L 13 AL 624/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 12 AL 2232/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 624/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 27. Juni 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt im Wege eines Überprüfungsantrages die Weitergewährung von Arbeitslosengeld (Alg) über den 12. Mai 2007 hinaus, hilfsweise die Festsetzung einer Anspruchsdauer des am 27. Juli 2006 entstandenen Anspruchs auf Alg über den 12. Mai 2007 hinaus.

Dem Kläger wurde mit Bewilligungsbescheid vom 31. August 2006 ab 19. Juli 2006 Alg ab 19. Juli 2006 in Höhe von 7,32 EUR täglich (Bemessungsentgelt 18,45 EUR, Lohnsteuerklasse V, Leistungssatz 60%) bewilligt, wobei die Anspruchsdauer von 240 Kalendertagen vorläufig festgesetzt worden ist. Mit Änderungsbescheid vom 12. Oktober 2006 wurde die Anspruchsdauer endgültig auf 240 Kalendertage festgesetzt. Mit (erstem) Änderungsbescheid vom 13. November 2006 (Blatt 104 ff. der Verwaltungsakten) wurde der Beginn auf den 27. Juli 2006 verschoben, da der Kläger bis 26. Juli 2006 Krankengeld erhielt. Mit (zweitem) Änderungsbescheid vom 13. November 2006 (Blatt 109 ff. der Verwaltungsakten) wurde die Anspruchsdauer ab 18. September 2006 auf 188 Kalendertage erhöht, da der Kläger vom 27. Juli 2006 bis 17. September 2006 52 von 240 Tagen verbraucht hat. Mit (drittem) Änderungsbescheid vom 13. November 2006 setzte die Beklagte die Anspruchsdauer -nach der vom 18. September bis 20. Dezember 2006 durchgeführten Weiterbildung- ab 21. Dezember 2006 auf 142 Kalendertage fest, da das während der Weiterbildung gezahlte Alg für 93 Tage nur zur Hälfte und damit mit 46 Tagen anzurechnen war. Den Widerspruch des Klägers vom 13. Dezember 2006 gegen die Änderungsbescheide vom 13. November 2006 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 11. Januar 2007 (Geschäftszeichen W 2059/06 zum ersten Änderungsbescheid, Blatt 120 ff. der Verwaltungsakten, Geschäftszeichen W 2060/06 zum zweiten Änderungsbescheid, Blatt A 17 ff. der Verwaltungsakten und W 2061/06 zum dritten Änderungsbescheid, Bl. 124 ff. der Verwaltungsakten) zurück. Mit Bescheid vom 11. Mai 2007 hob die Beklagte die Bewilligung von Alg ab 13. Mai 2007 auf; der Kläger habe ab 13. Mai 2007 Anspruch auf Krankengeld.

Am 19. Mai 2008 hat sich der Kläger schriftlich an die Beklagte gewandt und begehrt, seinen Arbeitslosengeldanspruch neu zu berechnen nach derzeitiger Rechtslage. Zudem sei er während seiner Weiterbildung krank gewesen, sodass die Anrechnung zu korrigieren sei. Mit Bescheid vom 20. Mai 2008 lehnte die Beklagte die Verlängerung der Anspruchsdauer ab, da der Kläger mit Ablauf des 31. Dezember 2007 keinen Restanspruch mehr auf Arbeitslosengeld gehabt habe, sodass die Neuregelung durch das Siebte Gesetz zur Änderung des SGB III, speziell die Übergangsregelung § 434r SGB III nicht einschlägig sei. Am 26. Mai 2008 erhob der Kläger hiergegen Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheid vom 4. Juni 2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Widerspruchsführer erfülle die Voraussetzungen der Übergangsregelung des § 434r SGB III nicht.

Der Kläger bezog vom 13. Mai 2007 bis 25. Februar 2008 Krankengeld, vom 26. Februar 2008 bis 8. April 2008 Übergangsgeld und vom 9. April bis 4. November 2008 wiederum Krankengeld. Obwohl eine Arbeitslosmeldung aktenkundig erst am 23. Januar 2009 erfolgte, bewilligte die Beklagte aufgrund einer eidesstattlichen Versicherung des Klägers, dass er bereits am 5. November 2008 persönlich vorgesprochen habe, Alg aufgrund eines neu erworbenen Anspruchs ab 5. November 2008 (Bewilligungsbescheid vom 6. Mai 2009) für 240 Tage.

