Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 14 AS 1778/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 4583/12 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragstellerin vom 2. November 2012 wird der Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 17. September 2012 abgeändert.
Der Antragstellerin wird unter Beiordnung von Rechtsanwältin Mgr. Jur. Z., K., Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung zur Durchführung des Verfahrens S 14 AS 1778/11 ab Antragstellung am 17. September 2012 gewährt.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde der Antragstellerin hat Erfolg, sie ist zulässig und begründet. Das Sozialgericht Ulm (SG) hat den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zu Unrecht abgelehnt.
Die Beschwerde ist frist- und formgerecht eingelegt worden (§ 173 SGG) und auch im Übrigen zulässig. Sie ist insbesondere nicht nach § 172 Abs. 3 Ziff. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausgeschlossen. Nach dem Wortlaut des § 172 Abs. 3 Ziff. 2 SGG ist der Beschwerdeausschluss lediglich dann anzunehmen, wenn die Gewährung von Prozesskostenhilfe ausschließlich aufgrund der persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse abgelehnt wird. Das SG hat die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe gerade nicht verneint, sondern vielmehr ausgeführt, das nun vorgelegte Formular zur Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse widerspreche nicht mehr den vorgelegten Unterlagen, da die Klägerin nun angebe, ein Girokonto zu haben. Die Gewährung von Prozesskostenhilfe wurde allein deswegen abgelehnt, weil das SG schon das Rechtsschutzbedürfnis für die erneute Stellung eines Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt hat. Weder der Wortlaut noch der gesetzgeberische Wille rechtfertigen in dieser Konstellation einen Beschwerdeausschluss (zum Streitstand vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. Dezember 2011 - L 25 AS 1935/11B PKH, Juris, zur vergleichbaren Konstellation bei Ablehnung wegen Mutwilligkeit vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 10. Aufl. 2012, § 172 Rdnr. 6h).
Die zulässige Beschwerde ist auch begründet.
Das Sozialgericht hat zu Unrecht das Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses verneint. Zwar kann die Gewährung von Prozesskostenhilfe mangels Rechtsschutzbedürfnis abgelehnt werden, wenn auf der Grundlage desselben Streitgegenstandes bereits eine ablehnende Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag ergangen ist (vgl. dazu LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 29. April 2010 - L 12 AL 5449/09 mit Hinweis auf BGH, Beschluss vom 3. März 2004 - IV ZB 43/03, Leitherer, a.a.O., § 73a Rdnr. 13g, m.w.N.). Wird derselbe Lebenssachverhalt unverändert zur Entscheidung gestellt, fehlt es in der Regel am Rechtsschutzbedürfnis. Dem Antragsteller muss aber eine Wiederholung des Antrags möglich sein, um fehlende Angaben nachzuholen,, was auch dann gilt, wenn die Erklärung nach § 117 Abs. 2 ZPO trotz Fristsetzung nicht abgegeben worden sind (LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 9. Januar 1984 - L 1 Kg 9/82 - PKH, Juris). Für den sozialgerichtlichen Prozess hält es der Senat nicht für angezeigt, den Antragsteller, der wie hier die Frist nach § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO versäumt, dauerhaft und unanfechtbar von der Möglichkeit der Bewilligung von Prozesskostenhilfe auszuschließen. Der Antragsteller kann im sozialgerichtlichen Prozess einen Mangel bei der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nur durch Stellung eines neuen und vollständigen Antrags heilen. Ihm diese Möglichkeit zu nehmen, bedeutet nicht nur, dass er im Ergebnis nur einen Versuch hat, eine vollständige Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abzugeben, sondern auch, dass die ablehnende Entscheidung über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe eine Wirkung hat, die einer materiellen Rechtskraft mindestens sehr nahe kommt (vgl. dazu ausführlich LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. Dezember 2011, a.a.O., Juris, m.w.N.). In materielle Rechtskraft erwächst der ablehnende Beschluss aber grundsätzlich gerade nicht (vgl. Leitherer, a.a.O., § 73a Rdnr.13g, m.w.N.).
