Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
27
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 111 P 265/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 27 P 49/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. April 2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin erstrebt die Gewährung von Leistungen der Pflegeversicherung nach dem Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) in Form eines Pflegegeldes der Pflegestufe I von der Beklagten.
Die 1936 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich pflegepflichtversichert. Bei ihr sind ein Grad der Behinderung (GdB) von 60 sowie das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "RF" festgestellt. Sie ist Altersrentnerin.
Die Klägerin beantragte am 19. März 2009 bei der Beklagten die Gewährung von Leistungen bei Pflegebedürftigkeit in Form eines Pflegegeldes. Die Pflege könne durch Bekannte in geeigneter Weise und ausreichendem Umfang sichergestellt werden. Die Beklagte ließ den Umfang der Pflegebedürftigkeit der Klägerin daraufhin vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) begutachten. Die Pflegefachkraft T stellte in ihrem Gutachten vom 17. Juli 2009 nach einem Hausbesuch bei der Klägerin am 16. Juli 2009 aufgrund bei dieser bestehender degenerativer Wirbelsäulen- und Rückenveränderungen und Adipositas einen Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege im Umfang von 15 Minuten am Tag (neun Minuten Körperpflege für Teilübernahmen beim Waschen des Rückens und beim einmal wöchentlichen Waschen der Haare sowie sechs Minuten Mobilität für Teilübernahmen beim An- und Auskleiden von Strümpfen und beim Wannentransfer) und im Bereich der Hauswirtschaft im Wochendurchschnitt im Umfang von 60 Minuten am Tag fest. Unter Bezugnahme auf diese Feststellungen lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Leistungen bei Pflegebedürftigkeit mit Bescheid vom 9. September 2009 mit der Begründung ab, die Klägerin erfülle die gesetzlichen Voraussetzungen der Pflegestufe I nicht, da bei ihr kein Grundpflegebedarf von mehr als 45 Minuten täglich bestehe. Dagegen legte die Klägerin am 5. Oktober 2009 unter Vorlage von Attesten ihrer behandelnden Ärzte Widerspruch ein. Sie leide an hochgradiger, an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit. Sie könne sich wegen verschiedener Beschwerden nicht selbst versorgen. Sie könne nicht allein einkaufen und auch ihren Haushalt nicht täglich allein in Ordnung halten. Bei der Körperpflege benötige sie Hilfe beim Duschen, Haarewaschen, Ankleiden und der Fußpflege. Sie wasche ca. alle 2 Tage ihre Haare, da sie nachts schwitze. Eine ordentliche Haarwäsche dauere mindestens 30 Minuten. Die Bekannte pflege sie ca. 16 Stunden in der Woche. Beim Duschen und Rückenwaschen benötige sie täglich Hilfe von mindestens 30 Minuten. Die Pflegefachkraft T hielt in einer ergänzenden Stellungnahme vom 1. November 2009 an ihrer Einschätzung des Hilfebedarfs fest und führte aus, dass selbst unter Berücksichtigung der von der Klägerin angegebenen Pflegezeiten keine Pflegebedürftigkeit im Sinne des SGB XI vorliege. Der MDK empfahl im Anschluss daran in einer Stellungnahme nach Aktenlage vom 3. November 2009, den Widerspruch zurückzuweisen. Die Beklagte wies daraufhin den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 5. Mai 2010 zurück.
Die Klägerin hat am 26. Mai 2010 Klage vor dem Sozialgericht Berlin erhoben, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt. Das Sozialgericht hat zunächst einen Befundbericht des die Klägerin behandelnden Internisten Dr. T vom 15. Oktober 2010 eingeholt, in dem dieser angibt, dass die Klägerin nach seiner Sicht keinen Hilfebedarf bei den Verrichtungen des täglichen Lebens habe. Weiterhin holte das Gericht einen Befundbericht des behandelnden Orthopäden Dr. R vom 5. November 2010 ein, der erklärte, dass er nicht beurteilen könne, ob die Klägerin Hilfe benötige. Sie habe Schwierigkeiten beim Treppensteigen und Gehen in Folge von Gleichgewichtsstörungen und Arthrose im Kniegelenk. Im Anschluss daran hat das Sozialgericht auf Antrag der Klägerin Beweis erhoben über den Umfang der Pflegebedürftigkeit der Klägerin durch Einholung eines Sachverständigengutachtens bei dem von der Klägerin benannten Gutachter Dr. B. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 1. Oktober 2011 nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 23. September 2010 einen deutlichen Verschleiß der Lendenwirbelsäule, einen mäßigen Verschleiß der Halswirbelsäule, einen beginnenden
Verschleiß des rechten Kniegelenks, einen Verdacht auf Morbus Ahlbäck, einen Zustand nach einer Gallenblasenoperation im Februar 2009, Schwindel und Gleichgewichtsstörungen, einen totalen Hörverlust auf dem linken Ohr, einen schweren Hörverlust auf dem rechten Ohr, Bluthochdruck, Atemnot, einen Zustand nach einer Nasenoperation, einen Knie-Senk-Fuß und eine mäßige Skoliose diagnostiziert. Er beschreibt einen daraus resultierenden Grundpflegebedarf im Umfang von 30 Minuten am Tag (im Bereich der Körperpflege in Form von Teilübernah-men beim Waschen/Baden/Duschen/Kämmen: 25 Minuten; im Bereich der Ernährung: 0 Minuten; im Bereich der Mobilität in Form von Teilübernahmen beim An- und Auskleiden: fünf Minuten) und einen Bedarf an hauswirtschaftlicher Hilfe im Umfang von 62 Minuten am Tag im Wochendurchschnitt.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 25. April 2012 abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass die Klägerin nach der durchgeführten medizinischen Sachaufklärung die Voraussetzungen für die Bewilligung eines Pflegegeldes der Pflegestufe I nicht erfülle.
