Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 10 KA 3156/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 3307/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30.06.2011 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Der Streitwert wird auf 10.170,32 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über Honorarkürzungen in den Quartalen III/2005 bis III/2006 wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise.
Der Kläger war seit 1980 als Facharzt für Orthopädie und Chirurgie in Sp. zugelassen und nahm in den maßgeblichen Quartalen an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Zum 31.12.2008 hat er seine Praxistätigkeit beendet.
Aufgrund von Anträgen der Beigeladenen Ziff. 1) vom 28.03.2006 (betr. Quartal III/2005), 21.06.2006 (betr. Quartal IV/2005) und 19.12.2006 (betr. Quartal I/2006) führte der PBA Wirtschaftlichkeitsprüfungen hinsichtlich der Behandlungsweise des Klägers in den betreffenden Quartalen durch.
In seiner Sitzung vom 02.05.2007 beschloss der Prüfungsausschuss das Honorar des Klägers in den Quartalen III/2005 bis 1/2006 um insgesamt 4.295,71 EUR zu kürzen. Ausweislich der Begründung im Bescheid vom 26.07.2007 war eine Prüfung auf der Grundlage des statistischen Vergleichs durchgeführt worden, bei der die Abrechnungen des Klägers mit der Fachgruppe der Orthopäden verglichen worden waren. Der PBA führte aus, die Vergleichsgruppe mit 88, 87 bzw. 85 Ärzten und der Umfang der Abrechnungen des Klägers mit 1.091, 1.159 bzw. 1.147 Fällen seien ausreichend groß zur Bildung von aussagekräftigen Durchschnittswerten. Die Statistik habe folgende Auffälligkeiten in der Zwischensumme 5 (Gesamtfallwert) ergeben:
Quartal Falldurchschnitt Falldurchschnitt Abweichung Streubreite Abweichung AGR (gewichtet) Arzt absolut 1,0 Sigma in Punkte Punkte Punkte n. Gauss Sigma III/05 1.200,6 2.079,7 879,1 232,7 3,78 IV/05 1.242,8 2.381,6 1.138,8 253,5 4,49 1/06 1.271,7 2.172,1 900,5 262,9 3,43
Die Werte zeigten bei der "Zwischensumme 5" ein offensichtliches Missverhältnis zum Fachgruppendurchschnitt. Ab einem Grenzwert von 1,5 Sigma werde ein offensichtliches Missverhältnis angenommen. Die daraus folgende Vermutung der Unwirtschaftlichkeit könne nur durch Praxisbesonderheiten und/oder Einsparungen, die mit den Mehraufwendungen in ursächlichem Zusammenhang stünden, widerlegt werden. Die massive Überschreitung resultiere hauptsächlich aus der Abrechnung der Gebührennummern (GNR) 18311 (Diagnose/Behandlung Stütz- und Bewegungsapparat Erwachsener) und 18331 (Diagnose/Behandlung degenerativer Erkrankungen der Wirbelsäule) nebeneinander. Gleichzeitig sei fast regelmäßig geröntgt und Chirotherapie erbracht sowie eine Analgesie von Spinalnerven nach der GNR 30724 durchgeführt worden. Chirurgische Gebührennummern und chirurgische Diagnosen hätten sich in den Abrechnungen des Quartals III/2005 nicht und in den Abrechnungen des Quartals IV/2005 nur selten gefunden. Es seien Überschreitungen im Arzneimittelbereich und Unterschreitungen im Heilmittelbereich festgestellt worden. Aufgrund der Feststellungen des Prüfungsausschusses werde die Zwischensumme 5 gekürzt, wobei dem Kläger eine Restüberschreitung von 1,5 Sigma über dem Arztgruppendurchschnitt sowie 0,5 Sigma für Einsparungen bei den Heilmittelkosten belassen würden. Mit der verbleibenden Restüberschreitung werde etwaigen nicht erkennbaren Besonderheiten, die einen höheren Behandlungsbedarf rechtfertigten, ausreichend Rechnung getragen.
Hiergegen erhob der Kläger am 24.08.2007 Widerspruch. Zur Begründung machte er Besonderheiten seiner Praxis geltend. Er sei sowohl als Orthopäde als auch als Chirurg zugelassen und verfüge über die Zusatzbezeichnungen Sportmedizin, Akupunktur, Sonographie/Säuglinge und Bewegungsorgane, D-Arzt, Teilradiologie, Chirotherapie, ambulantes Operieren und psychosomatische Grundversorgung. Die Praxis sei eine ländliche Praxis mit großem Einzugsgebiet von ca. 115.000 Einwohnern. Das örtliche Krankenhaus habe keine Befugnis ambulant zu behandeln. Er sei der einzige vertragsärztlich tätige Orthopäde am Ort. Die Praxis werde als Akutpraxis geführt, d. h. es würden keinerlei Termine vergeben, deshalb aber entsprechend lange Sprechzeiten angeboten. Die Statistik weise einen hohen Überweisungsanteil und keine Konsiliarfälle aus. Aufgrund der Überweisungen als Mitbehandlung bzw. Weiterbehandlung entstehe ein hoher Kostenanteil durch zahlreiche Erkrankungen desselben Mitglieds innerhalb des Behandlungszeitraums. Hierdurch lägen die Arzneimittelkosten höher. Außerdem weise die Praxis einen um etwa 10 Jahre höheren Altersdurchschnitt auf. Sie liege zudem in einem ungünstigen Klima-Kältereizbereich mit nass-kaltem Klima, weshalb eine Anfälligkeit für degenerative und rheumatische Erkrankungen vorliege. Der Therapieaufwand sei dadurch in den Wintermonaten erhöht. Dies werde auch an der Arzneimittelstatistik deutlich. Er habe viele Dauerbehandlungsfälle bei schwersten Erkrankungen. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass er Einsparungen im Bereich der Heilmittel von über 70 Prozent gegenüber der Fachgruppe vorweisen könne. Zudem bestünden Besonderheiten in der Behandlung der Patienten, da er die Injektionsbehandlung bevorzuge, weil er sie für effektiver als die medikamentöse Behandlung halte. Dadurch werde die Dauer der Arbeitsunfähigkeitszeiten wesentlich verkürzt. Als hierfür noch Statistiken geführt worden seien, sei seine Praxis immer mit 50 Prozent und mehr unter dem Fachgruppendurchschnitt gelegen. Innerhalb seiner 28-jährigen Tätigkeit in Sp. sei er bislang nie einem Regress ausgesetzt gewesen. Diese Probleme seien erst mit Einführung des EBM 2000plus und des neuen Arzneimittelverordnungsrechts entstanden. Die häufige Nebeneinanderabrechnung der GNR 18311 und 18331 sowie das häufige Röntgen sei auf die Überalterung seiner Patienten zurückzuführen. Soweit häufig Chirotherapie kombiniert mit Spinalnervenanalgesie angewandt worden seien, sei dies aufgrund klinischer Notwendigkeit erfolgt. Zu dem Einwand, es seien keine unfallchirurgischen Behandlungen erfolgt, sei darauf hinzuweisen, dass sich hinter den GNR 34220 und 34210, die weit überdurchschnittlich im Vergleich zu der Fachgruppe der Orthopäden abgerechnet worden seien, chirurgische Fälle (Ausschluss von unfallbedingten Frakturen) verbergen würden.
Durch seinen Rechtsanwalt ließ der Kläger ergänzend vortragen, es sei fraglich, ob die Prüfantragsfristen gewahrt seien. Die geltenden Prüfvereinbarungen seien außerdem zu unbestimmt. Es fehlten Kriterien dafür, wann ein offensichtliches Missverhältnis anzunehmen sei und in welchem Umfang Prüfmaßnahmen stattfinden dürften. Das Gesetz mache in § 106 SGB V genaue Vorgaben, was in den Prüfvereinbarungen zu regeln sei. Die Regelungen der Prüfvereinbarung erfüllten diese Vorgaben nicht und bildeten daher keine wirksame Rechtsgrundlage. Die Prüfvereinbarung sehe zudem keine Regelung vor, wie unter Budgetbedingungen eine Prüfung stattzufinden habe. Eine Kürzung in den budgetierten Bereich hinein sei nicht zulässig, erst Recht nicht ohne entsprechende rechtliche Grundlage. Da die ab dem ersten Quartal 2006 gültige Prüfvereinbarung einheitlich für den gesamten Bereich der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg gelte, müsse auch eine einheitliche Beurteilung aller Prüffälle des Quartals I/2006 stattfinden.
Nach weiteren Anträgen der Beigeladenen Ziff. 1 vom 21.03.2007 und 20.06.2007 führte der PBA auch hinsichtlich der Quartale II/2006 und III/2006 Prüfungen der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise des Klägers durch. In der Sitzung vom 28.11.2007 beschloss der Prüfungsausschuss für diese Quartale eine Honorarkürzung in Höhe von insgesamt 5.874,61 EUR. Im Bescheid vom 25.02.2008 wurden folgende statistische Auffälligkeiten in der Zwischensumme 5 (Gesamtfallwert) dargelegt:
Quartal Falldurchschnitt AGR (gewichtet) Punkte Falldurchschnitt Arzt Punkte Abweichung absolut Punkte Streubreite 1,0 Sigma n. Gauss Abweichung in Sigma II/06 1.232,5 1.955,6 723,1 232,0 3,11 III/06 1.221,6 1.924,6 703,0 207,2 3,39
Es wurde erneut ein offensichtliches Missverhältnis der "Zwischensumme 5" zum Fachgruppendurchschnitt angenommen, da der Grenzwert von 1,5 Sigma überschritten sei. Die Gründe für die massive Überschreitung sah der PBA in den gleichen Umständen wie in den vorangegangenen drei Quartalen. Der Umfang der Kürzungen wurde in gleicher Weise wie im Kürzungsbescheid vom 26.07.2007 begründet
Hiergegen erhob der Kläger am 18.03.2008 Widerspruch.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.04.2009 wies der Beklagte die Widersprüche des Klägers gegen die Honorarkürzungen zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen angegeben, der Kläger liege beim Gesamthonorar im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses. Daher werde die Unwirtschaftlichkeit der Behandlungsweise vermutet. Folge sei, dass sich die Beweislast umkehre. Ein Nachweis, dass der Kläger trotz des offensichtlichen Missverhältnisses wirtschaftlich gehandelt habe, sei nicht derart erbracht worden, dass die angefühlten Besonderheiten mit mehr als mit den zusätzlich gewährten 0,5 Sigma bewertet werden könnten. Die Einsparungen bei den Heilmittelverordnungen (95.150,54 EUR in den Quartalen III/2005 bis I/2006 und 50.482,64 EUR in den Quartalen II/2006 und III/2006) seien als Besonderheit berücksichtigt worden. Die vom Kläger angeführten weiteren Besonderheiten würden durch die große Vergleichsgruppe ausreichend berücksichtigt. Die Statistiken seien zudem bereits rentnergewichtet. Die Problematik des EBM 2000plus betreffe alle Praxen. Die vorgelegte Klimakarte zeige Abweichungen im süddeutschen Raum sowohl bezüglich der Wärme- wie auch der Kältebelastung. Die große Vergleichsgruppe fange etwaige "Ausreißer" in ausreichend großem Umfang ein. Der fachkundig besetzte Beschwerdeausschuss habe bezüglich der Praxisklientel und der abgerechneten Diagnosen keine Besonderheiten, die nicht in der zugestandenen Erhöhung um 0,5 Sigma ausreichend berücksichtigt seien, erkennen können. Die vom Kläger festgestellten geringeren Arbeitsunfähigkeitszeiten würden in keiner Statistik erfasst und ließen sich daher vom Kläger nicht nachweisen.
Am 06.05.2009 erhob der Kläger dagegen Klage zum Sozialgericht Stuttgart. Zur Begründung wiederholte er zunächst die bereits im Widerspruchsverfahren geltend gemachten formellen Rügen gegen die Prüfvereinbarungen und verwies insoweit auf seinen früheren Vortrag. Ferner ließ er beanstanden, der Beklagte sei auf die Problematik der Vergleichsgruppe nicht eingegangen. Der Kläger sei als Facharzt für Chirurgie und Orthopädie niedergelassen. Dies präge seine Klientel. Eine statistische Prüfung anhand der Fachgruppe der Orthopäden sei nicht zulässig. Desweiteren sei der Kläger nur mit den Orthopäden im Bereich der Bezirksdirektion F. verglichen worden. Es müssten aber alle Ärzte Baden-Württembergs in die Vergleichsprüfung einbezogen werden. Insoweit sei auch nicht ersichtlich, ob sich der Beklagte an die von der Prüfvereinbarung geforderten Prüfrichtlinien gehalten habe und ob es solche überhaupt gebe. Falls es solche Richtlinien nicht gegeben habe, sei davon auszugehen, dass die Ärzte in Baden-Württemberg ungleich behandelt worden seien. Die Patienten des Klägers seien im Durchschnitt mehr als 10 Jahre älter als die der Vergleichsgruppe. Dies könne die Rentnergewichtung allein nicht ausgleichen. Die klägerische Praxis weise zudem eine völlig andere Struktur auf als durchschnittliche orthopädische Praxen. Die Patienten erschienen entweder unmittelbar oder auf Überweisung zur Mitbehandlung. Termine würden keine vergeben. Nur ein verschwindend geringer Prozentsatz würde zur Konsiliaruntersuchung oder mit Zielauftrag überwiesen. Die Patienten kämen auch von weit her. Zudem habe der Kläger eine umfangreiche Sprechstunde. Desweiteren sei die Einführung des EBM 2000plus zu berücksichtigen, auch wenn dieser Umstand alle Praxen betroffen habe. Wegen der dadurch entstandenen Abrechnungsunsicherheiten seien aber zumindest bei der Bemessung der Höhe der Kürzung die Grundsätze, die das Bundessozialgericht für Anfängerpraxen aufgestellt habe, heranzuziehen. Soweit in den Bescheiden unterschwellig der Vorwurf der Falschabrechnung mitschwinge, sei darauf hinzuweisen, dass der Kläger die genannten Leistungen im Zusammenhang erbracht habe, so dass eine erneute Einbestellung des Patienten habe vermieden werden können. Die Anführung von Diagnosen nicht-orthopädischer Erkrankungen sei aus Gründen der Differenzialdiagnostik erforderlich. Die Überalterung der Patienten des Klägers erfordere erheblich mehr Behandlungen innerhalb eines Quartals sowie die Behandlung von Erkrankungen an verschiedenen Körperregionen. Mehrfachdiagnosen habe der Prüfungsausschuss zudem im Rahmen eines in der Vergangenheit liegenden Arzneimittelregresses beim Kläger anerkannt, was dazu geführt habe, dass keine Maßnahme verhängt worden sei. Dem Kläger könne auch nicht zum Nachteil gereichen, dass keine Statistiken zu Arbeitsunfähigkeitstagen mehr geführt würden. Seinerzeit sei er in diesem Bereich zumeist unter 50 % gelegen.
