Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KR 3233/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 4466/13 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 09.10.2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die minderjährige, durch ihre Mutter gesetzlich vertretene Antragstellerin wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens gegen den Abbruch einer kieferorthopädischen Behandlung.
Die am 20.09.2000 geborene Antragstellerin bezieht zusammen mit ihrer Mutter Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und ist bei der Antragsgegnerin gesetzlich krankenversichert. Sie schloss am 06.07.2012, gesetzlich vertreten durch ihre Mutter, eine Behandlungsvereinbarung über eine kieferorthopädische Behandlung einschließlich Prohylaxe iHv 1600,94 Euro ab. Der behandelnde Kieferorthopäde Dr. H. erstellte am 02.10.2012 einen Heil- und Kostenplan über einen voraussichtlichen Gesamtbetrag iHv 3228,49 Euro. Die Antragsgegnerin bewilligte am 15.10.2012 einen Zuschuss iHv 80 Prozent der Kosten.
Mit Schreiben vom 23.04.2013 teilte Dr. H. mit, dass die Behandlung einen unplanmäßigen Verlauf nehme. Es liege eine mangelnde Mitarbeit der Patientin vor. Die Behandlungsapparatur werde nicht den Anweisungen gemäß getragen. Die vereinbarten Behandlungstermine würden nicht eingehalten. Es sei eine längere Unterbrechung der Behandlung eingetreten. Die Zahnpflege sei unbefriedigend und es seien bleibende Schäden an den Zähnen zu befürchten. Die Antragsstellerin komme ihren zivilrechtlichen Zahlungspflichten nicht nach. Es werde um Ermahnung der Antragsgegnerin gebeten.
Die Antragsgegnerin teilte daraufhin der Mutter der Antragsstellerin die Gründe für den unplanmäßigen Verlauf mit und wies darauf hin, dass die Behandlung hierdurch insgesamt gefährdet sei. Bei einem Abbruch könnten auch die Eigenanteile nicht erstattet werden.
Mit Schreiben vom 09.09.2013 teilte Dr. H. mit, dass weiterhin ein unplanmäßiger Verlauf vorliege und die Antragstellerin die Behandlungstermine nicht einhalte. Auch komme sie ihren zivilrechtlichen Zahlungsverpflichtungen nicht nach. Die kieferorthopädische Behandlung werde daher abgebrochen. Die eingesetzten Bänder auf den Zähnen 16 und 26 sollten zur Vermeidung von Zahnschäden entfernt werden.
Mit Bescheid vom 17.09.2013 teilte die Antragsgegnerin der Mutter der Antragstellerin mit, dass die Behandlung abgebrochen werden musste und die bisher gezahlten Eigenanteile nicht erstattet würden. Eine Kostenübernahme einer erneuten kieferorthopädischen Behandlung zu Lasten der Antragsgegnerin sei ausgeschlossen.
Die Antragstellerin legte hiergegen am 06.10.2013 Wiederspruch ein.
Die Antragstellerin hat am 21.09.2013 einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Mannheim (SG) gestellt und zur Begründung ausgeführt, dass durch die Kündigung der Versicherung der Tatbestand der Kindeswohlgefährdung und Körperverletzung erfüllt sei. Zudem sei Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen der nicht erbrachten Leistungen zu zahlen.
Die Antragsgegnerin hat in der Antragserwiderung mitgeteilt, dass die Antragstellerin durchgängig seit dem 05.08.2001 Mitglied bei der Antragsgegnerin sei. Seit dem 01.04.2013 sei sie als Bezieherin von Leistungen nach dem SGB II krankenversichert.
Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 09.10.2013 abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, dass es bereits am erforderlichen Anordnungsgrund für die begehrte Regelungsanordnung fehle. Die Krankenversicherung bestehe - entgegen der Ansicht der Mutter der Antragstellerin - fort. Sofern mit dem einstweiligen Rechtsschutzbegehren eine vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung von Leistungen für eine Fortsetzung der abgebrochenen kieferorthopädischen Behandlung begehrt werde, fehle es an greifbaren Anhaltspunkten für eine ernsthaft erstrebte Behandlung.
