L 13 AS 3507/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AS 500/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 3507/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 13. Dezember 2011 abgeändert. Der Bescheid vom 1. April 2011 aufgehoben.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Der Beklagte hat der Klägerin 2/5 der außergerichtlichen Kosten des Klageverfahrens und 1/4 der außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen ein Urteil des Sozialgerichts Freiburg (SG), mit welchem ihre Klagen wegen eines eine Eingliederungsvereinbarung (EV) ersetzenden Verwaltungsaktes (EV-VA) und des hierzu ergangenen Änderungsbescheids und Widerspruchsbescheids sowie wegen eines die Erstattung von Kosten dieses Widerspruchsverfahrens ablehnenden Bescheids abgewiesen worden sind.

Die 1953 geborene Klägerin, die ab 4. April 2006 in der Bundesrepublik Deutschland wohnhaft und Inhaberin einer unbefristeten EU-Arbeitsgenehmigung war, war zunächst auf Grund eines mit der D. Dienstleistungsgesellschaft mbH für die Zeit vom 15. Oktober 2007 bis 14. Oktober 2008 geschlossenen Arbeitsvertrages in einem Heim für körperlich und geistig Behinderte sowie psychisch Kranke eingesetzt (Unterstützung der Pflegefachkräfte bei der Erfüllung der anfallenden Pflege- und Betreuungsaufgaben und eigenständige Verrichtung festgelegter Pflegeaufgaben unter Berücksichtigung der Bedürfnisse einzelner Bewohner). Dieses Arbeitsverhältnis kündigte sie am 27. November 2007 zum 4. Dezember 2007, da sie nach ihren Angaben schikaniert und gegen sie intrigiert worden sei. Anschließend lebte sie nach eigenen Angaben von Ersparnissen und erhielt gegen Kochen und Bezahlung der Lebensmittel von W.F. eine mietfreie Wohnung gestellt.

Der Grundsicherungsträger (Grundsicherung für Arbeitssuchende im Landkreis L., jetzt Jobcenter Landkreis L.), im weiteren Beklagter, bewilligte der Klägerin auf den Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) - Arbeitslosengeld II (ALG II)/Sozialgeld - vom 13. Februar 2008 mit Bescheid vom 10. April 2008 Alg II für die Zeit vom 13. Februar bis 31. Juli 2008, zunächst in der Höhe vorläufig als Vorschuss. Nachdem die Klägerin bereits am 25. März 2008 eine nach Einsatztagen vergütete Tätigkeit bei der Stiftung I. aufgenommen und der Beklagte durch eine E-Mail der Tochter hiervon am 31. März 2008 Kenntnis erlangt hatte, stellte der Beklagte am 10. April 2008 die Zahlung des Alg II bis zur näheren Klärung vorläufig ein. Das Arbeitsverhältnis wurde dann zum 30. April 2008 wieder beendet. Danach beschwerte sich die Klägerin mit erstem Beschwerdeschreiben vom 15. Mai 2008 u.a. über die Arbeitsweise des Beklagten, insbesondere "fortgesetzte unnötige Verzögerungen". Mit Änderungsbescheid vom 21. Mai 2008 setzte der Beklagte die Leistungen für die Zeit vom 13. Februar bis 30. April 2008 unter Berücksichtigung des zwischenzeitlich erzielten Einkommens fest.

Am 19. Mai 2008 meldete die Klägerin ein ab 6. Mai 2008 im Nebenerwerb betriebenes selbstständiges Gewerbe ("Wirtschafts- und Unternehmensberatung [Vermittlung von Kontakten und Beratung von Personen und Firmen im Bereich Existenzgründung und -sicherung], Personalservice sowie Senioren- und Familienbetreuung") an, wobei der tatsächliche Schwerpunkt auf der Seniorenbetreuung lag (Gewerbeanmeldung vom 19. Mai 2008). Am 30. Mai 2008 teilte die Klägerin mit, sie sei vom 23. Mai bis 2. Juni 2008 in Polen und am 4. Juni 2008 erklärte sie u.a., sie habe das Arbeitsverhältnis bei der Stiftung I. gekündigt, weil Zusagen nicht eingehalten worden seien. Sie habe sich entschlossen, sich selbstständig zu machen und rückwirkend ein Gewerbe angemeldet, wobei die Höhe und Nachhaltigkeit der Einkünfte daraus noch nicht abgeschätzt werden könne.

Mit Bescheiden vom 6. Juni 2008 erfolgte eine Neuberechnung des Alg II für die Zeit vom 1. bis 22. Mai 2008 sowie eine Aufhebung der laufenden Leistungen ab 23. Mai 2008 wegen ungenehmigter Ortsabwesenheit. Nach persönlicher Zurückmeldung am 6. Juni 2008 und einer Beschwerde der Klägerin vom 2. Juli 2008, mit welcher sie eine schikanöse Behandlung rügte, wurde mit Bescheid vom 3. Juli 2008 - im Hinblick auf die nur schätzbaren Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit vorläufig - Alg II für die Zeit vom 6. Juni bis 30. November 2008 bewilligt. Ferner nahm der Beklagte mit Schreiben vom 10. Juli 2008 zu den Vorwürfen der Klägerin Stellung.

Bei einem Beratungsgespräch am 10. Juli 2008, zu dem die Klägerin mit W.F. erschienen war, wurde zwischen der Klägerin und einem Mitarbeiter des Beklagten, Sachbearbeiter (SB) E., die selbstständige Tätigkeit besprochen. Danach veranlasste SB E., der die selbstständige Tätigkeit der Klägerin kritisch beurteilte, eine Überprüfung der Wirtschaftlichkeit durch die Firma BI und führte u.a. aus: "Frau M. hat seit 06.05.08 ohne meine Zustimmung ein für mich fragwürdiges Gewerbe angemeldet, das sich im Bereich der Seniorenpflege bewegen soll ... Frau M. legt sich in der GAL mit professioneller Unterstützung des Herrn F. mit allen Stellen an. Ich bitte darum, diese Selbstständigkeit sehr restriktiv zu prüfen und bei Unklarheiten mit mir im Vorfeld Verbindung aufzunehmen."