Die Klägerin hat gegen das Urteil am 4. Juni 2012 Berufung zum Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt. Das Sachverständigengutachten sei nicht in allen Punkten richtig. Zwischenzeitlich sei es auch zu einer Verschlimmerung des Knieleidens gekommen. Ein selbständiges Aufstehen sei nicht mehr möglich und sie benötige Hilfe beim Wasserlassen und Stuhlgang.
Der Beklagte hat aufgrund dieser vorgetragenen Verschlimmerung nochmals den Umfang der Pflegebedürftigkeit der Klägerin daraufhin vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) begutachten lassen. Die Pflegefachkraft S hat in ihrem Gutachten vom 1. November 2012 aufgrund ihres Hausbesuches bei der Klägerin am 30. Oktober 2012 ausgeführt, dass bei der Klägerin pflegebegründend Kniegelenksbeschwerden rechts bei Meniskusläsion und Chondropathie und Störungen des Ganges und der Mobilität vorliegen. Die Pflegefachkraft S beschreibt bei der Klägerin einen Grundpflegebedarf im Umfang von 23 Minuten und einen Bedarf an hauswirtschaftlicher Hilfe im Umfang von 34 Minuten. Dabei benötige die Klägerin bei der viermal wöchentlichen Ganzkörperwäsche und beim dreimal wöchentlichen Baden Hilfe in Form von Teilübernahmen beim Waschen der Füße und des Rückens sowie Teilhilfen beim zweimal wöchentlichen Haarewaschen. Im Bereich der Ernährung bestehe kein Hilfebedarf. Die Klägerin benötige jedoch Hilfe beim An- und Ausziehen der Strümpfe, Schuhe und Hoseneinstieg, wofür die Gutachterin sechs Minuten am Tag als notwendig erachtet, und beim
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens durch die Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. B. Diese stellte im Gutachten vom 8. Februar 2013 nach Untersuchung und Befragung der Klägerin in häuslicher Umgebung am 7. Februar 2013 fest, dass die Klägerin unter Abnutzungserscheinungen des Skelettsystems, insbesondere des rechten Knies, Schwerhörigkeit rechtsseitig und Taubheit linksseitig, Kreislaufregulationsstörungen und Übergewicht leide. Sie benötige Unterstützung beim Setzen auf den Badewannenlift und bei dessen Bedienung, beim Säubern des Rückens, der Füße und beim Haarewaschen. Wenn die Klägerin nicht bade, erhalte sie situative Hilfen beim selbständigen Waschen am Waschbecken. Insgesamt belaufe sich der Hilfebedarf für die Körperpflege auf 10 Minuten täglich. Die Klägerin benötige auch Hilfe beim Schließen des Büstenhalters und Anziehen der zeitweise getragenen Stützstrümpfe und von Strumpfhosen. Hierfür seien 5 Minuten täglich zu berücksichtigen. Für die hauswirtschaftlichen Verrichtungen betrage der Hilfebedarf täglich 45 Minuten.
Die Klägerin trägt vor, durch die Strukturierung der gesetzlichen Vorschrift, wonach die Pflegestufe nicht bejaht werde, wenn der Schwerpunkt der erforderlichen Versorgungsleistungen in lediglich einem Bereich – wie bei der Klägerin im Bereich der Hauswirtschaft - liege, werde der Gleichheitsgrundsatz verletzt. Sie trägt hinsichtlich des Gutachtens vor, dass sie nicht nur behaupte, an Gleichgewichtsstörungen zu leiden, sondern dies durch Ärzte diagnostiziert worden sei. Ihre Nase sei auch nicht unauffällig, sondern nach dem Sturz auffällig groß. Sie habe sich bei der Begutachtung auch nicht rasch ausgezogen und habe im Sitzen nicht zu den Füßen fassen können.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. April 2012 aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 9. September 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Mai 2010 zu verurteilen, der Klägerin ab dem 19. März 2009 Leistungen der Pflegeversicherung in Form eines Pflegegeldes der Pflegestufe I zu
gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.