Die Antragstellerin hat am 12.10.2013 Beschwerde eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass sich die Beschwerde gegen das streitgegenständliche Verfahren sowie die Verfahren S 17 AS 2919/13 bzw L 7 AS 4399/13 und S 17 AS 2594/13 bzw L 7 AS 4400/13 richte. Das SG habe ein Verfahren gegen die Antragsgegnerin geführt, obwohl sie das gar nicht vor gehabt habe. Es gehe darum, dass die Antragstellerin das Kindergeld selbst brauche, um die Zahnspange zu bezahlen, da die Krankenkasse eine Kündigung erklärt habe. Sie habe die Behandlung nicht beendet, sondern die Antragsgegnerin habe mit Schreiben vom 20.02.2013 das Ruhen der Leistungen wegen Beitragsrückständen erklärt. Die Antragstellerin habe deswegen nicht zum Kieferorthopäden gehen können. Auch habe sie höchstens zwei Termine abgesagt und daher auch nicht unentschuldigt nicht wahrgenommen. Wenn die Behandlung mit der Zahnspange nicht durchgeführt werde, müssten unter Vollnarkose die Zähne aus dem Zahnfleisch entfernt werden. Die Antragstellerin werde in eine Operation gedrängt.
Die Antragstellerin beantragt sachdienlich gefasst,
den Beschluss des Sozialgericht Mannheim vom 09.10.2013 sowie den Bescheid vom 17.09.2013 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, Versicherungsschutz zu gewähren und die Kosten für die kieferorthopädische Behandlung der Antragstellerin weiter zu übernehmen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückweisen.
Die Antragsgegnerin hat zur Beschwerdeerwiderung auf ihr Vorbringen in erster Instanz verwiesen.
Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verfahrensakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Antragsgegnerin verwiesen.
II.
Der Antrag ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
Die gemäß § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist statthaft (§ 172 Abs 1, Abs 3 Nr 1 SGG) und damit zulässig, in der Sache aber nicht begründet.
Nach § 86b Abs 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich eine wenigstens summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der angestrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Satz 4 SGG iVm. § 920 Abs 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl BVerfG 25.07.1996, 1 BvR 638/96, NVwZ 1997, 479; BVerfG 12.05.2005, 1 BvR 569/05, NVwZ 2005, 927 = Breithaupt 2005, 803). Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen, weil etwa eine vollständige Klärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden unter Berücksichtigung insbesondere der grundrechtlichen Belange des Antragstellers. Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung.
Die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung sind vorliegend nicht erfüllt. Soweit die Antragstellerin sich gegen die vermeintliche Kündigung der Krankenversicherung durch die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 17.09.2013 wendet und hierbei auf die Anmahnung rückständiger Beiträge für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2012 und ein Ruhen des Leistungsanspruches ab dem 27.02.2013 verweist, hat die Antragsgegnerin die Mitgliedschaft der Antragstellerin sowie den Versicherungsschutz mit Schreiben vom 27.09.2013 bestätigt. Insoweit besteht kein Rechtsschutzbedürfnis für den Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Soweit sich das Begehren gegen den Abbruch der kieferorthopädischen Behandlung und die Ablehnung der Übernahme des Eigenanteils durch die Antragsgegnerin richtet, liegt ein Anordnungsanspruch nicht vor.
