Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 13 KR 1499/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 532/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 19.01.2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Übernahme der Kosten zur Durchführung einer Revisionsoperation der Bauchdecke.
Die im Jahr 1951 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Die Klägerin leidet an einem Dysmorphobiesyndrom mit ausgeprägtem psychischem Verstimmungszustand (laut Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Auflage, S. 468: Form der somatoformen Störung, die durch übermäßige Beschäftigung mit einem eingebildeten oder stark übertriebenen Mangel oder Entstellung im körperlichen Aussehen gekennzeichnet ist). Die Klägerin ließ im Zeitraum von Februar 1996 bis Oktober 1999 zahlreiche plastisch-chirurgische Eingriffe, ua acht Brustoperationen, ein Face - Lifting sowie eine Fettreimplantation durchführen. Am 09.08.1999 führte Dr. F. in Düsseldorf in einer ambulanten Operation eine Korrektur eines leichten Größenunterschiedes der Brüste sowie eine Liposuktion am Bauch, an den Hüften, an den Oberschenkeln sowie am Gesäß durch. Nach der Liposuktion entwickelte sich eine große Vorwölbung am linken Unterbauch mit Schmerzen in diesem Bereich. Dr. F. diagnostizierte eine Rektusdiastase (laut Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Auflage, S. 1644: Auseinanderweichen der geraden Bauchmuskeln mit Verbreiterung und ovalärer Vorwölbung der Linea Alba) und führte am 18.10.1999 eine Nachoperation (Herniotomie, Korrektur der Rektusdiastase, Skinreduktion sowie eine Bauchdeckenplastik in der Technik nach Reniopitangie) durch. Sämtliche Operationen erfolgten auf privatärztlicher Basis und wurden von der Klägerin selbst bezahlt. Das Oberlandesgericht Düsseldorf verurteilte Dr. F. in einem zivilrechtlichen Arzthaftungsprozess (Az: I-8 U 13/04) zur Zahlung eines Schmerzensgeldes iHv 7.500 EUR wegen der fehlerhaften Bauchdeckenkorrekturoperation vom 18.10.1999. Das Schmerzensgeld konnte jedoch nach Angabe der Klägerin wegen vorbestehender Pfändungen nicht vollstreckt werden.
Am 09.11.1999 wandte sich die Klägerin erstmals an die Beklagte mit dem Antrag auf Übernahme der Kosten für eine Revisionsoperation. Die Klägerin teilte mit, dass sich eine Wundwasseransammlung im Bauch gebildet habe und dort Narbenverhärtungen aufgetreten seien. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 24.02.2000, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.08.2000 gestützt auf mehrere Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) ab.
Das Sozialgericht Ulm (SG) wies die hiergegen eingelegte Klage mit dem Aktenzeichen S 1 KR 2000/00 nach Einholung eines Gutachtens aufgrund ambulanter Untersuchung am 09.07.2001 bei Prof. Dr. Sp., Unfallchirurg und plastischer Chirurg, mit Urteil vom 25.09.2001 ab. Die hiergegen zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegte Berufung (L 4 KR 4314/01) blieb nach Einholung eines Gutachtens nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei Prof. Dr. B., Leiter der Abteilung für Allgemein- und Viszeralchirurgie des Klinikums L.-B., vom 18.09.2002 ohne Erfolg (Berufungszurückweisung durch Urteil vom 22.08.2003), ebenso wie die Nichtzulassungsbeschwerde (Az: B 1 KR 70/03 B) zum Bundessozialgericht (BSG).
Am 02.05.2006 reichte die Klägerin eine Verordnung, ausgestellt durch den Allgemeinarzt Dr. K. vom 02.05.2006 über eine stationäre Behandlung und Revisionsoperation wegen einer vernarbten Bauchwandhernie mit Neigung zu Bauchdeckenabszessen bei der Beklagten ein. Nach Beiziehung weiterer Befundberichte (vgl Bericht von Dr. C., Bl 366 der Verwaltungsakte, Berichte von Dr. P. vom 15.02.2006, Bl 364 der Verwaltungsakte, und vom 10.05.2006 Bl 338 der Verwaltungsakte, sowie Bericht von Dr. L. vom 12.05.2006, Bl 327 der Verwaltungsakte) und Einholung von zwei beratungsmedizinischen Stellungnahmen durch den MDK am 24.05.2006 und am 30.05.2006 (Bl 320 sowie Bl 309 der Verwaltungsakte) lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten mit einem ohne Rechtsmittelbelehrung versehenen Schreiben vom 21.06.2006 ab und verwies darauf, dass sich auch nach Vorlage der weiteren Unterlagen keine neuen medizinischen Gesichtspunkte ergeben hätten und eine ambulante fachdermatologische Behandlung des Befundes empfohlen werde.
Am 19.12.2007 beantragte die Klägerin erneut die Übernahme der Kosten für eine Revisionsoperation unter Vorlage eines Befundberichts von Dr. La., Unfallchirurgin, vom 27.11.2007 (Bl 297 der Verwaltungsakte) sowie eines Attests von Dr. Ku., Oberarzt des Zentrums für plastische Chirurgie des M.hospitals St. vom 21.12.2007 (Bl 296 der Verwaltungsakte). Nach Einholung einer sozialmedizinischen Stellungnahme des MDK durch Dr. B. am 13.02.2008 (Bl 298/290 der Verwaltungsakte) lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 07.03.2008 die Übernahme der Kosten für die operative Behandlung ab.
Die Klägerin legte hiergegen am 11.03.2008 Widerspruch ein und erhob am 28.04.2009 Untätigkeitsklage beim SG.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 07.10.2009 zurück und verwies darauf, dass bereits in dem vorangegangenen Rechtsstreit und Klageverfahren festgestellt worden sei, dass nur notwendige Leistungen im erforderlichen Umfang zu erbringen seien, nicht aber solche, die trotz der damit verbundenen hohen Risiken als gerade noch möglich erschienen. Die im Rahmen der Antragstellung beschriebenen Symptome ließen sich nach gutachterlicher Stellungnahme des MDK auch fachdermatologisch behandeln.