Der Beklagte entgegnete dem, die formellen Einwände seien unbegründet, die Prüfantragsfristen eingehalten. Ob und unter welchen Voraussetzungen "ein offensichtliches Missverhältnis" angenommen werde, sei im pflichtgemäßen Ermessen des Beklagten zu beurteilen und nicht in den Prüfvereinbarungen zu regeln. Durch die Rechtsprechung sei geklärt, dass auch unter Budgetbedingungen eine Honorarkürzung wegen Unwirtschaftlichkeit erfolgen könne. Die Prüfrichtlinien würden keiner Veröffentlichungspflicht unterliegen. Subjektive Rechtsverletzungen könne der Kläger insoweit nicht geltend machen. Die herangezogene Vergleichsgruppe sei nicht zu beanstanden. Anhaltspunkte für vermehrte chirurgische Eingriffe hätten ausweislich der Prüfberichte nicht vorgelegen. Die wenigen festgestellten chirurgischen Fälle seien durch die Zubilligung einer Überschreitungsgrenze von 2,0 Sigma angemessen berücksichtigt. Der Kläger sei entsprechend den Eintragungen im Arztregister und unter Berücksichtigung der jeweiligen Weiterbildungsordnung in die für ihn zutreffende Fachgruppe eingeordnet worden. Weshalb ein Vergleich innerhalb der Fachgruppe der Orthopäden bezogen auf den Zulassungsbezirk S. nicht geeignet sei, Aussagen zur durchschnittlichen Ansatzhäufigkeit und Wirtschaftlichkeit der abgerechneten Leistungsziffern zu treffen, sei nicht substantiiert dargetan worden. Die Überalterung der Patienten sei nach der Rechtsprechung keine Praxisbesonderheit. Zudem sei die statistische Auswertung rentnergewichtet erfolgt. Die Auffälligkeiten bei den Abrechnungen des Klägers ließen sich auch nicht mit den Abrechnungsschwierigkeiten im Zusammenhang mit der Einführung des EBM 2000plus erklären. Aufgrund der langjährigen Berufserfahrung müsse der Kläger damit umgehen können. Die Beigeladene Ziff. 1 informiere regelmäßig über Abrechnungsbesonderheiten. Auch lange Sprechstunden oder ein weiter Einzugsbereich ließen keine Rückschlüsse auf die Patientenstruktur zu und könnten ebenfalls keine Praxisbesonderheit begründen. Überweisungen könnten nur dann Berücksichtigung finden, wenn der Arzt mit vielen gezielten Überweisungsaufträgen konfrontiert sei. Dies sei nach dem eigenen Vortrag des Klägers gerade nicht der Fall.
Sowohl der Prüfarzt als auch der Prüfungsausschuss hätten zutreffend hinterfragt, ob und inwieweit der Kläger sein Abrechnungsverhalten immer an der jeweiligen Leistungslegende der Abrechnungsziffer orientiert habe. Zweifel wären etwa dadurch begründet, dass der Kläger zwar einerseits dargetan haben, eine Laufpraxis zu betreiben, andererseits aber eine hohe Anzahl von Schmerzpatienten behandelt haben wolle. Der Behandlungsaufwand von Schmerzpatienten könne aber ohne Terminvergabe kaum nach den Leistungslegenden erbracht werden. Dies hätte der Kläger im Rahmen einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung gegebenenfalls erläutern müssen. Derartige Erwägungen seien jedoch weder für die Beurteilung der statistischen Auffälligkeiten noch für die Ermessenausübung herangezogen worden. Die Arbeitsunfähigkeit werde seit Jahren nicht mehr statistisch erfasst. Die diesbezüglich behaupteten Einsparungen könnten vom Kläger nicht bewiesen werden. Auch ein kausaler Zusammenhang werde nicht deutlich, zumal ein deutlicher Mehraufwand im Arzneimittelverordnungsbereich festgestellt worden sei, der sich erst in den Quartalen II und III/2006 abgemildert habe. Die Heilmittelersparnisse seien im Rahmen der Ermessenentscheidung berücksichtigt worden, obgleich auch hier eine Kausalität nicht habe gesehen werden können.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 30.06.2011 ab. Rechtsgrundlage des Bescheides vom 06.04.2009 sei § 106 Abs. 2 Satz 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14.11.2003 (gültig ab 01.01.2004) in Verbindung mit der Prüfvereinbarung der damaligen Kassenärztlichen Vereinigung S. vom 26.02.2004 (gültig bis 31.12.2005; i. F. (PV alt)) bzw. für die Quartale I bis III/2006 in Verbindung mit der Prüfvereinbarung der Beigeladenen Ziff. 1 vom 25.11.2005 (gültig ab 01.01.2006; i.F. (PV neu)). Rechtliche Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit der vorliegend einschlägigen Normen der Prüfvereinbarungen bestünden nicht. Das Gesetz mache keine näheren Vorgaben für die angewandte statistische Prüfmethode. Nach § 106 Abs. 3 Satz 1 SGB V seien Inhalt und Durchführung dieser Prüfmethode zu vereinbaren. Dies sei in den einschlägigen Prüfvereinbarungen hinreichend konkret geschehen. Die Prüfmethode werde definiert (§ 7 PV alt bzw. § 5 PV neu), das Prüfverfahren vor den Prüfungsgremien festgelegt (§§ 14 ff. PV alt bzw. §§ 12 ff. PV neu) und die möglichen Maßnahmen nach festgestellter Unwirtschaftlichkeit würden im Einzelnen benannt (§16 PV alt bzw. § 11 PV neu). Auch das Verhältnis der Prüfmethoden zueinander werde in den Prüfvereinbarungen geregelt (§15 PV alt bzw. § 4 PV neu). Dabei sei es zulässig gewesen, die statistische Vergleichsprüfung auch noch nach der gesetzlichen Neuregelung des § 106 Abs. 2 SGB V zum 01.01.2004 als Regelprüfmethode zu vereinbaren (BSG, Urt. v. 09.04.2008, B 6 KA 34/07 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 18). Ungeachtet der Frage, ob die Prüfvereinbarung Grenzwerte für das Vorliegen eines offensichtlichen Missverhältnisses überhaupt festlegen dürfe, seien die Vertragspartner jedenfalls nicht verpflichtet, Grenzwerte in der Prüfvereinbarung zu normieren. Denn bei der Festlegung des Grenzwertes für das offensichtliche Missverhältnis stehe den Prüfgremien ein Beurteilungsspielraum zu (BSG, Urt. v. 30.11.1994, 6 RKa 16/93, SozR 3-2500 § 106 Nr. 25 m. w. N.). Bei der statistischen Vergleichsprüfung sei dann eine Unwirtschaftlichkeit anzunehmen, wenn der Fallwert des geprüften Arztes so erheblich über dem Vergleichsgruppendurchschnitt liege, dass sich die Mehrkosten nicht mehr durch Unterschiede in der Praxisstruktur und den Behandlungsnotwendigkeiten erklären ließen und deshalb auf eine unwirtschaftliche Behandlungsweise als Ursache der erhöhten Aufwendungen geschlossen werden könne. Wann dieser mit dem Begriff des offensichtlichen Missverhältnisses gekennzeichnete Überschreitungsgrad erreicht sei, hänge von den Besonderheiten des jeweiligen Prüfungsgegenstandes und den Umständen des konkreten Falles ab und entziehe sich damit einer allgemein verbindlichen Festlegung (BSG, Urt. v. 15.03.1995 6 RKa 37/93, SozR 3-2500 § 106 Nr. 26). Wann eine Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis übersteige, bedürfe daher in jedem Einzelfall der individuellen Festlegung (BSG, Urt. v. 30.11.1994, 6 RKa 16/93, SozR 3-2500 § 106 Nr. 25). Die Prüfvereinbarung müsse nicht regeln, wie unter Budgetbedingungen eine Wirtschaftlichkeitsprüfung zu erfolgen habe. Es sei höchstrichterlich geklärt, dass die Wirtschaftlichkeitsprüfung ungeachtet der Überschreitung von Praxis- und/oder Zusatzbudgets zu erfolgen habe (BSG, Urt. v. 15.05.2002, B 6 KA 30/00 R, SozR 3-2500 § 87 Nr. 32, m. w. N.; Urt. v. 05.11.2003, B 6 KA 55/02 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 4; Urt. v. 23.02.2005, B 6 KA 79/03 R,ArztR 2005, 291). Die Regelungen der Prüfvereinbarungen zu den Zufälligkeits- und Einzelfallprüfungen seien ebenso wenig zu prüfen wie die pauschalen Honorarkürzungen im Falle von Mehrfachverstößen, da diese Regelungen für den Fall des Kläger nicht einschlägig seien und eine abstrakte Normenkontrolle nicht stattfinde. Der angefochtene Bescheid vom 06.04.2009 sei formell und materiell rechtmäßig. Die Verwaltungsentscheidung halte sich im Rahmen des dem Beklagten zustehenden Beurteilungsspielraums. Dieser habe zu Recht bei der hier anzuwendenden statistischen Vergleichsmethode die Gruppe der Fachärzte für Orthopädie zugrundegelegt, da der Kläger in den streitgegenständlichen Quartalen keine bzw. nur wenige chirurgische Leistungen abgerechnet habe. Eine engere Vergleichsgruppe habe nicht gebildet werden müssen. Auch die Entscheidung über die Bildung engerer Vergleichsgruppen unterliege dem Beurteilungsspielraum der Prüfgremien (BSG, Urt. v. 27.04.2005, B 6 KA 39/04 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 10). Die Bildung engerer Vergleichsgruppen sei nur dann geboten, wenn ein erheblich unterschiedliches individuelles Abrechnungsverhalten in der Vergleichsgruppe nur noch rein rechnerisch zu einem statistisch-mathematischen Mittelwert führe, der aber in der Realität von kaum einem Arzt oder innerhalb größerer Gruppen nur von einzelnen, für die Gesamtgruppe deshalb nicht repräsentativen Ärzten abgerechnet worden sei (BSG, Urt. v. 27.04.2005, B 6 KA 39/04 R, a. a. O.). In einem solchen Fall sei die Vergleichsgruppe inhomogen und daher für einen Vergleich nicht geeignet. Vorliegend habe der Kläger nicht konkret dargelegt, woraus sich eine Inhomogenität der Vergleichsgruppe ergeben solle. Sein Abrechnungsverhalten sei mit über 80 Praxen seiner Fachgruppe verglichen worden. Die Vergleichsgruppe sei damit ausreichend groß gewesen, so dass mögliche Ausreißer statistisch nicht ins Gewicht fielen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts seien sogar Vergleichsgruppen von lediglich acht Praxen möglich (vgl. BSG, Urt. v. 23.02.2005, B 6 KA 72/03 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 8). Auch die Fallzahlen des Klägers reichten für eine Prüfung aus. Die Prüfung der Wirtschaftlichkeit ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen nach Durchschnittswerten sei nur dann ausgeschlossen, wenn die Fallzahl des Arztes 20 % des Fallzahldurchschnitts der Vergleichsgruppe nicht erreiche (BSG, Urt. v. 09.09.1998, B 6 KA 50/97 R, SozR 3-2500 § 106 Nr. 45). Dies sei nicht der Fall gewesen. Die Prüfgruppe habe auch nicht auf sämtliche Orthopäden im Zuständigkeitsbereich der Beigeladenen Ziff. 1 ausgeweitet werden müssen. Gerade die auf den Bezirk S. beschränkte Prüfgruppe habe regionale Besonderheiten, wie z. B. das vom Kläger selbst im Prüfverfahren angeführte Reizklima, besser abgebildet. Der Beklagte habe ohne Verletzung des ihm zustehenden Ermessenspielraums bei Überschreitungen des Gesamtfallwertes im Bereich zwischen 3,11 Sigma (Quartal II/2006) und 4,49 Sigma (Quartal IV/2005) ein offensichtliches Missverhältnis angenommen. Werde dem statistischen Kostenvergleich die Methode "Randlage in der Normalverteilung" zugrunde gelegt, könne die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis etwa ab einer Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts von 1,6 Sigma angesetzt werden (LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 13.09.2000, L 5 KA 2287/00, a. a. O.). Der damit geführte Anscheinsbeweis der unwirtschaftlichen Behandlungsweise werde nicht durch untypische Umstände (etwa eine atypische Zusammensetzung der Patienten oder besondere Zusatzqualifikationen) entkräftet, die in der Praxis des Klägers einen höheren Behandlungsaufwand als bei anderen Ärzten der Vergleichsgruppe rechtfertigten (Praxisbesonderheiten). Allein entscheidend sei insoweit, dass sich aufgrund von Spezialisierungen die Patientenklientel und Behandlungsweise von der Fachgruppe unterscheide. Die Darlegungs- und Feststellungslast für Praxisbesonderheiten obliege dem Arzt (BSG, Urt. v. 27.06.2001, B 6 KA 43/00 R, SozR 3-2500 § 106 Nr. 54, m. w. N.). Eine besondere, von der Fachgruppe der Orthopäden abweichende Patientenklientel habe weder der Kläger substantiiert dargelegt, noch sei eine solche von den fachkundig besetzten Prüfgremien anhand der ihnen zur Verfügung stehenden Unterlagen feststellbar gewesen. Aus der Eigenschaft als Landarztpraxis lasse sich - zumal in einer ohnehin ländlich geprägten Region mit auch vielen anderen Landarztpraxen - kein besonderer Patientenzuschnitt herleiten (vgl. BSG, Urt. v. 06.09.2000, B 6 KA 24/99 R, SozR 3-2500 § 106 Nr. 50; LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 22.05.1996, L 5 Ka 3282/95, MedR 1997, 191). Der höhere Rentneranteil der Praxis sei vom Beklagten berücksichtigt worden, da die von der Kassenärztlichen Vereinigung zur Verfügung gestellten Statistiken bereits rentnergewichtet seien, so dass die zum Vergleich herangezogene Prüfgruppe rechnerisch den gleichen Rentneranteil habe. Auch das pauschale Vorbringen des Klägers, er habe "viele" Dauerbehandlungsfälle mit schwersten Erkrankungen, begründe keine Praxisbesonderheit. Grundsätzlich sei davon auszugehen, dass jeder Arzt auch besonders aufwendige Fälle habe und sich dies im durchschnittlichen Fallwert der Vergleichsgruppe niederschlage (LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 13.09.2000, L 5 KA 2287/00, juris Rd. 69, m.w.N.). Einen hiervon abweichenden Ausnahmefall habe der Kläger nicht im Einzelnen dargelegt. Auch der vom Kläger betonte hohe Anteil an Überweisungen zur Mit- bzw. Weiterbehandlung und das Fehlen von Konsiliarfällen könnten den Behandlungsmehraufwand des Klägers nicht erklären. Überweisungen könnten nur dann als Praxisbesonderheit Berücksichtigung finden, wenn der Vertragsarzt vielen gezielten Überweisungsaufträgen ausgesetzt sei, so dass er seine Behandlungsweise in diesen Fällen nicht selbst steuern könne. Sowohl bei Überweisungen zur Mitbehandlung als auch bei Überweisungen zur Weiterbehandlung obliege die Entscheidung über Art und Umfang der Leistungen dem Vertragsarzt, an den überwiesen worden sei. Auch hierzu hätte der Kläger konkret darlegen müssen, dass gerade die Überweisungsfälle den Gesamtfallwert in die Höhe getrieben hätten. Auch die Einführung des neuen EBM zum 01.04.2005 stelle keine Praxisbesonderheit dar, da die Neuregelung alle Ärzte der Vergleichsgruppe gleichermaßen betroffen habe. Der Mehraufwand sei auch nicht durch kompensatorische Einsparungen in anderen Leistungsbereichen ausgeglichen. Hierfür müssten die Aufwendungen in dem geltend gemachten Einsparungsbereich geringer als beim Durchschnitt der Fachgruppe sein und dargelegt werden, dass die Einsparungen durch den beanstandeten Mehraufwand kausal bedingt seien (BSG, Urt. v. 11.10.2005, B 6 KA 5/05 B, juris-Rd. 11). Weitere kompensatorische Einsparungen als die - berücksichtigten - Heilmitteleinsparungen habe der Beklagte zu Recht verneint. Eine unterdurchschnittliche Dauer und/oder Anzahl von Arbeitsunfähigkeitszeiten sei nicht nachgewiesen. Den Kläger treffe auch insoweit die Darlegungs- und Feststellungslast (BSG, Urt. v. 27.06.2001, B 6 KA 43/00 R, SozR 3-2500 § 106 Nr. 54, m. w. N.). Im Übrigen weise die Praxis des Klägers eine höhere Anzahl von Rentnern auf. Schon aus diesem Grund müssten die Arbeitsunfähigkeitszeiten geringer ausfallen, ohne dass dies kausal auf den Behandlungsmehraufwand zurückzuführen sei. Für die vom Kläger behauptete Ungleichbehandlung innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Beigeladenen Ziff. 1 würden keinerlei Anhaltspunkte vorliegen. Eine Prüfrichtlinie habe im vorliegend relevanten Zeitraum noch nicht existiert. Allein daraus könne jedoch nicht auf eine Ungleichbehandlung des Klägers geschlossen werden.