Gemäß § 29 Abs. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf kieferorthopädische Versorgung in medizinisch begründeten Indikationsgruppen, bei denen eine Kiefer- oder Zahnfehlstellung vorliegt, die das Kauen, Beißen, Sprechen oder Atmen erheblich beeinträchtigt oder zu beeinträchtigen droht. Nach Abs. 2 der Norm leisten Versicherte zu der kieferorthopädischen Behandlung nach Absatz 1 einen Anteil in Höhe von 20 vom Hundert der Kosten an den Vertragszahnarzt. Satz 1 gilt nicht für im Zusammenhang mit kieferorthopädischer Behandlung erbrachte konservierend-chirurgische und Röntgenleistungen. Befinden sich mindestens zwei versicherte Kinder, die bei Beginn der Behandlung das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und mit ihren Erziehungsberechtigten in einem gemeinsamen Haushalt leben, in kieferorthopädischer Behandlung, beträgt der Anteil nach Satz 1 für das zweite und jedes weitere Kind 10 vom Hundert. Der Vertragszahnarzt rechnet nach Abs. 3 der Norm die kieferorthopädische Behandlung abzüglich des Versichertenanteils nach Absatz 2 Satz 1 und 3 mit der Kassenzahnärztlichen Vereinigung ab. Wenn die Behandlung in dem durch den Behandlungsplan bestimmten medizinisch erforderlichen Umfang abgeschlossen worden ist, zahlt die Kasse den von den Versicherten geleisteten Anteil nach Absatz 2 Satz 1 und 3 an die Versicherten zurück.
Die Antragsgegnerin hat entsprechend der gesetzlichen Vorgaben die Kosten für die kieferorthopädische Behandlung in Höhe von 80 Prozent der Behandlungskosten übernommen. Auch hat die Antragsgegnerin es zu Recht im Bescheid vom 17.09.2013 abgelehnt, der Antragstellerin die bisher geleisteten Eigenanteile nach § 29 Abs 3 Satz 2 SGB V zurückzuerstatten. Die vorläufige Erbringung des Eigenanteils soll nach der gesetzgeberischen Intention dem vorzeitigen Abbruch der Behandlung entgegen wirken (vgl Nolte in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 29 SGB V, Rdnr 2b, 15). Anders als durch eine vorschussweise Eigenbeteiligung der Versicherten lässt sich der vom Gesetzgeber mit der Regelung beabsichtigte und im Hinblick auf das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 SGB V) billigenswerte Zweck nicht sicherstellen, dass der Erfolg der kostenaufwändigen und die Versichertengemeinschaft deshalb besonders belastenden kieferorthopädischen Maßnahmen, die sich in der Regel über Jahre erstrecken und in hohem Maße Akzeptanz und Mitwirkung bei den jugendlichen Patienten und deren Erziehungsberechtigten fordern, eintritt. Dieselbe Zielrichtung wird auch durch die Anspruchsabtretung an den Kieferorthopäden erreicht: Wird die Behandlung nicht erfolgreich zu Ende geführt, so sieht sich der Versicherte den Eigenanteilsforderungen des Behandlers ausgesetzt (LSG Nordrhein-Westfalen, 25.03.2010, L 16 KR 221/09, juris).
Die Behandlung hatte im vorliegenden Fall bereits seit der Mitteilung von Dr. H. vom 23.04.2013 einen unplanmäßigen Verlauf genommen, da die Antragsteller nicht im erforderlichen Maß mitgewirkt und durch die mangelnde Kooperation den Erfolg der Behandlung gefährdet hat. Substantielle Einwände gegen die insbesondere im Schreiben vom 23.04.2013 aufgeführten Gründe hat die Antragstellerin nicht vorgebracht. Der erfolgreiche Abschluss der Behandlung wurde nicht durch die Nichteinhaltung der vereinbarten Behandlungstermine sondern in erster Linie durch die mangelhafte Mitarbeit der Antragstellerin verhindert, welche nach den Angaben von Dr. H. die Behandlungsapparatur nicht den Anweisungen gemäß getragen und auch nicht die erforderliche Zahnpflege vorgenommen hat. Es kommt daher nicht darauf an, ob die Antragstellerin - wie von ihrer Mutter vorgetragen - tatsächlich zwei Termine aus nachvollziehbaren Gründen abgesagt hat.
Des Weiteren fehlt es an der Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes im Sinne einer besonderen Dringlichkeit. Die Antragstellerin hat auf die Mitteilung der Antragsgegnerin vom 07.05.2013 und die Anmahnung einer verbesserten Mitwirkung bei der Behandlung überhaupt nicht reagiert und den Behandlungsabbruch wesentlich durch ihr eigenes Verhalten verursacht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die minderjährige, durch ihre Mutter gesetzlich vertretene Antragstellerin wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens gegen den Abbruch einer kieferorthopädischen Behandlung.