Die Klägerin hat die Klage im Wege der Klageänderung fortgeführt.
Das SG hat Prof. Dr. P. mit der Erstellung eines dermatologischen Gutachtens von Amts wegen beauftragt. In seinem am 11.03.2010 nach Aktenlage erstellten Gutachten hat dieser dargelegt, dass sich keine Befundänderung im Vergleich zu den Vorgutachten ergeben habe. Aus dermatologisch-ästhetischer Sicht sei von einer erneuten operativen Korrektur vollständig abzuraten, da nicht zu erwarten sei, dass sich die verschiedenen Veränderungen nach einem solchen Eingriff tatsächlich besserten. Eine topisch (lokal) entzündungshemmende und antiseptische Therapie des Nabelekzems sei ambulant problemlos möglich. Eine Gewichtsreduktion zur Reduzierung des abdominalen Fettmantels sei zur Reduzierung der Schmerzsymptomatik sinnvoll. Der Gutachter Prof. Dr. P. hat mit Schreiben vom 16.09.2010 eine ergänzende Stellungnahme abgegeben. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf Bl 79/80 der SG-Akte verwiesen.
Das SG hat Befundberichte über stationäre Behandlungen der Klägerin in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie C. G. vom 07.01. bis zum 31.01.2010, vom 16.03. bis zum 21.04.2010, vom 10.05. bis zum 01.06.2010 sowie vom 16.06. bis zum 22.06.2010 beigezogen. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf Bl 82/100 der SG-Akte verwiesen.
Das SG hat Dr. A., Leitender Oberarzt der B.klinik und Facharzt für plastische Chirurgie, mit der Erstellung eines plastisch-chirurgischen Gutachtens nach § 109 SGG beauftragt. In seinem aufgrund einer ambulanten Untersuchung am 08.08.2011 erstellten Gutachten hat Dr. A. ausgeführt, dass eine medizinische Indikation ohne das Vorliegen eines Nabelbruches, ohne Anhalt einer akuten oder chronischen Infektion im Bauch und Narbenbereich und mit reizloser Naht ohne Fistelerkrankung aktuell nicht gegeben sei. Mit Schreiben vom 08.12.2011 hat Dr. A. eine ergänzende Stellungnahme abgegeben (vgl Bl 161 der SG-Akte).
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 19.01.2012 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass bereits fraglich sei, ob die Klägerin im Bereich des Bauches an einer Krankheit gemäß § 27 SGB V leide. Die Körperfunktion der Klägerin sei nicht beeinträchtigt. Es bestehe lediglich eine große Narbenplatte, die fest auf dem Muskelhöhlengewebe fixiert sei. Selbst wenn zugunsten der Klägerin das Vorliegen einer Krankheit unterstellt werde, scheitere der Anspruch auf Versorgung mit einer Bauchdeckenrevisionsoperation an der Notwendigkeit der Behandlung. Diesbezüglich habe bereits Prof. Dr. P. in seinem Gutachten ausgeführt, dass sich keine wesentliche Veränderung im Gesundheitszustand der Klägerin im Vergleich zu den letzten gerichtlichen Entscheidungen ergeben habe. Eine ästhetische Korrektur zu Lasten der Beklagten komme nur in Ausnahmefällen in Betracht. Von einem solchen Ausnahmefall könne nicht ausgegangen werden, da auch Dr. A. trotz der von der Klägerin vorgebrachten Bauchbeschwerden und Schmerzen in Anbetracht der psychischen Gesundheitsstörungen keine aktuelle Indikation für einen operativen Eingriff sehe. Eine solche könne sich erst bei Vorliegen eines Narbenbruches oder einer akuten oder chronischen Infektion im Bauch und Narbenbereich ergeben, was bei der Klägerin weder in der Vergangenheit vorgelegen habe, noch derzeit vorliege.
Die Klägerin hat gegen den am 23.01.2012 zugestellten Gerichtsbescheid am 03.02.2012 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass sämtliche Ärzte und Kliniken schriftlich bestätigt hätten, dass eine bzw zwei Operationen notwendig seien, da ihr Bauchnabel ständig nässe und sich mit Umrandungen entzünde. Eine psychiatrische Behandlung könne die Schmerzen, Entstellungen und körperlichen Einschränkungen nicht wegzaubern. Sie werde nur weiter mit Medikamenten vollgepumpt.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 19.01.2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 07.03.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.10.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin eine Revisionsoperation der Bauchdecke als Sachleistung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hat zur Berufungserwiderung auf die Gründe des Gerichtsbescheids sowie das Vorbringen in erster Instanz verwiesen. Des Weiteren hat die Beklagte ein sozialmedizinisches MDK - Gutachten nach Aktenlage von Dr. von B. vom 27.04.2012 vorgelegt, wonach weder ein akut-chirurgisch zu therapierendes Krankheitsbild im Sinne einer Bauchnabelinfektion, noch eine medizinische Indikation zur operativen Korrektion der vorbekannten Bauchwandnarbenbildung vorliege.
Der Senat hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Dr. La. hat am 11.05.2012 mitgeteilt, dass sie die Klägerin am 27.11.2007 und am 02.03.2012 einmalig behandelt habe. Es habe eine putride (eitrige) Sekretion einer Nabelfistel vorgelegen. Dr. Kö., Arzt für Allgemeinmedizin hat in seiner sachverständigen Zeugenaussage am 25.05.2012 ausgeführt, dass er am 13.03.2012 einen geröteten Nabel mit etwas eitrigem Sekret diagnostiziert habe. Dr. Ku., Leitender Oberarzt des Zentrums für plastische Chirurgie des M.hospitals St. hat am 18.12.2012 mitgeteilt, dass am 18.12.2007 und am 06.03.2012 eine Beratung und Untersuchung stattgefunden habe. Er habe eine narbige Deformierung der Bauchwand nach operativem Baucheingriff unterhalb des Nabels und eingetretener Fettnekrose diagnostiziert.