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 21.07.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 05.08.2011 Berufung eingelegt und zur Begründung vortragen lassen, dem Sozialgericht sei zwar darin zuzustimmen, dass die Prüfvereinbarung nicht festlegen dürfe, wann ein "offensichtliches Missverhältnis" zur Honorarkürzung führe, sie müsse aber jedenfalls Aufgreifkriterien enthalten, um eine gleichmäßige Behandlung der im Bereich der KVBW zugelassenen Vertragsärzte durch die verschiedenen Kammern der Prüfinstanz zu gewährleisten. Die BSG-Rechtsprechung zur Wirtschaftlichkeitsprüfung unter Budgetbedingungen mache eine Regelung in der Prüfvereinbarung nicht entbehrlich. Denkbar seien mehrere Möglichkeiten zur Umsetzung derartiger Kürzungen. Das BSG habe lediglich eine dieser Möglichkeiten für zutreffend erachtet Um eine gleichmäßige Verfahrensweise zu gewährleisten, sei eine Festlegung in der Prüfvereinbarung erforderlich. Aus den angefochtenen Bescheiden ergebe sich auch nicht, wie die Budgetierung im Rahmen der in den streitbefangenen Quartalen geltenden Punktzahlgrenzvolumina berücksichtigt worden sei. Die vom Beklagten getroffene Auswahl der Vergleichsgruppe sei in mehrfacher Hinsicht zu rügen. Der Beklagte habe lediglich den Bereich der ehemaligen KV S. herangezogen und nicht den der gesamten KVBW. Jedenfalls vergleichend hätte eine solche Betrachtung erfolgen müssen, um die Relevanz der statistischen Grundlage zu erhärten. Bezogen auf den gesamten Bereich der KVBW hätte auch die Möglichkeit bestanden, weitere Praxen von Ärzten mit Doppelqualifikation auf chirurgischem und orthopädischem Fachgebiet heranzuziehen. Das hätte dem Wortlaut von § 16 Ziff. 5 PValt entsprochen, wonach das Missverhältnis "zur Fachgruppe" entscheidend sei, insbesondere weil nach den Ausführungen des Sozialgerichts sogar Vergleichsgruppen von lediglich acht Praxen möglich seien. Der Kläger lässt erneut auf die bereits im Verwaltungsverfahren und im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemachten Besonderheiten seiner Praxis hinweisen und ergänzend vortragen, dass auch wegen der Behandlung von BG-Fällen und Unfällen keine Terminvergaben erfolgten. Nur etwa 10-15 Patienten pro Quartal seien zur Konsiliaruntersuchung oder mit Zielauftrag überwiesen worden. Damit liege eine völlig andere Struktur vor als bei der durchschnittlichen orthopädischen Praxis. Auffallend sei ferner, dass von den ca. 85 Praxen, welche der Beklagte für den statistischen Vergleich aus dem Bereich der ehemaligen KV S. zugrunde gelegt habe, der größte Teil als Gemeinschaftspraxen im städtischen Gebiet angesiedelt seien nur ganz wenige ein typisch ländliches Einzugsgebiet hätten. Auch wenn das Sozialgericht die Verwerfungen durch den EBM 2000+ für unerheblich gehalten habe, weil diese alle Praxen treffen würden, sei doch auffallend, dass die signifikanten Abweichungen, welche zur Durchführung der Prüfung beim Kläger geführt hätten, erst ab der Einführung des EBM 2000+ aufgetreten seien. Vorher habe es keine Beanstandungen gegeben. Erfahrungsgemäß erfolge eine Konsolidierung der Abrechnungsweise erst mehrere Quartale nach Einführung einer grundlegend geänderten Gebührenordnung. Dem Kläger sei von zwei Mitarbeitern der KVBW telefonisch mitgeteilt worden, dass deshalb bis zum 3. bzw. 4. Quartal nach Einführung des EBM 2000+ keinerlei statistischen Erkenntnisse oder gar Vergleichsmöglichkeiten bestanden hätten. Erst danach seien Prüfmaßnahmen möglich. Die Prüfung nach Durchschnittswerten habe daher anhand der Grundsätze, wie sie für Anfängerpraxen gelten, stattzufinden. Hiergegen habe der Beklagte verstoßen. Die Prüfung anhand von Durchschnittswerten gehe von einem gleichmäßigen Verhalten der Ärzte einer Fachgruppe aus. Ein derartiges gleichmäßiges Verhalten sei jedoch nach Einführung einer völlig neuen Gebührenordnung mit neuer Systematik ausgeschlossen. Soweit das Sozialgericht dem Kläger auch die Darlegungs- und Feststellungslast bezüglich der Arbeitsunfähigkeitszeiten auferlegt habe, dürfe das Fehlen einer entsprechenden Statistik nicht dem Kläger angelastet werden. Es sei für ihn unmöglich, eine gegenüber der Fachgruppe verminderte Anzahl und Dauer von Arbeitsunfähigkeitstagen nachzuweisen. § 106 Abs. 2 S. 3 SGB V schreibe für die arztbezogene Prüfung ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen auf der Grundlage von arztbezogenen und versichertenbezogenen Stichproben (Abs. 2 S. 1 Ziff. 2) vor, dass diese Prüfungen neben dem zur Abrechnung vorgelegten Leistungsvolumen auch Überweisungen, Krankenhauseinweisungen und Feststellungen der Arbeitsunfähigkeit umfassen müssten. Das Gesetz erlege insoweit eine "Verpflichtung" auf und beschränke sich nicht auf die Vorgabe eines Rahmens. Immerhin habe der Kläger, als die AU-Zeiten noch angegeben worden seien, durchweg meist um 50% unter den AU-Zeiten der Vergleichsgruppe gelegen. Gegebenenfalls müssten diese Unterlagen zur Verifizierung dieser Tatsache noch herangezogen werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30.06.2011 und den Bescheid des Beklagten vom 06.04.2009 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Das Sozialgericht habe insbesondere zutreffend ausgeführt, dass unbestimmte Rechtsbegriffe ("offensichtliches Missverhältnis") durch die Prüfgremien auszufüllen seien. Den Prüfgremien stehe ein gerichtlich nicht überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu, wobei aus dem Klagevorbringen nicht ersichtlich werde, dass und inwieweit der Beklagte gegen die Anwendungsmaßstäbe hierfür verstoßen haben solle. Nicht zu beanstanden sei, dass der Beklagte seiner eigenen, ständigen Verwaltungspraxis entsprechend (nach den Grundsätzen der Selbstbindung der Verwaltung) bei dem hier festgestellten Vorliegen eines offensichtlichen Missverhältnisses eine Kürzung im Gesamtfallwert vorgenommen und dem Kläger eine Überschreitung von 1,5 Sigma über dem Fachgruppendurchschnitt zugestanden habe. Dabei habe der Beklagte in rechtlich nicht zu beanstandender Weise wegen der erkannten Einsparungen im Heilmittelbereich ein weiteres Zugeständnis von 0,5 Sigma gemacht. Auch dies sei im Rahmen einer nicht zu beanstandenden Ermessensentscheidung erfolgt. Mit den weiter vorgetragenen "Praxisbesonderheiten" des Klägers habe sich das Sozialgericht ausführlich und zutreffend auseinandergesetzt. Eine besondere Patientenklientel mit fachgruppenuntypischem Behandlungsaufwand sei nicht erkennbar gewesen. Auch das Argument einer "Landarztpraxis" verfange aus den dargestellten Gründen nicht. Einen höheren Altersdurchschnitt innerhalb der Patientenschaft habe der Kläger nicht substantiiert belegt. Generell seien die Statistiken, die dem Beklagten zur Verfügung stehen würden, rentnergewichtet. Dass eine massive Überalterung innerhalb der Rentnerversicherten (also eine strukturell auffällige hochbetagte Patientenschaft) beim Kläger vorgelegen und zu erhöhtem Behandlungsaufwand geführt habe, sei dem fachkundig besetzten Beklagten nicht offenbar geworden. Auch aus den vorliegenden Behandlungsnachweisen und den Erkenntnissen im Prüfbericht ergebe sich dies nicht. Soweit sich der Kläger mit Blick auf die Neuregelungen des EBM mit einer "Anfängerpraxis" vergleichen lassen wolle, gehe auch dieser Ansatz fehl. Der Kläger sei ein sehr erfahrener Facharzt mit langjähriger Praxistätigkeit. In diesem Zeitraum hätten häufige Änderungen von Abrechnungsbestimmungen stattgefunden. Es gehöre zu den originären Pflichten eines jeden Vertragsarztes, sich über Abrechnungsbestimmungen im Einzelnen zu vergewissern; dafür stünden ausreichend Erkenntnisquellen zur Verfügung. Wenn - bei vergleichbarem Sachverhalt - eine Honorarkürzung bei solchen Vertragsärzten erfolgen könne (und müsse), die wegen der zeitlichen Abfolge noch nicht auf konkrete Ergebnisse einer durchgeführten Wirtschaftlichkeitsprüfung hätten reagieren können (BSG, Urt. v. 28.04.2004, AZ: B 6 KA 24/03 R), könne für den Fall einer Änderung der maßgeblichen Abrechnungsbestimmungen nichts anderes gelten. Schließlich habe sich das Sozialgericht auch ausreichend und zutreffend mit den Einsparungen im Heilmittelbereich auseinandergesetzt und zu Recht dafürgehalten, dass geringere Arbeitsunfähigkeitszeiten weder ersichtlich noch nachgewiesen seien.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Vertreter des Beklagten ergänzend ausgeführt, die arztbezogenen Wirtschaftlichkeitsprüfungen nach Durchschnittswerten würden einheitlich für den Bereich der gesamten KVBW von einem Ausschuss bearbeitet, so dass eine Gleichbehandlung anhand einheitlicher Prüfkriterien schon aus diesem Grund gewährleistet sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie auf die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet über die Berufung in der Besetzung mit ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Krankenkassen und der Vertragsärzte, weil es sich vorliegend um eine Angelegenheit der Vertragsarztrechts handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz, SGG). Streitgegenstand ist allein der Bescheid des Beklagten (Beschwerdeausschuss, vgl. BSG, Urt. v. 29.06.2011, - B 6 KA 16/10 R -).
Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bei einem mit der Klage angefochtenen Kürzungsbetrag von insgesamt 10.170,32 EUR ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft und gem. § 151 SGG auch sonst zulässig.
Die Berufung ist aber nicht begründet. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 06.04.2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Rechtsgrundlage der arztbezogenen Wirtschaftlichkeitsprüfung ist § 106 Abs. 2 Satz 4 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14.11.2003 (gültig ab 01.01.2004), der den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen die Möglichkeit gibt, mit den Kassenärztlichen Vereinigungen über die in § 106 Abs. 2 Satz 1 vorgesehenen Prüfungen hinaus Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen nach Durchschnittswerten oder andere arztbezogene Prüfungsarten zu vereinbaren. Entsprechende Vereinbarungen nach § 106 Abs. 3 SGB V liegen mit der Prüfvereinbarung der damaligen Kassenärztlichen Vereinigung S. vom 26.02.2004 (gültig bis 31.12.2005; im Folgenden (PV alt)) für die Quartale III/2005 und IV/2005 sowie mit der Prüfvereinbarung der Beigeladenen Ziff. 1 vom 25.11.2005 (gültig ab 01.01.2006; im Folgenden (PV neu)) für die Quartale I bis III/2006 vor.
Soweit der Kläger rügt, die Prüfvereinbarungen seien zu unbestimmt, erfüllten nicht die gesetzlichen Vorgaben aus § 106 Abs. 3 SGB V und seien deshalb keine wirksame Rechtsgrundlage für die vorgenommene Kürzung, greift seine Argumentation nicht. In § 106 Abs. 3 Sätze 2 bis 4 SGB V hat der Gesetzgeber Vorgaben für den Inhalt der Prüfvereinbarungen aufgestellt, die sich auf die Durchführung der Zufälligkeitsprüfungen nach § 106 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V (Stichprobenprüfungen), auf Einzelfallprüfungen und auf pauschale Honorarkürzungen beziehen. Für die Wirtschaftlichkeitsprüfungen nach Durchschnittswerten oder andere arztbezogene Prüfungen, die von den Vertragspartnern nach § 106 Abs. 2 Satz 4 SGB V vereinbart werden können, enthält das Gesetz keine weiteren Vorgaben als in § 106 Abs. 3 Satz 1 SGB V, wonach Inhalt und Durchführung der Wirtschaftlichkeitsprüfungen zu vereinbaren sind. Das Sozialgericht hat im Einzelnen dargelegt, welche Regelungen die Prüfvereinbarungen zur arztbezogenen Wirtschaftlichkeitsprüfung in den hier maßgeblichen beiden Fassungen enthalten. Der Senat sieht wie das Sozialgericht keine Anhaltspunkte dafür, dass damit den Vorgaben des Gesetzgebers nicht genügt wäre. Der vom Kläger erhobene Einwand, eine Gleichbehandlung der Ärzte innerhalb des Bereichs der KVBW sei aufgrund nicht ausreichend fixierter Prüfkriterien nicht gewährleistet, verfängt schon deshalb nicht, weil die Honorarprüfungen nach Durchschnittswerten einheitlich für den gesamten Zuständigkeitsbereich der KVBW vom selben Ausschuss durchgeführt werden, worauf der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hingewiesen hat.
Entgegen der Auffassung des Klägers müssen die Prüfvereinbarungen auch keine Vorgaben für die Durchführung der Honorarkürzungen unter Budgetbedingungen enthalten. Die Verfahrens- und Berechnungsweise bei Zusammentreffen von Honorarkürzungen aufgrund von sachlich-rechnerischen Prüfungen und Wirtschaftlichkeitsprüfungen mit den budgetbedingten Honorarbegrenzungen hat das BSG in mehreren Entscheidungen entwickelt. Es hat wiederholt zum Verhältnis von Honorarkürzungen und Budgetierungen Stellung genommen und in nunmehr ständiger Rechtsprechung entschieden, dass auch nach der Einführung von Praxis- und Zusatzbudgets durch den EBM-Ä zum 01.07.1997 die von den Budgets erfassten Leistungen der Wirtschaftlichkeitsprüfung unterliegen (BSG, Urteile vom 15.05.2002 - B 6 KA 30/00 R -, vom 05.11.2003 - B 6 KA 55/02 R - und vom 23.02.2005, - B 6 KA 79/03 R -, jeweils veröffentlicht in Juris). Daran anknüpfend hat das BSG im Urteil vom 11.03.2009 (B 6 KA 62/07 R, in Juris) erneut festgehalten, dass die Honorarbegrenzung durch das Praxisbudget und der daraus folgende praxisindividuelle Punktwert im Falle einer Honorarkürzung nicht neu zu berechnen sind, dass vielmehr auf der Grundlage derjenigen Festlegungen, die anhand des zur Abrechnung vorgelegten Leistungsvolumens erfolgten, auch die Honorarkürzung und -rückforderung bestimmt werden. Hierzu hat das BSG näher ausgeführt, dass bei der Bemessung des Richtigstellungsbetrags an das ursprünglich angeforderte Punktzahlvolumen anzuknüpfen ist. Dieses ist der Ausgangspunkt auch für die Berechnung des Betrags der Honorarkorrektur. Die Punktwerte, die sich aus der Anerkennungsquote ergeben, d.h. aus dem Verhältnis des bei der Honoraranforderung in Ansatz gebrachten Punktzahlvolumens zum Umfang eines honorarbegrenzenden Budgets (Praxisbudget oder Individualbudget), bleiben auch nach einer Korrektur weiterhin maßgeblich (BSG Urteil vom 11.03.2009, a.a.O. RdNr. 15, 17). Diese Vorgaben auch in die Prüfvereinbarungen aufzunehmen, verlangt der Gesetzgeber in § 106 Abs. 3 SGB V indes nicht.
Wenn der Kläger im Berufungsverfahren beanstandet, der Verweis auf die Rechtsprechung des BSG genüge insoweit nicht, da mehrere Möglichkeiten zur Umsetzung der Honorarkürzungen denkbar seien und das BSG sich nur mit einer dieser Möglichkeiten auseinandergesetzt habe, so fehlt es schon an Darlegungen, welche weiteren Berechnungsmöglichkeiten nach Auffassung des Klägers in Betracht kommen sollten und wie sich diese auf die streitgegenständlichen Honorarkürzungen auswirken sollten. Ebenso wenig hat der Kläger etwas dazu vorgetragen, inwieweit der Beklagte bei den durchgeführten Berechnungen der Kürzungen von einem falschen Punktwert ausgegangen sein sollte. Ohne entsprechenden substantiierten Vortrag sieht sich der Senat nicht dazu veranlasst, die Berechnung der Kürzungen auf ihre Richtigkeit im Zusammenhang mit den Budgetierungen zu überprüfen.
