Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 18 KR 220/12 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 68/13 ZVW
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 24. April 2012 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gründe:
Auch nach Aufhebung des Beschlusses des Senats vom 27. August 2012 (Az. L 8 KR 189/12 B ER) durch das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 26. Februar 2013, Az. 1 BvR 2045/12) und Zurückverweisung an das Hessische Landessozialgericht konnte die Beschwerde der Antragstellerin mit dem Antrag,
den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 24. April 2012 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, vorläufig bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens die Kosten ihrer Behandlung mit regionaler Chemotherapie unter Stop-Flow-Bedingungen mit anschließender Chemofiltration, dendritischen Zellen, Virotherapie mit Evaluation weiterer onkolytischer Viren und Artesunante zu übernehmen,
keinen Erfolg haben.
Soweit die Antragstellerin ihr Begehren wegen ihrer veränderten gesundheitlichen Situation nunmehr auf den modifizierten Behandlungsplan ihres behandelnden Arztes vom 22. März 2013 abstellt, ist dies nach § 99 Abs. 3 Nr.3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig.
Unter Berücksichtigung der o. g. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und des vom Senat eingeholten Berichts des behandelnden Arztes ist der angefochtene Beschluss des Sozialgerichts zu bestätigen und der Antrag der Antragstellerin auch in seiner modifizierten Form nicht begründet.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis getroffen werden, wenn dies zur Abwehr wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies setzt voraus, dass das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft gemacht werden, § 86 b Abs. 2 Satz 3 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts; für das Beschwerdeverfahren ist dies der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 86b Rdnr. 42).
Drohen ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, kann sich das angerufene Gericht nur an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache orientieren, soweit die Sach- und Rechtslage bereits abschließend geklärt ist. Ist demgegenüber eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so hat das Gericht anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. Mai 2005, Az. 1 BvR 596/05).
Vorliegend fehlt es an einem Anordnungsanspruch.
Nachdem weder die begehrten einzelnen Therapien noch ihre Kombination Teil des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind – was unstreitig ist -, kommt als Rechtsgrundlage des sowohl im Hauptsacheverfahren als auch im einstweiligen Anordnungsverfahren geltend gemachten Anspruchs auf eine Behandlung mittels der von dem behandelnden Arzt unter dem 22. März 2013 vorgeschlagenen Therapie allein und ausschließlich der ab 1. Januar 2012 in Kraft getretene § 2 Abs. 1a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in Betracht. Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber den vom Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 6. Dezember 2005, Az. 1 BvR 347/98, veröff. in Juris) formulierten Anforderungen an eine grundrechtsorientierte Auslegung der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung in Bezug auf neue Behandlungsmethoden im Falle einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht (s.a. BVerfG Beschluss vom 26. Februar 2013 a.a.O.), Rechnung getragen.
Nach § 2 Abs. 1a Satz 1 SGB V können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechenden Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Aus dieser Regelung wird deutlich, dass für einen durch eine Krankheit vom Tode bedrohten Versicherten zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) auch Leistungen zu erbringen sind, bei denen noch nicht gesichert ist, dass sie bereits dem anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen, weil diese sich noch in einer Erprobungsphase befinden. An die Wirksamkeit solcher Leistungen sind nicht allzu hohe prognostische Anforderungen zu stellen (so auch Kruse in LPK-SGB V, 4. Aufl., § 2 Rdnr. 4).
Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 2013 (a.a.O.) bedarf es einer besonderen Rechtfertigung vor Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip, wenn den der Versicherungspflicht unterworfenen Versicherten Leistungen für die Behandlung einer Krankheit und insbesondere einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung durch gesetzliche Bestimmungen oder durch deren fachgerichtlichen Auslegung oder Anwendung vorenthalten werden. Die Frage, ob eine alternative Behandlungsmethode von der GKV zu finanzieren ist, darf nicht losgelöst davon betrachtet werden, was die anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung zu leisten vermag und was die alternative Behandlung zu leisten vorgibt. Zur Beantwortung der Frage, ob eine Behandlung mit Mitteln der Schulmedizin in Betracht kommt und inwieweit Behandlungsalternativen zur Verfügung stehen, ist zunächst das konkrete Behandlungsziel zu klären. Bietet die Schulmedizin nur palliative Behandlungsmöglichkeiten an, weil sie jede Möglichkeit einer kurativen Behandlung als aussichtslos betrachtet, kommt ein Anspruch auf eine alternative Behandlungsmethode allerdings nur dann in Betracht, wenn eine auf Indizien gestützte Aussicht auf einen über die palliative Standardtherapie hinausreichenden Erfolg besteht. Rein experimentelle Behandlungsmethoden, die nicht durch hinreichende Indizien gestützten werden können, reichen nicht aus.