Die Beklagte hat ein MDK - Gutachten von Dr. Be. aufgrund einer ambulanten Untersuchung der Klägerin am 19.04.2013 eingereicht. Dr. Be. hat darin ausgeführt, dass sich im Bereich der Narbenplatte der unteren ventralen Bauchdecke eine Hernienbildung (Bauchwandbruch), relevante entzündliche Hautveränderungen oder eine Flüssigkeitssekretion und Fistelbildung im Nabel-Narbenbereich nicht nachweisen ließen. Die geplante Bauchdeckenplastik sei durch die Verwachsungen mit nicht unerheblichen Risiken, insbesondere der Gefahr der Bauchwandverletzung bis Darmverletzung mit Folgekomplikationen und dadurch bedingtem, möglicher Verschlechterung des aktuellen Befundergebnisses verbunden. Angesichts des psychischen Zustandes der Klägerin mit wiederholten auch stationären Klinikaufenthalten und angesichts der zahlreichen wiederholten Brustoperationen sei auch bei einem objektiv zufriedenstellendem Befundergebnis nach einer erneuten Bauchdeckenplastik mit einer Unzufriedenheit der Klägerin und einem erneuten Wunsch nach einer Re-OP zu rechnen.
Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig, jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist der die Kostenübernahme für eine Bauchdeckenrevisionsoperation ablehnende Bescheid der Beklagten vom 07.03.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.10.2009. Dieser Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf die Übernahme der Kosten für die begehrte Bauchdeckenrevisionsoperation durch die Beklagte.
Da die Klägerin die begehrte, in einem Krankenhaus stationär durchzuführende Behandlung noch nicht begonnen bzw beschafft hat, richtet sich ihr Begehren nicht auf Kostenerstattung iSd § 13 Abs 3 SGB V. Vielmehr macht die Klägerin in der Sache einen Sachleistungsverschaffungsanspruch geltend. Ein solcher steht ihr hinsichtlich der begehrten Bauchdeckenrevisionsoperation nicht zu.
Nach § 11 Abs 1 Satz 1 Nr 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Leistungen zur Behandlung einer Krankheit (§§ 27 bis 52 SGB V), wobei § 12 Abs 1 SGB V voraussetzt, dass Leistungen ausreichen, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten dürfen. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können von Versicherten nicht beansprucht werden und Leistungserbringen dürfen dies nicht bewirken und die Krankenkassen diese nicht bewilligen. Für die einzelnen Leistungsarten bestimmt § 27 Abs 1 SGB V, dass ein Anspruch auf Krankenbehandlung besteht, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst nach § 12 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V auch die Krankenhausbehandlung.
Krankheit im Sinne dieser Norm ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (vgl stRspr BSG Urteil 28.02.2008, B 1 KR 19/07 R, juris unter Verweis auf BSGE 93, 252 in SozR 4-2500 § 27 Nr 3). Krankheitswert im Rechtssinne kommt nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit zu. Erforderlich ist vielmehr, dass der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird, oder dass er an einer Abweichung vom Regelfall leidet, die entstellend wirkt (stRspr des BSG, vgl zB BSGE 93, 252 in SozR 4-2500, § 27 Nr 3).
Die Klägerin leidet nach den Feststellungen des Senats an einem rezidivierenden Nabelekzem mit konsekutiver granulomatöser Entzündung. Der Senat schließt dies aus dem Gutachten nach Aktenlage von Prof. Dr. P. vom 11.03.2010 sowie der sachverständigen Zeugenaussage von Dr. La. vom 11.05.2012. Dr. La. hat darin berichtet, dass bei einer ambulanten Vorstellung der Klägerin am 02.03.2012 eine eitrige, übel riechende Sekretion aus dem Nabel mit Umgebungsrötung sowie Druckschmerzhaftigkeit bestanden habe. Zwar konnte eine Sekretion bei der Begutachtung durch Dr. A. und durch den MDK-Gutachter Dr. Be. nicht bestätigt werden, jedoch ist das rezidivierende Narbenekzem durch die Befunde von Dr. La. vom 02.03.2012 sowie auch vom 12.05.2006 belegt. Es liegt somit ein rezidivierend auftretender, regelwidriger Zustand mit Krankheitswert vor. Die Klägerin hat jedoch wegen der Folgen des rezidivierenden Narbenekzems keinen Anspruch auf die Übernahme der Kosten für eine Bauchdeckenrevisionsoperation durch die Beklagte. Das rezidivierende Narbenekzem ist durch entzündungshemmende und antiseptische Therapie ambulant behandelbar. Eine medizinische Notwendigkeit für die Bauchdeckenrevisionsoperation lässt sich damit nicht begründen. Dies entnimmt der Senat ua den Gutachten von Prof. Dr. P. und Dr. A ...
