L 2 AS 470/11

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 22 AS 486/07
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AS 470/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 26. September 2011 abgeändert und der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Sonderrechtsnachfolger seiner verstorbenen Ehefrau für den Zeitraum vom 17. Oktober 2006 bis zum 11. April 2007 Arbeitslosengeld II in gesetzlicher Höhe unter Anrechnung von Vermögen nur für den Zeitraum vom 17. Oktober 2006 bis zum 31. Oktober 2006 in Höhe von 61,20 EUR zu gewähren.

Die Berufungen werden im Übrigen zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Klage- und des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren nur noch darüber, ob Ansprüche der am 13. Juli 2009 verstorbenen Ehefrau des Klägers auf Arbeitslosengeld II (Alg II) als Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für die Zeit vom 17. Oktober 2006 bis zum 11. April 2007 auf den Kläger als Sonderrechtsnachfolger übergegangen sind.

Im streitigen Zeitraum lebten der Kläger, seine Ehefrau und der am ... 1985 geborene gemeinsame Sohn T. zusammen in einer 71,74 qm großen Wohnung in S. Nach dem Vertrag mit dem Vermieter waren für die Unterkunft im streitigen Zeitraum im Monat Oktober 2006 insgesamt 339,01 EUR (204,64 EUR Grundmiete, 0,80 EUR Modernisierungszuschlag, 43,57 EUR Betriebskostenvorauszahlung und 90,00 EUR Heizkostenvorauszahlung) und ab November 2006 wegen einer auf 85,00 EUR im Monat verringerten Heizkostenvorauszahlung nur noch monatlich 334,01 EUR für Unterkunft und Heizung zu zahlen. Die Warmwasseraufbereitung erfolgte dezentral in der Wohnung über einen separaten Durchlauferhitzer.

Der Kläger, seine Ehefrau und ihr gemeinsamer Sohn hatten als Bedarfsgemeinschaft erstmals am 19. November 2004 für die Zeit ab dem 1. Januar 2005 die Bewilligung von Alg II beantragt. Diesen und auch einen am 4. Juli 2005 gestellten Leistungsantrag lehnt die ARGE SGB II Agentur für Arbeit S./Landkreis S. (im Folgenden: ARGE) als die damals für die Entscheidung über die Erbringung von Grundsicherungsleistungen für die Leistungsträger handelnde Verwaltungseinheit wegen mangelnder Hilfebedürftigkeit infolge anzurechnenden Vermögens ab. Der Beklagte ist der Rechtsnachfolger der ARGE.

Am 17. Oktober 2006 stellte der Kläger für sich, seine Ehefrau und den Sohn T. einen neuen Antrag auf Bewilligung von Alg II bei der ARGE.

Der Kläger war ab dem 6. November 2006 in einer geförderten Maßnahme als Lagerarbeiter beschäftigt und erzielte daraus Arbeitsentgelt in Höhe von 750,00 EUR brutto bzw. 613,11 EUR netto für den Monat November 2006 und in Höhe von monatlich 900,00 EUR brutto bzw. 735,50 EUR netto für den Monat Dezember 2006 und ab Januar 2007 in den restlichen Monaten des streitigen Zeitraums jeweils in Höhe von 900,00 EUR brutto bzw. 727,85 EUR netto. Dabei erfolgte die erste Überweisung des Arbeitsentgelts für den Monat November 2006 im Dezember 2006 und die weiteren Überweisungen erfolgten jeweils zu Beginn des Folgemonats.

Die Ehefrau des Klägers erzielte im streitigen Zeitraum Einkommen aus einer geringfügigen Beschäftigung (ohne Abzüge) in Höhe von: Jeweils 112,00 EUR im Oktober und November 2006, 140,00 EUR im Dezember 2006, 112,00 EUR im Januar 2007, jeweils 140,00 EUR im Februar und März 2007 und 112,00 EUR im April 2007. Die Überweisungen des Arbeitsentgelts für die einzelnen Monate erfolgten jeweils am Anfang des Folgemonats.