Dem Senat haben die Verwaltungsvorgänge der Beklagten vorgelegen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze, das Protokoll und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 144 Absatz 1 SGG, in der Sache jedoch nicht begründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung in Form eines Pflegegeldes der Pflegestufe I gegen die Beklagte. Der Bescheid der Beklagten vom 9. September 2009 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 5. Mai 2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Nach § 37 SGB XI setzt der Anspruch auf Gewährung von Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfe nach der Pflegestufe I unter anderem voraus, dass der Anspruchssteller pflegebedürftig ist und der Pflegestufe I zugeordnet werden kann. Pflegebedürftigkeit liegt hierbei nach § 14 Absatz 1 SGB XI vor, wenn der Betroffene wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate in erheblichen oder höheren Maße der Hilfe bedarf, die nach § 14 Absatz 3 SGB XI in der Unterstützung, in der teilweisen oder vollständigen Übernahme der Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens oder in der Beaufsichtigung oder Anleitung mit dem Ziel der eigenständigen Übernahme dieser Verrichtungen besteht. Als gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen im vorgenannten Sinne gelten nach § 14 Absatz 4 SGB XI im Bereich der Körperpflege, der neben den Bereichen der Ernährung und der Mobilität zur Grundpflege gehört, das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren und die Darm- oder Blasenentleerung, im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung, im Bereich der Mobilität das selbstständige Aufstehen und das Zu-Bett-Gehen, das An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung sowie im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung, das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung oder das Beheizen.
Die Zuordnung zur Pflegestufe I setzt nach § 15 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, Absatz 3 Satz 1 Nr. 1 SGB XI voraus, dass der Betroffene bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedarf und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, hat hierbei wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens 90 Minuten zu betragen, wobei auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen müssen.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Der Grundpflegebedarf der Klägerin beträgt wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der streitgegenständlichen Zeit seit dem März 2009 nicht mehr als 45 Minuten. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat aufgrund der Feststellungen der Sachverständigen Dr. B in ihrem Gutachten vom 8. Februar 2013 und der Gutachten des MDK. Nach deren im Wesentlichen übereinstimmenden Feststellungen besteht bei der Klägerin ein Hilfebedarf im Bereich der Körperpflege und der Mobilität, der jedoch mit insgesamt 23 bzw. 15 Minuten im Tagesdurchschnitt erheblich unter dem pflegestufenerheblichen Umfang bleibt.
Die Gutachter stellen übereinstimmend einen Pflegebedarf beim Waschen des Rückens und der Füße, Haarewaschen und beim An- und Ausziehen der Strümpfe fest. Zwar variiert die zeitliche Bewertung insbesondere des benötigten Zeitaufwandes für das Waschen zwischen den Gutachten. Dies beruht jedoch vornehmlich darauf, dass von einer unterschiedlichen Häufigkeit des Duschens bzw. Badens und der Ganzkörperwäsche am Waschbecken ausgegangen wird. Darüber hinaus ist eine Erhöhung insoweit festzustellen, dass im Jahre 2009 wohl ein Waschen der Füße noch möglich war, während hier ebenso wie beim Schließen des BHs nunmehr ein Hilfebedarf besteht.
Die Ausführungen des Dr. B der jedoch auch die Voraussetzungen der Pflegestufe I nicht als erfüllt ansieht, sind nicht schlüssig. Er ist bei seiner zeitlichen Bewertung von den Angaben der Klägerin ausgegangen und hat den Zeitaufwand bei Selbstvornahme, bspw. 30 Minuten
Haarewaschen, 25 Minuten Baden und 20 Minuten Duschen zugrundegelegt. Es sind jedoch nicht die tatsächlichen Zeiten bei Selbstvornahme, sondern die Zeiten, die eine nicht berufsmäßige Pflegeperson benötigt, in diesem Rahmen zu berücksichtigen.
Insbesondere Dr. B hat sich demgegenüberausführlich und nachvollziehbar mit der gesundheitlichen Situation der Klägerin auseinandergesetzt und nochmals schlüssig begründet, warum die Voraussetzungen für die Anerkennung der Pflegestufe I nicht vorliegen. Dem schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an.
