31.03.2012 geltenden Fassung) zur Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgeltes ist nicht zu beanstanden. Die Klägerin verfügt (nach ihren Angaben im Lebenslauf vom 02.08.2010) über eine abgeschlossene Berufsausbildung zur Kauffrau im Einzelhandel, die die Einstufung in die Qualifikationsgruppe 3 rechtfertigt. Einen Fachschulabschluss, die Qualifikation als Meister oder einen Abschluss einer vergleichbaren Einrichtung (Qualifikationsgruppe 2) hat die Klägerin nicht erworben bzw. eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung (Qualifikationsgruppe 1) nicht absolviert. Die Einordnung in die Qualifikationsgruppe 3 hat die Klägerin auch nicht beanstandet. Dies gilt auch für die nicht zu beanstandende Minderung des fiktiven Bemessungsentgeltes von 68,13 EUR auf täglich 61,14 EUR und den hieraus fehlerfrei errechneten Anspruch der Klägerin auf Alg in Höhe von täglich 28,69 EUR.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von höherem Arbeitslosengeld I (Alg) streitig.
Die 1982 geborene Klägerin absolvierte in der Zeit vom 01.09.1999 bis 31.01.2003 erfolgreich eine Ausbildung zur Kauffrau im Einzelhandel. Seit 01.05.2005 ist die Klägerin bei der Firma L Deutschland GmbH (künftig L.) als Außendienstmitarbeiterin beschäftigt. Sie steht in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis. Die Klägerin erzielte im Abrechnungszeitraum der letzten 12 Monate von Mai 2008 bis April 2009 ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt i.H.v. 31.398,11 EUR. Vom 16.05.2009 bis 24.08.2009 befand sich die Klägerin in Mutterschutz wegen ihres am 29.06.2009 geborenen Kindes. Sie bezog in dieser Zeit Mutterschaftsgeld. Ab dem 25.08.2009 bis 28.06.2012 befand sich die Klägerin in Elternzeit. Während dieser Zeit wurde ihr Arbeitsverhältnis bei der L. ruhend gestellt. Von der L-Bank wurde der Klägerin mit Bescheid vom 10.09.2009 Elterngeld für die Zeit vom 29.06.2009 bis 28.08.2009 i.H.v. 130,99 EUR und ab 29.08.2009 bis 28.08.2010 i.H.v. jeweils monatlich 1015,15 EUR bewilligt.
Die Klägerin meldete sich am 02.08.2010 bei der Agentur für Arbeit arbeitslos und beantragte Alg. Diesen Antrag lehnte die Agentur für Arbeit E. (AA) mit Bescheid vom 30.08.2010 ab, da wegen fehlender Kinderbetreuung keine Verfügbarkeit vorliege.
Die Klägerin meldete sich am 16.11.2011 erneut arbeitslos und beantragte Alg. Mit Bescheiden vom 09.12.2011 und Änderungsbescheid vom 12.12.2011 bewilligte die AA der Klägerin Alg ab 16.11.2011 in Höhe von täglich 25,55 EUR mit einer Anspruchsdauer von 360 Tagen.
Gegen diese Bescheide legte die Klägerin (durch ihre Prozessbevollmächtigten) am 16.12.2011 Widerspruch ein, mit dem sie sich gegen die Höhe des bewilligten Alg wandte.
Mit Änderungsbescheid vom 28.12.2011 bewilligte die AA der Klägerin ab 16.11.2011 Alg in Höhe von täglich 28,69 EUR mit einer Anspruchsdauer von 360 Tagen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.12.2011 wies die AA den Widerspruch der Klägerin vom 16.12.2011 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, im erweiterten Bemessungsrahmen vom 16.11.2009 bis 15.11.2011 seien keine 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt festzustellen, weshalb als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt nach der Qualifikationsgruppe 3 zugrunde zu legen sei. Es ergebe sich ein tägliches Bemessungsentgelt i.H.v. 68,13 EUR. Da die Klägerin statt der durchschnittlich auf die Woche entfallende Zahl von Arbeitsstunden (39 Stunden) nur bereit bzw. in der Lage sei, 35 Stunden wöchentlich zu arbeiten, vermindere sich das Bemessungsentgelt auf täglich 61,14 EUR. Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Abzüge ergebe sich ein Leistungsentgelt i.H.v. 42,82 EUR und nach dem erhöhten Leistungssatz von 67 % ein Anspruch auf Alg von täglich 28,69 EUR.
Hiergegen erhob die Klägerin am 18.01.2012 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG). Sie machte geltend, ihr Anspruch auf Alg sei von ihrem letzten Arbeitseinkommen bei der L. zu berechnen. Der Bezug von Elterngeld könne nicht dazu führen, dass das Alg nach einem fiktiven Einkommen berechnet werde, da sonst die Elternteile benachteiligt würden, die Elterngeld in Anspruch nähmen. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei nicht zutreffend. Es liege ein Verstoß gegen das europäische Gemeinschaftsrecht vor. Sie werde letztlich finanziell benachteiligt, weil sie sich dazu entschlossen habe, sich als Alleinerziehende um ihr Kind zu kümmern.