In einer EV vom 10. Juli 2008 ("gültig bis 2008, soweit zwischenzeitlich nichts anderes vereinbart wird") war u.a. vereinbart, dass die Klägerin an der Wirtschaftlichkeitsprüfung bei der BI teilzunehmen und bis zum 22. Juli 2008 einen Beratungstermin zu vereinbaren habe. Nachdem die Klägerin keinen Termin mit der BI vereinbarte und dagegen ihre Bedenken äußerte, erklärte die BI am 28. Juli 2008, "nach diesem Verwaltungsmarathon nicht mehr gewillt" zu sein, "diese Kundin anzunehmen".

Im Entwurf einer EV (gültig bis zum 7. März 2009 soweit zwischenzeitlich nichts anderes vereinbart wird) vom 8. September 2008, war unter "2. Bemühungen von Frau M zur Eingliederung in Arbeit" festgehalten: "Frau M. wird in der Zeit vom 8. September 2008 bis 12. September 2008 einen Termin zur Wirtschaftlichkeitsprüfung bei der Fa. B.I., F. vereinbaren. Inhaltlich legt Frau M. alle Unterlagen und Prognosen vor, um ihre Selbstständigkeit, die im Mai 2008 begonnen wurde, nachzuweisen. Die Fa. BI wird dann prüfen, welche Unterlagen noch erforderlich sind und mit Frau M. wird vereinbart, an welchen Maßnahmen sie noch teilnehmen kann. Das erste persönliche Gespräch muss im September 2008 stattfinden. Frau M. wird ihre Einsätze jeweils per e-Mail Herrn E. mitteilen. Von einer förmlichen Antragstellung einer Ortsabwesenheit wird abgesehen. Dies betrifft jedoch nur die Einsätze hinsichtlich ihrer Selbstständigkeit."

Die Klägerin lehnte es ab, die EV zu unterschreiben, da nicht ersichtlich sei, weswegen die bisherige EV überholt sein sollte. Hierauf erließ der Beklagte den EV-VA vom 22. September 2008, wobei die Verpflichtungen der Klägerin im Wesentlichen inhaltsgleich mit dem Entwurf vom 8. September 2008 war, der Termin mit der BI allerdings bis zum 26. September 2008 zu vereinbaren war und das erste persönliche Gespräch bis 10. Oktober 2008 stattzufinden hatte. Mit ihrem Widerspruch vom 25. September 2008 machte die Klägerin geltend, eine EV sei bereits am 10. Juli 2008 erfolgt. Der EV-VA sei überflüssig, da sie sich an diese EV vom 10. Juli 2008 gehalten habe. Sie widerspreche auch der Wirtschaftlichkeitsprüfung durch die BI, die sie als Kundin abgelehnt habe und nicht mehr unvoreingenommen sei. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29. September 2008 zurück. Den Antrag der Klägerin vom 2. Oktober 2008 auf Verlängerung der Frist für das erste Gespräch bei der BI lehnte der Beklagte mit Schreiben vom 6. Oktober 2008 ab und ein Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes, bei dem die Klägerin u.a. geltend machte, sie benötige keine ökonomische, sondern rechtliche Beratung, blieb erfolglos (Beschluss des Sozialgerichts Freiburg [SG] vom 9. Oktober 2008, S 10 AS 4845/08 ER).

Im Bericht der BI über die am 11. Oktober 2008 erfolgte Einzelberatung war ausgeführt: "Die Kundin betreibt eine Selbstständigkeit als Betreuerin. Sie hat keine Ausbildung im Bereich der Pflege oder im Gesundheitsbereich und kann deshalb keine Pflegeleistungen anbieten. Ohne Pflegeleistungen sehe ich keine realistischen Chancen, nur mit Betreuungsleistungen tragfähig zu werden. Zwar hat die Kundin von Mai bis Oktober 3.685 Euro eingenommen und durchschnittlich 326 Euro pro Monat Gewinn erzielt, eine notwendige Steigerung des Umsatzes und eine beständige Auftragslage kann aber nur erreicht werden, wenn Pflegedienste angeboten werden können. Wie eine solche Qualifikation zu erwerben ist, wird die Kundin für sich klären. Die weitere Geschäftsidee, polnische Arbeitskräfte in Deutschland als Selbstständige zu vermitteln, kann vor dem Hintergrund der Problematik der Scheinselbstständigkeit nicht befürwortet werden. Sollte die Kundin die nötige Qualifikation erwerben, wäre der Aufbau einer Vollselbstständigkeit in Kooperation mit anderen Pflegekräften denkbar. Derzeit liegt eine Nebenselbstständigkeit vor. Dies ist von der Kundin auch beabsichtigt, weil sie auch "nur" ein Kleingewerbe angemeldet hat. Weiterer Beratungsbedarf sehen wir erst, wenn Pflegeleistungen angeboten werden können."