Die am 20.09.2000 geborene Antragstellerin bezieht zusammen mit ihrer Mutter Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und ist bei der Antragsgegnerin gesetzlich krankenversichert. Sie schloss am 06.07.2012, gesetzlich vertreten durch ihre Mutter, eine Behandlungsvereinbarung über eine kieferorthopädische Behandlung einschließlich Prohylaxe iHv 1600,94 Euro ab. Der behandelnde Kieferorthopäde Dr. H. erstellte am 02.10.2012 einen Heil- und Kostenplan über einen voraussichtlichen Gesamtbetrag iHv 3228,49 Euro. Die Antragsgegnerin bewilligte am 15.10.2012 einen Zuschuss iHv 80 Prozent der Kosten.
Mit Schreiben vom 23.04.2013 teilte Dr. H. mit, dass die Behandlung einen unplanmäßigen Verlauf nehme. Es liege eine mangelnde Mitarbeit der Patientin vor. Die Behandlungsapparatur werde nicht den Anweisungen gemäß getragen. Die vereinbarten Behandlungstermine würden nicht eingehalten. Es sei eine längere Unterbrechung der Behandlung eingetreten. Die Zahnpflege sei unbefriedigend und es seien bleibende Schäden an den Zähnen zu befürchten. Die Antragsstellerin komme ihren zivilrechtlichen Zahlungspflichten nicht nach. Es werde um Ermahnung der Antragsgegnerin gebeten.
Die Antragsgegnerin teilte daraufhin der Mutter der Antragsstellerin die Gründe für den unplanmäßigen Verlauf mit und wies darauf hin, dass die Behandlung hierdurch insgesamt gefährdet sei. Bei einem Abbruch könnten auch die Eigenanteile nicht erstattet werden.
Mit Schreiben vom 09.09.2013 teilte Dr. H. mit, dass weiterhin ein unplanmäßiger Verlauf vorliege und die Antragstellerin die Behandlungstermine nicht einhalte. Auch komme sie ihren zivilrechtlichen Zahlungsverpflichtungen nicht nach. Die kieferorthopädische Behandlung werde daher abgebrochen. Die eingesetzten Bänder auf den Zähnen 16 und 26 sollten zur Vermeidung von Zahnschäden entfernt werden.
Mit Bescheid vom 17.09.2013 teilte die Antragsgegnerin der Mutter der Antragstellerin mit, dass die Behandlung abgebrochen werden musste und die bisher gezahlten Eigenanteile nicht erstattet würden. Eine Kostenübernahme einer erneuten kieferorthopädischen Behandlung zu Lasten der Antragsgegnerin sei ausgeschlossen.
Die Antragstellerin legte hiergegen am 06.10.2013 Wiederspruch ein.
Die Antragstellerin hat am 21.09.2013 einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Mannheim (SG) gestellt und zur Begründung ausgeführt, dass durch die Kündigung der Versicherung der Tatbestand der Kindeswohlgefährdung und Körperverletzung erfüllt sei. Zudem sei Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen der nicht erbrachten Leistungen zu zahlen.
Die Antragsgegnerin hat in der Antragserwiderung mitgeteilt, dass die Antragstellerin durchgängig seit dem 05.08.2001 Mitglied bei der Antragsgegnerin sei. Seit dem 01.04.2013 sei sie als Bezieherin von Leistungen nach dem SGB II krankenversichert.
Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 09.10.2013 abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, dass es bereits am erforderlichen Anordnungsgrund für die begehrte Regelungsanordnung fehle. Die Krankenversicherung bestehe - entgegen der Ansicht der Mutter der Antragstellerin - fort. Sofern mit dem einstweiligen Rechtsschutzbegehren eine vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung von Leistungen für eine Fortsetzung der abgebrochenen kieferorthopädischen Behandlung begehrt werde, fehle es an greifbaren Anhaltspunkten für eine ernsthaft erstrebte Behandlung.