Die Beklagte trat unter Bezug auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts der Klage entgegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 05.02.2013 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alg lägen bei der Klägerin dem Grunde nach vor. Bei der Klägerin sei ein fiktives Arbeitsentgelt als Bemessungsentgelt zugrunde zu legen. Das Bundessozialgericht habe in seinem Urteil vom 25.08.2011 (B 11 AL 19/10 R) festgestellt, dass die fiktive Bemessung des Alg nach Qualifikationsgruppen nicht gegen Verfassungs- oder Gemeinschaftsrecht verstoße, wenn der Bemessungszeitraum infolge von Erziehungszeiten keine 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthalte und habe damit seine Rechtsprechung aus dem Jahr 2008 bestätigt. Dieser Rechtsauffassung schließe sich das Gericht an. Es sei damit nicht fehlerhaft, bei der Bemessung ein fiktives Arbeitsentgelt nach der Qualifikationsgruppe 3 zugrunde zu legen. Fehler in der Berechnung seien nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen. Der Klägerin stehe kein höherer Anspruch auf Alg zu.
Gegen den den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 08.02.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigten am 19.02.2013 Berufung eingelegt. Sie hat zur Begründung vorgetragen, die vom SG herangezogene Entscheidung des Bundessozialgerichts berücksichtige ihren vorliegenden Fall nicht. Insbesondere werde ausgeführt, dass das Alg nicht in voller Äquivalenz zu den geleisteten Beiträgen festgesetzt werden könne, dem Arbeitslosen könne nicht die Aufrechterhaltung des früheren Lebensstandards ermöglicht werden. Davon sei sie zu keinem Zeitpunkt ausgegangen. Sie erwarte lediglich, dass das Alg nach den Einkünften bemessen werde, welches Sie bei ihrem früheren Arbeitgeber erzielt habe. Der Bezug von Elterngeld dürfe nicht dazu führen, dass die Beklagte hierdurch entlastet werde. Wenn von der sinnvollen Möglichkeit des Bezugs von Elterngeld Gebrauch gemacht werde, trete eine Bestrafung des Elterngeldempfängers dadurch ein, dass das Alg nicht nach dem früheren Einkommen, sondern nach irgendeinem fiktiven Einkommen berechnet werde, was nicht rechtmäßig sei. Das Elterngeld sei nicht deshalb eingeführt worden, um die Kassen der Beklagten zu schonen. Es liege eine Diskriminierung vor. Gegen die Richtlinie 79/7/EWG vom 19.12.1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit werde verstoßen. Die von der Beklagten angewandte Regelung sei sachlich nicht gerechtfertigt, da es letztlich nur darum gehe, Sozialkassen zulasten von Alleinerziehenden zu entlasten. Sie werde ungerechtfertigt finanziell benachteiligt, weil sie sich dazu entschlossen habe, sich als Alleinerziehende in der Elternzeit um ihr Kind zu kümmern.
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 5. Februar 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 9. Dezember 2011 und 12. Dezember 2011 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 28. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Dezember 2011 zu verurteilen, ihr höheres Arbeitslosengeld I auf der Grundlage des zuletzt abgerechneten Arbeitsentgelts bei der Firma L. Deutschland GmbH in Höhe von 31.398,11 EUR zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Die Berufungsbegründung enthalte keine Ausführungen, die eine andere Entscheidung in der Sache rechtfertigten. Die fiktive Bemessung des Alg entspreche der geltenden Rechtslage. Es liege weder eine Bestrafung der Elterngeldbezieher noch eine Entlastung der Bundesagentur für Arbeit vor.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie einen Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Sie ist aber unbegründet. Die streitgegenständlichen Bescheide vom 09.12.2011, 12.12.2011 und 28.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.12.2011 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Klägerin steht ein Anspruch auf höheres Alg nicht zu. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids die für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits maßgeblichen Rechtsvorschriften vollständig und zutreffend dargestellt. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug. Das SG hat weiter mit zutreffender Begründung entschieden, dass die Voraussetzungen für einen Anspruch der Klägerin auf Alg (dem Grunde nach) erfüllt sind. Es hat auch zutreffend entschieden, dass bei der Berechnung des Alg-Anspruches ein fiktives Arbeitsentgelt nach der Qualifikationsgruppe 3 als Bemessungsentgelt zugrunde zu legen ist. Ferner, dass Fehler bei der Berechnung der Höhe des Alg-Anspruches nicht ersichtlich sind und der Klägerin kein höherer Anspruch auf Alg zusteht. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zum selben Ergebnis. Er macht sich auch diese Ausführungen des SG zur Begründung seiner eigenen Entscheidung zu Eigen, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen ebenfalls Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Klägerin bleibt auszuführen.