Auch die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe sind gegeben. Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO erhält ein Prozessbeteiligter auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann und die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht und nicht mutwillig erscheint. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe liegen hier vor. Nach den Ausführungen des SG, denen sich der Senat insoweit anschließt, sind sowohl die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse als auch die hinreichenden Erfolgsaussichten gegeben. Nachdem im Termin zur Erörterung des Sachverhaltes ein Vergleich geschlossen wurde, ist zumindest eine hinreichende Erfolgsaussicht nicht zu verneinen.
Der Bewilligung der Prozesskostenhilfe steht auch nicht entgegen, dass Prozesskostenhilfe grundsätzlich nur für eine beabsichtigte Rechtsverfolgung gewährt werden kann, das Klageverfahren durch den Abschluss des Vergleichs in dem Erörterungstermin am 17. September 2012 aber bereits erledigt ist. Eine Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist auch nach Abschluss des Rechtsstreits dann noch möglich, wenn der Prozesskostenhilfeantrag zum Zeitpunkt der Erledigung des Verfahrens entscheidungsreif war (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 14. April 2010 - 1 BvR 362/10 - Juris). Entscheidungsreife im Rahmen eines Prozesskostenhilfeantrags tritt dann ein, wenn der antragstellende Beteiligte die vollständige Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abgegeben, die Erfolgsaussichten im Übrigen glaubhaft gemacht hat und der Antragsgegner Gelegenheit zur Stellungnahme hatte (erkennender Senat, Beschluss vom 29. Dezember 2011 - L 13 AS 5141/11 B, Juris). Ausweislich der Niederschrift über den Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 17. September 2012 wurde der Antrag auf Prozesskostenhilfe unter Vorlage der Erklärung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und entsprechender Belege vor Abschluss des instanzbeendenden Vergleichs am 17. September 2012 gestellt, so dass Entscheidungsreife bereits vor Abschluss des Verfahrens gegeben war.
Der Antragstellerin war damit ab dem Zeitpunkt der erneuten Antragstellung, dem Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 17. September 2012, Prozesskostenhilfe zu gewähren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
Diese Entscheidung ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Der Antragstellerin wird unter Beiordnung von Rechtsanwältin Mgr. Jur. Z., K., Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung zur Durchführung des Verfahrens S 14 AS 1778/11 ab Antragstellung am 17. September 2012 gewährt.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde der Antragstellerin hat Erfolg, sie ist zulässig und begründet. Das Sozialgericht Ulm (SG) hat den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zu Unrecht abgelehnt.
Die Beschwerde ist frist- und formgerecht eingelegt worden (§ 173 SGG) und auch im Übrigen zulässig. Sie ist insbesondere nicht nach § 172 Abs. 3 Ziff. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausgeschlossen. Nach dem Wortlaut des § 172 Abs. 3 Ziff. 2 SGG ist der Beschwerdeausschluss lediglich dann anzunehmen, wenn die Gewährung von Prozesskostenhilfe ausschließlich aufgrund der persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse abgelehnt wird. Das SG hat die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe gerade nicht verneint, sondern vielmehr ausgeführt, das nun vorgelegte Formular zur Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse widerspreche nicht mehr den vorgelegten Unterlagen, da die Klägerin nun angebe, ein Girokonto zu haben. Die Gewährung von Prozesskostenhilfe wurde allein deswegen abgelehnt, weil das SG schon das Rechtsschutzbedürfnis für die erneute Stellung eines Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt hat. Weder der Wortlaut noch der gesetzgeberische Wille rechtfertigen in dieser Konstellation einen Beschwerdeausschluss (zum Streitstand vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. Dezember 2011 - L 25 AS 1935/11B PKH, Juris, zur vergleichbaren Konstellation bei Ablehnung wegen Mutwilligkeit vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 10. Aufl. 2012, § 172 Rdnr. 6h).
Die zulässige Beschwerde ist auch begründet.