Für den Sohn T. wurde in den Monaten Oktober, November und Dezember 2006 und von Februar bis April 2007 Kindergeld in Höhe von 154,00 EUR gezahlt. Im Januar 2007 erhielt der Sohn Wehrsold in Höhe von 272,55 EUR (und kein Kindergeld).

Der Kläger und seine Ehefrau waren gemeinsam berechtigte Gläubiger einer Spareinlage (Sparbrief) bei der Kreissparkasse S. über 17.000,00 EUR. Die Einlage war am 11. August 2006 erfolgt. Bei dreimonatiger Kündigungsfrist bestand eine Kündigungssperre von neun Monaten ab dem Anlagedatum.

Zum Zeitpunkt der Antragstellung am 17. Oktober 2006 wies das Girokonto des Klägers und seiner Ehefrau einen positiven Saldo von 1.511,20 EUR aus. Dieses Girokonto wies am 24. November 2006 noch einen positiven Saldo von 391,89 EUR aus.

Der Kläger war Eigentümer eines Ende Dezember 2000 für 8.000,00 DM von zwei Mitgliedern einer vierköpfigen Erbengemeinschaft erworbenen hälftigen Miteigentumsanteils eines im Grundbuch von S. eingetragenen Grundstücks. In einem Verkehrswertgutachten des Gutachterausschusses für Grundstückswerte für den Regionalbereich Saale-Unstrut des Landesamtes für Vermessung und Geoinformation Sachsen-Anhalt (= Gutachterausschuss) vom März 2008 wurde der Verkehrswert des Grundstücks mit 8.000,00 EUR ermittelt. In dem Gutachten wird u. a. ausgeführt: Es sei eine Grundfläche von ca. 6280 qm zu berücksichtigen. Erholungsgrundstücke dieser Größe seien äußerst schlecht zu vermarkten. Eine Teilung in kleinere Flächen sei mit hohem Kostenaufwand verbunden. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 7. Juni 2011 des Landesamts für Vermessung und Geoinformation zu dem Gutachten wird ausgeführt: Das Grundstück werde nach der Liegenschaftskarte theoretisch über öffentliche Wege erschlossen. Es sei aber nicht ausgeschlossen, dass sich faktisch eine andere Zuwegung gebildet habe. Bei der Wertermittlung sei von Kaufpreisen der letzen Jahre für Grundstücke ausgegangen worden, deren Fläche im Durchschnitt 1.250 qm betragen habe.

Die Ehefrau des Kläger war Berechtigte aus einem Lebensversicherungsvertrag mit einem Rückkaufswert zum 1. Dezember 2006 von 4.533,80 EUR, wobei die Verwertung der Ansprüche aus der Lebensversicherung unwiderruflich vertraglich bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres ausgeschlossen war. Der Kläger war ebenfalls Berechtigte aus einem Lebensversicherungsvertrag mit einem Rückkaufswert zum 10. August 2004 von 3.878,89 EUR, wobei die Verwertung der Ansprüche aus der Lebensversicherung unwiderruflich vertraglich bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres ausgeschlossen war. Der Kläger war zudem Eigentümer und Halter eines Pkw Honda Civic mit Erstzulassung im Juni 1996, dessen Händlereinkaufswert im Februar 2005 mit 2.850,00 EUR eingeschätzt wurde. Für das Fahrzeug war im Jahr 2006 eine Haftpflichtversicherung von 124,07 EUR zu zahlen.

Mit Bescheid vom 6. November 2006 lehnte die ARGE die Bewilligung von Leistungen mit der Begründung ab, es liege nach Abzug der Freibeträge zu berücksichtigendes Vermögen in Höhe von 4.901,54 EUR vor, so dass keine Hilfebedürftigkeit vorliege.

Hiergegen erhob der Kläger für sich und die anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft Widerspruch und führte aus: Die Berechnung des Schonvermögens sei rechnerisch falsch. Das Vermögen basiere auf einer Schmerzensgeldzahlung: Es liege ein Härtefall vor. Ein Darlehen werde nicht gewünscht. Den Widerspruch wies die ARGE mit Widerspruchsbescheid vom 25. Januar 2007 als unbegründet zurück.