Die Einwände der Klägerin gegen die Gutachten, insbesondere das Gutachten der Dr. B, vermögen nicht zu überzeugen. Die Sachverständige hat das Vorhandensein von Gleichgewichtsstörungen nicht in Abrede gestellt. Jedoch beeinträchtigen diese die Klägerin insbesondere beim Verlassen der Wohnung. Hilfe beim Verlassen der Wohnung ist aber allenfalls bei den hauswirtschaftlichen Verrichtungen und im Bereich der Grundpflege für Arztbesuche zu berücksichtigen, wenn diese mindestens wöchentlich erfolgen. Dies ist bei der Klägerin nicht der Fall. Unerheblich ist, ob die Klägerin sich schnell oder langsam das Hemd ausgezogen hat, jedenfalls stellt sie nicht in Abrede, dass sie noch selbstständig das Hemd ausziehen kann.
Der Senat hat auch keine Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Normen der Pflegeversicherung, insbesondere an dem Erfordernis der Mindestzeit im Bereich der
Grundpflege. Dies verstößt nicht gegen Art. 3 GG.
Art. 3 Abs. 1 GG gebietet es, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln, verbietet aber nicht jegliche Differenzierung. Das Grundrecht ist dann verletzt, wenn der Gesetzgeber eine Gruppe von Normadressaten anders als eine andere behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Bei der notwendigen Grenzziehung, welche tatsächlichen Gegebenheiten die Leistungspflicht der sozialen Pflegeversicherung auslösen oder erhöhen, kommt dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Geht es wie hier darum, die leistungsrechtlichen Grundentscheidungen eines Sozialleistungssystems festzulegen, sind vorwiegend sozialpolitische Entscheidungen grundsätzlicher Art zu treffen. Diese ist hinzunehmen, solange die Erwägungen des Gesetzgebers weder offensichtlich fehlerhaft noch mit der Wertordnung des Grundgesetzes unvereinbar sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 2003. Az. 1 BvR 452/99, Rdnr. 17, zit. nach juris).
Die Pflegeversicherung wollte nach dem Ansatz des Gesetzgebers keine Vollversorgung der Pflegebedürftigen sicherstellen. Wenn ein Sozialleistungssystem jedoch ohnehin nur die Teilabsicherung eines Risikos bewirken soll (vgl. zur Begrenzung der Höhe der Leistungen BVerfGE 103, 242 (244); BTDrucks 12/5262, S. 90) und Lücken im Leistungskatalog unter bestimmten Voraussetzungen teilweise anderweitig geschlossen werden können, hier bspw. durch die Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII, ist die gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit besonders groß (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 2003. Az. 1 BvR 452/99, Rdnr.18, zit. nach juris). Der Gesetzgeber hat sich im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit entscheiden, dass nur dann Leistungen aus der Pflegeversicherung gewährt werden, wenn ein gewisser Bedarf im Bereich der Grundpflege besteht. Diese Ausgestaltung ist im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden, denn der Gesetzgeber hat deutlich gemacht, dass er der dauerhaften Finanzierbarkeit von Pflegeleistungen zu vertretbaren Beitragssätzen überragende Bedeutung einräumt (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24. Juli 2002, Az. L 3 P 33/01, Rdnr. 21, zit. nach juris). Die Leistungsstruktur, welche die soziale Pflegeversicherung durch diese Grenzziehung erhalten hat, wird auch im Übrigen verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht. Innerhalb der Ausformung der Leistungstatbestände in der sozialen Pflegeversicherung eröffnet sich für jeden Versicherten prinzipiell die gleiche Möglichkeit, Versicherungsleistungen zu erhalten. Das Risiko, bei den in § 14 Abs. 4 SGB XI genannten Verrichtungen irgendwann im Laufe des Lebens Hilfe zu benötigen, besteht für alle Versicherten grundsätzlich in gleichem Maß (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 2003. Az. 1 BvR 452/99, Rdnr. 23 f., zit. nach juris). Es ist auch nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber systemwidrig und inkonsequent vorgegangen ist. Die gesetzlichen Kriterien, die für den Versicherungsfall maßgebend sind, orientieren sich am Zweck der sozialen Pflegeversicherung und werden dem Problem der Betreuung und Unterstützung pflegebedürftiger Menschen vom Grundsatz her gerecht. Ob der Gesetzgeber dabei die allerbeste Lösung gewählt hat, ist nicht zu entscheiden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 2003. Az. 1 BvR 452/99, Rdnr.25, zit. nach juris).
Darüber hinaus ist anzumerken, dass die Klägerin nach dem schlüssigen Gutachten der Dr. B auch bei Berücksichtigung des gesamten Pflegbedarfs nicht den für Pflegestufe I maßgeblichen Hilfebedarf von 90 Minute erfüllt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens in der Hauptsache.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe gemäß § 160 Absatz 2 SGG nicht gegeben sind.