Der Anspruch des Versicherten auf Krankenbehandlung gegenüber der Krankenkasse setzt voraus, dass die begehrte Leistung notwendig, ist um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Der regelwidrige Körper- oder Geisteszustand muss daher durch sie behoben, gebessert, vor einer Verschlimmerung bewahrt oder Schmerzen, Beschwerden gelindert werden (vgl Wagner in Krauskopf, Kommentar Soziale Krankenversicherung, § 27 Rdnr 10). Allein die Möglichkeit einer ästhetischen Narbenkorrektur mit Ausschneiden der Narbenplatte und Verlagerung der narbenfreien unteren Bauchwandareale zu einer Narbe im Verlauf der Bauchmittellinie ist zur Begründung der medizinischen Notwendigkeit nicht ausreichend. Der Senat schließt dies aus den Ausführungen von Dr. A. in seinem Gutachten vom 20.09.2011. Außerdem sind als Folge einer Operation Verletzungen der Bauchwand sowie Darmverletzungen verbunden mit Folgekomplikationen möglich. Auch kann bei einer diagnostizierten psychiatrischen Erkrankung als mögliche Komplikation eine Verschlechterung des Befundes eintreten. Die Bauchmuskelschwäche mit sichtbar vorgewölbtem Bauch wird auch nach einem operativen Eingriff verbleiben. Es ist somit nicht gesichert, dass sich durch die von der Klägerin begehrte Bauchdeckenrevisionsoperation der von ihr gewünschte Zustand tatsächlich auch herstellen lässt. Im Gegenteil belegen die Ausführungen von Dr. A., dass die Narbenkorrektur nicht zur Wiederherstellung des Zustandes im Bauchbereich der Klägerin wie vor der Bauchstraffungsoperation im Jahr 1999 führen würde.
Soweit den Angaben der Klägerin im Laufe des Klage- sowie Berufungsverfahrens zu entnehmen ist, dass sie ihre ganze Hoffnung in den operativen Eingriff setzt und davon ausgeht, dass durch den operativen Eingriff der Bauch sich wieder der Zustand vor der Schönheitsoperation im Jahr 1999 herstellen lässt, ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass sich die Notwendigkeit einer zudem mit erheblichen Risiken verbundenen Behandlung (hier: Revisionsoperation) nicht mit subjektiven Erwartungen und Hoffnungen begründen lässt. Infolge der Dysmorphobie der Klägerin ist nach Überzeugung des Senats ohnedies damit zu rechnen, dass die Klägerin mit einem eventuellen operativen Eingriff nicht zufrieden sein wird, da dieser den von ihr angestrebten Zustand nicht wieder herstellen kann. Auch Prof. Dr. P. hat in seinem nach Aktenlage erstellten Gutachten darauf hingewiesen, dass nicht zu erwarten ist, dass sich die beschriebenen Veränderungen nach einem solchen Eingriff tatsächlich bessern.
Der Senat weist ferner in diesem Zusammenhang ergänzend auch auf sein Urteil vom 28.07.2004 (L 11 KR 896/04, juris) hin, wonach eine Bauchdeckenkorrektur zu Lasten der Krankenkasse nur als ultima ratio in Betracht kommt, wenn die üblichen Behandlungsmöglichkeiten erschöpft sind. Psychische Störungen sind in der Regel mit Mitteln der Psychiatrie und Psychotherapie zu behandeln. Es würde zu einer mit der Vorschrift des § 27 SGB V und dem in § 12 SGB V in der niedergelegten Wirtschaftlichkeitsgebot unvereinbaren Ausweitung der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen führen, wenn Versicherte auf Kosten der Krankenkassen operative Eingriffen vornehmen lassen könnten, um einen im Normbereich liegenden Operationszustand zu verändern, weil sie psychisch auf die gewünschte Veränderung fixiert sind. Eine Grenzziehung zur rein kosmetischen Operation wäre nicht möglich (vgl BSG 10.02.1993, B 1 RK 14/92, SozR 3-2200 § 182 Nr 14). Im vorliegenden Fall ist zwar ein regelwidriger Körperzustand in Form des rezidivierenden Narbenekzems vorhanden. Für die Beseitigung desselben ist jedoch die begehrte Bauchdeckenrevisionsoperation nicht medizinisch notwendig.
Auch soweit die Klägerin die Notwendigkeit der Operation mit ästhetischen Argumenten begründet, führt dies nicht zu einer Notwendigkeit der Kostenübernahme durch die Beklagte. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (28.02.2008, B 1 KR 19/07 R, SozR 4 - 2500 § 27 Nr 14) können Versicherte Krankenbehandlungen wegen Entstellung nur beanspruchen, wenn sie objektiv an einer körperlichen Auffälligkeit von so beachtlicher Erheblichkeit leiden, dass sie die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gefährdet. Das BSG hat hierzu ausgeführt, dass eine beachtliche Erheblichkeitsschwelle überschritten sein müsse, um eine Auffälligkeit eines solchen Ausmaßes zu erreichen. Es genüge nicht allein ein markantes Gesicht oder generell die ungewöhnliche Ausgestaltung von Organen, etwa die Ausbildung eines 6. Fingers an einer Hand. Vielmehr müsse die körperliche Auffälligkeit in einer solchen Ausprägung vorhanden sein, dass sie sich schon bei flüchtiger Begegnung in der alltäglichen Situation quasi "im Vorübergehen" bemerkbar mache und regelmäßig zur Fixierung des Interesses Anderer auf den Betroffenen führe. Dies gelte auch gerade vor dem Hintergrund, dass die Rechtsordnung im Sinne der Eingliederung behinderter Menschen fordere, dass Nichtbehinderte ihre Wahrnehmung von Behinderten korrigieren müsse. Die Rechtsprechung hat als Beispiele für eine Entstellung das Fehlen natürlichen Kopfhaares bei einer Frau, eine Wangenatrophie oder Narben im Lippenbereich angenommen oder erörtert. Da sich die Narbenplatte bei der Klägerin auf dem Bauch befindet und somit regelmäßig von Kleidung überdeckt ist, liegt keine besondere Auffälligkeit vor (vgl hierzu auch BSG 28.02.2008, B 1 KR 19/07 R, aaO). Die von der Klägerin als unästhetisch empfundene Körperform und die Narben im Bauchbereich erreichen nicht die Erheblichkeitsschwelle im Sinne der dargestellten Rechtsprechung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat im Rahmen seines Ermessens insbesondere berücksichtigt, dass die Klägerin in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben ist.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Übernahme der Kosten zur Durchführung einer Revisionsoperation der Bauchdecke.
