L 11 R 1647/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 2714/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 1647/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 21.03.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung ab 01.01.2012.

Der 1969 geborene Kläger hat keinen Beruf erlernt. Er war ua als Verkäufer, Altenpflegehelfer und zuletzt ab 07.03.2003 als Wachmann versicherungspflichtig beschäftigt, das Arbeitsverhältnis endete am 30.09.2011. Vom 05.06.2010 bis 29.07.2011 bezog der Kläger Krankengeld, ab 30.07.2011 Arbeitslosengeld und nach Erschöpfung des Anspruchs Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Seit 19.04.2011 ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 vH anerkannt.

Vor dem Sozialgericht Mannheim (SG) stritt der Kläger mit der Beklagten um die Gewährung medizinischer Leistungen zur Rehabilitation. Das SG holte ein nervenärztliches Gutachten bei Dr. Sch. ein. In dem Gutachten vom 09.01.2012 stellte Dr. Sch. fest, dass dem Kläger seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit im Sicherheitsdienst aus psychiatrischer Sicht nicht mehr zumutbar sei, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne er jedoch noch vollschichtig verrichten. Dr. Sch. empfahl die Gewährung eines stationären medizinischen Heilverfahrens. Der Kläger nahm daraufhin seine Klage (S 11 R 1762/11) zurück und führte aus, das Klageverfahren habe sich viel zu lange hingezogen und er habe keine Kraft mehr, eine Rehabilitationsmaßnahme durchzustehen.

Am 17.01.2012 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. In dem daraufhin von der Beklagten veranlassten internistischen Gutachten vom 09.05.2012 stellte Dr. B. folgende Gesundheitsstörungen fest: Belastungsdyspnoe bei nikotinassoziierter COPD Stadium II und Lungensarkoidose, Angst und depressive Störung gemischt, zu Vermeidungsverhalten neigende unreife Persönlichkeit, Lumbago ohne funktionelle Einschränkungen oder Wurzelreiz, Hypercholesterinämie und Hyperurikämie. Es bestehe eine vollschichtige Leistungsfähigkeit für mittelschwere körperliche Arbeiten. Tätigkeiten mit besonderer psychischer Belastung, Absturzgefahr, häufigem Klettern oder Steigen, Belastungen durch inhalative Noxen sowie mit besonderer und anhaltender Belastung durch Kälte, Nässe oder Zugluft sollten nicht abverlangt werden. Daneben zog die Beklagte Gutachten des Ärztlichen Dienstes der Bundesagentur (Dr. Schm. vom 28.07.2011) und des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen ((MDK) Dr. K.-T. vom 02.02.2011) bei. Diese beiden Gutachter gingen ebenfalls von einem vollschichtigen Leistungsvermögen des Klägers für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten aus. Mit Bescheid vom 10.05.2012 lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit der Begründung ab, der Kläger könne nach medizinischer Beurteilung noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein.

Hiergegen legte der Kläger am 16.05.2012 Widerspruch ein, den er unter Vorlage ärztlicher Atteste weiter begründete. In dem Attest von Dr. A. vom 22.06.2012 wurde ausgeführt, dass bei dem Kläger eine Lungenfibrose auf dem Boden einer Sarkoidose Grad III sowie eine COPD II vorliege, weshalb der Kläger maximal vier bis sechs Stunden täglich für leichte körperliche Arbeit belastbar sei. Die schwere Depression dürfte zusätzlich die Arbeitsfähigkeit stark beeinträchtigen oder sogar vollständige Erwerbsunfähigkeit verursachen. In einem nervenärztlichen Attest des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. St. vom 20.07.2012 wurde ausgeführt, dass der Kläger unter einer depressiven Episode und Panikattacken leide; er sei erheblich in seiner Konzentrationsfähigkeit, Auffassungsgabe und Belastbarkeit beeinträchtigt, weshalb eine geistige oder körperliche Tätigkeit derzeit nicht durchführbar sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.08.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und verwies darauf, dass unter Berücksichtigung aller Gesundheitsstörungen nach Auffassung ihres Sozialmedizinischen Dienstes keine Auswirkungen ersichtlich seien, die das Leistungsvermögen des Klägers für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zeitlich einschränkten.