Am 4. Juli 2008 hat der Kläger gegen den Bescheid vom 20. Mai 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 4. Juni 2008 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihm weiterhin Alg zu gewähren. Er hat sich ergänzend auf eine ungekündigte Beschäftigung bei Dr. Schü. seit 2002 berufen. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat ausgeführt, dass der Anspruch auf Alg am 12. Mai 2007 erschöpft gewesen sei. Nicht ersichtlich sei, wie zum 31. Dezember 2007 noch ein Anspruch auf Alg bestanden haben sollte. Denn die Gesamtminderung im Zeitraum der Weiterbildung habe nur 46 Tage betragen. Selbst wenn man unterstelle, dass keine Weiterbildung absolviert worden sei, wäre zum 31. Dezember 2007 kein Restanspruch mehr vorhanden gewesen. Mit Urteil vom 27. Juni 2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Anspruch des Klägers auf Alg sei bereits vor dem 31. Dezember 2007 vollständig erschöpft gewesen. Die vom Kläger begehrte Verlängerung der Anspruchsdauer nach Maßgabe des § 434r SGB III setze dies aber voraus. Die Behauptung, seit 2002 in einem ungekündigten Beschäftigungsverhältnis zu stehen, vermöge weitere Ansprüche des Klägers auf Alg ebenfalls nicht zu begründen, vielmehr würde das Bestehen eines solchen Beschäftigungsverhältnisses im Gegenteil die Frage aufwerfen, ob der Kläger überhaupt arbeitslos war/ist.

Gegen das dem Kläger am 7. Juli 2012 zugestellte Urteil hat er am 7. August 2012 Berufung eingelegt. Trotz erfolgter Akteneinsicht beim Amtsgericht Heidelberg hat der Kläger die Berufung nicht weiter begründet.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20. Mai 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Juni 2008 zu verurteilen, den Bescheid vom 11. Mai 2007 aufzuheben, den Änderungsbescheid der Beklagten vom 13. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Januar 2007 (Geschäftszeichen W 2061/06) abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe auch über den 12. Mai 2007 hinaus zu bewilligen, hilfsweise die Anspruchsdauer über den 12. Mai 2007 hinaus zu verlängern.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

die Berufung zurückzuweisen.

Mit gerichtlicher Verfügung vom 30. September 2013 wurden die Beteiligten darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, nach § 153 Abs. 4 SGG die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückzuweisen. Der Senat werde nicht vor dem 24. Oktober 2013 entscheiden. Das gerichtliche Schreiben wurde dem Kläger am 4. Oktober 2013 per Postzustellungsurkunde zugestellt. Am 24 Oktober 2013 hat der Kläger telefonisch Fristverlängerung beantragt, was in Anbetracht der Dauer des Klageverfahrens abgelehnt worden ist. Mit Schreiben vom 24. Oktober 2013 hat der Kläger vorgetragen, er sei immer noch ernsthaft krank und bitte um eine 14-tägige Frist für die Berufungsbegründung. Ferner hat er Gehaltsabrechnungen für Januar bis Juli 2005 vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten ergänzend Bezug genommen.

II.

Der Senat konnte gem. § 153 Abs. 4 SGG die Berufung durch Beschluss ohne die Mitwirkung ehrenamtlicher Richter zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Das SG hat nicht durch Gerichtsbescheid entschieden. Die Beteiligten sind gehört worden. Den Fristverlängerungsanträgen des Klägers war nicht zu entsprechen, da der Kläger jahrelang Zeit hatte, seine Klage bzw. Berufung zu begründen. Im Übrigen hat er die Gründe, wonach er nicht in der Lage wäre, eine Begründung der Berufung abzugeben, nicht belegt. Die pauschale Behauptung, er sei ernsthaft erkrankt, reicht hierfür nicht aus.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 27. Juni 2012 ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, da der Kläger gegen das am 7. Juli 2012 zugestellte Urteil am 7. August 2012 Berufung eingelegt hat. Die Berufung ist jedoch nicht begründet, da der Kläger weder einen Anspruch darauf hat, dass die Anspruchsdauer verlängert wird, noch dass ihm Alg über den 12. Mai 2007 zu gewähren ist.

Zulässiger Streitgegenstand der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist der den Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X ablehnende Bescheid der Beklagten vom 20. Mai 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Juni 2008. Der Kläger hat mit seinem Überprüfungsantrag vom 19. Mai 2008 sinngemäß den Änderungsbescheid vom 13. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Januar 2007 (Geschäftszeichen W 2061/06) angegriffen, da er sich gegen eine Minderung der Anspruchsdauer wegen des während der Weiterbildung gezahlten Alg gewandt hat, was dieser Bescheid geregelt hat. Zudem hat er geltend gemacht, dass auch die zum 1. Januar 2008 in Kraft getretene Änderung des SGB III durch das Siebte Gesetz zur Änderung des SGB III u.a. Gesetze vom 8. April 2008 (BGBl. I 2008, 681) dazu führt, dass er über den 12. Mai 2007 hinaus Alg beanspruchen kann. Mit seiner Klage hat der Kläger bestätigt, dass er nicht nur die Festsetzung einer höhere Anspruchsdauer, sondern über den 12. Mai 2007 hinaus die Gewährung von Alg begehrt. Damit ist auch der Aufhebungsbescheid vom 11. Mai 2007 zur Überprüfung gestellt.