Die im Jahr 1951 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Die Klägerin leidet an einem Dysmorphobiesyndrom mit ausgeprägtem psychischem Verstimmungszustand (laut Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Auflage, S. 468: Form der somatoformen Störung, die durch übermäßige Beschäftigung mit einem eingebildeten oder stark übertriebenen Mangel oder Entstellung im körperlichen Aussehen gekennzeichnet ist). Die Klägerin ließ im Zeitraum von Februar 1996 bis Oktober 1999 zahlreiche plastisch-chirurgische Eingriffe, ua acht Brustoperationen, ein Face - Lifting sowie eine Fettreimplantation durchführen. Am 09.08.1999 führte Dr. F. in Düsseldorf in einer ambulanten Operation eine Korrektur eines leichten Größenunterschiedes der Brüste sowie eine Liposuktion am Bauch, an den Hüften, an den Oberschenkeln sowie am Gesäß durch. Nach der Liposuktion entwickelte sich eine große Vorwölbung am linken Unterbauch mit Schmerzen in diesem Bereich. Dr. F. diagnostizierte eine Rektusdiastase (laut Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Auflage, S. 1644: Auseinanderweichen der geraden Bauchmuskeln mit Verbreiterung und ovalärer Vorwölbung der Linea Alba) und führte am 18.10.1999 eine Nachoperation (Herniotomie, Korrektur der Rektusdiastase, Skinreduktion sowie eine Bauchdeckenplastik in der Technik nach Reniopitangie) durch. Sämtliche Operationen erfolgten auf privatärztlicher Basis und wurden von der Klägerin selbst bezahlt. Das Oberlandesgericht Düsseldorf verurteilte Dr. F. in einem zivilrechtlichen Arzthaftungsprozess (Az: I-8 U 13/04) zur Zahlung eines Schmerzensgeldes iHv 7.500 EUR wegen der fehlerhaften Bauchdeckenkorrekturoperation vom 18.10.1999. Das Schmerzensgeld konnte jedoch nach Angabe der Klägerin wegen vorbestehender Pfändungen nicht vollstreckt werden.
Am 09.11.1999 wandte sich die Klägerin erstmals an die Beklagte mit dem Antrag auf Übernahme der Kosten für eine Revisionsoperation. Die Klägerin teilte mit, dass sich eine Wundwasseransammlung im Bauch gebildet habe und dort Narbenverhärtungen aufgetreten seien. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 24.02.2000, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.08.2000 gestützt auf mehrere Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) ab.
Das Sozialgericht Ulm (SG) wies die hiergegen eingelegte Klage mit dem Aktenzeichen S 1 KR 2000/00 nach Einholung eines Gutachtens aufgrund ambulanter Untersuchung am 09.07.2001 bei Prof. Dr. Sp., Unfallchirurg und plastischer Chirurg, mit Urteil vom 25.09.2001 ab. Die hiergegen zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegte Berufung (L 4 KR 4314/01) blieb nach Einholung eines Gutachtens nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei Prof. Dr. B., Leiter der Abteilung für Allgemein- und Viszeralchirurgie des Klinikums L.-B., vom 18.09.2002 ohne Erfolg (Berufungszurückweisung durch Urteil vom 22.08.2003), ebenso wie die Nichtzulassungsbeschwerde (Az: B 1 KR 70/03 B) zum Bundessozialgericht (BSG).
Am 02.05.2006 reichte die Klägerin eine Verordnung, ausgestellt durch den Allgemeinarzt Dr. K. vom 02.05.2006 über eine stationäre Behandlung und Revisionsoperation wegen einer vernarbten Bauchwandhernie mit Neigung zu Bauchdeckenabszessen bei der Beklagten ein. Nach Beiziehung weiterer Befundberichte (vgl Bericht von Dr. C., Bl 366 der Verwaltungsakte, Berichte von Dr. P. vom 15.02.2006, Bl 364 der Verwaltungsakte, und vom 10.05.2006 Bl 338 der Verwaltungsakte, sowie Bericht von Dr. L. vom 12.05.2006, Bl 327 der Verwaltungsakte) und Einholung von zwei beratungsmedizinischen Stellungnahmen durch den MDK am 24.05.2006 und am 30.05.2006 (Bl 320 sowie Bl 309 der Verwaltungsakte) lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten mit einem ohne Rechtsmittelbelehrung versehenen Schreiben vom 21.06.2006 ab und verwies darauf, dass sich auch nach Vorlage der weiteren Unterlagen keine neuen medizinischen Gesichtspunkte ergeben hätten und eine ambulante fachdermatologische Behandlung des Befundes empfohlen werde.
Am 19.12.2007 beantragte die Klägerin erneut die Übernahme der Kosten für eine Revisionsoperation unter Vorlage eines Befundberichts von Dr. La., Unfallchirurgin, vom 27.11.2007 (Bl 297 der Verwaltungsakte) sowie eines Attests von Dr. Ku., Oberarzt des Zentrums für plastische Chirurgie des M.hospitals St. vom 21.12.2007 (Bl 296 der Verwaltungsakte). Nach Einholung einer sozialmedizinischen Stellungnahme des MDK durch Dr. B. am 13.02.2008 (Bl 298/290 der Verwaltungsakte) lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 07.03.2008 die Übernahme der Kosten für die operative Behandlung ab.
Die Klägerin legte hiergegen am 11.03.2008 Widerspruch ein und erhob am 28.04.2009 Untätigkeitsklage beim SG.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 07.10.2009 zurück und verwies darauf, dass bereits in dem vorangegangenen Rechtsstreit und Klageverfahren festgestellt worden sei, dass nur notwendige Leistungen im erforderlichen Umfang zu erbringen seien, nicht aber solche, die trotz der damit verbundenen hohen Risiken als gerade noch möglich erschienen. Die im Rahmen der Antragstellung beschriebenen Symptome ließen sich nach gutachterlicher Stellungnahme des MDK auch fachdermatologisch behandeln.