Die Antragstellerin hat am 12.10.2013 Beschwerde eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass sich die Beschwerde gegen das streitgegenständliche Verfahren sowie die Verfahren S 17 AS 2919/13 bzw L 7 AS 4399/13 und S 17 AS 2594/13 bzw L 7 AS 4400/13 richte. Das SG habe ein Verfahren gegen die Antragsgegnerin geführt, obwohl sie das gar nicht vor gehabt habe. Es gehe darum, dass die Antragstellerin das Kindergeld selbst brauche, um die Zahnspange zu bezahlen, da die Krankenkasse eine Kündigung erklärt habe. Sie habe die Behandlung nicht beendet, sondern die Antragsgegnerin habe mit Schreiben vom 20.02.2013 das Ruhen der Leistungen wegen Beitragsrückständen erklärt. Die Antragstellerin habe deswegen nicht zum Kieferorthopäden gehen können. Auch habe sie höchstens zwei Termine abgesagt und daher auch nicht unentschuldigt nicht wahrgenommen. Wenn die Behandlung mit der Zahnspange nicht durchgeführt werde, müssten unter Vollnarkose die Zähne aus dem Zahnfleisch entfernt werden. Die Antragstellerin werde in eine Operation gedrängt.
Die Antragstellerin beantragt sachdienlich gefasst,
den Beschluss des Sozialgericht Mannheim vom 09.10.2013 sowie den Bescheid vom 17.09.2013 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, Versicherungsschutz zu gewähren und die Kosten für die kieferorthopädische Behandlung der Antragstellerin weiter zu übernehmen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückweisen.
Die Antragsgegnerin hat zur Beschwerdeerwiderung auf ihr Vorbringen in erster Instanz verwiesen.
Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verfahrensakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Antragsgegnerin verwiesen.
II.
Der Antrag ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
Die gemäß § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist statthaft (§ 172 Abs 1, Abs 3 Nr 1 SGG) und damit zulässig, in der Sache aber nicht begründet.
Nach § 86b Abs 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich eine wenigstens summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der angestrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Satz 4 SGG iVm. § 920 Abs 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl BVerfG 25.07.1996, 1 BvR 638/96, NVwZ 1997, 479; BVerfG 12.05.2005, 1 BvR 569/05, NVwZ 2005, 927 = Breithaupt 2005, 803). Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen, weil etwa eine vollständige Klärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden unter Berücksichtigung insbesondere der grundrechtlichen Belange des Antragstellers. Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung.
Die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung sind vorliegend nicht erfüllt. Soweit die Antragstellerin sich gegen die vermeintliche Kündigung der Krankenversicherung durch die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 17.09.2013 wendet und hierbei auf die Anmahnung rückständiger Beiträge für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2012 und ein Ruhen des Leistungsanspruches ab dem 27.02.2013 verweist, hat die Antragsgegnerin die Mitgliedschaft der Antragstellerin sowie den Versicherungsschutz mit Schreiben vom 27.09.2013 bestätigt. Insoweit besteht kein Rechtsschutzbedürfnis für den Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Soweit sich das Begehren gegen den Abbruch der kieferorthopädischen Behandlung und die Ablehnung der Übernahme des Eigenanteils durch die Antragsgegnerin richtet, liegt ein Anordnungsanspruch nicht vor.