Die beiden maßgeblichen Prüfvereinbarungen enthalten Regelungen über die hier angewendete arztbezogene Wirtschaftlichkeitsprüfung der Behandlungsweise nach Durchschnittswerten (§§ 6 Ziff. 1 a), 7 PValt bzw. §§ 3 Ziff. 1, 5 PVneu).
Bei dieser Prüfmethode wird der Aufwand des geprüften Arztes je Fall mit dem durchschnittlichen Aufwand der Vergleichsgruppe - im Regelfall der Arztgruppe, der der Arzt angehört - verglichen. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass die Vergleichsgruppe im Durchschnitt insgesamt wirtschaftlich handelt. Ergibt die Prüfung, dass der Behandlungs- oder Verordnungsaufwand des geprüften Arztes - beim Gesamtfallwert, bei Sparten- oder bei Einzelleistungswerten - in offensichtlichem Missverhältnis zum durchschnittlichen Aufwand der Vergleichsgruppe steht, diesen nämlich in einem Ausmaß überschreitet, das sich nicht mehr durch Unterschiede in der Praxisstruktur wie Praxisbesonderheiten und/oder sog kompensierende Einsparungen erklären lässt, so ist die Folgerung der Unwirtschaftlichkeit gerechtfertigt. Dabei obliegt die Darlegungs- und Feststellungslast für besondere, einen höheren Behandlungsaufwand rechtfertigende atypische Umstände wie Praxisbesonderheiten und kompensierende Einsparungen dem Arzt. Die Prüfgremien sind allerdings zu Ermittlungen von Amts wegen hinsichtlich solcher Umstände verpflichtet, die typischerweise innerhalb der Fachgruppe unterschiedlich und daher augenfällig sind. Bei den erforderlichen Bewertungen haben die Prüfgremien einen Beurteilungsspielraum, sodass deren Einschätzungen von den Gerichten nur in begrenztem Umfang überprüft und ggf. beanstandet werden können (BSG, Urteil vom 21.03.2012 - B 6 KA 18/11 R -, veröffentlicht in Juris m.w.N.).
Nach diesen Grundsätzen haben die Prüfgremien die Leistungserbringung des Klägers in den Quartalen III/2005 bis III/2006 zu Recht der Wirtschaftlichkeitsprüfung unter Anwendung der Prüfmethode der statistischen Vergleichsprüfung unterzogen. Sie haben die Maßgaben des § 106 SGB V und der einschlägigen Prüfvereinbarungen beachtet.
Zu Recht wurde bei der statistischen Vergleichsprüfung auf die Arztgruppe der Orthopäden als Vergleichsgruppe abgestellt. Der Kläger war in den maßgeblichen Quartalen als Facharzt für Orthopädie und Chirurgie in Sp. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Er hat selbst vorgetragen, dass er abrechnungstechnisch der Fachgruppe der Orthopäden zugerechnet worden sei. Die Fachgruppe bildet grundsätzlich die geeignete Vergleichsgruppe (BSGE 62, 24, 27). Wegen Besonderheiten oder Schwerpunkten des zu prüfenden Arztes sind die Prüfgremien nicht von Vornherein verpflichtet, eine engere Vergleichsgruppe zu bilden, etwa mit solchen Ärzten, die dieselbe Zusatzbezeichnung wie der geprüfte Arzt führen (BSG, Urteil vom 15.11.1995 - 6 RKa 58/94 -, veröffentlicht in Juris).
Der Bildung einer engeren - verfeinerten - Vergleichsgruppe bedarf es nur bzw. allenfalls dann, wenn die Struktur der Praxis des geprüften Arztes sowohl hinsichtlich der Zusammensetzung des Patientenklientels als auch hinsichtlich des ärztlichen Diagnose- und Behandlungsangebots von der Typik des Durchschnitts der Fachgruppe signifikant abweicht. Dies kann der Fall sein, wenn ein Arzt eine Zusatz- bzw. Schwerpunktbezeichnung führt, sofern diese Niederschlag im Leistungsspektrum oder in der Ausrichtung der Praxis findet. Die Prüfgremien dürfen solche Abweichungen von der Durchschnittspraxis aber auch - statt durch Bildung einer engeren Vergleichsgruppe - im Rahmen eines späteren Prüfungsschritts als Praxisbesonderheit oder durch Belassung einer größeren Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts berücksichtigen.
Dabei obliegt es dem Arzt, substantiierte Angaben dazu zu machen, dass er einen dementsprechenden Praxisschwerpunkt hat, aus dem sich eine signifikante Abweichung vom durchschnittlichen Typus einer Praxis der Fachgruppe ergibt. Erst dann besteht für die Prüfgremien Anlass zur Überprüfung, ob der geprüfte Arzt wirklich ein entsprechend spezialisiertes Leistungsspektrum aufweist, d.h. ob die Spezialisierung erkennbar Niederschlag im Leistungsspektrum oder in der Ausrichtung der Praxis gefunden hat. Ist dies zu bejahen, so haben die Prüfgremien in die Überlegung einzutreten, ob sie eine verfeinerte Vergleichsgruppe bilden oder ob sie eine Praxisbesonderheit anerkennen oder ob sie die Spezialisierung rein rechnerisch durch großzügige Belassung von Durchschnittsüberschreitungen berücksichtigen. Gleiches gilt – erst recht –, wenn ein abweichender Patientenzuschnitt oder ein abweichendes Leistungsspektrum nicht auf Grund einer Zusatz- bzw. Schwerpunktbezeichnung vorliegt, sondern – ohne förmliche Zuerkennung – durch eine sonstige besondere Qualifikation und die darauf gegründete Spezialisierung bedingt ist. In solchen Fällen besteht – noch weniger als in den Fällen einer förmlichen Zusatz- bzw. Schwerpunktbezeichnung – ebenfalls keine Pflicht zur Bildung einer engeren Vergleichsgruppe (Clemens in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 106 SGB V, Rn. 140 f.).
Nach diesen Grundsätzen ist es nicht zu beanstanden, dass die Prüfgremien sich nicht veranlasst gesehen haben, eine engere Vergleichsgruppe zu bilden. Auch der Beklagte ist im Rahmen seines Beurteilungsspielraumes nicht verpflichtet gewesen, eine engere Vergleichsgruppe der Ärzte mit Doppelzulassung Orthopädie und Chirurgie zu bilden. Aus den für die streitgegenständlichen Quartale erstellten Prüfberichten ergibt sich, dass chirurgische Ziffern des EBM eher selten abgerechnet wurden, die chirurgische Tätigkeit des Kläger daher der orthopädischen deutlich untergeordnet war. Selbst wenn der Kläger darauf hingewiesen hat, dass die nach den GNRn 34220 und 34210 EBM abgerechneten Röntgenleistungen nicht auf orthopädischem Gebiet, sondern aus unfallchirurgischen Gründen zum Ausschluss von Rippen- und anderen Frakturen veranlasst gewesen seien, so entkräftet dies die Feststellung der Prüfgremien nicht, dass spezifische chirurgische Leistungen eher selten abgerechnet worden seien. Auch wenn der Kläger betont, die Doppelzulassung habe seine Patientenklientel geprägt, so spiegelt sich dies jedenfalls nicht in seinem Abrechnungsverhalten wieder. Näher substantiiert hat der Kläger seinen Vortrag hierzu nicht. Ebenso wenig hat er dargelegt, warum sich aus der Lage seiner Praxis im ländlichen Raum die Notwendigkeit der Bildung einer engeren Vergleichsgruppe ergeben sollte. Der Beklagte war es daher nicht verwehrt, im Rahmen seines Beurteilungsspielraums auf die Vergleichsgruppe der Orthopäden im Bereich S. abzustellen. Der Beklagte war auch nicht dazu gehalten, die Vergleichsgruppe ab dem Quartal I/2006 aus den gesamten Bereich der KV Baden-Württemberg zu bilden, da die herangezogenen Vergleichsgruppen mit mehr als 80 Ärzten jeweils groß genug waren, um das durchschnittliche Abrechnungsverhalten zuverlässig abzubilden.
Die Prüfgremien haben auch zutreffend festgestellt, dass die Abrechnungen des Klägers in einem offensichtlichen Missverhältnis zu den Abrechnungen der Vergleichsgruppe stehen. Auch bei der Festlegung des offensichtlichen Missverhältnisses haben die Prüfgremien einen Beurteilungsspielraum (BSG, Urteil vom 19.10.2011 - B 6 KA 38/10 R – veröffentlicht in Juris). Eine Unwirtschaftlichkeit ist anzunehmen, wenn der Fallwert des geprüften Arztes so erheblich über dem Vergleichsgruppendurchschnitt liegt, dass sich die Mehrkosten nicht mehr durch Unterschiede in der Praxisstruktur und den Behandlungsnotwendigkeiten erklären lassen und deshalb zuverlässig auf eine unwirtschaftliche Behandlungsweise als Ursache für die erhöhten Aufwendungen geschlossen werden kann. Wann dieser mit dem Begriff des offensichtlichen Missverhältnisses gekennzeichnete Überschreitungsgrad erreicht ist, hängt von den Besonderheiten des jeweiligen Prüfungsgegenstandes und den Umständen des konkreten Falles ab und entzieht sich einer allgemeinverbindlichen Festlegung (BSG, Urteil vom 21.03.2012 - B 6 KA 18/11 R -, in Juris; Urteil des Senats vom 26.09.2012 - L 5 KA 4791/11 -; SG Marburg, Urteil vom 15.05.2013 - S 12 KA 255/13 ER - , in Juris). Entgegen der Auffassung des Klägers ist daher nicht zu beanstanden, dass die für die streitgegenständlichen Quartale maßgeblichen Prüfvereinbarungen den Wert für ein offensichtliches Missverhältnis bei einer Überschreitung des Gesamtfallwertes nicht vorgeben.
Es ist auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte hier für die Annahme eines offensichtlichen Missverhältnisses auf den Grenzwert von 1,5 Sigma über dem Fachgruppendurchschnitt abgestellt hat. Dies entspricht nach den Ausführungen des Beklagten im Berufungsverfahren seiner ständigen Verwaltungspraxis. Wird dem statistischen Kostenvergleich - wie hier - die Methode "Randlage in der Normalverteilung" zugrunde gelegt, kann die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis ab einer Überschreitung des Fachgruppendurchschnittes von 1,3 bis 1,6 Sigma angesetzt werden (vgl. Spellbrink, Wirtschaftlichkeitsprüfung im Kassenarztrecht, 1994, Rz 608 f; Gaus, Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungs- und Verordnungsweise des Kassenarztes, Statistische Betrachtungen, 1988, S. 9). Nach dieser Methode wird bei der Bestimmung der Standartabweichung die normale Streubreite innerhalb der Vergleichsgruppe berücksichtigt. Mit der Festsetzung von 1,5 Sigma hat der Beklagte daher seinen Beurteilungsspielraum nicht überschritten.
Der Beklagte hat im Hinblick auf die signifikanten Unterschreitungen des Klägers bei den Heilmittelkosten über die Zuerkennung einer Überschreitensgrenze von 1,5 Sigma dem Kläger weitere 0,5 Sigma zugestanden, die Kürzung mithin erst bezüglich der 2,0 Sigma übersteigenden Abweichungen vorgenommen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Beklagte verpflichtet gewesen wäre, dem Kläger weitergehende Abweichungen in seinem Abrechnungsverhalten aufgrund von Praxisbesonderheiten zuzugestehen. Das Sozialgericht hat sich mit den vom Kläger geltend gemachten Besonderheiten seiner Patientenklientel umfassend auseinandergesetzt und ausführlich dargelegt, warum die Praxis des Klägers keine relevanten Besonderheiten aufweist, die die vom Beklagten vorgenommene Kürzung ihrem Umfang nach als beurteilungsfehlerhaft erschienen ließen. Der Senat schließt sich der Auffassung des Sozialgerichts an und verweist insoweit auf die Ausführungen im angegriffenen Urteil (§ 153 Abs. 2 SGG). Der Kläger hat im Berufungsverfahren seine Einwendungen hierzu lediglich wiederholt, ohne diese weiter zu vertiefen oder weitergehende besondere Merkmale seiner Praxis aufzuzeigen.
Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, seine überdurchschnittlichen Honorarforderungen seien durch Unsicherheiten im Umgang mit dem neuen EBM 2000+ begründet mit der Folge, dass der Beklagte ihn bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung wie eine Anfängerpraxis hätte behandeln müssen. Eine einheitliche Abrechnungspraxis habe es nach der Einführung des neuen Vergütungssystems nicht gegeben. Dem hat der Beklagte zu Recht entgegen gehalten, die Umstellung auf den neuen EBM habe alle Praxen gleichermaßen betroffen und der Kläger sei als langjährig tätiger und erfahrener Arzt bereits mit verschiedenen Änderungen des Vergütungssystems konfrontiert gewesen und müsse es daher gewohnt sein, sein Abrechnungsverhalten entsprechend umzustellen. Dem schließt sich der Senat an. Denn die Behandlung als Anfängerpraxis erfolgt ihrem Sinn und Zweck nach als Praxisbesonderheit, da sich in Anfängerpraxen aufgrund der neuen Patientenschaft ein erhöhter Behandlungsbedarf etwa durch die erforderliche Erstdiagnostik ergibt (vgl. Bahner, Honorarkürzungen, Arzneimittelregresse, Heilmittelregresse, 2006, S. 202). Derartige Umstände, die die Praxis des Klägers von anderen Praxen unterscheiden würden, sind bei der Umstellung auf den EBM 2000+ nicht zu erkennen. Zwar mögen die überdurchschnittlichen Honorarforderungen des Klägers durchaus erst nach der Einführung dieses neuen Vergütungssystems aufgetreten sein. Der Kläger hat aber jedenfalls nach den erfolgten Rückforderungen sein Abrechnungsverhalten auf den neuen EBM eingestellt, was er im erstinstanzlichen Verfahren auch eingeräumt hat.
Wenn der Kläger schließlich beanstandet, vom Beklagten sei unberücksichtigt geblieben, dass er bei der Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeitszeiten stets unterdurchschnittlich geblieben sei, so kann er auch damit keinen Erfolg haben. Entsprechende Erhebungen werden nicht mehr vorgenommen, so dass diesem Kriterium vom Beklagten keine maßgebliche Bedeutung für die Wirtschaftlichkeitsprüfung mehr beigemessen werden kann. Der Kläger kann somit keinen Nachweis dafür erbringen, dass er auch in den maßgeblichen Quartalen unterdurchschnittliche Arbeitsunfähigkeitsfälle gehabt hat. Diese fehlende Aufklärbarkeit geht zu Lasten des Klägers, der für derartige Praxisbesonderheiten ungeachtet der Amtsaufklärungspflicht des Beklagten nachweispflichtig bleibt. Im Übrigen wäre selbst bei gelingendem Nachweis der behaupteten unterdurchschnittlichen Arbeitsunfähigkeitszeiten noch kein Nachweis für einen besonderen Behandlungsaufwand, der kausal für die erhöhten Honorarforderungen des Klägers gewesen sein könnte, geführt. Bei der von ihm behaupteten überdurchschnittlich alten Patientenschaft kann dieser Umstand auch bereits aus der Altersstruktur selbst begründet sein und nicht aus der festgestellten Häufung von Diagnose- und Behandlungsleistungen des Bewegungsapparates und der Wirbelsäule. Hinsichtlich der Altersstruktur selbst hat das Sozialgericht bereits zutreffend ausgeführt, dass diese keine gesondert zu berücksichtigende Praxisbesonderheit darstellt, weil bereits die zugrunde liegenden statistischen Auswertungen rentnergewichtet seien (vgl. hierzu auch Clemens in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 106 SGB V RdNr. 156).
Nach alledem ist der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 06.04.2009 nicht zu beanstanden. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, die Berufung des Klägers konnte keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 und 3 sowie § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese insbesondere keine Sachanträge gestellt und damit ein Prozessrisiko nicht übernommen haben.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Der Streitwert wird auf 10.170,32 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über Honorarkürzungen in den Quartalen III/2005 bis III/2006 wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise.