Hiergegen richtet sich die am 20.08.2012 zum SG erhobene Klage, zu deren Begründung der Kläger ausführlich die Verschlechterung seines Gesundheitszustandes in den letzten Jahren dargestellt und gerügt hat, dass die Beklagte die von ihm vorgelegten Atteste seiner behandelnden Ärzte völlig ignoriere und von Erwerbsfähigkeit ausgehe, obwohl seine Ärzte genau das Gegenteil attestierten.

Das SG hat die Akten zum Rehabilitationsverfahren (S 11 R 1762/11) beigezogen und die behandelnden Ärzte des Klägers Dr. St. und Dr. A. schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Dr. St. hat mit Schreiben vom 05.11.2012 ausgeführt, dass der Kläger unter Angst und depressiver Störung gemischt sowie Belastungsdyspnoe leide und nur unter drei Stunden täglich belastungsfähig sei. Dr. A. hat mit Schreiben vom 27.11.2012 mitgeteilt, dass der Kläger bei Vorliegen einer Sarkoidose III, COPD und einer Depression sechs bis acht Stunden täglich eine leichte Tätigkeit verrichten könne. Ergänzend hat das SG ein nervenärztliches Gutachten bei Dr. N. eingeholt. In dem Gutachten vom 28.01.2013 gelangt Dr. N. zu der Beurteilung, dass der Kläger bei Vorliegen von Angst und depressiver Störung gemischt sowie einer gemischten Persönlichkeitsstörung noch vollschichtig leistungsfähig sei.

Mit Gerichtsbescheid vom 21.03.2013 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger sei nicht erwerbsgemindert. Zu dieser Überzeugung sei das SG nach Durchführung der Beweisaufnahme insbesondere aufgrund des Gutachtens von Dr. N. vom 28.01.2013 und der Angaben der behandelnden Lungenfachärztin Dr. A. vom 27.11.2012 gelangt. Nach den Feststellungen von Dr. N. seien Konzentration und Aufmerksamkeit des Klägers bei der Untersuchung unauffällig gewesen, er habe eine gute Schwingungsfähigkeit gezeigt, der Antrieb sei unauffällig gewesen und er habe keine psychomotorischen Auffälligkeiten gezeigt. Unter Berücksichtigung des vom Kläger geschilderten Tagesablaufs sei Dr. N. schlüssig und überzeugend zu dem Ergebnis gelangt, dass beim Kläger zwar eine gemischte Persönlichkeitsstörung mit selbstunsicheren, passiv-dependenten Zügen sowie Angst und depressive Störung gemischt vorliege, dies unter Berücksichtigung von qualitativen Einschränkungen einer vollschichtigen leichten Tätigkeit jedoch nicht entgegen stehe. Diese Einschätzung decke sich in vollem Umfang mit derjenigen von Dr. Sch. in dessen Gutachten im Reha-Verfahren sowie der Einschätzung von Dr. Schm. vom Ärztlichen Dienst der Agentur für Arbeit und der Einschätzung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung. Die vom behandelnden Neurologen und Psychiater Dr. St. behauptete Konzentrations- und Auffassungsstörung habe sich im Rahmen der Untersuchungen durch Dr. N. und Dr. Sch. nicht bestätigen lassen. Dr. St. habe lediglich die subjektiven Angaben des Klägers zugrunde gelegt, seine Leistungseinschätzung überzeuge das SG nicht. Im Bezug auf die Lungenerkrankung habe die behandelnde Lungenfachärztin schlüssig und überzeugend dargelegt, dass diese einer leichten vollschichtigen Tätigkeit des Klägers ebenfalls nicht entgegen stehe. Dies werde dadurch bestätigt, dass der Kläger bereits seit vielen Jahren an dieser Erkrankung leide und dennoch bis ins Jahr 2010 hinein eine Erwerbstätigkeit ausgeübt worden sei. Entgegen der Auffassung des Klägers führe seine anerkannte Schwerbehinderteneigenschaft nicht bereits zu einer Erwerbsminderung.