Gemäß § 29 Abs. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf kieferorthopädische Versorgung in medizinisch begründeten Indikationsgruppen, bei denen eine Kiefer- oder Zahnfehlstellung vorliegt, die das Kauen, Beißen, Sprechen oder Atmen erheblich beeinträchtigt oder zu beeinträchtigen droht. Nach Abs. 2 der Norm leisten Versicherte zu der kieferorthopädischen Behandlung nach Absatz 1 einen Anteil in Höhe von 20 vom Hundert der Kosten an den Vertragszahnarzt. Satz 1 gilt nicht für im Zusammenhang mit kieferorthopädischer Behandlung erbrachte konservierend-chirurgische und Röntgenleistungen. Befinden sich mindestens zwei versicherte Kinder, die bei Beginn der Behandlung das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und mit ihren Erziehungsberechtigten in einem gemeinsamen Haushalt leben, in kieferorthopädischer Behandlung, beträgt der Anteil nach Satz 1 für das zweite und jedes weitere Kind 10 vom Hundert. Der Vertragszahnarzt rechnet nach Abs. 3 der Norm die kieferorthopädische Behandlung abzüglich des Versichertenanteils nach Absatz 2 Satz 1 und 3 mit der Kassenzahnärztlichen Vereinigung ab. Wenn die Behandlung in dem durch den Behandlungsplan bestimmten medizinisch erforderlichen Umfang abgeschlossen worden ist, zahlt die Kasse den von den Versicherten geleisteten Anteil nach Absatz 2 Satz 1 und 3 an die Versicherten zurück.
Die Antragsgegnerin hat entsprechend der gesetzlichen Vorgaben die Kosten für die kieferorthopädische Behandlung in Höhe von 80 Prozent der Behandlungskosten übernommen. Auch hat die Antragsgegnerin es zu Recht im Bescheid vom 17.09.2013 abgelehnt, der Antragstellerin die bisher geleisteten Eigenanteile nach § 29 Abs 3 Satz 2 SGB V zurückzuerstatten. Die vorläufige Erbringung des Eigenanteils soll nach der gesetzgeberischen Intention dem vorzeitigen Abbruch der Behandlung entgegen wirken (vgl Nolte in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 29 SGB V, Rdnr 2b, 15). Anders als durch eine vorschussweise Eigenbeteiligung der Versicherten lässt sich der vom Gesetzgeber mit der Regelung beabsichtigte und im Hinblick auf das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 SGB V) billigenswerte Zweck nicht sicherstellen, dass der Erfolg der kostenaufwändigen und die Versichertengemeinschaft deshalb besonders belastenden kieferorthopädischen Maßnahmen, die sich in der Regel über Jahre erstrecken und in hohem Maße Akzeptanz und Mitwirkung bei den jugendlichen Patienten und deren Erziehungsberechtigten fordern, eintritt. Dieselbe Zielrichtung wird auch durch die Anspruchsabtretung an den Kieferorthopäden erreicht: Wird die Behandlung nicht erfolgreich zu Ende geführt, so sieht sich der Versicherte den Eigenanteilsforderungen des Behandlers ausgesetzt (LSG Nordrhein-Westfalen, 25.03.2010, L 16 KR 221/09, juris).
Die Behandlung hatte im vorliegenden Fall bereits seit der Mitteilung von Dr. H. vom 23.04.2013 einen unplanmäßigen Verlauf genommen, da die Antragsteller nicht im erforderlichen Maß mitgewirkt und durch die mangelnde Kooperation den Erfolg der Behandlung gefährdet hat. Substantielle Einwände gegen die insbesondere im Schreiben vom 23.04.2013 aufgeführten Gründe hat die Antragstellerin nicht vorgebracht. Der erfolgreiche Abschluss der Behandlung wurde nicht durch die Nichteinhaltung der vereinbarten Behandlungstermine sondern in erster Linie durch die mangelhafte Mitarbeit der Antragstellerin verhindert, welche nach den Angaben von Dr. H. die Behandlungsapparatur nicht den Anweisungen gemäß getragen und auch nicht die erforderliche Zahnpflege vorgenommen hat. Es kommt daher nicht darauf an, ob die Antragstellerin - wie von ihrer Mutter vorgetragen - tatsächlich zwei Termine aus nachvollziehbaren Gründen abgesagt hat.
Des Weiteren fehlt es an der Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes im Sinne einer besonderen Dringlichkeit. Die Antragstellerin hat auf die Mitteilung der Antragsgegnerin vom 07.05.2013 und die Anmahnung einer verbesserten Mitwirkung bei der Behandlung überhaupt nicht reagiert und den Behandlungsabbruch wesentlich durch ihr eigenes Verhalten verursacht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
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