Die Antragstellerin ist an einem lebensbedrohlichen metastasierenden Ovarialkarzinom erkrank. Dies wird nicht zuletzt auch durch den Befund eines MRT ihres Abdomens vom 25. Januar 2013 (Dr. med. QQ., Radiologische Gemeinschaftspraxis in Q-Stadt) bestätigt, wonach eine deutliche Progredienz der Tumoraktivität im Vergleich zur Voruntersuchung am 14. November 2012 festgestellt wurde.
Der Senat geht davon aus, dass die nach der Schulmedizin zur Behandlung der Antragstellerin noch infrage kommenden Behandlungsalternativen allein palliativen Charakter haben, d. h. nur noch Behandlungen bereitstehen, die auf den Erhalt bestmöglicher Lebensqualität durch optimale Schmerztherapie und Symptomkontrolle abzielen (s. die Definition in: Pschyrembel, 260 Aufl.). Dies folgt u.a. aus dem zusammenfassenden Bericht des Unterausschusses "Ärztliche Behandlung" des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bewertung nach § 135 Abs. 1 SGB V der Hyperthermie (Stand 15. Juni 2005, S. 234), wonach es für Patientinnen mit fortgeschrittenen Ovarialkarzinom in der Rezidivsituation derzeit keine kurative Therapie gibt. Die Therapie soll sich danach neben der Induktion einer Remission insbesondere auf die Lebensqualität der Patientin konzentrtieren. Dies entspricht auch im Ergebnis der Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung XY. e.V. vom 27. März 2012, die dieser nach § 275 SGB V gegenüber der Antragsgegnerin abgegeben hat.
Die für den Anordnungsanspruch zwingend notwendige Aussicht auf einen kurativen Behandlungserfolg, der über den mit Mitteln der Schulmedizin erreichbaren palliativen Nutzen hinausgeht, kann nach Überzeugung des Senats für alle von der Antragstellerin begehrten sogenannten alternativen Behandlungsansätze nicht bejaht werden. Dabei stellt der Senat entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts und des § 2 Abs.1 Satz 1 SGB V darauf ab, ob bei prognostischer Betrachtung der Einsatz der begehrten Behandlungsverfahren eine auf Indizien gestützte Aussicht auf einen über die palliative Standardtherapien hinausreichenden kurativen Erfolg bietet.
Hinsichtlich der von dem behandelnden Arzt in dessen Befundbericht vom 22. März 2013 an erster Stelle seines nunmehrigen Behandlungskonzepts angeführten "regionalen Chemotherapie unter Stop-Flow-Bedingungen mit anschließender Chomoinfiltration zur Erzielung einer größtmöglichen Schadwirkung auf die Tumorzellen bei minimalen Wirkungen auf den Gesamtorganismus" gilt Folgendes: Dieses auch unter der Bezeichnung Chemoperfusion bekannte Behandlungsverfahren rechnet in seiner ambulanten Anwendung nicht zu den Versorgungs- und Behandlungsansprüchen eines Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung. Es handelt sich um eine neue Behandlungsmethode, zu der der GBA keine positive Empfehlung in einer Richtlinie nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V über den therapeutischen Nutzen abgegeben hat (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 3. Juli 2012, Az. B 1 KR 6/11 R, veröff. in juris). Nach Angaben des behandelnden Arztes wurde bei der Antragstellerin bereits am 7. Februar 2013 eine erste abdominelle Chemoperfusion verabreicht, nachdem im Rahmen der Auswertung des MRT-Abdomen vom 25. Januar 2013 eine deutliche Größenprogredienz der tumorösen Leberläsionen, der Lymphknoten sowie eine zentrale Tumorkompression der intrahepatischen Gallenwege festgestellt worden war. Die Weiterführung der von der Antragstellerin begehrten regionalen Chemotherapie zielt in ihrem Fall offensichtlich auf eine Reduzierung der Tumorlast infolge der Metastasierung des Ovarialtumors. Die maßgeblich von dem deutschen Gefäßchirurgen und Onkologen