Beim Beratungsgespräch vom 29. Oktober 2008 anlässlich des Ergebnisses der von der BI durchgeführten Prüfung stellte die Klägerin W.F. als "Kooperationspartner" vor. Nach Eröffnung des Ergebnisses der BI-Prüfung wurde der Klägerin das Angebot unterbreitet, an der Qualifizierungsmaßnahme "Alltagsbetreuerin" teilzunehmen. Dieses Angebot könne sie bis 3. November 2008 annehmen. Gleichzeitig wurde ihr mitgeteilt, dass der Beklagte "das Nebengewerbe mit deren Einnahmen noch bis zum 31. Dezember 2008 toleriert" werde. Sollte sich das Gewerbe bis dahin nicht als tragfähig erweisen und die Klägerin nicht ohne Leistungen aus dem SGB II auskommen, müsse sie dem Arbeitsmarkt voll umfänglich zur Verfügung stehen und an allen Maßnahmen, die zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt dienten, teilnehmen. Der Klägerin wurde am 31. Oktober 2008 die EV mit der Aufforderung, sie bis zum 7. November 2008 zu unterschreiben, ausgehändigt. Am 31. Oktober 2008 wandte sich die Klägerin an die BI mit der Bitte um Erläuterung des in deren Bericht angesetzten monatlichen Gewinns von 326,00 EUR, den sie nicht nachvollziehen könne. Die angebotene EV unterzeichnete sie nicht.

Der Beklagte erließ dann den EV-VA vom 4. Dezember 2008 (Festlegung für die Zeit vom 4. Dezember 2008 bis 7. März 2009 soweit zwischenzeitlich nichts anderes vereinbart wird), in welchem die angebotenen unterstützenden Leistungen zur Eingliederung aufgeführt waren und unter "2. Bemühungen von Frau K. M. zur Eingliederung in Arbeit" Folgendes ausgeführt war: "Am 23.10.08 war ein Beratungstermin vereinbart, um das Ergebnis der Einzelprüfung BI mitzuteilen. Dieser Termin wurde nicht wahrgenommen. Im Ersatztermin am 29.10.08 wurde Frau M. das Ergebnis mitgeteilt dass keine Tragfähigkeit unter den derzeitigen Bedingungen erkennen lässt. Frau M. wird angeboten, an der Qualifizierungsmaßnahme "Alltagsbetreuerin" teilzunehmen. Wenn Frau M. dieses Angebot annehmen will muss sie sich bis zum 3. November 2008 entscheiden und zum ersten Ausbildungstag teilnehmen. Gleichzeitig wird Frau M. mitgeteilt, dass die GAL das Nebengewerbe mit deren Einnahmen noch bis zum 31.12.2008 toleriert. Sollte sich das Gewerbe bis dahin nicht als tragfähig erweisen und ohne Leistungen aus dem SGB II auskommen, muss Frau M. nach § 10 SGB II dem Arbeitsmarkt voll umfänglich zur Verfügung stehen und an allen Maßnahmen, die zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt dienen, teilnehmen. Diese EV wird am 31.10.08 ausgehändigt und ist bis zum 07.11.08 unterschrieben abzugeben". Der Bescheid enthielt außerdem eine Rechtsfolgenbelehrung, auf die verwiesen wird.

Dagegen erhob die Klägerin am 22. Dezember 2008 Widerspruch (Az W 1760/08). Sie machte geltend, eine Qualifizierung zur Alltagsbetreuerin komme für sie nicht in Betracht. Danach müsste sie als Angestellte arbeiten und auf die Einnahmen aus der Selbstständigkeit verzichten. Es handle sich auch nicht um eine "staatlich anerkannte" Ausbildung, sondern nur eine Stufe auf dem Weg zur Qualifizierung als Altenpflegehelferin. Insoweit bestehe bei ihr jedoch auf Grund der Tätigkeit bei den bisherigen Arbeitgebern eine vergleichbare Qualifikation. Im Übrigen sei das Prüfergebnis der BI falsch, was sich aus dem Ergebnis der Prüfung durch ihren Wirtschaftsberater W.F. ergebe. Hierzu legte sie dessen "Gutachterliche Stellungnahme" vom 18. Dezember 2008 vor, nach der das Gewerbe höchstwahrscheinlich im Laufe des kommenden Jahres tragfähig werde.

Auf den Widerspruch erließ der Beklagte den Bescheid vom 15. Januar 2009 (Festlegung für die Zeit vom 15. Januar bis 30. Juni 2009). Darin traf sie nun unter "2. Bemühungen von Frau K. M. zur Eingliederung in Arbeit" abweichend vom Bescheid vom 4. Dezember 2008 folgende Regelung: "Gleichzeitig wird Frau M. mitgeteilt, dass die GAL das Nebengewerbe mit deren Einnahmen noch bis zum 30.04.2009 toleriert. Sollte sich das Gewerbe bis dahin nicht als tragfähig erweisen und ohne Leistungen aus dem SGB II auskommen, muss Frau M. nach § 10 SGB II dem Arbeitsmarkt voll umfänglich zur Verfügung stehen und an allen Maßnahmen, die zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt dienen, teilnehmen." Der Satz "Diese EV wird am 31.10.2008 ausgehändigt und ist bis zum 07.11.08 unterschrieben abzugeben" war gestrichen. Auch dieser Bescheid enthielt eine Rechtsfolgenbelehrung, auf die verwiesen wird.

Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Januar 2009 (Az 1760/08) wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 4. Dezember 2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 15. Januar 2009 zurück und entschied, die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen würden zu 40 v.H. erstattet. Zur Begründung war ausgeführt, der Bescheid vom 15. Januar 2009, der Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden sei, habe den angefochtenen Verwaltungsakt hinsichtlich der Gültigkeitsdauer sowie der Dauer der Tolerierung des Gewerbes, die nun bis 30. April 2009 erfolge, geändert. Nach Erteilung des Änderungsbescheids vom 15. Januar 2009 sei der Widerspruch in der Sache nicht mehr begründet. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für den Erlass des EV-VA seien erfüllt. Es sei billig, die mit der beabsichtigten Eingliederungsvereinbarung vorgesehenen Regelungen für die berufliche Eingliederung durch Verwaltungsakt zu ersetzen. Die inhaltlichen Bestandteile seien nach Erlass des Änderungsbescheids nicht mehr zu beanstanden. Es sei insoweit billig gewesen, der Klägerin bezüglich der Ausübung des Gewerbes eine Frist entsprechend dem bis zum 30. April 2009 andauernden Bewilligungszeitraum einzuräumen, um schließlich zu prüfen bzw. feststellen zu können, ob durch diese Tätigkeit nunmehr Hilfebedürftigkeit wesentlich gemindert oder ganz beseitigt werden könne. Nach Ablauf dieser Frist sei es gesetzeskonform, alternative Integrationsbemühungen zu unternehmen, sofern sich keine Tragfähigkeit des betreffenden Gewerbes abzeichne.

Deswegen hat die Klägerin am 30. Januar 2009 Klage beim SG unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens erhoben.

Außerhalb des Klageverfahrens hat die Klägerin am 26. Februar 2011 die Erstattung von Kosten "für gutachterliche Tätigkeiten/finanzmathematische Berechnung" des W.F. (Rechnung vom 15. August 2009, "Gutachterliche Stellungnahme i.d.S. K. M .../. GAL 2.325,00, Nebenkosten hierzu pauschal 25,00, Finanzmathematische Berechnung zur Überprüfung des Auszahlungsbetrages von EUR 311,09 vom 17.6.2009 375,00", zuzüglich 19 % USt, insgesamt 3.242,75 EUR) nach § 63 Abs.1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) entsprechend der im Widerspruchsbescheid vom 16. Januar 2009 festgelegten Quote von 40% beantragt.

Mit Bescheid vom 1. April 2011 hat der Beklagte den Kostenantrag (betreffend das Widerspruchsverfahren W 1760/08) abgelehnt, da die Kosten des Gutachtens des W.F. in Höhe von 2.796,50 EUR (2.325,00 EUR plus Nebenkosten 25,00 EUR zuzüglich 19 % USt) nicht notwendig im Sinne des § 63 Abs.1 SGB X gewesen seien. Mit weiterem Bescheid vom 1. April 2011 hat er auch die Erstattung der Kosten des mit einem Widerspruchsbescheid vom 2. Juli 2009 abgeschlossenen Widerspruchsverfahrens (W527/09) in Höhe von 446,25 EUR (für die finanzmathematische Berechnung) abgelehnt. Nachdem die Klägerin hiergegen am 11. April 2011 jeweils Widersprüche erhoben hat, hat ihr der Beklagte zunächst mit Schreiben vom 13. April 2011 mitgeteilt, die Kostenbescheide dürften Gegenstand der jeweils anhängigen Klageverfahren geworden sein und ein weiteres Widerspruchsverfahren hinfällig. Mit Widerspruchsbescheid vom 18. April 2011 "wegen Ablehnung des Antrags auf Kostenerstattung gemäß § 63 SGB X im Verfahren W 527/09" hat er den Widerspruch gegen den Bescheid vom 1. April 2011 (betreffend das Verfahren wegen des Widerspruch vom 4. Mai 2009 und des Widerspruchsbescheids vom 2. Juli 2009 [nachfolgendes Klageverfahren S 14 AS 3698/09 und Berufungsverfahren L 12 AS 3612/10]) zurückgewiesen und ausgeführt, der Bescheid werde gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Berufungsverfahrens L 12 AS 3612/10.

Die Klägerin hat im anhängigen Klageverfahren S 2 AS 500/09 ihren Antrag vom 26. Februar 2011 auf Erstattung von Kosten des Widerspruchsverfahrens und den Bescheid vom 1. April 2011 (Kosten Widerspruchsverfahren W 1760/08) vorgelegt. Der Beklagte hat mit Schreiben vom 13. April 2011 ebenfalls den Kostenbescheid vom 1. April 2011 bezüglich der Kosten der gutachterlichen Stellungnahme des W.F. in Höhe von 2.796,50 EUR (Kosten des Widerspruchsverfahrens W 1760/08) vorgelegt.

Im Erörterungstermin vom 27. Mai 2011 ist die Rechnung des W.F. vom 15. August 2009 besprochen worden. Der anwesende W.F. erläuterte, die Positionen 1 und 2 der Rechnung vom 15. August 2009 bezögen sich auf das streitgegenständliche Gutachten, die Ziff. 3 dieser Rechnung vom 15. August 2009 beziehe sich auf die spätere finanzmathematische Berechnung, die Gegenstand eines anderen Verfahrens sei und worüber kürzlich das LSG Baden-Württemberg entschieden habe. Sodann als Zeuge vernommen hat W.F. ausgesagt, er habe das Gutachten nach dem Zugang der Eingliederungsvereinbarung vom 4. Dezember 2008 erstattet. Dieses Gutachten habe er jedenfalls am 18. Dezember 2008 abgeschlossen. Den Auftrag habe er mündlich erhalten. Man sei übereingekommen, dass ein Gutachten ein geeignetes Mittel wäre, um den Bericht der BI zu entkräften.

Die Klägerin hat geltend gemacht, die Kosten des Gutachtens seien von der BI oder dem Beklagten zu übernehmen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 13. Dezember 2011 haben die Beteiligten u.a. erklärt, zwischen ihnen bestehe Einigkeit, dass der Widerspruchsbescheid vom 18. April 2011 nicht nur ein Teilwiderspruchsbescheid hinsichtlich der Kosten aus dem Widerspruchsverfahren W 527/09 zu verstehen sei, sondern, dass damit auch über den Widerspruch entschieden sei, soweit Gutachtenskosten aus dem Widerspruchsverfahren W 1760/08 erfasst seien. Die Beteiligten haben weiter erklärt, sie seien sich außerdem einig, dass der ablehnende Bescheid vom 1. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. April 2011, soweit diese beiden Bescheide die Widerspruchskosten 1.760,00 beträfen, Gegenstand des Klageverfahrens sein sollten, mithin also eine entsprechende Klageerweiterung erfolge.