Hiergegen richtet sich die am 15.04.2013 eingelegte Berufung des Klägers. Er verweist erneut auf den anerkannten Grad der Behinderung von 50 vH, mit dem die Lungenkrankheit, das Lendenwirbelsyndrom und sein Nervenleiden anerkannt worden seien. Die sich seit der letzten Beschäftigung als bewaffneter Wachmann extrem verschlechterte Sarkoidose äußere sich sowohl in Ruhephasen als auch bei Belastung in Atemnot sowie Erstickungsgefühlen. Angstzustände und Panikattacken begleiteten ihn ständig. Auch seine Konzentrations- und Merkfähigkeit habe stark abgenommen. Das Lendenwirbelsäulensyndrom verursache ständig wiederkehrende Rückenschmerzen. Außerdem leide er seit Jahren an Schlafstörungen, vor Jahren sei zudem eine serborrhoische Dermatitis diagnostiziert worden, er habe auch innerhalb von zwei Jahren dreimal zu einer Darmuntersuchung wegen Blut im Stuhl gemusst. Da seit Jahren sämtliche Erkrankungen chronisch verliefen, sei er gezwungen, sich entsprechend seiner Krankheiten zu verhalten und zu verhindern, dass sich diese weiter verschlimmerten. Es sei ihm deshalb nicht mehr möglich, irgendwelche beruflichen Aufgaben auszuführen. Er müsse den noch verbleibenden Rest seiner Gesundheit vor der Willkür der Rentenversicherung oder sonstiger Ämter schützen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 21.03.2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.08.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01.01.2012 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist zur Begründung auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines internistisch-arbeitsmedizinischen Gutachtens bei Dr. S ... In dem Gutachten vom 28.07.2013 hat Dr. S. ausgeführt, dass bei dem Kläger eine Sarkoidose (Erstdiagnose 1993) bekannt sei. Im Rahmen der Ergospirometrie sei es bei dem Kläger selbst bei einer Belastung bis 140 Watt, entsprechend schwerer körperlicher Arbeit, nicht zu Gasaustauschstörungen oder limitierenden Veränderungen im Sinne einer Ausschöpfung der kardio-respiratorischen Leistungsfähigkeit gekommen. Die Sarkoidose habe daher nicht zu Veränderungen geführt, die der Verrichtung leichter und auch mittelschwerer körperlicher Arbeiten entgegenstünden. Auch die COPD Stadium III führe aus den genannten Gründen nicht zu einer quantitativen Einschränkung des Leistungsvermögens, die erhöhten Risikofaktoren Hypercholesterinämie, Hypertriglyceridämie und Hyperurikämie hätten auf das Leistungsvermögen keine Auswirkungen. Leichte und mittelschwere körperliche Arbeiten in geschlossenen Räumen, bei entsprechender Kleidung auch im Freien seien ohne Einwirkung reizender inhalativer Substanzen sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche möglich.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die Akten des SG S 11 R 1762/11 und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, hat keinen Erfolg.

Die nach §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, in der Sache jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 10.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.08.2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch - (SGB VI) in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554). Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).

Nach dem Ergebnis der vom SG und vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme sowie unter Berücksichtigung des im Verwaltungsverfahrens eingeholten Gutachtens von Dr. B., das der Senat im Wege des Urkundenbeweises verwertet, steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger jedenfalls noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne Nachtschicht und ohne Belastung durch inhalative Noxen sechs Stunden und mehr an fünf Tagen pro Woche verrichten kann. Der Kläger ist damit weder voll - noch teilweise erwerbsgemindert. Der Senat stützt sich insoweit im Wesentlichen auf die Gutachten von Dr. S., Dr. N., Dr. Sch. und Dr. B. sowie die Aussage der behandelnden Ärztin Dr. A. Bestätigt wird diese Beurteilung ebenfalls durch die Gutachten von Dr. Schm. (Ärztlicher Dienst der Bundesagentur für Arbeit) und Dr. K.-T. (MDK). Danach besteht bei dem Kläger Angst und depressive Störung gemischt, eine Persönlichkeitsstörung, Sarkoidose III, COPD sowie Hypercholesterinämie, Hypertriglyceridämie und Hyperurikämie und ein Lendenwirbelsäulensyndrom. Das Vorliegen dieser Gesundheitsstörungen ergibt sich übereinstimmend aus sämtlichen vorliegenden medizinischen Unterlagen.