Der Kläger hat am 15. Februar 2007 für sich und die anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft Klage beim Sozialgericht Halle (SG) erhoben und zur Begründung ausgeführt: Das noch vorhandene Vermögen stamme aus einer Schmerzensgeldzahlung. Der der älteste Sohn der Familie (ein leiblicher Sohn seiner Ehefrau und Stiefsohn von ihm) habe im Juni 1992 einen schweren Verkehrsunfall erlitten. Dieser Sohn habe danach sechs Jahre lang im Wachkoma gelegen, bevor er gestorben sei. Das für den geschädigten Sohn erstrittene Schmerzensgeld habe dann seine Frau geerbt. Von diesem Geld sei auch das ihm gehörende Grundstück erworben worden.

Am 12. April 2007 hat der Kläger für sich und die anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft einen neuen Leistungsantrag bei der ARGE gestellt.

Nach dem Tod seiner Ehefrau am 13. Juli 2009 hat der Kläger erklärt, das Verfahren auch als Sonderrechtsnachfolger für seine verstorbene Ehefrau fortzuführen. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 26. September 2011 hat der Kläger die in dem Klageverfahren geltend gemachten Leistungsansprüche jeweils auf die Zeit vom 17. Oktober 2006 bis zum 11. April 2007 (dem Tag vor der Stellung des neuen Leistungsantrags) begrenzt.

Das SG hat der Klage mit Urteil vom 26. Oktober 2011 weitgehend stattgegeben und den Beklagten bei Aufhebung des Bescheides vom 8. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Januar 2007 verurteilt, dem Kläger und dessen Sohn T. sowie dem Kläger als Sonderrechtsnachfolger für seine verstorbene Ehefrau Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts jeweils für die Zeit ab dem 18. Oktober 2006 ohne Anrechnung von Vermögen zu gewähren. In den Gründen hat das SG ausgeführt: Der Kläger könne Ansprüche auch als Sonderrechtsnachfolger für seine verstorbene Ehefrau geltend machen. Die Sonderrechtsnachfolge sei nicht durch das Bedarfsdeckungsprinzip ausgeschlossen. Als Vermögenswerte seien das Guthaben aus dem Sparbrief und das Guthaben auf dem Girokonto zu berücksichtigen. Eine besondere Härte liege insofern nicht vor. Die Lebensversicherungen seien verwertungsgeschütztes Vermögen. Der Miteigentumsanteil des Klägers an dem Grundstück sei prognostisch nicht innerhalb von sechs Monaten zu verwerten. Dies ergebe sich aus dem sehr eingeschränkten Käuferkreis und der Notwendigkeit einer Auflösung der vorhandenen Eigentümergemeinschaft. Auch sei für das Grundstück kein öffentliches Wegerecht eingetragen. Es ergebe sich ein über dem Freibeträgen liegendes Vermögen von 61,20 EUR, welches für den Bedarf für den 17. Oktober 2006 zu berücksichtigen und ab dem 18. Oktober 2006 als verbraucht anzusehen sei.

Gegen das ihm am 21. Oktober 2011 zugestellte Urteil hat zunächst nur der Beklagte am 16. November 2011 Berufung eingelegt und diese darauf beschränkt, dass angefochtene Urteil aufzuheben, soweit danach Leistungen an den Kläger als Sonderrechtsnachfolger für seine verstorbene Ehefrau zu erbringen sind. Zur Begründung hat der Beklagte ausgeführt: Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) seien Ansprüche auf Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) grundsätzlich nicht vererbbar gewesen. Dies sei damit begründet worden, dass es sich bei der Sozialhilfe um eine von einer gegenwärtigen konkreten Notlage ausgelöste Nothilfe aus steuerlichen Mitteln handele und dass der verfolgte Zweck einer Abhilfe der Notlage der oder des Bedürftigen nach deren oder dessen Tod nicht mehr zu erreichen sei. Diese Grundsätze seien auch auf Ansprüche nach dem SGB II zu übertragen.

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 25. Juli 2013 eine unselbständige Anschlussberufung erhoben.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 26. September 2011 aufzuheben, soweit danach Leistungen für den Kläger als Sonderrechtsnachfolger seiner verstorbenen Frau zu erbringen sind.