Prof. Dr. Reinhard Aigner weiterentwickelte regionale Chemotherapie wird von den Befürwortern deren ambulanter Anwendung jedoch nur als aussichtsreich angesehen, wenn die Anwendung auf ein Organ oder eine gut abgrenzbare Körperregion konzentriert werden kann. Es wird zugestanden, dass die Erfolgsaussichten umso geringer werden, je größer das vom Tumor befallene Körpervolumen ist. Dies gesteht insbesondere das Medias Klinikum Burghausen, dessen Chefarzt Prof. Dr. Aigner ist, zu (vgl. http://www.medias- Klinikum.de/therapien/regionale-chemotheraie.html, Stand 27.03.2013). Auch die Patienteninformation der medac GmbH, Gesellschaft für medizinische Spezialpräparate, welche onkologische Therapeutika für den Einsatz bei der regionalen Chemotherapie herstellt, hebt hervor, dass grundlegende Voraussetzung für den Einsatz dieser Methode insbesondere zur Behandlung von Lebermetastasen des Dickdarmkrebses und beim Leberkrebs ist, dass keine weiteren Metastasen in anderen Organen vorliegen (vgl. http://www.medac.de/patient/fachbereiche/onkologie/indikationen/regionale chemotherapie, Stand: 27.03.2013).
Im Falle der Antragstellerin verhält es sich gerade so, dass in ihrem Bauchraum laut dem MRT-Befund vom 25. Januar 2013 mehrer Organsysteme großflächig tumorös befallen sind. Angesichts dieser Sachlage kann nur von einer rein experimentellen Anwendung der regionalen Chemotherapie ausgegangen werden, die angesichts der Tumorausdehnung allenfalls zu einer kurzzeitigen Rückbildung der Tumorausbreitung mit rein palliativer Wirkung führen könnte. Auch hat der behandelnde Arzt in seinem Bericht vom 22. März 2013 trotz ausdrücklicher Nachfrage des Senats nicht dargelegt, worauf er hinsichtlich dieser Methode seine Erwartung auf eine kurative Wirkung stützt.
Weiter ist nach Überzeugung des Senats der von dem behandelnden Arzt der Antragstellerin in Aussicht gestellte kurative Behandlungserfolg hinsichtlich der begehrten dendritischen Zelltherapie sowie der Virotherapie mit onkolytischen Viren weder anhand dessen Darlegungen vom 8. März 2012 noch anhand dessen schriftlicher Stellungnahme vom 22. März 2013 nachvollziehbar.
Die Krebsbehandlung mittels des Einsatzes von modifizierten dendritischen Zellen, sowie onkolytischer Viren (Tumorimpfstoff) ist Gegenstand klinischer Forschungen. Nach der Presseinformation der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG vom 5. April 2011) versprechen die neuartigen Therapieformen der Immunimpfungen zur Therapie von Krebserkrankungen im Prinzip eine gute Wirksamkeit bei wenigen Nebenwirkungen. Hierbei stellte sich jedoch das Problem, dass aus bisher noch nicht vollständig verstandenen Gründen bei einigen Patienten Tumore wachsen und Tochtergeschwülste bilden, obwohl sie Tumorantigene tragen und damit prinzipiell von Zellen des Immunsystems erkannt und zerstört werden könnten. Es fanden sich Hinweise darauf, dass dies mehrere Ursachen hat, die alle dazu führten, dass die gegen den Tumor gerichtete Immunantwort unterdrückt wird und deshalb zu schwach ausfällt, um wirksam gegen fortschreitenden Tumorwachstum angehen zu können. Zwar gehören dendritischen Zellen zu den Zellen, die am besten geeignet sind, eine starke Immunantwort auszulösen, es gibt jedoch eine Vielzahl von Behandlungsstrategien die weltweit im Rahmen von Forschungsprojekten in Erprobung sind. Erstmals hat sich Sipuleucel-T, welches in großer Anzahl an Patienten erprobte worden ist, bei bestimmten Verlaufsformen des Prostatakarzinoms als wirksam gezeigt. Dies führte jedoch nicht zu einer kompletten Heilung des Tumorleidens , sondern lediglich zu einer Verlängerung des Überlebens des Patienten um 4,5 Monate gegenüber der Standardtherapie.