Mit den vorhandenen Gesundheitsstörungen ist der Kläger noch in der Lage, zumindest leichte Tätigkeiten ohne Nachtschicht und ohne Belastung durch inhalative Noxen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Die vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen durch die Sarkoidose III und COPD bedingen nur eine leichte Minderung der Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben, wie sich aus den Gutachten von Dr. S., Dr. B. und der Aussage der behandelnden Ärztin Dr. A. ergibt. Insbesondere konnte der Kläger bei der Ergospirometrie, welche im Rahmen der Begutachtung durch Dr. S. veranlasst wurde, bis 140 Watt belastet werden. Diese Belastung war möglich, ohne dass die anaerobe Schwelle überschritten worden oder die kardio-respiratorischen Leistungsreserven ausgeschöpft waren. Die Blutgase waren auch unter Belastungsbedingungen völlig unauffällig, sodass eine Blutgasaustauschstörung bei bekannter Sarkoidose ausgeschlossen werden konnte. Dr. s. hat insoweit schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt, dass weder durch die Sarkoidose noch die COPD relevante Einschränkungen des kardio-pulmonalen Systems vorliegen. Aus internistischer Sicht sind insoweit lediglich Arbeiten unter Einwirkung reizender inhalativer Substanzen zu vermeiden, eine Leistungsbeeinträchtigung in zeitlicher Hinsicht ergibt sich jedoch nicht. Aus nervenärztlicher Sicht liegen Angst und depressive Störung gemischt sowie eine Persönlichkeitsstörung vor, die jedoch Einschränkungen lediglich insoweit bedingen, dass dem Kläger keine Tätigkeiten mehr in Nachtschicht zugemutet werden sollen. Der Senat stützt sich insoweit insbesondere auf die Gutachten von Dr. N. und Dr. Sch ... Wie das SG bereits zutreffend ausgeführt hat, waren sowohl bei der Untersuchung durch Dr. Sch., wie auch durch Dr. N. Auffassung und Konzentration des Klägers während der ausführlichen Exploration ungestört, der Antrieb war normal und das inhaltliche und formale Denken unauffällig. Dr. N. hat insoweit ausführlich darauf hingewiesen, dass die im Vordergrund der Beschwerden stehende Persönlichkeitsstörung seit der Jugend bzw dem frühen Erwachsenenalter bestehe und immerhin einer vollschichtigen Tätigkeit im Sicherheitsdienst über acht Jahre hinweg nicht im Wege gestanden habe. Unter Berücksichtigung der Gestaltungsfähigkeit des Alltags und des Soziallebens ist nach den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen von Dr. N. eine wesentliche Beeinträchtigung nicht zu erkennen, denn der Kläger ist in der Lage, regelmäßig Auto zu fahren, seinen Haushalt zu versorgen, Ausflüge in entfernte Städte zu unternehmen und lebt seit 2004 in einer stabilen Beziehung. Das Lendenwirbelsäulensyndrom bedingt über die vom Senat bereits zugrunde gelegte Beschränkung auf leichte körperliche Tätigkeiten keine weiteren Einschränkungen der Leistungsfähigkeit. Bereits Dr. Sch. hat darauf hingewiesen, dass Rückenbeschwerden im Rahmen der Untersuchung in keiner Weise im Vordergrund gestanden hätten, Schonhaltungen oder Ausweichbewegungen habe der Kläger während der Dauer der Exploration nicht vorgenommen. Dr. B. konnte bei seiner Untersuchung der Wirbelsäule sogar eine ausgesprochen gute Beweglichkeit ohne Bewegungseinschränkungen oder Wurzelreizsymptome feststellen. Auch Dr. N. hat ausdrücklich festgestellt, dass keinerlei neurologische Ausfälle bestehen. Eine Einschränkung des Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht ist daher keinesfalls anzunehmen. Im Übrigen ist der Kläger wegen der von ihm geklagten Rückenschmerzen nicht in regelmäßiger orthopädischer Behandlung.