Das SG hat dann folgende Anträge der Klägerin, die gemäß der Sitzungsniederschrift laut vorgespielt und von der Klägerin genehmigt wurden, aufgenommen:

"Die Klägerin beantragt,

1. Eingliederungsbescheid vom 04.12.2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 15.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides (W 1760/08) vom 16.01.2009 aufzuheben und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin einschließlich der Kosten des Widerspruchsverfahrens W 1760/08 der Beklagten vollständig aufzuerlegen, hilfsweise, festzustellen, dass der Eingliederungsbescheid vom 04.12.2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 15.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides (W 1760/08) vom 16.01.2009 rechtswidrig und deshalb aufzuheben war und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin, einschließlich der Kosten im Widerspruchsverfahren W 1760/08 der Beklagten vollständig aufzuerlegen. 2. den Kostenfestsetzungsbescheid vom 01.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.04.2011 (W 444/11) aufzuheben, soweit er sich auf die Kosten für das im Widerspruchsverfahren W 1760/08 eingeholte Gutachten bezieht und die Beklagte zu verurteilen, auf den Kostenfestsetzungsantrag der Klägerin vom 26.02.2011 hin, Gutachtenskosten in Höhe von 2.350,00 EUR zuzüglich 19% Umsatzsteuer an die Klägerin zu erstatten."

Mit Urteil vom 13. Dezember 2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Der EV-VA vom 4. Dezember 2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 15. Januar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Januar 2009 habe sich spätestens mit Ablauf seiner im Änderungsbescheid vom 15. Januar 2009 vorgesehenen verlängerten Gültigkeitsdauer am 30. Juni 2009 erledigt, insbesondere habe er keine über diesen Zeitpunkt hinausgehenden Regelungen statuiert und sei auch nicht Grundlage späterer Sanktionen gewesen. Die Klage sei jedoch als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig. Auch der Klageantrag Ziffer 2 sei vorliegend als Hilfsantrag für den Fall des Unterliegens mit Klageantrag Ziffer 1 zulässig. Zwar erfolge in der Regel dann, wenn es nach dem Widerspruchsverfahren zu einem Gerichtsverfahren komme, auch die Entscheidung darüber, welche Kosten des Widerspruchsverfahrens erforderlich gewesen seien, im Rahmen der bei Gericht zu beantragenden Kostenfestsetzung nach § 197 SGG, sodass es keines entsprechenden Klageantrages bedürfe. Unterliege ein Kläger jedoch in der Hauptsache, seien die außergerichtlichen Kosten in aller Regel bereits dem Grunde nach nicht zu erstatten, sodass es auch zu keiner Kostenfestsetzung nach § 197 SGG komme. Für diesen Fall, in welchem ja unstreitig jedenfalls 40% der notwendigen Widerspruchskosten dem Grunde nach zu erstatten seien, könne das Begehren auf Erstatten der Kosten des Widerspruchsverfahrens somit hilfsweise als eigener Klagantrag geltend gemacht werden. Die Klage sei hinsichtlich des Klagantrags Ziffer 1 unbegründet. Der EV-VA in der Fassung des Änderungsbescheids und in der Gestalt des Widerspruchsbescheids sei rechtmäßig. Die Voraussetzungen für den Erlass des Bescheids seien erfüllt. Er sei ordnungsgemäß zustande gekommen und inhaltlich nicht zu beanstanden. Da die angefochtene Eingliederungsentscheidung über den Umfang der Änderung vom 15. Januar 2009 hinaus nicht zu ändern sei, verbleibe es auch bei der im Widerspruchsbescheid W 1760/08 zugestandenen 40%igen Tragung der Kosten im Widerspruchsverfahren dem Grunde nach. Eine höhere Kostenerstattungsquote komme nicht in Betracht. Die Kosten des Gutachtens vom 18. Dezember 2008 seien allerdings nicht als notwendige Kosten des Widerspruchsverfahrens W 1760/08 anzusehen. Es sei schon fraglich, ob trotz des besonderen Verhältnisses zwischen W.F. und der Klägerin, seiner Auftraggeberin, sowie den im Erörterungstermin vom 27. Mai 2011 geschilderten näheren Umständen insbesondere der Auftragserteilung von mehr als einer noch keinen Gebührenanspruch auslösenden Gefälligkeit auszugehen sei. Das LSG Baden-Württemberg habe diese Frage - bezogen auf die finanzmathematische Berechnung, die ebenfalls in der Rechnung vom 15. August 2009 aufgeführt sei - in seinem Urteil vom 12. Mai 2011 (L 12 AS 3612/10) ebenfalls aufgeworfen und im Ergebnis offengelassen. Es fehle nämlich jedenfalls auch hier an der Erforderlichkeit der Einholung eines solchen Gutachtens. Maßgebend sei, ob das Gutachten im Zeitpunkt seiner Einholung aus der Sicht einer verständigen, auf sparsame Verfahrensführung bedachten Partei geboten und geeignet erschienen sei, das Verfahren unter entscheidungserheblichen Gesichtspunkten zu fördern. Abzustellen sei insoweit darauf, ob die Einholung zur Vorbereitung eines weiteren Verfahrens und/oder zur Erlangung der erforderlichen Sachkunde geboten gewesen sei (LSG Niedersachsen, Beschluss vom 22. August 2011, L 3 P 12/01 in Juris). Dies sei hier zu verneinen, denn eine wirtschaftswissenschaftliche gutachterliche Auseinandersetzung mit dem knappen BI-Bericht sei schon deshalb im Hinblick auf das Widerspruchsverfahren nicht notwendig, weil der mit dem Widerspruch angegriffene Verwaltungsakt keine auf dem BI-Bericht basierende Regelung enthalte. Bei nüchterner Betrachtung spiele es keine Rolle, ob der BI-Bericht richtig oder falsch sei. Der Beklagte habe darauf keine Regelung gestützt und im EV-VA klargestellt, dass die Tragfähigkeit erst zu einem späteren Zeitpunkt beurteilt werde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das schriftliche Urteil verwiesen.