Das Sozialgericht hat zu Unrecht das Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses verneint. Zwar kann die Gewährung von Prozesskostenhilfe mangels Rechtsschutzbedürfnis abgelehnt werden, wenn auf der Grundlage desselben Streitgegenstandes bereits eine ablehnende Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag ergangen ist (vgl. dazu LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 29. April 2010 - L 12 AL 5449/09 mit Hinweis auf BGH, Beschluss vom 3. März 2004 - IV ZB 43/03, Leitherer, a.a.O., § 73a Rdnr. 13g, m.w.N.). Wird derselbe Lebenssachverhalt unverändert zur Entscheidung gestellt, fehlt es in der Regel am Rechtsschutzbedürfnis. Dem Antragsteller muss aber eine Wiederholung des Antrags möglich sein, um fehlende Angaben nachzuholen,, was auch dann gilt, wenn die Erklärung nach § 117 Abs. 2 ZPO trotz Fristsetzung nicht abgegeben worden sind (LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 9. Januar 1984 - L 1 Kg 9/82 - PKH, Juris). Für den sozialgerichtlichen Prozess hält es der Senat nicht für angezeigt, den Antragsteller, der wie hier die Frist nach § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO versäumt, dauerhaft und unanfechtbar von der Möglichkeit der Bewilligung von Prozesskostenhilfe auszuschließen. Der Antragsteller kann im sozialgerichtlichen Prozess einen Mangel bei der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nur durch Stellung eines neuen und vollständigen Antrags heilen. Ihm diese Möglichkeit zu nehmen, bedeutet nicht nur, dass er im Ergebnis nur einen Versuch hat, eine vollständige Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abzugeben, sondern auch, dass die ablehnende Entscheidung über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe eine Wirkung hat, die einer materiellen Rechtskraft mindestens sehr nahe kommt (vgl. dazu ausführlich LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. Dezember 2011, a.a.O., Juris, m.w.N.). In materielle Rechtskraft erwächst der ablehnende Beschluss aber grundsätzlich gerade nicht (vgl. Leitherer, a.a.O., § 73a Rdnr.13g, m.w.N.).
Auch die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe sind gegeben. Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO erhält ein Prozessbeteiligter auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann und die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht und nicht mutwillig erscheint. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe liegen hier vor. Nach den Ausführungen des SG, denen sich der Senat insoweit anschließt, sind sowohl die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse als auch die hinreichenden Erfolgsaussichten gegeben. Nachdem im Termin zur Erörterung des Sachverhaltes ein Vergleich geschlossen wurde, ist zumindest eine hinreichende Erfolgsaussicht nicht zu verneinen.
Der Bewilligung der Prozesskostenhilfe steht auch nicht entgegen, dass Prozesskostenhilfe grundsätzlich nur für eine beabsichtigte Rechtsverfolgung gewährt werden kann, das Klageverfahren durch den Abschluss des Vergleichs in dem Erörterungstermin am 17. September 2012 aber bereits erledigt ist. Eine Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist auch nach Abschluss des Rechtsstreits dann noch möglich, wenn der Prozesskostenhilfeantrag zum Zeitpunkt der Erledigung des Verfahrens entscheidungsreif war (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 14. April 2010 - 1 BvR 362/10 - Juris). Entscheidungsreife im Rahmen eines Prozesskostenhilfeantrags tritt dann ein, wenn der antragstellende Beteiligte die vollständige Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abgegeben, die Erfolgsaussichten im Übrigen glaubhaft gemacht hat und der Antragsgegner Gelegenheit zur Stellungnahme hatte (erkennender Senat, Beschluss vom 29. Dezember 2011 - L 13 AS 5141/11 B, Juris). Ausweislich der Niederschrift über den Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 17. September 2012 wurde der Antrag auf Prozesskostenhilfe unter Vorlage der Erklärung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und entsprechender Belege vor Abschluss des instanzbeendenden Vergleichs am 17. September 2012 gestellt, so dass Entscheidungsreife bereits vor Abschluss des Verfahrens gegeben war.
Der Antragstellerin war damit ab dem Zeitpunkt der erneuten Antragstellung, dem Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 17. September 2012, Prozesskostenhilfe zu gewähren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
Diese Entscheidung ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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