Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 9 P 2629/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 P 2095/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 10. April 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung von Pflegegeld nach der Pflegestufe III ab 1. Februar 2012.
Die am 1939 geborene Klägerin ist bei der beklagten Pflegekasse gesetzlich pflegeversichert. Sie leidet unter einer Demenzerkrankung, rezidivierenden Rückenschmerzen, einer Tröpfcheninkontinenz, unter einem Zustand nach einer transitorischen ischämischen Attacke (TIA) und außerdem an einer Tachyarrhythmia, arteriellen Hypertonie und Stauungsdermatitis.
Nach eigenen Angaben beantragte die Klägerin erstmals im Jahr 2006 die Gewährung von Leistungen der Pflegeversicherung, was die Beklagte abgelehnt habe. Unterlagen hierüber sind bei der Beklagten nicht vorhanden und wurden von der Klägerin nicht vorgelegt.
Am 5. Februar 2012 beantragte die Klägerin Geldleistungen bei der Beklagten. Sie gab an, die Pflege sei wegen demenzieller Beeinträchtigung und Schädigungen des Bewegungsapparats besonders anstrengend und zeitintensiv. Hilfe benötige sie im Bereich der Körperpflege und der Mobilität. Pflegefachkraft S., Medizinischer Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK), nannte in ihrem Gutachten vom 17. April 2012 aufgrund einer Untersuchung der Klägerin als pflegebegründende Diagnosen ein leichtes Selbstpflegedefizit bei Zustand nach TIA und Demenz, Mobilitätseinschränkungen bei rezidivierenden Schmerzen im rechten Bein bei Zustand nach Erysipel bei Stauungsdermatitis mit Unterschenkelödem, rezidivierende Rückenschmerzen und eine abhängig kompensierte Blaseninkontinenz und schätzte den durchschnittlichen täglichen Zeitaufwand für die Verrichtungen der Grundpflege auf 19 Minuten (Körperpflege neun Minuten, Ernährung zwei Minuten, Mobilität acht Minuten). Die Klägerin benötige Hilfe beim Waschen des Rückens und der Füße, punktuelle Anleitung beim Duschen, je nach Tagesform Hilfe beim Ein- und Aussteigen in und aus der Unterkörperbekleidung und Hilfe beim An- und Ausziehen der kurzen Kompressionsstrümpfe. Außerdem müsse nach dem Stuhlgang teilweise nachgewischt und sie müsse zum Wechseln der Vorlagen aufgefordert werden. Die Orientierung in der Wohnung sei gegeben, die Gedächtnisleistungen seien vermindert. Mit Bescheid vom 30. April 2012 lehnte die Beklagte die Bewilligung von Pflegegeld ab, bewilligte jedoch ab 1. Februar 2012 die Kosten für zusätzliche Betreuungsleistungen von bis zu EUR 100,00 monatlich gegen Nachweis der Kosten. Die Klägerin erhob Widerspruch. Sie beanstandete, dass die Gutachterin keine Ärztin sei und trug vor, die Pflege sei zeitaufwändiger. Auf Veranlassung der Beklagten erstattete Pflegefachkraft Lohner, MDK, nach Untersuchung der Klägerin das Gutachten vom 18. Juni 2012. Als pflegebegründende Diagnosen nannte sie eine demenzielle Entwicklung nach TIA, Blaseninkontinenz und rezidivierende Harnwegsinfekte. Sie schätzte den Zeitaufwand für die Verrichtungen der Grundpflege auf 26 Minuten (Körperpflege elf Minuten, Ernährung vier Minuten, Mobilität acht Minuten). Aufgrund der Fähigkeitsstörungen benötige die Klägerin einmal wöchentlich Hilfe beim Duschen mit Haare waschen und fallweise Hilfe beim Waschen des Rückens und der Füße sowie beim Anziehen von Strumpfhose und Schuhen. Außerdem sei Hilfe erforderlich beim An- und Ausziehen der Venenkompressionsstrümpfe und beim Einstieg in die Duschtasse. Auf der Toilette brauche die Klägerin Hilfe beim Säubern nach dem Stuhlgang und beim Vorlagenwechsel. Zum genügenden Trinken müsse sie immer wieder angehalten werden. Mit Widerspruchsbescheid vom 11. September 2012 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch zurück. Die von den Gutachtern vorgenommenen Bewertungen erschienen - auch in zeitlicher Hinsicht - realistisch. Der festgestellte zeitliche Hilfebedarf in der Grundpflege entspreche nicht dem vom Gesetzgeber geforderten Wert von wenigstens 46 Minuten. Die gesetzlichen Voraussetzungen für Pflegestufe I lägen nicht vor.