Gegen das am 22. Dezember 2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 21. Januar 2012 Berufung eingelegt. Sie hat mit Schriftsatz vom 20. Februar 2012 erklärt, sie stelle folgenden "Antrag": "Ich möchte durch die Berufung, wie bereits durch die Klage vor dem SG Freiburg, erreichen, dass - neben der Übernahme der angefallenen Gutachtenskosten - auch festgestellt wird, dass ich durch das JCL und das SG Freiburg willkürlich behandelt wurde und somit gegen meine Grundrechte verstoßen wurde. Zudem möchte ich erreichen, dass bestimmte Sachverhalte aufgeklärt werden (vgl. meine Fragen in den Telefaxen vom 08.06.11 und 27.09.11), weil nur so sich diese Thematik für mich abschließen lässt."

Die Klägerin, die die Akten am 27. Juli 2012 beim Amtsgericht S. eingesehen hat, trägt neben Wiederholungen im Wesentlichen vor, die Verhandlung vom 13. Dezember 2011 sei wie andere Verfahren zuvor auch nicht fair gewesen. Besprechungen und Erörterungen seien nicht immer hinreichend vollständig protokolliert worden. Die EV vom 10. Juli 2008 sei nicht einvernehmlich geschlossen worden, was sich bereits aus ihrem Widerspruch vom 11. August 2008 und einem weiteren Fax vom selben Tag ergebe. Im letztgenannten Schreiben habe sie zwar angegeben, sie wünsche einen neuen Vertrag, allerdings auch darauf hingewiesen, dass nicht die BI ihre Tragfähigkeit prüfen solle. Da nach der EV vom 8. September 2008 die BI die Prüfung vornehmen sollte, habe sie diese EV nicht unterschrieben. Die BI habe dennoch prüfen dürfen und einen falschen Bericht vorgelegt. Deswegen habe sie durch W.F. eine gutachterliche Stellungnahme ausarbeiten lassen, nachdem der die EV ersetzende Verwaltungsakt vom 4. Dezember 2008 erlassen worden sei. Bei dem Gutachten von W.F. handle es sich auch nicht um ein Gefälligkeitsgutachten, da W.F. hierfür eine Rechnung erstellt habe. Die Entscheidung des SG sei willkürlich. Sie verletze sie als Grundrechtsträgerin in ihren Grundrechten. Die Akten des Beklagten seien auch nicht vollständig. Ohne die geforderte Vollständigkeit der Akte und der geforderten Unterlagen sei eine faire und ihren Bedürfnissen gerecht werdende Erörterung nicht möglich und daher aus ihrer Sicht nicht sinnvoll. Ohne Vorlage der Antworten werde sie eine Vertagung der Entscheidung so lange beantragen, bis diese Fragen geklärt seien.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 13. Dezember 2011 aufzuheben und festzustellen, dass der Bescheid vom 4. Dezember 2008 in der Fassung des Bescheids vom 15. Januar 2009 sowie in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Januar 2009 rechtswidrig war und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 1. April 2011 sowie des Widerspruchsbescheids vom 18. April 2011 zu verurteilen, ihr die Kosten der gutachterlichen Stellungnahme vom 18. Dezember 2008 gemäß der Rechnung vom 15. August 2009 in Höhe von 2.350,00 EUR zuzüglich 19% Umsatzsteuer zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Berufungsbegründung enthalte keine relevanten Ausführungen, die nicht schon im Urteil des SG berücksichtigt worden seien.

Nachdem der Klägerin zuletzt für den Bewilligungszeitraum vom 1. Mai bis 31. Oktober 2011 zunächst Leistungen bewilligt worden waren und der Beklagte diese Bewilligung mit Bescheid vom 22. Mai 2012 vollständig aufgehoben hat, hat die Klägerin für die Zeit nach dem 31. Oktober 2011 keine Leistungen nach dem SGB II mehr beantragt (Angaben des Beklagten vom 14. Oktober 2013).

Der Bevollmächtigte des Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung am 22. Oktober 2013 klarstellend erklärt, auf Grund des Bescheids vom 4. Dezember 2008 in der Fassung des Bescheids vom 15. Januar 2009 sowie in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Januar 2009 würden keine Rechtsfolgen abgeleitet, Sanktionen seien nicht erfolgt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.

Hinsichtlich der begehrten Aufhebung der Bescheide vom 4. Dezember 2008 und 15. Januar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Januar 2009 hat die Klage keinen Erfolg, denn die in diesen Bescheiden getroffene Regelung hat sich mit Ablauf des 30. Juni 2009 erledigt. Wie das SG bereits festgestellt hat und es sich auch für den Senat aus den Akten ergibt, hat der Bescheid vom 4. Dezember 2008 in Gestalt des Bescheids vom 15. Januar 2009 und des Widerspruchsbescheids vom 16. Januar 2009 über den Zeitpunkt der angeordneten Gültigkeit, dem 30. Juni 2009, hinaus keine Regelungen statuiert und war auch nicht Grundlage späterer Regelungen bzw. von Sanktionen. Damit ist die zunächst zulässige Anfechtungsklage, wie vom SG zutreffend entschieden, unzulässig geworden. Aufgrund der Erklärung des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung steht fest, dass der angefochtene Bescheid keine Regelungswirkung mehr entfaltet und eine Anfechtungsklage daher nicht mehr in Betracht kommt.