Durch die vom SG und dem Senat durchgeführte Beweiserhebung ist die Leistungseinschätzung des behandelnden Arztes Dr. S. widerlegt. Der Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit eines Versicherten durch gerichtliche Sachverständige kommt nach st Rspr des Senats (vgl Urteil vom 17.01.2012, L 11 R 4953/10) grundsätzlich ein höherer Beweiswert zu als der Einschätzung der behandelnden Ärzte. Bei der Untersuchung von Patienten unter therapeutischen Gesichtspunkten spielt die Frage nach der Einschätzung des beruflichen Leistungsvermögens idR keine Rolle. Dagegen ist es die Aufgabe des gerichtlichen Sachverständigen, die Untersuchung gerade im Hinblick darauf vorzunehmen, ob und in welchem Ausmaß gesundheitliche Beschwerden zu einer Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens führen. In diesem Zusammenhang muss der Sachverständige auch die Beschwerdeangaben eines Versicherten danach überprüfen, ob und inwieweit sie sich mit dem klinischen Befund erklären lassen. Die häufig auch an die behandelnden Ärzte gerichtete Frage nach der Erwerbsfähigkeit eines Versicherten dient in erster Linie dazu, dem Gericht die Entscheidung über weitere Beweiserhebungen von Amts wegen zu erleichtern. Ist selbst nach Meinung der behandelnden Ärzte eine Einschränkung der Erwerbsfähigkeit ausgeschlossen, kann häufig auf die (nochmalige) Einholung eines Sachverständigengutachtens verzichtet werden. Die Ansicht von Dr. St., wonach die beim Kläger vorliegenden Erkrankungen die Verrichtung auch einer leichten Tätigkeit im Umfang von sechs Stunden ausschließen, ist durch die fachspezifischen Begutachtungen durch Dr. Sch. und Dr. N. widerlegt. Insbesondere konnten hierdurch bereits die von Dr. St. mitgeteilten Befunde einer erheblichen Einschränkung von Konzentration und Auffassung nicht bestätigt werden. Angesichts dessen ist die Aussage von Dr. St. für den Senat nicht schlüssig. Dr. A., die in dem vom Kläger vorgelegten Attest vom 22.06.2012 noch eine Leistungsfähigkeit von 4 bis 6 Stunden angegeben hatte, hat diese Auffassung bereits bei förmlicher Befragung durch das SG revidiert (Schreiben vom 27.11.2012). Zudem haben die Gutachten von Dr. B. und insbesondere Dr. S. eindeutig ergeben, dass die Lungenerkrankung und COPD das Leistungsvermögen des Klägers in zeitlicher Hinsicht nicht einschränken, wie bereits dargelegt.

Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich auch unter Berücksichtigung des anerkannten GdB von 50 vH keine andere Beurteilung. Die Festsetzung des GdB nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch bzw dem früheren Schwerbehindertengesetz erfolgt nach anderen Maßstäben als die Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit in der gesetzlichen Rentenversicherung. Der GdB ist das Maß für behinderungsbedingte Funktionsbeeinträchtigungen, die von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und sich in verschiedenen Lebensbereichen, also nicht nur im Erwerbsleben, auswirken. Rückschlüsse aus einem bestimmten GdB auf eine Einschränkung des Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht für den Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung sind nicht möglich (vgl Landessozialgericht Berlin-Brandenburg 22.11.2012, L 22 R 43/12, juris).