Am 24. September 2012 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG). Sie sei hilfebedürftig. Die von den Gutachtern des MDK festgestellte Zeit sei bei Weitem nicht zutreffend. Zudem sei sie schwerbehindert. Die Gewährung der Pflegestufe III sei angemessen.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG hörte Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. B. als sachverständige Zeugin und beauftragte Pflegefachkraft F. mit der Erstattung eines Gutachtens. Dr. B. (Auskunft vom 7. November 2012) gab an, dass seit Oktober 2010 eine zunehmende Verschlechterung der gesamten Gesundheitssituation der Klägerin zu beobachten sei. Nach den glaubwürdigen Angaben der Familie sei ein erhöhter Pflegebedarf bei der Nahrungsaufnahme, bei der mundgerechten Zubereitung der Nahrung, beim Aufstehen und Zubettgehen, An- und Entkleiden, der Körperpflege und beim Einreiben mit Pflegesalbe erforderlich. Sie fügte Arztbriefe des Arztes für HNO-Heilkunde C. vom 31. Oktober 2012 (Diagnosen: Epistaxis links, Antikoagulanzientherapie, Septumdeviation), des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. En. vom 26. Oktober 2010 (Diagnose: dementiver Abbauprozess) und der Prof. Dr. St., Oberärztin der Universitäts-Hautklinik T. vom 5. Juni 2012 (Diagnosen: Chronisch venöse Insuffizienz, Zustand nach Erysipel bei Stauungsdermatitis Unterschenkel links - April 2012 -) sowie die Entlassungsbriefe der Internistin und Chefärztin des Krankenhauses Albstadt Dr. Bi. vom 28. September 2010 über die stationäre Behandlung vom 22. bis 28. September 2010 (Diagnose: TIA, bekannte Tachyarrhythmia absoluta bei Vorhofflimmern, kardiovaskuläre Risikofaktoren: Arterielle Hypertonie) und des Internisten und Chefarzt des Z.-klinikums H. Prof. Dr. Tr. vom 21. März 2012 über den stationären Aufenthalt der Klägerin vom 12. bis 20. März 2012 wegen eines hochfieberhaften Harnwegsinfekts, des Verdachts auf eine Stauungsdermatitis, einer Hyponatriämie und Hypokaliämie, eines Zustand nach TIA, bekannter Tachyarrhythmia absoluta bei Vorhofflimmern, bekannter Demenz und kardiovaskulären Risikofaktoren: arterielle Hypertonie bei. Die Sachverständige F. untersuchte die Klägerin am 14. Januar 2013 in häuslicher Umgebung und erstattete am 17. Februar 2013 ihr Gutachten. Pflegebegründende Hauptdiagnosen seien ein dementiver Abbauprozess, Zustand nach TIA und Apoplex sowie rezidivierende Rückenschmerzen. Als weitere Diagnosen bestünden eine Tachyarrhythmia absoluta bei Vorhofflimmern, eine arterielle Hypertonie und eine Stauungsdermatitis. Die Klägerin sei körperlich und auch geistig noch in der Lage, die Körperpflege größtenteils selbstständig durchzuführen, müsse zum Waschen aber teilweise aufgefordert werden und benötige aufgrund körperlicher Einschränkungen Hilfe beim Waschen des Rückens, des Intimbereichs hinten, der Haare und der Füße. Da sie die Intimpflege nach dem Stuhlgang nicht immer ausreichend gründlich durchführe, sollte sie abends zur Intimpflege aufgefordert werden und ihr dabei teilweise geholfen werden. Außerdem benötige sie morgens und abends Hilfe beim Wechseln kleiner Vorlagen. Zum ausreichenden Trinken müsse sie je nach Tagesform und zum Anziehen frischer und teilweise auch der Witterung entsprechender Kleidung ebenfalls immer wieder aufgefordert werden. Beim Anziehen des Unterkörpers benötige sie Hilfe bis die Kleidung ungefähr auf Kniehöhe sei, abends teilweise beim Entkleiden des Unterkörpers und Ankleiden des Schlafanzuges. Beim An- und Ausziehen der Oberschenkelkompressionsstrümpfe beidseits sei vollständige Hilfe erforderlich. Die Sachverständige schätzte den Gesamtpflegebedarf der Klägerin auf 29 Minuten (Körperpflege 14 Minuten, Ernährung zwei Minuten, Mobilität 13 Minuten).
Mit Gerichtsbescheid vom 10. April 2013 wies das SG die Klage ab. Alle eingeholten Gutachten kämen mit einem ermittelten Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege zwischen 19 und 29 Minuten zu einem Ergebnis, das deutlich unterhalb dem für die Pflegestufe I maßgeblichen Schwellenwert von 45 Minuten liege. Das SG folge den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen der gerichtlich veranlassten Begutachtung. Sämtliche notwendigen Hilfen seien sowohl in der Häufigkeit wie auch zeitlich ausreichend berücksichtigt. Die Sachverständige F. sei fachkundig und in der Erstellung von Pflegegutachten erfahren. Ihre Darlegungen seien in sich schlüssig und nachvollziehbar. Die Begutachtung und die gewählten Zeitansätze würden den Richtlinien der Spitzenverbände der Pflegekassen zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch - SGB XI - (Begutachtungs-Richtlinien) entsprechen. In nachvollziehbarer Weise habe sie auch dargelegt, dass ein Großteil des geltend gemachten Hilfebedarfs dem Bereich der Behandlungspflege, der Hauswirtschaft und insbesondere dem allgemeinen Betreuungs- und Beaufsichtigungsbedarf zuzurechnen sei. Auf die Schwere und Vielzahl der diagnostizierten Erkrankungen der Klägerin sei für die Annahme von Pflegebedürftigkeit nicht abzustellen.
Gegen den ihr am 13. April 2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 2. Mai 2013 Berufung eingelegt. Sie ist weiterhin der Auffassung, dass der Zeitaufwand für die Pflege weitaus höher sei. Auch ein Profi könne dies in der angegebenen Zeit nicht schaffen. Zudem seien die Erkrankungen schlimmer und verschlimmerten sich täglich. Es seien lediglich ihre Fähigkeiten, nicht jedoch ihr Denkvermögen bzw. das Merkverhalten geprüft worden.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 10. April 2013 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 30. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. September 2012 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr Pflegegeld nach der Pflegestufe III ab 1. Februar 2012 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Seit 1. Januar 2013 erhält die Klägerin im Rahmen der Übergangsregelung verbesserte Pflegeleistungen für Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz Pflegegeld nach § 123 Abs. 2 Nr. 1 SGB XI in Höhe von monatlich EUR 120,00 (Bescheid vom 17. Januar 2013).
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und auch statthaft. Die Klägerin begehrt Leistungen für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 30. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. September 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Streitgegenstand ist allein der Bescheid der Beklagten vom 30. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. September 2012 mit dem die Beklagte die Gewährung von Pflegegeld nach § 37 SGB XI abgelehnt hat. Nicht nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 17. Januar 2013, wonach der Klägerin Pflegegeld nach § 123 Abs. 2 Nr. 1 SGB XI gezahlt wird. Dieser nach Klageerhebung ergangene Bescheid regelt die Gewährung von Pflegegeld nach § 123 SGB XI. Er ersetzt den Bescheid vom 30. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. September 2012, der die Ablehnung der Gewährung von Pflegegeld nach § 37 SGB XI zum Inhalt hat, nicht und er ändert ihn auch nicht ab.