Der Kläger war seit 1980 als Facharzt für Orthopädie und Chirurgie in Sp. zugelassen und nahm in den maßgeblichen Quartalen an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Zum 31.12.2008 hat er seine Praxistätigkeit beendet.
Aufgrund von Anträgen der Beigeladenen Ziff. 1) vom 28.03.2006 (betr. Quartal III/2005), 21.06.2006 (betr. Quartal IV/2005) und 19.12.2006 (betr. Quartal I/2006) führte der PBA Wirtschaftlichkeitsprüfungen hinsichtlich der Behandlungsweise des Klägers in den betreffenden Quartalen durch.
In seiner Sitzung vom 02.05.2007 beschloss der Prüfungsausschuss das Honorar des Klägers in den Quartalen III/2005 bis 1/2006 um insgesamt 4.295,71 EUR zu kürzen. Ausweislich der Begründung im Bescheid vom 26.07.2007 war eine Prüfung auf der Grundlage des statistischen Vergleichs durchgeführt worden, bei der die Abrechnungen des Klägers mit der Fachgruppe der Orthopäden verglichen worden waren. Der PBA führte aus, die Vergleichsgruppe mit 88, 87 bzw. 85 Ärzten und der Umfang der Abrechnungen des Klägers mit 1.091, 1.159 bzw. 1.147 Fällen seien ausreichend groß zur Bildung von aussagekräftigen Durchschnittswerten. Die Statistik habe folgende Auffälligkeiten in der Zwischensumme 5 (Gesamtfallwert) ergeben:
Quartal Falldurchschnitt Falldurchschnitt Abweichung Streubreite Abweichung AGR (gewichtet) Arzt absolut 1,0 Sigma in Punkte Punkte Punkte n. Gauss Sigma III/05 1.200,6 2.079,7 879,1 232,7 3,78 IV/05 1.242,8 2.381,6 1.138,8 253,5 4,49 1/06 1.271,7 2.172,1 900,5 262,9 3,43
Die Werte zeigten bei der "Zwischensumme 5" ein offensichtliches Missverhältnis zum Fachgruppendurchschnitt. Ab einem Grenzwert von 1,5 Sigma werde ein offensichtliches Missverhältnis angenommen. Die daraus folgende Vermutung der Unwirtschaftlichkeit könne nur durch Praxisbesonderheiten und/oder Einsparungen, die mit den Mehraufwendungen in ursächlichem Zusammenhang stünden, widerlegt werden. Die massive Überschreitung resultiere hauptsächlich aus der Abrechnung der Gebührennummern (GNR) 18311 (Diagnose/Behandlung Stütz- und Bewegungsapparat Erwachsener) und 18331 (Diagnose/Behandlung degenerativer Erkrankungen der Wirbelsäule) nebeneinander. Gleichzeitig sei fast regelmäßig geröntgt und Chirotherapie erbracht sowie eine Analgesie von Spinalnerven nach der GNR 30724 durchgeführt worden. Chirurgische Gebührennummern und chirurgische Diagnosen hätten sich in den Abrechnungen des Quartals III/2005 nicht und in den Abrechnungen des Quartals IV/2005 nur selten gefunden. Es seien Überschreitungen im Arzneimittelbereich und Unterschreitungen im Heilmittelbereich festgestellt worden. Aufgrund der Feststellungen des Prüfungsausschusses werde die Zwischensumme 5 gekürzt, wobei dem Kläger eine Restüberschreitung von 1,5 Sigma über dem Arztgruppendurchschnitt sowie 0,5 Sigma für Einsparungen bei den Heilmittelkosten belassen würden. Mit der verbleibenden Restüberschreitung werde etwaigen nicht erkennbaren Besonderheiten, die einen höheren Behandlungsbedarf rechtfertigten, ausreichend Rechnung getragen.
Hiergegen erhob der Kläger am 24.08.2007 Widerspruch. Zur Begründung machte er Besonderheiten seiner Praxis geltend. Er sei sowohl als Orthopäde als auch als Chirurg zugelassen und verfüge über die Zusatzbezeichnungen Sportmedizin, Akupunktur, Sonographie/Säuglinge und Bewegungsorgane, D-Arzt, Teilradiologie, Chirotherapie, ambulantes Operieren und psychosomatische Grundversorgung. Die Praxis sei eine ländliche Praxis mit großem Einzugsgebiet von ca. 115.000 Einwohnern. Das örtliche Krankenhaus habe keine Befugnis ambulant zu behandeln. Er sei der einzige vertragsärztlich tätige Orthopäde am Ort. Die Praxis werde als Akutpraxis geführt, d. h. es würden keinerlei Termine vergeben, deshalb aber entsprechend lange Sprechzeiten angeboten. Die Statistik weise einen hohen Überweisungsanteil und keine Konsiliarfälle aus. Aufgrund der Überweisungen als Mitbehandlung bzw. Weiterbehandlung entstehe ein hoher Kostenanteil durch zahlreiche Erkrankungen desselben Mitglieds innerhalb des Behandlungszeitraums. Hierdurch lägen die Arzneimittelkosten höher. Außerdem weise die Praxis einen um etwa 10 Jahre höheren Altersdurchschnitt auf. Sie liege zudem in einem ungünstigen Klima-Kältereizbereich mit nass-kaltem Klima, weshalb eine Anfälligkeit für degenerative und rheumatische Erkrankungen vorliege. Der Therapieaufwand sei dadurch in den Wintermonaten erhöht. Dies werde auch an der Arzneimittelstatistik deutlich. Er habe viele Dauerbehandlungsfälle bei schwersten Erkrankungen. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass er Einsparungen im Bereich der Heilmittel von über 70 Prozent gegenüber der Fachgruppe vorweisen könne. Zudem bestünden Besonderheiten in der Behandlung der Patienten, da er die Injektionsbehandlung bevorzuge, weil er sie für effektiver als die medikamentöse Behandlung halte. Dadurch werde die Dauer der Arbeitsunfähigkeitszeiten wesentlich verkürzt. Als hierfür noch Statistiken geführt worden seien, sei seine Praxis immer mit 50 Prozent und mehr unter dem Fachgruppendurchschnitt gelegen. Innerhalb seiner 28-jährigen Tätigkeit in Sp. sei er bislang nie einem Regress ausgesetzt gewesen. Diese Probleme seien erst mit Einführung des EBM 2000plus und des neuen Arzneimittelverordnungsrechts entstanden. Die häufige Nebeneinanderabrechnung der GNR 18311 und 18331 sowie das häufige Röntgen sei auf die Überalterung seiner Patienten zurückzuführen. Soweit häufig Chirotherapie kombiniert mit Spinalnervenanalgesie angewandt worden seien, sei dies aufgrund klinischer Notwendigkeit erfolgt. Zu dem Einwand, es seien keine unfallchirurgischen Behandlungen erfolgt, sei darauf hinzuweisen, dass sich hinter den GNR 34220 und 34210, die weit überdurchschnittlich im Vergleich zu der Fachgruppe der Orthopäden abgerechnet worden seien, chirurgische Fälle (Ausschluss von unfallbedingten Frakturen) verbergen würden.
Durch seinen Rechtsanwalt ließ der Kläger ergänzend vortragen, es sei fraglich, ob die Prüfantragsfristen gewahrt seien. Die geltenden Prüfvereinbarungen seien außerdem zu unbestimmt. Es fehlten Kriterien dafür, wann ein offensichtliches Missverhältnis anzunehmen sei und in welchem Umfang Prüfmaßnahmen stattfinden dürften. Das Gesetz mache in § 106 SGB V genaue Vorgaben, was in den Prüfvereinbarungen zu regeln sei. Die Regelungen der Prüfvereinbarung erfüllten diese Vorgaben nicht und bildeten daher keine wirksame Rechtsgrundlage. Die Prüfvereinbarung sehe zudem keine Regelung vor, wie unter Budgetbedingungen eine Prüfung stattzufinden habe. Eine Kürzung in den budgetierten Bereich hinein sei nicht zulässig, erst Recht nicht ohne entsprechende rechtliche Grundlage. Da die ab dem ersten Quartal 2006 gültige Prüfvereinbarung einheitlich für den gesamten Bereich der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg gelte, müsse auch eine einheitliche Beurteilung aller Prüffälle des Quartals I/2006 stattfinden.
Nach weiteren Anträgen der Beigeladenen Ziff. 1 vom 21.03.2007 und 20.06.2007 führte der PBA auch hinsichtlich der Quartale II/2006 und III/2006 Prüfungen der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise des Klägers durch. In der Sitzung vom 28.11.2007 beschloss der Prüfungsausschuss für diese Quartale eine Honorarkürzung in Höhe von insgesamt 5.874,61 EUR. Im Bescheid vom 25.02.2008 wurden folgende statistische Auffälligkeiten in der Zwischensumme 5 (Gesamtfallwert) dargelegt:
Quartal Falldurchschnitt AGR (gewichtet) Punkte Falldurchschnitt Arzt Punkte Abweichung absolut Punkte Streubreite 1,0 Sigma n. Gauss Abweichung in Sigma II/06 1.232,5 1.955,6 723,1 232,0 3,11 III/06 1.221,6 1.924,6 703,0 207,2 3,39
Es wurde erneut ein offensichtliches Missverhältnis der "Zwischensumme 5" zum Fachgruppendurchschnitt angenommen, da der Grenzwert von 1,5 Sigma überschritten sei. Die Gründe für die massive Überschreitung sah der PBA in den gleichen Umständen wie in den vorangegangenen drei Quartalen. Der Umfang der Kürzungen wurde in gleicher Weise wie im Kürzungsbescheid vom 26.07.2007 begründet
Hiergegen erhob der Kläger am 18.03.2008 Widerspruch.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.04.2009 wies der Beklagte die Widersprüche des Klägers gegen die Honorarkürzungen zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen angegeben, der Kläger liege beim Gesamthonorar im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses. Daher werde die Unwirtschaftlichkeit der Behandlungsweise vermutet. Folge sei, dass sich die Beweislast umkehre. Ein Nachweis, dass der Kläger trotz des offensichtlichen Missverhältnisses wirtschaftlich gehandelt habe, sei nicht derart erbracht worden, dass die angefühlten Besonderheiten mit mehr als mit den zusätzlich gewährten 0,5 Sigma bewertet werden könnten. Die Einsparungen bei den Heilmittelverordnungen (95.150,54 EUR in den Quartalen III/2005 bis I/2006 und 50.482,64 EUR in den Quartalen II/2006 und III/2006) seien als Besonderheit berücksichtigt worden. Die vom Kläger angeführten weiteren Besonderheiten würden durch die große Vergleichsgruppe ausreichend berücksichtigt. Die Statistiken seien zudem bereits rentnergewichtet. Die Problematik des EBM 2000plus betreffe alle Praxen. Die vorgelegte Klimakarte zeige Abweichungen im süddeutschen Raum sowohl bezüglich der Wärme- wie auch der Kältebelastung. Die große Vergleichsgruppe fange etwaige "Ausreißer" in ausreichend großem Umfang ein. Der fachkundig besetzte Beschwerdeausschuss habe bezüglich der Praxisklientel und der abgerechneten Diagnosen keine Besonderheiten, die nicht in der zugestandenen Erhöhung um 0,5 Sigma ausreichend berücksichtigt seien, erkennen können. Die vom Kläger festgestellten geringeren Arbeitsunfähigkeitszeiten würden in keiner Statistik erfasst und ließen sich daher vom Kläger nicht nachweisen.
Am 06.05.2009 erhob der Kläger dagegen Klage zum Sozialgericht Stuttgart. Zur Begründung wiederholte er zunächst die bereits im Widerspruchsverfahren geltend gemachten formellen Rügen gegen die Prüfvereinbarungen und verwies insoweit auf seinen früheren Vortrag. Ferner ließ er beanstanden, der Beklagte sei auf die Problematik der Vergleichsgruppe nicht eingegangen. Der Kläger sei als Facharzt für Chirurgie und Orthopädie niedergelassen. Dies präge seine Klientel. Eine statistische Prüfung anhand der Fachgruppe der Orthopäden sei nicht zulässig. Desweiteren sei der Kläger nur mit den Orthopäden im Bereich der Bezirksdirektion F. verglichen worden. Es müssten aber alle Ärzte Baden-Württembergs in die Vergleichsprüfung einbezogen werden. Insoweit sei auch nicht ersichtlich, ob sich der Beklagte an die von der Prüfvereinbarung geforderten Prüfrichtlinien gehalten habe und ob es solche überhaupt gebe. Falls es solche Richtlinien nicht gegeben habe, sei davon auszugehen, dass die Ärzte in Baden-Württemberg ungleich behandelt worden seien. Die Patienten des Klägers seien im Durchschnitt mehr als 10 Jahre älter als die der Vergleichsgruppe. Dies könne die Rentnergewichtung allein nicht ausgleichen. Die klägerische Praxis weise zudem eine völlig andere Struktur auf als durchschnittliche orthopädische Praxen. Die Patienten erschienen entweder unmittelbar oder auf Überweisung zur Mitbehandlung. Termine würden keine vergeben. Nur ein verschwindend geringer Prozentsatz würde zur Konsiliaruntersuchung oder mit Zielauftrag überwiesen. Die Patienten kämen auch von weit her. Zudem habe der Kläger eine umfangreiche Sprechstunde. Desweiteren sei die Einführung des EBM 2000plus zu berücksichtigen, auch wenn dieser Umstand alle Praxen betroffen habe. Wegen der dadurch entstandenen Abrechnungsunsicherheiten seien aber zumindest bei der Bemessung der Höhe der Kürzung die Grundsätze, die das Bundessozialgericht für Anfängerpraxen aufgestellt habe, heranzuziehen. Soweit in den Bescheiden unterschwellig der Vorwurf der Falschabrechnung mitschwinge, sei darauf hinzuweisen, dass der Kläger die genannten Leistungen im Zusammenhang erbracht habe, so dass eine erneute Einbestellung des Patienten habe vermieden werden können. Die Anführung von Diagnosen nicht-orthopädischer Erkrankungen sei aus Gründen der Differenzialdiagnostik erforderlich. Die Überalterung der Patienten des Klägers erfordere erheblich mehr Behandlungen innerhalb eines Quartals sowie die Behandlung von Erkrankungen an verschiedenen Körperregionen. Mehrfachdiagnosen habe der Prüfungsausschuss zudem im Rahmen eines in der Vergangenheit liegenden Arzneimittelregresses beim Kläger anerkannt, was dazu geführt habe, dass keine Maßnahme verhängt worden sei. Dem Kläger könne auch nicht zum Nachteil gereichen, dass keine Statistiken zu Arbeitsunfähigkeitstagen mehr geführt würden. Seinerzeit sei er in diesem Bereich zumeist unter 50 % gelegen.
Der Beklagte entgegnete dem, die formellen Einwände seien unbegründet, die Prüfantragsfristen eingehalten. Ob und unter welchen Voraussetzungen "ein offensichtliches Missverhältnis" angenommen werde, sei im pflichtgemäßen Ermessen des Beklagten zu beurteilen und nicht in den Prüfvereinbarungen zu regeln. Durch die Rechtsprechung sei geklärt, dass auch unter Budgetbedingungen eine Honorarkürzung wegen Unwirtschaftlichkeit erfolgen könne. Die Prüfrichtlinien würden keiner Veröffentlichungspflicht unterliegen. Subjektive Rechtsverletzungen könne der Kläger insoweit nicht geltend machen. Die herangezogene Vergleichsgruppe sei nicht zu beanstanden. Anhaltspunkte für vermehrte chirurgische Eingriffe hätten ausweislich der Prüfberichte nicht vorgelegen. Die wenigen festgestellten chirurgischen Fälle seien durch die Zubilligung einer Überschreitungsgrenze von 2,0 Sigma angemessen berücksichtigt. Der Kläger sei entsprechend den Eintragungen im Arztregister und unter Berücksichtigung der jeweiligen Weiterbildungsordnung in die für ihn zutreffende Fachgruppe eingeordnet worden. Weshalb ein Vergleich innerhalb der Fachgruppe der Orthopäden bezogen auf den Zulassungsbezirk S. nicht geeignet sei, Aussagen zur durchschnittlichen Ansatzhäufigkeit und Wirtschaftlichkeit der abgerechneten Leistungsziffern zu treffen, sei nicht substantiiert dargetan worden. Die Überalterung der Patienten sei nach der Rechtsprechung keine Praxisbesonderheit. Zudem sei die statistische Auswertung rentnergewichtet erfolgt. Die Auffälligkeiten bei den Abrechnungen des Klägers ließen sich auch nicht mit den Abrechnungsschwierigkeiten im Zusammenhang mit der Einführung des EBM 2000plus erklären. Aufgrund der langjährigen Berufserfahrung müsse der Kläger damit umgehen können. Die Beigeladene Ziff. 1 informiere regelmäßig über Abrechnungsbesonderheiten. Auch lange Sprechstunden oder ein weiter Einzugsbereich ließen keine Rückschlüsse auf die Patientenstruktur zu und könnten ebenfalls keine Praxisbesonderheit begründen. Überweisungen könnten nur dann Berücksichtigung finden, wenn der Arzt mit vielen gezielten Überweisungsaufträgen konfrontiert sei. Dies sei nach dem eigenen Vortrag des Klägers gerade nicht der Fall.