Tatbestand:
Die Klägerin erstrebt die Gewährung von Leistungen der Pflegeversicherung nach dem Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) in Form eines Pflegegeldes der Pflegestufe I von der Beklagten.
Die 1936 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich pflegepflichtversichert. Bei ihr sind ein Grad der Behinderung (GdB) von 60 sowie das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "RF" festgestellt. Sie ist Altersrentnerin.
Die Klägerin beantragte am 19. März 2009 bei der Beklagten die Gewährung von Leistungen bei Pflegebedürftigkeit in Form eines Pflegegeldes. Die Pflege könne durch Bekannte in geeigneter Weise und ausreichendem Umfang sichergestellt werden. Die Beklagte ließ den Umfang der Pflegebedürftigkeit der Klägerin daraufhin vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) begutachten. Die Pflegefachkraft T stellte in ihrem Gutachten vom 17. Juli 2009 nach einem Hausbesuch bei der Klägerin am 16. Juli 2009 aufgrund bei dieser bestehender degenerativer Wirbelsäulen- und Rückenveränderungen und Adipositas einen Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege im Umfang von 15 Minuten am Tag (neun Minuten Körperpflege für Teilübernahmen beim Waschen des Rückens und beim einmal wöchentlichen Waschen der Haare sowie sechs Minuten Mobilität für Teilübernahmen beim An- und Auskleiden von Strümpfen und beim Wannentransfer) und im Bereich der Hauswirtschaft im Wochendurchschnitt im Umfang von 60 Minuten am Tag fest. Unter Bezugnahme auf diese Feststellungen lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Leistungen bei Pflegebedürftigkeit mit Bescheid vom 9. September 2009 mit der Begründung ab, die Klägerin erfülle die gesetzlichen Voraussetzungen der Pflegestufe I nicht, da bei ihr kein Grundpflegebedarf von mehr als 45 Minuten täglich bestehe. Dagegen legte die Klägerin am 5. Oktober 2009 unter Vorlage von Attesten ihrer behandelnden Ärzte Widerspruch ein. Sie leide an hochgradiger, an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit. Sie könne sich wegen verschiedener Beschwerden nicht selbst versorgen. Sie könne nicht allein einkaufen und auch ihren Haushalt nicht täglich allein in Ordnung halten. Bei der Körperpflege benötige sie Hilfe beim Duschen, Haarewaschen, Ankleiden und der Fußpflege. Sie wasche ca. alle 2 Tage ihre Haare, da sie nachts schwitze. Eine ordentliche Haarwäsche dauere mindestens 30 Minuten. Die Bekannte pflege sie ca. 16 Stunden in der Woche. Beim Duschen und Rückenwaschen benötige sie täglich Hilfe von mindestens 30 Minuten. Die Pflegefachkraft T hielt in einer ergänzenden Stellungnahme vom 1. November 2009 an ihrer Einschätzung des Hilfebedarfs fest und führte aus, dass selbst unter Berücksichtigung der von der Klägerin angegebenen Pflegezeiten keine Pflegebedürftigkeit im Sinne des SGB XI vorliege. Der MDK empfahl im Anschluss daran in einer Stellungnahme nach Aktenlage vom 3. November 2009, den Widerspruch zurückzuweisen. Die Beklagte wies daraufhin den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 5. Mai 2010 zurück.
Die Klägerin hat am 26. Mai 2010 Klage vor dem Sozialgericht Berlin erhoben, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt. Das Sozialgericht hat zunächst einen Befundbericht des die Klägerin behandelnden Internisten Dr. T vom 15. Oktober 2010 eingeholt, in dem dieser angibt, dass die Klägerin nach seiner Sicht keinen Hilfebedarf bei den Verrichtungen des täglichen Lebens habe. Weiterhin holte das Gericht einen Befundbericht des behandelnden Orthopäden Dr. R vom 5. November 2010 ein, der erklärte, dass er nicht beurteilen könne, ob die Klägerin Hilfe benötige. Sie habe Schwierigkeiten beim Treppensteigen und Gehen in Folge von Gleichgewichtsstörungen und Arthrose im Kniegelenk. Im Anschluss daran hat das Sozialgericht auf Antrag der Klägerin Beweis erhoben über den Umfang der Pflegebedürftigkeit der Klägerin durch Einholung eines Sachverständigengutachtens bei dem von der Klägerin benannten Gutachter Dr. B. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 1. Oktober 2011 nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 23. September 2010 einen deutlichen Verschleiß der Lendenwirbelsäule, einen mäßigen Verschleiß der Halswirbelsäule, einen beginnenden
Verschleiß des rechten Kniegelenks, einen Verdacht auf Morbus Ahlbäck, einen Zustand nach einer Gallenblasenoperation im Februar 2009, Schwindel und Gleichgewichtsstörungen, einen totalen Hörverlust auf dem linken Ohr, einen schweren Hörverlust auf dem rechten Ohr, Bluthochdruck, Atemnot, einen Zustand nach einer Nasenoperation, einen Knie-Senk-Fuß und eine mäßige Skoliose diagnostiziert. Er beschreibt einen daraus resultierenden Grundpflegebedarf im Umfang von 30 Minuten am Tag (im Bereich der Körperpflege in Form von Teilübernah-men beim Waschen/Baden/Duschen/Kämmen: 25 Minuten; im Bereich der Ernährung: 0 Minuten; im Bereich der Mobilität in Form von Teilübernahmen beim An- und Auskleiden: fünf Minuten) und einen Bedarf an hauswirtschaftlicher Hilfe im Umfang von 62 Minuten am Tag im Wochendurchschnitt.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 25. April 2012 abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass die Klägerin nach der durchgeführten medizinischen Sachaufklärung die Voraussetzungen für die Bewilligung eines Pflegegeldes der Pflegestufe I nicht erfülle.