Gem. § 44 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich ergibt, dass bei Erlass das Recht unrichtig angewandt worden ist oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.

Die Beklagte hat mit dem Änderungsbescheid vom 13. November 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 11. Januar 2007 (Geschäftszeichen W 2061/06) aber zutreffend entschieden, dass dem Kläger ab 21. Dezember 2006 ein Restanspruch in Höhe von 142 Tagen zusteht. Dem Kläger wurde mit bestandskräftigem Änderungsbescheid vom 12. Oktober 2006 Alg für 240 Kalendertage bewilligt. Dieser Bewilligungsbescheid ist vom Kläger im Überprüfungsantrag gemäß § 44 SGB X nicht angegriffen worden, da er sich nicht hiergegen gewandt, sondern nur geltend gemacht hat, dass eine nachträgliche Änderung der Rechtslage sowie eine zu Unrecht erfolgte Minderung wegen des während der Maßnahme gezahlten Alg einen Anspruch auf Alg über den 12. Mai 2007 hinaus bewirke. Nicht mehr gehört werden kann der Kläger deshalb mit seinem erst im Klageverfahren erfolgten Vortrag, durch eine angeblich ungekündigte Beschäftigung bei Dr. Schü. habe er einen längeren Anspruch auf Alg erworben. Unerheblich sind daher auch die Gehaltszahlungen für Januar bis Juli 2005. Nicht streitig ist auch, dass die Beklagte den Anspruch auf Alg bei Arbeitslosigkeit in der Zeit vom 27. Juli 2006 bis 17. September 2006, also für 52 Tage erfüllt hat, so dass eine Anspruchsminderung gem. § 128 Abs. 1 Nr. 1 SGB III in der ab 31. Dezember 2005 geltenden Fassung (a.F.) um 52 Kalendertage erfolgte. Der Kläger machte in seinem Überprüfungsantrag geltend, dass die Weiterbildung wegen seiner Krankheit nicht zur Minderung der Anspruchsdauer (gem. § 128 Abs. 1 Nr. 8 SGB III a.F.) führe. Der Kläger hat zwar an der Maßnahme teilweise entschuldigt gefehlt (siehe Bl. A 16 und A 19 der Verwaltungsakten der Beklagten hinterer Teil), er hat aber an der Maßnahme planmäßig teilgenommen, wie der Maßnahmeträger unter dem 20. Dezember 2006 der Beklagten mitgeteilt hat (Bl. A 20). Die Beklagte hat die für diesen Zeitraum auch tatsächlich erfolgte Zahlung auch zutreffend nur zur Hälfte anspruchsmindernd angerechnet. Denn gem. § 128 Abs. 1 Nr. 8 SGB III wird der Anspruch nur jeweils ein Tag für jeweils zwei Tage, für die ein Anspruch auf Alg bei beruflicher Weiterbildung (s. § 117 Abs. 1 Nr. 2 SGB III) erfüllt worden ist, gemindert. Durch die Minderung verbliebe auch nicht nur eine Anspruchsdauer von weniger als einem Monat (vgl. § 128 Abs. 2 Satz 3 SGB III), so dass die Minderung erfolgt. Am 21. Dezember 2006 bestand damit noch ein Restanspruch von 142 Tagen, der von der Beklagten unstreitig erfüllt worden ist, sodass der Anspruch am 12. Mai 2007 erschöpft war. Der Aufhebungsbescheid der Beklagten vom 11. Mai 2007 erfolgte daher zu Recht. Das SG hat zutreffend dargelegt, dass die Übergangsregelung des § 434r SGB III nicht einschlägig ist, da der Kläger am 31. Dezember 2007 keinen Restanspruch auf Arbeitslosengeld mehr hatte, insoweit wird auf die zutreffenden Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Zudem hat der Kläger bereits deshalb keinen Anspruch auf Alg über den 12. Mai 2007 hinaus, da der Kläger im Anschluss nahtlos Krankengeld bezogen hat, was einem Anspruch auf Arbeitslosengeld gem. § 142 Abs. 1 Nr. 2 SGB III entgegensteht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei war für den Senat im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens maßgeblich, dass die Klage und Berufung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen berechtigten Anlass zur Rechtsverfolgung gegeben hat.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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