Die Klägerin hat die Klage im Wege der Klageänderung fortgeführt.
Das SG hat Prof. Dr. P. mit der Erstellung eines dermatologischen Gutachtens von Amts wegen beauftragt. In seinem am 11.03.2010 nach Aktenlage erstellten Gutachten hat dieser dargelegt, dass sich keine Befundänderung im Vergleich zu den Vorgutachten ergeben habe. Aus dermatologisch-ästhetischer Sicht sei von einer erneuten operativen Korrektur vollständig abzuraten, da nicht zu erwarten sei, dass sich die verschiedenen Veränderungen nach einem solchen Eingriff tatsächlich besserten. Eine topisch (lokal) entzündungshemmende und antiseptische Therapie des Nabelekzems sei ambulant problemlos möglich. Eine Gewichtsreduktion zur Reduzierung des abdominalen Fettmantels sei zur Reduzierung der Schmerzsymptomatik sinnvoll. Der Gutachter Prof. Dr. P. hat mit Schreiben vom 16.09.2010 eine ergänzende Stellungnahme abgegeben. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf Bl 79/80 der SG-Akte verwiesen.
Das SG hat Befundberichte über stationäre Behandlungen der Klägerin in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie C. G. vom 07.01. bis zum 31.01.2010, vom 16.03. bis zum 21.04.2010, vom 10.05. bis zum 01.06.2010 sowie vom 16.06. bis zum 22.06.2010 beigezogen. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf Bl 82/100 der SG-Akte verwiesen.
Das SG hat Dr. A., Leitender Oberarzt der B.klinik und Facharzt für plastische Chirurgie, mit der Erstellung eines plastisch-chirurgischen Gutachtens nach § 109 SGG beauftragt. In seinem aufgrund einer ambulanten Untersuchung am 08.08.2011 erstellten Gutachten hat Dr. A. ausgeführt, dass eine medizinische Indikation ohne das Vorliegen eines Nabelbruches, ohne Anhalt einer akuten oder chronischen Infektion im Bauch und Narbenbereich und mit reizloser Naht ohne Fistelerkrankung aktuell nicht gegeben sei. Mit Schreiben vom 08.12.2011 hat Dr. A. eine ergänzende Stellungnahme abgegeben (vgl Bl 161 der SG-Akte).
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 19.01.2012 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass bereits fraglich sei, ob die Klägerin im Bereich des Bauches an einer Krankheit gemäß § 27 SGB V leide. Die Körperfunktion der Klägerin sei nicht beeinträchtigt. Es bestehe lediglich eine große Narbenplatte, die fest auf dem Muskelhöhlengewebe fixiert sei. Selbst wenn zugunsten der Klägerin das Vorliegen einer Krankheit unterstellt werde, scheitere der Anspruch auf Versorgung mit einer Bauchdeckenrevisionsoperation an der Notwendigkeit der Behandlung. Diesbezüglich habe bereits Prof. Dr. P. in seinem Gutachten ausgeführt, dass sich keine wesentliche Veränderung im Gesundheitszustand der Klägerin im Vergleich zu den letzten gerichtlichen Entscheidungen ergeben habe. Eine ästhetische Korrektur zu Lasten der Beklagten komme nur in Ausnahmefällen in Betracht. Von einem solchen Ausnahmefall könne nicht ausgegangen werden, da auch Dr. A. trotz der von der Klägerin vorgebrachten Bauchbeschwerden und Schmerzen in Anbetracht der psychischen Gesundheitsstörungen keine aktuelle Indikation für einen operativen Eingriff sehe. Eine solche könne sich erst bei Vorliegen eines Narbenbruches oder einer akuten oder chronischen Infektion im Bauch und Narbenbereich ergeben, was bei der Klägerin weder in der Vergangenheit vorgelegen habe, noch derzeit vorliege.
Die Klägerin hat gegen den am 23.01.2012 zugestellten Gerichtsbescheid am 03.02.2012 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass sämtliche Ärzte und Kliniken schriftlich bestätigt hätten, dass eine bzw zwei Operationen notwendig seien, da ihr Bauchnabel ständig nässe und sich mit Umrandungen entzünde. Eine psychiatrische Behandlung könne die Schmerzen, Entstellungen und körperlichen Einschränkungen nicht wegzaubern. Sie werde nur weiter mit Medikamenten vollgepumpt.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 19.01.2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 07.03.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.10.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin eine Revisionsoperation der Bauchdecke als Sachleistung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hat zur Berufungserwiderung auf die Gründe des Gerichtsbescheids sowie das Vorbringen in erster Instanz verwiesen. Des Weiteren hat die Beklagte ein sozialmedizinisches MDK - Gutachten nach Aktenlage von Dr. von B. vom 27.04.2012 vorgelegt, wonach weder ein akut-chirurgisch zu therapierendes Krankheitsbild im Sinne einer Bauchnabelinfektion, noch eine medizinische Indikation zur operativen Korrektion der vorbekannten Bauchwandnarbenbildung vorliege.
Der Senat hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Dr. La. hat am 11.05.2012 mitgeteilt, dass sie die Klägerin am 27.11.2007 und am 02.03.2012 einmalig behandelt habe. Es habe eine putride (eitrige) Sekretion einer Nabelfistel vorgelegen. Dr. Kö., Arzt für Allgemeinmedizin hat in seiner sachverständigen Zeugenaussage am 25.05.2012 ausgeführt, dass er am 13.03.2012 einen geröteten Nabel mit etwas eitrigem Sekret diagnostiziert habe. Dr. Ku., Leitender Oberarzt des Zentrums für plastische Chirurgie des M.hospitals St. hat am 18.12.2012 mitgeteilt, dass am 18.12.2007 und am 06.03.2012 eine Beratung und Untersuchung stattgefunden habe. Er habe eine narbige Deformierung der Bauchwand nach operativem Baucheingriff unterhalb des Nabels und eingetretener Fettnekrose diagnostiziert.