Die Klägerin hat gegen das Urteil am 4. Juni 2012 Berufung zum Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt. Das Sachverständigengutachten sei nicht in allen Punkten richtig. Zwischenzeitlich sei es auch zu einer Verschlimmerung des Knieleidens gekommen. Ein selbständiges Aufstehen sei nicht mehr möglich und sie benötige Hilfe beim Wasserlassen und Stuhlgang.
Der Beklagte hat aufgrund dieser vorgetragenen Verschlimmerung nochmals den Umfang der Pflegebedürftigkeit der Klägerin daraufhin vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) begutachten lassen. Die Pflegefachkraft S hat in ihrem Gutachten vom 1. November 2012 aufgrund ihres Hausbesuches bei der Klägerin am 30. Oktober 2012 ausgeführt, dass bei der Klägerin pflegebegründend Kniegelenksbeschwerden rechts bei Meniskusläsion und Chondropathie und Störungen des Ganges und der Mobilität vorliegen. Die Pflegefachkraft S beschreibt bei der Klägerin einen Grundpflegebedarf im Umfang von 23 Minuten und einen Bedarf an hauswirtschaftlicher Hilfe im Umfang von 34 Minuten. Dabei benötige die Klägerin bei der viermal wöchentlichen Ganzkörperwäsche und beim dreimal wöchentlichen Baden Hilfe in Form von Teilübernahmen beim Waschen der Füße und des Rückens sowie Teilhilfen beim zweimal wöchentlichen Haarewaschen. Im Bereich der Ernährung bestehe kein Hilfebedarf. Die Klägerin benötige jedoch Hilfe beim An- und Ausziehen der Strümpfe, Schuhe und Hoseneinstieg, wofür die Gutachterin sechs Minuten am Tag als notwendig erachtet, und beim
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens durch die Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. B. Diese stellte im Gutachten vom 8. Februar 2013 nach Untersuchung und Befragung der Klägerin in häuslicher Umgebung am 7. Februar 2013 fest, dass die Klägerin unter Abnutzungserscheinungen des Skelettsystems, insbesondere des rechten Knies, Schwerhörigkeit rechtsseitig und Taubheit linksseitig, Kreislaufregulationsstörungen und Übergewicht leide. Sie benötige Unterstützung beim Setzen auf den Badewannenlift und bei dessen Bedienung, beim Säubern des Rückens, der Füße und beim Haarewaschen. Wenn die Klägerin nicht bade, erhalte sie situative Hilfen beim selbständigen Waschen am Waschbecken. Insgesamt belaufe sich der Hilfebedarf für die Körperpflege auf 10 Minuten täglich. Die Klägerin benötige auch Hilfe beim Schließen des Büstenhalters und Anziehen der zeitweise getragenen Stützstrümpfe und von Strumpfhosen. Hierfür seien 5 Minuten täglich zu berücksichtigen. Für die hauswirtschaftlichen Verrichtungen betrage der Hilfebedarf täglich 45 Minuten.
Die Klägerin trägt vor, durch die Strukturierung der gesetzlichen Vorschrift, wonach die Pflegestufe nicht bejaht werde, wenn der Schwerpunkt der erforderlichen Versorgungsleistungen in lediglich einem Bereich – wie bei der Klägerin im Bereich der Hauswirtschaft - liege, werde der Gleichheitsgrundsatz verletzt. Sie trägt hinsichtlich des Gutachtens vor, dass sie nicht nur behaupte, an Gleichgewichtsstörungen zu leiden, sondern dies durch Ärzte diagnostiziert worden sei. Ihre Nase sei auch nicht unauffällig, sondern nach dem Sturz auffällig groß. Sie habe sich bei der Begutachtung auch nicht rasch ausgezogen und habe im Sitzen nicht zu den Füßen fassen können.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. April 2012 aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 9. September 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Mai 2010 zu verurteilen, der Klägerin ab dem 19. März 2009 Leistungen der Pflegeversicherung in Form eines Pflegegeldes der Pflegestufe I zu
gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.