Weiter beantragt der Beklagte,

die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen und das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 26. September 2011 insoweit abzuändern, das ihm als Sonderrechtsnachfolger seiner verstorbenen Ehefrau Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts auch für den 17. Oktober 2006 gewährt werden.

Er verweist darauf, dass die zitierte Rechtsprechung des BVerwG überholt sei. Für die Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch des Sozialgesetzbuches – Sozialhilfe (SGB XII) habe das Bundessozialgericht (BSG) entschieden, dass die weitgehend pauschalierte Leistung auch für vergangene Zeiten nachzuzahlen sei (BSG, Urteil vom 16.10.2007 – B 8/9b SO 8/06 R). Insoweit sei auch eine Rechtsnachfolge möglich. Dies gelte auch für die Leistungen nach dem SGB II.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten ist nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Die Berufung des Beklagten ist aber nur insoweit begründet, als zu berücksichtigendes Vermögen in Höhe von 61,20 EUR anders als vom SG festgestellt, nicht durch eine Berücksichtigung für den 17. Oktober 2006 als verbraucht anzusehen ist, sondern beim Leistungsanspruch für die Zeit vom 17. Oktober 2006 bis zum 31. Oktober 2006 zu berücksichtigen ist. Aus diesem Grund ist auch die vom Kläger erhobene Anschlussberufung erfolgreich, weil unter der Maßgabe der Vermögensanrechnung im aufgezeigten Umfang auch ein Leistungsanspruch für den 17. Oktober 2006 und nicht erst wie vom SG festgestellt ab dem 18. Oktober 2008 besteht.

Das SG hat verfahrensrechtlich zulässig und in der Sache richtig mit einem Grundurteil nach § 130 Abs. 1 SGG festgestellt, das für den streitigen Zeitraum ein Anspruch der verstorbenen Ehefrau des Klägers auf Alg II bestand, der auf den Kläger als Sonderrechtsnachfolger gemäß § 56 Abs. 1 Nr. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil (SGB I) übergegangen ist.

Es bestehen keine Gründe, daran zu zweifeln, dass bei der am ... 1954 geborenen und am ... 2009 verstorbenen Ehefrau des Klägers im streitigen Zeitraum 17. Oktober 2006 bis zum 11. April 2007 die Voraussetzungen für Ansprüche auf Leistungen nach dem SGB II gemäß § 7 Abs. 1 SGB II vorlagen, weil sie das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht hatte, erwerbsfähig war, ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hatte und auch hilfebedürftig war.

Im Einzelnen ergeben sich nach der Berechnung des Senats für alle Monate des streitigen Zeitraums Ansprüche der verstorbenen Ehefrau des Klägers. Dabei geht der Senat von Folgendem aus:

Für den Monat Oktober 2006 ergibt sich für die Zeit ab dem 17. Oktober 2006 ein Bedarf der Ehefrau des Klägers von 197,86 EUR. Dabei ist als Regelleistung nach § 20 Abs. 3 SGB II im Falle der Ehefrau des Klägers ein Betrag in Höhe von 90 % des sogenannten Eckregelsatzes für allein stehende erwerbstätige Hilfebedürftige nach § 20 Abs. 2 SGB II in der Fassung durch das Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24. März 2006 (BGBl. I, S. 588) zu berücksichtigen, weil der Kläger mit seiner Ehefrau in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebte und mit ihr eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe a SGB II bildete. Für den streitigen Zeitraum ergibt sich deshalb ein monatlicher Regelbedarf von 311,00 EUR. Hinzu kommt für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II für die Ehefrau des Klägers 1/3 der tatsächlichen Aufwendungen von 339,01 EUR, also 113,00 EUR bezogen auf den Monat Oktober 2006. Von diesem Monatsbedarf in Höhe von insgesamt 424,00 EUR entfallen auf die Zeit ab dem 17. Oktober 2006 für 14 Tage anteilig 197,86 EUR.