Die Beklagte hat ein MDK - Gutachten von Dr. Be. aufgrund einer ambulanten Untersuchung der Klägerin am 19.04.2013 eingereicht. Dr. Be. hat darin ausgeführt, dass sich im Bereich der Narbenplatte der unteren ventralen Bauchdecke eine Hernienbildung (Bauchwandbruch), relevante entzündliche Hautveränderungen oder eine Flüssigkeitssekretion und Fistelbildung im Nabel-Narbenbereich nicht nachweisen ließen. Die geplante Bauchdeckenplastik sei durch die Verwachsungen mit nicht unerheblichen Risiken, insbesondere der Gefahr der Bauchwandverletzung bis Darmverletzung mit Folgekomplikationen und dadurch bedingtem, möglicher Verschlechterung des aktuellen Befundergebnisses verbunden. Angesichts des psychischen Zustandes der Klägerin mit wiederholten auch stationären Klinikaufenthalten und angesichts der zahlreichen wiederholten Brustoperationen sei auch bei einem objektiv zufriedenstellendem Befundergebnis nach einer erneuten Bauchdeckenplastik mit einer Unzufriedenheit der Klägerin und einem erneuten Wunsch nach einer Re-OP zu rechnen.
Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig, jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist der die Kostenübernahme für eine Bauchdeckenrevisionsoperation ablehnende Bescheid der Beklagten vom 07.03.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.10.2009. Dieser Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf die Übernahme der Kosten für die begehrte Bauchdeckenrevisionsoperation durch die Beklagte.
Da die Klägerin die begehrte, in einem Krankenhaus stationär durchzuführende Behandlung noch nicht begonnen bzw beschafft hat, richtet sich ihr Begehren nicht auf Kostenerstattung iSd § 13 Abs 3 SGB V. Vielmehr macht die Klägerin in der Sache einen Sachleistungsverschaffungsanspruch geltend. Ein solcher steht ihr hinsichtlich der begehrten Bauchdeckenrevisionsoperation nicht zu.
Nach § 11 Abs 1 Satz 1 Nr 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Leistungen zur Behandlung einer Krankheit (§§ 27 bis 52 SGB V), wobei § 12 Abs 1 SGB V voraussetzt, dass Leistungen ausreichen, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten dürfen. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können von Versicherten nicht beansprucht werden und Leistungserbringen dürfen dies nicht bewirken und die Krankenkassen diese nicht bewilligen. Für die einzelnen Leistungsarten bestimmt § 27 Abs 1 SGB V, dass ein Anspruch auf Krankenbehandlung besteht, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst nach § 12 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V auch die Krankenhausbehandlung.
Krankheit im Sinne dieser Norm ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (vgl stRspr BSG Urteil 28.02.2008, B 1 KR 19/07 R, juris unter Verweis auf BSGE 93, 252 in SozR 4-2500 § 27 Nr 3). Krankheitswert im Rechtssinne kommt nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit zu. Erforderlich ist vielmehr, dass der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird, oder dass er an einer Abweichung vom Regelfall leidet, die entstellend wirkt (stRspr des BSG, vgl zB BSGE 93, 252 in SozR 4-2500, § 27 Nr 3).
Die Klägerin leidet nach den Feststellungen des Senats an einem rezidivierenden Nabelekzem mit konsekutiver granulomatöser Entzündung. Der Senat schließt dies aus dem Gutachten nach Aktenlage von Prof. Dr. P. vom 11.03.2010 sowie der sachverständigen Zeugenaussage von Dr. La. vom 11.05.2012. Dr. La. hat darin berichtet, dass bei einer ambulanten Vorstellung der Klägerin am 02.03.2012 eine eitrige, übel riechende Sekretion aus dem Nabel mit Umgebungsrötung sowie Druckschmerzhaftigkeit bestanden habe. Zwar konnte eine Sekretion bei der Begutachtung durch Dr. A. und durch den MDK-Gutachter Dr. Be. nicht bestätigt werden, jedoch ist das rezidivierende Narbenekzem durch die Befunde von Dr. La. vom 02.03.2012 sowie auch vom 12.05.2006 belegt. Es liegt somit ein rezidivierend auftretender, regelwidriger Zustand mit Krankheitswert vor. Die Klägerin hat jedoch wegen der Folgen des rezidivierenden Narbenekzems keinen Anspruch auf die Übernahme der Kosten für eine Bauchdeckenrevisionsoperation durch die Beklagte. Das rezidivierende Narbenekzem ist durch entzündungshemmende und antiseptische Therapie ambulant behandelbar. Eine medizinische Notwendigkeit für die Bauchdeckenrevisionsoperation lässt sich damit nicht begründen. Dies entnimmt der Senat ua den Gutachten von Prof. Dr. P. und Dr. A ...