Gemäß § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG kann mit der Klage die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines zurückgenommenen oder auf andere Weise erledigten Verwaltungsaktes begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Ein solches Fortsetzungsfeststellungsinteresse kann u.a. unter dem Gesichtspunkt der Präjudizialität und der Wiederholungsgefahr bestehen. Wiederholungsgefahr ist anzunehmen, wenn die hinreichend bestimmte (konkrete) Gefahr besteht, dass unter im wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen eine gleichartige Entscheidung ergeht (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 14. Februar 2013, B 14 AS 195/11 R, in Juris m.w.N.). Für die Frage, ob ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit besteht, ist auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, abzustellen (vgl. u.a. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 10. Auflage, RdNrn 10, 10i m.w.N.). Soweit die Klägerin ihr Begehren in Bezug auf die angefochtenen o.g. Verwaltungsentscheidungen unter Abänderung des ursprünglichen Antrags im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage weiterverfolgt hat, hat das SG zwar zunächst zutreffend das hierfür gemäß § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG erforderliche berechtigte Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Verwaltungsentscheidung noch zu Recht bejaht, doch ist dieses berechtigte Interesse inzwischen spätestens mit dem von der Klägerin nicht angegriffenen Aufhebungsbescheid vom 22. Mai 2013 entfallen, nachdem sie auch nach der Aufhebung der Bewilligung von Leistungen für die Zeit vom 1. Mai bis 31. Oktober 2011 über zwei Jahre nicht mehr im Leistungsbezug steht und nach dem 31. Oktober 2011 auch keine Leistungen nach dem SGB II mehr beantragt hat. Die konkrete Gefahr, dass der Beklagte in naher Zukunft oder absehbarer Zeit tatsächlich bei im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen einen gleichartigen Verwaltungsakt erlässt, ist angesichts dessen nicht feststellbar und auch nicht substantiiert dargelegt. Auch das Vorliegen eines sonstigen hier in Betracht kommenden berechtigten Interesses, wie eine Präjudizialität für konkrete Folgeansprüche (Anhängigkeit einer Amtshaftungsklage oder mit Sicherheit zu erwartende und nicht offensichtlich aussichtslose Amtshaftungsklage) oder ein Rehabilitationsinteresse (Beeinträchtigung von Grundrechten, insbesondere der Menschenwürde oder der Persönlichkeitsrechte durch die Begründung des Verwaltungsaktes oder die Umstände seines Zustandekommens) ist weder dargetan, noch feststellbar.

Nachdem zum Zeitpunkt der Klageerhebung im Januar 2009 allerdings noch ein Feststellungsinteresse bestand, da die Klägerin zu diesem Zeitpunkt noch im Leistungsbezug stand und der Beklagte nach Erlass der angefochtenen Entscheidungen auch weitere Verwaltungsentscheidungen zur Ersetzung einer nicht unterzeichneten Eingliederungsvereinbarung getroffen hat, ergibt die Prüfung der zunächst mit der Klage angefochtenen Verwaltungsentscheidungen, dass diese rechtswidrig waren. Wenngleich diese Feststellung nicht mehr mit der Fortsetzungsfeststellungsklage verfolgt werden kann, weil ein Feststellungsinteresse nicht (mehr) besteht, ist dies bei der Entscheidung über die Kosten zu berücksichtigen. Hierbei ergibt sich, dass der EV-VA vom 4. Dezember 2008 in Gestalt des Bescheids vom 15. Januar 2009 und des Widerspruchsbescheids vom 16. Januar 2009 rechtswidrig war, da der Beklagte ohne hinreichende Begründung und Ermessensausübung eine Regelung für einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten und über den Bewilligungszeitraum bis 30. April 2009 hinaus getroffen hat. Er hat mit dem Teilabhilfebescheid vom 15. Januar 2009, der Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden ist, die im Bescheid vom 4. Dezember 2008 festgelegte Geltungsdauer vom 4. Dezember bis ursprünglich 7. März 2009 bis 30. Juni 2009 verlängert. Wie das BSG im Urteil vom 14. Februar 2013 a.a.O.) entschieden hat, ist ein eine EV-VA rechtswidrig, wenn die gesetzlich vorgesehene Geltungsdauer ohne Ermessenserwägungen überschritten wird. Wie das BSG dazu ausgeführt hat, weist Satz 6 des § 15 Abs. 1 SGB II wegen des eine EV ersetzenden Verwaltungsakts zwar allein auf "die Regelungen nach Satz 2". Es sei jedoch nicht zu erkennen, dass der Grundsicherungsträger die Geltungsdauer eines ersetzenden Verwaltungsakts ohne Bindung an die Vorgabe des Satzes 3 nach freiem Ermessen festlegen können sollte. Nach § 15 Abs. 1 Satz 3 SGB II solle die Eingliederungsvereinbarung für sechs Monate geschlossen werden. Auf Grund des Verhältnisses der Regelungen in Satz 1 und 2 des § 15 Abs.1 SGB II zu Satz 6 dieser Vorschrift gelte dies auch für den die EV ersetzenden Verwaltungsakt. Nach der Entscheidung des BSG (BSG a.a.O.) ist das Ermessen bei der Entscheidung über die Geltungsdauer gebunden. Für den Regelfall sieht der Gesetzgeber sechs Monate als angemessen an. Die sechsmonatige Regellaufzeit entspricht dem Bewilligungszeitraum für Leistungen nach dem SGB II gemäß § 41 Abs.1 Satz 2 SGB II. Deshalb "soll" nach Satz 4 des § 15 Abs. 1 SGB II nach Ablauf von sechs Monaten eine neue Eingliederungsvereinbarung abgeschlossen werden. Dies bedeutet, so das BSG (a.a.O.), dass dann, wenn eine EV ersetzender Verwaltungsakt für einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten Rechtswirkungen erzeugen soll, Ermessen auszuüben ist. Dem schließt sich der Senat an. Damit war die Entscheidung des Beklagten, die die Klägerin angefochten hat, rechtswidrig, denn der Beklagte hat seinen angefochtene Entscheidungen eine Regelung für die Zeit vom 4. Dezember 2008 bis 30. Juni 2009, mithin für mehr als gemäß § 15 Abs. 1 SGB II vorgesehenen sechs Monate getroffen, ohne hierbei ein Ermessen ausgeübt zu haben. Von einer willkürlichen Entscheidung des Beklagten kann allerdings insofern - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht die Rede sein, zumal bei der Entscheidung die neuere Rechtsprechung des BSG zum Erfordernis der Ermessensausübung bei Erlass eines EV-VA mit einer Geltungsdauer von über sechs Monaten nicht bekannt war. Es handelt sich vielmehr um eine schlicht rechtswidrige Entscheidung.