Für die Feststellung der Hilfebedürftigkeit der Ehefrau des Klägers ist auch anzurechnendes Einkommen zu berücksichtigen. Sie erzielte im Monat Oktober 2006 Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit in Höhe von 112,00 EUR. Davon ist ein Betrag in Höhe von 100,00 EUR nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II in der Fassung durch das Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24. März 2006 (BGBl. I, S. 588) abzusetzen und nach § 30 SGB II ebenfalls in der Fassung durch das Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24. März 2006 als weiterer Freibetrag für das Einkommen aus Erwerbstätigkeit ein Betrag in Höhe von 20% des 100,00 EUR übersteigenden Einkommens, somit in Höhe von 2,40 EUR. Es verbleibt ein bereinigtes Einkommen von 9,60 EUR. Anteilig für 14 Tage ergibt sich ein Betrag von 4,48 EUR. Dieser Betrag ist auf die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft nach § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II entsprechend ihres Bedarfs zu verteilen. Der Bedarf stellt sich bei dem Kläger und seiner Ehefrau mit auf den Monat bezogen jeweils 424,00 EUR dar. Für den Sohn T. ergibt sich ein Bedarf von 265,00 EUR bei 276,00 EUR Regelleistung und 113,00 EUR für Unterkunft und Heizung, insgesamt 389,00 EUR abzüglich das auf den Bedarf anzurechnenden Kindergeldes von 124,00 EUR (154,00 EUR bereinigt um den Pauschbetrag von 30,00 EUR nach § 3 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-VO) in der Fassung durch die Änderungs-Verordnung vom 22. August 2005 - BGBl. I S. 2499). Dies ergibt für die Ehefrau des Klägers einen Anteil von 38,10 % (424,00 EUR im Verhältnis zu 1.113,00 EUR). Daraus ergibt sich für Oktober 2006 ein anzurechnendes Einkommen von 1,71 EUR (38,10 % von 4,48 EUR), so dass nach der Einkommensanrechnung ein Leistungsbetrag in Höhe von 196,15 EUR (197,86 EUR minus 1,71 EUR) verbleibt.

Für die Berücksichtigung von Vermögen ist § 12 SGB II in der Fassung durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 (BGBl. I, S. 1706) maßgeblich.

Der Vermögenswert der Lebensversicherungen der verstorbenen Ehefrau des Klägers und des Klägers war jeweils verwertungsgeschützt nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II, denn die Verwertung der Lebensversicherungen war jeweils vertraglich unwiderruflich bis zum Eintritt in den Ruhestand ausgeschlossen und der sich speziell aus dieser Norm für die verstorbene Ehefrau des Kläger und den Kläger ergebende Freibetrag von insgesamt 27.000 EUR (250 EUR entsprechend der vollendeten Lebensjahre mal 52 bzw. mal 56) wurde nicht erreicht.

Der im Eigentum des Klägers stehende Miteigentumsanteil an dem im Grundbuch von S. eingetragenen Grundstücks stellt ebenfalls kein zu berücksichtigendes Vermögen dar. Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, ist das Grundstück nach § 12 Abs. 1 SGB II grundsätzlich als verwertbares Vermögen anzusehen. Allerdings ist Vermögen nur dann bei der Feststellung des Hilfebedarfs als einzusetzendes Vermögen zu berücksichtigen, wenn es bei vorausschauender Betrachtung in absehbarer Zeit entweder durch Verkauf, Belastung oder anders so verwertet werden kann, dass tatsächlich für den Lebensunterhalt zu verwendende bereite Mittel realisiert werden. Dabei ist in der Regel auf eine Zeitraum von sechs Monaten abzustellen (BSG, Urteil vom 30. August 2010 – B 4 AS 70/09 R). Mit einer Verwertbarkeit innerhalb dieses Zeitraums war hier nicht zu rechnen. Dagegen spricht zum einen die vom Gutachterausschuss festgestellte schlechte Vermarktungsmöglichkeit eines sogen. Erholungsgrundstücks in der konkreten Größe und auch die ungesicherte Zugangsmöglichkeit. Entscheidend ist aber, dass der Kläger nur einen hälftigen Anteil des Grundeigentums erworben hat. Die restliche Hälfte steht noch im Eigentum der damals beim Erwerb des Eigentumsanteils durch den Kläger entweder nicht zu erreichenden oder nicht verkaufsbereiten anderen Miterben. Bei solchen Eigentumsverhältnissen ist auch nicht damit zu rechnen, dass innerhalb absehbarer Zeit ein Erlös im Rahmen einer Teilungsversteigerung realisiert werden kann.