Bei der Klägerin sind in dem gemäß § 130 Abs. 3 Nr. 1 SGB III (in der bis 31.03.2012 geltenden Fassung) auf zwei Jahre verlängerten Bemessungsrahmen vom 16.11.2009 bis 15.11.2011 keine 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt gegeben, weshalb gemäß § 132 Abs. 1 SGB III (in der bis 31.03.2012 geltenden Fassung) ein fiktives Arbeitsentgelt der Berechnung des Alg-Anspruches zugrunde zu legen ist. Eine Erweiterung des Bemessungsrahmens über zwei Jahre hinaus, sieht das Gesetz nicht vor. Nach der Arbeitsbescheinigung der L. vom 23.08.2010 wurde bei der Klägerin zuletzt im April 2009 beitragspflichtiges Arbeitsentgelt abgerechnet. Dies wird von der Klägerin auch nicht bestritten. Entsprechendes gilt für die Zeit des Mutterschutzes der Klägerin vom 16.05.2009 bis 24.08.2009, weshalb selbst im Falle einer angenommenen Gleichstellung von Schutzfristen nach dem Mutterschutz-Gesetz mit Entgeltabrechnungszeiträumen dies nicht zur Feststellung eines wenigstens 150 Tage umfassenden Bemessungszeitraums führen würde.
Es entspricht der gefestigten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), dass die fiktive Bemessung des Alg nach Qualifikationsgruppen auch dann, wenn der Bemessungszeitraum infolge von Erziehungszeiten keine 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält, wie dies bei der Klägerin zutrifft, nicht gegen das Verfassungs- oder das Gemeinschaftsrecht, insbesondere auch nicht gegen die Richtlinie 79/7/EWG des Rats vom 19.12.1978, auf die sich die Klägerin beruft, oder sonstige europäische Richtlinien zur Verwirklichung der Gleichbehandlung verstößt (vgl. BSG Urteil vom 29.05.2008 - B 11a AL 23/07 R - und vom 25.08.2011 - B 11 AL 19/10 R -, auf das sich das SG gestützt hat, jeweils veröffentlicht in juris). Dem entspricht die ständige Rechtsprechung des erkennenden Senats (Urteil vom 27.08.2010 - L 8 AL 4455/09 - und Beschluss vom 08.12.2010 - L 8 AL 1238/10 -, jeweils nicht veröffentlicht).
Das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren gibt keinen Anlass von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Die Klägerin setzt ihre eigene Rechtsansicht gegen das geltende Recht. Daran ändert nichts, dass sich die Klägerin ungerecht finanziell benachteiligt sieht. Die Ausgestaltung der Rechte von Müttern in der Situation der Klägerin steht in der alleinigen Kompetenz des Gesetzgebers, der eine Regelung, wie sie der Klägerin vorschwebt, rechtsfehlerfrei nicht getroffen hat. Ein genereller und von der Dauer der Unterbrechung des Berufslebens unabhängiger Rückgriff auf das vor der Erziehung erzielte Entgelt als Bemessungsentgelt hat der Gesetzgeber nicht beabsichtigt (vgl. BSG, Urteil vom 29.05.2008, a.a.O.). Auch der Umstand, dass die Klägerin Alleinerziehende ist, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Eine Verpflichtung des Gesetzgebers, bei Müttern, die sich nach einer längeren Unterbrechungen ihres Berufslebens dem Arbeitsmarkt wieder zur Verfügung stellen, den Lohnersatz durch das Alg nicht fiktiv nach dem aktuell voraussichtlich erzielbaren Lohn zu bemessen, sondern nach dem vor der Kindererziehung erzielten Arbeitsentgelt, wie die Klägerin fordert, lässt sich nicht herleiten (vgl. BSG, Urteil vom 29.05.2008, a.a.O.). Dafür, dass die vorliegend anzuwendenden Vorschriften sachlich deshalb nicht gerechtfertigt seien, weil die Vorschriften das Ziel hätten, Sozialkassen zu Lasten von Alleinerziehenden zu entlasten, wie die Klägerin einwendet, gibt es keinen greifbaren Anhaltspunkt. Die fiktive Bemessung des Alg-Anspruches der Klägerin entspricht vielmehr der geltenden Rechtslage.
Die Einstufung der Klägerin in die Qualifikationsgruppe 3 gemäß § 132 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III (in der bis 31.03.2012 geltenden Fassung) zur Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgeltes ist nicht zu beanstanden. Die Klägerin verfügt (nach ihren Angaben im Lebenslauf vom 02.08.2010) über eine abgeschlossene Berufsausbildung zur Kauffrau im Einzelhandel, die die Einstufung in die Qualifikationsgruppe 3 rechtfertigt. Einen Fachschulabschluss, die Qualifikation als Meister oder einen Abschluss einer vergleichbaren Einrichtung (Qualifikationsgruppe 2) hat die Klägerin nicht erworben bzw. eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung (Qualifikationsgruppe 1) nicht absolviert. Die Einordnung in die Qualifikationsgruppe 3 hat die Klägerin auch nicht beanstandet. Dies gilt auch für die nicht zu beanstandende Minderung des fiktiven Bemessungsentgeltes von 68,13 EUR auf täglich 61,14 EUR und den hieraus fehlerfrei errechneten Anspruch der Klägerin auf Alg in Höhe von täglich 28,69 EUR.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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