Sowohl der Prüfarzt als auch der Prüfungsausschuss hätten zutreffend hinterfragt, ob und inwieweit der Kläger sein Abrechnungsverhalten immer an der jeweiligen Leistungslegende der Abrechnungsziffer orientiert habe. Zweifel wären etwa dadurch begründet, dass der Kläger zwar einerseits dargetan haben, eine Laufpraxis zu betreiben, andererseits aber eine hohe Anzahl von Schmerzpatienten behandelt haben wolle. Der Behandlungsaufwand von Schmerzpatienten könne aber ohne Terminvergabe kaum nach den Leistungslegenden erbracht werden. Dies hätte der Kläger im Rahmen einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung gegebenenfalls erläutern müssen. Derartige Erwägungen seien jedoch weder für die Beurteilung der statistischen Auffälligkeiten noch für die Ermessenausübung herangezogen worden. Die Arbeitsunfähigkeit werde seit Jahren nicht mehr statistisch erfasst. Die diesbezüglich behaupteten Einsparungen könnten vom Kläger nicht bewiesen werden. Auch ein kausaler Zusammenhang werde nicht deutlich, zumal ein deutlicher Mehraufwand im Arzneimittelverordnungsbereich festgestellt worden sei, der sich erst in den Quartalen II und III/2006 abgemildert habe. Die Heilmittelersparnisse seien im Rahmen der Ermessenentscheidung berücksichtigt worden, obgleich auch hier eine Kausalität nicht habe gesehen werden können.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 30.06.2011 ab. Rechtsgrundlage des Bescheides vom 06.04.2009 sei § 106 Abs. 2 Satz 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14.11.2003 (gültig ab 01.01.2004) in Verbindung mit der Prüfvereinbarung der damaligen Kassenärztlichen Vereinigung S. vom 26.02.2004 (gültig bis 31.12.2005; i. F. (PV alt)) bzw. für die Quartale I bis III/2006 in Verbindung mit der Prüfvereinbarung der Beigeladenen Ziff. 1 vom 25.11.2005 (gültig ab 01.01.2006; i.F. (PV neu)). Rechtliche Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit der vorliegend einschlägigen Normen der Prüfvereinbarungen bestünden nicht. Das Gesetz mache keine näheren Vorgaben für die angewandte statistische Prüfmethode. Nach § 106 Abs. 3 Satz 1 SGB V seien Inhalt und Durchführung dieser Prüfmethode zu vereinbaren. Dies sei in den einschlägigen Prüfvereinbarungen hinreichend konkret geschehen. Die Prüfmethode werde definiert (§ 7 PV alt bzw. § 5 PV neu), das Prüfverfahren vor den Prüfungsgremien festgelegt (§§ 14 ff. PV alt bzw. §§ 12 ff. PV neu) und die möglichen Maßnahmen nach festgestellter Unwirtschaftlichkeit würden im Einzelnen benannt (§16 PV alt bzw. § 11 PV neu). Auch das Verhältnis der Prüfmethoden zueinander werde in den Prüfvereinbarungen geregelt (§15 PV alt bzw. § 4 PV neu). Dabei sei es zulässig gewesen, die statistische Vergleichsprüfung auch noch nach der gesetzlichen Neuregelung des § 106 Abs. 2 SGB V zum 01.01.2004 als Regelprüfmethode zu vereinbaren (BSG, Urt. v. 09.04.2008, B 6 KA 34/07 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 18). Ungeachtet der Frage, ob die Prüfvereinbarung Grenzwerte für das Vorliegen eines offensichtlichen Missverhältnisses überhaupt festlegen dürfe, seien die Vertragspartner jedenfalls nicht verpflichtet, Grenzwerte in der Prüfvereinbarung zu normieren. Denn bei der Festlegung des Grenzwertes für das offensichtliche Missverhältnis stehe den Prüfgremien ein Beurteilungsspielraum zu (BSG, Urt. v. 30.11.1994, 6 RKa 16/93, SozR 3-2500 § 106 Nr. 25 m. w. N.). Bei der statistischen Vergleichsprüfung sei dann eine Unwirtschaftlichkeit anzunehmen, wenn der Fallwert des geprüften Arztes so erheblich über dem Vergleichsgruppendurchschnitt liege, dass sich die Mehrkosten nicht mehr durch Unterschiede in der Praxisstruktur und den Behandlungsnotwendigkeiten erklären ließen und deshalb auf eine unwirtschaftliche Behandlungsweise als Ursache der erhöhten Aufwendungen geschlossen werden könne. Wann dieser mit dem Begriff des offensichtlichen Missverhältnisses gekennzeichnete Überschreitungsgrad erreicht sei, hänge von den Besonderheiten des jeweiligen Prüfungsgegenstandes und den Umständen des konkreten Falles ab und entziehe sich damit einer allgemein verbindlichen Festlegung (BSG, Urt. v. 15.03.1995 6 RKa 37/93, SozR 3-2500 § 106 Nr. 26). Wann eine Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis übersteige, bedürfe daher in jedem Einzelfall der individuellen Festlegung (BSG, Urt. v. 30.11.1994, 6 RKa 16/93, SozR 3-2500 § 106 Nr. 25). Die Prüfvereinbarung müsse nicht regeln, wie unter Budgetbedingungen eine Wirtschaftlichkeitsprüfung zu erfolgen habe. Es sei höchstrichterlich geklärt, dass die Wirtschaftlichkeitsprüfung ungeachtet der Überschreitung von Praxis- und/oder Zusatzbudgets zu erfolgen habe (BSG, Urt. v. 15.05.2002, B 6 KA 30/00 R, SozR 3-2500 § 87 Nr. 32, m. w. N.; Urt. v. 05.11.2003, B 6 KA 55/02 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 4; Urt. v. 23.02.2005, B 6 KA 79/03 R,ArztR 2005, 291). Die Regelungen der Prüfvereinbarungen zu den Zufälligkeits- und Einzelfallprüfungen seien ebenso wenig zu prüfen wie die pauschalen Honorarkürzungen im Falle von Mehrfachverstößen, da diese Regelungen für den Fall des Kläger nicht einschlägig seien und eine abstrakte Normenkontrolle nicht stattfinde. Der angefochtene Bescheid vom 06.04.2009 sei formell und materiell rechtmäßig. Die Verwaltungsentscheidung halte sich im Rahmen des dem Beklagten zustehenden Beurteilungsspielraums. Dieser habe zu Recht bei der hier anzuwendenden statistischen Vergleichsmethode die Gruppe der Fachärzte für Orthopädie zugrundegelegt, da der Kläger in den streitgegenständlichen Quartalen keine bzw. nur wenige chirurgische Leistungen abgerechnet habe. Eine engere Vergleichsgruppe habe nicht gebildet werden müssen. Auch die Entscheidung über die Bildung engerer Vergleichsgruppen unterliege dem Beurteilungsspielraum der Prüfgremien (BSG, Urt. v. 27.04.2005, B 6 KA 39/04 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 10). Die Bildung engerer Vergleichsgruppen sei nur dann geboten, wenn ein erheblich unterschiedliches individuelles Abrechnungsverhalten in der Vergleichsgruppe nur noch rein rechnerisch zu einem statistisch-mathematischen Mittelwert führe, der aber in der Realität von kaum einem Arzt oder innerhalb größerer Gruppen nur von einzelnen, für die Gesamtgruppe deshalb nicht repräsentativen Ärzten abgerechnet worden sei (BSG, Urt. v. 27.04.2005, B 6 KA 39/04 R, a. a. O.). In einem solchen Fall sei die Vergleichsgruppe inhomogen und daher für einen Vergleich nicht geeignet. Vorliegend habe der Kläger nicht konkret dargelegt, woraus sich eine Inhomogenität der Vergleichsgruppe ergeben solle. Sein Abrechnungsverhalten sei mit über 80 Praxen seiner Fachgruppe verglichen worden. Die Vergleichsgruppe sei damit ausreichend groß gewesen, so dass mögliche Ausreißer statistisch nicht ins Gewicht fielen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts seien sogar Vergleichsgruppen von lediglich acht Praxen möglich (vgl. BSG, Urt. v. 23.02.2005, B 6 KA 72/03 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 8). Auch die Fallzahlen des Klägers reichten für eine Prüfung aus. Die Prüfung der Wirtschaftlichkeit ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen nach Durchschnittswerten sei nur dann ausgeschlossen, wenn die Fallzahl des Arztes 20 % des Fallzahldurchschnitts der Vergleichsgruppe nicht erreiche (BSG, Urt. v. 09.09.1998, B 6 KA 50/97 R, SozR 3-2500 § 106 Nr. 45). Dies sei nicht der Fall gewesen. Die Prüfgruppe habe auch nicht auf sämtliche Orthopäden im Zuständigkeitsbereich der Beigeladenen Ziff. 1 ausgeweitet werden müssen. Gerade die auf den Bezirk S. beschränkte Prüfgruppe habe regionale Besonderheiten, wie z. B. das vom Kläger selbst im Prüfverfahren angeführte Reizklima, besser abgebildet. Der Beklagte habe ohne Verletzung des ihm zustehenden Ermessenspielraums bei Überschreitungen des Gesamtfallwertes im Bereich zwischen 3,11 Sigma (Quartal II/2006) und 4,49 Sigma (Quartal IV/2005) ein offensichtliches Missverhältnis angenommen. Werde dem statistischen Kostenvergleich die Methode "Randlage in der Normalverteilung" zugrunde gelegt, könne die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis etwa ab einer Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts von 1,6 Sigma angesetzt werden (LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 13.09.2000, L 5 KA 2287/00, a. a. O.). Der damit geführte Anscheinsbeweis der unwirtschaftlichen Behandlungsweise werde nicht durch untypische Umstände (etwa eine atypische Zusammensetzung der Patienten oder besondere Zusatzqualifikationen) entkräftet, die in der Praxis des Klägers einen höheren Behandlungsaufwand als bei anderen Ärzten der Vergleichsgruppe rechtfertigten (Praxisbesonderheiten). Allein entscheidend sei insoweit, dass sich aufgrund von Spezialisierungen die Patientenklientel und Behandlungsweise von der Fachgruppe unterscheide. Die Darlegungs- und Feststellungslast für Praxisbesonderheiten obliege dem Arzt (BSG, Urt. v. 27.06.2001, B 6 KA 43/00 R, SozR 3-2500 § 106 Nr. 54, m. w. N.). Eine besondere, von der Fachgruppe der Orthopäden abweichende Patientenklientel habe weder der Kläger substantiiert dargelegt, noch sei eine solche von den fachkundig besetzten Prüfgremien anhand der ihnen zur Verfügung stehenden Unterlagen feststellbar gewesen. Aus der Eigenschaft als Landarztpraxis lasse sich - zumal in einer ohnehin ländlich geprägten Region mit auch vielen anderen Landarztpraxen - kein besonderer Patientenzuschnitt herleiten (vgl. BSG, Urt. v. 06.09.2000, B 6 KA 24/99 R, SozR 3-2500 § 106 Nr. 50; LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 22.05.1996, L 5 Ka 3282/95, MedR 1997, 191). Der höhere Rentneranteil der Praxis sei vom Beklagten berücksichtigt worden, da die von der Kassenärztlichen Vereinigung zur Verfügung gestellten Statistiken bereits rentnergewichtet seien, so dass die zum Vergleich herangezogene Prüfgruppe rechnerisch den gleichen Rentneranteil habe. Auch das pauschale Vorbringen des Klägers, er habe "viele" Dauerbehandlungsfälle mit schwersten Erkrankungen, begründe keine Praxisbesonderheit. Grundsätzlich sei davon auszugehen, dass jeder Arzt auch besonders aufwendige Fälle habe und sich dies im durchschnittlichen Fallwert der Vergleichsgruppe niederschlage (LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 13.09.2000, L 5 KA 2287/00, juris Rd. 69, m.w.N.). Einen hiervon abweichenden Ausnahmefall habe der Kläger nicht im Einzelnen dargelegt. Auch der vom Kläger betonte hohe Anteil an Überweisungen zur Mit- bzw. Weiterbehandlung und das Fehlen von Konsiliarfällen könnten den Behandlungsmehraufwand des Klägers nicht erklären. Überweisungen könnten nur dann als Praxisbesonderheit Berücksichtigung finden, wenn der Vertragsarzt vielen gezielten Überweisungsaufträgen ausgesetzt sei, so dass er seine Behandlungsweise in diesen Fällen nicht selbst steuern könne. Sowohl bei Überweisungen zur Mitbehandlung als auch bei Überweisungen zur Weiterbehandlung obliege die Entscheidung über Art und Umfang der Leistungen dem Vertragsarzt, an den überwiesen worden sei. Auch hierzu hätte der Kläger konkret darlegen müssen, dass gerade die Überweisungsfälle den Gesamtfallwert in die Höhe getrieben hätten. Auch die Einführung des neuen EBM zum 01.04.2005 stelle keine Praxisbesonderheit dar, da die Neuregelung alle Ärzte der Vergleichsgruppe gleichermaßen betroffen habe. Der Mehraufwand sei auch nicht durch kompensatorische Einsparungen in anderen Leistungsbereichen ausgeglichen. Hierfür müssten die Aufwendungen in dem geltend gemachten Einsparungsbereich geringer als beim Durchschnitt der Fachgruppe sein und dargelegt werden, dass die Einsparungen durch den beanstandeten Mehraufwand kausal bedingt seien (BSG, Urt. v. 11.10.2005, B 6 KA 5/05 B, juris-Rd. 11). Weitere kompensatorische Einsparungen als die - berücksichtigten - Heilmitteleinsparungen habe der Beklagte zu Recht verneint. Eine unterdurchschnittliche Dauer und/oder Anzahl von Arbeitsunfähigkeitszeiten sei nicht nachgewiesen. Den Kläger treffe auch insoweit die Darlegungs- und Feststellungslast (BSG, Urt. v. 27.06.2001, B 6 KA 43/00 R, SozR 3-2500 § 106 Nr. 54, m. w. N.). Im Übrigen weise die Praxis des Klägers eine höhere Anzahl von Rentnern auf. Schon aus diesem Grund müssten die Arbeitsunfähigkeitszeiten geringer ausfallen, ohne dass dies kausal auf den Behandlungsmehraufwand zurückzuführen sei. Für die vom Kläger behauptete Ungleichbehandlung innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Beigeladenen Ziff. 1 würden keinerlei Anhaltspunkte vorliegen. Eine Prüfrichtlinie habe im vorliegend relevanten Zeitraum noch nicht existiert. Allein daraus könne jedoch nicht auf eine Ungleichbehandlung des Klägers geschlossen werden.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 21.07.