Bei Antragstellung lagen damit Vermögenswerte von 17.000,00 EUR in Form des Sparguthabens der verstorbenen Ehefrau des Klägers und des Klägers und 1.511,20 EUR auf dem gemeinsamen Girokonto vor. Der Kündigungsausschluss bzgl. des Sparvermögens führt nicht zur Unverwertbarkeit, denn eine Verwertung war z. B. durch Beleihung oder Veräußerung möglich (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22.9.2009 – L 1 AS 28/08 – zitiert nach juris). Hiervon abzusetzen sind die Freibeträge für den Kläger und seine Ehefrau gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II von insgesamt 16.200 EUR (für den Kläger 150,00 EUR mal 56 = 8.400 EUR und für die verstorbene Ehefrau des Klägers 150,00 EUR mal 52 = 7.800 EUR) sowie die Freibeträge für notwendige Anschaffungen nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II in Höhe von insgesamt 2.250,00 EUR (750,00 EUR für jeden in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Hilfebedürftigen); insgesamt also Freibeträge in Höhe von 18.450,00 EUR. Danach verbleibt einzusetzendes Vermögen in Höhe von 61,20 EUR. Dieses ist nicht fiktiv als verbraucht durch die Deckung des anteiligen Bedarfs für den 17. Oktober 2006 anzusehen. Das SGB II knüpft insofern an die Arbeitslosenhilfeverordnung vom 13. Dezember 2001 (BGBl. I, S. 3734) an. Schon nach dieser konnte vorhandenes Vermögen nicht nur rechnerisch einmal, sondern mehrfach (für mehrere Bewilligungszeiträume) bis zu seinem tatsächlichen Verbrauch berücksichtigt werden. Entsprechendes gilt für die Vermögensberücksichtigung nach § 12 SGB II (vgl. BSG, Beschluss vom 30. Juli 2008 – B 14 AS 14/08 B). Somit ist auf den gesamten Leistungsanspruch für Oktober 2006 ein Vermögensbetrag von 61,20 EUR anzurechnen. Dabei entfällt auf die Ehefrau des Klägers und den Kläger jeweils ein hälftiger Betrag von 30,60 EUR, so dass für Oktober 2006 ein Leistungsanspruch von 165,55 EUR (196,15 EUR minus 30,60 EUR) bzw. gerundet nach § 41 Abs. 2 SGB II a.F. von 166,00 EUR verbleibt.

Für den Monat November 2006 ergibt sich ein Bedarf der Ehefrau des Klägers von 422,34 EUR (Regelleistung von 311,00 EUR und Unterkunftskosten in Höhe von 1/3 vom 334,01 EUR mit 111,34 EUR). Anzurechnendes Einkommen fällt für den Monat November 2006 wie für den Vormonat bereinigt in Höhe von 9,60 EUR an, wovon 3,66 EUR anteilig auf die Ehefrau des Klägers (38,12 % entsprechend des Verhältnisses ihres Bedarfs von 422,34 EUR zu einem Gesamtbedarf von nur noch 1.108,02 EUR aufgrund der niedrigeren Unterkunftskosten)

Vermögen ist nicht anzurechnen, weil durch die Verringerung des Guthabens auf dem gemeinsamen Girokonto des Klägers und seiner verstorbenen Ehefrau im Ergebnis kein über dem Freibetrag liegendes Vermögen mehr vorliegt. Für November 2006 ergibt sich ein Leistungsanspruch von 418,68 EUR (422,34 EUR minus 3,66 EUR) bzw. gerundet 419,00 EUR.