Pflegebedürftige können nach § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB XI anstelle der Pflegesachleistungen ein Pflegegeld erhalten. Pflegebedürftig sind nach § 14 Abs. 1 SGB XI Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, die im Einzelnen in § 14 Abs. 4 SGB XI genannt sind, auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate in erheblichem oder höherem Maß (§ 15 SGB XI) der Hilfe bedürfen. Pflegebedürftige der Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI). Pflegebedürftige der Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftige) sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe II mindestens drei Stunden betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 SGB XI). Pflegebedürftige der Pflegestufe III (Schwerstpflegebedürftige) sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität täglich rund um die Uhr, auch nachts, der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe III mindestens fünf Stunden betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens vier Stunden entfallen (§ 15 Abs. 3 Nr. 3 SGB XI). Die Grundpflege umfasst die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen aus den Bereichen der Körperpflege (§ 14 Abs. 4 Nr. 1 SGB XI), der Ernährung (§ 14 Abs. 4 Nr. 2 SGB XI) und der Mobilität (§ 14 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI). Zur Grundpflege zählt ein Hilfebedarf im Bereich der Körperpflege beim Waschen, Duschen, Baden, der Zahnpflege, dem Kämmen, Rasieren, der Darm- und Blasenentleerung, im Bereich der Ernährung beim mundgerechten Zubereiten der Nahrung und der Aufnahme der Nahrung sowie im Bereich der Mobilität beim selbstständigen Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, dem An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen und dem Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung. Das Ausmaß des Pflegebedarfs ist nach einem objektiven ("abstrakten") Maßstab zu beurteilen. Maßgebend für den zeitlichen Aufwand ist grundsätzlich die tatsächlich bestehende Pflegesituation unter Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse des zu Pflegenden, allerdings am Maßstab des allgemein Üblichen. § 14 SGB XI stellt allein auf den "Bedarf" an Pflege und nicht auf die im Einzelfall unterschiedliche Art der Deckung dieses Bedarfs oder die tatsächlich erbrachte Pflege ab (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 21. Februar 2002 - B 3 P 12/01 R -, in juris). Bei der Bestimmung des erforderlichen Zeitbedarfs für die Grundpflege sind als Orientierungswerte die Zeitkorridore der Begutachtungs-Richtlinien zu berücksichtigen. Diese Zeitwerte sind zwar keine verbindlichen Vorgaben; es handelt sich jedoch um Zeitkorridore mit Leitfunktion (Abschnitt F Nr. 1 der Begutachtungs-Richtlinien; vgl. dazu BSG, Urteil vom 22. Juli 2004 - B 3 P 6/03 R - in juris). Dabei beruhen die Zeitkorridore auf der vollständigen Übernahme der Verrichtungen durch eine Laienpflegekraft. Die Zeiten für den Hilfebedarf bei den einzelnen Verrichtungen, die auch bei Demenzkranken Anwendung finden, beruhen regelmäßig auf Schätzungen, denen eine gewisse und auf wenige Minuten beschränkte Unschärfe nicht abgesprochen werden kann und die dennoch hinzunehmen sind (vgl. BSG, Urteil vom 10. März 2010 - B 3 P 10/08 R -, in juris).
Der mithin für einen Anspruch auf Pflegegeld nach Pflegestufe III vorausgesetzte Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege von täglich mehr als 240 Minuten ist bisher durch die Klägerin zu keinem Zeitpunkt regelmäßig erreicht worden. Sie erreicht auch nicht den für die Gewährung von Pflegegeld nach der Pflegestufe II vorausgesetzten Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege von mehr als 120 Minuten und auch nicht den Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege, der nach der Pflegestufe I vorausgesetzt wird, von täglich mehr als 45 Minuten. Dies stützt der Senat insbesondere auf das in erster Instanz eingeholte Gutachten der Pflegefachkraft F. vom 17. Februar 2013, das die Ergebnisse der zuvor durch die Beklagte eingeholten Verwaltungsgutachten im Ergebnis voll umfänglich bestätigt. Im Berufungsverfahren haben sich keine Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit dieser Gutachten ergeben.
Pflegerelevant sind bei der Klägerin zunächst die rezidivierenden Rückenschmerzen und die Stauungsdermatitis, die zu Einschränkungen in der Beweglichkeit führen. Die Klägerin kann sich aufgrund der sich hieraus ergebenden Bewegungseinschränkungen insbesondere nicht selbstständig den Rücken, den Intimbereich hinten, die Haare und die Füße waschen. Außerdem benötigt sie deshalb Hilfe beim Einstieg in die Dusche und beim Anziehen von Kleidung ungefähr bis auf Kniehöhe und teilweise beim Entkleiden des Unterkörpers und Ankleiden des Schlafanzugs. Daneben leidet sie pflegerelevant unter einer Tröpfcheninkontinenz. Diese führt dazu, dass sie Hilfe beim Wechseln kleiner Vorlagen benötigt. Die bei der Klägerin vorliegende Demenzerkrankung und die Folgen der TIA haben in pflegerelevanter Hinsicht zur Folge, dass sie teilweise zum ausreichenden Trinken sowie zum Anziehen frischer und teilweise auch der Witterung entsprechender Kleidung aufgefordert werden muss. Außerdem muss sie deshalb abends zur Intimpflege aufgefordert und ihr teilweise dabei geholfen werden, da sie die Intimpflege nach dem Stuhlgang nicht immer ausreichend gründlich durchführt. Teilweise muss sie auch zum Waschen aufgefordert werden. Weiter benötigt die Klägerin wegen der mit Blick auf die Stauungsdermatitis erforderlichen Kompressionsstrümpfe der Hilfe beim An- und Ausziehen derselben. Die Tachyarrhythmia und die arterielle Hypertonie führen zu keinem weiteren Hilfebedarf.