Dem Senat haben die Verwaltungsvorgänge der Beklagten vorgelegen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze, das Protokoll und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 144 Absatz 1 SGG, in der Sache jedoch nicht begründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung in Form eines Pflegegeldes der Pflegestufe I gegen die Beklagte. Der Bescheid der Beklagten vom 9. September 2009 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 5. Mai 2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Nach § 37 SGB XI setzt der Anspruch auf Gewährung von Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfe nach der Pflegestufe I unter anderem voraus, dass der Anspruchssteller pflegebedürftig ist und der Pflegestufe I zugeordnet werden kann. Pflegebedürftigkeit liegt hierbei nach § 14 Absatz 1 SGB XI vor, wenn der Betroffene wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate in erheblichen oder höheren Maße der Hilfe bedarf, die nach § 14 Absatz 3 SGB XI in der Unterstützung, in der teilweisen oder vollständigen Übernahme der Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens oder in der Beaufsichtigung oder Anleitung mit dem Ziel der eigenständigen Übernahme dieser Verrichtungen besteht. Als gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen im vorgenannten Sinne gelten nach § 14 Absatz 4 SGB XI im Bereich der Körperpflege, der neben den Bereichen der Ernährung und der Mobilität zur Grundpflege gehört, das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren und die Darm- oder Blasenentleerung, im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung, im Bereich der Mobilität das selbstständige Aufstehen und das Zu-Bett-Gehen, das An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung sowie im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung, das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung oder das Beheizen.
Die Zuordnung zur Pflegestufe I setzt nach § 15 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, Absatz 3 Satz 1 Nr. 1 SGB XI voraus, dass der Betroffene bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedarf und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, hat hierbei wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens 90 Minuten zu betragen, wobei auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen müssen.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Der Grundpflegebedarf der Klägerin beträgt wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der streitgegenständlichen Zeit seit dem März 2009 nicht mehr als 45 Minuten. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat aufgrund der Feststellungen der Sachverständigen Dr. B in ihrem Gutachten vom 8. Februar 2013 und der Gutachten des MDK. Nach deren im Wesentlichen übereinstimmenden Feststellungen besteht bei der Klägerin ein Hilfebedarf im Bereich der Körperpflege und der Mobilität, der jedoch mit insgesamt 23 bzw. 15 Minuten im Tagesdurchschnitt erheblich unter dem pflegestufenerheblichen Umfang bleibt.
Die Gutachter stellen übereinstimmend einen Pflegebedarf beim Waschen des Rückens und der Füße, Haarewaschen und beim An- und Ausziehen der Strümpfe fest. Zwar variiert die zeitliche Bewertung insbesondere des benötigten Zeitaufwandes für das Waschen zwischen den Gutachten. Dies beruht jedoch vornehmlich darauf, dass von einer unterschiedlichen Häufigkeit des Duschens bzw. Badens und der Ganzkörperwäsche am Waschbecken ausgegangen wird. Darüber hinaus ist eine Erhöhung insoweit festzustellen, dass im Jahre 2009 wohl ein Waschen der Füße noch möglich war, während hier ebenso wie beim Schließen des BHs nunmehr ein Hilfebedarf besteht.
Die Ausführungen des Dr. B der jedoch auch die Voraussetzungen der Pflegestufe I nicht als erfüllt ansieht, sind nicht schlüssig. Er ist bei seiner zeitlichen Bewertung von den Angaben der Klägerin ausgegangen und hat den Zeitaufwand bei Selbstvornahme, bspw. 30 Minuten
Haarewaschen, 25 Minuten Baden und 20 Minuten Duschen zugrundegelegt. Es sind jedoch nicht die tatsächlichen Zeiten bei Selbstvornahme, sondern die Zeiten, die eine nicht berufsmäßige Pflegeperson benötigt, in diesem Rahmen zu berücksichtigen.
Insbesondere Dr. B hat sich demgegenüberausführlich und nachvollziehbar mit der gesundheitlichen Situation der Klägerin auseinandergesetzt und nochmals schlüssig begründet, warum die Voraussetzungen für die Anerkennung der Pflegestufe I nicht vorliegen. Dem schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an.