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 05.08.2011 Berufung eingelegt und zur Begründung vortragen lassen, dem Sozialgericht sei zwar darin zuzustimmen, dass die Prüfvereinbarung nicht festlegen dürfe, wann ein "offensichtliches Missverhältnis" zur Honorarkürzung führe, sie müsse aber jedenfalls Aufgreifkriterien enthalten, um eine gleichmäßige Behandlung der im Bereich der KVBW zugelassenen Vertragsärzte durch die verschiedenen Kammern der Prüfinstanz zu gewährleisten. Die BSG-Rechtsprechung zur Wirtschaftlichkeitsprüfung unter Budgetbedingungen mache eine Regelung in der Prüfvereinbarung nicht entbehrlich. Denkbar seien mehrere Möglichkeiten zur Umsetzung derartiger Kürzungen. Das BSG habe lediglich eine dieser Möglichkeiten für zutreffend erachtet Um eine gleichmäßige Verfahrensweise zu gewährleisten, sei eine Festlegung in der Prüfvereinbarung erforderlich. Aus den angefochtenen Bescheiden ergebe sich auch nicht, wie die Budgetierung im Rahmen der in den streitbefangenen Quartalen geltenden Punktzahlgrenzvolumina berücksichtigt worden sei. Die vom Beklagten getroffene Auswahl der Vergleichsgruppe sei in mehrfacher Hinsicht zu rügen. Der Beklagte habe lediglich den Bereich der ehemaligen KV S. herangezogen und nicht den der gesamten KVBW. Jedenfalls vergleichend hätte eine solche Betrachtung erfolgen müssen, um die Relevanz der statistischen Grundlage zu erhärten. Bezogen auf den gesamten Bereich der KVBW hätte auch die Möglichkeit bestanden, weitere Praxen von Ärzten mit Doppelqualifikation auf chirurgischem und orthopädischem Fachgebiet heranzuziehen. Das hätte dem Wortlaut von § 16 Ziff. 5 PValt entsprochen, wonach das Missverhältnis "zur Fachgruppe" entscheidend sei, insbesondere weil nach den Ausführungen des Sozialgerichts sogar Vergleichsgruppen von lediglich acht Praxen möglich seien. Der Kläger lässt erneut auf die bereits im Verwaltungsverfahren und im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemachten Besonderheiten seiner Praxis hinweisen und ergänzend vortragen, dass auch wegen der Behandlung von BG-Fällen und Unfällen keine Terminvergaben erfolgten. Nur etwa 10-15 Patienten pro Quartal seien zur Konsiliaruntersuchung oder mit Zielauftrag überwiesen worden. Damit liege eine völlig andere Struktur vor als bei der durchschnittlichen orthopädischen Praxis. Auffallend sei ferner, dass von den ca. 85 Praxen, welche der Beklagte für den statistischen Vergleich aus dem Bereich der ehemaligen KV S. zugrunde gelegt habe, der größte Teil als Gemeinschaftspraxen im städtischen Gebiet angesiedelt seien nur ganz wenige ein typisch ländliches Einzugsgebiet hätten. Auch wenn das Sozialgericht die Verwerfungen durch den EBM 2000+ für unerheblich gehalten habe, weil diese alle Praxen treffen würden, sei doch auffallend, dass die signifikanten Abweichungen, welche zur Durchführung der Prüfung beim Kläger geführt hätten, erst ab der Einführung des EBM 2000+ aufgetreten seien. Vorher habe es keine Beanstandungen gegeben. Erfahrungsgemäß erfolge eine Konsolidierung der Abrechnungsweise erst mehrere Quartale nach Einführung einer grundlegend geänderten Gebührenordnung. Dem Kläger sei von zwei Mitarbeitern der KVBW telefonisch mitgeteilt worden, dass deshalb bis zum 3. bzw. 4. Quartal nach Einführung des EBM 2000+ keinerlei statistischen Erkenntnisse oder gar Vergleichsmöglichkeiten bestanden hätten. Erst danach seien Prüfmaßnahmen möglich. Die Prüfung nach Durchschnittswerten habe daher anhand der Grundsätze, wie sie für Anfängerpraxen gelten, stattzufinden. Hiergegen habe der Beklagte verstoßen. Die Prüfung anhand von Durchschnittswerten gehe von einem gleichmäßigen Verhalten der Ärzte einer Fachgruppe aus. Ein derartiges gleichmäßiges Verhalten sei jedoch nach Einführung einer völlig neuen Gebührenordnung mit neuer Systematik ausgeschlossen. Soweit das Sozialgericht dem Kläger auch die Darlegungs- und Feststellungslast bezüglich der Arbeitsunfähigkeitszeiten auferlegt habe, dürfe das Fehlen einer entsprechenden Statistik nicht dem Kläger angelastet werden. Es sei für ihn unmöglich, eine gegenüber der Fachgruppe verminderte Anzahl und Dauer von Arbeitsunfähigkeitstagen nachzuweisen. § 106 Abs. 2 S. 3 SGB V schreibe für die arztbezogene Prüfung ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen auf der Grundlage von arztbezogenen und versichertenbezogenen Stichproben (Abs. 2 S. 1 Ziff. 2) vor, dass diese Prüfungen neben dem zur Abrechnung vorgelegten Leistungsvolumen auch Überweisungen, Krankenhauseinweisungen und Feststellungen der Arbeitsunfähigkeit umfassen müssten. Das Gesetz erlege insoweit eine "Verpflichtung" auf und beschränke sich nicht auf die Vorgabe eines Rahmens. Immerhin habe der Kläger, als die AU-Zeiten noch angegeben worden seien, durchweg meist um 50% unter den AU-Zeiten der Vergleichsgruppe gelegen. Gegebenenfalls müssten diese Unterlagen zur Verifizierung dieser Tatsache noch herangezogen werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30.06.2011 und den Bescheid des Beklagten vom 06.04.2009 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Das Sozialgericht habe insbesondere zutreffend ausgeführt, dass unbestimmte Rechtsbegriffe ("offensichtliches Missverhältnis") durch die Prüfgremien auszufüllen seien. Den Prüfgremien stehe ein gerichtlich nicht überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu, wobei aus dem Klagevorbringen nicht ersichtlich werde, dass und inwieweit der Beklagte gegen die Anwendungsmaßstäbe hierfür verstoßen haben solle. Nicht zu beanstanden sei, dass der Beklagte seiner eigenen, ständigen Verwaltungspraxis entsprechend (nach den Grundsätzen der Selbstbindung der Verwaltung) bei dem hier festgestellten Vorliegen eines offensichtlichen Missverhältnisses eine Kürzung im Gesamtfallwert vorgenommen und dem Kläger eine Überschreitung von 1,5 Sigma über dem Fachgruppendurchschnitt zugestanden habe. Dabei habe der Beklagte in rechtlich nicht zu beanstandender Weise wegen der erkannten Einsparungen im Heilmittelbereich ein weiteres Zugeständnis von 0,5 Sigma gemacht. Auch dies sei im Rahmen einer nicht zu beanstandenden Ermessensentscheidung erfolgt. Mit den weiter vorgetragenen "Praxisbesonderheiten" des Klägers habe sich das Sozialgericht ausführlich und zutreffend auseinandergesetzt. Eine besondere Patientenklientel mit fachgruppenuntypischem Behandlungsaufwand sei nicht erkennbar gewesen. Auch das Argument einer "Landarztpraxis" verfange aus den dargestellten Gründen nicht. Einen höheren Altersdurchschnitt innerhalb der Patientenschaft habe der Kläger nicht substantiiert belegt. Generell seien die Statistiken, die dem Beklagten zur Verfügung stehen würden, rentnergewichtet. Dass eine massive Überalterung innerhalb der Rentnerversicherten (also eine strukturell auffällige hochbetagte Patientenschaft) beim Kläger vorgelegen und zu erhöhtem Behandlungsaufwand geführt habe, sei dem fachkundig besetzten Beklagten nicht offenbar geworden. Auch aus den vorliegenden Behandlungsnachweisen und den Erkenntnissen im Prüfbericht ergebe sich dies nicht. Soweit sich der Kläger mit Blick auf die Neuregelungen des EBM mit einer "Anfängerpraxis" vergleichen lassen wolle, gehe auch dieser Ansatz fehl. Der Kläger sei ein sehr erfahrener Facharzt mit langjähriger Praxistätigkeit. In diesem Zeitraum hätten häufige Änderungen von Abrechnungsbestimmungen stattgefunden. Es gehöre zu den originären Pflichten eines jeden Vertragsarztes, sich über Abrechnungsbestimmungen im Einzelnen zu vergewissern; dafür stünden ausreichend Erkenntnisquellen zur Verfügung. Wenn - bei vergleichbarem Sachverhalt - eine Honorarkürzung bei solchen Vertragsärzten erfolgen könne (und müsse), die wegen der zeitlichen Abfolge noch nicht auf konkrete Ergebnisse einer durchgeführten Wirtschaftlichkeitsprüfung hätten reagieren können (BSG, Urt. v. 28.04.2004, AZ: B 6 KA 24/03 R), könne für den Fall einer Änderung der maßgeblichen Abrechnungsbestimmungen nichts anderes gelten. Schließlich habe sich das Sozialgericht auch ausreichend und zutreffend mit den Einsparungen im Heilmittelbereich auseinandergesetzt und zu Recht dafürgehalten, dass geringere Arbeitsunfähigkeitszeiten weder ersichtlich noch nachgewiesen seien.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Vertreter des Beklagten ergänzend ausgeführt, die arztbezogenen Wirtschaftlichkeitsprüfungen nach Durchschnittswerten würden einheitlich für den Bereich der gesamten KVBW von einem Ausschuss bearbeitet, so dass eine Gleichbehandlung anhand einheitlicher Prüfkriterien schon aus diesem Grund gewährleistet sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie auf die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet über die Berufung in der Besetzung mit ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Krankenkassen und der Vertragsärzte, weil es sich vorliegend um eine Angelegenheit der Vertragsarztrechts handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz, SGG). Streitgegenstand ist allein der Bescheid des Beklagten (Beschwerdeausschuss, vgl. BSG, Urt. v. 29.06.2011, - B 6 KA 16/10 R -).
Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bei einem mit der Klage angefochtenen Kürzungsbetrag von insgesamt 10.170,32 EUR ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft und gem. § 151 SGG auch sonst zulässig.
Die Berufung ist aber nicht begründet. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 06.04.2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Rechtsgrundlage der arztbezogenen Wirtschaftlichkeitsprüfung ist § 106 Abs. 2 Satz 4 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14.11.2003 (gültig ab 01.01.2004), der den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen die Möglichkeit gibt, mit den Kassenärztlichen Vereinigungen über die in § 106 Abs. 2 Satz 1 vorgesehenen Prüfungen hinaus Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen nach Durchschnittswerten oder andere arztbezogene Prüfungsarten zu vereinbaren. Entsprechende Vereinbarungen nach § 106 Abs. 3 SGB V liegen mit der Prüfvereinbarung der damaligen Kassenärztlichen Vereinigung S. vom 26.02.2004 (gültig bis 31.12.2005; im Folgenden (PV alt)) für die Quartale III/2005 und IV/2005 sowie mit der Prüfvereinbarung der Beigeladenen Ziff. 1 vom 25.11.2005 (gültig ab 01.01.2006; im Folgenden (PV neu)) für die Quartale I bis III/2006 vor.
Soweit der Kläger rügt, die Prüfvereinbarungen seien zu unbestimmt, erfüllten nicht die gesetzlichen Vorgaben aus § 106 Abs. 3 SGB V und seien deshalb keine wirksame Rechtsgrundlage für die vorgenommene Kürzung, greift seine Argumentation nicht. In § 106 Abs. 3 Sätze 2 bis 4 SGB V hat der Gesetzgeber Vorgaben für den Inhalt der Prüfvereinbarungen aufgestellt, die sich auf die Durchführung der Zufälligkeitsprüfungen nach § 106 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V (Stichprobenprüfungen), auf Einzelfallprüfungen und auf pauschale Honorarkürzungen beziehen. Für die Wirtschaftlichkeitsprüfungen nach Durchschnittswerten oder andere arztbezogene Prüfungen, die von den Vertragspartnern nach § 106 Abs. 2 Satz 4 SGB V vereinbart werden können, enthält das Gesetz keine weiteren Vorgaben als in § 106 Abs. 3 Satz 1 SGB V, wonach Inhalt und Durchführung der Wirtschaftlichkeitsprüfungen zu vereinbaren sind. Das Sozialgericht hat im Einzelnen dargelegt, welche Regelungen die Prüfvereinbarungen zur arztbezogenen Wirtschaftlichkeitsprüfung in den hier maßgeblichen beiden Fassungen enthalten. Der Senat sieht wie das Sozialgericht keine Anhaltspunkte dafür, dass damit den Vorgaben des Gesetzgebers nicht genügt wäre. Der vom Kläger erhobene Einwand, eine Gleichbehandlung der Ärzte innerhalb des Bereichs der KVBW sei aufgrund nicht ausreichend fixierter Prüfkriterien nicht gewährleistet, verfängt schon deshalb nicht, weil die Honorarprüfungen nach Durchschnittswerten einheitlich für den gesamten Zuständigkeitsbereich der KVBW vom selben Ausschuss durchgeführt werden, worauf der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hingewiesen hat.
Entgegen der Auffassung des Klägers müssen die Prüfvereinbarungen auch keine Vorgaben für die Durchführung der Honorarkürzungen unter Budgetbedingungen enthalten. Die Verfahrens- und Berechnungsweise bei Zusammentreffen von Honorarkürzungen aufgrund von sachlich-rechnerischen Prüfungen und Wirtschaftlichkeitsprüfungen mit den budgetbedingten Honorarbegrenzungen hat das BSG in mehreren Entscheidungen entwickelt. Es hat wiederholt zum Verhältnis von Honorarkürzungen und Budgetierungen Stellung genommen und in nunmehr ständiger Rechtsprechung entschieden, dass auch nach der Einführung von Praxis- und Zusatzbudgets durch den EBM-Ä zum 01.07.1997 die von den Budgets erfassten Leistungen der Wirtschaftlichkeitsprüfung unterliegen (BSG, Urteile vom 15.05.2002 - B 6 KA 30/00 R -, vom 05.11.2003 - B 6 KA 55/02 R - und vom 23.02.2005, - B 6 KA 79/03 R -, jeweils veröffentlicht in Juris). Daran anknüpfend hat das BSG im Urteil vom 11.03.2009 (B 6 KA 62/07 R, in Juris) erneut festgehalten, dass die Honorarbegrenzung durch das Praxisbudget und der daraus folgende praxisindividuelle Punktwert im Falle einer Honorarkürzung nicht neu zu berechnen sind, dass vielmehr auf der Grundlage derjenigen Festlegungen, die anhand des zur Abrechnung vorgelegten Leistungsvolumens erfolgten, auch die Honorarkürzung und -rückforderung bestimmt werden. Hierzu hat das BSG näher ausgeführt, dass bei der Bemessung des Richtigstellungsbetrags an das ursprünglich angeforderte Punktzahlvolumen anzuknüpfen ist. Dieses ist der Ausgangspunkt auch für die Berechnung des Betrags der Honorarkorrektur. Die Punktwerte, die sich aus der Anerkennungsquote ergeben, d.h. aus dem Verhältnis des bei der Honoraranforderung in Ansatz gebrachten Punktzahlvolumens zum Umfang eines honorarbegrenzenden Budgets (Praxisbudget oder Individualbudget), bleiben auch nach einer Korrektur weiterhin maßgeblich (BSG Urteil vom 11.03.2009, a.a.O. RdNr. 15, 17). Diese Vorgaben auch in die Prüfvereinbarungen aufzunehmen, verlangt der Gesetzgeber in § 106 Abs. 3 SGB V indes nicht.
Wenn der Kläger im Berufungsverfahren beanstandet, der Verweis auf die Rechtsprechung des BSG genüge insoweit nicht, da mehrere Möglichkeiten zur Umsetzung der Honorarkürzungen denkbar seien und das BSG sich nur mit einer dieser Möglichkeiten auseinandergesetzt habe, so fehlt es schon an Darlegungen, welche weiteren Berechnungsmöglichkeiten nach Auffassung des Klägers in Betracht kommen sollten und wie sich diese auf die streitgegenständlichen Honorarkürzungen auswirken sollten. Ebenso wenig hat der Kläger etwas dazu vorgetragen, inwieweit der Beklagte bei den durchgeführten Berechnungen der Kürzungen von einem falschen Punktwert ausgegangen sein sollte. Ohne entsprechenden substantiierten Vortrag sieht sich der Senat nicht dazu veranlasst, die Berechnung der Kürzungen auf ihre Richtigkeit im Zusammenhang mit den Budgetierungen zu überprüfen.