Der Anspruch des Versicherten auf Krankenbehandlung gegenüber der Krankenkasse setzt voraus, dass die begehrte Leistung notwendig, ist um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Der regelwidrige Körper- oder Geisteszustand muss daher durch sie behoben, gebessert, vor einer Verschlimmerung bewahrt oder Schmerzen, Beschwerden gelindert werden (vgl Wagner in Krauskopf, Kommentar Soziale Krankenversicherung, § 27 Rdnr 10). Allein die Möglichkeit einer ästhetischen Narbenkorrektur mit Ausschneiden der Narbenplatte und Verlagerung der narbenfreien unteren Bauchwandareale zu einer Narbe im Verlauf der Bauchmittellinie ist zur Begründung der medizinischen Notwendigkeit nicht ausreichend. Der Senat schließt dies aus den Ausführungen von Dr. A. in seinem Gutachten vom 20.09.2011. Außerdem sind als Folge einer Operation Verletzungen der Bauchwand sowie Darmverletzungen verbunden mit Folgekomplikationen möglich. Auch kann bei einer diagnostizierten psychiatrischen Erkrankung als mögliche Komplikation eine Verschlechterung des Befundes eintreten. Die Bauchmuskelschwäche mit sichtbar vorgewölbtem Bauch wird auch nach einem operativen Eingriff verbleiben. Es ist somit nicht gesichert, dass sich durch die von der Klägerin begehrte Bauchdeckenrevisionsoperation der von ihr gewünschte Zustand tatsächlich auch herstellen lässt. Im Gegenteil belegen die Ausführungen von Dr. A., dass die Narbenkorrektur nicht zur Wiederherstellung des Zustandes im Bauchbereich der Klägerin wie vor der Bauchstraffungsoperation im Jahr 1999 führen würde.
Soweit den Angaben der Klägerin im Laufe des Klage- sowie Berufungsverfahrens zu entnehmen ist, dass sie ihre ganze Hoffnung in den operativen Eingriff setzt und davon ausgeht, dass durch den operativen Eingriff der Bauch sich wieder der Zustand vor der Schönheitsoperation im Jahr 1999 herstellen lässt, ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass sich die Notwendigkeit einer zudem mit erheblichen Risiken verbundenen Behandlung (hier: Revisionsoperation) nicht mit subjektiven Erwartungen und Hoffnungen begründen lässt. Infolge der Dysmorphobie der Klägerin ist nach Überzeugung des Senats ohnedies damit zu rechnen, dass die Klägerin mit einem eventuellen operativen Eingriff nicht zufrieden sein wird, da dieser den von ihr angestrebten Zustand nicht wieder herstellen kann. Auch Prof. Dr. P. hat in seinem nach Aktenlage erstellten Gutachten darauf hingewiesen, dass nicht zu erwarten ist, dass sich die beschriebenen Veränderungen nach einem solchen Eingriff tatsächlich bessern.
Der Senat weist ferner in diesem Zusammenhang ergänzend auch auf sein Urteil vom 28.07.2004 (L 11 KR 896/04, juris) hin, wonach eine Bauchdeckenkorrektur zu Lasten der Krankenkasse nur als ultima ratio in Betracht kommt, wenn die üblichen Behandlungsmöglichkeiten erschöpft sind. Psychische Störungen sind in der Regel mit Mitteln der Psychiatrie und Psychotherapie zu behandeln. Es würde zu einer mit der Vorschrift des § 27 SGB V und dem in § 12 SGB V in der niedergelegten Wirtschaftlichkeitsgebot unvereinbaren Ausweitung der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen führen, wenn Versicherte auf Kosten der Krankenkassen operative Eingriffen vornehmen lassen könnten, um einen im Normbereich liegenden Operationszustand zu verändern, weil sie psychisch auf die gewünschte Veränderung fixiert sind. Eine Grenzziehung zur rein kosmetischen Operation wäre nicht möglich (vgl BSG 10.02.1993, B 1 RK 14/92, SozR 3-2200 § 182 Nr 14). Im vorliegenden Fall ist zwar ein regelwidriger Körperzustand in Form des rezidivierenden Narbenekzems vorhanden. Für die Beseitigung desselben ist jedoch die begehrte Bauchdeckenrevisionsoperation nicht medizinisch notwendig.
Auch soweit die Klägerin die Notwendigkeit der Operation mit ästhetischen Argumenten begründet, führt dies nicht zu einer Notwendigkeit der Kostenübernahme durch die Beklagte. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (28.02.2008, B 1 KR 19/07 R, SozR 4 - 2500 § 27 Nr 14) können Versicherte Krankenbehandlungen wegen Entstellung nur beanspruchen, wenn sie objektiv an einer körperlichen Auffälligkeit von so beachtlicher Erheblichkeit leiden, dass sie die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gefährdet. Das BSG hat hierzu ausgeführt, dass eine beachtliche Erheblichkeitsschwelle überschritten sein müsse, um eine Auffälligkeit eines solchen Ausmaßes zu erreichen. Es genüge nicht allein ein markantes Gesicht oder generell die ungewöhnliche Ausgestaltung von Organen, etwa die Ausbildung eines 6. Fingers an einer Hand. Vielmehr müsse die körperliche Auffälligkeit in einer solchen Ausprägung vorhanden sein, dass sie sich schon bei flüchtiger Begegnung in der alltäglichen Situation quasi "im Vorübergehen" bemerkbar mache und regelmäßig zur Fixierung des Interesses Anderer auf den Betroffenen führe. Dies gelte auch gerade vor dem Hintergrund, dass die Rechtsordnung im Sinne der Eingliederung behinderter Menschen fordere, dass Nichtbehinderte ihre Wahrnehmung von Behinderten korrigieren müsse. Die Rechtsprechung hat als Beispiele für eine Entstellung das Fehlen natürlichen Kopfhaares bei einer Frau, eine Wangenatrophie oder Narben im Lippenbereich angenommen oder erörtert. Da sich die Narbenplatte bei der Klägerin auf dem Bauch befindet und somit regelmäßig von Kleidung überdeckt ist, liegt keine besondere Auffälligkeit vor (vgl hierzu auch BSG 28.02.2008, B 1 KR 19/07 R, aaO). Die von der Klägerin als unästhetisch empfundene Körperform und die Narben im Bauchbereich erreichen nicht die Erheblichkeitsschwelle im Sinne der dargestellten Rechtsprechung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat im Rahmen seines Ermessens insbesondere berücksichtigt, dass die Klägerin in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben ist.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
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