Die Einwände der Klägerin gegen die Gutachten, insbesondere das Gutachten der Dr. B, vermögen nicht zu überzeugen. Die Sachverständige hat das Vorhandensein von Gleichgewichtsstörungen nicht in Abrede gestellt. Jedoch beeinträchtigen diese die Klägerin insbesondere beim Verlassen der Wohnung. Hilfe beim Verlassen der Wohnung ist aber allenfalls bei den hauswirtschaftlichen Verrichtungen und im Bereich der Grundpflege für Arztbesuche zu berücksichtigen, wenn diese mindestens wöchentlich erfolgen. Dies ist bei der Klägerin nicht der Fall. Unerheblich ist, ob die Klägerin sich schnell oder langsam das Hemd ausgezogen hat, jedenfalls stellt sie nicht in Abrede, dass sie noch selbstständig das Hemd ausziehen kann.
Der Senat hat auch keine Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Normen der Pflegeversicherung, insbesondere an dem Erfordernis der Mindestzeit im Bereich der
Grundpflege. Dies verstößt nicht gegen Art. 3 GG.
Art. 3 Abs. 1 GG gebietet es, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln, verbietet aber nicht jegliche Differenzierung. Das Grundrecht ist dann verletzt, wenn der Gesetzgeber eine Gruppe von Normadressaten anders als eine andere behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Bei der notwendigen Grenzziehung, welche tatsächlichen Gegebenheiten die Leistungspflicht der sozialen Pflegeversicherung auslösen oder erhöhen, kommt dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Geht es wie hier darum, die leistungsrechtlichen Grundentscheidungen eines Sozialleistungssystems festzulegen, sind vorwiegend sozialpolitische Entscheidungen grundsätzlicher Art zu treffen. Diese ist hinzunehmen, solange die Erwägungen des Gesetzgebers weder offensichtlich fehlerhaft noch mit der Wertordnung des Grundgesetzes unvereinbar sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 2003. Az. 1 BvR 452/99, Rdnr. 17, zit. nach juris).
Die Pflegeversicherung wollte nach dem Ansatz des Gesetzgebers keine Vollversorgung der Pflegebedürftigen sicherstellen. Wenn ein Sozialleistungssystem jedoch ohnehin nur die Teilabsicherung eines Risikos bewirken soll (vgl. zur Begrenzung der Höhe der Leistungen BVerfGE 103, 242 (244); BTDrucks 12/5262, S. 90) und Lücken im Leistungskatalog unter bestimmten Voraussetzungen teilweise anderweitig geschlossen werden können, hier bspw. durch die Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII, ist die gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit besonders groß (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 2003. Az. 1 BvR 452/99, Rdnr.18, zit. nach juris). Der Gesetzgeber hat sich im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit entscheiden, dass nur dann Leistungen aus der Pflegeversicherung gewährt werden, wenn ein gewisser Bedarf im Bereich der Grundpflege besteht. Diese Ausgestaltung ist im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden, denn der Gesetzgeber hat deutlich gemacht, dass er der dauerhaften Finanzierbarkeit von Pflegeleistungen zu vertretbaren Beitragssätzen überragende Bedeutung einräumt (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24. Juli 2002, Az. L 3 P 33/01, Rdnr. 21, zit. nach juris). Die Leistungsstruktur, welche die soziale Pflegeversicherung durch diese Grenzziehung erhalten hat, wird auch im Übrigen verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht. Innerhalb der Ausformung der Leistungstatbestände in der sozialen Pflegeversicherung eröffnet sich für jeden Versicherten prinzipiell die gleiche Möglichkeit, Versicherungsleistungen zu erhalten. Das Risiko, bei den in § 14 Abs. 4 SGB XI genannten Verrichtungen irgendwann im Laufe des Lebens Hilfe zu benötigen, besteht für alle Versicherten grundsätzlich in gleichem Maß (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 2003. Az. 1 BvR 452/99, Rdnr. 23 f., zit. nach juris). Es ist auch nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber systemwidrig und inkonsequent vorgegangen ist. Die gesetzlichen Kriterien, die für den Versicherungsfall maßgebend sind, orientieren sich am Zweck der sozialen Pflegeversicherung und werden dem Problem der Betreuung und Unterstützung pflegebedürftiger Menschen vom Grundsatz her gerecht. Ob der Gesetzgeber dabei die allerbeste Lösung gewählt hat, ist nicht zu entscheiden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 2003. Az. 1 BvR 452/99, Rdnr.25, zit. nach juris).
Darüber hinaus ist anzumerken, dass die Klägerin nach dem schlüssigen Gutachten der Dr. B auch bei Berücksichtigung des gesamten Pflegbedarfs nicht den für Pflegestufe I maßgeblichen Hilfebedarf von 90 Minute erfüllt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens in der Hauptsache.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe gemäß § 160 Absatz 2 SGG nicht gegeben sind.
Rechtskraft
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