Dementprechend empfiehlt die Arbeitsgemeinschaft "Prävention und integrative Onkologie" (PRiO) der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) in ihrer Stellungnahme zur onkolytischen Viren-Therapie (DKG-Stellungnahme vom 3. November 2011), Patienten mit onkolytischen Viren nur innerhalb klinischer Studien zu behandeln. Sie fordert alle Ärzte auf, ihre Patienten von Therapieangeboten außerhalb klinischer Studien auf privater Zahlungsbasis abzuraten und Patienten mit Informationsbedarf an ein entsprechendes Forschungs- bzw. Studienzentrum zu verweisen. In der DKGStellungnahme wird darauf hingewiesen, dass die verschiedenen Formen der Therapie mit onkolytischen Viren, die bereits gegen Bezahlung von einigen Einrichtungen angeboten werden, nicht den Qualitäts- und Ergebniskontrollen, wie sie in klinischen Studien Standard sind, unterliegen (vgl. http://www.krebsgesellschaft.de/ download/stellungnahme onkolytische viren 031111.pdf).
Der behandelnde Arzt der Antragstellerin lässt auch offen, welche Viren er zum Einsatz bringen will und führt nur vage aus, im Rahmen der Behandlung der Antragstellerin sei eine "Evaluierung weiterer onkolytischer Viren" beabsichtigt. Auch die Herstellung der zum Einsatz kommenden dendritischen Zellen bleibt in dessen Ausführungen im Unklaren. Zudem wird in klinischen Studien zum Einsatz onkologischer Viren in der Krebstherapie bislang nur die Produktsicherheit, nicht jedoch die Wirksamkeit erforscht. Die DKG bezeichnet die laufenden klinischen Einzel-Studien der Immuntherapie im Rahmen der Tumorbehandlung daher zutreffend ausdrücklich als experimentelle Therapie.
Auch die von dem behandelnden Arzt der Antragstellerin in dessen Bericht vom 22. März 2013 angeführten zwei praktischen Beispiele sind als Indiz für die Annahme einer nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung der Antragstellerin nicht ausreichend. In dem einen Fall handelt es sich um die Behandlung eines an einem Glioblastoma multiforma erkrankten Patienten mit 4 verschiedenen onkolytischen Viren. Bei dem weiter angeführten Behandlungsfall fand die Therapie eines Mammakarzinoms mit ossärer hepatischer Metastasierung mit Fieber, Viren, dendritischen Zellen, LAK und EHT statt. Insoweit handelt es sich nicht nur um unterschiedliche Erkrankungen sondern auch um unterschiedliche Behandlungsformen. Die beschriebenen Einzelerfolge in der Behandlung dieser unterschiedlichen Tumorerkrankungen können - selbst wenn man diese in tatsächlicher Hinsicht annimmt - nicht auf das metastasierende Ovarialkarzinom der Antragstellerin übertragen werden, da bekanntermaßen jede Krebsart ihre Besonderheiten aufweist.
Artesunante wird zur medikamentösen Behandlung der komplizierten Malaria tropica eingesetzt. Hergestellt wird das Medikament in der Volksrepublik China (http://www.p-eg. org/print/aktuelles/127). Wissenschaftler des BioQuant-Zentrums der Universität Heidelberg und das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) haben die zellulären Abläufe beim Abtöten von Brustkrebszellen mit Hilfe von Artesunante untersucht (http://www.uni-heidelberg.de/presse/news2011/pm20110708 artesunat.html). Es wurde im Rahmen einer klinischen Studie der Phase I an Patientinnen mit Brustkrebs begleitend zu der schulmedizinischen Standardbehandlung auf seine Verträglichkeit erprobt (ARTICO2 unter: http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/index.php?id=126276&L=0). Damit fehlt jede Möglichkeit der Aussage über die Wirksamkeit von Artesunante bei der Behandlung des fortschreitend metastasierenden oh Ovarialkarzinom der Antragstellerin. Anhaltspunkte für eine kurative Wirkung in diesem frühen klinischen Stadium bestehen nicht.
Nach alledem kann der Senat für die einzelnen Behandlungsteile der beantragten Kombinationstherapie wie auch für diese selbst keine Indizien feststellen, die die Aussicht auf einen Behandlungserfolg stützen könnten, der über eine palliative Behandlung hinausgeht. Die beantragten Behandlungsmaßnahmen haben experimentellen Charakter.
Da es vorliegend bereits an einem Anordnungsanspruch fehlt, konnte die Beschwerde der Antragstellerin keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gründe:
Auch nach Aufhebung des Beschlusses des Senats vom 27. August 2012 (Az. L 8 KR 189/12 B ER) durch das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 26. Februar 2013, Az. 1 BvR 2045/12) und Zurückverweisung an das Hessische Landessozialgericht konnte die Beschwerde der Antragstellerin mit dem Antrag,
den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 24. April 2012 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, vorläufig bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens die Kosten ihrer Behandlung mit regionaler Chemotherapie unter Stop-Flow-Bedingungen mit anschließender Chemofiltration, dendritischen Zellen, Virotherapie mit Evaluation weiterer onkolytischer Viren und Artesunante zu übernehmen,
keinen Erfolg haben.
Soweit die Antragstellerin ihr Begehren wegen ihrer veränderten gesundheitlichen Situation nunmehr auf den modifizierten Behandlungsplan ihres behandelnden Arztes vom 22. März 2013 abstellt, ist dies nach § 99 Abs. 3 Nr.3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig.
Unter Berücksichtigung der o. g. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und des vom Senat eingeholten Berichts des behandelnden Arztes ist der angefochtene Beschluss des Sozialgerichts zu bestätigen und der Antrag der Antragstellerin auch in seiner modifizierten Form nicht begründet.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis getroffen werden, wenn dies zur Abwehr wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies setzt voraus, dass das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft gemacht werden, § 86 b Abs. 2 Satz 3 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts; für das Beschwerdeverfahren ist dies der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 86b Rdnr. 42).
Drohen ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, kann sich das angerufene Gericht nur an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache orientieren, soweit die Sach- und Rechtslage bereits abschließend geklärt ist. Ist demgegenüber eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so hat das Gericht anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. Mai 2005, Az. 1 BvR 596/05).
Vorliegend fehlt es an einem Anordnungsanspruch.
Nachdem weder die begehrten einzelnen Therapien noch ihre Kombination Teil des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind – was unstreitig ist -, kommt als Rechtsgrundlage des sowohl im Hauptsacheverfahren als auch im einstweiligen Anordnungsverfahren geltend gemachten Anspruchs auf eine Behandlung mittels der von dem behandelnden Arzt unter dem 22. März 2013 vorgeschlagenen Therapie allein und ausschließlich der ab 1. Januar 2012 in Kraft getretene § 2 Abs. 1a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in Betracht. Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber den vom Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 6. Dezember 2005, Az. 1 BvR 347/98, veröff. in Juris) formulierten Anforderungen an eine grundrechtsorientierte Auslegung der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung in Bezug auf neue Behandlungsmethoden im Falle einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht (s.a. BVerfG Beschluss vom 26. Februar 2013 a.a.O.), Rechnung getragen.
Nach § 2 Abs. 1a Satz 1 SGB V können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechenden Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Aus dieser Regelung wird deutlich, dass für einen durch eine Krankheit vom Tode bedrohten Versicherten zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) auch Leistungen zu erbringen sind, bei denen noch nicht gesichert ist, dass sie bereits dem anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen, weil diese sich noch in einer Erprobungsphase befinden. An die Wirksamkeit solcher Leistungen sind nicht allzu hohe prognostische Anforderungen zu stellen (so auch Kruse in LPK-SGB V, 4. Aufl., § 2 Rdnr. 4).
Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 2013 (a.a.O.) bedarf es einer besonderen Rechtfertigung vor Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip, wenn den der Versicherungspflicht unterworfenen Versicherten Leistungen für die Behandlung einer Krankheit und insbesondere einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung durch gesetzliche Bestimmungen oder durch deren fachgerichtlichen Auslegung oder Anwendung vorenthalten werden. Die Frage, ob eine alternative Behandlungsmethode von der GKV zu finanzieren ist, darf nicht losgelöst davon betrachtet werden, was die anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung zu leisten vermag und was die alternative Behandlung zu leisten vorgibt. Zur Beantwortung der Frage, ob eine Behandlung mit Mitteln der Schulmedizin in Betracht kommt und inwieweit Behandlungsalternativen zur Verfügung stehen, ist zunächst das konkrete Behandlungsziel zu klären. Bietet die Schulmedizin nur palliative Behandlungsmöglichkeiten an, weil sie jede Möglichkeit einer kurativen Behandlung als aussichtslos betrachtet, kommt ein Anspruch auf eine alternative Behandlungsmethode allerdings nur dann in Betracht, wenn eine auf Indizien gestützte Aussicht auf einen über die palliative Standardtherapie hinausreichenden Erfolg besteht. Rein experimentelle Behandlungsmethoden, die nicht durch hinreichende Indizien gestützten werden können, reichen nicht aus.
Die Antragstellerin ist an einem lebensbedrohlichen metastasierenden Ovarialkarzinom erkrank. Dies wird nicht zuletzt auch durch den Befund eines MRT ihres Abdomens vom 25. Januar 2013 (Dr. med. QQ., Radiologische Gemeinschaftspraxis in Q-Stadt) bestätigt, wonach eine deutliche Progredienz der Tumoraktivität im Vergleich zur Voruntersuchung am 14. November 2012 festgestellt wurde.
Der Senat geht davon aus, dass die nach der Schulmedizin zur Behandlung der Antragstellerin noch infrage kommenden Behandlungsalternativen allein palliativen Charakter haben, d. h. nur noch Behandlungen bereitstehen, die auf den Erhalt bestmöglicher Lebensqualität durch optimale Schmerztherapie und Symptomkontrolle abzielen (s. die Definition in: Pschyrembel, 260 Aufl.). Dies folgt u.a. aus dem zusammenfassenden Bericht des Unterausschusses "Ärztliche Behandlung" des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bewertung nach § 135 Abs. 1 SGB V der Hyperthermie (Stand 15. Juni 2005, S. 234), wonach es für Patientinnen mit fortgeschrittenen Ovarialkarzinom in der Rezidivsituation derzeit keine kurative Therapie gibt. Die Therapie soll sich danach neben der Induktion einer Remission insbesondere auf die Lebensqualität der Patientin konzentrtieren. Dies entspricht auch im Ergebnis der Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung XY. e.V. vom 27. März 2012, die dieser nach § 275 SGB V gegenüber der Antragsgegnerin abgegeben hat.
Die für den Anordnungsanspruch zwingend notwendige Aussicht auf einen kurativen Behandlungserfolg, der über den mit Mitteln der Schulmedizin erreichbaren palliativen Nutzen hinausgeht, kann nach Überzeugung des Senats für alle von der Antragstellerin begehrten sogenannten alternativen Behandlungsansätze nicht bejaht werden. Dabei stellt der Senat entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts und des § 2 Abs.1 Satz 1 SGB V darauf ab, ob bei prognostischer Betrachtung der Einsatz der begehrten Behandlungsverfahren eine auf Indizien gestützte Aussicht auf einen über die palliative Standardtherapien hinausreichenden kurativen Erfolg bietet.
Hinsichtlich der von dem behandelnden Arzt in dessen Befundbericht vom 22. März 2013 an erster Stelle seines nunmehrigen Behandlungskonzepts angeführten "regionalen Chemotherapie unter Stop-Flow-Bedingungen mit anschließender Chomoinfiltration zur Erzielung einer größtmöglichen Schadwirkung auf die Tumorzellen bei minimalen Wirkungen auf den Gesamtorganismus" gilt Folgendes: Dieses auch unter der Bezeichnung Chemoperfusion bekannte Behandlungsverfahren rechnet in seiner ambulanten Anwendung nicht zu den Versorgungs- und Behandlungsansprüchen eines Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung. Es handelt sich um eine neue Behandlungsmethode, zu der der GBA keine positive Empfehlung in einer Richtlinie nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V über den therapeutischen Nutzen abgegeben hat (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 3. Juli 2012, Az. B 1 KR 6/11 R, veröff. in juris). Nach Angaben des behandelnden Arztes wurde bei der Antragstellerin bereits am 7. Februar 2013 eine erste abdominelle Chemoperfusion verabreicht, nachdem im Rahmen der Auswertung des MRT-Abdomen vom 25. Januar 2013 eine deutliche Größenprogredienz der tumorösen Leberläsionen, der Lymphknoten sowie eine zentrale Tumorkompression der intrahepatischen Gallenwege festgestellt worden war. Die Weiterführung der von der Antragstellerin begehrten regionalen Chemotherapie zielt in ihrem Fall offensichtlich auf eine Reduzierung der Tumorlast infolge der Metastasierung des Ovarialtumors. Die maßgeblich von dem deutschen Gefäßchirurgen und Onkologen Prof. Dr. Reinhard Aigner weiterentwickelte regionale Chemotherapie wird von den Befürwortern deren ambulanter Anwendung jedoch nur als aussichtsreich angesehen, wenn die Anwendung auf ein Organ oder eine gut abgrenzbare Körperregion konzentriert werden kann. Es wird zugestanden, dass die Erfolgsaussichten umso geringer werden, je größer das vom Tumor befallene Körpervolumen ist. Dies gesteht insbesondere das Medias Klinikum Burghausen, dessen Chefarzt Prof. Dr. Aigner ist, zu (vgl. http://www.medias- Klinikum.de/therapien/regionale-chemotheraie.html, Stand 27.03.2013). Auch die Patienteninformation der medac GmbH, Gesellschaft für medizinische Spezialpräparate, welche onkologische Therapeutika für den Einsatz bei der regionalen Chemotherapie herstellt, hebt hervor, dass grundlegende Voraussetzung für den Einsatz dieser Methode insbesondere zur Behandlung von Lebermetastasen des Dickdarmkrebses und beim Leberkrebs ist, dass keine weiteren Metastasen in anderen Organen vorliegen (vgl. http://www.medac.de/patient/fachbereiche/onkologie/indikationen/regionale chemotherapie, Stand: 27.03.2013).
Im Falle der Antragstellerin verhält es sich gerade so, dass in ihrem Bauchraum laut dem MRT-Befund vom 25. Januar 2013 mehrer Organsysteme großflächig tumorös befallen sind. Angesichts dieser Sachlage kann nur von einer rein experimentellen Anwendung der regionalen Chemotherapie ausgegangen werden, die angesichts der Tumorausdehnung allenfalls zu einer kurzzeitigen Rückbildung der Tumorausbreitung mit rein palliativer Wirkung führen könnte. Auch hat der behandelnde Arzt in seinem Bericht vom 22. März 2013 trotz ausdrücklicher Nachfrage des Senats nicht dargelegt, worauf er hinsichtlich dieser Methode seine Erwartung auf eine kurative Wirkung stützt.
Weiter ist nach Überzeugung des Senats der von dem behandelnden Arzt der Antragstellerin in Aussicht gestellte kurative Behandlungserfolg hinsichtlich der begehrten dendritischen Zelltherapie sowie der Virotherapie mit onkolytischen Viren weder anhand dessen Darlegungen vom 8. März 2012 noch anhand dessen schriftlicher Stellungnahme vom 22. März 2013 nachvollziehbar.
Die Krebsbehandlung mittels des Einsatzes von modifizierten dendritischen Zellen, sowie onkolytischer Viren (Tumorimpfstoff) ist Gegenstand klinischer Forschungen. Nach der Presseinformation der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG vom 5. April 2011) versprechen die neuartigen Therapieformen der Immunimpfungen zur Therapie von Krebserkrankungen im Prinzip eine gute Wirksamkeit bei wenigen Nebenwirkungen. Hierbei stellte sich jedoch das Problem, dass aus bisher noch nicht vollständig verstandenen Gründen bei einigen Patienten Tumore wachsen und Tochtergeschwülste bilden, obwohl sie Tumorantigene tragen und damit prinzipiell von Zellen des Immunsystems erkannt und zerstört werden könnten. Es fanden sich Hinweise darauf, dass dies mehrere Ursachen hat, die alle dazu führten, dass die gegen den Tumor gerichtete Immunantwort unterdrückt wird und deshalb zu schwach ausfällt, um wirksam gegen fortschreitenden Tumorwachstum angehen zu können. Zwar gehören dendritischen Zellen zu den Zellen, die am besten geeignet sind, eine starke Immunantwort auszulösen, es gibt jedoch eine Vielzahl von Behandlungsstrategien die weltweit im Rahmen von Forschungsprojekten in Erprobung sind. Erstmals hat sich Sipuleucel-T, welches in großer Anzahl an Patienten erprobte worden ist, bei bestimmten Verlaufsformen des Prostatakarzinoms als wirksam gezeigt. Dies führte jedoch nicht zu einer kompletten Heilung des Tumorleidens , sondern lediglich zu einer Verlängerung des Überlebens des Patienten um 4,5 Monate gegenüber der Standardtherapie.
Dementprechend empfiehlt die Arbeitsgemeinschaft "Prävention und integrative Onkologie" (PRiO) der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) in ihrer Stellungnahme zur onkolytischen Viren-Therapie (DKG-Stellungnahme vom 3. November 2011), Patienten mit onkolytischen Viren nur innerhalb klinischer Studien zu behandeln. Sie fordert alle Ärzte auf, ihre Patienten von Therapieangeboten außerhalb klinischer Studien auf privater Zahlungsbasis abzuraten und Patienten mit Informationsbedarf an ein entsprechendes Forschungs- bzw. Studienzentrum zu verweisen. In der DKGStellungnahme wird darauf hingewiesen, dass die verschiedenen Formen der Therapie mit onkolytischen Viren, die bereits gegen Bezahlung von einigen Einrichtungen angeboten werden, nicht den Qualitäts- und Ergebniskontrollen, wie sie in klinischen Studien Standard sind, unterliegen (vgl. http://www.krebsgesellschaft.de/ download/stellungnahme onkolytische viren 031111.pdf).
Der behandelnde Arzt der Antragstellerin lässt auch offen, welche Viren er zum Einsatz bringen will und führt nur vage aus, im Rahmen der Behandlung der Antragstellerin sei eine "Evaluierung weiterer onkolytischer Viren" beabsichtigt. Auch die Herstellung der zum Einsatz kommenden dendritischen Zellen bleibt in dessen Ausführungen im Unklaren. Zudem wird in klinischen Studien zum Einsatz onkologischer Viren in der Krebstherapie bislang nur die Produktsicherheit, nicht jedoch die Wirksamkeit erforscht. Die DKG bezeichnet die laufenden klinischen Einzel-Studien der Immuntherapie im Rahmen der Tumorbehandlung daher zutreffend ausdrücklich als experimentelle Therapie.
Auch die von dem behandelnden Arzt der Antragstellerin in dessen Bericht vom 22. März 2013 angeführten zwei praktischen Beispiele sind als Indiz für die Annahme einer nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung der Antragstellerin nicht ausreichend. In dem einen Fall handelt es sich um die Behandlung eines an einem Glioblastoma multiforma erkrankten Patienten mit 4 verschiedenen onkolytischen Viren. Bei dem weiter angeführten Behandlungsfall fand die Therapie eines Mammakarzinoms mit ossärer hepatischer Metastasierung mit Fieber, Viren, dendritischen Zellen, LAK und EHT statt. Insoweit handelt es sich nicht nur um unterschiedliche Erkrankungen sondern auch um unterschiedliche Behandlungsformen. Die beschriebenen Einzelerfolge in der Behandlung dieser unterschiedlichen Tumorerkrankungen können - selbst wenn man diese in tatsächlicher Hinsicht annimmt - nicht auf das metastasierende Ovarialkarzinom der Antragstellerin übertragen werden, da bekanntermaßen jede Krebsart ihre Besonderheiten aufweist.
Artesunante wird zur medikamentösen Behandlung der komplizierten Malaria tropica eingesetzt. Hergestellt wird das Medikament in der Volksrepublik China (http://www.p-eg. org/print/aktuelles/127). Wissenschaftler des BioQuant-Zentrums der Universität Heidelberg und das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) haben die zellulären Abläufe beim Abtöten von Brustkrebszellen mit Hilfe von Artesunante untersucht (http://www.uni-heidelberg.de/presse/news2011/pm20110708 artesunat.html). Es wurde im Rahmen einer klinischen Studie der Phase I an Patientinnen mit Brustkrebs begleitend zu der schulmedizinischen Standardbehandlung auf seine Verträglichkeit erprobt (ARTICO2 unter: http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/index.php?id=126276&L=0). Damit fehlt jede Möglichkeit der Aussage über die Wirksamkeit von Artesunante bei der Behandlung des fortschreitend metastasierenden oh Ovarialkarzinom der Antragstellerin. Anhaltspunkte für eine kurative Wirkung in diesem frühen klinischen Stadium bestehen nicht.
Nach alledem kann der Senat für die einzelnen Behandlungsteile der beantragten Kombinationstherapie wie auch für diese selbst keine Indizien feststellen, die die Aussicht auf einen Behandlungserfolg stützen könnten, der über eine palliative Behandlung hinausgeht. Die beantragten Behandlungsmaßnahmen haben experimentellen Charakter.
Da es vorliegend bereits an einem Anordnungsanspruch fehlt, konnte die Beschwerde der Antragstellerin keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
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