Bei der noch vorhandenen Leistungsfähigkeit des Klägers - leichte Arbeiten mindestens sechs stündig, ohne Nachtschicht und ohne Belastung durch inhalative Reizstoffe - muss dem Kläger eine konkrete Tätigkeit, die er noch verrichten kann, nicht benannt werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit, die der Versicherte mit seinem Leistungsvermögen noch auszuüben vermag, wird von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) jedenfalls in den Fällen für erforderlich gehalten, in denen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG Großer Senat 19.12.1996, BS 2/95, BSGE 80, 24 = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Für die Prüfung, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt, gibt es keinen konkreten Beurteilungsmaßstab. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls. Daher ist eine genaue Untersuchung erforderlich, welche Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen durch die beim Versicherten vorliegenden Gesundheitsstörungen im Einzelnen ausgeschlossen sind (BSG 19.08.1997, 13 RJ 55/96 und 30.10.1997, 13 RJ 49/97). Die Pflicht zur konkreten Benennung einer Verweisungstätigkeit hängt von der Anzahl, Art und Schwere der bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen ab. Je mehr diese geeignet erscheinen, gerade auch typische Arbeitsplätze für körperlich leichte Tätigkeiten zu versperren, umso eingehender und konkreter muss dargelegt werden, welche Tätigkeiten der Versicherte noch verrichten kann.

Der Kläger kann zwar nach den Ausführungen der im Verwaltungs- und gerichtlichen Verfahren gehörten Gutachter Dr. B., Dr. Sch., Dr. N. und Dr. S. bestimmte Tätigkeiten nicht mehr durchführen. Diese so genannten qualitativen Einschränkungen gehen aber nicht über das hinaus, was bereits mit der Begrenzung des Leistungsvermögens auf nur noch leichte Tätigkeiten erfasst wird. Tätigkeiten mit Absturzgefahr, häufigem Klettern oder Steigen (Gutachten Dr. B.) oder Zwangshaltungen der Wirbelsäule sind bereits nicht mehr als leicht zu bezeichnen. Der Ausschluss von Arbeiten in Nachtschicht (Gutachten Dr. Sch. und Dr. N.) versperrt den Zugang zu typischen Arbeitsplätzen für leichte körperliche Arbeiten nicht in nennenswerter Weise. Gleiches gilt für die Belastung durch inhalative Reizstoffe (Gutachten Dr. B. und Dr. S.) oder - der Gesundheit generell abträglich - Arbeiten unter Einfluss von Kälte, Nässe oder Zugluft. Die beim Kläger bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen, die sämtlich nicht ungewöhnlich sind, lassen keine ernstlichen Zweifel daran aufkommen, dass dieser noch wettbewerbsfähig in einem Betrieb einsetzbar ist. Aus den bestehenden Einschränkungen ergeben sich damit weder schwere spezifische Leistungsbehinderungen, noch stellen die qualitativen Leistungseinschränkungen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen (vgl BSG 11.03.1999, B 13 RJ 71/97 R, juris) dar. Der Kläger ist auch in der Lage, viermal täglich eine Wegstrecke von 500 m innerhalb von jeweils 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen sowie öffentliche Verkehrsmittel zu Hauptverkehrszeiten zweimal am Tag zu benutzen. Dies geht übereinstimmend aus den Gutachten von Dr. B., Dr. N. und Dr. S. hervor. Die dort erhobenen Befunde haben keinerlei Einschränkung der Wegefähigkeit erbracht.

Der Kläger ist demnach nach Überzeugung des Senats noch in der Lage, ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit und unter Beachtung der dargestellten qualitativen Leistungseinschränkungen zumindest leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden an fünf Tagen pro Woche zu verrichten. Dieses Leistungsvermögen besteht nach Überzeugung des Senats seit Januar 2012 und seither durchgehend. Mit diesem Leistungsvermögen ist der Kläger nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs 3 SGB VI); er hat damit keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser bzw voller Erwerbsminderung.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Voraussetzung eines solchen Rentenanspruchs ist, dass der Kläger vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig ist (§ 240 SGB VI). Da der Kläger nach dem Stichtag im Jahr 1969 geboren ist, kommt ein Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit schon ungeachtet dessen nicht in Betracht, dass der Kläger als Ungelernter auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden könnte.

Der Sachverhalt ist damit vollständig aufgeklärt; die vorhandenen Gutachten von Dr. B., Dr. Sch., Dr. N. und Dr. S. sowie die Aussage der behandelnden Ärztin Dr. A. bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats. Die vorliegenden ärztlichen Äußerungen haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, §§ 414, 418 Zivilprozessordnung).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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