Für den Monat Dezember 2006 ergibt sich wieder ein Bedarf für die Ehefrau des Klägers von 422,34 EUR. Eigenes Einkommen der Ehefrau des Klägers ist mit 32 EUR (140,00 EUR minus 100,00 EUR minus 8,00 EUR) zu berücksichtigen. Weiter ist ein Betrag für das in diesem Monat erstmals zugeflossene Einkommen des Klägers anzurechnen. Von 613,11 EUR netto sind zur Ermittlung des anzurechnenden Einkommens abzusetzen: 130,00 EUR nach § 30 SGB II (750,00 brutto minus 100 und davon 20 %), 30,00 EUR Pauschalabsetzung für private Versicherungen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-VO, 20,68 EUR für die Kfz-Haftpflichtversicherung nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II, 15,33 EUR Werbungskostenpauschale nach § 3 Abs. 1 Nr. 3a Alg II-VO und 133,00 EUR Fahrkosten für 35,00 km Wegstrecke zur Arbeit an 19 Tagen nach § 3 Abs. 1 Nr. 3b Alg II-VO. Es verbleibt ein Anrechnungsbetrag von 284,10 EUR. Von insgesamt 316,10 EUR anzurechnendem Einkommen entfallen entsprechend ihres Anteils am Gesamtbedarf von 38,12 % (wie im November 2006) in diesem Monat 120,40 EUR anzurechnendes Einkommen auf die Ehefrau des Klägers. Für Dezember 2006 ergibt sich ein Anspruch von 301,84 EUR (422,34 minus 120,50 EUR) bzw. gerundet 302,00 EUR.

Für den Monat Januar 2007 ergibt sich wieder ein Bedarf für die Ehefrau des Klägers von 422,34 EUR. Eigenes Einkommen der Ehefrau des Klägers ist wie im Monat November 2006 mit 9,60 EUR zu berücksichtigen. Weiter ist ein Betrag für das in diesem Monat zugeflossene Einkommen des Klägers anzurechnen. Von 727,85 EUR netto sind abzusetzen: 150,00 EUR nach § 30 SGB II (20 % von 700,00 EUR und 10% von 100,00 EUR) 30,00 EUR Pauschalabsetzung für private Versicherungen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-VO, 20,68 EUR für die Kfz-Haftpflichtversicherung nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II, 15,33 EUR Werbungskostenpauschale nach § 3 Abs. 1 Nr. 3a Alg II-VO und 133,00 EUR Fahrkosten für 35,00 km Wegstrecke zur Arbeit an 19 Tagen nach § 3 Abs. 1 Nr. 3b Alg II-VO. Es verbleibt ein Anrechnungsbetrag von 378,84 EUR. Außer Betracht bleibt der Wehrsold des Sohnes T., weil das Einkommen in der Bedarfsgemeinschaft lebender unverheirateter Kindern nicht nach § 9 Abs. 2 SGB II zu verteilen ist. Von insgesamt 388,44 EUR zu berücksichtigendem Einkommen ist für Januar 2007 (entsprechend ihres Anteils am Gesamtbedarf in diesem Monat vom 422,34 EUR zu 989,48 EUR aufgrund des in diesem Monat wegen des anzurechnenden Wehrsold geringeren Bedarf des Sohnes) ein Anteil von 42,68 % bei der Ehefrau des Klägers als Einkommen zu berücksichtigen, also 165,78 EUR. Für Januar 2007 ergibt sich ein Anspruch von 256,56 EUR (422,34 minus 165,78 EUR) bzw. gerundet 257,00 EUR.

Für den Monat Februar 2007 ergibt sich wieder ein Bedarf für die Ehefrau des Klägers von 422,34 EUR. Eigenes Einkommen der Ehefrau des Klägers ist mit 32 EUR (140,00 EUR minus 100,00 EUR minus 8,00 EUR) zu berücksichtigen. Auch in diesem Monat ist Einkommen des Klägers mit 378,84 EUR zu berücksichtigen. Von insgesamt 410,84 EUR anzurechnendem Einkommen entfallen 156,49 EUR (38,09 % wie im November 2006) auf die Ehefrau des Klägers. Für Februar 2007 ergibt sich ein Anspruch von 265,85 EUR (422,34 minus 156,49 EUR) bzw. gerundet 266,00 EUR.