Die beiden maßgeblichen Prüfvereinbarungen enthalten Regelungen über die hier angewendete arztbezogene Wirtschaftlichkeitsprüfung der Behandlungsweise nach Durchschnittswerten (§§ 6 Ziff. 1 a), 7 PValt bzw. §§ 3 Ziff. 1, 5 PVneu).
Bei dieser Prüfmethode wird der Aufwand des geprüften Arztes je Fall mit dem durchschnittlichen Aufwand der Vergleichsgruppe - im Regelfall der Arztgruppe, der der Arzt angehört - verglichen. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass die Vergleichsgruppe im Durchschnitt insgesamt wirtschaftlich handelt. Ergibt die Prüfung, dass der Behandlungs- oder Verordnungsaufwand des geprüften Arztes - beim Gesamtfallwert, bei Sparten- oder bei Einzelleistungswerten - in offensichtlichem Missverhältnis zum durchschnittlichen Aufwand der Vergleichsgruppe steht, diesen nämlich in einem Ausmaß überschreitet, das sich nicht mehr durch Unterschiede in der Praxisstruktur wie Praxisbesonderheiten und/oder sog kompensierende Einsparungen erklären lässt, so ist die Folgerung der Unwirtschaftlichkeit gerechtfertigt. Dabei obliegt die Darlegungs- und Feststellungslast für besondere, einen höheren Behandlungsaufwand rechtfertigende atypische Umstände wie Praxisbesonderheiten und kompensierende Einsparungen dem Arzt. Die Prüfgremien sind allerdings zu Ermittlungen von Amts wegen hinsichtlich solcher Umstände verpflichtet, die typischerweise innerhalb der Fachgruppe unterschiedlich und daher augenfällig sind. Bei den erforderlichen Bewertungen haben die Prüfgremien einen Beurteilungsspielraum, sodass deren Einschätzungen von den Gerichten nur in begrenztem Umfang überprüft und ggf. beanstandet werden können (BSG, Urteil vom 21.03.2012 - B 6 KA 18/11 R -, veröffentlicht in Juris m.w.N.).
Nach diesen Grundsätzen haben die Prüfgremien die Leistungserbringung des Klägers in den Quartalen III/2005 bis III/2006 zu Recht der Wirtschaftlichkeitsprüfung unter Anwendung der Prüfmethode der statistischen Vergleichsprüfung unterzogen. Sie haben die Maßgaben des § 106 SGB V und der einschlägigen Prüfvereinbarungen beachtet.
Zu Recht wurde bei der statistischen Vergleichsprüfung auf die Arztgruppe der Orthopäden als Vergleichsgruppe abgestellt. Der Kläger war in den maßgeblichen Quartalen als Facharzt für Orthopädie und Chirurgie in Sp. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Er hat selbst vorgetragen, dass er abrechnungstechnisch der Fachgruppe der Orthopäden zugerechnet worden sei. Die Fachgruppe bildet grundsätzlich die geeignete Vergleichsgruppe (BSGE 62, 24, 27). Wegen Besonderheiten oder Schwerpunkten des zu prüfenden Arztes sind die Prüfgremien nicht von Vornherein verpflichtet, eine engere Vergleichsgruppe zu bilden, etwa mit solchen Ärzten, die dieselbe Zusatzbezeichnung wie der geprüfte Arzt führen (BSG, Urteil vom 15.11.1995 - 6 RKa 58/94 -, veröffentlicht in Juris).
Der Bildung einer engeren - verfeinerten - Vergleichsgruppe bedarf es nur bzw. allenfalls dann, wenn die Struktur der Praxis des geprüften Arztes sowohl hinsichtlich der Zusammensetzung des Patientenklientels als auch hinsichtlich des ärztlichen Diagnose- und Behandlungsangebots von der Typik des Durchschnitts der Fachgruppe signifikant abweicht. Dies kann der Fall sein, wenn ein Arzt eine Zusatz- bzw. Schwerpunktbezeichnung führt, sofern diese Niederschlag im Leistungsspektrum oder in der Ausrichtung der Praxis findet. Die Prüfgremien dürfen solche Abweichungen von der Durchschnittspraxis aber auch - statt durch Bildung einer engeren Vergleichsgruppe - im Rahmen eines späteren Prüfungsschritts als Praxisbesonderheit oder durch Belassung einer größeren Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts berücksichtigen.
Dabei obliegt es dem Arzt, substantiierte Angaben dazu zu machen, dass er einen dementsprechenden Praxisschwerpunkt hat, aus dem sich eine signifikante Abweichung vom durchschnittlichen Typus einer Praxis der Fachgruppe ergibt. Erst dann besteht für die Prüfgremien Anlass zur Überprüfung, ob der geprüfte Arzt wirklich ein entsprechend spezialisiertes Leistungsspektrum aufweist, d.h. ob die Spezialisierung erkennbar Niederschlag im Leistungsspektrum oder in der Ausrichtung der Praxis gefunden hat. Ist dies zu bejahen, so haben die Prüfgremien in die Überlegung einzutreten, ob sie eine verfeinerte Vergleichsgruppe bilden oder ob sie eine Praxisbesonderheit anerkennen oder ob sie die Spezialisierung rein rechnerisch durch großzügige Belassung von Durchschnittsüberschreitungen berücksichtigen. Gleiches gilt – erst recht –, wenn ein abweichender Patientenzuschnitt oder ein abweichendes Leistungsspektrum nicht auf Grund einer Zusatz- bzw. Schwerpunktbezeichnung vorliegt, sondern – ohne förmliche Zuerkennung – durch eine sonstige besondere Qualifikation und die darauf gegründete Spezialisierung bedingt ist. In solchen Fällen besteht – noch weniger als in den Fällen einer förmlichen Zusatz- bzw. Schwerpunktbezeichnung – ebenfalls keine Pflicht zur Bildung einer engeren Vergleichsgruppe (Clemens in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 106 SGB V, Rn. 140 f.).
Nach diesen Grundsätzen ist es nicht zu beanstanden, dass die Prüfgremien sich nicht veranlasst gesehen haben, eine engere Vergleichsgruppe zu bilden. Auch der Beklagte ist im Rahmen seines Beurteilungsspielraumes nicht verpflichtet gewesen, eine engere Vergleichsgruppe der Ärzte mit Doppelzulassung Orthopädie und Chirurgie zu bilden. Aus den für die streitgegenständlichen Quartale erstellten Prüfberichten ergibt sich, dass chirurgische Ziffern des EBM eher selten abgerechnet wurden, die chirurgische Tätigkeit des Kläger daher der orthopädischen deutlich untergeordnet war. Selbst wenn der Kläger darauf hingewiesen hat, dass die nach den GNRn 34220 und 34210 EBM abgerechneten Röntgenleistungen nicht auf orthopädischem Gebiet, sondern aus unfallchirurgischen Gründen zum Ausschluss von Rippen- und anderen Frakturen veranlasst gewesen seien, so entkräftet dies die Feststellung der Prüfgremien nicht, dass spezifische chirurgische Leistungen eher selten abgerechnet worden seien. Auch wenn der Kläger betont, die Doppelzulassung habe seine Patientenklientel geprägt, so spiegelt sich dies jedenfalls nicht in seinem Abrechnungsverhalten wieder. Näher substantiiert hat der Kläger seinen Vortrag hierzu nicht. Ebenso wenig hat er dargelegt, warum sich aus der Lage seiner Praxis im ländlichen Raum die Notwendigkeit der Bildung einer engeren Vergleichsgruppe ergeben sollte. Der Beklagte war es daher nicht verwehrt, im Rahmen seines Beurteilungsspielraums auf die Vergleichsgruppe der Orthopäden im Bereich S. abzustellen. Der Beklagte war auch nicht dazu gehalten, die Vergleichsgruppe ab dem Quartal I/2006 aus den gesamten Bereich der KV Baden-Württemberg zu bilden, da die herangezogenen Vergleichsgruppen mit mehr als 80 Ärzten jeweils groß genug waren, um das durchschnittliche Abrechnungsverhalten zuverlässig abzubilden.
Die Prüfgremien haben auch zutreffend festgestellt, dass die Abrechnungen des Klägers in einem offensichtlichen Missverhältnis zu den Abrechnungen der Vergleichsgruppe stehen. Auch bei der Festlegung des offensichtlichen Missverhältnisses haben die Prüfgremien einen Beurteilungsspielraum (BSG, Urteil vom 19.10.2011 - B 6 KA 38/10 R – veröffentlicht in Juris). Eine Unwirtschaftlichkeit ist anzunehmen, wenn der Fallwert des geprüften Arztes so erheblich über dem Vergleichsgruppendurchschnitt liegt, dass sich die Mehrkosten nicht mehr durch Unterschiede in der Praxisstruktur und den Behandlungsnotwendigkeiten erklären lassen und deshalb zuverlässig auf eine unwirtschaftliche Behandlungsweise als Ursache für die erhöhten Aufwendungen geschlossen werden kann. Wann dieser mit dem Begriff des offensichtlichen Missverhältnisses gekennzeichnete Überschreitungsgrad erreicht ist, hängt von den Besonderheiten des jeweiligen Prüfungsgegenstandes und den Umständen des konkreten Falles ab und entzieht sich einer allgemeinverbindlichen Festlegung (BSG, Urteil vom 21.03.2012 - B 6 KA 18/11 R -, in Juris; Urteil des Senats vom 26.09.2012 - L 5 KA 4791/11 -; SG Marburg, Urteil vom 15.05.2013 - S 12 KA 255/13 ER - , in Juris). Entgegen der Auffassung des Klägers ist daher nicht zu beanstanden, dass die für die streitgegenständlichen Quartale maßgeblichen Prüfvereinbarungen den Wert für ein offensichtliches Missverhältnis bei einer Überschreitung des Gesamtfallwertes nicht vorgeben.
Es ist auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte hier für die Annahme eines offensichtlichen Missverhältnisses auf den Grenzwert von 1,5 Sigma über dem Fachgruppendurchschnitt abgestellt hat. Dies entspricht nach den Ausführungen des Beklagten im Berufungsverfahren seiner ständigen Verwaltungspraxis. Wird dem statistischen Kostenvergleich - wie hier - die Methode "Randlage in der Normalverteilung" zugrunde gelegt, kann die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis ab einer Überschreitung des Fachgruppendurchschnittes von 1,3 bis 1,6 Sigma angesetzt werden (vgl. Spellbrink, Wirtschaftlichkeitsprüfung im Kassenarztrecht, 1994, Rz 608 f; Gaus, Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungs- und Verordnungsweise des Kassenarztes, Statistische Betrachtungen, 1988, S. 9). Nach dieser Methode wird bei der Bestimmung der Standartabweichung die normale Streubreite innerhalb der Vergleichsgruppe berücksichtigt. Mit der Festsetzung von 1,5 Sigma hat der Beklagte daher seinen Beurteilungsspielraum nicht überschritten.
Der Beklagte hat im Hinblick auf die signifikanten Unterschreitungen des Klägers bei den Heilmittelkosten über die Zuerkennung einer Überschreitensgrenze von 1,5 Sigma dem Kläger weitere 0,5 Sigma zugestanden, die Kürzung mithin erst bezüglich der 2,0 Sigma übersteigenden Abweichungen vorgenommen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Beklagte verpflichtet gewesen wäre, dem Kläger weitergehende Abweichungen in seinem Abrechnungsverhalten aufgrund von Praxisbesonderheiten zuzugestehen. Das Sozialgericht hat sich mit den vom Kläger geltend gemachten Besonderheiten seiner Patientenklientel umfassend auseinandergesetzt und ausführlich dargelegt, warum die Praxis des Klägers keine relevanten Besonderheiten aufweist, die die vom Beklagten vorgenommene Kürzung ihrem Umfang nach als beurteilungsfehlerhaft erschienen ließen. Der Senat schließt sich der Auffassung des Sozialgerichts an und verweist insoweit auf die Ausführungen im angegriffenen Urteil (§ 153 Abs. 2 SGG). Der Kläger hat im Berufungsverfahren seine Einwendungen hierzu lediglich wiederholt, ohne diese weiter zu vertiefen oder weitergehende besondere Merkmale seiner Praxis aufzuzeigen.
Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, seine überdurchschnittlichen Honorarforderungen seien durch Unsicherheiten im Umgang mit dem neuen EBM 2000+ begründet mit der Folge, dass der Beklagte ihn bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung wie eine Anfängerpraxis hätte behandeln müssen. Eine einheitliche Abrechnungspraxis habe es nach der Einführung des neuen Vergütungssystems nicht gegeben. Dem hat der Beklagte zu Recht entgegen gehalten, die Umstellung auf den neuen EBM habe alle Praxen gleichermaßen betroffen und der Kläger sei als langjährig tätiger und erfahrener Arzt bereits mit verschiedenen Änderungen des Vergütungssystems konfrontiert gewesen und müsse es daher gewohnt sein, sein Abrechnungsverhalten entsprechend umzustellen. Dem schließt sich der Senat an. Denn die Behandlung als Anfängerpraxis erfolgt ihrem Sinn und Zweck nach als Praxisbesonderheit, da sich in Anfängerpraxen aufgrund der neuen Patientenschaft ein erhöhter Behandlungsbedarf etwa durch die erforderliche Erstdiagnostik ergibt (vgl. Bahner, Honorarkürzungen, Arzneimittelregresse, Heilmittelregresse, 2006, S. 202). Derartige Umstände, die die Praxis des Klägers von anderen Praxen unterscheiden würden, sind bei der Umstellung auf den EBM 2000+ nicht zu erkennen. Zwar mögen die überdurchschnittlichen Honorarforderungen des Klägers durchaus erst nach der Einführung dieses neuen Vergütungssystems aufgetreten sein. Der Kläger hat aber jedenfalls nach den erfolgten Rückforderungen sein Abrechnungsverhalten auf den neuen EBM eingestellt, was er im erstinstanzlichen Verfahren auch eingeräumt hat.
Wenn der Kläger schließlich beanstandet, vom Beklagten sei unberücksichtigt geblieben, dass er bei der Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeitszeiten stets unterdurchschnittlich geblieben sei, so kann er auch damit keinen Erfolg haben. Entsprechende Erhebungen werden nicht mehr vorgenommen, so dass diesem Kriterium vom Beklagten keine maßgebliche Bedeutung für die Wirtschaftlichkeitsprüfung mehr beigemessen werden kann. Der Kläger kann somit keinen Nachweis dafür erbringen, dass er auch in den maßgeblichen Quartalen unterdurchschnittliche Arbeitsunfähigkeitsfälle gehabt hat. Diese fehlende Aufklärbarkeit geht zu Lasten des Klägers, der für derartige Praxisbesonderheiten ungeachtet der Amtsaufklärungspflicht des Beklagten nachweispflichtig bleibt. Im Übrigen wäre selbst bei gelingendem Nachweis der behaupteten unterdurchschnittlichen Arbeitsunfähigkeitszeiten noch kein Nachweis für einen besonderen Behandlungsaufwand, der kausal für die erhöhten Honorarforderungen des Klägers gewesen sein könnte, geführt. Bei der von ihm behaupteten überdurchschnittlich alten Patientenschaft kann dieser Umstand auch bereits aus der Altersstruktur selbst begründet sein und nicht aus der festgestellten Häufung von Diagnose- und Behandlungsleistungen des Bewegungsapparates und der Wirbelsäule. Hinsichtlich der Altersstruktur selbst hat das Sozialgericht bereits zutreffend ausgeführt, dass diese keine gesondert zu berücksichtigende Praxisbesonderheit darstellt, weil bereits die zugrunde liegenden statistischen Auswertungen rentnergewichtet seien (vgl. hierzu auch Clemens in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 106 SGB V RdNr. 156).
Nach alledem ist der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 06.04.2009 nicht zu beanstanden. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, die Berufung des Klägers konnte keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 und 3 sowie § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese insbesondere keine Sachanträge gestellt und damit ein Prozessrisiko nicht übernommen haben.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.
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