Soweit die Klägerin die Erstattung von Kosten des Gutachtens des Widerspruchsverfahrens W 1760/08 für die gutachterliche Stellungnahme des W.F. vom 18. Dezember 2008 gemäß der Rechnung vom 15. August 2009 im Wege der Klage begehrt, hat dieses Begehren keinen Erfolg. Ein Anspruch auf Kostenerstattung gemäß § 63 SGB X besteht nur bei so genannten isolierten Widerspruchsverfahren, d.h. für Widerspruchsverfahren, denen kein Klageverfahren nachfolgt. Schließt sich hingegen eine Klage an, kommt § 63 SGB X nicht mehr zur Anwendung. Denn dann hat (nur noch) das Gericht gemäß § 193 Abs. 1 SGG von Amts wegen im Urteil (S. 1 a.a.O.) oder bei anderweitiger Verfahrensbeendigung auf Antrag durch Beschluss (S. 3 a.a.O.) darüber zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Zu den Kosten, über deren Erstattung das Gericht zu befinden hat, gehören die gesamten (außergerichtlichen) Kosten des Rechtsstreits und daher nach § 193 Abs. 2 SGG auch die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen für ein Vorverfahren (BSG, Urteil vom 20. Oktober 2010, B 13 R 15/10 R in SozR 4-1500 § 193 Nr. 6 und in Juris). So liegt der Sachverhalt hier. Im vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin wegen der Bescheide vom 4. Dezember 2008 und vom 15. Januar 2009 sowie des Widerspruchsbescheids vom 16. Januar 2009 Klage erhoben, so dass - mangels isolierten Vorverfahrens - bereits die Voraussetzungen für den Erlass einer Kostenentscheidung nach § 63 SGB X nicht vorgelegen haben. Über die Höhe der gegebenenfalls zu erstattenden Kosten des Widerspruchsverfahrens ist vielmehr auf Grund der vom SG bzw. der Instanzgerichte zu treffenden Kostengrundentscheidung im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens durch den Kostenbeamten erster Instanz zu entscheiden. Hierbei kann vorliegend dahinstehen, ob in Fällen eines der dem Widerspruchsbescheid nachfolgenden erfolglosen gerichtlichen Verfahrens eine Entscheidung nach § 63 SGB X über die Höhe der zu erstattenden Kosten beansprucht werden könnte, wovon das SG ausgeht, da wegen des zunächst aus den oben genannten Gründen - wegen der Rechtswidrigkeit der Verwaltungsentscheidung - begründeten Klagebegehrens die Klägerin hinsichtlich der Kosten teilweise Erfolg hat. Über die Höhe der im Widerspruchsverfahren zu erstattenden Kosten, insbesondere, ob die Kosten der gutachterlichen Stellungnahme vom 18. Dezember 2008 zu erstatten sind, ist im vorliegenden Verfahren vom Senat nicht zu entscheiden. Da der den geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch ablehnende Bescheid vom 1. April 2011 nicht hätte ergehen dürfen, hebt der Senat diesen auf. Der Aufhebung eines Widerspruchsbescheides bedarf es nicht, da ein solcher betreffend das Widerspruchsverfahren W 1760/08, wie dem Wortlaut des Widerspruchsbescheides vom 18. April 2011 eindeutig zu entnehmen ist, nicht ergangen ist und auch auf Grund der Erklärung der Beteiligten im Termin nicht als ergangen angesehen werden kann.

Die Kostenentscheidung ergeht auf Grund von § 193 SGG sowie der Erwägung, dass die erstrebte Verurteilung des Beklagten zur Erstattung von Gutachtenskosten keinen Erfolg gehabt hat und die Klägerin weder mit ihrem zuletzt vor dem SG aufrecht erhaltenen Begehren in der Hauptsache auf Aufhebung der Bescheide vom 4. Dezember 2008 und 15. Januar 2009 sowie des Widerspruchsbescheids vom 16. Januar 2009, noch mit der Fortsetzungsfeststellungsklage Erfolg hatte. Andererseits war auch zu berücksichtigen, dass der angefochtene Eingliederungsbescheid vom 4. Dezember 2008 in der Fassung des Bescheides vom 15. Januar 2009 rechtswidrig gewesen ist und das Fortsetzungsfeststellungsinteresse erst im Laufe des Berufungsverfahrens weggefallen ist.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved