Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 KO 3683/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Die schriftliche Auskunft eines sachverständigen Zeugen in Schwerbehindertenstreitsachen im Umfang von 2 ½ Textseiten ist nicht „außergewöhnlich umfangreich“. Sie rechtfertigt deshalb eine Entschädigung allein nach der Anl. 2 Nr. 200 oder Nr. 202 zu § 10 Abs. 1 JVEG.
2. Im Verfahren der richterlichen Festsetzung der Entschädigung eines sachverständigen Zeugen findet der Grundsatz der reformatio in peius keine Anwendung (Bestätigung von SG Karlsruhe, Beschluss vom 16. November 2012 – S 1 KO 4138/12 –, juris)
2. Im Verfahren der richterlichen Festsetzung der Entschädigung eines sachverständigen Zeugen findet der Grundsatz der reformatio in peius keine Anwendung (Bestätigung von SG Karlsruhe, Beschluss vom 16. November 2012 – S 1 KO 4138/12 –, juris)
Die Entschädigung des Antragstellers für seine schriftliche Auskunft als sachverständiger Zeuge vom 04. Oktober 2013 im Verfahren S xx SB xxxx/13 wird auf 42,45 festgesetzt. Diese Entscheidung ergeht gebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
I.
In dem beim Sozialgericht Karlsruhe anhängigen Klageverfahren S 13 SB xxxx/13 streiten die dortigen Hauptbeteiligten um die Höherbewertung des Grades der Behinderung im Sinne des Schwerbehindertenrechts; außerdem ist umstritten, ob die Klägerin außergewöhnlich gehbehindert ist. Auf Anforderung der Vorsitzenden der 13. Kammer erstattete der Antragsteller am 04.10.2013 eine schriftliche Auskunft als sachverständiger Zeuge im Umfang von 2 ½ Seiten. Darin beantwortete er die Beweisfragen des Gerichts zum Gesundheitszustand der Klägerin seit Februar 2012, dem weiteren Verlauf der von ihm diagnostizierten Gesundheitsstörungen sowie deren Auswirkungen auf das Gehvermögen. Die Auskunft des Antragstellers enthält unter den Ziffern 4 eine gutachtliche Stellungnahme zum Schweregrad der von ihm diagnostizierten Gesundheitsstörungen (4 Zeilen) und unter Ziffer 9 zur Höhe des Grades der Behinderung und zum Ausmaß der Gehbehinderung der Klägerin (6 Zeilen).
Mit seiner Kostenrechnung machte der Antragsteller eine Entschädigung von insgesamt 76,45 EUR (75,00 EUR für die Erstellung der schriftlichen Auskunft und weitere 1,45 EUR Portokosten) geltend. Die Kostenbeamtin kürzte die Entschädigung auf insgesamt 54,45 EUR. Dabei wies sie darauf hin, die Leistung des Antragstellers entspreche einer solchen nach Nr. 203 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG). Diese Leistung sei im Umfang von 50,00 EUR zu entschädigen. Weiter habe der Antragsteller Anspruch auf die Entschädigung für zwei Mehrfertigungen seiner schriftlichen Auskunft in Höhe von 3,00 EUR (zwei Mal 3 Seiten zu je 0,50 EUR) sowie für die nachgewiesenen Portoaufwendungen in Höhe von 1,45 EUR (Verfügung vom 09.10.2013).
Mit dem am 21.10.2013 beim erkennenden Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 17.10.2013 hat der Antragsteller Antrag auf richterliche Festsetzung seiner Entschädigung gestellt. Seiner Auffassung nach handele es sich bei dem erstellten "Gutachten" um eine Leistung von außergewöhnlichem Umfang, die eine Entschädigung in Höhe von 75,00 EUR rechtfertige. Er habe für das "Gutachten" eine außergewöhnliche lange Rüstzeit und eine lange Recherche aufgewendet.
Die Kostenbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen (Verfügung vom 23.10.2013) und sie dem erkennenden Gericht zur Entscheidung vorgelegt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens des Antragstellers wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungs-, Prozess- und Kostenakten Bezug genommen.
II.
Auf den - nicht fristgebundenen - Antrag auf richterliche Festsetzung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 JVEG) ist die Entschädigung des Antragstellers für seine Auskunft als sachverständiger Zeuge vom 04.10.2013 im Verfahren S 13 SB xxxx/13 auf 42,45 EUR festzusetzen.
Der Entschädigungsanspruch des Antragstellers richtet sich allein nach den Bestimmungen des JVEG (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Satz 2 JVEG).
Nach § 10 Abs. 1 JVEG ("Honorar für besondere Leistungen") bemisst sich das Honorar oder die Entschädigung eines Sachverständigen oder eines sachverständigen Zeugen, der Leistungen der in der Anlage 2 zum JVEG bezeichneten Art erbringt, nach dieser Anlage. Die insoweit maßgebliche Anlage 2 (in der Fassung des Zweiten Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 23.07.2013 (BGBl. I Seite 2586)) lautet für die Erstellung eines schriftlichen Befundes wie folgt:
"JVEG Anlage 2 (zu § 10 Abs. 1)
Abschnitt 2
Befund Nr. 200 Ausstellung eines Befundscheins oder Erstellung einer schriftlichen Auskunft ohne nähere gutachtlicher Äußerung 21,00 EUR
Nr. 201 Die Leistung der in Nummer 200 genannten Art ist außerge- wöhnlich umfangreich: Das Honorar 200 beträgt bis zu 44,00 EUR
Nr. 202 Zeugnis über einen ärztlichen Befund mit von der heranziehenden Stelle geforderter kurzer gutachtlicher Äußerung oder Formbogengutachten, wenn sich die Fragen auf Vorgeschichte, Angaben und Befund beschränken und nur ein kurzes Gutachten erfordern 38,00 EUR
Nr. 203 Die Leistung der in Nummer 202 genannten Art ist außerge- wöhnlich umfangreich: Das Honorar 202 beträgt bis zu 75,00 EUR"
Die von der Kostenbeamtin am 09.10.2013 vorgenommene Festsetzung der Entschädigung des Antragstellers für die Erstellung seiner schriftlichen Auskunft als sachverständiger Zeuge ist hier danach zu Unrecht nach der Nr. 203 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG erfolgt. Vielmehr hat der Antragsteller allein Anspruch auf eine Entschädigung nach der Nr. 202 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG. Denn seine Aussage mit gutachtlicher Stellungnahme ist mit insgesamt 2 ½ Seiten Text, davon etwa ¼ Seite gutachtlicher Äußerung, nicht "außergewöhnlich umfangreich" im Sinne der Nr. 203 der Anlage 2 zu § 10 JVEG.
Wie aus dem Wortlaut des Gesetzes hervorgeht, ist nicht nur eine umfangreiche, sondern eine "außergewöhnlich" umfangreiche Leistung für die höhere Entschädigung als nach der Nr. 202 der Anlage 2 zum JVEG zu fordern (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 01.09.2006 - L 12 R 3579/06 KO-A -; st. Rspr. des erkennenden Gerichts seit Beschluss vom 29.06.2009 - S 1 R 2042/09 KO-A - (unveröffentlicht), zuletzt Beschluss vom 16.11.2012 - S 1 KO 4138/12 - (Juris)). Eine solche deutlich über den Normalfall hinausgehende Leistung kann naturgemäß nur selten vorliegen (vgl. Meyer/Höver/Bach, JVEG, 25. Aufl. 2011, Anm. 26.27). Sie hängt nicht in erster Linie vom Umfang der schriftlichen Ausführungen des sachverständigen Zeugen, d.h. von der Zeilenzahl ab; maßgebend ist vielmehr das Ausmaß der für die Erstellung der Auskunft erforderlichen Arbeit, sofern sie durch die gerichtliche Anforderung gedeckt ist (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen vom 28.02.2001 - L 10 SB 50/00 - und Thür. LSG vom 27.02.2008 - L 6 B 134/07 SF -, ferner LSG Schleswig-Holstein vom 10.12.2008 - L 1 SK 14/08 - (sämtlich veröffentlicht in Juris)). Der Arbeitsaufwand orientiert sich regelmäßig an Art und Umfang der Beschreibung sowie u.a. danach, ob neben den eigenen Unterlagen auch Unterlagen anderer Ärzte ausgewertet worden sind. Ein "außergewöhnlicher" Umfang der Leistung nach Anlage 2 Nr. 202 zu § 10 Abs. 1 JVEG muss mit anderen Worten im Umfang und Ausmaß über den sonst mit der Erstellung eines ärztlichen Befundes und der Abgabe einer kurzen gutachterlichen Äußerung üblicherweise verbundenen Aufwand deutlich hinaus gehen und in der schriftlichen Auskunft auch zum Ausdruck kommen. Er umfasst regelmäßig eine ins Einzelne gehende Darlegung der Krankheitsgeschichte mit detaillierter Angabe zu den erhobenen Befunden und die inhaltliche Zusammenstellung der dem Arzt vorliegenden Untersuchungsberichte.
Gemessen daran, stellt die schriftliche Auskunft des Antragstellers vom 04.10.2013 keine Leistung nach der Nr. 203 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG dar. Denn sie ist mit 2 ½ Seiten Text nicht einmal umfangreich und geht erst Recht nicht - wie erforderlich - deutlich über den Normalfall hinaus, den das LSG Baden-Württemberg (vgl. Beschluss vom 01.09.2006 - L 12 R 3579/06 KO -A - (unveröffentlicht)) mit etwa fünf Seiten und das Bay. LSG (vgl. Beschluss vom 31.07.2012 - L 15 SF 229/10 - (Juris)) mit sechs vollen Seiten angenommen hat.
Bei der vorzunehmenden richterlichen Festsetzung der Vergütung des Antragstellers tritt eine irgendwie geartete Bindung oder gar Präjudizwirkung der Entscheidung der Kostenbeamtin nicht ein, weil die Erinnerung kein Rechtsbehelf ist. Die beantragte richterliche Festsetzung ist mithin keine Abänderung der von der Kostenbeamtin vorgenommenen Berechnung, sondern eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung der Vergütung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 JVEG, durch die eine vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungsweg gegenstandslos wird (vgl. Bay. LSG vom 08.01.2007 - L 4 KR 42/05 ZVW.Ko (Juris) sowie BGH, Breithaupt 1969, 364, 365). Deshalb greift das Verbot der "reformatio in peius" bei einer gegenüber der von der Kostenbeamtin berechneten Vergütung niedrigeren Festsetzung nicht ein (vgl. u.a. LSG Baden-Württemberg, Breithaupt 1995, 169, 170; LSG Nordrhein-Westfalen, Breithaupt 2001, 402, 403; Bay. LSG vom 01.08.2007 - L 4 KR 42/05 ZVW.Ko -; vom 17.07.2012 - L 15 SF 29/12 - und vom 31.07.2012 - L 15 SF 229/10 -; LSG Schleswig-Holstein vom 10.12.2008 - L 1 SK 14/08 - sowie Thür. LSG vom 16.03.2012 - L 6 SF 151/12 E - und vom 13.08.2013 - L 6 SF 266/13 E - (jeweils Juris); Meyer/Höver/Bach, a.a.O., § 4, Anm. 4.3; Hartmann/Kostengesetze, 41. Auflage 2011, § 4 JVEG, Rand-Nr. 10; ständige Rechtsprechung des erkennenden Gerichts, zuletzt Beschluss vom 16.11.2012 - S 1 KO 4138/12 - (Juris)). Deshalb ist eine Herabsetzung unter den von der Kostenbeamtin vergüteten Betrag möglich.
Für die von ihm erbrachte Leistung steht dem Antragsteller mithin eine Entschädigung von 38,00 EUR zu.
Weiter hat er Anspruch auf eine Entschädigung für die vom Gericht angeforderten und von ihm auch vorgelegten zwei Mehrfertigungen seiner schriftlichen Auskunft, das sind zwei Mal 3 Seiten zu je 0,50 EUR (§ 7 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 JVEG), mithin in Höhe von 3,00 EUR.
Hinzu kommt schließlich die Entschädigung des vom Antragsteller verauslagten Portos in Höhe von 1,45 EUR (§ 7 Abs. 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 JVEG).
Die Gesamtvergütung des Antragstellers ist deshalb auf 42,45 EUR festzusetzen.
Von der Rückforderung der überzahlten Entschädigung des Antragstellers in Höhe von 12,00 EUR (54,45 EUR abzgl. 42,45 EUR) sieht das Gericht allein mit Blick auf den damit verbundenen wesentlich höheren Kostenaufwand ab.
Die Gebühren- und Auslagenentscheidung beruht auf § 4 Abs. 8 Sätze 1 und 2 JVEG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, weil der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 EUR nicht übersteigt (§ 4 Abs. 3 JVEG).
Gründe:
I.
In dem beim Sozialgericht Karlsruhe anhängigen Klageverfahren S 13 SB xxxx/13 streiten die dortigen Hauptbeteiligten um die Höherbewertung des Grades der Behinderung im Sinne des Schwerbehindertenrechts; außerdem ist umstritten, ob die Klägerin außergewöhnlich gehbehindert ist. Auf Anforderung der Vorsitzenden der 13. Kammer erstattete der Antragsteller am 04.10.2013 eine schriftliche Auskunft als sachverständiger Zeuge im Umfang von 2 ½ Seiten. Darin beantwortete er die Beweisfragen des Gerichts zum Gesundheitszustand der Klägerin seit Februar 2012, dem weiteren Verlauf der von ihm diagnostizierten Gesundheitsstörungen sowie deren Auswirkungen auf das Gehvermögen. Die Auskunft des Antragstellers enthält unter den Ziffern 4 eine gutachtliche Stellungnahme zum Schweregrad der von ihm diagnostizierten Gesundheitsstörungen (4 Zeilen) und unter Ziffer 9 zur Höhe des Grades der Behinderung und zum Ausmaß der Gehbehinderung der Klägerin (6 Zeilen).
Mit seiner Kostenrechnung machte der Antragsteller eine Entschädigung von insgesamt 76,45 EUR (75,00 EUR für die Erstellung der schriftlichen Auskunft und weitere 1,45 EUR Portokosten) geltend. Die Kostenbeamtin kürzte die Entschädigung auf insgesamt 54,45 EUR. Dabei wies sie darauf hin, die Leistung des Antragstellers entspreche einer solchen nach Nr. 203 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG). Diese Leistung sei im Umfang von 50,00 EUR zu entschädigen. Weiter habe der Antragsteller Anspruch auf die Entschädigung für zwei Mehrfertigungen seiner schriftlichen Auskunft in Höhe von 3,00 EUR (zwei Mal 3 Seiten zu je 0,50 EUR) sowie für die nachgewiesenen Portoaufwendungen in Höhe von 1,45 EUR (Verfügung vom 09.10.2013).
Mit dem am 21.10.2013 beim erkennenden Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 17.10.2013 hat der Antragsteller Antrag auf richterliche Festsetzung seiner Entschädigung gestellt. Seiner Auffassung nach handele es sich bei dem erstellten "Gutachten" um eine Leistung von außergewöhnlichem Umfang, die eine Entschädigung in Höhe von 75,00 EUR rechtfertige. Er habe für das "Gutachten" eine außergewöhnliche lange Rüstzeit und eine lange Recherche aufgewendet.
Die Kostenbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen (Verfügung vom 23.10.2013) und sie dem erkennenden Gericht zur Entscheidung vorgelegt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens des Antragstellers wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungs-, Prozess- und Kostenakten Bezug genommen.
II.
Auf den - nicht fristgebundenen - Antrag auf richterliche Festsetzung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 JVEG) ist die Entschädigung des Antragstellers für seine Auskunft als sachverständiger Zeuge vom 04.10.2013 im Verfahren S 13 SB xxxx/13 auf 42,45 EUR festzusetzen.
Der Entschädigungsanspruch des Antragstellers richtet sich allein nach den Bestimmungen des JVEG (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Satz 2 JVEG).
Nach § 10 Abs. 1 JVEG ("Honorar für besondere Leistungen") bemisst sich das Honorar oder die Entschädigung eines Sachverständigen oder eines sachverständigen Zeugen, der Leistungen der in der Anlage 2 zum JVEG bezeichneten Art erbringt, nach dieser Anlage. Die insoweit maßgebliche Anlage 2 (in der Fassung des Zweiten Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 23.07.2013 (BGBl. I Seite 2586)) lautet für die Erstellung eines schriftlichen Befundes wie folgt:
"JVEG Anlage 2 (zu § 10 Abs. 1)
Abschnitt 2
Befund Nr. 200 Ausstellung eines Befundscheins oder Erstellung einer schriftlichen Auskunft ohne nähere gutachtlicher Äußerung 21,00 EUR
Nr. 201 Die Leistung der in Nummer 200 genannten Art ist außerge- wöhnlich umfangreich: Das Honorar 200 beträgt bis zu 44,00 EUR
Nr. 202 Zeugnis über einen ärztlichen Befund mit von der heranziehenden Stelle geforderter kurzer gutachtlicher Äußerung oder Formbogengutachten, wenn sich die Fragen auf Vorgeschichte, Angaben und Befund beschränken und nur ein kurzes Gutachten erfordern 38,00 EUR
Nr. 203 Die Leistung der in Nummer 202 genannten Art ist außerge- wöhnlich umfangreich: Das Honorar 202 beträgt bis zu 75,00 EUR"
Die von der Kostenbeamtin am 09.10.2013 vorgenommene Festsetzung der Entschädigung des Antragstellers für die Erstellung seiner schriftlichen Auskunft als sachverständiger Zeuge ist hier danach zu Unrecht nach der Nr. 203 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG erfolgt. Vielmehr hat der Antragsteller allein Anspruch auf eine Entschädigung nach der Nr. 202 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG. Denn seine Aussage mit gutachtlicher Stellungnahme ist mit insgesamt 2 ½ Seiten Text, davon etwa ¼ Seite gutachtlicher Äußerung, nicht "außergewöhnlich umfangreich" im Sinne der Nr. 203 der Anlage 2 zu § 10 JVEG.
Wie aus dem Wortlaut des Gesetzes hervorgeht, ist nicht nur eine umfangreiche, sondern eine "außergewöhnlich" umfangreiche Leistung für die höhere Entschädigung als nach der Nr. 202 der Anlage 2 zum JVEG zu fordern (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 01.09.2006 - L 12 R 3579/06 KO-A -; st. Rspr. des erkennenden Gerichts seit Beschluss vom 29.06.2009 - S 1 R 2042/09 KO-A - (unveröffentlicht), zuletzt Beschluss vom 16.11.2012 - S 1 KO 4138/12 - (Juris)). Eine solche deutlich über den Normalfall hinausgehende Leistung kann naturgemäß nur selten vorliegen (vgl. Meyer/Höver/Bach, JVEG, 25. Aufl. 2011, Anm. 26.27). Sie hängt nicht in erster Linie vom Umfang der schriftlichen Ausführungen des sachverständigen Zeugen, d.h. von der Zeilenzahl ab; maßgebend ist vielmehr das Ausmaß der für die Erstellung der Auskunft erforderlichen Arbeit, sofern sie durch die gerichtliche Anforderung gedeckt ist (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen vom 28.02.2001 - L 10 SB 50/00 - und Thür. LSG vom 27.02.2008 - L 6 B 134/07 SF -, ferner LSG Schleswig-Holstein vom 10.12.2008 - L 1 SK 14/08 - (sämtlich veröffentlicht in Juris)). Der Arbeitsaufwand orientiert sich regelmäßig an Art und Umfang der Beschreibung sowie u.a. danach, ob neben den eigenen Unterlagen auch Unterlagen anderer Ärzte ausgewertet worden sind. Ein "außergewöhnlicher" Umfang der Leistung nach Anlage 2 Nr. 202 zu § 10 Abs. 1 JVEG muss mit anderen Worten im Umfang und Ausmaß über den sonst mit der Erstellung eines ärztlichen Befundes und der Abgabe einer kurzen gutachterlichen Äußerung üblicherweise verbundenen Aufwand deutlich hinaus gehen und in der schriftlichen Auskunft auch zum Ausdruck kommen. Er umfasst regelmäßig eine ins Einzelne gehende Darlegung der Krankheitsgeschichte mit detaillierter Angabe zu den erhobenen Befunden und die inhaltliche Zusammenstellung der dem Arzt vorliegenden Untersuchungsberichte.
Gemessen daran, stellt die schriftliche Auskunft des Antragstellers vom 04.10.2013 keine Leistung nach der Nr. 203 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG dar. Denn sie ist mit 2 ½ Seiten Text nicht einmal umfangreich und geht erst Recht nicht - wie erforderlich - deutlich über den Normalfall hinaus, den das LSG Baden-Württemberg (vgl. Beschluss vom 01.09.2006 - L 12 R 3579/06 KO -A - (unveröffentlicht)) mit etwa fünf Seiten und das Bay. LSG (vgl. Beschluss vom 31.07.2012 - L 15 SF 229/10 - (Juris)) mit sechs vollen Seiten angenommen hat.
Bei der vorzunehmenden richterlichen Festsetzung der Vergütung des Antragstellers tritt eine irgendwie geartete Bindung oder gar Präjudizwirkung der Entscheidung der Kostenbeamtin nicht ein, weil die Erinnerung kein Rechtsbehelf ist. Die beantragte richterliche Festsetzung ist mithin keine Abänderung der von der Kostenbeamtin vorgenommenen Berechnung, sondern eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung der Vergütung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 JVEG, durch die eine vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungsweg gegenstandslos wird (vgl. Bay. LSG vom 08.01.2007 - L 4 KR 42/05 ZVW.Ko (Juris) sowie BGH, Breithaupt 1969, 364, 365). Deshalb greift das Verbot der "reformatio in peius" bei einer gegenüber der von der Kostenbeamtin berechneten Vergütung niedrigeren Festsetzung nicht ein (vgl. u.a. LSG Baden-Württemberg, Breithaupt 1995, 169, 170; LSG Nordrhein-Westfalen, Breithaupt 2001, 402, 403; Bay. LSG vom 01.08.2007 - L 4 KR 42/05 ZVW.Ko -; vom 17.07.2012 - L 15 SF 29/12 - und vom 31.07.2012 - L 15 SF 229/10 -; LSG Schleswig-Holstein vom 10.12.2008 - L 1 SK 14/08 - sowie Thür. LSG vom 16.03.2012 - L 6 SF 151/12 E - und vom 13.08.2013 - L 6 SF 266/13 E - (jeweils Juris); Meyer/Höver/Bach, a.a.O., § 4, Anm. 4.3; Hartmann/Kostengesetze, 41. Auflage 2011, § 4 JVEG, Rand-Nr. 10; ständige Rechtsprechung des erkennenden Gerichts, zuletzt Beschluss vom 16.11.2012 - S 1 KO 4138/12 - (Juris)). Deshalb ist eine Herabsetzung unter den von der Kostenbeamtin vergüteten Betrag möglich.
Für die von ihm erbrachte Leistung steht dem Antragsteller mithin eine Entschädigung von 38,00 EUR zu.
Weiter hat er Anspruch auf eine Entschädigung für die vom Gericht angeforderten und von ihm auch vorgelegten zwei Mehrfertigungen seiner schriftlichen Auskunft, das sind zwei Mal 3 Seiten zu je 0,50 EUR (§ 7 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 JVEG), mithin in Höhe von 3,00 EUR.
Hinzu kommt schließlich die Entschädigung des vom Antragsteller verauslagten Portos in Höhe von 1,45 EUR (§ 7 Abs. 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 JVEG).
Die Gesamtvergütung des Antragstellers ist deshalb auf 42,45 EUR festzusetzen.
Von der Rückforderung der überzahlten Entschädigung des Antragstellers in Höhe von 12,00 EUR (54,45 EUR abzgl. 42,45 EUR) sieht das Gericht allein mit Blick auf den damit verbundenen wesentlich höheren Kostenaufwand ab.
Die Gebühren- und Auslagenentscheidung beruht auf § 4 Abs. 8 Sätze 1 und 2 JVEG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, weil der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 EUR nicht übersteigt (§ 4 Abs. 3 JVEG).
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