Ein Pflegebedarf von mehr als 45 Minuten in der Grundpflege wird durch die wegen der pflegebegründenden Diagnosen erforderlichen Hilfestellungen nicht erreicht. Insoweit folgt der Senat der Einschätzung der Sachverständigen F., die - in wesentlicher Übereinstimmung mit den von den Pflegefachkräften S. und Lohner erstatteten Verwaltungsgutachten - den Grundpflegebedarf als deutlich unter 45 Minuten liegend einschätzte. Die Sachverständige F. hat für den Senat schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt, dass die Klägerin einen großen Teil der Grundpflege noch selbstständig durchführen kann. Die Klägerin hat auf die Bitte der Sachverständigen im Rahmen der häuslichen Untersuchung selbstständig vom Stuhl aufstehen und frei, ohne Hilfsmittel, ausreichend sicher und zielsicher durch die Wohnung gehen können. Im Bad hat sie selbstständig die Zahnpflege durchgeführt, hat sich selbstständig das Kleidungsoberteil aus- und wieder angezogen, selbstständig einen Toilettengang durchgeführt und sich anschließend unaufgefordert die Hände gewaschen und sich nach Aufforderung auch die Haare gekämmt. Auf Bitte der Sachverständigen hat sie sich in ihr Bett gelegt und ist anschließend wieder aufgestanden. Sie hat sich die Schuhe zum Reinschlüpfen selbstständig ausgezogen, beim Anziehen der Schuhe hat sie Hilfe benötigt. Sie hat während der Untersuchung auch unaufgefordert eine Flasche gegriffen, diese geöffnet, etwas in ein Glas eingeschenkt und dann getrunken. Da sie etwas Wasser verschüttet hatte, ist sie von ihrem Stuhl aufgestanden, hat in der Küche einen Lappen geholt, den Tisch abgewischt und anschließend den Lappen wieder in die Küche zurückgebracht. Weitere als die von der Sachverständigen berücksichtigte Hilfestellungen bei der Körperpflege sind daher nicht begründbar. Auch hinsichtlich der Mobilität und im Bereich der Nahrungsaufnahme ergeben sich keine weiteren Einschränkungen.
Bestätigt werden die der Klägerin noch möglichen Fähigkeiten auch durch den Entlassungsbericht des Prof. Dr. Tr. vom 21. März 2012, wonach sich die Klägerin nach ihren eigenen Angaben selbst versorgt und ohne Hilfsmittel lief, wach, bewusstseinsklar und orientiert war. Nach dem Entlassungsbericht von Dr. Bi. vom 28. September 2010 waren die Extremitäten aktiv frei beweglich und die Wirbelsäule nicht klopfschmerzhaft, die Klägerin war wach und orientiert.
Die sachverständige Zeugenauskunft von Dr. B. vom 7. November 2012 rechtfertigt keine andere Beurteilung. Dr. B. führt zwar aus, dass ein erhöhter Pflegebedarf bei der Nahrungsaufnahme, der mundgerechten Zubereitung der Nahrung, dem Aufstehen und Zubettgehen, beim An- und Entkleiden, bei der Körperpflege und beim Einreiben mit Pflegesalbe erforderlich sei. Sie stützt sich dabei jedoch lediglich auf die Angaben der Familie, eigene Beobachtungen schildert sie nicht und sie nennt auch keine neuen Fähigkeitsstörungen. Abgesehen davon wäre auch bei einem zusätzlichen Hilfebedarf etwa beim Aufstehen und Zubettgehen nicht belegt, dass tatsächlich bereits ein Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege von mehr als 45 Minuten erforderlich wäre. Das Einreiben mit Pflegesalbe kann nicht berücksichtigt werden, es gehört allenfalls zur Kranken- nicht jedoch zur Grundpflege. Auch zu der seit Oktober 2010 zu beobachtenden zunehmenden Verschlechterung macht Dr. B. keine weiteren Angaben. Im Übrigen wurde die Klägerin nach Oktober 2010 im April und Juni 2012 sowie im Januar 2013 von den Pflegefachkräften untersucht und begutachtet.
Dass die Klägerin wegen der demenziellen Entwicklung - zumindest teilweise - der Aufsicht und der Betreuung bedarf, führt nicht dazu, dass ohne Weiteres der für eine Pflegestufe erforderliche tägliche Hilfebedarf bei den in § 14 Abs. 4 Nrn. 1 bis 3 SGB XI abschließend genannten Verrichtungen der Grundpflege von mindestens 45 Minuten täglich überschritten wird. Ein allgemeiner Aufsichtsbedarf zur Motivation und Kontrolle eines Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen kann bei der Bemessung des Pflegebedarfs im Sinne der §§ 14 und 15 SGB XI nicht berücksichtigt werden. Für die Ermittlung von Pflegebedürftigkeit und die Zuordnung zu den Pflegestufen kommt es allein auf den Hilfebedarf bei den in § 14 Abs. 4 SGB XI genannten Verrichtungen an. Die Beaufsichtigung zur Vermeidung einer Selbst- oder Fremdgefährdung kann ebenso wenig in Ansatz gebracht werden (BSG, Urteil vom 26. November 1998 - B 3 P 13/97 R -, in juris) wie eine allgemeine Ruf- oder Einsatzbereitschaft einer Pflegeperson (BSG, Urteil vom 19. Februar 1998 - B 3 P 7/97 R -, in juris) sowie der Aufsichtsbedarf, wie er bei bestimmten Erkrankungen anfällt, nach dem Gesetz bei der Bemessung des Grundpflegebedarfs nicht berücksichtigt werden darf (zum Ganzen auch: BSG, Beschluss vom 24. Oktober 2008 - B 3 P 23/08 B -, m.w.N., in juris). Im Übrigen ist den Folgen der demenziellen Entwicklung bei der Pflege wegen der deswegen bestehenden erheblich eingeschränkten Alltagskompetenz der Klägerin dadurch Rechnung getragen, dass die Klägerin zum einen seit 1. Februar 2012 zusätzliche Betreuungsleistungen nach § 45b SGB XI und zum anderen seit 1. Januar 2013 Pflegegeld nach § 123 Abs. 2 Nr. 1 SGB XI erhält.
Die Voraussetzungen der Pflegestufe III liegen auch schon deshalb nicht vor, weil ein nächtlicher Grundpflegebedarf nicht besteht. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten der Sachverständigen F ... Eventuelle nächtliche Toilettengänge kann die Klägerin selbstständig durchführen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung von Pflegegeld nach der Pflegestufe III ab 1. Februar 2012.
Die am 1939 geborene Klägerin ist bei der beklagten Pflegekasse gesetzlich pflegeversichert. Sie leidet unter einer Demenzerkrankung, rezidivierenden Rückenschmerzen, einer Tröpfcheninkontinenz, unter einem Zustand nach einer transitorischen ischämischen Attacke (TIA) und außerdem an einer Tachyarrhythmia, arteriellen Hypertonie und Stauungsdermatitis.
Nach eigenen Angaben beantragte die Klägerin erstmals im Jahr 2006 die Gewährung von Leistungen der Pflegeversicherung, was die Beklagte abgelehnt habe. Unterlagen hierüber sind bei der Beklagten nicht vorhanden und wurden von der Klägerin nicht vorgelegt.
Am 5. Februar 2012 beantragte die Klägerin Geldleistungen bei der Beklagten. Sie gab an, die Pflege sei wegen demenzieller Beeinträchtigung und Schädigungen des Bewegungsapparats besonders anstrengend und zeitintensiv. Hilfe benötige sie im Bereich der Körperpflege und der Mobilität. Pflegefachkraft S., Medizinischer Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK), nannte in ihrem Gutachten vom 17. April 2012 aufgrund einer Untersuchung der Klägerin als pflegebegründende Diagnosen ein leichtes Selbstpflegedefizit bei Zustand nach TIA und Demenz, Mobilitätseinschränkungen bei rezidivierenden Schmerzen im rechten Bein bei Zustand nach Erysipel bei Stauungsdermatitis mit Unterschenkelödem, rezidivierende Rückenschmerzen und eine abhängig kompensierte Blaseninkontinenz und schätzte den durchschnittlichen täglichen Zeitaufwand für die Verrichtungen der Grundpflege auf 19 Minuten (Körperpflege neun Minuten, Ernährung zwei Minuten, Mobilität acht Minuten). Die Klägerin benötige Hilfe beim Waschen des Rückens und der Füße, punktuelle Anleitung beim Duschen, je nach Tagesform Hilfe beim Ein- und Aussteigen in und aus der Unterkörperbekleidung und Hilfe beim An- und Ausziehen der kurzen Kompressionsstrümpfe. Außerdem müsse nach dem Stuhlgang teilweise nachgewischt und sie müsse zum Wechseln der Vorlagen aufgefordert werden. Die Orientierung in der Wohnung sei gegeben, die Gedächtnisleistungen seien vermindert. Mit Bescheid vom 30. April 2012 lehnte die Beklagte die Bewilligung von Pflegegeld ab, bewilligte jedoch ab 1. Februar 2012 die Kosten für zusätzliche Betreuungsleistungen von bis zu EUR 100,00 monatlich gegen Nachweis der Kosten. Die Klägerin erhob Widerspruch. Sie beanstandete, dass die Gutachterin keine Ärztin sei und trug vor, die Pflege sei zeitaufwändiger. Auf Veranlassung der Beklagten erstattete Pflegefachkraft Lohner, MDK, nach Untersuchung der Klägerin das Gutachten vom 18. Juni 2012. Als pflegebegründende Diagnosen nannte sie eine demenzielle Entwicklung nach TIA, Blaseninkontinenz und rezidivierende Harnwegsinfekte. Sie schätzte den Zeitaufwand für die Verrichtungen der Grundpflege auf 26 Minuten (Körperpflege elf Minuten, Ernährung vier Minuten, Mobilität acht Minuten). Aufgrund der Fähigkeitsstörungen benötige die Klägerin einmal wöchentlich Hilfe beim Duschen mit Haare waschen und fallweise Hilfe beim Waschen des Rückens und der Füße sowie beim Anziehen von Strumpfhose und Schuhen. Außerdem sei Hilfe erforderlich beim An- und Ausziehen der Venenkompressionsstrümpfe und beim Einstieg in die Duschtasse. Auf der Toilette brauche die Klägerin Hilfe beim Säubern nach dem Stuhlgang und beim Vorlagenwechsel. Zum genügenden Trinken müsse sie immer wieder angehalten werden. Mit Widerspruchsbescheid vom 11. September 2012 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch zurück. Die von den Gutachtern vorgenommenen Bewertungen erschienen - auch in zeitlicher Hinsicht - realistisch. Der festgestellte zeitliche Hilfebedarf in der Grundpflege entspreche nicht dem vom Gesetzgeber geforderten Wert von wenigstens 46 Minuten. Die gesetzlichen Voraussetzungen für Pflegestufe I lägen nicht vor.
Am 24. September 2012 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG). Sie sei hilfebedürftig. Die von den Gutachtern des MDK festgestellte Zeit sei bei Weitem nicht zutreffend. Zudem sei sie schwerbehindert. Die Gewährung der Pflegestufe III sei angemessen.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG hörte Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. B. als sachverständige Zeugin und beauftragte Pflegefachkraft F. mit der Erstattung eines Gutachtens. Dr. B. (Auskunft vom 7. November 2012) gab an, dass seit Oktober 2010 eine zunehmende Verschlechterung der gesamten Gesundheitssituation der Klägerin zu beobachten sei. Nach den glaubwürdigen Angaben der Familie sei ein erhöhter Pflegebedarf bei der Nahrungsaufnahme, bei der mundgerechten Zubereitung der Nahrung, beim Aufstehen und Zubettgehen, An- und Entkleiden, der Körperpflege und beim Einreiben mit Pflegesalbe erforderlich. Sie fügte Arztbriefe des Arztes für HNO-Heilkunde C. vom 31. Oktober 2012 (Diagnosen: Epistaxis links, Antikoagulanzientherapie, Septumdeviation), des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. En. vom 26. Oktober 2010 (Diagnose: dementiver Abbauprozess) und der Prof. Dr. St., Oberärztin der Universitäts-Hautklinik T. vom 5. Juni 2012 (Diagnosen: Chronisch venöse Insuffizienz, Zustand nach Erysipel bei Stauungsdermatitis Unterschenkel links - April 2012 -) sowie die Entlassungsbriefe der Internistin und Chefärztin des Krankenhauses Albstadt Dr. Bi. vom 28. September 2010 über die stationäre Behandlung vom 22. bis 28. September 2010 (Diagnose: TIA, bekannte Tachyarrhythmia absoluta bei Vorhofflimmern, kardiovaskuläre Risikofaktoren: Arterielle Hypertonie) und des Internisten und Chefarzt des Z.-klinikums H. Prof. Dr. Tr. vom 21. März 2012 über den stationären Aufenthalt der Klägerin vom 12. bis 20. März 2012 wegen eines hochfieberhaften Harnwegsinfekts, des Verdachts auf eine Stauungsdermatitis, einer Hyponatriämie und Hypokaliämie, eines Zustand nach TIA, bekannter Tachyarrhythmia absoluta bei Vorhofflimmern, bekannter Demenz und kardiovaskulären Risikofaktoren: arterielle Hypertonie bei. Die Sachverständige F. untersuchte die Klägerin am 14. Januar 2013 in häuslicher Umgebung und erstattete am 17. Februar 2013 ihr Gutachten. Pflegebegründende Hauptdiagnosen seien ein dementiver Abbauprozess, Zustand nach TIA und Apoplex sowie rezidivierende Rückenschmerzen. Als weitere Diagnosen bestünden eine Tachyarrhythmia absoluta bei Vorhofflimmern, eine arterielle Hypertonie und eine Stauungsdermatitis. Die Klägerin sei körperlich und auch geistig noch in der Lage, die Körperpflege größtenteils selbstständig durchzuführen, müsse zum Waschen aber teilweise aufgefordert werden und benötige aufgrund körperlicher Einschränkungen Hilfe beim Waschen des Rückens, des Intimbereichs hinten, der Haare und der Füße. Da sie die Intimpflege nach dem Stuhlgang nicht immer ausreichend gründlich durchführe, sollte sie abends zur Intimpflege aufgefordert werden und ihr dabei teilweise geholfen werden. Außerdem benötige sie morgens und abends Hilfe beim Wechseln kleiner Vorlagen. Zum ausreichenden Trinken müsse sie je nach Tagesform und zum Anziehen frischer und teilweise auch der Witterung entsprechender Kleidung ebenfalls immer wieder aufgefordert werden. Beim Anziehen des Unterkörpers benötige sie Hilfe bis die Kleidung ungefähr auf Kniehöhe sei, abends teilweise beim Entkleiden des Unterkörpers und Ankleiden des Schlafanzuges. Beim An- und Ausziehen der Oberschenkelkompressionsstrümpfe beidseits sei vollständige Hilfe erforderlich. Die Sachverständige schätzte den Gesamtpflegebedarf der Klägerin auf 29 Minuten (Körperpflege 14 Minuten, Ernährung zwei Minuten, Mobilität 13 Minuten).
Mit Gerichtsbescheid vom 10. April 2013 wies das SG die Klage ab. Alle eingeholten Gutachten kämen mit einem ermittelten Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege zwischen 19 und 29 Minuten zu einem Ergebnis, das deutlich unterhalb dem für die Pflegestufe I maßgeblichen Schwellenwert von 45 Minuten liege. Das SG folge den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen der gerichtlich veranlassten Begutachtung. Sämtliche notwendigen Hilfen seien sowohl in der Häufigkeit wie auch zeitlich ausreichend berücksichtigt. Die Sachverständige F. sei fachkundig und in der Erstellung von Pflegegutachten erfahren. Ihre Darlegungen seien in sich schlüssig und nachvollziehbar. Die Begutachtung und die gewählten Zeitansätze würden den Richtlinien der Spitzenverbände der Pflegekassen zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch - SGB XI - (Begutachtungs-Richtlinien) entsprechen. In nachvollziehbarer Weise habe sie auch dargelegt, dass ein Großteil des geltend gemachten Hilfebedarfs dem Bereich der Behandlungspflege, der Hauswirtschaft und insbesondere dem allgemeinen Betreuungs- und Beaufsichtigungsbedarf zuzurechnen sei. Auf die Schwere und Vielzahl der diagnostizierten Erkrankungen der Klägerin sei für die Annahme von Pflegebedürftigkeit nicht abzustellen.
Gegen den ihr am 13. April 2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 2. Mai 2013 Berufung eingelegt. Sie ist weiterhin der Auffassung, dass der Zeitaufwand für die Pflege weitaus höher sei. Auch ein Profi könne dies in der angegebenen Zeit nicht schaffen. Zudem seien die Erkrankungen schlimmer und verschlimmerten sich täglich. Es seien lediglich ihre Fähigkeiten, nicht jedoch ihr Denkvermögen bzw. das Merkverhalten geprüft worden.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 10. April 2013 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 30. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. September 2012 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr Pflegegeld nach der Pflegestufe III ab 1. Februar 2012 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Seit 1. Januar 2013 erhält die Klägerin im Rahmen der Übergangsregelung verbesserte Pflegeleistungen für Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz Pflegegeld nach § 123 Abs. 2 Nr. 1 SGB XI in Höhe von monatlich EUR 120,00 (Bescheid vom 17. Januar 2013).
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und auch statthaft. Die Klägerin begehrt Leistungen für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 30. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. September 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Streitgegenstand ist allein der Bescheid der Beklagten vom 30. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. September 2012 mit dem die Beklagte die Gewährung von Pflegegeld nach § 37 SGB XI abgelehnt hat. Nicht nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 17. Januar 2013, wonach der Klägerin Pflegegeld nach § 123 Abs. 2 Nr. 1 SGB XI gezahlt wird. Dieser nach Klageerhebung ergangene Bescheid regelt die Gewährung von Pflegegeld nach § 123 SGB XI. Er ersetzt den Bescheid vom 30. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. September 2012, der die Ablehnung der Gewährung von Pflegegeld nach § 37 SGB XI zum Inhalt hat, nicht und er ändert ihn auch nicht ab.
Pflegebedürftige können nach § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB XI anstelle der Pflegesachleistungen ein Pflegegeld erhalten. Pflegebedürftig sind nach § 14 Abs. 1 SGB XI Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, die im Einzelnen in § 14 Abs. 4 SGB XI genannt sind, auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate in erheblichem oder höherem Maß (§ 15 SGB XI) der Hilfe bedürfen. Pflegebedürftige der Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI). Pflegebedürftige der Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftige) sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe II mindestens drei Stunden betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 SGB XI). Pflegebedürftige der Pflegestufe III (Schwerstpflegebedürftige) sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität täglich rund um die Uhr, auch nachts, der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe III mindestens fünf Stunden betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens vier Stunden entfallen (§ 15 Abs. 3 Nr. 3 SGB XI). Die Grundpflege umfasst die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen aus den Bereichen der Körperpflege (§ 14 Abs. 4 Nr. 1 SGB XI), der Ernährung (§ 14 Abs. 4 Nr. 2 SGB XI) und der Mobilität (§ 14 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI). Zur Grundpflege zählt ein Hilfebedarf im Bereich der Körperpflege beim Waschen, Duschen, Baden, der Zahnpflege, dem Kämmen, Rasieren, der Darm- und Blasenentleerung, im Bereich der Ernährung beim mundgerechten Zubereiten der Nahrung und der Aufnahme der Nahrung sowie im Bereich der Mobilität beim selbstständigen Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, dem An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen und dem Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung. Das Ausmaß des Pflegebedarfs ist nach einem objektiven ("abstrakten") Maßstab zu beurteilen. Maßgebend für den zeitlichen Aufwand ist grundsätzlich die tatsächlich bestehende Pflegesituation unter Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse des zu Pflegenden, allerdings am Maßstab des allgemein Üblichen. § 14 SGB XI stellt allein auf den "Bedarf" an Pflege und nicht auf die im Einzelfall unterschiedliche Art der Deckung dieses Bedarfs oder die tatsächlich erbrachte Pflege ab (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 21. Februar 2002 - B 3 P 12/01 R -, in juris). Bei der Bestimmung des erforderlichen Zeitbedarfs für die Grundpflege sind als Orientierungswerte die Zeitkorridore der Begutachtungs-Richtlinien zu berücksichtigen. Diese Zeitwerte sind zwar keine verbindlichen Vorgaben; es handelt sich jedoch um Zeitkorridore mit Leitfunktion (Abschnitt F Nr. 1 der Begutachtungs-Richtlinien; vgl. dazu BSG, Urteil vom 22. Juli 2004 - B 3 P 6/03 R - in juris). Dabei beruhen die Zeitkorridore auf der vollständigen Übernahme der Verrichtungen durch eine Laienpflegekraft. Die Zeiten für den Hilfebedarf bei den einzelnen Verrichtungen, die auch bei Demenzkranken Anwendung finden, beruhen regelmäßig auf Schätzungen, denen eine gewisse und auf wenige Minuten beschränkte Unschärfe nicht abgesprochen werden kann und die dennoch hinzunehmen sind (vgl. BSG, Urteil vom 10. März 2010 - B 3 P 10/08 R -, in juris).
Der mithin für einen Anspruch auf Pflegegeld nach Pflegestufe III vorausgesetzte Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege von täglich mehr als 240 Minuten ist bisher durch die Klägerin zu keinem Zeitpunkt regelmäßig erreicht worden. Sie erreicht auch nicht den für die Gewährung von Pflegegeld nach der Pflegestufe II vorausgesetzten Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege von mehr als 120 Minuten und auch nicht den Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege, der nach der Pflegestufe I vorausgesetzt wird, von täglich mehr als 45 Minuten. Dies stützt der Senat insbesondere auf das in erster Instanz eingeholte Gutachten der Pflegefachkraft F. vom 17. Februar 2013, das die Ergebnisse der zuvor durch die Beklagte eingeholten Verwaltungsgutachten im Ergebnis voll umfänglich bestätigt. Im Berufungsverfahren haben sich keine Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit dieser Gutachten ergeben.
Pflegerelevant sind bei der Klägerin zunächst die rezidivierenden Rückenschmerzen und die Stauungsdermatitis, die zu Einschränkungen in der Beweglichkeit führen. Die Klägerin kann sich aufgrund der sich hieraus ergebenden Bewegungseinschränkungen insbesondere nicht selbstständig den Rücken, den Intimbereich hinten, die Haare und die Füße waschen. Außerdem benötigt sie deshalb Hilfe beim Einstieg in die Dusche und beim Anziehen von Kleidung ungefähr bis auf Kniehöhe und teilweise beim Entkleiden des Unterkörpers und Ankleiden des Schlafanzugs. Daneben leidet sie pflegerelevant unter einer Tröpfcheninkontinenz. Diese führt dazu, dass sie Hilfe beim Wechseln kleiner Vorlagen benötigt. Die bei der Klägerin vorliegende Demenzerkrankung und die Folgen der TIA haben in pflegerelevanter Hinsicht zur Folge, dass sie teilweise zum ausreichenden Trinken sowie zum Anziehen frischer und teilweise auch der Witterung entsprechender Kleidung aufgefordert werden muss. Außerdem muss sie deshalb abends zur Intimpflege aufgefordert und ihr teilweise dabei geholfen werden, da sie die Intimpflege nach dem Stuhlgang nicht immer ausreichend gründlich durchführt. Teilweise muss sie auch zum Waschen aufgefordert werden. Weiter benötigt die Klägerin wegen der mit Blick auf die Stauungsdermatitis erforderlichen Kompressionsstrümpfe der Hilfe beim An- und Ausziehen derselben. Die Tachyarrhythmia und die arterielle Hypertonie führen zu keinem weiteren Hilfebedarf.
Ein Pflegebedarf von mehr als 45 Minuten in der Grundpflege wird durch die wegen der pflegebegründenden Diagnosen erforderlichen Hilfestellungen nicht erreicht. Insoweit folgt der Senat der Einschätzung der Sachverständigen F., die - in wesentlicher Übereinstimmung mit den von den Pflegefachkräften S. und Lohner erstatteten Verwaltungsgutachten - den Grundpflegebedarf als deutlich unter 45 Minuten liegend einschätzte. Die Sachverständige F. hat für den Senat schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt, dass die Klägerin einen großen Teil der Grundpflege noch selbstständig durchführen kann. Die Klägerin hat auf die Bitte der Sachverständigen im Rahmen der häuslichen Untersuchung selbstständig vom Stuhl aufstehen und frei, ohne Hilfsmittel, ausreichend sicher und zielsicher durch die Wohnung gehen können. Im Bad hat sie selbstständig die Zahnpflege durchgeführt, hat sich selbstständig das Kleidungsoberteil aus- und wieder angezogen, selbstständig einen Toilettengang durchgeführt und sich anschließend unaufgefordert die Hände gewaschen und sich nach Aufforderung auch die Haare gekämmt. Auf Bitte der Sachverständigen hat sie sich in ihr Bett gelegt und ist anschließend wieder aufgestanden. Sie hat sich die Schuhe zum Reinschlüpfen selbstständig ausgezogen, beim Anziehen der Schuhe hat sie Hilfe benötigt. Sie hat während der Untersuchung auch unaufgefordert eine Flasche gegriffen, diese geöffnet, etwas in ein Glas eingeschenkt und dann getrunken. Da sie etwas Wasser verschüttet hatte, ist sie von ihrem Stuhl aufgestanden, hat in der Küche einen Lappen geholt, den Tisch abgewischt und anschließend den Lappen wieder in die Küche zurückgebracht. Weitere als die von der Sachverständigen berücksichtigte Hilfestellungen bei der Körperpflege sind daher nicht begründbar. Auch hinsichtlich der Mobilität und im Bereich der Nahrungsaufnahme ergeben sich keine weiteren Einschränkungen.
Bestätigt werden die der Klägerin noch möglichen Fähigkeiten auch durch den Entlassungsbericht des Prof. Dr. Tr. vom 21. März 2012, wonach sich die Klägerin nach ihren eigenen Angaben selbst versorgt und ohne Hilfsmittel lief, wach, bewusstseinsklar und orientiert war. Nach dem Entlassungsbericht von Dr. Bi. vom 28. September 2010 waren die Extremitäten aktiv frei beweglich und die Wirbelsäule nicht klopfschmerzhaft, die Klägerin war wach und orientiert.
Die sachverständige Zeugenauskunft von Dr. B. vom 7. November 2012 rechtfertigt keine andere Beurteilung. Dr. B. führt zwar aus, dass ein erhöhter Pflegebedarf bei der Nahrungsaufnahme, der mundgerechten Zubereitung der Nahrung, dem Aufstehen und Zubettgehen, beim An- und Entkleiden, bei der Körperpflege und beim Einreiben mit Pflegesalbe erforderlich sei. Sie stützt sich dabei jedoch lediglich auf die Angaben der Familie, eigene Beobachtungen schildert sie nicht und sie nennt auch keine neuen Fähigkeitsstörungen. Abgesehen davon wäre auch bei einem zusätzlichen Hilfebedarf etwa beim Aufstehen und Zubettgehen nicht belegt, dass tatsächlich bereits ein Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege von mehr als 45 Minuten erforderlich wäre. Das Einreiben mit Pflegesalbe kann nicht berücksichtigt werden, es gehört allenfalls zur Kranken- nicht jedoch zur Grundpflege. Auch zu der seit Oktober 2010 zu beobachtenden zunehmenden Verschlechterung macht Dr. B. keine weiteren Angaben. Im Übrigen wurde die Klägerin nach Oktober 2010 im April und Juni 2012 sowie im Januar 2013 von den Pflegefachkräften untersucht und begutachtet.
Dass die Klägerin wegen der demenziellen Entwicklung - zumindest teilweise - der Aufsicht und der Betreuung bedarf, führt nicht dazu, dass ohne Weiteres der für eine Pflegestufe erforderliche tägliche Hilfebedarf bei den in § 14 Abs. 4 Nrn. 1 bis 3 SGB XI abschließend genannten Verrichtungen der Grundpflege von mindestens 45 Minuten täglich überschritten wird. Ein allgemeiner Aufsichtsbedarf zur Motivation und Kontrolle eines Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen kann bei der Bemessung des Pflegebedarfs im Sinne der §§ 14 und 15 SGB XI nicht berücksichtigt werden. Für die Ermittlung von Pflegebedürftigkeit und die Zuordnung zu den Pflegestufen kommt es allein auf den Hilfebedarf bei den in § 14 Abs. 4 SGB XI genannten Verrichtungen an. Die Beaufsichtigung zur Vermeidung einer Selbst- oder Fremdgefährdung kann ebenso wenig in Ansatz gebracht werden (BSG, Urteil vom 26. November 1998 - B 3 P 13/97 R -, in juris) wie eine allgemeine Ruf- oder Einsatzbereitschaft einer Pflegeperson (BSG, Urteil vom 19. Februar 1998 - B 3 P 7/97 R -, in juris) sowie der Aufsichtsbedarf, wie er bei bestimmten Erkrankungen anfällt, nach dem Gesetz bei der Bemessung des Grundpflegebedarfs nicht berücksichtigt werden darf (zum Ganzen auch: BSG, Beschluss vom 24. Oktober 2008 - B 3 P 23/08 B -, m.w.N., in juris). Im Übrigen ist den Folgen der demenziellen Entwicklung bei der Pflege wegen der deswegen bestehenden erheblich eingeschränkten Alltagskompetenz der Klägerin dadurch Rechnung getragen, dass die Klägerin zum einen seit 1. Februar 2012 zusätzliche Betreuungsleistungen nach § 45b SGB XI und zum anderen seit 1. Januar 2013 Pflegegeld nach § 123 Abs. 2 Nr. 1 SGB XI erhält.
Die Voraussetzungen der Pflegestufe III liegen auch schon deshalb nicht vor, weil ein nächtlicher Grundpflegebedarf nicht besteht. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten der Sachverständigen F ... Eventuelle nächtliche Toilettengänge kann die Klägerin selbstständig durchführen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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