Im März 2007 ergibt sich bei unveränderten Verhältnissen ebenfalls ein Anspruch in Höhe von gerundet 266,00 EUR.

Für den Monat April 2007 ergibt sich für die Zeit vom 1. bis zum 11. des Monats ein anteiliger Bedarf für die Ehefrau des Klägers für 11 Tage in Höhe von 154,85 EUR. Eigenes Einkommen der Ehefrau des Klägers ist ebenfalls anteilig zu berücksichtigen mit 3,52 EUR (9,60 EUR geteilt durch 30 mal 11). Weiter ist das Einkommen des Klägers anteilig mit 138,90 EUR (378,84 EUR geteilt durch 30 mal 11) zu berücksichtigen. Von insgesamt 142,43 EUR anzurechnendem Einkommen entfallen 54,25 EUR (38,09 % wie im November 2006) auf die Ehefrau des Klägers.

Die Ansprüche der verstorbenen Ehefrau des Klägers sind auch vererbbar. Die insofern maßgeblichen allgemeinen Regelungen des Ersten Buches des Sozialgesetzbuchs – Allgemeiner Teil (SGB I) in den §§ 58, 59 SGB I gelten auch für das SGB II. Anwendung findet auch die Regelung über die Sonderrechtsnachfolge im § 56 SGB I. Der bis zu ihrem Tode mit seiner Ehefrau in einem Haushalt lebende Kläger ist deren Sonderrechtsnachfolger gemäß § 56 Abs. 1 Nr. 1 SGB I, so dass die fälligen Ansprüche seiner Ehefrau mit deren Tod auf ihn übergegangen sind. Dem steht auch nicht die vom BVerwG für das BSHG vertretene Auffassung entgegen, Sozialhilfeansprüche seien nur vererblich, wenn die oder der Hilfebedürftige zu Lebzeiten seinen Bedarf mit Hilfe eines im Vertrauen auf die spätere Bewilligung von Sozialhilfe vorleistenden Dritten gedeckt habe, weil der Träger der Sozialhilfe nicht rechtzeitig abgeholfen oder Hilfe abgelehnt habe (BVerwG, Urteil vom 5. Mai 1994 – 5 C 43/91, zitiert nach juris). Maßgeblich für diese Rechtsprechung des BVerwG war der aus sogenannten sozialhilferechtlichen Strukturprinzipien abgeleitete Grundsatz "Keine Sozialhilfe für die Vergangenheit". Sozialhilfe sollte nur als Hilfe für den Lebensunterhalt zur Abwendung der akuten Notlage geleistet werden. Dem entsprach es nicht, Leistungen für die Vergangenheit zu gewähren. Von diesem Grundsatz ließ das BVerwG nur in begrenztem Umfang Ausnahmen zu. Dieser Grundsatz gilt aber für das SGB II nicht mehr (Eicher/Greiser, SGB II, 3. Auflage, § 40 Rdnr. 23). Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass einer Anwendbarkeit des § 44 des Zehntes Buches des Sozialgesetzbuches – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) keine über die gesetzlich normierten Besonderheiten hinausgehenden verdrängenden Beschränkungen des SGB II entgegen stehen. Der oder dem Betroffenen sollen bei Anwendung des § 44 SGB X diejenigen Leistungen zukommen, die ihm nach materiellem Recht zugestanden hätten (BSG, Urteil vom 1. Juni 2010 – B 4 AS 78/09 R, Rdnr. 18, zitiert nach juris), so dass Nachzahlungen für Zeiten, in denen eine Notlage bestand, auch ungeachtet einer nicht mehr bestehender Notlage zu leisten sind. Daraus ergibt sich auch, dass einer Vererbbarkeit fälliger Ansprüche nichts entgegensteht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Dabei fällt die geringfügige Vermögensanrechnung nicht so ins Gewicht, dass eine nur quotenmäßige Kostenerstattung gerechtfertigt wäre.

Gesetzliche Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Die aufgeworfenen Rechtsfragen sind durch die Rechtsprechung des BSG geklärt.
Rechtskraft
Aus
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